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Die Reinkarnationstherapie geht von der Annahme aus, dass traumatische Ereignisse aus früheren Leben ebenso Störungen verursachen können, wie solche im gegenwärtigen Leben. In der Reinkarnationstherapie sollen diese Erlebnisse mit all ihren Gefühlen und Schmerzen bewusst gemacht und wieder erlebt werden, um sie und die daraus entstandenen Störungen aufzulösen. Dieses Buch erschließt in überzeugender Weise das gesamte Spektrum der Möglichkeiten dieser Therapie.
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Seitenzahl: 346
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Konsequenzen und Reichweite
Ingrid Vallieres
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über »http://dnb.ddb.de« abrufbar.
Die Printausgabe erscheint unter dem Titel:Praxis der Reinkarnation, Ingrid Vallieres, ISBN 978-3-89594-978-4
Praxis der ReinkarnationPDFISBN 978-3-89594-955-5eISBN 978-3-89594-934-0
© VERLAG STEPHANIE NAGLSCHMID - STUTTGART
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Titelfoto: Dr. Friedrich Naglschmid, MTi-Press Stuttgart
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Vorwort
Einführung
Warum die Reinkarnationstherapie den Menschen Hilfe bringt
Sinn und Zweck der Reinkarnationstherapie
Das Trauma aus dem Mutterleib
Tod und Karma
Reinkarnation und Psychotherapie
Die praktische Anwendung der Reinkarnationstherapie
Erscheinungsform und Lebenskrise
Themen und Problemkreise in der Reinkarnationstherapie
Probleme mit dem Elternhaus
Autoritätskonflikte
Ängste
Die Entwicklung des Menschen
Reinkarnation und Geist
Fallbeispiele
Selbstanalyse eines Problems
Die Vorstellung, daß frühere Leben Ursache für Probleme unseres heutigen Lebens sein können, ist nicht ganz neu, jedoch wurde der wissenschaftliche Ansatz einer wirklichen therapeutischen Methode erst in den letzten Jahren entwickelt. Reinkarnation ist seit langem eine akzeptable Tatsache im Leben und Denken vieler Menschen, aber die Anwendung im Aufspüren von Problemursachen steht immer mehr im Vordergrund, seitdem Therapeuten nach effektiveren Theorien und Techniken gesucht haben, um Muster und Erfahrungswerte im Lösen von Problemen zu erreichen.
Wir versuchen keineswegs, die Existenz früherer Leben zu beweisen, sondern lassen diesem immensen Potential von unbewußtem Material zunächst einmal nur seine Daseinsberechtigung. Viele Fragen der Menschheit haben noch keine zufriedenstellenden Antworten gefunden – diese Art Annäherung ist eine Perspektive auf die zeitlose Natur und die sich immer wiederholende Geschichte, die der Mensch während seines Lebens schafft.
Das Beschäftigen mit früheren Leben kann auf philosophischem Wege erfolgen, eine meditative Betrachtung über die unendlichen Möglichkeiten und das schöpferische Potential, das der Mensch hat. Die Reinkarnationstherapie jedoch geht noch weiter – das Erforschen eigener Persönlichkeitszüge, der eigenen Neigungen und Denkweisen, um so das Verständnis um menschliche Emotionen und Reaktionen zu vertiefen.
Meine Erfahrung auf diesem Gebiet hat mir gezeigt, daß verschiedene Therapeuten auf der Welt Grundsteine für die Verbreitung dieser Therapie gelegt haben. Diese Therapeuten haben mit Aufrichtigkeit und Kompetenz diese Therapie Fachleuten und Nichtfachleuten gleichermaßen nahegebracht. Sie haben die stetige Effektivität dieser Methode durch öffentliche Verbreitung bei Vorträgen sowie in Einzelsitzungen bewiesen. In letzteren Sitzungen konnten viele Menschen ihr Leben von Grund auf positiv verändern. Trotz gelegentlicher Angriffe und Kritik haben diese Therapeuten ihren Willen und Glauben durchgesetzt.
Eine dieser Personen ist Ingrid Vallieres. Unsere gemeinsame Arbeit hat ihre große Einsicht und Begabung gezeigt, verbunden mit aufrichtiger Zuwendung und Verständnis für alle, die ihr begegnen. Ihr Wissen und ihre Erfahrung ist ein Schatz für das Gebiet der Reinkarnationstherapie und für diejenigen, die ihrem Beispiel folgen wollen.
Der Leser wird in diesen Seiten eine klare und konkrete Präsentation von Fakten und Beispielen finden, die ihre Begabung zeigen, mit der sie in all den Jahren gearbeitet hat.
Skeptiker werden ihre Zweifel herausgefordert finden. Aufgeschlossene werden bestätigt werden. Alle können profitieren von Ingrid Vallieres Erfahrung und Wissen.
Morris Netherton Ph.D.
Der Wunsch, Licht ins Dunkel der Erkenntnis zu bringen, ist so alt wie die Menschheit. Erkenntnis nämlich, was passiert mit mir, wenn ich gestorben bin. Solange unsere Sinnwelt noch nicht erforscht war, solange es noch keine Naturwissenschaft und Technik gab, lag die übersinnliche Welt vor dem Auge des Menschen offen, war der Himmel hell und klar. Dementsprechend gab es zu der Zeit auch keine Zweifel an der Tatsache eines Lebens nach dem Tode. Seit sich aber die Erkenntnissicht grundlegend geändert hat, seit die Erde bis ins letzte Atom erforscht und aufgeklärt werden konnte, hat sich der „geistige“ Horizont verdunkelt: In dem Maße, wie das Diesseits aufgehellt wurde, verschloß sich das Jenseits. Dementsprechend sind auch die Antworten auf die Frage nach Wesen und Sinn des Todes und des Jenseits verschieden ausgefallen.
Die Antwort der Naturwissenschaft ist die einfachste: Der Tod ist das letztgültige Ende eines Lebewesens, das Erreichen der äußersten Grenze, an der alle Vitalfunktionen erlöschen. Ein Danach gibt es nicht, ebenso wie es ein Leben vor dem Leben nicht geben kann. Man spürt das Unzureichende dieser Aussage. So allgemein gefaßt, gibt es keinen Unterschied zwischen Pflanzen-, Tier- und Menschentod. Ihrem Wesen nach sind sie aber höchst unterschiedlich. Wenn im Herbst die Blätter der Bäume zu Boden fallen und die Pflanzen vermodern und erfrieren, so mag man vom Sterben der Natur sprechen. Doch in Wirklichkeit ist hier der Tod – nach Goethe – „der Kunstgriff der Natur, viel Leben zu haben“, denn kein Blatt löst sich vom Zweig eines Baumes, das nicht zuvor eine Knospe gebildet – und damit die Garantie für das Leben im Frühling geschaffen hat.
Der Tod des Menschen dagegen ist ein einmaliges Ereignis. Wenn alle Bemühungen um Heilung einer Krankheit, alle heute möglichen Versuche der Wiederbelebung aufgegeben werden mußten, also der „klinische Tod“ eingetreten ist, dann ist die Grenze des Lebens eines Menschen unwiderruflich erreicht. Der Körper wird in Kürze zerfallen, in der Erde verwesen oder vom Feuer verbrannt werden. Die Existenz jedes stofflichen Moleküls oder Atoms ist dem Prinzip nach weiter verfolgbar im Sinne der an den Gräbern gesprochenen Worte: „Erde zu Erde, Asche zu Asche“.
Das ist die Außenseite vom Sterben und Tod des Menschen. – Die eigentliche Frage gilt aber dem Schicksal der Seele. Auch sie hat eine Grenze erreicht und überschritten. Ihr Erdenleben ist eindeutig beendet. Was folgt? Jede Grenze hat ein Diesseits und Jenseits. Dies gilt im physischen wie im geistigseelischen Bereich. Wir sprechen von Grenzen in allen uns vertrauten Daseinsschichten. Kennt ein Mensch seine Grenzen nicht, sei es die Grenze zum Nachbarsgarten, sei es die Grenze der eigenen Kraft, wird er die Folgen zu spüren bekommen.
Grenzübertritte unterliegen besonderen Gesetzen. Wer sie nicht genügend beachtet, begibt sich in Gefahr. Der heutige Mensch ist in der Regel zufrieden, wenn er sein Leben innerhalb der Grenzen von Geburt und Tod begreift. Die naheliegenden Fragen: Was war vorher? Was wird nachher sein? – tauchen zwar auf, werden aber im allgemeinen als unbeantwortbar verdrängt oder nur oberflächlich beantwortet. Entweder weist man darauf hin, daß schließlich niemand wissen könne, was vor der Geburt gewesen sei und nach dem Tod sein wird, oder man spricht von den natürlichen Gegebenheiten, vor der Geburt seien die Eltern dagewesen, und nach dem Tode werde die Verwesung des Leibes eintreten.
Zudem vermutet man, daß alle anderen Aussagen sowieso nur Wunschphantasien seien, mit deren Hilfe der Mensch gegenüber der Unerbittlichkeit des Todes Trost suche.
So möchte ich mit diesem Buch mich nicht auf den Irrweg begeben, zu beweisen, daß es ein Leben außerhalb des Lebens gebe, sondern ich möchte vielmehr konstruktiv versuchen, die Fragen zu vertiefen, indem ich dort ansetze, wo man gewöhnlich aufhört zu fragen.
Wir finden im Buddhismus, wie überhaupt in den indischen Religionen eine bedeutsame Gegensatzsymbolik von Unwissenheit oder Nichtwissen und Wissen oder Weisheitserkenntnis. Unwissenheit ist das Nichtwissen von den wahren Hintergründen der seelischen Beziehungen, der triebhaften Bedingungen und Abhängigkeiten, unter denen der „Nichtwissende“ lebt und leidet. Wissen ist in diesem Zusammenhang Aufhellung aller der Seele begegnenden tragischen Manifestierungen. Wo Aufhellung und bewußte Klärung ist, schwinden Hindernisse, die einer innerlichen Befreiung im Wege stehen.
Je mehr an Nichtwissen oder dem noch nicht vorhandenen Wissen aus der Gesamtheit von Bewußtsein zu Erkenntnis und Wissen gewandelt werden kann, umso mehr konkretisiert sich Wissen, Bewußtheit und gegenwärtiges Bewußtsein. Aus dieser Sicht sind sogenannte Reinkarnationserlebnisse ohne Bedeutung, solange damit bewiesen werden soll, ob es eine Existenz vor dem Leben gegeben hat oder nicht. Bedeutsam werden derartige Erlebnisse für den einzelnen nur, wenn sie ihm eine Form von Bewußtseinserweiterung dahingehend vermitteln, zu erkennen, was in seine Seele eingelagert ist, was ihn behindert hat, der Mensch zu sein, der er immer sein wollte und sollte.
Den Spuren dieser inneren Einlagerungen zu folgen, ist Sinn dieses Buches, ist der tiefe Sinn meiner Arbeit. Das Ziel ist somit klar. Es geht darum, dem Menschen zur Befreiung über einen ungewöhnlichen Weg zu verhelfen. Über Selbsterkenntnis, auch über die Grenzen des gegenwärtigen Lebens hinaus. Wir machen diese Grenzüberschreitung ganz bewußt, aus der Erfahrung heraus, daß Grenzen etwas naturgemäß sehr Einengendes sein können.
Der Mensch ist von seiner Wesensstruktur und Physis her zuerst einmal ein irdisches und daher durch ein natürliches Triebverhalten gebundenes Wesen. Die gesamte Körperlichkeit ist in den Ablauf biologischer und naturhafter Vorgänge eingeflochten. Aber der Mensch als ein zugleich sich seiner selbst bewußtes und geistiges Wesen erkannte noch eine andere Ebene des Seins, mit der er sich außerhalb und jenseits aller natürlichen Gegebenheiten stellen kann. Daß der Mensch in den Rhythmus der Natur eingebunden ist, ist nicht das Problem. Es beginnt erst dann, wenn die geistige Natur des Menschen autark wird und sich in einem Gegensatz zu seiner irdischen Natur stellt. Das ist der Ansatzpunkt für eine Lehre vom Leiden, welches sich als Leiden an der Welt darstellt und sich in Form von körperlichem und seelischem Schmerz äußert. Der Geist tut sich oft schwer daran, irdische physiologische Gegebenheiten hinzunehmen wie Krankheit, materielle Verluste, Naturkatastrophen oder den Verlust eines geliebten Menschen. Durch das Leid wird ihm bewußt, daß er sich nicht in Einklang mit dem äußeren Geschehen befindet, daß ihm das tiefere Verständnis und der Einblick in die Notwendigkeit dieser Schicksalsvorgänge fehlen. Hier ahnt der Mensch, daß ihn das Leben auf verschlüsselte Weise dazu auffordern will, sich mit seinen eigenen Grenzen und Mängeln auseinanderzusetzen und sie zu überwinden.
Folgen wir diesen Gedankengängen im Hinblick auf mögliche Reinkarnationen, dann ergibt sich zwangsläufig auch der Umstand, sich mit dem Begriff Karma auseinanderzusetzen. Karma ist die persönliche Erfahrung der Früchte des eigenen Denkens, der Absichten und des Handelns. Es ist das Erleiden der Auswirkungen des früheren Handelns und der Einstellungen, die dazu geführt haben; der Mensch ist sozusagen die Summe und die Folge seiner bisherigen Taten und Entschlüsse.
Gewiß ist für den Abendländer der Begriff Karma schwer greifbar, auch wenn er versucht, sich die unglaublich strenge Konsequenz vorzustellen.
Der Buddhismus lehrt als Folgegesetz die Auswirkungen des eigenen Handelns und setzt dieses in den Bereich des Absoluten, das heißt, es ist ein über alle Grenzen des individuellen und einmaligen Lebens hinaus wirksames Gesetz. Es ist das kausale Weltgesetz an sich. Nur aus dieser Überzeitlichkeit heraus ist die buddhistische Theorie zu begreifen, daß der Mensch auch jene für ihn nicht faßbaren „Schicksalsereignisse“ zu tragen hat, von denen er selbst nicht glaubt, daß er sie einst verursacht haben könnte. Die Ereignisse und Leiden dieses Lebens gehen nach buddhistischer Vorstellung also nicht nur auf ein derzeitiges, sondern auf viel früheres Handeln und dessen Ursachen in einem sogenannten früheren Leben zurück. Natürlich setzt diese Theorie voraus, daß auch die Zukunft einschließlich jener eines späteren irdischen Daseins durch entsprechendes Verhalten positiv oder negativ beeinflußt werden kann. Dabei geht es nicht um moralische Wertungen an sich, sondern um Verhalten in bezug auf das Wohlergehen und die Entfaltung des Menschen, und nur in diesem Sinne gibt es gutes und schlechtes Karma: In bezug auf den Zustand des menschlichen Bewußtseins spricht der Buddhismus von einem heilsamen und einem karmisch unheilsamen Verhalten. Das eine fördert die Bewußtwerdung und Befreiung, das andere führt zu Bindung und Unwissenheit.
Wenn es ein früheres Leben gibt, wenn das Karma eine wesentliche Rolle dabei spielt, dann möchte ich in diesem Buch den Versuch unternehmen, diesem Karma und den damit verbundenen Schicksalserlebnissen anhand von vielen Beispielen auf die Spur zu kommen. Dazu wird es nötig sein, Reisen in die Vergangenheit zu unternehmen.
Reinkarnation – dieses Thema löst die verschiedensten Assoziationen aus: Indische Religion, Tierreinkarnationen, Bestrafung für frühere Taten, geistige Erklärung für Armut und für Schicksalsschläge, Chancen zur Weiterentwicklung, Hoffnung auf Erlösung …
Wir müssen jedoch gar nicht erst in Religion und Esoterik suchen, um der Reinkarnation zu begegnen. Jeder von uns hat schon im Alltag Erfahrungen gemacht, Aussprüche gebraucht und Gedankengänge gehabt, die auf Reinkarnation hindeuteten, beispielsweise die Attraktion und Faszination eines anderen Menschen, die fast ans Magische grenzen oder auch die tiefe Abneigung gegen einen Menschen, die im Jetzt keine vernünftige Erklärung findet; oder ein Patient beschreibt dem Arzt seinen Schmerz etwa so: „Es ist, als ob mir ein Draht durch den Magen hindurchgeht“, „Es ist, als ob ich von innen her verbrenne“, „Mein Rücken fühlt sich an, als wäre er gebrochen“, „Tausend Nadeln gehen durch meinen Kopf“ … Manche Menschen äußern Befürchtungen wie etwa diese: „Ich habe Angst, wenn ich zu weit vom Ufer wegschwimme, komme ich nicht wieder zurück“, „Ich mache keine weiten Reisen, da einem dabei etwas Schlimmes zustoßen könnte“, „Ich traue mich nicht, zu widersprechen, da ich sonst den Kürzeren ziehe“, „Ich komme mir vor wie bei einem Verhör“.
Die bildhafte Sprache lehnt sich vorzugsweise an unbewußte, reinkarnative Gehalte unseres Unbewußten an. Da unser Unbewußtes älter ist als unsere heutige Identität, gibt es viele unerklärliche Ängste und Probleme und Auffassungen, die nicht im heutigen Leben entstanden sind. Unser heutiger Charakter, unser Denken und Streben können die gesammelte Erfahrung aus unseren früheren Leben sein, und wir sind ständig in der Veränderung begriffen, da sich unser Erfahrungsschatz ständig erweitert.
Meine persönliche Begegnung mit der Reinkarnation war im Alter von etwa acht Jahren. Als ich in der Kirche den Worten des Predigers lauschte, schoß mir ein Gedanke durch den Kopf: „Ich war schon tausendmal auf der Welt“ – dies war eine Erkenntnis und eine Feststellung, die mir ganz natürlich vorkamen. Die Zahl Tausend ist hier nicht exakt, sie ist lediglich ein Symbol für den Begriff Reinkarnation. Mit zwölf Jahren kaufte ich mir mein erstes Yoga-Buch und führte die darin beschriebenen Übungen in eigener Regie durch, was auch manche Schwierigkeiten mit sich brachte.
Später folgten geleitete Yoga-Kurse und eine intensive Auseinandersetzung mit den Weltreligionen, wobei mich der Hinduismus und der Buddhismus besonders anzogen. Mit siebzehn Jahren machte ich mich auf den Weg nach Indien, von wo ich mit vielen Eindrücken, aber auch manchen enttäuschten Illusionen heimkehrte; in meinem Übereifer hatte ich gar zu viele Erwartungen an die Yogis entwickelt, die zum Teil erfüllt und zum Teil auch enttäuscht wurden. Meine nächste Reise – ich war nun neunzehn – führte mich nach Japan, wo ich mich besonders dem Zen-Buddhismus widmete. In Japan fühlte ich mich sofort wie zuhause, und ich lernte die Sprache innerhalb von wenigen Monaten. Wie sich später in meinen eigenen Rückführungen herausstellen sollte, hatte ich früher in Japan einige sehr intensive Erlebnisse gehabt. Davon zeugte auch mein reges Interesse am asiatischen Kampfsport, mit dessen Ausübung ich mit sechzehn Jahren begonnen hatte. Meine damalige Haltung zu meinen meist männlichen Sportkameraden war etwas eigenartig – sie waren meiner Ansicht nach zu weich, dilettantisch und unreif, wohingegen ich den Sport sehr ernst nahm. Diese Haltung klärte sich in einer späteren Rückführung auf, in der ich mich als männlichen Anführer einer japanischen Kampftruppe erlebte. Dies war eine Gruppe von äußerst disziplinierten und abgehärteten Männern, die ihr Leben in den Dienst des Kaisers gestellt hatten und im Land umherzogen, um Spione und Feinde des Kaisers aufzuspüren und zu vernichten. Für Gefühl oder Leichtsinn war hier kein Platz, sie hätten den Tod bedeutet.
Als ich mit zwanzig Jahren mit lebensgefährlichen Verbrennungen infolge eines Unfalls im Krankenhaus lag, drängte sich mir der Gedanke auf: „Das hast du schon einmal erlebt“. Das Verbrennen bei lebendigem Leibe mußte ich schon erlebt haben, es war mir sehr vertraut. Die begleitenden Schmerzen und das verblassende Bewußtsein bis zum Austritt aus dem Körper erinnerten mich an ein Verbranntwerden auf dem Scheiterhaufen sowie an das Eingeschlossensein in einem brennenden, schmelzenden Maschinenraum. Auf dem Höhepunkt dieser Krise schwankte ich zwischen Leben und Tod. Ich hatte mich schon sehr weit vom Körper entfernt und kaum noch eine Beziehung dazu. Dies war ein sehr angenehmer Zustand, befreit von allem Körperlichen und im Bewußtsein der Ewigkeit. Aber wie ein Schlag wurde es mir bewußt, daß ich bisher meine Lebensaufgabe ja noch gar nicht erfüllt hatte und deshalb unbedingt zum Körper zurückkehren mußte. Was hatte ich bisher denn erreicht? Meine geistige Entwicklung hatte doch gerade erst begonnen, und die Bilanz sah nicht gerade rosig aus – ich hatte noch keines meiner grundlegenden Probleme gelöst, sondern erst angefangen, mich mit dem Sinn des Lebens zu befassen. Ich mußte also unbedingt zurück ins Leben, um den begonnenen Weg zu Ende zu gehen. Nach diesem jähen Umschwung, dem absoluten Ja zum Leben, erholte sich der Körper zusehends. In der Erholungsphase erschien mir mein Leben wie eine neue Chance, es war in der Tat ein neues Leben. Diese neue Chance wollte ich gut nutzen und keinen Augenblick verstreichen lassen, um meine Lebensaufgabe kennenzulernen und daran zu arbeiten, sie zu erfüllen.
Ein Jahr nach diesem Unfall hörte ich zum ersten Mal von der Reinkarnationstherapie. Die Möglichkeit, sich konkret an frühere Leben zu erinnern, faszinierte mich, und ich entschloß mich kurzerhand, in die USA zu reisen und diese Therapie zu beginnen. Mein seitheriges Leben war sicher nicht gerade erfolglos gewesen, und doch litt ich trotz Meditation und geistigen Übungen an mangelndem Selbstbewußtsein, Melancholie und schwankenden Stimmungen. Die innere Stabilität fehlte mir, und etwas hinderte mich daran, meine Persönlichkeit voll auszuleben und zu entfalten.
Schon nach wenigen Stunden Reinkarnationstherapie entwikkelte sich eine neuartige Aktivität und Lebensfreude. Meine Probleme wurden mir verständlich durch Verstrickungen in früheren Leben, und ich konnte sie ohne Mühe lösen. Es eröffneten sich ganz neue Perspektiven des Lebens, und es wurde mir immer klarer, wie der Mensch nur selbst für alle seine Schwierigkeiten verantwortlich ist. Und nur, weil er selbst für sein Schicksal verantwortlich ist, kann er es auch selbst wieder lösen und verändern.
Gegen Ende der Therapie, die sich über zwei Jahre erstreckte, war ich ich selbst und konnte endlich meinen Neigungen leben.
Diese Veränderungen in meiner Persönlichkeit waren so grundlegend positiv, daß ich mich entschloß, auch die Ausbildung in der Reinkarnationstherapie zu machen, um die gesamten Zusammenhänge des Schicksals und die exakte Wirkungsweise des Unterbewußtseins zu studieren. Die theoretische Arbeit wurde von vielen Stunden Praktikum unterstützt. In der Arbeit mit anderen wurden die Zusammenhänge des heutigen Schicksals mit gestrigen Erlebnissen noch intensiver verstanden, und ich konnte die Gesetzmäßigkeiten des Karma an vielen Menschen beobachten und miterleben – und was noch wichtiger ist – durch die Rückführungen konnten auch andere Menschen ihr Karma erkennen, akzeptieren und verändern.
Letztendlich ist dieses die Aufgabe der Reinkarnationstherapie: das Alte, Vergangene zu erkennen, anzunehmen und abzuschließen, um nicht unbewußt das Vergangene ständig in der Gegenwart zu reproduzieren oder es befürchten zu müssen und somit Platz für ein bewußtes, spontanes Erleben der Gegenwart und eine freie, selbstbestimmte Gestaltung der Zukunft zu schaffen.
In der Zwischenzeit habe ich in zehn Jahren etwa 20 000 Stunden Reinkarnationstherapie mit anderen Menschen durchgeführt. Diese Arbeit bestätigte mir, daß wir alle freie Wesen sind, die sich durch eigene Fehler in Schwierigkeiten gebracht haben, und daß uns heute nur das widerfahren kann, was wir irgendwann einmal selbst verursacht haben. Diese ungeheure Verantwortung zu erkennen und anzunehmen und herauszufinden, auf welche Weise wir leichtfertig mit ihr umgegangen sind, stellt eine Hauptaufgabe in der Reinkarnationstherapie dar. Erst wenn wir Verantwortung für unsere Gegenwart und unsere Vergangenheit übernehmen, können wir wirklich frei sein.
Ingrid Vallieres
Der Totengräber Thet Somwong des südthailändischen Marktfleckens Chang-Klang staunte nicht schlecht, als er vom Dorfschullehrer Samram Wangpreech gefragt wurde, was er vor fünfundzwanzig Jahren mit dem Leichnam seines drei Monate alten Töchterchens getan habe. Damals hatte der Lehrer den Totengräber gebeten, das Kind auf dem protestantischen Friedhof beizusetzen.
Verlegen mußte nun Thet Somwong zugeben, daß er die Lehrerstochter auf dem naheliegenden Tempelgelände verscharrt hatte, um sich den Weg zu dem weit entfernten christlichen Friedhof zu ersparen.
Wenn auf dem Land Kleinkinder starben, machte man meist kein großes Aufheben darum. Man bat den Leichenbestattet, für eine unauffällige Bestattung Sorge zu tragen und kümmerte sich nicht um das Begräbnis. Der Umstand, warum nach fünfundzwanzig Jahren die Gleichgültigkeit eines bequemen Totengräbers zur Sprache kam, erweckte in den siebziger Jahren die Aufmerksamkeit der Bevölkerung.
Das seinerzeit verstorbene Kind war inzwischen in einer anderen Familie wiedergeboren worden. Es verblüffte seine neuen Eltern dadurch, daß es immer wieder die Umstände seines damaligen Todes und der unwürdigen Beerdigung erzählte. Dies geschah mit solcher Genauigkeit, daß man schließlich Nachforschungen anstellte, welche die Aussagen des Kindes allesamt bestätigten. Damit wurde ein neuer spektakulärer Fall von Wiedergeburt in ganz Thailand bekannt.
In der Nähe des Tempels Wat Thao in der Provinz Nakorn Srithamaraj befindet sich ein buddhistisches Nonnenkloster. Zu den Insassen zählte auch eine zweiundzwanzigjährige Nonne, die vor zehn Jahren dem Orden beitrat. Pathomwan Inthanu hatte ihre große Familie verlassen, um in dem Kloster ihre innere Ruhe zu finden.
Im Sommer 1978 saß Pathomwan im Schatten eines Kapokbaumes und meditierte. Im Trancezustand hatte sie dann ein Erlebnis, das sie tief erschütterte. Es erschien ihr ein Zimmer, in dem sie selber auf einer Bastmatte lag. Ihr Körper schien ihr winzig klein. Das Atmen machte ihr Schwierigkeiten. Die beiden Eheleute um sie herum hatten ständig Streit. An ihr Ohr drangen die Töne eines Xylophons. Plötzlich fühlte das Mädchen Erleichterung. Die Schwere des Körpers ließ nach. Es fühlte sich leichter, immer leichter und erreichte schließlich den Zustand der Schwerelosigkeit.
Was die junge Nonne in ihrer Vision weiter erlebte, ließ sie erschauern: Sie schwebte frei im Raum und erlebte alles als Zuschauer. Die Eltern standen vor dem leblosen Körper eines drei Monate alten Kindes. Ein Mann erschien, hüllte den Leichnam in ein Tuch und trug ihn weg. Er hielt am Ortstempel an. Dann sah Pathomwan in ihrem Trancezustand, wie der Mann das Bündel in die Höhlung eines zerborstenen Pfeilers steckte, das Loch mit Steinen ausfüllte und die Stätte verließ. Pathomwan fühlte sich durch die Luft getragen. Auf einmal schwebte sie über einer Ortschaft. Vor einem Haus saß eine ältere Frau, die Fische putzte. Zu dieser Frau fühlte sich Pathomwan hingezogen. Sie näherte sich und erkannte ihre leibliche Mutter.
Plötzlich erwachte die Nonne schweißgebadet aus ihrem Trancezustand. Niemand hatte sie beobachtet. Ein Jahr lang trug sie diese Vision mit sich herum. Sie wagte nicht, mit irgendjemandem darüber zu sprechen.
Dann wurde das, was sie in Trance erlebt hatte, Wirklichkeit. Der Mann, den die Nonne während der Meditation gesehen hatte, tauchte vor dem Kloster auf. Er sprach sie an und fragte sie, warum so ein hübsches Mädchen wie sie in einem Nonnenkloster ihr Leben verbringe. Sie solle lieber einen Mann kennenlernen und heiraten. Von einer inneren Macht getrieben, ließ sich Pathomwan einladen, die Reise in das über hundert Kilometer entfernte Dorf des Mannes, der sich als Lehrer Samran Wangpeecha vorstellte, mitzumachen.
Während der Fahrt beschwor der Lehrer die Nonne, aus dem Orden auszutreten und seine Adoptivtochter zu werden. Geistesabwesend stammelte das verwirrte Mädchen, daß sie doch seine Tochter sei. Der verblüffte Schulmeister wollte natürlich eine Erklärung für diese mysteriöse Äußerung. Und nun schilderte das Mädchen alles, was es im Traum gesehen hatte. Samran folgte mit offenem Munde der Schilderung. Als er mit der Nonne in seinem Heimatdorf eintraf, mußte er entsetzt erleben, daß das Mädchen mehr wußte, als es eigentlich wissen konnte. Es stellte gleich fest, daß es nicht dasselbe Haus war, in dem es vor 25 Jahren geboren war. Es folgte dann eine Beschreibung des alten Hauses, wie sie kein Ortskundiger besser gegeben hätte. Und als die Ehefrau des Schulmeisters in der Tür erschien, rief das Mädchen erschüttert: „Mutter!“. Die größte Überraschung kam, als die Nonne das Lehrerehepaar zum Tempel führte und genau die Stelle zeigte, wo der Totengräber den Körper des kleinen Mädchens versteckt hatte. In Bangkok wurde daraufhin das junge Mädchen von buddhistischen Mönchen noch einmal über diese Erlebnisse befragt. Ihre Aussagen wurden auf Tonband festgehalten und dienen heute der westlichen Wissenschaft als Forschungsgrundlagen.
Mit diesem Beispiel möchte ich auf die Möglichkeit der Reinkarnation hinweisen, vor allem mit einem Fall, der die Fachwelt aufhorchen ließ. Auf keinen Fall habe ich die Absicht, Reinkarnation beweisen zu wollen. Denn mit diesem Buch möchte ich keinen Beweis erbringen, sondern anhand vieler Beispiele aufzeigen, daß über den Weg der Reinkarnationstherapie, über „Reisen in eine ferne Vergangenheit“, die Möglichkeit von Heilung im geistig-seelischen und körperlichen Bereich besteht.
Die Reinkarnationstherapie geht von der Tatsache aus, daß ein Leiden, sei es nun körperlich oder seelisch bedingt, von Ursachen aus einem früheren Leben herrühren kann. Im Laufe einer solchen Therapie werden alte Erlebnisse, „alte Schulden“ gelöscht, so daß der betreffende Mensch lernt, sich voll auf die Gegenwart zu konzentrieren, um im „Hier und Jetzt“ leben zu können, ohne von einer unverarbeiteten Vergangenheit bedrängt zu werden. Wir wissen aus der psychosomatischen Medizin, daß der Geist tief auf den Körper einwirkt. Asthmaanfälle und Magen- und Darmgeschwüre können Beispiele dafür sein.
Wie sehr sich Erlebnisse aus einem früheren Leben auf die Gegenwart auswirken können, soll das Beispiel einer fünfundvierzigjährigen Apothekerwitwe zeigen. Das Tragische in ihrem gegenwärtigen Leben ist, daß sie immer wieder autoritären Menschen begegnet, von denen sie sich leicht einschüchtern läßt. Daraus entwickelte sich eine Angst vor Menschen. Sie wagt nicht, eigene Wünsche zu äußern, leidet unter der Schwierigkeit, Entscheidungen fällen zu können. Ständig lebt sie in der Angst, zu festgelegt, irgendwie eingesperrt zu sein, wenn sie sich durch eine Entscheidung bindet.
Das Hauptgeschehen, das alle diese Probleme umfaßt, erlebte sie in einer ersten Rückführung in ein früheres Leben: „Ich bin Maitresse, lebe in der Rokokozeit in Versailles. Dort übe ich sanft aber unerbittlich meine Macht aus. So manches flüstere ich dem König ins Ohr und er tut genau das, was ich wünsche. Ich bin charmant, aber hinterhältig. Wenn jemand mir gegenüber nicht devot ist und mich nicht genügend beachtet und schätzt, dann geht es um die Stellung dieser Leute bei Hof. Manche der Höflinge wollen den König gegen mich aufhetzen, ich sei zu teuer, sagen sie, ich würde den Hof zuviel Geld kosten für Schmuck und Kleider. Sie bemängeln, daß ich mich dreimal am Tag umziehe. Aber diese Intrigen gegen mich kommt diese Leute teuer zu stehen. Ich habe dafür gesorgt, daß eine der Gräfinnen in die Verbannung geschickt wurde, die mir meinen Rang streitig machen wollte, die genau wie ich, Maitresse des Königs sein wollte. Ich habe es dem König derart dargestellt, daß diese Gräfin etwas angestellt hätte und habe ihn dann scheinheilig um Rat gefragt. Ich habe ihm gesagt, sie hätte Schmuck gestohlen. Habe es ihm in den Mund gelegt, sie in die Verbannung zu schicken. Dem König habe ich immer Recht gegeben, habe ihm sozusagen nach dem „Mund gesprochen“. Politische Entscheidungen haben der König und ich immer gemeinsam gefällt. Wenn jemand gegen mich gehetzt hat, dann wies ich auf die Fehler dieses Menschen hin, hängte ihm ein Vergehen an und sorgte dafür, daß er vom Hofe verschwand. Nur Luxus und Macht interessierten mich, für Menschen ohne Rang hatte ich kein Verständnis. Als ich älter geworden war, mußte ich dem König blutjunge Maitressen aussuchen und zuführen. Ich suchte immer weiche, fügsame Mädchen aus, die keine Konkurrenz für mich waren. Solange diese jungen Frauen keinen seelischen Einfluß auf den König ausübten, war mir das völlig egal. Irgendwann starb der König, und ich bekam die Macht. Die Macht dadurch, daß mein Sohn, den ich dem König geschenkt hatte, weiterregierte. Dieser Sohn war dem Volk gegenüber milder gestimmt, aber ich sorgte dafür, daß wir unsere Macht uneingeschränkt behielten.
Eines Tages drangen Leute in das Schloß ein. Es waren sehr viele, ich spürte Angst. Aber eine Abordnung von Höflingen beruhigte sie wieder. Die Leute beklagten sich über zu hohe Steuern, über zuwenig Nahrung. Sie verlangten, der König solle seine Schlösser hergeben. Mein Sohn und ich versprachen, daß Wahlen eingeführt werden sollten. Wir nahmen Bürgerliche ins Schloß. Wir ließen sie an unserem „guten Leben“ teilhaben, bestachen sie mit Geschenken. Die Leute ließen sich einlullen, sagten der Bevölkerung, daß es gar nicht soviel Luxus gäbe, aber das Volk ließ sich nicht beruhigen. Sie versammelten sich haßerfüllt vor dem Schloß. Irgendjemand warf Goldstücke hinaus, um die Menge da unten abzulenken. Doch die ließen sich nicht zurückhalten, drangen wütend ein ins Schloß. Es waren Hunderte. Sie kamen, kreisten mich ein, schrien „Nieder!“. Sie zerrten mich in ein Gefängnis. Ich spürte Panik in mir. Niemals hätte ich gedacht, daß sie so weit gehen würden. Im Gefängnis war der ganze Luxus hin, ich war schmutzig, der Kopf juckte, ich bekam Flöhe und Läuse. Ich mußte stinkiges Wasser trinken.
Diese verdammten Leute haben mir alles verdorben. Es war doch ihr Pech, wenn sie in den „unteren Stand“ hineingeboren wurden. Ich bin als etwas „Höheres geboren“. Ich spürte Selbstmitleid, irgendwie Borniertheit. Irgendwann starb ich ohne jegliche Einsicht“.
Dieses Reinkarnationsbeispiel zeigt einige prägnante Parallelen zum gegenwärtigen Leben der Frau. Sie sagte danach zu mir: „Ich habe auch im jetzigen Leben einige Leute in die „Pfanne gehauen“, besonders bei unseren Mitarbeitern. Ich habe die Fehler aufgedeckt. Genau wie die Höflinge, hat mir auch mein Vater immer vorgeworfen, ich sei zu teuer. Die Maitresse, die ich damals in die Verbannung schickte, ist im jetzigen Leben meine Mutter. Ich kann sie nicht wegschicken, sie ist bettlägerig krank, ich muß sie pflegen, muß mich um sie kümmern. Meine Tochter drangsaliert mich ständig, sie ist so, wie ich früher war. Ständig will sie mir ihren Willen aufzwingen. Ich bin etwas bequem, möchte mir das Leben angenehm machen. Vielleicht habe ich deshalb meinen Mann früh verloren. Wäre er nicht gestorben, ich hätte mich wohl zu sehr an seiner Seite ausgeruht. So wie die Leute, die ins Schloß eindrangen, mir große Angst gemacht haben, genauso habe ich im gegenwärtigen Leben Angst vor Menschen.“
Im Tibetanischen Totenbuch (Bardo Thödol), das während der Jahrhundertwende aus den Lehren weiser Männer zusammengetragen und im achten Jahrhundert nach Christus schließlich niedergeschrieben worden ist, steht schon fast alles über die Stationen des Sterbens, was wir heute von den Reanimierten hören, und zwar bis in die Details.
Die Trennung des Ich von diesem stofflichen Leib, der Ich-Austritt, ist die erste, den Sterbeerlebnissen gemeinsame Erfahrung. Lama Govinda schreibt in der Einführung zum Tibetanischen Totenbuch (Ausgabe Evans Wentz):
„Die meisten Menschen stehen auf dem Standpunkt, daß niemand, der nicht selber schon gestorben ist, authentisch über den Tod sprechen kann und daß es, da noch niemand von den Toten zurückgekehrt ist, unmöglich sei, über den Tod oder den Zustand nach dem Tode etwas auszusagen.
Die Weisen Tibets antworten: „Es gibt keinen einzigen Menschen, der von den Toten nicht zurückgekehrt ist.“
In der Tat, wir sind alle viele Tode gestorben, ehe wir in dieses Leben eintraten. Denn was wir Geburt nennen, ist nichts als die andere Seite des Todes, ein anderer Name für denselben Vorgang, vom entgegengesetzten Standpunkt aus gesehen, so wie wir dieselbe Tür als Eingang und Ausgang bezeichnen, je nachdem wir sie von außen oder innen eines Hauses oder Raumes betrachten.
Man mag sich mit Recht wundern, daß nicht jeder sich seines letzten Todes erinnert; und dies ist der Grund, warum die meisten Menschen nicht glauben, ihn erfahren zu haben. Aber in gleicher Weise erinnern sie sich auch nicht ihrer Geburt – und dennoch zweifeln sie nicht einen Augenblick, geboren zu sein! Sie übersehen die Tatsache, daß das aktive Erscheinungsvermögen – das heißt, das unserem bewußten Willen unterliegende Gedächtnis – nur einen kleinen Teil unseres normalen Bewußtseins ausmacht und daß unser „unterbewußtes Gedächtnis“ alle Eindrücke und Erfahrungen, die unserem Wachbewußtsein längst entglitten sind, registriert und aufbewahrt.
Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Konzentration und anderen Yoga-Praktiken imstande sind, die Inhalte des Unterbewußtseins in den Bereich des aktiven, unterscheidenden Wachbewußtseins zu erheben, so daß es ihnen möglich ist, von dem unerschöpflichen Reichtum jenes Tiefengedächtnisses Gebrauch zu machen, in dem nicht nur unsere vergangenen Existenzen, sondern auch die Vergangenheit der Menschheit und aller vormenschlichen Lebensformen – wenn nicht gar jenes Bewußtsein, welches erst alles Leben dieses Universums möglich macht – aufgespeichert sind.
Wenn durch irgendeinen Zufall der Natur die Pforten des Tiefenbewußtseins eines Individuums sich zu plötzlich öffnen, so würde der bewußte Geist zermalmt und zerstört. Darum waren alle Eingeweihten und Wissenden darauf bedacht, die Pforten des Tiefenbewußtseins hinter einem Schleier von Mysterien und Symbolen zu verbergen.
Diejenigen aber, welche die Kraft und die innere Reife besitzen, diesen Schleier zu lüften, und die Pforte zu öffnen, sind imstande, die Identität von Geburt und Tod zu durchschauen und die Kontinuität und Verbundenheit alles Lebens zu erkennen. Für sie ist die Wiedergeburt nicht eine bloße Theorie, sondern eine Tatsache der Erfahrung, die von jedem ernsthaft Strebenden und Forschenden erhärtet werden kann. Die anderen aber – die noch nicht imstande sind, die unverschleierte Wirklichkeit zu sehen – werden auf dem Wege des Symbols, durch Initiationsrituale und der mit ihnen verbundenen geistigen Übungen, stufenweise zur Erkenntnis und zum eigenen Erleben geführt.“
„Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistigen Leib“, schreibt schon Paulus in seinem Ersten Brief an die Korinther – was heißen soll, daß wir Menschen jenen Seelenkörper besitzen, der gemäß den Lehren aller Hochreligionen den Tod des irdischen Leibes überdauert.
Die alten Ägypter haben diesen zweiten Leib „Ka“, die Kabbalisten „Nepesch“, die Spiritisten „Perispirit“ genannt. Paracelsus sprach vom siderischen oder „Astralleib“, Descartes hatte dafür die Bezeichnung „subtile Materie“, Newton sagte „Spiritus subtilissimus“ dazu. C.G. Jung schreibt, er habe als Arzt „in einigen Fällen sogar das Vorkommen subjektiv empfundener Levitationen in Augenblicken besonders qualvoller Verwirrung“ feststellen können. Er beschreibt ein Sterbeerlebnis, das ihm 1944 widerfahren ist, nachdem er sich den Fuß gebrochen und einen Herzinfarkt erlitten hatte. Während er in „unmittelbarer Todesgefahr schwebte und man mir Sauerstoff und Kampfer gab“, erlebte Jung sich in einer Urgestalt hoch oben im Weltraum, etwa 1500 Kilometer hoch und sah, was nach ihm erst wieder die Astronauten gesehen haben: „Weit unter mir sah ich die Erdkugel in herrlich blaues Licht getaucht. Ich sah das tiefblaue Meer und die Kontinente. Tief unter meinen Füßen lag Ceylon und vor mir lag der Subkontinent von Indien. Mein Blickfeld umfaßte nicht die ganze Erde, aber ihre Kugelgestalt war deutlich erkennbar, und ihre Konturen schimmerten silbern durch das wunderbare blaue Licht.“
Da man in früheren Zeiten an ein Leben nach dem Tod uneingeschränkt zu glauben schien, ist man schon immer dazu übergegangen, viel Zeit darauf zu verwenden, sich auf ein Leben nach dem Tode vorzubereiten. Für die Gläubigen der großen Weltreligionen bestand und besteht die Vorbereitung in geistiger und moralischer Schulung, wie etwa, stets Gutes zu vollbringen.
Unter einfacheren Völkern der Vorzeit bestand dies in lebensnotwendigen Dingen. So begruben die Neandertaler vor rund fünfzigtausend Jahren ihre Toten nicht ohne Nahrungsmittel und Werkzeuge – wobei sie annahmen, daß das Leben nach dem Tod dem irdischen nicht ganz unähnlich sei. In einigen Gräbern der Etrusker, deren Reich lange vor dem römischen blühte, fand man sogar Möbel und Pferdewagen, die man eingegraben hatte, in der Hoffnung, sie würden den prospektiven Geistwesen nützlich sein in ihrem neuen Reich.
In alten Zivilisationen war es beim Tode hoher Persönlichkeiten vorgeschrieben, aufwendige Vorbereitungen für das Leben in der neuen Welt zu treffen, wobei der irdische Lebensstil unbedingt beibehalten werden mußte.
In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts gruben Archäologen die königlichen Gräber der Stadt Ur aus, die im heutigen Irak liegt, und man war sehr erstaunt, als man das Grab der Königin Shubad, umgeben von achtundsechzig Frauen ihres Hofes und bewaffneten Soldaten fand. Die Körper lagen in Reihen geordnet.
Es muß jedoch angenommen werden, daß die Dienerschaft der Königin entweder Gift oder Narkotika eingenommen hat, ehe sie ihrer Königin in den Tod folgte und mit ihr eingegraben wurde.
Vor fünfhundert Jahren etwa praktizierten die Inkas in Südamerika ähnliche Riten, wenn ihr Kaiser begraben werden sollte, von dem sie annahmen, er sei eine Gottheit, so daß die Opfer gegen ihren Willen mit ihm in den Tod geschickt worden sind. Nach seinem Tod wurde der Herrscher einbalsamiert und in wertvolle Tuche geschlagen. Dieser relativ gut konservierte Körper wurde sodann als heilige Reliquie in einem rauschhaften Abschiedsfest ein allerletztes Mal verehrt. Die Inkas glaubten fest daran, daß seine Seele in eine andere Welt einziehen würde. Deshalb wurden auch seine Lieblingsfrauen und Sklaven mit in den Tod geschickt.
Im Grab eines ägyptischen Edelmannes aus Theben fanden die Archäologen angemalte, menschenähnliche Statuetten, welche seine Sklaven symbolisieren sollten. Man vertrat damals die Ansicht, daß der Edelmann in der neuen Welt sie wieder zum Leben erwecken würde, damit sie ihm weiterhin dienen konnten.
Die alten Ägypter beschäftigten sich weitaus mehr als andere Kulturen mit dem Leben nach dem Tode.
Hätten sie nicht ihren Pharaos und Edelleuten so viele Gegenstände mit in die Gruft gegeben, hätten wir bei weitem nicht soviel über ihre Kultur, ihr Leben, ihr Handwerk, in Erfahrung bringen können.
Die Grabkammern der Pyramiden, wo die Pharaonen bestattet wurden, enthielten kostbare Gemälde, Einrichtungsgegenstände und Schmuckstücke, die dazu bestimmt waren, den Pharaonen in der Nachwelt ein angenehmes Leben zu garantieren. Eine Grundvoraussetzung des ägyptischen Glaubens war, daß nicht nur der Körper den Tod überlebte, sondern auch der Geist (Ka). Das ist ein Hauptgrund, warum der Körper so sorgfältig einbalsamiert wurde, die nötigen Nahrungsmittel zur Verfügung hatte, ja ihm noch regelmäßig Nahrung gebracht wurde. Mit der Zeit erhielt der Glaube an das Leben nach dem Tode eine etwas demokratisch humanere Note, was besagen soll, daß dieses Privileg nicht mehr den Pharaonen und Edelleuten allein vorbehalten war, sondern auch dem gesamten Volk. Man glaubte, daß eine jede Seele gerichtet werden sollte und damit ihr dies zuteil wurde, hatte sie eine anstrengende Pilgerfahrt zur Stätte des Gottes Osiris, dem Beherrscher der Unterwelt, zu erdulden.
Dort in der Gegenwart von Osiris und seinen 42 Richtern wurde das Herz des Verstorbenen auf der Waage der Gerechtigkeit gewogen. Der Seele wurde die Fähigkeit zugesprochen, zu entscheiden, ob ein Mensch sich vieler Sünden schuldig gemacht hatte, wie etwa der Tierquälerei oder des Diebstahls von Nahrungsmitteln, die den Toten mitgegeben worden waren.
Die Religion des Zarathustra im alten Persien lehrte ebenfalls, daß man nach dem Tode auf eine lange Reise gehen müsse, zu einem Ort, wo man gerichtet würde. Am vierten Tag nach dem Tode sollte die menschliche Seele die Brücke zum Jenseits überqueren. Auf der Mitte dieser Brücke befand sich ein Schwert. Für rechtschaffene Menschen war diese Brücke problemlos passierbar, jene erwartete auf der anderen Seite ein schönes Mädchen, das die guten Taten des verstorbenen Menschen auf der Erde symbolisierte. Die Rechtschaffenen durften ins Paradies, wo sie reiche Geschenke erhielten.
Versuchte jedoch ein Unrechtschaffener die Brücke zu überqueren, öffnete sie sich in der Mitte, und der Sünder stürzte in die Tiefe.
Nach dem Aztekenglauben bestimmte das irdische Leben die Art des Lebens, das man auch im Jenseits haben würde. Jene, welche den Göttern geopfert werden sollten, kamen automatisch ins Paradies des Sonnengottes, wo sie als Schmetterlinge oder als Hummeln weiterexistierten. Auch Frauen, die bei der Geburt starben, hatten dieses Privileg. Das Schicksal aller anderen war ein Himmel zweiter Klasse.
Im Koran, dem heiligen Buch des Islam, findet man die Beschreibung eines ziemlich luxuriösen Paradieses. Diejenigen, die Allah auserwählte, sollten auf juwelengefaßten Diwans ruhen, Gesicht zu Gesicht, und ihnen sollte ewige Jugend widerfahren, und sie sollten edlen Wein haben aus edlen Gefäßen. Sie sollten Früchte genießen, alle, welche sie nur möchten, und sie sollten Geflügelfleisch essen und anderes mehr. Und dort werden die dunkelhaarigen Houris sein – unbefleckte Jungfrauen – rein wie unentdeckte Perlen: Dort wird sie kein nutzloses Geschwätz belästigen, keine sündvolle Rede, sondern nur Grußworte: „Friede Friede …“
Im Gegensatz dazu werden von Allah die Bösen zum Fegefeuer verdammt und dort erhalten sie nur kochendes Wasser und Moder und Dreck zu essen.
Die alten Griechen hatten verschiedene Ansichten über das Leben nach dem Tode. Eine der weitverbreitetsten Ansichten über das Leben danach war, daß die Seele des Verstorbenen in den Hades hinunterfuhr, wo der Gott Hades herrschte. Das war ein dunkler Ort, wo die Geister als Schattenwesen vegetierten, ähnlich dem Schicksal der Sheol oder dem Ort der verlorenen Geister des jüdischen Glaubens.
Die Griechen verfügten nebenher über eine Hölle, die sie Tartaros nannten und einen Himmel, bekannt als die elysischen Felder. Im Himmel genossen die wenigen Auserwählten ewigen Frühling. Besondere Betonung wurde von den orphischen Sekten darauf gelegt. Diese hatten ihre Namen von Orpheus hergeleitet, der der Sage zufolge in den Hades hinunterstieg und den verantwortlichen Gott veranlaßte, seine verstorbene Frau Eurydike ins Leben zurückzulassen. Auf seiner Reise zurück in die Oberwelt überzeugte sich Orpheus ständig, ob seine dem Leben wiedergewonnene Frau ihm auch folgte. Dies war jedoch gegen Hades strikten Befehl gehandelt, so daß Orpheus zur Strafe sowohl sein eigenes Leben als auch das seiner Frau verlor.
Ein weiterer griechischer Glaube fußte auf Pythagoras und seinen mathematisch-philosophischen Lehren. Pythagoras glaubte, daß die Seele dazu verdammt sei, in einem Körper zu wohnen und dann in einem anderen menschlichen oder tierischen Körper auferstehen würde. Pythagoras selbst verkündete, daß er selbst mehrmals vorher existiert habe, unter anderem als Soldat im trojanischen Krieg.