Prickeln und Winterzauber - Sammelband 4 in 1 - Tina Keller - E-Book
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Prickeln und Winterzauber - Sammelband 4 in 1 E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Prickeln in der Pampa Alessia soll für ein paar Wochen in die Pampa ziehen und die Tiere ihrer Tante versorgen. Wie gut, dass es den attraktiven Ben gibt, der ihr zur Seite steht - auch bei Tante Nellys prickelndem Zeitvertreib. Chaos Kisses on Xmas Sebastian ist genervt, als seine buckelige Verwandtschaft ausgerechnet an Weihnachten anrücken will. Kurzerhand beauftragt er seine Sekretärin Lisa, seine Freundin zu spielen. Was er nicht weiß: Lisa ist seit langem in ihren attraktiven Boss verliebt und zieht alle Register, um ihre Chance zu nutzen. Kiss the Boss on Xmas Luke wollte Weihnachten eigentlich allein in seiner Berghütte verbringen, doch durch einen unglücklichen Zufall leistet ihm Lara mit ihren beiden Katzen Gesellschaft. Ihn nervt die quirlige Gesellschaft, doch so ganz kann er sich auf Dauer ihrem Charme nicht entziehen. Crazy for a Bad Boss Ihr Boss beordert Marie in ein luxuriöses Wellnesshotel mitten in einer verschneiten Berglandschaft. Natürlich nicht zu einem erholsamen Urlaub, sondern zum Arbeiten. Während Marie sich immer mehr zu Tom hingezogen fühlt, hat der noch eine offene Rechnung mit Marie, von der sie nichts ahnt.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 1

Sebastian

Kapitel 2

Lisa

Kapitel 3

Sebastian

Kapitel 4

Lisa

Kapitel 5

Lisa

Kapitel 6

Sebastian

Kapitel 7

Lisa

Kapitel 8

Sebastian

Kapitel 9

Lisa

Kapitel 10

Lisa

Kapitel 11

Sebastian

Kapitel 12

Lisa

Kapitel 13

Sebastian

Kapitel 14

Lisa

Kapitel 15

Sebastian

Epilog

Lisa

Kapitel 1 – Lara

Kapitel 2 – Lara

Kapitel 3 – Lara

Kapitel 4 – Lara

Kapitel 5 – Luke

Kapitel 6 – Lara

Kapitel 7 – Luke

Kapitel 8 – Lara

Kapitel 9 – Luke

Kapitel 10 – Lara

Kapitel 11 – Luke

Kapitel 12 – Lara

Kapitel 13 – Lara

Kapitel 14 – Lara

Kapitel 15 – Lara

Kapitel 16 – Luke

Kapitel 17 – Lara

Kapitel 18 – Lara

Zwei Jahre später – Lara

Kapitel 1 - Marie

Kapitel 2 - Marie

Kapitel 3 - Marie

Kapitel 4 - Marie

Kapitel 5 - Marie

Kapitel 6 - Marie

Kapitel 7 - Marie

Kapitel 8 - Marie

Kapitel 9 - Marie

Kapitel 10 - Marie

Kapitel 11 - Marie

Kapitel 12 - Marie

Kapitel 13 - Marie

Kapitel 14 - Tom

Kapitel 15 - Tom

Kapitel 16 - Tom

Kapitel 17 - Marie

Kapitel 18 - Tom

Zwei Monate später

Kapitel 19 - Marie

Kapitel 20 - Tom

Impressum

Originalausgabe Oktober 2024 Prickeln und Winterzauber

Tina Keller, Berlin, Deutschland

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck oder andere Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Covergestaltung / Bild 1

unter Verwendung von DALL-E, © 2024, Tina Keller

Tina Keller

c/o Internet Marketing

und Publikations-Service

Frank W. Werneburg

Philipp-Kühner-Str. 2

99817 Eisenach

[email protected]

Tina Keller

Prickeln in der Pampa

Humorvoller Liebesroman

 

Alessia wird vom Pech verfolgt: Ihr Ex-Freund hat ihr Fotos von seinem ersten Kind geschickt; sie kann die Miete für ihre Wohnung kaum noch aufbringen, und beruflich ist es auch schon mal besser gelaufen. Am liebsten würde sie alles hinter sich lassen und abhauen.

Da kommt es ihr gerade recht, als ihre Tante Nelly sie bittet, für drei Monate in ihr Haus zu ziehen und ihre Tiere zu versorgen. Obwohl Alessia große Angst vor der riesigen Hündin Kitty hat, die sich irrtümlich für einen Rehpinscher hält, sagt sie zu.

Mit an Bord ist ebenfalls Ben, ein charismatischer Musiker mit den schönsten Augen der Welt. Mit seiner offenen, positiven Art tut er Alessia einfach nur gut und sie beginnt, einiges in ihrem Leben zu überdenken.

Und dann gibt es da noch den prickelnden Zeitvertreib von Nelly, den Alessia und Ben zu allem Überfluss fortführen sollen. Nicht nur deshalb wird es mitten in der Pampa plötzlich richtig aufregend ...

Kapitel 1

Ich starre auf die Mail und bin wie betäubt. Muss dieser Idiot, der mal mein Freund war, mir unbedingt das neueste Highlight seines Lebens mitteilen? Warum glaubt er eigentlich, dass es mich interessiert?

Liebe Alessia, ich möchte dich darüber informieren, dass ich Vater einer bezaubernden Tochter geworden bin. Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt. Von ganzem Herzen wünsche ich dir, dass du auch einmal so glücklich wirst. Gerade jetzt merke ich erst so richtig, was bei uns alles gefehlt hat. Alles Gute für dich, Markus.

Ich schnappe nach Luft. Geht es noch demütigender?

Gerade jetzt merke ich erst so richtig, was bei uns alles gefehlt hat.

Diese erniedrigenden Worte sind schon schlimm genug, aber das Schlimmste sind die Fotos, die er an die Mail angehängt hat. Eine zuckersüß in die Kamera lächelnde Familie schaut mich an – seine Frau Carla, ein grinsendes, pausbäckiges Baby – und natürlich er, Markus höchstselbst.

Das ist das Deprimierendste für mich: Markus strahlt so, wie er in all den Jahren mit mir kein einziges Mal gestrahlt hat. Er sieht aus, als sei er erleuchtet und mit sich und der Welt komplett im Reinen. Es ist kaum zu ertragen.

Ich merke, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet und mir Tränen in die Augen steigen. Diese Carla kann ihn offensichtlich so glücklich machen, wie ich es niemals konnte. Irgendetwas muss sie an sich haben, das ich nie hatte. So etwas Ähnliches hat er auch gesagt, als er sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Dass sie einfach das gewisse Etwas hatte, das er bei mir nie gefunden hat. Dass sie ihn vom ersten Moment an in ihren Bann gezogen hat und er sofort wusste, dass sie die Frau seines Lebens war. Da war es egal, dass wir seit sechs Jahren ein Paar waren. Er hat mit mir Schluss gemacht, als er Carla zwei Wochen kannte. Und jetzt, nicht mal anderthalb Jahre später, haben sie ihr erstes Kind. Bei mir hingegen wollte Markus vom Thema Nachwuchs nie etwas wissen.

Ich wische mir über die Augen. Anderthalb Jahre nach der Trennung sollte ich über ihn weg sein, oder? Aber so etwas wie diese Mail triggert mich immer noch. Zumal ich – im Gegensatz zu ihm – nicht in der beneidenswerten Lage bin, die Liebe meines Lebens gefunden zu haben. Darum ärgert mich sein Satz Von ganzem Herzen wünsche ich dir, dass du auch einmal so glücklich wirst ganz besonders. Für mich hört sich das keineswegs so an, als würde er mir wirklich alles Gute wünschen. Nein, er will mir nur den Seitenhieb verpassen, dass ich sowieso niemals glücklich sein werde. Und vielleicht hat er damit sogar recht.

Ich hole tief Luft und klicke die Mail weg, obwohl ich weiß, dass das nicht viel nützen wird. In meinen Gedanken und in meinem Herzen wird sie sicher noch viele Male aufploppen.

Um mich noch ein bisschen mehr zu frustrieren, rufe ich meine Verkaufszahlen ab. Ich bin Autorin und veröffentliche meine Bücher im Self Publishing bei Amazon. Das hat viele Jahre lang hervorragend funktioniert und ich habe eine Menge Geld verdient. Doch seit einem Jahr sind die Zahlen so stark gesunken, dass mir regelmäßig schlecht wird, wenn ich sie mir ansehe. Ich verstehe nicht, was da passiert ist und schon gar nicht weiß ich, was ich dagegen tun soll.

Es ist nicht sehr erheiternd, wenn zuerst der Partner abhaut und man beruflich eine Niederlage nach der nächsten einstecken muss. Ich weiß nicht, was mir sonst noch zu meinem Unglück fehlt.

Ein paar Minuten später weiß ich es. Ich halte einen Brief in den Händen, in dem mir mein Vermieter mitteilt, dass er alle Wohnungen aufwendig sanieren will, um sie danach zum doppelten Preis zu vermieten. Ich kann mir aussuchen, ob ich die Wohnung danach zu einem absolut horrenden Preis weiterhin mieten möchte – oder ob ich sie fluchtartig verlasse. Während der Zeit der Renovierung müsste ich sowieso woanders wohnen. Kurz gesagt: Er schmeißt mich raus. Ich weiß nicht, ob das rechtens ist, aber da ich sowieso ständig Ärger mit ihm habe, will ich auch gar nicht hierbleiben. Die Frage ist nur, wie und wo ich in Berlin eine bezahlbare Wohnung finden soll. Das ist schon lange völlig unmöglich geworden.

Erneut kommen mir die Tränen und ich verfluche mich dafür, aber ich kann einfach nicht mehr. Es ist mir alles zu viel. Da ist niemand, der mich in den Arm nimmt und auffängt. Ich bin ganz allein. Na ja, nicht ganz.

Mit einem Hechtsprung landet Filou, mein weißes Kaninchen mit den Pharao-Augen, auf der Couch und schnuppert eifrig an mir herum. Dann macht er Männchen und blickt mich auffordernd an. Sofort geht die Sonne in meinem Herzen auf. Egal, was auch passiert – sobald ich diesen kleinen, niedlichen Kerl ansehe, geht es mir sofort besser. Er ist das süßeste Kaninchen auf der Welt.

„Ja, Schnucki, natürlich kriegst du deine Erbsenflocken“, beruhige ich ihn und greife nach der silbernen Dose, die griffbereit auf dem Beistelltisch steht. Filou kann es nicht mehr abwarten und springt auf meinen Laptop. Eifslfeitzskdfditjeges erscheint auf dem Bildschirm und ich muss lachen. Filou der Lektor.

Filou schnappt sich fünf seiner geliebten Erbsenflocken und verspeist sie in Rekordgeschwindigkeit gleich auf meinem Bauch sitzend. Ich muss so lachen, dass mein Bauch sich bewegt und Filou darauf hin und her wackelt. Das irritiert ihn aber nicht im Geringsten und er bettelt um mehr.

„Das Zeug ist eigentlich für geschwächte Kaninchen, die aufgepäppelt werden müssen“, erkläre ich ihm. „Du gehörst nicht zu dieser Sorte. Du hast Energie für zehn und brauchst das nicht.“

Filou ist da anderer Meinung. Energie kann man schließlich nie genug haben.

Anklagend steht Maja vor dem Sofa und wackelt aufgeregt mit ihren Öhrchen. Sie traut sich zwar nicht auf das Sofa, möchte aber auch etwas von den Leckerbissen haben. Ich halte ihr ein paar hin, die sie vorsichtig ins Mäulchen nimmt. Filou ist da anders. Er ist so gierig, dass er mir fast in den Finger beißt vor lauter Ungeduld. Ehrlich, dieses Kaninchen erinnert mich an einen Junkie auf Entzug.

Als das Telefon klingelt, läuft Angsthase Maja erschrocken unter den Tisch, während Filou sich nicht beirren lässt und seinen Kopf kurzerhand in die Dose steckt.

„Du kleine verfressene Maus“, sage ich zärtlich und streiche über sein samtiges Fell. „Willst du ans Telefon gehen oder soll ich?“

Doch Filou möchte nicht telefonieren, sondern fressen. Ich werfe einen Blick auf das Display und erkenne die Nummer meiner Tante Nelly, die Schwester meiner Mutter. Ich mag sie wahnsinnig gern, aber Nelly ist immer so beschäftigt, dass ich sie nur alle Jubeljahre sehe.

„Hallo, Nelly!“, rufe ich. „Das ist ja eine Überraschung! Wie geht es dir?“

„Gut wie immer“, lacht Nelly fröhlich.

Im Gegensatz zu meiner ewig meckernden Mutter hat sie stets gute Laune. Man kann kaum glauben, dass die beiden bei denselben Eltern aufgewachsen sind.

„Und wie sieht es bei dir aus?“

Ich erzähle ihr von Markus‘ Mail und dass es nicht einfacher geworden ist als Self Publisher.

„Das tut mir leid“, sagt Nelly mitfühlend. „Du hast so ein großes Talent, Alessia. Ich finde deine Bücher super und mir macht es immer großen Spaß, sie zu lesen. Warum läuft es denn nicht mehr so gut? Es lief doch all die Jahre geradezu fantastisch. Was ist passiert?“

„Wenn ich das nur wüsste“, seufze ich. „Ich habe keine Ahnung. Fakt ist, dass ich nur noch einen Bruchteil dessen verdiene, was ich mal verdient habe. Im Grunde müsste ich alle zwei bis drei Wochen ein neues Buch raushauen, wenn es finanziell reichen soll. Aber das kann und will ich nicht. Was sollen die Bücher denn für eine Qualität haben, wenn sie wie am Fließband geschrieben werden? Dabei kann doch gar nichts Vernünftiges herauskommen. Aber es gibt Kolleginnen, die machen das tatsächlich. Die finanzielle Not ist groß.“

„Du liebe Güte.“ Ich kann förmlich sehen, wie Nelly den Kopf schüttelt. „Alle zwei bis drei Wochen ein neues Buch – das ist doch Wahnsinn. Wo soll man all die Ideen hernehmen? Das muss ja ein irrer Druck sein, unter dem ihr alle steht.“

„Allerdings“, seufze ich und denke daran, wie froh und unbeschwert mein Leben noch bis vor zwei Jahren war. Jedes Buch schoss automatisch in die Top 20 und lief wie von selbst. Das motivierte mich dermaßen, dass ich wie im Fieber schrieb. Die Geschichten flossen nur so aus mir heraus. Doch jetzt, wo ich mit jedem neuen Buch einmal mehr frustriert bin, ist mir die Motivation gänzlich abhanden gekommen. Genau das macht es so schwer.

„Außerdem muss ich hier wegziehen, aber es gibt in Berlin keine bezahlbaren Wohnungen“, klage ich Nelly mein Leid. „Die Nachbarn über mir laufen den ganzen Tag offenbar mit Holzschuhen auf dem Parkett herum. Das macht mich ganz verrückt. Ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren. Ich brauche Ruhe zum Schreiben, aber das ist in diesem Irrenhaus nicht möglich.“

Nelly lacht. „Genau deshalb bin ich aufs Land gezogen. Mir war das alles zu stressig. Es gibt zwar auch in Berlin Bezirke, wo es ruhig ist, aber die Mieten dort sind unerschwinglich. Ein Haus am Wannsee können sich nur Millionäre leisten.“

„So ist es“, seufze ich. „Ich wollte sowieso ausziehen, aber jetzt werde ich förmlich dazu gezwungen. Mein Vermieter will die Wohnungen aufwendig renovieren lassen und danach sollen sie das Doppelte kosten.“

„Das kann er aber nicht einfach so machen“, wendet Nelly ein. „Da würde ich mich mal auf den Weg zum Mieterschutzbund machen.“

Ich schüttele den Kopf, obwohl Nelly das nicht sehen kann.

„Nein, ich will weg hier“, beharre ich. „Das wollte ich schon vorher – und jetzt muss ich es. Die Frage bleibt trotzdem, wo ich eine bezahlbare Wohnung finden soll.“

„Also, ich hätte da was“, sagt Nelly munter. „Zwar nicht in Berlin, aber nur eine Autostunde entfernt. Und es kostet dich keinen Cent.“

„Da bin ich aber mal gespannt“, erwidere ich.

„Also, es ist folgendermaßen: Ich trete demnächst eine dreimonatige Weltreise mit dem Schiff an und suche jemanden, der sich in dieser Zeit um mein Haus kümmert.“

„Du machst eine Weltreise?“, wiederhole ich überrascht. „Echt jetzt?“

„Echt jetzt“, bestätigt Nelly lachend. „Das war schon immer mein Traum, und mit Mitte 60 sollte man sich seine Träume endlich erfüllen. Zumal ich nun auch die passende, charmante Reisebegleitung gefunden habe. Er heißt Konstantin, ist zehn Jahre jünger als ich und ein echter Weltenbummler. Wir können es kaum noch erwarten. Wir fahren nach Rio de Janeiro, Buenos Aires, Tahiti, Sydney, Melbourne, Kapstadt, um nur einige Anlegeplätze zu nennen.“

„Das ist ja fantastisch“, erwidere ich beeindruckt. „Da siehst du wirklich mal was von der Welt. Ich finde es super, dass du dir diesen Traum erfüllst. Du hast so oft darüber gesprochen.“

„Manchmal dauert es eben eine Weile, bis man seine Träume in die Tat umsetzen kann“, sagt Nelly vergnügt. „Aber jetzt ist es endlich so weit. Und wenn du mir sagst, dass du Ruhe brauchst, dann passt das perfekt. Denn Ruhe hast du hier mehr als genug. Und in den drei Monaten, wo ich weg bin, kannst du dich ganz ohne Stress nach einer Wohnung in Berlin umsehen. Aber vielleicht gefällt es dir auch so gut auf dem Land, dass du dir spontan ein Haus in Mecklenburg mietest und hierbleibst.“

„Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber wer weiß“, gebe ich zurück.

Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen als in Berlin. Berlin ist seit 20 Jahren die Stadt, in der ich unbedingt leben wollte. Und ich habe diese Entscheidung keinen Augenblick lang bereut. Auf dem platten Land würde ich mich bestimmt nicht wohlfühlen. Für eine Zeitlang ist das sicher wunderbar, aber nicht dauerhaft. Dafür bin ich nicht der Typ. Andererseits hat Nelly das auch immer gesagt – und jetzt wohnt sie schon seit etlichen Jahren in der Pampa und ist dort richtig glücklich.

„Spann dich erstmal ein bisschen aus“, rät Nelly mir. „Hier ticken die Uhren anders und alles geht langsamer vonstatten. Das wird dir guttun.“

„Das glaube ich auch“, erwidere ich und sehe mich schon vor Nellys Kamin rumlümmeln. Ich brauche nur noch einen Diener, der mir ab und zu einen Glühwein oder eine heiße Schokolade reicht.

„Natürlich macht es ein bisschen Arbeit, all die Tiere zu versorgen“, erwähnt Nelly wie nebenbei. „Die kann ich selbstverständlich nicht auf die Kreuzfahrt mitnehmen. Sieben Katzen, drei Hunde, Schafe, Hühner, Enten … was man so auf dem Land eben hält. Du bist doch tierlieb, oder?“

„Ja, schon“, stottere ich. „Aber … ähm … du nimmst mich jetzt auf den Arm, oder? Du hast doch gar keine Tiere.“

„Ich hatte keine Tiere“, berichtigt Nelly mich. „Als ich hierher gezogen bin, war ich allein. Aber nach und nach kamen immer mehr Tiere hinzu und ich muss sagen, ich genieße es sehr. Es ist wunderbar, mit den Katzen im Bett zu schlafen und morgens von einem Hund begrüßt zu werden, der dir mit der Zunge übers Gesicht leckt. Naja, gut, das ist sicher nicht jedermanns Sache, aber mir gefällt es. Auch die Enten und Hühner und Schafe sind zuckersüß. Ich bin mir sicher, du wirst es lieben. Du hast doch auch Tiere, oder?“

„Zwei Kaninchen“, antworte ich etwas überfordert. „Das ist schon ein bisschen was anderes als dein Zoo. Wie viele Tiere sind es denn insgesamt?“

„Genau weiß ich das nicht“, entgegnet Nelly heiter. „Ich schätze, zwischen 50 und 60.“

Ich schließe kurz die Augen und sehe meine Erholung davoneilen. Ich soll 50 oder 60 Tiere betreuen? Natürlich bin ich tierlieb. Sehr sogar. Aber ich habe keine Ahnung von Enten, Hühnern und Schafen. Klar habe ich schon mal welche gesehen, aber das war es auch.

„Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich mir das zutraue“, mache ich einen halben Rückzieher. Von faul mit einer heißen Schokolade am Kamin rumhängen kann ja wohl keine Rede mehr sein.

„Was ist, wenn eines der Tiere krank wird? Oder gleich mehrere? Ich wüsste gar nicht, was ich dann machen soll.“

„Das werde ich dir schon erklären“, beruhigt Nelly mich. „Enten und Hühner kannst du sowieso nicht zum Tierarzt schleppen. Die regen sich so auf, dass sie das nicht überleben. Da muss man der Natur ihren Gang lassen und kann leider nichts machen.“

„Hört sich ja super an“, murmele ich.

Ich soll dabei zusehen, wie ein Tier nach dem anderen das Zeitliche segnet und nichts dagegen unternehmen? Meint Nelly das im Ernst?

„Mit den Hunden und Katzen ist das natürlich etwas anderes“, fährt Nelly fort. „Da habe ich einen wirklich sehr guten Tierarzt, der mich schon viele Jahre lang kennt. Aber meine Tiere sind kerngesund. Ich war schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihnen beim Arzt.“

„Also, ich weiß nicht …“

Meine Stimme wird immer dünner. So eine große Verantwortung möchte ich mir eigentlich nicht aufhalsen.

„Wenn dir das zu viel ist, kann ich gerne Verstärkung anfordern“, gibt Nelly nicht auf.

„Was genau meinst du damit?“, erkundige ich mich misstrauisch.

„Es ist einfacher, wenn du nicht ganz allein die Verantwortung übernehmen musst“, trifft Nelly ins Schwarze. „Ich könnte dir jemanden zur Verfügung stellen. Benedikt, der Sohn eines Bekannten, der auch in Berlin lebt. Er wollte schon immer ein paar Wochen hier wohnen, weil er das Landleben ganz toll findet.“

„Aber dann kann er das doch übernehmen“, will ich mich geschickt aus der Affäre ziehen. „Wenn er das so toll findet, brauchst du mich doch gar nicht.“

Nelly seufzt auf.

„Ganz allein kann er das nicht übernehmen“, erklärt sie. „Ben ist Musiker und hat ständig irgendwelche Auftritte. Das bedeutet, dass er oft über Nacht nicht da ist. Und das geht natürlich nicht. Die Hunde zerlegen mir das ganze Haus, wenn sie allein sind. Aber er könnte zumindest zeitweise hier wohnen. Was hältst du davon?“

„Ich soll mit einem fremden Mann in deinem Haus wohnen?“ Meine Stimme ist plötzlich ganz schrill geworden. „Aber ich kenne ihn doch überhaupt nicht! Und mit dem soll ich dann ganz eng zusammenleben?“

„Ganz eng ist relativ“, lacht Nelly. „Das Haus hat 200 Quadratmeter. Da kann man sich gut aus dem Weg gehen. Wenn alle Stricke reißen, kann einer von euch im Nebengelass wohnen. Ben ist wirklich in Ordnung. Vielleicht hast du Angst, wenn du allein in dem großen Haus bist und fühlst dich mit all den Tieren überfordert. Ben kennt sich generell gut mit Tieren aus und insbesondere mit meinen. Er hat schon ein paar Mal auf sie aufgepasst, wenn ich kurzzeitig verreist war. Aber es ist wichtig, dass Tag und Nacht jemand hier ist – und das kann Ben nicht leisten. Darum dachte ich an dich. Oder an euch.“

Ich stöhne auf. Nellys Angebot hat sich zuerst so gut angehört, aber ich hätte mir schon denken können, dass es einen Haken gibt. Und dieser Haken heißt Ben. Ich habe nicht die geringste Lust, mit einem fremden Typen zusammen in einem Haus zu wohnen.

Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage.

Kapitel 2

Ein paar Tage später bin ich auf dem Weg nach Schafstetten – da ist wohl der Name Programm. Ansehen kann ich mir das Ganze schließlich mal. Nelly hat gesagt, dass ich zu nichts verpflichtet bin. Ich kann mir alles anschauen und dann verkünden, dass ich kein Interesse habe. Allerdings hätte ich in diesem Fall zugegebenermaßen ein schlechtes Gewissen, weil Nelly jemanden braucht, der ihre Tiere betreut. Und ich möchte das im Grunde auch gerne machen. Nur weiß ich eben nicht, ob ich mir das zutraue.

Der Zug hält auf einem Gleis mitten in der Pampa. So etwas wie einen Bahnhof gibt es selbstverständlich nicht. Immerhin gibt es eine Schranke, die jetzt geschlossen ist. Und vor dieser Schranke steht ein knallgelbes Auto, aus dem fröhlich meine Tante Nelly winkt.

„Ich bin wie immer spät dran“, schreit sie. „Warte kurz auf mich, ich bin in einer Minute da.“

Natürlich werde ich auf sie sie warten. Was für eine Alternative habe ich?

Ich schlurfe ein paar Meter weiter und werde fast von Nelly über den Haufen gefahren. Mit quietschenden Reifen kommt sie wenige Zentimeter von mir zum Stehen und steigt vergnügt aus.

„Hallo, meine Liebe, wie schön, dich zu sehen“, begrüßt sie mich überschwänglich und reißt mich in ihre Arme.

Wie immer trägt sie bunte Klamotten und hat ihre langen, roten Haare hochgesteckt. Sie strahlt mich an und unwillkürlich muss ich zurücklächeln. Es ist unmöglich, in Nellys Gegenwart schlechte Laune zu haben.

„Herzlich willkommen in Schafstetten, die Stätte für Schafe, haha. Ich bin mir sicher, es wird dir hier gefallen.“

„Bestimmt“, antworte ich wenig überzeugt.

Ich bin zwar auf dem Land groß geworden, konnte aber mit 18 nicht schnell genug wegkommen und bin für ein Jahr als Au Pair Girl nach London gegangen. Eigentlich wollte ich nach Los Angeles, aber das hat nicht geklappt, was mir heute noch leid tut. Und ich glaube, Schafstetten ist kein würdiger Ersatz für Los Angeles. Jedenfalls sieht das hier nicht so aus. Sicher, der Schnee lässt alles schön und friedlich aussehen, aber wenn er weggeschmolzen ist, ist dieses Nest bestimmt trostlos und grau.

„Du wirst die Ruhe lieben“, verspricht Nelly mir und ich frage mich, ob man bei so vielen Tieren tatsächlich seine Ruhe hat. Irgendjemand bellt, miaut, schnattert, blökt oder kräht garantiert immer herum.

„Es ist eine ganz andere Welt“, schwärmt Nelly mit glänzenden Augen.

„Das glaube ich“, erwidere ich, und ich glaube es wirklich. Allerdings weiß ich nicht, ob ich mich in dieser Welt zurechtfinden werde.

Die Sitze von Nellys kleinem Auto sind voller Tierhaare. Außerdem liegen überall Kauknochen und ähnlich hübsche Accessoires herum. Hoffentlich sieht Nellys Haus nicht genauso aus.

Wir fahren nur wenige Minuten, bis meine Tante anhält. Erstaunt steige ich aus. Das rote Haus mit den weißen Säulen ist riesig und ich kann kaum glauben, dass Nelly es allein bewohnt. Sie hat dieses Haus vor einem Jahr gekauft und ich sehe es heute zum ersten Mal. Vorher hat sie in einem Nachbarort gelebt.

„Das Grundstück ist 8.000 Quadratmeter groß“, berichtet Nelly stolz. „Du musst aufpassen, dass du dich nicht verläufst.“

Das ist ja irre. Da muss man zum Joggen nicht mal das eigene Grundstück verlassen.

„Da drüben auf der Koppel sind die Schafe.“

Nelly macht eine Handbewegung nach rechts. Tatsächlich, dort stehen sie an einem Futtertrog mit Heu und blöken uns zur Begrüßung laut zu.

„Die Schafe sehen ganz weihnachtlich aus“, finde ich. „Die Heuraufe sieht aus wie eine Krippe. Was für ein schönes Bild.“

Es wirkt so ruhig und friedlich und ich muss sofort ein Foto machen.

„Die Schafe müssen morgens und abends gefüttert werden“, instruiert Nelly mich. „Dafür gibt es sogenannte Schafpellets. Ansonsten fressen sie Gras und jetzt im Winter Heu, das ihr in die Heuraufe füllen müsst. Birnen und Äpfel fressen sie auch sowie getrocknetes Brot. Das muss ganz trocken und hart sein. Und natürlich müsst ihr sie morgens aus dem Stall rauslassen und abends wieder einsperren. Schließlich gibt es hier Füchse. Wenn es dunkel wird oder noch nicht hell ist, ist es sonst gefährlich.“

„Gehen sie freiwillig zurück in den Stall?“, erkundige ich mich.

„Meistens schon“, behauptet Nelly. „Wenn nicht, musst du sie mit den Pellets locken Danach sind sie ganz verrückt. Aber es klappt eigentlich immer ohne größere Probleme.“

Ich muss sagen, das Wort eigentlich stört mich ein bisschen. Ich sehe mich schon schweißgebadet hinter dem Schafsbock mit den Hörnern herlaufen, der mir immerzu entwischt. Ehrlich gesagt schaffe ich es manchmal nicht mal, Maya aus dem Wohnzimmer zu entfernen. Da meine Kaninchen dazu neigen, manchmal auf die Couch zu pinkeln, müssen sie nachts mit dem Rest der Wohnung vorliebnehmen. Maja gefällt das jedoch überhaupt nicht. Wenn sie das Wohnzimmer verlassen soll, läuft sie bis zur Tür, um dann plötzlich umzudrehen und ins Wohnzimmer zurückzulaufen. Ich habe schon Stunden mit sinnlosen Versuchen verbracht und sie schließlich doch im Wohnzimmer gelassen. Irgendwann gibt man einfach auf. Aber bei den Schafen kann ich das nicht machen, denn es ist gefährlich. Da muss ich mich durchsetzen. Aber ehrlich gesagt bezweifele ich, dass ich mich gegenüber einem gehörnten Schafsbock durchsetzen kann, wenn mir das nicht mal bei einem Zwergkaninchen gelingt. Aber das werde ich Nelly jetzt ganz bestimmt nicht auf die Nase binden.

Erschrocken zucke ich zusammen, als lautes Gebell ertönt.

„Das sind Balou, Finn und Kitty“, verkündet Nelly fröhlich. „Sie warten schon auf uns und freuen sich, dass du kommst.“

„Ach, haben sie das gesagt?“, erwidere ich albern.

Nelly lacht. „Sie sind immer ganz aufgeregt, wenn wir Besuch bekommen. Du musst keine Angst haben. Es sind absolut friedfertige Tiere. Aber sie sind sehr ungestüm und zeigen ihre Euphorie und Liebe sehr deutlich.“

Als Nelly das Tor zum Garten öffnet, weiß ich, was sie meint. Drei Monster kommen auf mich zugeschossen und werfen mich fast zu Boden. Alle springen an mir hoch und mir wird kurzfristig schwarz vor Augen. Einer der Hunde ist so groß, dass er mir mühelos seine Pranke auf die Schulter legt und sein riesiger Kopf direkt von meinem erscheint. Ich kriege fast einen Herzschlag.

„Kitty ist ein richtiges Baby“, vernehme ich undeutlich Nellys Stimme, denn das Gekläffe ist einfach zu laut. „Sie ist nur ein bisschen groß. Aber sie weiß das ja nicht. Sie denkt, sie ist ein kleiner Zwergpinscher. Darum will sie auch bei jedem auf dem Schoß sitzen, aber das geht natürlich nicht.“

Der riesige Hund, der sich irrtümlich für einen Zwergpinscher hält, guckt mich mit hechelnder Zunge an und ich kann einen Blick auf sein imposantes Gebiss erhaschen. Du liebe Güte, wenn der zubeißt, sind meine Finger weg.

„Kitty ist aber sehr groß“, wage ich einzuwenden. „Mit einem Baby hat das wirklich nichts zu tun.“

„Vom Gemüt her schon“, widerspricht Nelly. „Du darfst dich nicht von ihrer Größe täuschen lassen.“

Nein, das werde ich auch nicht. Ich vergesse einfach, dass sie eine Dogge oder sowas in der Art ist. Ich werde mir einbilden, sie ist ein winziges Kaninchen. Allerdings habe ich noch nie erlebt, dass mir eins meiner Kaninchen die Pfoten auf die Schulter gelegt hätte. Ich glaube, ich finde kleinere Tiere sympathischer. Zumindest muss ich keine Angst vor ihnen haben.

Der kleinere Hund, eine Mopsmischung namens Balou, kreist unaufhörlich um meine Beine und macht mich damit ein bisschen irre. Der andere, eine Art Dackel, der auf den Namen Finn hört (oder auch nicht) springt in sicherer Entfernung immer wieder in die Höhe. Ganz ehrlich: Die Hunde wirken ein bisschen gaga und völlig überdreht.

Nein, das schaffe ich nicht. Diese Hunde machen mich jetzt schon nervös. Wie soll ich da noch mit 50 anderen Tieren zurechtkommen? Ich werde meiner Tante sagen, dass sie sich jemand anderen suchen soll.

Plötzlich lassen die Hunde von mir ab und rennen wie gestochen zum Gartenzaun. Erleichtert atme ich auf.

Am Gartenzaun steht ein Typ, der die Pforte öffnet und die Hunde begrüßt. Die Hunde sind von ihm noch begeisterter als von mir und können sich gar nicht mehr beruhigen. Sie sind ein einziges Knäuel, bellen und knurren wie bekloppt und springen unablässig an dem Besucher hoch. Nelly schreit zwar dauernd ihre Namen, aber das nützt überhaupt nichts. Hören tun sie schon mal nicht. Erzogen sind sie offensichtlich gar nicht. Das kann ja heiter werden. Wenn sie nicht auf Nelly hören, hören sie auf mich ganz bestimmt nicht. Ich werde mir die Seele aus dem Leib schreien und sie werden trotzdem machen, was sie wollen. Ich habe keine Chance, schon gar nicht bei dem riesigen Hund namens Kitty.

„Hey, Ben!“, ruft Nelly. „Schön, dass du auch kommen konntest. Da kann ich euch zusammen die Einweisung geben. Das ist Alessia, deine zukünftige Mitbewohnerin.“

Moment mal, was heißt hier seine zukünftige Mitbewohnerin? Ich bin die Bewohnerin! Wenn hier jemand mitwohnt, dann ist das ja wohl er und nicht ich.

„Hallo, Alessia.“

Ben kommt mit großen Schritten auf mich zu und strahlt mich an. Er hat unglaublich schöne, smaragdgrüne Augen, die funkeln und leuchten wie das ganze Firmament. Für einen Moment bringen mich diese Augen aus dem Konzept und ich vergesse sogar die Hunde, die um uns herumtanzen. Ich höre nicht mal mehr ihr lautes Bellen.

Ben streckt mir seine Hand entgegen, die ich wie paralysiert ergreife. Sein Händedruck ist warm und kräftig. Er ist groß und ziemlich gut durchtrainiert. Und er hat eine Ausstrahlung, die mich förmlich umhaut.

„Schön, dich kennenzulernen“, sagt Ben mit einer tiefen, angenehmen Stimme und lächelt mich an. „Ich hoffe, wir werden gut miteinander zurechtkommen. Aber da bin ich frohen Mutes. Ich glaube, ich bin ganz verträglich.“

„Äh …. ja“, erwidere ich einfallsreich und starre ihn an wie das achte Weltwunder. Was ist mit mir los? Normalerweise reagiere ich nicht so übertrieben auf einen Mann – auch nicht, wenn er gut aussieht. Und das ist bei Ben durchaus der Fall. Er hat ein schönes Gesicht und einen durchtrainierten Körper und ist ein echter Hingucker.

Aber es ist nicht nur das. Seltsamerweise fühle ich mich in seiner Gegenwart total sicher. Allein würde ich das mit den vielen Tieren auf gar keinen Fall schaffen. Schon die Hunde sind mir zu viel. Aber mit ihm an meiner Seite traue ich mir das plötzlich ohne weiteres zu. Ich habe das uneingeschränkte Vertrauen in ihn, dass er das alles hier mit links schafft. Dabei kenne ich diesen Typen überhaupt nicht und habe noch keinen einzigen Satz mit ihm gewechselt. Es ist einfach seine Ausstrahlung. Er strahlt eine ungeheure Selbstsicherheit und Zuversicht aus, die mir unheimlich guttut. Zumal ich beides im Moment überhaupt nicht habe.

„Du kennst dich ja schon aus“, vernehme ich Nellys Stimme, die Ben herzlich umarmt.

Ben nickt. „Ich kann mich noch gut an letztes Mal erinnern. Es hat viel Spaß gemacht mit all den Tieren hier. Sind neue dazugekommen?“

Nelly schüttelt den Kopf.

„Nein, es ist bei denen geblieben, die ich schon hatte. Also alles wie gehabt. Morgens die Tiere füttern und rauslassen, abends wieder in den Stall scheuchen. Jeden Tag die Katzentoiletten säubern und alle Tiere füttern. Ansonsten sind die Tiere sehr pflegeleicht. Du musst mit den Hunden nicht mal Gassi gehen, weil sie hier auf dem Grundstück genug Auslauf haben. Sie mögen es sowieso nicht, an die Leine genommen zu werden.“

Immerhin etwas. Ich glaube, gegen Kitty hätte ich keine Chance. Sie könnte mich an der Leine hinziehen, wo sie wollte, und wahrscheinlich würde eher sie mit mir spazieren gehen als umgekehrt.

Es folgt eine Führung durch das riesige Haus. Ich muss zugeben, dass ich beeindruckt bin. Nelly hat alles wunderschön und gemütlich eingerichtet und ich fühle mich sofort wohl. Ich bin erstaunt, dass es überall sauber und aufgeräumt ist. Eigentlich hätte ich vermutet, dass wegen der vielen Tiere Unordnung herrscht und überall Tierhaare zu finden sind. Aber das ist nicht der Fall. Wahrscheinlich hat Nelly eine talentierte Putzfrau, die erst kürzlich saubergemacht hat.

Da wäre das riesige Wohnzimmer, das gleichzeitig als Esszimmer dient. Hier liegen zwanglos zwei Katzen auf dem Esstisch, während sich zwei weitere ihre Krallen an der Couch wetzen.

„Das macht nichts“, winkt Nelly ab, die meinem entsetzten Blick gefolgt ist. „Das Sofa ist uralt, das können sie ruhig kaputtmachen. Es ist ihr Kratzbaum. Den haben sie natürlich auch, benutzen ihn aber nicht.“

„Irgendwann sitzt du auf den Sprungfedern“, grinst Ben, der hinter mir herläuft. Sein Aftershave weht mir entgegen und ich schließe kurz die Augen. Sein Duft ist absolut betörend.

Nelly lacht nur.

„Auf ein luxuriöses Ambiente lege ich keinen Wert mehr“, erklärt sie.

Das war früher anders. Ich kann mich noch genau an ihre topgestylte Altbauwohnung in Berlin-Zehlendorf erinnern. Dort war alles vom Feinsten und kein Staubkorn trübte jemals den Anblick. Nelly hat sich enorm verändert, seit sie auf dem Land wohnt. Aber es ist klar, dass sie mit so vielen Katzen und Hunden nicht in einer Designer-Behausung leben kann. Ihre Möbel bestanden früher vorwiegend aus Glas und Chrom, während jetzt alles aus Holz ist. Es wirkt völlig anders, aber auch sehr viel gemütlicher. Abgesehen von der Kratz-Couch gibt es noch eine intakte Couch, die die Katzen offenbar in Ruhe lassen. Immerhin.

Dann gibt es eine großzügige Küche mit einer Top-Ausstattung, die vor allem Ben lobt. Offenbar kann er kochen, was ihn schon mal grundlegend von mir unterscheidet.

Nelly hat ihr Leben lang als Lehrerin gearbeitet und ist dieses Jahr in Pension gegangen. Sie hat sich wie verrückt auf ihren Ruhestand gefreut und läutet ihn nun mit dieser Weltreise ein.

Es ist nicht überall top aufgeräumt, aber gerade dadurch wirkt es gemütlich. Ben findet genau die richtigen Worte.

„Es ist schön, wenn man merkt, dass in einem Haus gelebt wird“, sagt er. „Ich mag sterile, perfekt aufgeräumte Häuser überhaupt nicht. Da traut man sich ja kaum, sich aufs Sofa zu setzen - aus lauter Angst, man könne etwas schmutzig machen.“

Insgeheim muss ich grinsen. Markus war auch von dieser Sorte. Er hat mir schon das Geschirr aus den Händen gerissen, um es in die Spülmaschine zu stellen, wenn ich noch gar nicht richtig mit Essen fertig war. Danach hat er sofort angefangen, in der Küche eine regelrechte Grundreinigung zu veranstalten. Das war schon sehr übertrieben. Dauernd lief er mit einem Putzlappen in der Hand herum und hat alles abgestaubt, was ihm unter die Finger kam. Ich fand es ehrlich gesagt schon ein bisschen zwanghaft. Andererseits war es natürlich toll, dass ich mich um lästige Dinge wie saubermachen und aufräumen gar nicht kümmern musste. Darin war Markus ein wahrer Meister. Es war sein größtes Hobby. Mit einem Kind wird sich sein Aufgabenspektrum sogar noch erweitern.

Im Erdgeschoss gibt es neben dem Wohnzimmer und der Küche ein geräumiges Badezimmer und zwei weitere Räume. In dem einen Raum steht ein Bett und verschiedene Hundekörbchen. Der andere Raum wird offenbar als Abstellraum genutzt, denn er ist vollgestopft mit allem möglichen Kram.

„Hier schlafe ich mit den Hunden“, erklärt Nelly. „Konstantin schläft mit den Katzen oben.“

Ben und ich wechseln einen schnellen Blick.

„Wieso schlaft ihr denn getrennt?“, fragt Ben unumwunden.

„Weil wir beide schnarchen“, gibt Nelly ebenso unumwunden zurück. „Die Tiere stört das offenbar nicht, aber uns schon. Ich mache kein Auge zu, wenn Konstantin die Wälder in Kanada abholzt. Das ertrage ich nicht. Und er meint, meine Sägerei sei noch viel schlimmer. Aber das kann gar nicht sein, denn so laut wie er schnarche ich nicht.“

„Und wie macht ihr das auf der Kreuzfahrt?“, will ich wissen. „In so einer kleinen Kabine kann man sich doch nicht aus dem Weg gehen. Oder habt ihr zwei einzelne Kabinen gebucht?“

„Wir haben eine Suite mit zwei Betten“, teilt Nelly uns strahlend mit. „Und zwar handelt es sich um eine Maisonette-Suite. Einer schläft oben, der andere unten. Ich hoffe, das bringt so viel Distanz zwischen uns, dass wir einander nicht hören. Aber das wird schon klappen. Zur Not gibt es Ohrstöpsel. Also, ich würde sagen, hier schläft Ben mit den Hunden. Ich gehe mal davon aus, dass Alessia dazu keine Lust hat. Oben gibt es noch zwei weitere Zimmer mit Betten. Ihr könnt euch aussuchen, wo ihr schlafen wollt.“

„Du hast was von einem Nebengebäude gesagt“, erinnere ich meine Tante. „Könnte ich dort wohnen? Ich bringe meine Kaninchen mit und die haben natürlich Angst vor Katzen und Hunden.“

„Klar, kein Problem. Zwei Zimmer sind schon komplett renoviert“, gibt Nelly bekannt. „Ein Bett und einen Schrank können wir rübertragen.“

Ich atme auf. Der Gedanke, dass die Hunde und Katzen nachts über mich herfallen, ist nicht gerade prickelnd. Aber wenn Ben inmitten einer Horde von Tieren schlafen will, kann er das natürlich machen.

Nelly zeigt uns die Gehege der Enten und Hühner. Angeblich ist alles ganz easy und wie bei den Schafen müssen wir die Tiere morgens und abends füttern und aus dem Stall lassen beziehungsweise wieder hinein scheuchen. Ich habe allerdings meine Bedenken, ob sich die Tiere auch tatsächlich in den Stall scheuchen lassen und sehe Ben und mich schon bis zum Morgengrauen hinter Schafen, Hühnern und Enten herlaufen. Hoffentlich ist das alles wirklich so einfach. Ben hingegen scheint sich keine Sorgen zu machen und das tut mir gut. Wenn er auch so ängstlich und zögerlich wäre wie ich, würde ich das alles hier wahrscheinlich abblasen. Einer von uns muss schließlich zuversichtlich sein.

Kapitel 3

In den nächsten vier Wochen, die mir bis zu Nellys Weltreise bleiben, habe ich jede Menge zu tun. Meine Möbel und sonstigen Sachen kann ich im Haus meiner Eltern abstellen. Obwohl ich mich mit ihnen nicht sonderlich gut verstehe und sie nie die Eltern waren, die ich mir gewünscht hätte, bin ich ihnen sehr dankbar für diese Möglichkeit. Meine Mutter kann es natürlich nicht lassen, mir meine Zukunft in den düstersten Farben auszumalen.

„Du solltest dich lieber auf die Hinterbeine stellen und deinen Vermieter verklagen“, zetert sie. „Du lässt dir immer alles gefallen und bist viel zu schwach. Ich würde dem erstmal die Stirn bieten. Du kannst doch nicht immer alles mit dir machen lassen. Der darf das gar nicht tun, was er vorhat.“

„Das weiß ich, aber ich wollte sowieso da weg“, entgegne ich kraftlos.

Die Zusammenkünfte mit meiner Mutter sind für mich extrem kräftezehrend. Leider ist sie keine von den Müttern, die ihr Kind unterstützen und ihm Mut zusprechen. Im Gegenteil. Meine Mutter ist großartig darin, mir auch noch das letzte bisschen Mut und Zuversicht zu nehmen.

„Aber du findest in Berlin doch gar keine bezahlbare Wohnung“, jammert sie weiter und verdreht die Augen. „Da hast du schon mal eine, die du bezahlen kannst – und dann lässt du sie dir einfach wegnehmen. Dein Vermieter lacht sich eins ins Fäustchen, weil du dich so leicht in die Flucht schlagen lässt. Auf sowas Dummes hat der doch nur gewartet. Lassen sich die anderen das auch gefallen? Ziehen die alle aus? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt bestimmt einige, die dableiben und kämpfen. Aber du gehörst mal wieder nicht dazu. Du steckst den Kopf in den Sand und kapitulierst. Ich verstehe dich nicht.“

Unwillig sieht sie mich an und wirkt richtig wütend. Ich fühle mich wie der letzte Loser. Dieses Gefühl kenne ich nur zu gut. Ich konnte meiner Mutter schon als Kind nichts rechtmachen. Sie hat mir immer das Gefühl gegeben, der größte Versager unter der Sonne zu sein. Daran hat sich nichts geändert. Ich mache immer noch alles falsch und bin zu nichts imstande. Dass ich viele Jahre mit meinen Büchern eine Menge Geld verdient habe, hat sie nicht ein einziges Mal kommentiert. Nie hat sie gesagt, dass sie stolz auf mich ist und dass es eine großartige Leistung ist, vom Schreiben leben zu können.

Aber auch das war schon immer so. Wenn ich etwas geleistet habe, hat sie das einfach nicht zur Kenntnis genommen. Nur meine Misserfolge muss sie mir unentwegt unter die Nase reiben.

„Ich wollte schon lange da ausziehen und jetzt werde ich eben dazu gezwungen“, wiederhole ich. „Von daher ist es kein großer Verlust. Ich werde schon irgendetwas finden. Wenn nicht, suche ich mir in der Pampa etwas. Schreiben kann ich überall.“

„Du kannst doch nicht irgendwo draußen in der Pampa leben!“, sagt meiner Mutter entsetzt. „Dafür bist du überhaupt nicht geschaffen. Du würdest dort eingehen. Du bist von klein auf die Vorzüge einer Großstadt gewöhnt. Du kannst dich nicht umstellen.“

„Wieso nicht?“, entgegne ich ärgerlich. „Nelly hat sich auch umgestellt. Und die war noch ein paar Tage älter, als sie Berlin verlassen hat und aufs Land gezogen ist.“

„Ja, Nelly.“ Meine Mutter macht eine wegwerfende Handbewegung – wie immer, wenn wir über ihre Schwester sprechen. Die beiden haben sich nie gut miteinander verstanden und je älter sie werden, desto angespannter wird ihr Verhältnis.

„Nelly hatte schon immer seltsame Ideen. Was sie auf dem Land will, weiß ich immer noch nicht.“

„Sie ist glücklich dort“, erkläre ich. „Sie lebt ihren Traum mit vielen Tieren. Wenn das für sie das Richtige ist, ist das doch wunderbar.“

„Wenn sie älter wird, kann sie das alles gar nicht mehr bewerkstelligen“, macht meine Mutter wie üblich alles schlecht. „Außerdem gibt es dort keine vernünftige ärztliche Versorgung. Überhaupt gibt es da gar nichts. Im Alter kann man dort nicht leben. Das ist völlig unmöglich. Und Nelly ist auch nicht mehr die Jüngste, wenn sie das auch immer glaubt.“

Mir geht die Negativität meiner Mutter auf den Senkel. Kein Wunder, dass auch ich nicht gerade dazu neige, die Welt in rosaroten Farben zu sehen. Ich habe ihre Gene und sie hat mich so erzogen. Natürlich hat das dazu beigetragen, dass ich vieles oft negativer sehe, als es tatsächlich ist.

„Mama, ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass ich meine Sachen hier unterstellen darf“, sage ich und bemühe mich, nicht allzu genervt zu klingen. „Aber erspare mir bitte deine Ansprachen, dass ich sowieso alles falsch mache und Nelly nicht auf dem Land leben sollte.“

„Du hättest deinen sicheren Bürojob nicht aufgeben sollen“, fängt meine Mutter mit der Litanei an, die ich seit einiger Zeit über mich ergehen lassen muss. Jahrelang hat sie keinen Ton dazu gesagt, dass ich mit dem Schreiben richtig viel Geld verdient habe. Aber kaum geht es bergab, hält sie mir das ständig unter die Nase. Sie ist nicht sehr aufbauend.

„Mama, bitte nicht schon wieder. Ich fahre jetzt“, erkläre ich und drehe mich um.

„Das war ja schon immer deine Strategie“, wettert meine Mutter los. „Abhauen und wegrennen. Die Wahrheit willst du nicht hören.“

Ich drehe mich zu ihr um. Mir reicht es. Okay, ich habe keine Mutter, die mich unterstützt. Aber ich brauche auch keine Mutter, die mich ständig niedermacht.

Ich sehe ihr ins Gesicht. Sie wirkt richtig erfreut und erfrischt. Nichts macht sie so glücklich, als wenn sie andere Menschen niedermachen kann. Ich schüttele den Kopf. Es hat keinen Zweck. Ich verschwende nur meine Zeit und meine Kraft. Ich muss mich aus diesem toxischen Umfeld entfernen. Es ist mir nicht recht, dass ich ausgerechnet meine Eltern fragen musste, aber ich kenne sonst niemandem, bei dem ich meine Möbel hätte unterstellen können. Und extra ein Lager anzumieten ist viel zu teuer. Also bleibt mir leider nur diese Möglichkeit.

***

Der große Tag ist gekommen. Ich ziehe mit Sack und Pack und meinen Kaninchen ins Tierparadies. Mein Auto ist bis oben hin vollgepackt und meine Kaninchen sind verstört. Sie mögen es überhaupt nicht, in einer Transportbox zu sitzen – egal, wie groß sie ist. Und sie mögen es schon gar nicht, im Auto durch die Gegend geschaukelt zu werden.

Mein Herz macht einen Sprung, als Ben mir von der Straße aus strahlend zuwinkt. Es ist seltsam, aber jedes Mal, wenn ich ihn sehe, fühle ich mich leicht und frei. Dabei sehe ich ihn heute erst das zweite Mal. Komisch. Es kommt mir so vor, als würde ich ihn schon viel länger kennen.

Ich halte an und öffne die Fensterscheibe.

„Willkommen in der Villa Kunterbunt“, lacht Ben. „Ich habe Nelly instruiert, dass sie mit den Hunden im Haus bleiben soll. Sonst bekommen deine Kaninchen bestimmt einen Herzschlag, oder?“

„Das ist aber lieb, dass du dir um das Wohlergehen meiner Plüschis Gedanken machst“, sage ich erfreut.

„Na klar. Ich mag Plüschis“, versichert Ben. „Wo sind sie?“

Ich deute auf die Transportbox hinter mir. Ben runzelt die Stirn.

„In die Box würde Kitty passen“, übertreibt er maßlos. „Hast du zwei Riesenkaninchen?“

„Nein, es sind Zwergkaninchen, aber ich habe trotzdem eine große Transportbox gekauft, damit sie nicht so eingepfercht sind“, erkläre ich. „Ehrlich gesagt ist die Box eigentlich für größere Hunde gedacht.“

Ben lacht schallend. Dann öffnet er die hintere Tür und beugt sich zu den beiden Flausche-Nasen.

„Auch euch ein herzliches Willkommen“, sagt er freundlich. „Ihr seht aber niedlich aus. Oh, du bist ja ein Hotot-Kaninchen. Und du bist ein Löwenköpfchen.“

Erstaunt sehe ich ihn an. Bis vor kurzem wusste ich selbst nicht, dass Filou ein Hotot-Kaninchen ist. Ausgesprochen wird es wie Otto, mit Betonung auf dem letzten O, also quasi Ottó.

„Woher kennst du dich so gut mit Kaninchen aus?“, will ich wissen. „Ich kannte diese Rasse bis vor kurzem selber gar nicht und dachte, Filou sei ein Unikat. Naja, das ist sowieso. Er ist einzigartig. Aber ich wusste nicht, dass es viele kleine Filous gibt, die genauso aussehen wie er.“

„Eine Freundin hatte mal einige Hotot-Kaninchen“, berichtet Ben lächelnd. „Sie fand die Augen so schön, die aussehen, als wären sie mit einem dicken Kajalstift geschminkt. Das sieht schon faszinierend aus. Und die Rasse soll sehr zutraulich und zugewandt sein und überaus freundlich.“

„Das stimmt. Filou ist das freundlichste Kaninchen, das ich jemals hatte“, berichte ich. „Er hat noch nie ein anderes Kaninchen gebissen oder gejagt und ist immer hilfsbereit. Er ist wirklich ein Schatz.“

Inzwischen bin ich ausgestiegen und Ben reicht mir die Transportbox.

„Ich würde sagen, du trägst deine Schätze und ich schleppe deine anderen Sachen hoch“, schlägt er vor. „Einverstanden?“

„Ja, sehr“, nicke ich und freue mich, dass er mir hilft. „Vielen Dank, das ist echt total lieb von dir.“

Mein neues Domizil befindet sich im Erdgeschoss. Das Zimmer ist sehr hell und groß. Die bunten Vorhänge verbreiten Fröhlichkeit und die Holzdielen Behaglichkeit. Gegenüber des Fensters steht ein großes Doppelbett mit zwei Nachtschränkchen und an einer Wand ein mittelgroßer Schrank. Ich bin begeistert. Hier können meine Kaninchen nach Herzenslust herumhoppeln.

Blöd ist nur, dass es weder ein Badezimmer noch eine Toilette gibt. Leider neige ich dazu, dank meiner schwächlichen Blase nachts die Toilette aufsuchen zu müssen. Der Gedanke, mich mitten in der Nacht zum Haupthaus zu schleichen und dort von Hunden und Katzen überfallen zu werden, behagt mir nicht gerade. Aber ich habe wenig Lust, meine Notdurft im Garten zu verrichten. So weit kommt es noch.

„Das ist unser neues Zuhause“, teile ich Filou und Maja mit, die sich mit großen Augen umsehen. Ben erscheint mit dem ersten Mobiliar.

„Deine Kaninchen sind ja richtig gut eingerichtet“, findet er und stellt die erste Behausung ab. Es handelt sich um das sehr beliebte Schiff MS Plüschnasen.

„Sie haben echt schöne Möbel. Sehr geschmackvoll.“

Ich erzähle ihm lieber nicht, dass diese Möbel ein Vermögen gekostet haben. Ich seufze auf. Das könnte ich mir heute überhaupt nicht mehr leisten. Aber immerhin hatte ich gute Zeiten und besitze noch einiges, das ich mir in diesen Zeiten geleistet habe. Das ist ja auch viel wert.

„Ich gehe runter und hole den Rest“, verkündet Ben und läuft leichtfüßig nach unten. Kurze Zeit später verschönern zwei Burgtürme, zwei Häuser und das Schiff das Zimmer. Eine Toilette im modischen Leopardendesign darf nicht fehlen sowie waschbare Teppiche, damit meine Lieblinge auf dem glatten Holzfußboden nicht ausrutschen.

„Du hast an alles gedacht“, lobt Ben mich. „Deine Tiere scheinen es ausgesprochen gut bei dir zu haben.“

„Das ist auch Sinn der Sache“, erwidere ich. „Wenn ich schon Tiere habe, sorge ich auch dafür, dass es ihnen gut geht. Das will ich dir gleich mal sagen: Kaninchen mögen es nicht, wenn sie auf den Arm genommen werden. Sie sind Fluchttiere, die Panik bekommen, wenn sie keinen Boden unter den Füßen haben. Wenn das in der Natur passiert, sind sie in den Krallen von Greifvögeln. Von daher kann man natürlich verstehen, dass sie dann Angst kriegen. Leider ist das den meisten Menschen völlig egal. Sie stellen ihre Bedürfnisse immer über die der Tiere. Gerade Kaninchen werden oft als Spielzeug für Kinder missbraucht. Ich finde das schrecklich. Die armen Tiere können sich doch gar nicht wehren. Außerdem kann man sich auch zu ihnen auf den Boden knien, um sie zu streicheln.“

„Okay“, sagt Ben nur, ohne auf mein Plädoyer einzugehen. „Mache ich.“

Ich packe meine Tüte aus und lege einen durchgeschnittenen Apfel, Broccoli, Möhren und Kohlrabi-Blätter auf den Boden. Filou und Maja kommen sofort angelaufen und reißen sich die Blätter unter den Nagel.

„Die fressen sie am liebsten“, erkläre ich. „Praktischerweise gibt es sie im Supermarkt umsonst. Natürlich nur, wenn man nicht eine Verkäuferin erwischt, die sich hinter dir aufbaut und verkündet, dass das verboten ist.“

Ben lacht. „Dann passe ich besser auf, wenn ich im hiesigen Supermarkt klauen gehe“, grinst er. „Willst du die beiden die ganze Zeit hier im Zimmer halten? Kaninchen sollen doch auch mal an die frische Luft, oder?“

„Aber nicht bei diesen eisigen Temperaturen“, erwidere ich. „Mir tun alle Kaninchen leid, die im Winter draußen leben müssen. Und dann doch der blöde Spruch, Wildkaninchen würden auch draußen leben. Ja, das tun sie, aber in Höhlen, wo es mit Sicherheit wärmer ist als in einem Stall. Ich finde das einfach nur herzlos.“

Ben lächelt. „Ich finde es schön, dass du dich so sehr für das Wohl deiner Tiere einsetzt“, lobt er mich. „Bei manchen Leuten frage ich mich wirklich, warum sie sich Tiere anschaffen, wenn sie sich gar nicht um sie kümmern.“

Ich seufze auf.

„Wir müssen uns jedenfalls um genug Tiere kümmern. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich ausgerechnet hier meine Ruhe finden soll. Hier ist viel mehr Action als zu Hause.“

„Wenn wir uns dran gewöhnt haben, finden wir schon unsere Ruhe“, ist Ben überzeugt. „So viel Arbeit ist das mit den Tieren nicht. Sie sind halt nur immer da, aber sie beschäftigen sich auch ganz gut miteinander. Es ist doch schön, wenn man irgendwo sitzt und ein Hund und eine Katze liegt neben dir.“

Ich stelle mir gerade vor, wie dieser riesige Hund von Kitty auf mir liegt. Er wird mich ersticken. Ehrlich, ich finde ihn furchteinflößend.

„Willst du wirklich mit den Hunden im Bett schlafen?“, erkundige ich mich. „Hast du keine Angst, dass Kitty dich erdrückt oder dir die Kehle durchbeißt?“

Ben schüttelt lachend den Kopf.

„Kitty ist eine Seele von Hund und ein ganz liebes Tier“, erklärt er. „Nur, weil sie so groß ist, heißt das nicht automatisch, dass sie gefährlich ist. Dir kann auch ein kleiner Hund die Kehle durchbeißen.“

Dann ist vielleicht Balou oder Finn am Start. Wirklich sehr beruhigend.

„Nelly wollte uns noch etwas Spezielles sagen“, teilt Ben mir mit. „Sie tat äußerst geheimnisvoll. Ansonsten ist sie völlig durch den Wind und läuft herum wie ein aufgeschrecktes Huhn. Aber das kann man verstehen. Schließlich startet morgen ihr großes Abenteuer.“

„Unser großes Abenteuer startet dann auch“, sage ich mit einem flauen Gefühl im Magen.

Du liebe Güte, worauf habe ich mich da nur eingelassen? Ich soll drei Monate lang mit einem fremden Mann und Hunderten von Tieren in einer fremden Umgebung leben. Hoffentlich überstehe ich das ohne größere Schäden.

Ben lacht schallend.

„Du siehst nicht gerade glücklich aus“, stellt er fest. „Ich hoffe, das liegt nicht an mir.“

„Nein, nein, natürlich nicht“, beeile ich mich zu versichern. „Im Gegenteil. Ich bin froh, dass du hier bist. Allein würde ich das niemals schaffen. Ich frage mich nur, ob ich es mit dir schaffe. Ich meine, ob wir es schaffen. Machst du dir keine Sorgen, dass wir das alles bewältigen können?“

„Nein“, sagt Ben kurz und knapp. „Überhaupt nicht.“

Ich starre ihn an. Wie kann er nur so zuversichtlich sein? Woher nimmt er diesen Optimismus?

Ben lacht wieder und zuckt mit den Schultern. Seine wunderschönen Augen funkeln. Ich muss sagen, dass diese Augen es mir wirklich angetan haben. Ich darf ihm nicht so lange in die Augen sehen, sonst verliere ich mich darin.

„Weißt du, ich gehe generell davon aus, dass alles glattgehen wird“, erklärt er. „Und meistens ist das auch so. Wenn man von vornherein pessimistisch ist und daran glaubt, dass alles schiefläuft, wird das garantiert eintreten. Stichwort Resonanzgesetz. Was du aussendest, bekommst du zurück. Wenn du immer das Schlimmste erwartest, kriegst du es auch. Man sollte positiv durchs Leben gehen.“

Ich verdrehe die Augen.

„Bist du ein spiritueller Lehrer?“, spotte ich. „Bekomme ich jeden Tag eine esoterische Weisheit zu hören?“

Ben grinst. „Das liegt an dir. Ich kann meine Weisheiten auch für mich behalten, wenn dir das lieber ist. Aber du hast sicher auch schon die Erfahrung gemacht, dass die Dinge viel besser laufen, wenn du positiv an sie herangehst, oder?“

„Ich weiß nicht“, entgegne ich zögernd. „Ich bin an einige Dinge wirklich positiv herangegangen, aber sie haben sich trotzdem negativ entwickelt. Ich glaube nicht, dass automatisch alles gut läuft, wenn man nur fest genug daran glaubt.“

Wir blicken uns in die Augen. Noch nie haben mich die Augen eines Menschen dermaßen fasziniert. Ich kann gar nicht sagen, warum das so ist. In Bens Augen ist so vieles. Tiefe, Weisheit, Verstehen. Ich kann es nicht in Worte fassen. Aber diese Augen machen mich echt schwach.

„Darüber reden wir in einer stillen Stunde“, beschließt Ben. „Das ist kein Thema, das man zwischen Tür und Angel führen sollte. Jetzt fragen wir erstmal Nelly, was für eine spezielle Aufgabe sie für uns hat.“

Er zwinkert mir zu.

Das würde mich natürlich auch brennend interessieren.

***

„Meine Lieben, jetzt kommt etwas ganz Besonderes“, macht Nelly es spannend. „Es ist wirklich eine spezielle Aufgabe und ich hoffe, es ist nicht zu viel verlangt.“

„Du machst es aber spannend“, lache ich. „Warum sagst du uns nicht einfach, was Sache ist?“

„Ich glaube, es ist besser, wenn ihr das sofort seht“, beschließt Nelly. „In diesem Fall brauche ich nicht viele Worte zu verlieren.“

Ben und ich tauschen einen schnellen Blick. Er scheint genauso ahnungslos zu sein wie ich.

Nelly geht um das Haus herum und wandert durch den Garten. Ben und ich folgen ihr. Vor einem hübschen Gartenhaus bleiben wir stehen. Lächelnd steckt Nelly den Schlüssel ins Schloss und schließt auf. Wir treten ein und sehen uns um.

Ich habe ein paar Gartengeräte erwartet oder vielleicht ein hübsch eingerichtetes kleines Häuschen. Aber was ich jetzt sehe, verschlägt mir glatt den Atem. Fast glaube ich, dass ich Halluzinationen habe. Ich werfe Ben einen hilflosen Blick zu. Er sieht genauso überrascht aus wie ich.

Wir befinden uns in einem Verkaufsraum ganz besonderer Art. Überall sind Regale, Vitrinen und Schränke aufgebaut, in denen Dinge stehen, die ich hier ganz bestimmt nicht erwartet hätte.

Dildos, Vibratoren, Handschellen, Lack und Leder-Kleidung, Peitschen und viele andere Dinge, die mir unbekannt sind.

„Ich nehme an, das ist nicht dein persönlicher Entspannungsraum“, sagt Ben lakonisch. „Du verkaufst Sex Toys? Du hast einen privaten Sexshop – oder wie soll ich das nennen?“

Nelly grinst bis über beide Ohren.

„Mein Laden heißt ‚Allerlei Schönes‘“, gibt sie bekannt. „Hier gibt es schöne Dinge, um sich das Leben noch schöner zu machen. Ich habe auch ganz harmlose Sachen wie Duftkerzen oder Lampen im Angebot.“

„Harmlose Sachen wie Lampen in Penisform“, erwidert Ben trocken.

Mein Blick wandert zu einer goldenen Lampe, die tatsächlich das männliche Geschlecht abbildet. Wenn ich das richtig sehe, muss man auf die Eichel drücken, um die Lampe einzuschalten. Ich schließe kurz die Augen. Nein, ich bin doch nicht prüde! Oder etwa doch? Ein bisschen überfordert mich diese Situation schon. Nelly erwartet doch nicht ernsthaft von uns, dass wir die Sachen hier vorführen, oder? Ich könnte diese Lampe niemals einschalten, wenn irgendjemand zusieht. Okay, ich bin doch prüde. Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch nie in einem Sexshop war. Ich wüsste auch nicht, was ich da sollte. Und wenn ich mich umsehe, weiß ich es erst recht nicht. Bei den meisten Sachen weiß ich nicht einmal, um was es sich überhaupt handelt.

„Die natürlich auch, aber es gibt auch ganz normale Lampen“, versichert Nelly. „Oder ganz normale Figuren oder ganz normale Duftkerzen … Nein, die da hinten natürlich nicht, Ben. Die hat die Form von … naja, das siehst du ja. Wird dir nicht ganz unbekannt vorkommen.“

„Was um alles in der Welt machst du hier?“, flüstere ich entsetzt. „Du verkaufst allen Ernstes diese … äh … Dinge? Wieso? Ich meine, sowas bestellt man sich online, oder? Ich jedenfalls würde niemals in so einen Laden gehen, in dem ich den Inhaber zu allem Überfluss auch noch kenne und mir irgendwas aussuchen. Da würde ich im Boden versinken.“

Nelly zwinkert mir zu.

„Siehst du, meine Liebe, so verklemmt seid ihr in der Großstadt. Es ist allgemein bekannt, dass jeder Sex hat – ob mit sich selbst oder anderen. Das ist das Normalste auf der Welt. Warum soll es peinlich sein, sich etwas zuzulegen, damit es noch aufregender wird? Den Leuten hier ist es nicht peinlich und sie freuen sich, wenn ich sie beraten kann.“

Ich hebe beide Hände hoch.

„Nein, Nelly, das geht jetzt wirklich zu weit. Mit diesem furchterregenden Hund ist mir das eigentlich schon zu viel. Und dann noch die tausend anderen Tiere. Aber ich werde ganz bestimmt nicht Sexspielzeuge verkaufen und die Leute beraten. Das kann ich nicht. Ich habe damit keinerlei Erfahrung und die meisten Sachen, die hier herumstehen, kenne ich nicht mal.“

„Man kann sich einarbeiten“, gibt Nelly zurück. „Aber wenn ihr das partout nicht machen wollt, kann ich den Laden auch für drei Monate schließen. Das ist natürlich schade für die Leute und ich hoffe, sie springen mir dann nicht ab, aber es ist in Ordnung. Selbstverständlich möchte ich euch nicht dazu zwingen. Ich wollte es euch nur anbieten. Natürlich würdet ihr meine Provision bekommen.“

Ich verschränke meine Hände vor der Brust. Auch mit einer Provision lasse ich mich nicht ködern.

„Ich hätte damit kein Problem“, schaltet sich Ben ein. „Mir sind die meisten Sachen zwar auch unbekannt, aber wie du schon sagst – man kann sich einarbeiten. Ich fände es witzig, mich mit den Leuten über ihre diesbezüglichen Wünsche zu unterhalten.“

„Witzig?“ Meine Stimme ist plötzlich um einige Oktaven höher. „Was ist daran witzig? Ich will überhaupt nicht wissen, ob sich irgendein Bauer … ähm …“

Ich sehe mich um und greife nach dem Nächstbesten, das im Regal steht.

„Ob sich irgendein Bauer einen … was ist das hier? Penisquetscher?“

Es fehlt nicht viel und ich lasse vor lauter Schreck dieses absurde Teil fallen.

„Das wird eher selten verkauft“, beruhigt Nelly mich. „Aber natürlich gibt es Kunden mit speziellen Wünschen. Darauf muss man selbstverständlich eingehen. Ich stehe auch nicht auf SM und verkaufe trotzdem Peitschen und Handschellen. Jedem das Seine, ist meine Devise.“

Ich schüttele den Kopf.

„Wenn Ben das übernehmen will – von mir aus. Aber ich mache das ganz bestimmt nicht.“

Ben legt den Kopf schief und grinst mich an. Ich spüre, wie mir heiß wird. Der Gedanke, mit ihm zusammen Sex Toys zu verkaufen, ist völlig abstrus – und irgendwie ziemlich prickelnd.

„Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass ich als Mann eine Frau beraten sollte“, wirft Ben ein. „Ich könnte mir vorstellen, dass das den Frauen unangenehm ist. Und Alessia sollte vielleicht keine Männer beraten. Das müssen wir aufteilen.“

„Wieso? Nelly berät doch auch Männer, oder?“, entgegne ich.

„Meistens übernimmt das Konstantin“, erklärt Nelly. „Das ist den Männern lieber. Wäre es wirklich so schlimm, wenn du einer Dame einen Vibrator verkaufen müsstest? Da kannst du doch sicher mitreden, oder?“

Ich starre meine Tante konsterniert an. Will sie mich jetzt zu einem Geständnis zwingen, dass ich einen Vibrator besitze oder was? Ich sage gar nichts mehr.

„Ich berate niemandem bezüglich eines Vibrators“, fiepe ich. „Wenn Ben das nicht übernehmen will, dann gibt es in den nächsten drei Monaten hier im Dorf eben keine neuen Vibratoren. Oder die Frauen bestellen sich die im Internet – so, wie das jeder macht.“

„Aber hier können sie die Ware anfassen und testen“, erklärt Nelly.

„Anfassen und testen?“, wiederhole ich schrill. „Das meinst du jetzt aber nicht im Ernst, oder?“

„Sie können die Vibratoren anfassen und das Material prüfen“, sagt Nelly lachend. „Es gibt biegsame Vibratoren und starre. Das sieht man auf den Bildern im Internet nicht. Das meinte ich mit testen – nicht, was du schon wieder denkst. Und selbstverständlich wird die Ware, die die Kunden anfassen, nicht verkauft. Es ist immer ein Testprodukt da.“

„Ich will damit nichts zu tun haben“, wiederhole ich störrisch. „Gar nichts.“

„Ich wusste nicht, dass du so verklemmt bist“, sagt Nelly amüsiert. „Na gut, dann übernimmt Ben auch die Damen.“

„Gerne.“ Ben grinst bis über beide Ohren.

Ich weiß nicht, was es da so blöde zu grinsen gibt. Ich bin entsetzt über meine Tante. Ich werde bestimmt niemandem Vibratoren oder Penisquetscher verkaufen, das steht fest.

Der Aufenthalt hier wird immer skurriler.

Von wegen Ruhe!