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Pulled Pork kennt mittlerweile jeder und auch die mobile Gastronomie kommt nicht mehr ohne Pulled Pork Burger aus. Carsten Bothe zeigt praxisorientiert, wie man diese Köstlichkeit frisch und saftig selber machen kann. Ob im Kugel-, Gas- oder Keramikgrill oder im Backofen: Hier wird gezeigt, wie man die Temperatur steuert, welches Fleisch sich am besten eignet und wie man einen Long Job macht, ohne neben dem Grill zu stehen. Neben klassischen Rezepten mit Schwein wird auch Rind, Lamm, Huhn, Pute, Wild und Fisch gepulled.
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Seitenzahl: 145
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HEEL Verlag GmbH
Gut Pottscheidt
53639 Königswinter
Tel.: 02223 9230-0
Fax: 02223 9230-13
E-Mail: [email protected]
www.heel-verlag.de
© 2017 HEEL Verlag GmbH
Autor: Carsten Bothe
Satz und Gestaltung: gb-s Mediendesign, Königswinter
Coverdesign: Axel Mertens, Königswinter
Lektorat: Helge Wittkopp
Fotos: Philipp Jason
Bildbearbeitung: Daniel Koke
Mit Ausnahme von:
© Fotolia.de: ~ Bitter ~ (S. 1, S. 39, S. 113) guccigugu (S. 10/11), WoGi (S. 30 l), marinavorona (S. 63, S. 87, S. 123 u), doublebubble_rus (S. 79), yard1509 (S. 103), nafanya241 (S. 123 o), teploleta (S. 131, S. 139), karandaev (142/143), Doris Heinrichs (S. 155)
Dieses Kochbuch wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Weder der Verlag noch der Autor tragen die Verantwortung für ungewollte Reaktionen oder Beeinträchtigungen, die aus der Verarbeitung der Zutaten entstehen.
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlags nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.
– Alle Rechte vorbehalten –
– Alle Angaben ohne Gewähr –
Printed in Slovenia
ISBN 978-3-95843-488-2
Wir danken der MONOLITH Grill GmbH für die freundliche Unterstützung.
Liebe Leser,
Pulled Pork hat im Zuge der BBQ-Bewegung auch die Alte Welt erobert. In viele Gärten stehen Smoker, Keramikgrills oder komplette Outdoorküchen, die manche Einbauküche in den Schatten stellen. Bei den Rezepten orientieren sich viele Griller an den amerikanischen Vorlagen, die teilweise ein sehr aufgeschlossenes Publikum verlangen, denn der Geschmack ist dem europäischen Gaumen doch oftmals sehr fremd. Inzwischen findet sich Pulled Pork in den Auslagen der Discounter, es ist quasi „in aller Munde“. In der Tiefkühltruhe gibt es sogar Pulled-Pork-Pizza. Genau die richtige Zeit, um dem Thema ein ganzes Buch zu widmen.
Wir haben versucht, die Materie so genau wie möglich, aber auch so flexibel wie nötig darzustellen. Pulled Pork ist ja nicht nur ein Gericht, sondern eine Strömung innerhalb der weltumspannenden BBQ-Bewegung. Jeder BBQer hat sein eigenes Rezept für das „Perfekte Pulled Pork“ und so möchten wir nur Anregungen geben und Wege aufzeigen, die zum Erfolg führen. Die Methoden sind erprobt, das Fleisch wird weich und lässt sich pullen, aber die jeweilige Würzung ist nur eine Empfehlung, hier ist Raum für individuelle Abwandlungen. Wer keinen Knoblauch mag, der lässt ihn eben weg, und wer kein Freund von Lammfleisch ist, der findet genug Rezepte ohne Lamm, an denen er sich versuchen kann.
Bei den „Grillsportgeräten“ ist das ähnlich, wer keinen Smoker besitzt, der erfährt, wie er die Rezepte im Keramikgrill, im Kugelgrill, im Dutch Oven oder sogar im heimischen Backofen und im Sous-vide-Gerät zubereiten kann.
In diesem Sinne möchte ich Sie ermuntern, die Rezepte als Empfehlung zu sehen, die Zutaten abzuwandeln und die Gerichte Ihrem Geschmack anzupassen und ihnen eine eigene Note zu geben.
Ich wünsche Ihnen immer Glut im Grill und ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Rost und denken Sie daran: Es kommt nicht darauf an, was auf dem Rost liegt, sondern wer beim Essen mit am Tisch sitzt.
Herzlichst, Ihr
Carsten Bothe
Die USA sind nicht nur das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, sondern auch das Land der Gegensätze. Dies trifft im Besonderen auf die amerikanische Ernährung zu, denn in kaum einem anderen Land gibt es in Restaurants so viel ungesundes Essen wie in den USA. Durch den Einfluss der frühen Einwanderer kann das Land aber auch auf regional höchst unterschiedliche (und gesunde) Küchen zurückgreifen. Viele Amerikaner essen anders, als wir das so kennen. Als ich zum ersten Mal das Land der runden Türgriffe bereiste, schenkte mir eine liebe Kommilitonin das Buch von Paul Watzlawik: Gebrauchsanweisung für Amerika. Hier wird eindringlich und humorvoll beschrieben, wie sich die Amerikaner ernähren. Auch wenn das Buch 1978 erschien und der Autor 2007 verstarb, hat sich bei der Ernährung der meisten Amerikaner nicht viel geändert (obwohl es in den letzten Jahren immer wieder Versuche gab, die Ernährung gesünder zu gestalten).
Amerikaner mögen es gerne easy und convenient, in vielen Privathaushalten wird jeden Tag von Papptellern gegessen, die auf speziellen Holzbrettern mit Rand eingesetzt werden. Und wenn die Mutter aus dem Fenster ruft: „Kinder, Mittagessen!“, dann setzt sich die Familie ins Auto. Selbstverständlich soll hier nicht zu sehr pauschalisiert werden und es gibt sicher auch viele Familien, die selber kochen, aber die amerikanischen Supermärkte zeigen, dass es nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Denn Fertigprodukte sind grundsätzlich günstiger als frische oder unverarbeitete Lebensmittel. Dies führt dazu, dass gerade ärmere Bürger gar keine Wahl haben und letztlich auf die Fertigprodukte konditioniert werden.
In vielen BBQ-Restaurants hat es sich etabliert, dass die Kunden das Essen auf ein Stück rosa Butcher-Paper gelegt bekommen. Dieses Papier ist früher als Metzger-Papier auch in Deutschland bekannt gewesen. Die amerikanische Variante ist jedoch etwas fester und lässt Fett nicht so schnell durch, weil im Gegensatz zu dem hier gebräuchlichen Papier ja kein Frischfleisch eingewickelt wird, sondern gegartes Essen, das flüssiges Fett abgibt.
Auswärts zu essen gehört zum „American Way of Life“ wie Coca Cola. Zwischen den beiden Weltkriegen etablierte sich die Kultur des American Diner an den Fernstraßen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörten Diners dann einfach zum Leben dazu. Entstanden sind sie aus umgebauten Speisewagen der Eisenbahn, die um 1880 aufkamen. Der typischen Stil der 1950er Jahre ist in den meisten Diners erhalten geblieben und in vielen Filmen dargestellt. Zum Frühstück gibt es zunächst einmal Kaffee, der etwas dünner als in Europa gebraut wird. Dafür ist die Tasse bodenlos, es wird also so lange nachgeschenkt, wie der Gast möchte. Dann gibt es Waffeln, Pfannkuchen, Hash-Browns (eine Art Bauernfrühstück), Speck, Toast, Spiegeleier, Omelette und ähnliche Speisen.
Zum Mittag, der schnellen Mahlzeit des Tages, gibt es Burger und Sandwiches, dazu Pommes (French Fries). In spezialisierten Diners wird dann BBQ angeboten, das als Sandwich oder Burger zubereitet wird. Am Abend steht meist Steak oder Braten auf dem Plan, mit weiteren warmen Beilagen wie Bohnen, Maisbrei oder Kartoffelbrei. Freitagabend ist Fish Fry, bei dem frittierter Weißfisch angesagt ist, meist mit Kartoffelsalat oder Coleslaw, dazu eine Tartarensauce oder Remoulade, gerne auch als All-You-Can-Eat-Buffet zu einem Festpreis.
Im Gegensatz zu den typischen Diners, die rund um die Uhr geöffnet haben und Frühstück, Mittag- und Abendessen anbieten, sind BBQ-Restaurants nur wenige Stunden am Tag geöffnet. Da die Besitzer die ganze Nacht am Smoker stehen und das Essen für den Tag gleichzeitig gegen 10 Uhr morgens fertig sein muss und auch nicht nachgekocht werden kann, sind diese Restaurants meist gegen 13 oder 14 Uhr ausverkauft und schließen. BBQ ist eine typische Mittagsmahlzeit, die schnell in der Mittagspause eingenommen wird. Es ist eben – trotz der stundenlangen Zubereitung – ein Fast Food. In den meisten BBQ-Restaurants gibt es maximal ein Tablett, darauf ein Blatt von dem rosa Papier, dann das Fleisch und Würstchen, die Beilagen, wie gebackene Bohnen, Salat, Saucen oder Pickels, kommen in Plastikschalen. Dazu noch maximal ein Plastikbesteck, mehr Sauce und Servietten stehen dann auf dem Tisch.
Gerne macht man sich als Europäer über die amerikanische Ernährung lustig und der „fette Ami“ als Stellvertreter eines ganzen Landes wird herangezogen. Jedoch haben viele amerikanische Essgewohnheiten schon lange Einzug in die deutschen Haushalte gehalten. Wie Softdrinks, Burger, Hot Dogs oder gezuckerte Cornflakes zum Frühstück.
BBQ ist der Inbegriff der Südstaaten-Küche. Neben Pulled-Pork-Klassikern habe ich versucht eine möglichst große Bandbreite an Rezepten und Interpretationen für Sie zu entwickeln. Nehmen Sie meine Rezepte als Inspiration, falls Ihnen etwas nicht schmecken sollte, dann tauschen Sie die Zutaten einfach aus. Sie mögen zu Ihrem gepullten Hirsch keine Meerrettich-Preiselbeercreme? Dann ersetzen Sie diese doch einfach durch eine süße BBQ-Sauce, die Ihnen schmeckt wie z. B. eine Honey-Chipotle-Sauce. Persönlich bin ich kein großer Freund der amerikanischen Saucen. Sie entsprechen meist einfach nicht meinem Geschmack und sind mir zu essiglastig, zu süß oder auch zu rauchig. Geschmäcker sind (zum Glück) sehr unterschiedlich, aber ich möchte Ihnen nichts vorsetzen, was ich nicht selber getestet und für gut befunden habe. Darum finden Sie im Kapitel „Saucen“ nur einige wenige Rezepte für amerikanische Saucen. Es gibt so viele unterschiedliche Fertigsaucen auf dem Markt, Bücher zum Selbermachen und viele BBQ-Aficionados haben ohnehin bereits ihre Lieblingssauce gefunden. Meine Saucenvorschläge sollen Ihnen als Hilfe dienen und einen Anhaltspunkt geben, welche Geschmacksrichtung zu dem jeweiligen Gericht passt. Erlaubt ist, was schmeckt!
Für gewöhnlich nimmt man zum „Pullen“ Schweinenacken oder -schulter.
Pulled Pork bildet mit Beef Brisket und Spareribs die Holy Trinity (Heilige Dreifaltigkeit) des amerikanischen BBQ. In den letzten Jahren hat Pulled Pork geradezu einen Siegeszug in Deutschland angetreten. Es begegnet einem unter anderem in amerikanischen Restaurants, Foodtrucks und mittlerweile sogar in den Kühltruhen der Discounter. Für gewöhnlich nimmt man zum „Pullen“ (ziehen/zupfen) Schweinenacken oder Schweineschulter, Pulled Beef (Rind) ist in Deutschland ebenfalls auf dem Vormarsch. Wild, Fisch, Geflügel und Lamm sind hingegen hierzulande noch weitestgehend unbekannt. Gepulltes Fleisch ist ein Vertreter des Low-and-slow-Verfahrens, bei dem das Fleisch mit einer niedrigen Gartemperatur und mit viel Zeit so „übergart“ wird, dass es auseinanderfällt, aber dennoch saftig bleibt. Bei Fleisch geschieht dies klassischerweise bei einer Gartemperatur von 100–130 °C im Smoker. Im Kugel-, Keramik-, Gasgrill und Watersmoker erhält das Fleisch durch die Zugabe von Räucherholz den typischen BBQ-Geschmack. Während der langen Garzeit (Schwein ca. 12–18 und Rind mindestens 20 Stunden) bei einer gleichbleibend niedrigen Temperatur löst sich das Fett- und Bindegewebe nach und nach auf und sorgt dafür, dass das Fleisch so zart wird, dass es zerfällt bzw. zerzupft werden kann. Hat das Fleisch eine Kerntemperatur von 95 °C erreicht, ist es fertig und kann üblicherweise in einem Bun (Hamburger-Brötchen) mit Coleslaw (einem amerikanischen Krautsalat) und einer BBQ-Sauce angerichtet werden.
Die lange Garzeit bei einer gleichbleibend niedrigen Temperatur sorgt dafür, dass das Fleisch so zart wird.
Eine genaue Zeitplanung ist bei Pulled-Gerichten leider nicht möglich, denn die sogenannte Plateau-Phase (stall) hat einen sehr großen Einfluss auf den Garprozess. Beim Smoken erhitzt sich das Fleisch und logischerweise steigt damit auch die Temperatur im Fleischinneren. Bei einer Kerntemperatur von 65–75 °C steigt die Temperatur aber zunächst nicht mehr, sondern sinkt sogar ab. Das macht viele Anfänger nervös. Meistens liegt diese Plateau-Phase auch noch nachts oder in den frühen Morgenstunden, was es noch spannender macht, wenn plötzlich der Alarm des Thermometers für die Kerntemperatur anschlägt und Sie aus dem schönsten BBQ-Traum hochschrecken lässt. Machen Sie sich keine Sorgen und verändern Sie nichts an dem Setting. Hier gilt es Ruhe zu bewahren und keinesfalls die Temperatur zu erhöhen, denn dieses Phänomen ist ganz normal: Zur Plateau-Phase existieren zwei Theorien, eine davon besagt, dass sich das Bindegewebe auflöst und weich wird, wobei für diese Umwandlungsprozesse die eingebrachte Energie aufgezehrt wird. In meinen Augen ist es richtig, dass das Fett schmilzt und sich das Bindegewebe sowie die Sehnen auflösen und gallertig werden. Aber das alleine führt nicht zum Temperaturabfall, denn die Anteile von Bindegewebe etc. sind zu gering, um die eingetragene Energie aufzubrauchen. Die andere Theorie vermutet, dass der kühlende Effekt der austretenden Fleischsäfte für die Stagnation der Kerntemperatur verantwortlich ist. Das ist vergleichbar mit dem Kühlen des menschlichen Körpers durch Schweißabsonderung. Die Feuchtigkeit verdampft und entzieht der Oberfläche dabei Wärmeenergie, sprich: sie kühlt. Beim Fleisch tritt während des Garens Feuchtigkeit auf der Oberfläche aus, die beim Verdampfen ebenfalls kühlt.
Meistens liegt die Plateau-Phase nachts oder in den frühen Morgenstunden.
In den USA hat sich Professor Blonder von der Boston University, mit dem Thema befasst und ganz einfach zwei Fleischstücke „nachgebaut“. Das eine bestand komplett aus Rinderfett, das andere aus einem wassergetränkten Schwamm. Beide wurden in einem Smoker bei 225 F (= 107 °C) „gegart“. Bei dem Fettbrocken, der kein Wasser enthält und daher auch nicht schwitzen kann, trat die Plateau-Phase nicht auf, bei dem Schwamm war sie hingegen sehr ausgeprägt. Damit kann man als bewiesen ansehen, dass die Plateau-Phase durch den kühlenden Effekt des verdampfenden Fleischsaftes verursacht wird. Aus dem gleichen Grund, bzw. auf der gleichen physikalischen Grundlage, lassen sich die beiden folgenden Tatsachen erklären: Je heißer die Umgebungstemperatur im Smoker, desto geringer ist die Plateau-Phase ausgeprägt. Durch das Einwickeln des Fleisches in Aluminiumfolie lässt sich die Plateau-Phase komplett umgehen. Diese ist als „Texas Crutch“, also texanische Krücke, bekannt und wird bei BBQ-Wettbewerben gerne genutzt. Da keine Flüssigkeit verdampfen kann, kann das Fleisch auch nicht abgekühlt werden. Im Gegenteil, die feuchte Umgebung innerhalb der Aluminiumfolie überträgt die Hitze noch besser. Allerdings wird dafür die Kruste nicht so schön rösch wie beim „echten“ Smoken. Sie können aber ggfs. nochmals mit hoher Hitze für wenige Minuten nacharbeiten. Bei dieser „Aluminiumfolie-Krücke“ scheiden sich die Geister und es bleibt Ihnen überlassen, wie Sie vorgehen möchten und ob Sie sie einsetzen. Beim ersten Pulled Pork empfehle ich aber keine Aluminiumfolie zu verwenden und einfach viel Zeit mitzubringen (und keine Gäste einzuladen). Denn so lernen Sie das Phänomen einmal persönlich kennen und wissen dann aus erster Hand, wie es abläuft.
Durch eine „Texas Crutch" lässt sich die Plateau-Phase komplett umgehen.