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Große Gefühle in der Redaktion des PURPLE-CLOUDS-Magazins
Debbie White hat eine Stelle in der Redaktion des angesagten Purple Clouds Magazin in New York ergattert. Aber schon in der ersten Woche wird ihr klar, dass sie sich dort beweisen muss, denn ihre Chefredakteurin hat von Debs größtem Geheimnis erfahren: Sie ist seit vier Jahren verheiratet. Und nun soll sie einen Artikel darüber schreiben, wie es ist, als moderne Frau so früh den Bund der Ehe einzugehen. Kein Problem - hätte Deb nicht seit der Hochzeit keinen Kontakt mehr zu ihrem Mann Emory. Doch wenn sie an die Nacht voller Glücksgefühle zurückdenkt, in der sie spontan geheiratet haben, fragt Deb sich, ob es nicht mehr als einen Grund gibt, der Sache mit Emory noch eine Chance zu geben ...
Auftakt der neuen New-Adult-Trilogie von Mounia Jayawanth
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Seitenzahl: 536
Veröffentlichungsjahr: 2025
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
Widmung
Playlist
Auszug aus: Verheiratet, verlobt, verliebt
1. Kapitel
2. Kapitel
Honeymoon
3. Kapitel
4. Kapitel
Honeymoon
5. Kapitel
6. Kapitel
Honeymoon
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
Honeymoon
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
Honeymoon
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
Honeymoon
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
Honeymoon
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
Drei Monate später
Danksagung
Die Autorin
Die Bücher von Mounia Jayawanth bei LYX
Impressum
MOUNIA JAYAWANTH
Purple Clouds
HONEYMOON
Roman
Debbie White ist überglücklich, als sie ihren Traumjob als Redakteurin beim feministischen Purple Clouds Magazine in New York ergattert! Doch schon in der ersten Woche wird bei einer Redaktionskonferenz ihr größtes Geheimnis enthüllt: Sie ist seit vier Jahren heimlich verheiratet. Und nun fordert ihre Chefredakteurin sie auf, einen Artikel darüber zu schreiben, wie es ist, als moderne Frau so früh den Bund der Ehe einzugehen. Kein Problem – hätte Deb nicht seit der Hochzeit keinen Kontakt mehr zu ihrem Mann Emory. Doch als die beiden sich durch Zufall wieder gegenüberstehen, sind das aufgeregte Kribbeln und das Gefühl von Vertrautheit sofort wieder da, das Deb an die magische Nacht erinnert, in der sie spontan geheiratet haben. Das lässt sie allen Mut zusammennehmen und Emory von ihrer Situation beim Magazin erzählen. Was sie nie erwartet hätte: Emory schlägt vor, ihre Ehe zu faken, da auch er von ihrem Arrangement profitieren würde. Und während sie nun mehr Zeit miteinander verbringen, um glaubwürdig das Ehepaar spielen zu können, über das Deb schreiben soll, gibt es immer mehr Momente, in denen sich ihr Glück alles andere als vorgetäuscht anfühlt …
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.
Deshalb findet ihr hier einen Contenthinweis.
Achtung: Dieser enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle
das bestmögliche Leseerlebnis.
Eure Mounia und euer LYX-Verlag
Für all jene, die einmal große Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen haben. Manchmal brauchen wir einen Schubs, um etwas zu tun, wofür uns der Mut gefehlt hat. Vielleicht bereuen wir es irgendwann, aber das sind die Momente, an die wir uns später erinnern werden.
The Night We Met – Lord Huron
Live While We’re Young – One Direction
WYD Now? – Sadie Jean
Used To Be Young – Miley Cyrus
Carried Away – Surf, Madison Beer
Innocent – Ali Gatie
Lost – Frank Ocean
It Is What It Is – Jamie Miller
Cool Kids – Echo Smith
birthday cake – Dylan Conrique
that way – Tate McRae
thruthfully – DNCE
STUPID IN LOVE – MAX, HUH JUNJIN
trust issues – Jessica Baio
LOVE AGAIN – The Kid Laroi
What You’re Running From – Jamie Grey
All Of The Girls You Loved Before – Taylor Swift
lose it all – Sam Tompkins
That Part – Lauren Spencer Smith
Honeymoon – Johnny Stimson
Es war sein Lächeln, das mich in seinen Bann zog. Die Augen, von deren Anblick ich mich nie mehr abwenden wollte. Seine Stimme, die ich für den Rest meines Lebens hören wollte.
Jemand wie ich konnte eine Entscheidung wie diese nicht planen. Sie musste aus einem Impuls heraus geschehen, in einem flüchtigen Moment der Spontanität, so plötzlich und drängend, dass keine Zeit mehr blieb, um es sich anders zu überlegen.
Ich erinnere mich nicht an alle Details, weiß nicht einmal mehr, wie wir die Kapelle fanden. Rückblickend verstehe ich auch nicht, warum ich unbedingt bleiben wollte – in diesem kleinen, schäbigen Raum, der nach Mottenkugeln roch, mit weißen Plastikbänken besetzt und künstlichen Blumen dekoriert war. Für mich war er dennoch perfekt. Alles war perfekt. Der leuchtende LED-Schleier, der zerrupfte Blumenstrauß, die Anhänger-Ringe, der drollige Priester in seiner pinken Robe.
Und er. Er war perfekt.
So gab es nichts, das sich in diesem Moment richtiger und wahrhaftiger anfühlte als die Worte: »Ja, ich will.«
Früher dachte, ich, dass ich mit fünfundzwanzig mit beiden Beinen im Leben stehen würde. Ich war sicher, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits ein erfolgreicher Geschäftsmann wäre, ein Haus gekauft, eine Frau geheiratet und vielleicht sogar mein erstes Kind hätte.
Stattdessen könnte die Realität nicht ferner liegen, denn auch nach Jahren kämpfe ich noch immer um eine Beförderung als Front Desk Manager, habe nach meiner achtmonatigen Durststrecke definitiv keine Kinder und bin auch nicht verheiratet – jedenfalls nicht richtig … Also schon richtig, aber nicht richtig richtig. Egal, lange Geschichte.
Wenigstens habe ich ein Haus.
Es war – typisch für mich – ein Impulskauf, und ich habe es – typisch für mich – nicht weiter durchdacht, als mir der Kredit von der Bank bewilligt wurde. Ein Kollege verkaufte sein Haus, und ich schlug ohne Weiteres zu.
Wenn ich ganz ehrlich bin, brauchte ich wohl einen kleinen Sieg, eine Errungenschaft, die mir das Gefühl gab, dass mein Leben nicht nur auf der Strecke blieb, und ich von all meinen Wünschen und Zielen zumindest irgendwas erreicht habe.
Außerdem wollte ich schon immer in Queens leben. Für mich ist das der schönste Bezirk New Yorks, kulturell und vielfältig, aber grüner, familiärer und vor allem ruhiger. Anders als in Manhattan rennen einen Touris nicht an jeder Ecke um, hier hat man Platz zum Atmen. Die Anbindungen sind trotzdem super und das Haus gar nicht so heruntergekommen, wie mein ehemaliger Kollege Gonzales meinte. Klar, ein bisschen altmodisch (die Blümchentapete geht gar nicht!), allerdings auch sehr bescheiden und gemütlich. Es hat sogar einen kleinen Garten.
Aber vielleicht ist das auch nur mein schwacher Versuch, die Situation zu romantisieren, denn nun gibt es kein Zurück. Ich habe eine Entscheidung getroffen, mit deren Konsequenzen ich leben muss. Und da ich kein Millionär bin, der das Haus auf einen Schlag abbezahlen kann, brauche ich Unterstützung.
Eigentlich wollte ich nach meiner letzten WG, deren Erfahrung kurz gesagt verstörend war (ich sag nur Reptilienfreunde), nie wieder in eine ziehen, aber ich habe ein Haus mit fünf freien Zimmern. Mir Mitbewohner zu suchen war die logische Konsequenz. Und so ganz allein will ich da sowieso nicht wohnen.
Schweigend betrachte ich das zweistöckige Backsteingebäude mit seinem Treppenabsatz, der weißen Haustür und dem spitzen Dach. Es steht in einer Reihe mit weiteren Häusern, die, bis auf die einheitliche Größe, farblich und architektonisch alle anders aussehen und der ruhigen Straße Lebendigkeit und Chaos verleihen. Bis auf meine Sachen, die noch weitestgehend in Kartons verpackt sind, und ein paar Gegenständen, die Gonzales dagelassen hat, steht das Haus leer. Mein Haus, denke ich. Ich bin der Eigentümer. Ich habe jetzt Rechte. Allerdings auch Verantwortung. Meine ganzen Ersparnisse sind für dieses Gebäude draufgegangen. Mein Puls steigt, als mir klar wird, dass sich niemand in meinem Alter noch ein Haus kauft. Weil es … absurd ist.
Was, wenn ich den größten Fehler meines Lebens gemacht habe?
»Hi, Mitbewohner!«, erklingt es plötzlich hinter mir. Ich zucke zusammen und schaffe es gerade so, mich aus dem Strudel der Zweifel zu befreien, in den ich beinahe hineingerutscht wäre. Als ich den Kopf drehe, beobachte ich, wie meine beste Freundin Riley aus einem Taxi steigt und zwei große Koffer aus dem Auto hievt. Sie trägt eine lange weiße Latzhose und ebenso weiße Sneakers. Die rosa Haare hat sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden.
»Wo sind deine Sachen?«, frage ich, während wir uns zur Begrüßung kurz in den Arm nehmen.
»Keine Sachen, nur Klamotten und einen Schlafsack.« Sie klopft auf ihren Koffer. »Ich wollte nichts von meinem alten Zimmer mitnehmen. Der Transport wäre zu teuer geworden, abgesehen davon war mein altes Zeug mit zu vielen negativen Emotionen aufgeladen.«
»Verstehe«, sage ich leise. Bis vor Kurzem hat Riley in LA gewohnt, unweit von ihren Eltern, mit denen sie ein kompliziertes Verhältnis pflegt. Zwar hatte sie schon seit Jahren mit dem Gedanken gespielt, nach New York zu ziehen, aber da es in dieser Stadt leichter ist, die Liebe seines Lebens zu finden als eine Wohnung, hatte sich ein Umzug bisher nie ergeben. Bis jetzt.
Eine gute Sache hatte mein überstürzter Hauskauf zumindest. Meine beste Freundin wohnt nun auch hier. Mit mir.
Und drei andere, deren Kolonne an Transportern im selben Moment in die Straße einfährt. Natürlich gibt es hier keine Parkplätze, weshalb alle vorerst in der zweiten Spur halten.
»Lasst uns die Wagen nacheinander ausladen und das Zeug erst mal vor die Haustür stellen«, erklärt Camilla, als sie aus dem ersten Van steigt. Sie trägt ein verknotetes Jeanshemd und Leggings, ihre brünetten Haare sind zu einem strammen Zopf gebunden, an ihrer Nase glänzt ein goldenes Septum.
»Wir können nicht die ganze Straße blockieren«, entgegnet Rahim vom heruntergekurbelten Fenster.
»Dann sucht Xander nach einem Parkplatz, Rahim quetscht sich in die Einfahrt, und wir fangen schon mal an, meine Sachen auszuladen.«
Xander, der im dritten Wagen sitzt, gibt kein Zeichen, ob er uns verstanden hat, doch der Motor heult auf, als er das Auto zurück auf die Straße lenkt.
»Einer muss beim offenen Auto bleiben. Wer will zuerst?«, fragt Camilla in die Runde.
»Ich!«, meldet sich Riley und hebt eilig die Hand.
»Okay. Rahim, Emory, ihr packt mit an.«
Niemand von uns widerspricht ihrem Kommando, und gemeinsam legen wir los, tragen ihre Sachen, die zu dreißig Prozent aus Pflanzen bestehen, Stück für Stück ins Haus. Die Flure sind eng, an den Wänden haftet der Geruch frisch gestrichener Farbe.
Bald darauf stößt Xander dazu, und dank Camillas strikten Einweisungen sind ihre Sachen schon bald ins Haus geladen. Mit einem Ächzen stelle ich eine lebensgroße Topfpalme neben dem Kamin ab und bereue meinen Einfall jetzt schon, weil ich allen Ernstes dachte, dass es einfacher wäre, wenn wir alle am selben Tag einzögen. Wenigstens war ich vorausschauend genug, meinen Hund Matcha bei einem Kollegen abzugeben. Den kleinen Jack Russel Terrier hätte dieses Chaos völlig überfordert.
Nachdem wir Camillas Sachen ausgeladen haben, folgt als nächstes Rahim, dessen Sachen sperriger sind, weil er eine Menge Möbel dabeihat, aber gemeinsam sind auch die schnell ins Haus verfrachtet. Xanders Van ist am einfachsten, da er fast ausschließlich Kartons hat, die nicht nur gleich schwer beladen, sondern auch beschriftet sind.
Zu meiner Überraschung verläuft die Zimmerverteilung relativ unkompliziert. Xander nimmt das im Keller, Rahim und Camilla jene, deren Fenster zum Garten rausgehen, und ich das, dessen kleiner Balkon zur Straße zeigt. Riley zieht ins ausgebaute Dachgeschoss, das größte und schönste Zimmer, im Sommer allerdings heiß und stickig, weshalb sich niemand mit ihr darum schlägt.
Nach dem Einladen sind wir alle erst mal platt. Zu fünft sitzen wir auf geschlossenen Koffern im Wohnzimmer und atmen tief durch. Rahim hat seine Musikbox ausgepackt, und aus den Lautsprechern erklingt Snooze von SZA. Ich reibe mir über die verschwitzte Stirn, meine Hände schmerzen vom vielen Tragen. Zwar müssen die Möbel noch aufgebaut und die Kartons in die richtigen Zimmer gebracht werden, aber der schwerste Teil ist geschafft. Wir sind umgezogen.
Mein Blick geht zum Fenster, hinter dem sich ein kleines Rechteck aus einem verwilderten Stück Wiese erstreckt.
»Hat irgendwer von euch einen grünen Daumen?«, frage ich und deute mit dem Kinn auf den Garten.
»Nein«, sagen wir alle im Chor.
»Nicht mal du?«, fragt Rahim an Camilla gewandt.
Sie schüttelt den Kopf. »Ich kann die Dinger nur kaufen, aber nicht einpflanzen.«
»Wird schon nicht so schwer sein«, winkt Riley ab und legt ihre Füße auf Rahims Schoß. »Ein bisschen gießen, und dann passt das schon.«
Rahim unterdrückt ein Lachen. »Das will ich sehen.«
Ein lautes Bauchgrummeln zerreißt die Luft, und erst, als alle die Köpfe in meine Richtung drehen, wird mir klar, dass es von mir kommt.
»Ähm, hat das Schleppen noch jemanden hungrig gemacht?« Ich lächele schief. »Irgendwer Lust auf Pizza?«
Niemand zeigt Einwände, und auch die Bestellung verläuft unkompliziert. Ohne langes Zögern geht mein Handy reihum. Vermutlich sind wir alle zu hungrig, um uns durchs ganze Menü zu klicken.
»Haben wir eigentlich Teller und Besteck?«, erkundigt sich Riley von der Seite.
»Ich hab welche mitgebracht«, sage ich und schaue mich um. »Aber keine Ahnung, in welchem Karton die jetzt sind.«
»Ich hab auch welche«, meint Rahim. »Und Gläser. Aber keine Teller.«
»Vielleicht sollten wir nach dem Auspacken eine Liste von den Dingen erstellen, die noch fehlen«, schlägt Camilla vor. Mir scheint, dass sie von uns fünfen am organisiertesten ist.
»Was dann so ziemlich alles wäre.« Rahim hebt beide Hände und deutet auf den leeren Raum. »Wir haben keine Möbel.«
»Ach, wir finden bestimmt ein paar gebrauchte Schätze«, sagt Riley und entlockt mir ein kleines Lächeln. Es freut mich, dass sie wir sagt. Dass wir dieses Haus, auch wenn es mir gehört, gemeinsam einrichten.
Verstohlen sehe ich zu den anderen – Camilla, Rahim … und Xander, der durch seine Präsenz am meisten heraussticht. Als hätte sich der beliebte Quarterback an den Tisch der Nerds verirrt. Xander war der Einzige, den ich über meine Anzeige kennenlernte, und als ich ihn zum ersten Mal sah, wollte ich eigentlich aus Prinzip ablehnen. Mit seiner großen Statur, den goldenen Haaren, dem gebräunten Teint und den tiefdunklen, fast schwarzen Augen, sah er so einschüchternd gut aus, dass er mich instinktiv an die Leute aus der Highschool erinnerte, die mich früher immer verprügelt haben. Dennoch war er freundlich, etwas still und reserviert, aber nett. Und nachdem er mit allem einverstanden war – Queens, WG, kleinstes Zimmer –, wollte ich ihm zumindest eine Chance geben. Außerdem bringt er ein Auto mit, von dem er meinte, dass wir es alle zusammen benutzen könnten, und das klang ziemlich praktisch.
Trotzdem weiß ich kaum etwas über ihn, und im Grunde gilt das für fast alle. Schweigend sehe ich in die Runde. Es ist das erste Mal, dass wir in einer Gruppe zusammensitzen, und mein Gehirn will noch nicht ganz begreifen, dass wir von nun an gemeinsam hier wohnen werden.
»Wollen wir vielleicht eine kleine Vorstellungsrunde machen?«, höre ich mich leise fragen.
Riley sieht überrascht zu mir. »Wozu?«
»Um uns kennenzulernen. Die ein oder anderen kennen sich zwar schon, aber es wäre doch cool, ein bisschen über uns zu erfahren.«
»Gute Idee.« Camilla klatscht in die Hände. »Wer fängt an?«
Stille.
»Na gut, dann ich«, seufze ich. Eigentlich hasse ich so was selbst, aber ich bin jetzt Hauseigentümer. Zeit, erwachsen zu werden.
Tief hole ich Luft. »Okay, ich bin Emory, fünfundzwanzig, und arbeite als Rezeptionist im Hotel Van Day. Und, na ja, seit einer wilden Nacht, mit zu viel Tequila und überstürzten Handlungen, bin ich nun auch stolzer Besitzer dieses Hauses.«
Ein paar kleine Lacher.
»Riley«, ich deute in ihre Richtung, »ist eine meiner besten Freundinnen. Ich kenne sie schon, seit sie vor Jahren mal zu Gast im Hotel war. Und Rahim«, ich schwenke weiter zu ihm, »kenne ich durch unsere gemeinsame Freundin Ellis … Ähm, joa, das war’s eigentlich. Ich mein, wir müssen ja nicht die halbe Lebensgeschichte erzählen, oder?« Ich wende mich Riley zu. »Im Uhrzeigersinn?«
»Na schön. Ich bin Riley.« Sie hebt kurz die Hand. »Dreiundzwanzig Jahre alt und gerade von LA nach New York gezogen. Emory hat ja schon gesagt, woher wir uns kennen, und Rahim kenne ich ebenfalls über Ellis. Camilla«, sie sieht zu ihr, »kenne ich nur durch Geschichten von Rahim.«
»Ey, was hast du ihr erzählt?«, fragt Camilla und piekst Rahim in die Seite.
»Nur, dass wir uns während meiner Europareise kennengelernt haben und seitdem Besties sind«, entgegnet er und piekst sie zurück. Dann deutet er auf Riley, bittet sie mit einer Handgeste, fortzufahren.
»Hm, was gibt’s noch?« Riley überlegt. »Oh, ja, ich brauche ganz dringend einen Job, sonst bin ich aufgeschmissen. Am besten irgendwas als Büroassistenz. Mein eigenes Leben ist ein Chaos«, stellt sie mit erhobener Hand klar, als wäre das wichtig für die Geschichte, »aber ich bin ziemlich gut darin, das von anderen zu organisieren. Mein letzter Job war in einem Maklerbüro. Aber die wollten nicht, dass ich von hier aus remote arbeite, also falls ihr irgendwas hört, sagt Bescheid.«
Rahim reckt den Daumen, dann macht er weiter.
»Ich bin Rahim, dreiundzwanzig, aus New York … Single.« Er betont das letzte Wort, als wäre er mit diesem Zustand nicht zufrieden. »Und studiere am Queens College, was praktisch ist, weil ich jetzt einen ziemlich kurzen Fahrtweg habe. Allerdings arbeite ich nebenbei in einem Coffeeshop am Bryant Park und muss dafür in die Stadt rein. Okay, das war’s. Jetzt du, Mill’s.«
Camilla räuspert sich. »Ich bin Camilla, vierundzwanzig …« Sie hält kurz inne und runzelt die Stirn. »Ist es nicht komisch, dass man sich immer nur mit Lebenslaufdaten vorstellt, als würde das einen Menschen ausmachen? Na ja, ich studiere Psychologie und arbeite nebenbei in der Praxis meiner Eltern.«
»Jetzt musst du noch eine Sache sagen, die nicht in deinem Lebenslauf steht«, fordert Riley grinsend.
Camilla lacht. »Okay, äh … ich bin allergisch gegen so ziemlich alles?«
»Oh nein, du Arme.« Ich lächele zerknirscht. »Müssen wir auf irgendwas achten?«
»Nur, dass ihr euer Brot nicht in meinen Toaster steckt. Und das Backpapier wechselt, nachdem ihr euch eine Pizza gemacht habt. Und mir generell nichts mit Gluten andreht.«
Also hat sie Zöliakie. Bisher habe ich nur einen Menschen kennengelernt, der auch glutenintolerant ist. Mein Hals zieht sich zu, als ihr Gesicht vor meinem inneren Auge aufflackert. Nur kurz, als hätte ich mich verschluckt.
An der Erinnerung an sie und unsere Nacht.
Als Letzter ist Xander dran. Seiner starren Miene nach zu urteilen scheint auch er wenig Lust auf diese Runde zu haben. Sofort überkommt mich ein schlechtes Gewissen, doch ich schiebe es schnell von mir. Mein Haus, erinnere ich den People Pleaser in mir. Und wenn es ihm nicht passt, wenn er zu cool für den Rest von uns ist, kann er ja gehen.
»Ähm, ich bin Xander.« Seine Stimme ist rauchig und tief, aber nicht unfreundlich. »Ich bin dreiundzwanzig, komme aus Bridgeport und arbeite seit zwei Jahren als Illustrator bei Purple Clouds.«
»Oh mein Gott, wirklich?«, fragen Riley und Camilla wie aus einem Mund.
»Was ist Purple Clouds?«, frage ich.
»So eine Modezeitschrift«, erklärt Rahim.
»Sag das nicht so abwertend«, schimpft Riley und zieht die Augenbrauen zusammen, als hätte er sie persönlich beleidigt. »Außerdem ist es keine ›Modezeitschrift‹, sondern ein feministisches Magazin mit zeitgemäßen und wichtigen Themen.«
»Was genau machst du denn als Illustrator?«, erkundigt sich Camilla. »Ist das jemand, der sich um das Design kümmert?«
Xander schüttelt den Kopf. »Ich bin hauptsächlich für das Comic zuständig.«
»Du illustrierst das Comic?«, platzt Riley heraus und kippt fast von dem Karton, auf dem sie sitzt.
»Oh mein Gott, wir wohnen mit einem Star zusammen!«, jauchzt Camilla und krallt sich an Rahims Schulter.
Xanders Mundwinkel zuckt, und zum ersten Mal an diesem Tag erscheint so was wie ein Lächeln auf seinem Gesicht. »Ich zeichne es nur«, erklärt er in einer Bescheidenheit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte. »Und ich kriege immer ganz genaue Anweisungen. Da bleibt nicht viel Raum für Kreativität.«
»Wirst du denn gut bezahlt?«, fragt Riley geradeheraus.
Er zuckt die Schultern. »Geht so.«
»Künstler.« Camilla seufzt. »Die kriegen nie das, was sie verdienen. Deshalb habe ich auch so großen Respekt vor der Selbstständigkeit. Seine Leidenschaft ausleben ist das eine, aber ist es die finanzielle Unsicherheit wirklich wert?«
»Mir schon«, erwidert Xander, und wieder überrascht er mich mit seiner Antwort.
Riley und Camilla strahlen ihn an, und zum ersten Mal frage ich mich, ob wir vielleicht die Regel einführen sollten, nichts mit Mitgliedern aus der WG anzufangen. In meiner letzten gab es ziemliches Chaos wegen genau so was, andererseits gab es schon da die Regel, und es schien, als hätte das »Verbot« die Stimmung nur weiter aufgeheizt. Ich verwerfe den Gedanken wieder. Das Herz will sowieso, was es will, und vielleicht kommt es gar nicht erst dazu.
Plötzlich klingelt es an der Tür.
»Ist das etwa schon die Pizza?«, fragt Riley.
»Vermutlich«, sage ich und stehe auf, während ich mich durch das Chaos an Kartons quetsche. Es gibt noch so viel zu tun. Ich unterdrücke ein Seufzen und öffne dem Lieferjungen, der fünf Pizzakartons in seiner Hand balanciert.
Meine erste Bestellung in meinem Haus.
Während wir essen, unterhalten wir uns über Queens und beschließen, später die Gegend zu erkunden und nach einem Foodstore zu suchen, um den Kühlschrank aufzufüllen.
»Die Straße runter gibt es wohl ein Trader Joe’s«, meint Rahim und beißt von der Spitze seiner Salamipizza ab. »Gegenüber vom Athens Square war wohl auch irgendein Laden.«
»Was ist der Athens Square?«, fragt Riley und knabbert an ihrem Pizzarand. Sie ist die Einzige, die ich kenne, die immer zuerst den Rand isst und sich dann bis zur Spitze vorarbeitet.
»Das ist so ein kleiner Park mit griechischen Statuen«, erklärt Rahim. »Ein bisschen ranzig, aber irgendwie auch nett. Wenn ihr wollt, können wir später mal hin.«
»Wie kommt’s, dass du dich hier auskennst?«, erkundigt sich Camilla mit vollem Mund.
»Eine Freundin von mir wohnt da«, erklärt Rahim und nimmt einen großen Bissen.
Mein Hals wird trocken.
»Oh, du meinst Deb?«, fragt Riley. Beim Klang ihres Namens stellen sich all meine Härchen auf. »Ich dachte, die würde in Pennsylvania studieren.«
Er schüttelt den Kopf. »Nicht mehr.«
Was?
Mein Puls nimmt Fahrt auf, meine Haut beginnt zu prickeln.
Rahim schluckt seinen letzten Bissen runter, und ich könnte schwören, dass er kurz versucht ist, in meine Richtung zu sehen. »Sie ist wieder da.«
Sie ist wieder da. Sie ist wieder da. Sie ist wieder da.
Schwindel drückt gegen meinen Kopf, als die Erinnerungen haltlos durch mich hindurchrauschen. Sie und ich, Hand in Hand, auf der Straße, im Park, im Souvenirshop, auf der Tanzfläche, beim Bagelladen, vor dem Altar.
Und sie, ihr Gesicht, ihr Lachen, ihre Worte.
»Mit dir fühlt sich alles so leicht an.«
»Kann man jemanden nach nur einem Tag lieben?«
»Wenn ich dich ansehe, will ich dich die ganze Zeit küssen.«
»Ich war noch nie in meinem Leben so glücklich.«
Ein leichter Stups an meinem Bein holt mich zurück in die Wirklichkeit. Träge hebe ich den Kopf und blicke zu Riley, die mich mit zusammengezogenen Brauen mustert. »Alles okay?«, fragen ihre Augen, denn natürlich weiß sie, welcher Sturm in mir tobt. Sie ist meine beste Freundin, kennt die ganze Geschichte, weiß um meine Angst, jene Frau wiederzusehen, mit der ich nach nur einer Nacht mein ganzes Leben teilen wollte.
Als Antwort zucke ich mit den Schultern, denn die Wahrheit ist, ich weiß es nicht.
Ich war nie wirklich bescheiden. Für mich war es immer wie Lügen. Wenn ich Zuspruch für etwas bekam, das ich verdient hatte, warum sollte ich es aus Höflichkeit kleinreden oder gar ablehnen? Warum sollte die andere Person besser von mir denken, wenn ich schlechter von mir dachte? Schon als Kind bin ich immer wieder einem ganz bestimmten Gesichtsausdruck begegnet – die vor Überraschung geweiteten Augen, der leicht geöffnete Mund, die zusammengezogenen Augenbrauen. Und das Zusammenspiel sagt: »Woah, nimm dich mal nicht so wichtig.«
»Du hast dir so viel Mühe mit dem Kuchen gegeben.«
Ja, das habe ich.
»Du hast eine tolle Wohnung.«
Ich weiß, danke.
Und dann: »Woah, nimm dich mal nicht so wichtig.«
Aber was ist schlimm daran, die Wahrheit zuzugeben? Warum fühlen sich Menschen vor den Kopf gestoßen, wenn ich ihre Worte lediglich bestätige? Bescheidenheit ist eine Tugend? Wohl eher der Restmüll des Patriarchats.
In der Vergangenheit wurden Frauen in bestimmte Rollen und Verhaltensweisen gedrängt. Eine gute Frau war zurückhaltend und demütig. Sie prahlte nicht, und wenn doch, war sie überheblich, selbstgefällig und schlecht erzogen. Aber Strukturen bleiben nur dann aufrechterhalten, wenn wir nach ihnen leben, tun wir das nicht, brechen wir sie auf, entziehen uns ihrer Macht. Ich weiß, dass ich meine Erfolge annehmen und feiern darf. Wen das stört, hat wohl die eigentlichen Probleme.
So kommt es, dass ich mich an meinem ersten Tag zurück in New York fröhlich tanzend in meinem alten Zimmer wiederfinde, vor mir der aufgeklappte Laptop, auf dem mir die Zusage als Editiorial Trainee beim Purple Clouds Magazine entgegenstrahlt. Ich vergöttere diese Zeitschrift, die mich bereits seit meiner Jugend begleitet und mich in den verschiedensten Phasen meines Lebens unterstützt hat. Sie war da, während sich mein Körper veränderte, half mir dabei, mich anzunehmen, lehrte mich, was Feminismus und Privilegien sind, und war auch der Grund, warum ich mir meiner ADHS-Diagnose in so frühen Jahren bewusst wurde.
Und nun werde ich ebenfalls ein Teil des Magazins sein. Mein Herz schwillt an vor Dankbarkeit und Freude. Es heißt, dass Jamie King, Redakteurin und Gründerin des Magazins, ihre Bewerberinnen nach reinem Gefühl auswählt und ihr das persönliche Anschreiben wichtiger ist als irgendwelche Lebensläufe. Demnach habe ich mein ganzes Herzblut in den Text gesteckt und mich mit meiner Brennnessel-Geschichte nicht nur unglaublich verletzlich gemacht, sondern auch einen Bogen zum Magazin gespannt, dessen einstiger Artikel über die Symptome bei Mädchen und Frauen, dem Schatten, der mich schon mein ganzes Leben lang umhüllte, endlich einen Namen gab. Und obwohl ich wusste, dass meine Bewerbung gut war, war mir ebenso klar, dass die Konkurrenz riesig sein würde. Trotzdem habe ich es geschafft. Jamie King hat mich ausgewählt. Ich werde mein Idol nicht nur kennenlernen, sondern zukünftig mit ihr zusammenarbeiten!
Ich sehe es förmlich vor mir: spannende Interviews führen, mit Kolleginnen in der Küche plaudern, lange Nächte auf meiner Feuerleiter verbringen und die neueste Story in meinen Laptop tippen. Vielleicht sollte ich mir ein Diktiergerät besorgen. Oder macht man inzwischen alles mit dem Handy?
Ein Stein fällt mir vom Herzen, als mir klar wird, dass damit auch meine Miete gesichert ist. Und auch meine Krankenversicherung! Vielleicht gibt’s sogar einen Firmenlaptop.
So sehr in meine Gedanken vertieft, bemerke ich zu spät, dass mein Handy schon seit einer ganzen Weile klingelt. Auf meinem Display prangt der Name Ellis. Mist, ich hatte versprochen, mich zu melden, sobald ich angekommen bin. Ich hoffe, sie sieht mir meine Vergesslichkeit nach.
»Hey, Babe«, sage ich, nachdem ich abgehoben habe.
»Hey, warum klingst du so atemlos?«, fragt meine beste Freundin vom anderen Ende des Hörers. Wir kennen uns seit der Highschool und haben die letzten drei Jahre gemeinsam an der Penn studiert und auch zusammengewohnt. Da sie ein Jahr nach mir angefangen hat, ist sie noch dort, während ich nach meinem Abschluss wieder zurück in unsere Heimatstadt New York gezogen bin.
»Ich führe gerade meinen Freudentanz auf«, erkläre ich und unterdrücke ein Zischen, als ich mit dem Zeh gegen meine Bettkante stoße. Autsch!
»Oh mein Gott! Du hast die Stelle als Trainee?«
»Hab ich«, bestätige ich und spüre, wie ein erneutes Feuerwerk der Freude in meiner Brust explodiert.
»Aaah!« Ellis quietscht so laut auf, dass ich den Hörer ein Stück von meinem Ohr nehmen muss. »Glückwunsch, Deb! Ich bin so stolz auf dich.«
»Danke. Ich bin auch stolz auf mich.«
Sie lacht, wie es viele bei meiner unbescheidenen Reaktion häufig tun.
»Purple Clouds!« Sie kreischt erneut.
»Ja!«
»Du wirst Jamie King kennenlernen!«
Mein Nacken beginnt zu kribbeln. »Ich kann es noch gar nicht richtig glauben.«
Jamie King war schon in ihren Highschool-Jahren eine wahre Visionärin. Nachdem ihre Texte in der Schülerzeitung stets abgelehnt wurden, gründete sie prompt eine eigene und widmete sich all jenen Themen, die laut der Redaktion zu »persönlich« und »nicht journalistisch« genug waren. Für die frühen 2000er war sie unkonventionell und übermäßig provokant; alle beschwerten sich darüber, wie »extrem« sie sei, und doch las jeder die Artikel über Periode, Bodyshaming, Sexismus, kulturelle Aneignung und soziale Ungerechtigkeit an der Willington High. Anfangs wurde Jamie belächelt und als Freak abgetan, doch diese ließ sich nicht abschrecken. Immer mehr Menschen schlossen sich ihrer Zeitung an, die Rebellion wurde größer und größer. Nach der Highschool nahm Jamie ihre Zeitung mit und setzte ihre Mission am College fort. Purple Clouds wurde bekannter, Investoren kamen ins Boot, und noch ehe sie ihren Uniabschluss beendete, war sie Gründerin jenes Magazins, das heute nicht mehr aus der Welt der feministischen Literatur wegzudenken ist.
»Nur ihretwegen wollten wir auch in die Schülerzeitung. Weißt du noch?«, fragt Ellis.
»Als könnte ich das vergessen.« Tränen der Freude steigen mir in die Augen. Jamie King hat das Leben so vieler Menschen geprägt.
»Das müssen wir feiern. Passt doch sehr gut, dass ich übernächstes Wochenende eine Party schmeißen wollte.«
Abrupt höre ich auf zu hüpfen. »Eine Party?«
»Ja, um meinen Geburtstag nachzufeiern.«
Irritiert ziehe ich die Stirn kraus. »Seit wann feierst du deinen Geburtstag?«
»Na ja, man wird nur einmal dreiundzwanzig, und diesmal will ich richtig auf die Kacke hauen. Ich habe sogar einen Tisch im Urban Soiree reserviert.«
Das Urban Soiree ist ein Rooftop-Club in Turtle Bay, dessen Name mir nur deshalb was sagt, weil ich vor Kurzem gelesen hatte, dass das Purple Clouds Magazine dort seine Firmenfeier hatte.
»Sind die Tische dort nicht ziemlich … na ja, arschteuer?«
Ellis lacht nervös auf. »Über Geld spricht man nicht.«
»Doch, ich finde eigentlich schon«, widerspreche ich und setze mich vorsichtig auf meine Bettkante. Es passt nicht zu ihr, dass sie so viel Geld für einen Tisch ausgibt. Irgendwas ist da doch im Busch.
»Hat Ryan dir einen Antrag gemacht?«, frage ich und puste mir eine blonde Strähne zur Seite. »Oder willst du ihm einen machen?«
Immerhin sind Ellis und ihr Freund seit über vier Jahren ein Paar und auch, wenn sie jung sind, wäre die Option nicht ganz so abwegig.
Aber Ellis prustet los. »Nein und nein. Jetzt sei doch nicht so skeptisch. Ich will einfach nur meinen Geburtstag feiern. Also, was ist? Kommst du?«
»Natürlich. Du bist meine beste Freundin. Abgesehen davon stehe ich doch total auf spießige Clubs mit unbezahlbarem Eintritt, schnöseligen Besuchern und dröhnender Musik, die einem das Trommelfell durchbohrt.«
»Wunderbar!« Sie übergeht meinen Sarkasmus. »Ich freue mich schon.«
»Wird Rahim auch kommen?«
Rahim war mit uns auf der Highschool und früher einer meiner besten Freunde. Leider haben wir uns während meiner Zeit am College ein wenig aus den Augen verloren, was definitiv meine Schuld ist. Ich bin nicht gut darin, Kontakte aufrechtzuerhalten. Vielleicht liegt es an meinem ADHS, vielleicht bin ich aber auch einfach nur verpeilt. Doch jetzt bin ich wieder da. Vielleicht sollte ich mich mal bei ihm melden.
»Natürlich.« Ellis hält kurz inne. »Alle werden da sein.«
Alle? Ich runzele die Stirn. Wen genau meint sie mit …
»Warte.« Ich reiße die Augen auf, als mich die Erkenntnis frontal am Kopf trifft.
Und mit einem Mal macht alles Sinn.
Ich schließe die Augen und nehme einen gefassten Atemzug. »Bitte sag mir nicht, dass du nur deshalb eine Party schmeißt, um uns beide in denselben Raum zu bringen.«
»Waaaaas?«, entgegnet Ellis viel zu unschuldig. »Du glaubst, ich würde einen teuren Tisch in einem Club reservieren und vorher extra bei Emory nachfragen …«
Beim Klang seines Namens macht mein Herz einen überraschten Satz.
»… ob er an dem Tag kann, nur um die Party dann doch aufs Wochenende zu verschieben, damit er auch da sein kann, und alles nur, damit ihr zwei gemeinsam in einem Raum seid und gezwungen seid, miteinander zu reden? Das klingt mir aber ziemlich weit hergeholt.«
»Nicht witzig«, murre ich und presse mir die Hand gegen mein schlagendes Herz. »Außerdem hab ich dir schon tausendmal gesagt, dass du dich nicht einmischen sollst!«
»Du hast mir aber auch gesagt, dass ich immer ehrlich zu dir sein soll, und die Wahrheit ist, dass es langsam lächerlich wird. Ihr könnt das, was zwischen euch passiert ist, nicht ewig unter den Teppich kehren und so tun, als wäre nie etwas passiert.«
Frustriert kneife ich mir in die Nasenwurzel. Sie kann es einfach nicht lassen. Ständig muss sie ihren Senf dazugeben. Und dann fragt sie sich, warum ich so verschwiegen bin, wenn es um Emory …
Mein Puls schießt in die Höhe. Seinen Namen auch nur zu denken bringt mich völlig aus dem Konzept.
»… doch nur gut gemeint«, erreichen mich die letzten Worte von Ellis’ Monolog, den ich mal wieder nicht mitbekommen habe, weil ich abgeschweift bin. Verdammte Aufmerksamkeitsstörung. Dabei ist es nicht so, dass ich wenig Aufmerksamkeit habe, sondern viel zu viel. Ich habe nur keine Kontrolle darüber, worauf sich mein Gehirn konzentrieren will.
»Trotzdem«, murmele ich, um mir nicht anmerken zu lassen, dass ich nicht zugehört habe.
»Bist du jetzt sauer?«
Ich seufze. »Nein. Du hast ja recht. Er und ich …« Mein Blick fällt auf mein altes Jahrbuch. Ich erinnere mich, dass es ganz hinten die Rubrik gab, die »Wird niemals heiraten« hieß. Mein Name stand als einziger darauf, weil einer meiner Schülerzeitungsartikel über die Kritik an der Ehe ziemlich kontrovers diskutiert wurde.
Aber dann war ich doch die erste …
»Wir müssen die Sache endlich klären«, räume ich widerstrebend ein. Während meines Studiums habe ich ständig die Ausrede vorgeschoben, dass ich wegen des Lernens keinen Kopf dafür hätte. Aber jetzt habe ich meinen Abschluss, lebe wieder in derselben Stadt wie er und kann nicht weiterhin an einen Mann gebunden sein, den ich im Grunde kaum kenne. Es wird Zeit, meine Jugendsünden aufzuräumen.
Ich muss mich von meinem Ehemann scheiden lassen.
Vier Jahre zuvor
Als mich meine Freunde auf eine High-Class-Party über den Dächern New Yorks schleppen, erwarte ich nicht, ausgerechnet dort auf meine Zukünftige zu treffen. Tatsächlich will ich eigentlich sofort wieder gehen. Räume wie diese geben mir auch ohne Worte zu verstehen, dass ich nicht hierhergehöre. Die Menschen, die Kleidung, die Musik, sogar die Luft riecht, als wäre sie nicht für mich zum Atmen bestimmt.
Mein Spiegelbild strahlt mir von der Reflexion des Rooftop-Fensters entgegen; meine kurzen, silbern gefärbten Haare, das weiße T-Shirt, die zerschlissenen schwarzen Jeans. Nichts an meinen Ausdruck verrät etwas von meinem Unmut, und selbst wenn, würde es keine Rolle spielen, denn für die anderen bin ich wie unsichtbar. Seit ich angekommen bin, hat mir nicht ein Mensch in die Augen gesehen. Ich wurde angerempelt und zur Seite gestoßen. Eine hat mir sogar eine Flasche aus der Hand gerissen, als wäre ich ein Gegenstand und kein Lebewesen.
Eigentlich kann ich gut mit Menschen. Ich scheue keine Konfrontation und finde immer ein Gesprächsthema, egal, wie unterschiedlich wir auf den ersten Blick erscheinen mögen. Für mich machen Gegensätze eine Konversation noch spannender, bieten mir neue Sichtweisen, erweitern meinen Horizont. Die einzige Voraussetzung ist, dass man mir beim Gespräch auch zuhört. Aber vielleicht war das zu viel verlangt.
Mein Magen zieht sich zusammen. Es ist die Sorte Unwohlsein, die einem die Gedärme ausbrennt. Jene, die bei jedem Atemzug wehtut, weil sie einen von innen heraus verschlingt. Die Fingerknöchel gegen die Brust gedrückt atme ich gegen mein aufkommendes Schultrauma und versuche, die Menschen um mich herum genauso auszublenden wie sie mich. Der Bass wummert unter meinen Füßen, die Skyline New Yorks verschwimmt zu einem Meer aus gelben Punkten.
Warum bin ich überhaupt mitgekommen? Ich gehöre nicht hierher. Das ist nicht meine Welt. Räume wie diese triggern mich, lassen mich Gefühle spüren, die mich in eine vergangene Zeit versetzen. Eine Zeit, in der ich ein völlig anderer Mensch war. Schüchtern. Uncool.
Ein Loser.
Drei tiefe Atemzüge, dann normalisiert sich mein Puls wieder, und ich beschließe, nach meinen Leuten zu suchen, die ich im Gewusel dieser Menschen verloren habe. Mit eingezogenen Schultern schlängele ich mich durch das Chaos an halbnackten Körpern und bleibe im letzten Moment stehen, als ich an der Türschwelle zum Wohnzimmer beinahe in eine Frau hineinrenne. Auch sie bremst rechtzeitig ab und hebt die Hand zu einer »Sorry!«-Geste. Sie ist die erste Person, die mir direkt in die Augen blickt, und für den Bruchteil eines Herzschlags bin ich so überrascht, dass ich sie einen Moment zu lang ansehe, ihre kinnlangen blonden Haare, ihr freundliches Lächeln, die großen blauen Augen, die kleinen Sommersprossen auf ihrer Nase. Schließlich befreie ich mich aus meiner Starre und trete mit einem freundlichen Lächeln nach links. Sie tut jedoch genau dasselbe, und wieder stehen wir uns im Weg. Leise lachend treten wir zur anderen Seite, spiegeln unsere Bewegungen jedoch erneut, bleiben zeitgleich stehen, hampeln wieder hin und her und kommen doch nicht voran.
»Du willst mich wohl nicht durchlassen«, stellt sie amüsiert fest.
»Du willst mich nicht durchlassen«, widerspreche ich, bleibe nun jedoch tatsächlich stehen, weil ich jetzt … nicht mehr gehen will.
»Hi, ich bin Emory«, stelle ich mich vor und reiche ihr die Hand.
»Freut mich. Ich bin Deb.«
Ihre Hand ist warm, ihr Händedruck überraschend fest.
»Ist Deb die Abkürzung für Deborah?«
»Nein, für Debbie.« Sie schnaubt. »Meine Eltern hatten den grandiosen Einfall, mir einen Spitznamen als richtigen Namen zu geben. Nur passt Debbie leider gar nicht zu mir. Es klingt zu niedlich.«
Ihre Nase kräuselt sich vor Unmut, und ich muss mir auf die Zunge beißen, um ihr nicht zu sagen, dass ich sie gerade sehr niedlich finde.
»Deb ist auch cool«, sage ich stattdessen.
»Ich weiß.«
Die Bestimmtheit in ihrem Tonfall lässt mich grinsen.
»Du gehörst nicht zu diesem Mob aus Schnöseln, oder?«, fragt sie und deutet mit dem Kopf auf die Menschen hinter uns.
Lächelnd fahre ich mir über die Haare. »Was hat mich verraten? Die Sieben-Dollar-Tönung?«
»Nur sieben? Sie könnte locker auch als acht durchgehen.«
»Naaw, du schmeichelst mir«, winke ich ab und entlocke ihr ein warmes Lachen, das mir unter die Haut geht.
»Es sind nicht deine Haare«, bestätigt sie und wedelt unschlüssig mit der Hand. »Ich kann es nicht so genau beschreiben, aber irgendwas hebt dich von den anderen ab.«
»Mein gutes Aussehen, klar.« Ich nicke wissend, als würden das alle sagen, und wieder muss sie lachen, ein glockenheller Klang, den ich am liebsten sofort wieder hören will.
»Vielleicht ist es dein Humor«, überlegt sie und schürzt nachdenklich die Lippen.
Sie hat schöne Lippen.
»Ich bin auch sehr lustig«, räume ich ein. Deb verdreht lächelnd die Augen, und da spüre ich es zum ersten Mal, dieses seltsame Gefühl der Vertrautheit, als würde sie mich bereits kennen. Als wüsste sie, dass solche Sprüche typisch für mich sind.
»Jedenfalls hast du recht«, sage ich, als ich den Faden wiederfinde. »Ich gehöre nicht zu diesem – wie hast du ihn genannt?«
»Mob aus Schnöseln.«
Ich lache. »Genau. Und du offensichtlich auch nicht.«
»Offensichtlich?«
»Na ja, äußerlich wirkst du schon, als gehörtest du hierher«, räume ich ein, lasse meinen Blick über ihr kurzes silbernes Kleid huschen.
»Hey, du musst mich ja nicht gleich beleidigen.« Gespielt empört schiebt sie die Unterlippe vor.
Diese Lippen …
»Warum? Das war ein Kompliment.«
»Das bin aber nicht ich.« Sie schaut an sich hinab und zupft an ihrem silbernen Träger, unterdrückt einen Schauer, als würde er sich ungewohnt auf ihrer Haut anfühlen. Meine Augen können nicht anders, als ihrer Bewegung zu folgen. Ihre Haut ist gebräunt, sie trägt keinen BH …
»Ich … ich meinte auch eher deine Ausstrahlung«, sage ich und atme gegen den plötzlichen Kloß in meinem Hals. »Du hast etwas an dir, das ich nicht mit den Augen sehen kann, aber … Vielleicht ist es auch mehr ein Gefühl …« Ich breche ab, als sich ihre Nase bei ihrem Lächeln wieder leicht kräuselt.
Scheiße, sie soll aufhören, so zu lächeln!
»Okay, das war wirklich ein Kompliment.« Ihre Wangen röten sich, und ich schlucke, will irgendwas sagen, doch mein Kopf ist wie leer gefegt. Mein Herz pocht viel zu schnell.
»Und mit wem bist du hier, Emory?«, durchbricht sie die kurz eingetretene Stille.
Meinen Namen aus ihrem Mund zu hören …
»Mit Freunden. Aber wir haben uns aus den Augen verloren.«
»Ich meine auch. Hoffentlich sind sie nicht sauer, dass ich schon so lange weg bin. Dieses Appartement hat einfach zu viele Flure.«
»Zu viele«, bestätige ich.
»Eigentlich wollte ich gar nicht herkommen. Diese Leute …« Sie plustert die Wangen auf und schüttelt langsam den Kopf. »Das ist einfach nicht meine Welt. Ich gehöre nicht hierher.«
Meine Kehle wird eng. Genau dasselbe habe ich vorhin auch gedacht.
»Am liebsten würde ich wieder gehen.« Sie seufzt, und bevor mich der Mut verlässt, sage ich: »Okay.«
Deb zieht überrascht die Stirn kraus. »Okay?«
»Lass uns gehen.«
»Wir?«
»Wir«, wiederhole ich mit fester Stimme. »Du und ich.«
Sie blinzelt. »Und wohin?«
»Egal.« Erneut greife ich nach ihrer Hand, halte ihren Blick. »Hauptsache weg von hier.«
Deb starrt mich mit offenem Mund an. Dann lächelt sie, und ganz langsam verflechten sich ihre Finger mit meinen.
»Okay.«
Jemanden spontan zu heiraten, ist gar nicht so kompliziert. In New York muss man dafür nur ein Marriage License Bureau finden, das rund um die Uhr geöffnet hat, sich ausweisen, fünfunddreißig Dollar zahlen und sich eine Heiratslizenz holen. Anschließend muss man eigentlich vierundzwanzig Stunden lang warten, bis die Trauung durchgeführt werden kann. Es kann aber auch schneller gehen. Mit ganz viel Glück findet man einen zugedröhnten Herrn am Schalter vor, der es einem abkauft, wenn man ihm sagt, dass man immer noch keine Bestätigungsmail bekommen hat. Vielleicht ist der junge Mann auch neu und nervös, weil er ganz allein da ist. Vielleicht will er keinen Ärger riskieren, indem er bei irgendwem nachfragt. Oder er ist so benebelt, dass er uns tatsächlich glaubt. Was auch immer es ist, es braucht nur ein paar Klicks, und die Wartezeit ist fort aus dem System. Nichts steht der Trauung mehr im Weg, und die Braut und der Bräutigam denken sich: Das muss Schicksal sein. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Keine Ahnung, warum ich ausgerechnet jetzt daran denken muss. Vielleicht, weil der heutige Tag ebenfalls einen Umbruch in meinem Leben bedeutet und sich ab heute alles verändern wird.
Je höher der Aufzug nach oben klettert, desto mehr steigt meine Aufregung. Alles wird gut, rede ich mir zu und wische mir die feuchten Hände an meiner Hose ab. Es ist nur mein absoluter Traumjob bei dem tollsten Magazin der Welt, das von niemand anderem als von meinem Idol geleitet wird. Was soll da schon schiefgehen?
Tief durchatmend schließe ich die Augen und spüre tiefe Dankbarkeit in mir aufsteigen. Ich hatte unsagbar viel Glück, nichts hiervon ist selbstverständlich. Dennoch bin ich auch stolz auf mich. Seit ich dreizehn war, habe ich mir den Arsch aufgerissen, für meine Prüfungen gepaukt und so viele zusätzliche Kurse belegt, bis ich am Rande eines Burnouts war. Ich hatte keine andere Wahl, musste diesen Weg gehen, musste ein Stipendium kriegen, weil meine Eltern nicht die finanziellen Mittel hatten, um mich während des Colleges zu unterstützen.
Am Ende habe ich es geschafft und nach vier harten Jahren Studium und Semesterferien voll schlecht bezahlter Praktika, bin ich nun hier. Bei Purple Clouds.
Plötzlich öffnen sich die Aufzugtüren, und ich zucke zusammen.
Es ist so weit.
Okay. Jetzt geht’s los. Ich straffe die Schultern und setze eine selbstbewusste Miene auf. Dann trete ich hinaus in einen schmalen Flur mit hellem Marmorboden. Zu meiner Linken eine Glastür, auf der – kann mich bitte jemand kneifen? – Purple Clouds eingraviert ist. Darunter der uralte Slogan Sieh es aus einer anderen Perspektive, ein banaler Spruch, der dennoch die Welt geprägt hat. Denn nur, wenn wir unsere Sichtweise verlassen und in eine andere eintauchen, können wir das gesamte Bild erfassen, Missstände erkennen, aber auch Privilegien, und ein Verständnis dafür entwickeln, dass unser Normal nicht jedes Normal ist.
Mit angehaltenem Atem stoße ich die Tür auf und schlucke, als ich mich in einem vertrauten Großraumbüro wiederfinde. Ich kenne es bereits von Fotos, doch in echt ist es viel gewaltiger. Sandfarbener Teppichboden, geräumige Glastische, riesige Bildschirme und hinter den Fenstern ein Panorama aus Wolkenkratzern. An den meisten Tischen sitzen Leute, die konzentriert in ihre Tastaturen tippen oder leise ins Telefon sprechen. Ein paar bekannte Gesichter springen mir ins Auge, und tiefe Ehrfurcht packt mich.
Links von mir befindet sich ein gemütlicher Loungebereich mit einem pinken Sofa und ein paar Pflanzen, auf der rechten Seite erstreckt sich ein Tresen, hinter dem eine wunderschöne Person sitzt. Sie hat südasiatische Gesichtszüge und die größten Augen, die ich je gesehen habe. Ihre glatten schwarzen Haare reichen ihr bis zum Hintern und sind mit einem roten Haarreif zurückgesteckt. Schnell senke ich den Kopf, um sie nicht weiter anzustarren, weiß, dass es respektlos ist, braune Menschen derart anzuglotzen. Egal, wie schön sie sind.
»Hi.« Ich räuspere mich und trete näher. »Ich bin Debbie White, die neue Mitarbeiterin. Ähm, sie, ihr«, setze ich meine Pronomen hinterher, weil ich nicht weiß, welche die meines Gegenübers sind. Ihrer Kleidung nach zu urteilen, lese ich die Person zwar als Frau, aber Gender ist bloß ein Konstrukt, also wer weiß das schon.
»Hi, Debbie.« Die Person reicht mir die Hand. »Ich bin Dylan. Auch sie, ihr.« Wieder betrachtet sie mich, neigt den Kopf leicht zur Seite. »Moment. Warst du nicht die, die schon vor einer halben Stunde vor dem Gebäude stand und hektisch auf und ab gelaufen ist?«
Oh Gott. Schamesröte schießt mir in die Wangen. »Ach, das? Nein, das war ich nicht, aber vielleicht mein Zwilling, der immer zu spät kommt und sich heute extra früher auf den Weg gemacht hat, um für seinen ersten Arbeitstag auf jeden Fall pünktlich zu sein.«
Dylan lacht, doch es wirkt herzlich und nicht spöttisch. »Du hättest auch schon hochkommen können.«
»Nächstes Mal«, verspreche ich und spüre, wie sich meine Muskeln wieder mehr entspannen.
»Ich schau mal kurz in unser System. Aber ich glaube, du warst Kayla zugeteilt.« Dylan wirft einen Blick auf ihren Bildschirm, kneift die Augen leicht zu. »Jepp, genau. Aber sie ist noch nicht da.«
»Zugeteilt?«
»Ja, sie wird dich einarbeiten, und du wirst sie unterstützen, damit du praktische Erfahrungen sammeln kannst. Mein Beileid«, setzt sie murmelnd hinterher.
»Was?«
»Nichts, schon gut.« Sie lächelt viel zu breit, und mein Magen wird ein wenig flau.
»Ich hab gerade noch nicht so viel zu tun. Wenn du willst, kann ich dich etwas rumführen.«
»Sehr gern.«
Dylan steht auf und tritt hinter den Tresen. Ihr Outfit ist … nun ja, ziemlich interessant. Es besteht aus einem roten Bikinioberteil, einer offenen blauen Strickjacke, die vom Stoff an eine alte Wolldecke erinnert, und einer ausgeleierten Pyjamahose, die sie mit mörderhohen High Heels kombiniert. Damit erübrigt sich meine Frage, ob es bei PurpleClouds einen Dresscode gibt. Hier können wohl alle tragen, was sie wollen. Dann weiß ich für morgen Bescheid, heute habe ich mich nämlich in ein weißes Hemd und eine dunkle Businesshose gezwängt – beides viel zu förmlich für meinen eigentlichen Stil.
»Leute, das ist Debbie«, stellt mich Dylan den Menschen im großen Raum vor.
»Hi, Debbie«, ertönt es kollektiv.
»Äh, eigentlich Deb«, korrigiere ich und lächele Dylan entschuldigend zu.
»Oh, natürlich.« Sie nickt schnell. »Hi, Deb!«
»Hi, Deb«, wiederholen die anderen erneut im Chor.
Ich lache.
»In diesem Stockwerk findest du fast alle Abteilungen«, erklärt Dylan und schwenkt die Hand in Richtung der Bürotische. »Die Redaktion, das Marketingteam, Grafik, Design, du weißt schon.«
»Klar.«
»Hier sind die Meetingräume.« Dylan deutet auf ein verglastes Büro mit einem langen Tisch und ergonomischen Stühlen. »Das ist der große, in dem der montägliche Pitch stattfindet, um über neue Ideen zu brainstormen, aber Jamie ist heute nicht da, deshalb wird er auf den Freitag verschoben.«
»Verstehe«, sage ich und versuche, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Schade. Ich hätte Jamie King so gern kennengelernt. Aber damit fällt zumindest ein ganzes Stück Aufregung von mir. Vielleicht ist es sogar besser, wenn ich sie erst kennenlerne, nachdem ich mich ein wenig eingearbeitet habe.
Während wir weiterlaufen, versuche ich, nicht wie ein Touri alles um mich herum anzustarren, doch an jeder Ecke springen mir so viele Details ins Auge, dass ich am liebsten stehen bleiben und sie näher betrachten würde – die Wand mit den Covern der vergangenen Monate, die bunten Post-its an der Magnettafel, gerahmte Fotos mit Stars, die einst in diesem Office waren: Aretha Franklin, bell hooks, Emma Watson, sogar Michelle Obama.
Ein Kribbeln durchfährt meinen Nacken. Niemand sagt einem, was passiert, wenn der große Traum Wirklichkeit wird. Denn noch gewaltiger als die Freude ist der Unglaube, gepaart mit einer großen Dosis Realitätsverlust. Keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis ich begreife, dass das hier echt ist. Mein Traum. Mein Leben.
»Und hier ist die Küche.« Dylan führt mich in einen offenen Raum mit auf Hochglanz polierten weißen Möbeln, zwei Öfen und einer Kücheninsel.
»Wow. Sehr … ausgestattet.«
»Zu ausgestattet, wenn man bedenkt, dass wir nur die Kaffeemaschine und den Kühlschrank nutzen. Apropos Kaffee – möchtest du einen?«
»Gern«, sage ich, obwohl ich heute schon meine ADHS Tabletten genommen habe und Koffein mich dann ein bisschen hibbelig macht. Aber ich hatte schon lange keinen guten Kaffee mehr, also was soll’s. »Habt ihr Hafermilch?«
»Haben wir.« Sie hält die Packung einer Marke hoch, für die ich meistens zu geizig bin, um sie zu kaufen. »Soll ich dir einen Cappuccino machen?«
»Das wäre toll, danke.«
Während Dylan an der Kaffeemaschine hantiert, schaue ich mich erneut um. Auf dem Küchentresen thront eine Obstschale mit Bananen und Äpfeln, dahinter befindet sich ein Getränkekühlschrank mit Softdrinks einer Marke, die ich als Kooperationspartner von Purple Clouds wiedererkenne.
»Und, wie ist es so?«, frage ich und fahre mit den Fingern über die graue Marmorplatte. »Hier zu arbeiten, meine ich.«
Dylan wirft mir einen amüsierten Blick von der Seite zu. »Genau so, wie du es dir vorstellst.«
Mein Herz macht einen Hüpfer. »Wirklich?«
»Na ja, es kann zwischendurch schon etwas stressig werden; ich muss gerade zum Beispiel eine Kollegin vertreten und neben der Rezeption noch Jamies Assistenz übernehmen. Aber das Team ist wirklich toll; alle helfen, wenn wir zu wenige sind. Nur tragen wir dadurch auch alle eine Menge Verantwortung.«
»Ich liebe Verantwortung!«, platze ich heraus.
»Dann bist du hier genau richtig. James lässt uns allen immer ziemlich viel Freiraum.«
James. Das Team von Purple Clouds nennt seine Chefin James. Mein Herz springt erneut. Funfacts wie diesen findet man nicht im Internet. Sie eröffnen sich einem erst, wenn man selbst ein Teil des Zirkels ist.
»Und wie ist … sie?«, frage ich und klinge wie ein peinlicher Fan.
»Ziemlich entspannt.« Dylan reicht mir meine Tasse. »Du musst einfach immer ehrlich zu ihr sein, auch, wenn du mal Mist baust. Wenn es ein Problem gibt, findet sich eine Lösung. Außerdem ist sie sehr verständnisvoll. Die Kollegin, die ich gerade vertrete, ist wegen ihrer Panikattacken schon seit einer Weile im Homeoffice, aber das ist gar kein Problem.«
Wow. Dass sie mir einfach so von der Panikattacke ihrer Kollegin erzählt. Darf sie das überhaupt?
»Keine Sorge, Ellen geht sehr offen damit um«, meint Dylan, die mir meine Überraschung vom Gesicht abgelesen haben muss.
Ich nicke und muss lächeln. »Voll schön, dass ihr Rücksicht auf sie nehmt.«
»Natürlich tun wir das. Wir sind hier schließlich bei Purple Clouds. Ich mein, scheiße, was für ein Magazin wären wir, wenn wir uns selbst nicht an das halten würden, was wir predigen?«
In meiner Brust beginnt es zu kribbeln. »Das klingt so toll«, flüstere ich.
Dylan lächelt und öffnet den Mund, als wollte sie noch etwas sagen. Doch dann beißt sie sich auf die Unterlippe und hebt ihre Tasse wie zu einem Toast.
Wir trinken unsere Kaffees in der Küche und führen ein wenig Small Talk darüber, wo wir wohnen (beide in Queens) und wie sehr es nervt, dass es an der Linie F gerade Bauarbeiten gibt, weshalb wir immer einen Umweg fahren müssen. Anschließend machen wir uns wieder auf zum großen Raum mit den vielen Bürotischen.
»Ah, Kayla.« Dylan winkt einer Frau zu, die an ihrem Platz steht und sich aus ihrer Jacke schält. Sie ist sehr groß und dünn, hat lange schwarze Haare und einen schneewittchenblassen Teint. Um ihren Körper schmiegt sich ein knappes schwarzes Kleid mit kleinen weißen Blumen. Ihre Erscheinung wirkt unschuldig, doch da ist eine Härte in ihrem Blick, die mich instinktiv einen Schritt zurückweichen lässt.
»Sieh mal, wen ich hier habe.« Dylan deutet auf mich. »Das ist Debbie. Ich meine Deb!«, verbessert sie schnell.
»Wer?« Kayla runzelt die Stirn.
»Dein Trainee.«
Ihre Augen weiten sich. »Ach, das war heute? Verdammt«, entschlüpft es ihr leise.
Mein Lächeln bekommt einen Knick.
»Schön, dich kennenzulernen«, sage ich und reiche ihr die Hand.
»Ja, mich auch«, erwidert sie und nimmt meine lustlos entgegen.
»Okay, ich lass euch dann mal allein.« Dylan klopft mir auf die Schulter. »Bis nachher, Deb!« Diesmal betont sie meinen Namen mit Nachdruck.
»Bis nachher«, rufe ich zurück. Dann sind Kayla und ich allein. Sekundenlang stehen wir uns schweigend gegenüber. Kayla wirkt, als wüsste sie nicht, was sie mit mir anfangen soll.
»Tja, ich muss erst was zu Ende schreiben«, erklärt sie und setzt sich auf ihren Stuhl. »Danach besorgen wir dir einen Laptop und so.«
»Okay.« Ich habe keine Ahnung, was »und so« bedeutet. »Sitze ich hier?«, frage ich und deute auf den freien Tisch neben ihr. Sie nickt, ohne aufzuschauen, und haut bereits eilig in die Tasten. Unbehaglich presse ich die Beine zusammen und knibbele an den Fingern. Die Minuten vergehen, während ich abwechselnd von ihrer Datei zu meinem leeren Tisch schaue. Geduld und ich waren nie die besten Freunde, aber diesmal stellt sie mich auf eine völlig neue Probe.
»Kayla?«, frage ich nach einer halben Stunde.
»Ich schreibe gerade«, sagt sie, ohne aufzuschauen. »Bitte unterbrich mich nicht, sonst verliere ich den Faden.«
Ihr harscher Tonfall lässt mich zusammenzucken.
»Sorry. Ich wollte nur fragen, ob ich dir irgendwie helfen kann.«
»Fürs Erste wäre es cool, wenn du mich nicht unterbrichst.«
Ärger flammt in mir auf. »Sorry«, sage ich, dennoch um Höflichkeit bemüht. »Kann ich dann Dylan fragen, ob sie mir das mit dem Laptop zeigt?«
»Ich bin nicht deine Mom. Du kannst tun und lassen, was du willst.«
Wow …
»Und, wie war dein erster Tag?«, fragt Ellis, als ich ihren Anruf nach der Arbeit entgegennehme. Die Dämmerung zieht sich in verschwommenen Linien über den Himmel, auf den Straßen herrscht der übliche Trubel.
»Ähm … ernüchternd«, sage ich und hänge mir die Tasche über die Schulter, ehe ich mich in Richtung der Grand Central mache.
»Oh nein, was ist passiert?«
»Es war schon schön«, räume ich ein und weiche einem Breakdance tanzenden Darth Vader aus. »Aber ich bin einer richtig unsympathischen Person als Assistenz zugeteilt worden, die gar keinen Bock auf mich hat. Eigentlich soll ich sie unterstützen, aber sie wollte alles allein machen.«
»Kannst du jemand anderem zugeteilt werden?«
»Glaub nicht«, murmele ich und nehme einen Flyer entgegen, den mir ein Typ in einem Hotdog-Kostüm reicht.
»Schade. Aber hey, es war der erste Tag. Bestimmt werdet ihr noch warm miteinander.«
Ich stopfe mir den Flyer in die Tasche und seufze. »Irgendwie bezweifele ich das. Aber ich hoffe, dass ich mich irre.«
*
Die restliche Woche ist Kayla weiterhin kühl und reserviert. Sie ist offensichtlich genervt, dass sie mich an der Backe hat, dabei will ich ihr nichts Böses, im Gegenteil. Wenn sie mich ließe, könnte ich ihr helfen, aber sie besteht darauf, immer alles allein zu machen. So lasse ich sie in Ruhe und hänge mich an meine anderen Kolleginnen. Diese scheinen sehr dankbar für meine Unterstützung zu sein, geben mir Texte zum Redigieren und Bilder zum Formatieren. Dennoch haben sie selbst so viel zu tun, dass ich mich fast allein in die ganzen Programme und Systeme einfuchsen muss. Aber dank meinem Hyperfokus und der Tatsache, dass ich Nerd sowieso fast alles über Purple Clouds weiß,komme ich sehr schnell rein.
Dann kommt der Freitag – der Tag des Pitches. Gleich werden neue Artikel gebrainstormt. Das bedeutet, dass ich endlich schreiben werde. Und das Allerbeste ist: Ich lerne Jamie King kennen. Aufregung durchströmt mich und fließt geradewegs in Motivation über.
»Kayla?«, rufe ich meiner Kollegin zu und rede weiter, bevor sie mich abwürgen kann. »Ich wollte für den Pitch ein paar Themen vorschlagen und dich mal nach deiner Einschätzung fragen.«
Um ehrlich zu sein, tue ich das nur, um unsere Zusammenarbeit zu stärken, aber Kayla seufzt, als hätte sie jetzt schon keinen Bock auf diese Mentorinnen-Nummer. »Na schön. Schieß los.«
»Okay.« Ohne mich von ihrer Reaktion beirren zu lassen, werfe ich einen Blick auf meine Notizen. »Was hältst du von: ›Gibt es eine richtige Weise, um mit jemandem Schluss zu machen?‹ Du weißt schon, in Zeiten von Ghosting und …«
»Hatten wir schon.« Sie winkt ab. »Was hast du noch?«
»Oh, okay. Na gut, was ist mit dem Male Gaze bei …«
»Male Gaze ist total ausgelutscht«, unterbricht sie mich.
»Warum?«, halte ich überrascht dagegen. »Das Thema ist doch total wichtig.«
»Und schon eine Trillion Mal erzählt worden. Wir können nicht ständig über dieselben Dinge schreiben.«
»Du weißt doch noch gar nicht, auf was ich mich beziehen wollte.«
»Was hast du noch?«, geht sie schroff dazwischen.
Ich presse die Lippen zusammen und warte, bis sich meine schnippische Erwiderung auf meiner Zunge gelöst hat.
»Da wäre noch die Kritik an diesem viralen TikTok-Tanz, der von diesem problematischen Rapper ins Leben gerufen wurde. Alle tanzen zu seinem Sound und unterstützen ihn damit indirekt. Ich finde, es braucht einen Appell, warum es wichtig ist, die Kunst von der Person gerade bei solchen Fällen nicht zu trennen.«
Kayla knackt gelangweilt mit ihrem Kaugummi. »Noch was?«
Diese Story mag sie auch nicht?
»Sextoys«, platze ich heraus. »Und inwiefern sie durch Überstimulation das Gewebe überreizen und verletzen könnten.«
Kayla hebt eine Augenbraue. »Du willst Sextoys verteufeln?«
»Nein, natürlich nicht!« Gott, es ist, als wollte sie mich absichtlich missverstehen. »Nur eben auch kritischer sehen. Bei zu intensiver Nutzung können Schäden entstehen. Ich dachte an eine ironische Headline wie: ›Get back to your Handjob‹ oder so.«
Meine Kollegin mustert mich ausdruckslos. »Das waren jetzt ein Haufen Themen völlig querbeet.«
Ist das eine Kritik?
»Ich interessiere mich für vieles«, erwidere ich stirnrunzelnd.
»Das sehe ich.« Sie beäugt mich abschätzig, lässt den Kaugummi schon wieder knacken. »Aber ich würde vorschlagen, du kommst heute erst mal nur mit und hörst zu.«
Ich öffne den Mund, doch dann schließe ich ihn wieder. Vielleicht hat sie recht, und ich sollte mir erst mal ansehen, über was beim Pitch diskutiert wird. Dennoch schlucke ich die Enttäuschung runter und folge ihrem umherschwingenden Pferdeschwanz zum großen Meetingraum.
Am Tisch sitzen bereits einige Leute und tuscheln. Ich nehme neben Anna Lee Platz. Wir haben einen ähnlichen Pinkelrhythmus und begegnen uns häufig auf dem Weg zur Toilette. Sie ist die sogenannte »Historikerin«, schreibt viel über feministische Geschichte und deckt historische Unwahrheiten auf.
»Tut mir leid wegen Kayla«, raunte sie mir gestern beim Händewaschen zu. »Aber nimm’s nicht persönlich. Sie arbeitet einfach nur lieber allein. Eigentlich kann sie sogar ganz nett sein.«
Ganz nett. Bislang fand ich sie nicht einmal ansatzweise freundlich. Dass sie auch eine andere Seite haben soll, glaube ich erst, wenn ich es sehe.
Und dann tritt sie ein, Jamie King live und in Farbe. Mir rutscht das Herz in die Hose. In ihrem teuren schwarzen Hosenanzug sieht sie aus wie Olivia Pope aus Scandal. Sie ist viel kleiner als erwartet, hat große Kullerargen und einen Schmollmund, doch ihre kantigen Gesichtszüge warnen, sie nicht zu unterschätzen.
»Sorry für die Verspätung«, entschuldigt sie sich und setzt sich auf einen freien Platz auf der gegenüberliegenden Tischseite. Ihr teures Parfüm steig mir in die Nase, ein fruchtig-herber Duft, der schnell den ganzen Raum erfüllt. »Okay, schießt los.« Ihre rot lackierten Nägel flattern in einer eiligen Bewegung, als wolle sie jetzt, wo wir bereits im Verzug sind, keine weitere Zeit verlieren. »Was habt ihr für mich?«
Eigentlich wollte ich mich vorstellen, aber jetzt hat sie die Begrüßung übersprungen. Mist. Dann versuche ich, sie nach dem Meeting abzufangen.
Nacheinander pitchen die Leute ihre Ideen für die Ausgabe des übernächsten Monats. Die Vorschläge reichen von politischen Missständen bis hin zu den neuesten Beauty-Trends und Astrologie. Die Themenauswahl bei Purple Clouds ist sehr breit gefächert. Es gibt immer eine Titelgeschichte, die auf dem Cover des Magazins platziert wird, die restlichen Artikel müssen sich in die jeweiligen Kategorien reihen. Die Rubriken sind: Aktivismus, Politik, Gleichberechtigung, Gender, Kultur, Gesellschaft, Körper, Gesundheit, Selbsthilfe, Empowerment und eine Spalte für Popkultur, in der Empfehlungen von Büchern, Filmen, Kunstwerken, Events und anderen kulturellen Produkten vorgestellt werden.
Jamie hört sich die Vorschläge an und gibt knappes Feedback, das häufig nur aus einem Nicken oder Kopfschütteln besteht. Was sie nicht packt, diskutiert sie nicht weiter und geht dann gleich über zur nächsten Idee. Eine sichtbare Hektik umgibt sie, als hätte sie es eilig und würde schnell zum Punkt kommen wollen. Dennoch ist sie nicht unhöflich, nur eben kurz angebunden.
Während ich den anderen aufmerksam zuhöre, komme ich immer mehr zu dem Entschluss, dass ein paar meiner Vorschläge sehr wohl in die Runde reingepasst hätten. Ob ich es wagen sollte?