Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 06: Das Vermächtnis der Moraner - Achim Mehnert - E-Book

Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 06: Das Vermächtnis der Moraner E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Während Versuche zur Besiedlung eines erdähnlichen Planeten gestartet werden, sucht die Promet nach Hinweisen auf die Heimatwelt der Moraner. Noch wissen sie nichts von der körperlosen Gefahr, die auf sie lauert.Die wohl kultigste deutsche Space Opera mit neuen Texten!

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Achim Mehnert

DAS VERMÄCHTNIS DER MORANER

In dieser Reihe bisher erschienen:

5001  Christian Montillon Aufbruch

5002  Oliver Müller Sprung ins Ungewisse

5003  Vanessa Busse Dunkle Energie

5004  Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts

5005  Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne

5006  Achim Mehnert

Achim Mehnert

Das Vermächtnis

der Moraner

© 2015 by BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Titelbildgestaltung: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-95719-496-1

Die Halle stürzte ein, und nichts konnte die Orgie der Vernichtung aufhalten. Arn Borul, Peet Orell und Vivien Raid blieben bestenfalls Minuten, um sich zu retten. Die Freunde befanden sich inmitten eines Infernos, das wie aus heiterem Himmel begonnen hatte. Apparaturen mit Schaltern, Knöpfen und Hebeln umgaben sie. Kontrollanzeigen offenbarten Daten, mit denen die Freunde nichts anfangen konnten. Blinkende Lampen vervollständigten das Durcheinander, von dem bisher nur die technische Steuerzentrale im Kopf der Statue verschont geblieben war. Auf einem Bildschirm war der Untergang der Halle zu sehen, in der die Figur stand. Doch selbst wenn sie nicht in tausend Trümmer zerbrach, würde sie unter Tonnen von Gestein begraben werden.

„Über uns scheint eine Art Grauzone zu existieren, wo die Energieströme gebrochen werden“, spekulierte Arn. „Die Energie flutet an der Statue vorbei. Sie wird von der Barriere vollständig eingeschlossen.“

„Also keine Energiekonzentration, die uns röstet?“, fragte Vivien.

Der Moraner schüttelte in menschlicher Manier den Kopf. Einige Gesten seiner Freunde waren ihm bereits in Fleisch und Blut übergegangen. „Nein.“

„Bist du sicher?“

„Nein.“

Peet überlegte fieberhaft. War das ihre Chance? Der Ausweg aus diesem Hort der Zerstörung?

„Wir riskieren es.“ Peet fasste eine folgenschwere Entscheidung, weil jedes weitere Zögern sie ihrem Ende näher brachte. Es gab keinen anderen Fluchtweg als die sich bildende Öffnung über der Statue. Peet hatte keine Mühe, das Werk der Vernichtung zu übertönen, denn entgegen dem gesunden Menschenverstand spielte es sich in völliger Lautlosigkeit ab. „Worauf wartet ihr noch? Kommt endlich!“

Arn schaltete seinen Antigrav-Gürtel ein, Vivien ebenfalls. Peets Finger fanden die Bedienelemente des Multigürtels, ohne dass er einen Blick darauf werfen musste. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und beobachtete den sich abzeichnenden Hohlraum im massiven Felsgestein. Eine Art Röhre bildete sich, ein Tunnel, der von dem grellen Licht verschont blieb. Als das Gestein vollends auseinanderklaffte, zeigte sich ein Ausschnitt blauen Himmels.

Die Freunde schlüpften aus dem Kopf des hoch aufragenden Artefakts. Viel Bewegungsspielraum hatten sie nicht. Es klappte so gerade eben. Hintereinander zwängten sie sich durch den engen Durchlass. Zuerst Arn, dann Peet und schließlich Vivien. Die Zentrale, die mit ihren technischen Einrichtungen in krassem Widerspruch zu allem stand, was sie sonst auf Seven-Bones gesehen hatten, blieb unter ihnen zurück. Ihre Gürtel trugen sie an der Statue hinauf.

Peet kam sich vor wie im Auge eines Orkans. Um sie herum tobten die ungezügelten Energieströme, die aus dem aufplatzenden Boden hervorbrachen. Sie bahnten sich einen Weg und überschwemmten alles mit zerstörerischer Kraft. Die Halle wurde von Licht überflutet, von leuchtenden Eruptionen, die aus dem Untergrund hervorquollen und das Sehen zur Qual machten. Die Felswände bekamen Risse und zersprangen in unzählige Stücke. Die gesamte Höhle bebte und wurde bis in ihre Grundfesten erschüttert. Von der Decke lösten sich Brocken, die keinen physikalischen Gesetzmäßigkeiten gehorchten. Statt in die Tiefe zu stürzen, schwebten sie dort oben und vermischten sich mit den in die Höhe steigenden Bodenplatten, mit Sand und zerbröseltem Gestein zu einem brodelnden Mahlstrom. Er wütete in der Luft, im Zaum gehalten von der unsichtbaren Barriere, die den beiden Menschen und dem Moraner Schutz bot.

„Es klappt.“ Erleichterung schwang in Viviens Stimme mit. Während ringsum alles in Trümmern versank, blieb die Statue von der Zerstörungsorgie verschont. Kein Sandkörnchen erreichte sie. Eine genauere Untersuchung des Sogs war unmöglich. Er schien in alle Richtungen zugleich zu wirken, kam aber nicht an die Gefährten heran.

Wenn sich der Vorgang nur nicht umkehrt! Peet schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Während er nach oben stieg, ließ er den vermeintlichen Ausstieg aus der Tempelanlage nicht aus den Augen. Nur zwei Armlängen von ihm entfernt trübte der tobende Moloch das grelle Licht. Bizarre Silhouetten bildeten sich, die gleich darauf von den unerklärlichen Kräften wieder auseinandergerissen wurden. Felsbrocken prallten mit ungeheurer Wucht gegeneinander und zerplatzten wie überreife Früchte. Dazwischen wehten Feuerlohen, die geradewegs aus der Hölle herüberzudringen schienen.

Die Freunde näherten sich der Öffnung. Peets Herz trommelte in seiner Brust einen wilden Rhythmus. Schloss sie sich wieder? Er kniff die Augen zusammen. Nein, es war Einbildung, möglicherweise aus der Furcht geboren, von dem schwankenden Koloss zermalmt zu werden. Er glaubte, die Geräusche von Arns Atemzügen zu vernehmen, gemurmelte Verwünschungen Viviens. Es war unheimlich, weil die Halle vom Krach des Untergangs hätte erfüllt sein müssen. Doch das war sie nicht. Noch immer herrschte gespenstische Stille.

Arn erhöhte seine Fluggeschwindigkeit und stieg schneller nach oben. Peet griff an die Kontrollen seines Gürtels und jagte hinter ihm her. Mit einem flüchtigen Blick vergewisserte er sich, dass Vivien ihm dichtauf folgte. Der blaue Ausschnitt war inzwischen zum Greifen nah. Irgendwie erwartete Peet, dass eine weitere Katastrophe eintrat. Eintreten musste. Doch glücklicherweise passierte nichts. Der Tunnel spie sie aus dem Berg in die Freiheit, ohne dass sie zerquetscht oder von einem Bombardement aus Trümmern gesteinigt worden waren. Er fühlte eine Tonnenlast von sich abfallen.

Vivien rief etwas hinter ihm her. Ihre Worte gingen in einer Kakophonie überbordender Geräusche unter. Auf einmal brandete der Lärm auf, von dem die ganze Zeit nichts zu hören gewesen war. Tiefes Donnergrollen wie von einem heranziehenden Gewitter begleitete den Zusammenbruch der Tempelanlage.

„Das gibt es doch nicht!“ Vivien verringerte ihren Steigflug. „Wie ist das möglich?“

Fünfzig Meter über dem Ausstieg blieb sie in der Luft stehen und spähte nach unten. Peet und Arn gesellten sich zu ihr. Sie schwebten über dem Loch, das ihnen das Leben gerettet hatte. Ein wahrer Geräuschorkan drang zu ihnen herauf, dem eine Wolke aus Sand, Staub und Dreck hätte folgen müssen. Doch die Sicht blieb klar. Kein Materieteilchen erhob sich aus dem Loch, in dem es diabolisch aufblitzte.

„Die Barriere hält weiterhin jeden Materieauswurf im Zaum“, kommentierte der Moraner den unerklärlichen Vorgang.

„Aber wieso lässt sie auf einmal die Geräusche durch?“

„Keine Ahnung, Vivy.“ Peet zuckte mit den Achseln. Das war beileibe nicht die einzige Frage, auf die er keine Antwort hatte. „Was ist das überhaupt für eine Energie, die dieses Chaos da unten angerichtet hat? Es kann sich um keine natürliche Kraft handeln. Irgendwer hat die Zerstörungsorgie ausgelöst.“

„Und gleichzeitig einen Fluchtweg nach draußen geschaffen? Aber wer, und warum? Für uns war der jedenfalls nicht bestimmt.“

Peet pflichtete Vivien bei. Für den Einsturz der Tempelanlage und besonders für die schützende Energiebarriere um die Statue hatte jemand einen erheblichen technischen Aufwand betrieben. Vermutlich derselbe Unbekannte, der die Statue erbaut und die Steuerzentrale in ihrem Kopf eingerichtet hatte.

„Irgendwo da unten muss es Projektoren oder andere technische Einrichtungen geben, entweder in der Statue oder im Boden.“

„Gegeben haben“, korrigierte Arn. Seine leicht schräg stehenden, grellgrünen Augen flimmerten immer noch von der Aufregung. „Da geht alles in Schutt und Asche. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Sollte es solche Technik geben, wie du sie vermutest, wird sie gerade verschüttet. Oder sie ist Teil der Einrichtung im Kopf der Statue. Doch auch in dem Fall besteht keine Chance mehr, sie zu untersuchen. Eins steht jedenfalls fest. Wer auch immer die Voraussetzungen für die Barriere geschaffen hat, die siebenbeinigen Kreaturen waren es bestimmt nicht.“

„Nein, es muss ein technisch hoch entwickeltes Volk gewesen sein“, sagte Vivien und stellte eine nahe liegende Frage. „Warum haben die Unbekannten die Zerstörungsorgie ausgelöst? Nur weil wir die Halle entdeckt haben?“

„Nicht einfach eine Halle, sondern die Tempelanlage der Siebenbeiner“, bekräftigte Arn seine Vermutung.

„Von mir aus. Tempel, technische Station oder was auch immer. Aber was daran war so geheim, dass es sogar um den Preis der völligen Zerstörung vor uns verborgen gehalten werden muss? Und woher wussten sie von unserer Anwesenheit? Haben sie uns beobachtet? Wenn ja, auf welchem Weg?“

Weder Peet noch Arn hatten eine Antwort auf die Flut von Fragen parat. Vielleicht dachten sie in falschen Bahnen, und der Einsturz der Halle hatte nichts mit ihrem Eindringen zu tun. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Zusammentreffens beider Ereignisse gering.

„Es könnte sein, dass die Siebenbeiner für einen Fall wie diesen überlieferte Anweisungen von Generation zu Generation weitergegeben haben“, spekulierte der Moraner. „Für die einfachen Wesen auf Seven-Bones müssen die Erbauer der Anlage Götter gewesen sein, deren Legende sich bis heute gehalten hat.“

„Eine gewagte Überlegung.“

„Nicht besser oder schlechter als jede andere.“

„Stimmt“, gab Peet zu. Sie besaßen zu wenige Informationen, um sich ein stimmiges Bild machen zu können. „Fliegen wir zurück zur Promet. Vielleicht haben die anderen etwas herausgefunden. Ich gebe Jörn Bescheid, dass wir auf dem Rückweg zum Schiff sind.“

Seine Kontaktversuche blieben erfolglos. Weder Callaghan noch Gus Yonker meldete sich. Peet befürchtete, dass nicht nur er und seine Begleiter in eine Falle geraten waren. Auch die Promet war betroffen. Er regelte die Antigrav-Triebwerke seines Gürtels auf volle Leistung und raste davon. Arn und Vivien folgten ihm. Das aus der Tiefe heraufdringende Grummeln der abflauenden Zerstörungsorgie blieb hinter ihnen zurück.

*

Jörn Callaghan hatte zur Zentrale gewollt, das war seine erste Erinnerung nach dem Aufwachen aus der Bewusstlosigkeit. Weil Tak enorme Strahlungswerte angemessen hatte und sie keine Ahnung hatten, wie es ihren Freunden ging, und weil er eine Nottransition hatte durchführen wollen, um die Besatzung vor der zweiten Schmerzattacke in Sicherheit zu bringen. Es war ihm nicht gelungen. Bevor er die zu einer Gefängniszelle umfunktionierte Kabine hatte verlassen können, war er regelrecht von den Beinen gefegt worden. Die Schmerzen waren mit der gleichen Intensität über ihn hereingebrochen wie beim ersten Mal. Immer noch spürte Jörn ein unangenehmes Pochen zwischen den Schläfen, doch es ließ rasch nach.

Er stemmte sich in die Höhe und richtete sich auf. Der gefangene Siebenbeiner Aalde-Poo zuckte. Er erwachte. Sein eigentlich runder Körper war geschrumpft, flach wie eine Flunder. Um seine Feindseligkeiten im Zaum zu halten, hatten die Raumfahrer seine Beine zusammengebunden.

Ben Ridgers rappelte sich auf. „Bin ich der Einzige, der gegen eine Dampfwalze gelaufen ist?“, brummte er.

„Nein, es hat uns alle umgehauen.“

„Und was? Ich meine, was genau ist passiert? Das war jetzt schon das zweite Mal. Auf ein drittes kann ich gern verzichten.“

„Ich wünschte, ich hätte eine Antwort, Doc. Ist soweit wieder alles klar bei dir?“

Der Mediziner mit den dünner werdenden blonden Haaren und dem leicht zurückgegangenen Haaransatz nickte missmutig. „Wenn man von meinem Brummschädel absieht, ja.“

„Gut, denn wir müssen schnellstens herausfinden, wie es um Peets Gruppe steht.“ Jörn rief Yonker in der Kommunikationszentrale. „Gus, kannst du mich hören?“

Doch Yonker antwortete nicht. Dafür meldete sich Pino Takkalainen über die Com-Anlage. Der Bordingenieur hielt sich im Triebwerksraum auf; von dort hatte er seine Warnung abgegeben. Er erklärte, dass alles wieder in Ordnung sei.

„Was ist mit der Strahlung, die du angemessen hast?“, fragte Jörn.

„Ich stelle noch vereinzelte Ausschläge fest, aber die Energiespitzen sind auf ein Zehntel der ursprünglichen Intensität zurückgegangen. Und sie fallen weiter. Was immer passiert ist, es scheint vorbei zu sein. Keine bedrohliche Strahlung mehr, auch keine schweren Erdstöße. Die Erschütterungen sind beinahe zum Erliegen gekommen.“

Erst jetzt registrierte Jörn, dass die Vibrationen, die sich durch das gesamte Schiff fortgepflanzt hatten, nicht mehr zu spüren waren. Aalde-Poo wimmerte vor sich hin. Doc Ridgers sah nach ihm, ohne der fremdartigen Kreatur wirklich helfen zu können. Jörn registrierte es beiläufig. Seine Gedanken waren bei Peet und den anderen. „Gus, komm endlich zu dir.“

„Bin schon wach“, meldete sich Yonker. Seine Stimme war gedämpft. Die Nachwirkungen der Schmerzattacke machten ihm zu schaffen.

„Ich brauche Verbindung zu Peet“, verlangte Jörn. Er musste wissen, was sich draußen ereignet hatte, während die Männer im Schiff ohne Bewusstsein gewesen waren.

*

Yonker meldete sich, als Peet auf die Promet zuflog. Gus zeigte sich erleichtert darüber, dass das Außenteam unversehrt war. Peet Orell ließ ihm keine Zeit für Erklärungen über die Helmfrequenz. Er beorderte die gesamte Besatzung zu einer Lagebesprechung in die Zentrale. Wenige Minuten später waren er, Arn und Vivien an Bord des tropfenförmigen Raumschiffs. Callaghan, Doc Benjamin Ridgers, Yonker, Tak und Astronavigator Szer Ekka erwarteten sie.

„Alle wohlauf?“, fragte Peet zur Begrüßung.

„Jetzt wieder.“ Jörn bewegte seine Finger, als hielten sie etwas fest. Er seufzte mit einem Anflug von Bedauern. „Wenn wir keinen interplanetarischen Supermarkt finden, müssen wir dringend zur Erde zurück. Ich vermisse meine Pfeife.“

„Deine Sorgen möchte ich haben.“ Vivien winkte ab. „Wir hatten da draußen ganz andere Probleme. Ich hatte fast die Hoffnung aufgegeben, euch alle wieder zu sehen, als diese Halle einzustürzen begann.“

„Halle?“, echote Ekka. Sein breites rötliches Gesicht und das im Licht der Zentralbeleuchtung schimmernde blauschwarze Haar hatte er seiner Ahnenreihe aus Indianern und Inuit zu verdanken.

„Erzählt ihr zuerst“, schritt Peet ein. „Was meintest du damit, dass ihr jetzt wieder wohlauf seid, Jörn?“

Callaghan berichtete. Von Schmerzattacken war die Rede, von einer Nottransition und gar einem Gefangenen aus den Reihen jener Blitze verschleudernden Siebenbeiner.

Peet sparte sich den Vorwurf, dass die Promet trotz der Bedrohung zurückgekommen war. Er hätte nicht anders gehandelt, solange sich Besatzungsmitglieder auf dem Planeten aufhielten. Schließlich berichtete er, was sich in der Halle und im Kopf der Statue zugetragen hatte.

„Die Halle wurde verschüttet?“, fragte Takkalainen. „Wir können keinen zweiten Vorstoß wagen, um die fremde Technik zu untersuchen?“

„Keine Chance, Tak.“

„Zu schade“, bedauerte der kahlköpfige Finne, den kein Mensch für einen Nordeuropäer gehalten hätte. „Vielleicht hätten wir einen Hinweis auf das Signal gefunden, das wir aufgefangen haben.“

„Ihr seid sicher, dass es ein Hyperfunkspruch war?“, fragte Arn.

„Wir gehen davon aus“, antwortete der mandeläugige Ekka. „Da die Frequenz weit von der unseren abwich, waren nur vage Rückschlüsse möglich, aber …“

„Aber?“, fiel der Moraner Ekka ins Wort.

Der wirkte plötzlich nervös. „Wir halten es für möglich, dass das Funksignal dazu bestimmt war, jemanden herzurufen.“

„Und wen?“, fragte Vivien skeptisch.

„Du kannst Fragen stellen.“ Tak warf ihr einen schmachtenden Blick zu, den sie wie üblich ignorierte.

„Das gefällt mir nicht.“

„Was ist los, Arn? Misst du diesem Funkspruch eine Bedeutung bei?“

Der Moraner zögerte, dann schüttelte er so vehement den Kopf, dass seine langen silbernen Haare hin und her flogen. „Tut mir leid, ich weiß es nicht, Peet. Da ist eine unterschwellige Ahnung in meinem Kopf, dass er womöglich eine Gefahr bedeutet. Ich bekomme den Gedanken aber nicht zu fassen.“

„Wir kennen also weder den Empfänger dieser Nachricht, noch wissen wir, wer sie abgeschickt hat“, resümierte Yonker. „Vielleicht habt ihr bei eurem Eindringen in die Statue eine Automatik ausgelöst. Über eins sind wir uns doch wohl einig. Die Siebenbeiner stecken sicher nicht dahinter.“

„Apropos“, sagte Borul. „Ich möchte mir das eingesperrte Wesen ansehen.“

„Sinnlos“, versicherte der Doc. „Der Knabe versteht uns nicht. Ich glaube nicht, dass er zu einer Verständigung mit uns fähig ist. Es ist ein Wunder, dass Aalde-Poo uns seinen Namen mitteilen konnte.“

„Trotzdem.“

„Was versprichst du dir davon, Arn?“

„Ich kann es dir nicht sagen, Peet. Lassen wir es einfach auf einen Versuch ankommen. Nachher sind wir schlauer.“

Das klang nicht aufrichtig. Peet spürte, dass sein moranischer Freund mit sich rang. Manchmal zweifelte er. Sein strenger Mentor Thosro Ghinu hatte ihn viele Dinge gelehrt und ihn mit Wissen vollgestopft, über dessen Bedeutung er sich nur in Teilen schlüssig war. Fragen quälten Arn, die ihm niemand zu beantworten vermochte. Doch Peet ging es nicht anders. Zuweilen wurde er von Träumen heimgesucht. Von bizarren Visionen, für die er keine Erklärung fand. Es waren Visionen von einem bösen Zwilling. Von einem anderen, einem ganz und gar düsteren Peet Orell, der nicht er war.

„Also schön“, willigte er schließlich ein. „Werfen wir einen Blick auf unseren siebenbeinigen Freund. Bevor wir starten, lassen wir ihn ohnehin laufen. Es gibt keinen Grund, ihn länger als nötig festzuhalten. Tak, du gehst in den Maschinenraum. Jörn und Szer, ihr nehmt eure Plätze ein. Sollte eine weitere dieser Schmerzattacken über uns herfallen, bringt ihr uns mit einem Alarmstart in die Luft und mit einer Nottransition in Sicherheit.“

„Verstanden, Peet. Beim kleinsten Anzeichen sehe ich zu, dass wir von hier verschwinden.“

Arn eilte bereits aus der Zentrale. Hätte Peet es nicht besser gewusst, wäre er auf die Idee gekommen, der Moraner sehne das Wiedersehen mit einem alten Bekannten herbei.

*

Aalde-Poo verdammte die hässlichen Zweibeiner, die ihm unsägliche Schmerzen zugefügt hatten. Sein Geist war erloschen, als ihn eine Woge aus Feuer verschlungen hatte. Er hatte gedacht, sterben zu müssen. Warum hatten sie ihm das angetan? Weil sie vielleicht doch Götter waren und er ihnen nicht den gebührenden Respekt entgegengebracht hatte?

Er erschrak, doch dann besann er sich. Die Großen waren keine Götter, sondern Frevler. Götter hätten es nicht nötig gehabt, seine Dreter zusammenzubinden. Er konnte sich nicht bewegen, und es war ihm unmöglich, sich von den Fesseln zu befreien.

Was mochten sie mit ihm vorhaben? Bestimmt nichts Gutes. Sie hatten ihn in ihr fliegendes Gefährt geschafft. Die Vorstellung, dass sie mit ihm davonrasten, versetzte Aalde-Poo in Furcht und Schrecken.

Ängstlich konzentrierte er sich auf sein Siroo. Es vibrierte nicht, es schwieg. Es war ihm keine Hilfe. Um sich gegen die Shedes zu verteidigen, hatte er einen Blitz erzeugt. Nun würde es drei Tage und drei Nächte dauern, bis sich wieder genug Energie in seinem Siroo gebildet hatte, um den nächsten Blitz schleudern zu können.

Die hässlichen Zweibeiner kannten solche Einschränkungen nicht. Er hatte gesehen, wie einer von ihnen mehrere Blitze hintereinander aus einem einzigen Dreter abgefeuert hatte. Keiner aus seinem Dorf vermochte das, keiner aus seinem Clan. Nicht Kru-Kru, der Teger des Clans, und auch nicht Trion, der erste Diener. Also doch Götter?