Rayan - Der Stich des Skorpions - Indira Jackson - E-Book

Rayan - Der Stich des Skorpions E-Book

Indira Jackson

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Beschreibung

Im vierten Teil der Reihe erfährt Scheich Rayan Suekran al Medina y Nayran, dass der Flugzeugabsturz, bei dem er, seine große Liebe Carina und ihre ungeborene Tochter beinahe gestorben wären, keineswegs ein Unfall gewesen ist. Doch warum haben seine amerikanischen Freunde ihm diese wichtige Information vorenthalten? Kann er ihnen nun auch nicht mehr vertrauen? Er befürchtet, nur noch von Verrätern umgeben zu sein: Erst verschwindet sein langjähriger Begleiter Hanif auf mysteriöse Weise und nun scheinen auch Cho und Hummer gegen ihn zu intrigieren. Als er erfährt, dass auch der Tod seines Adoptivvaters Jack kein Unfall gewesen ist, entscheidet er sich zu drastischen Maßnahmen um diese Angelegenheit ein für alle Mal zu regeln. Dann gerät Carina in Schwierigkeiten und er setzt alle Hebel in Bewegung, ihr zur Hilfe zu eilen. Doch dies hat weitreichende Konsequenzen für ihre Beziehung. Alles Punkte, die dem geheimnisvollen Skorpion in die Hände spielen, der bereits seine Fallen aufgestellt hat, um sich sowohl an Rayan, als an auch an dessen Freund Harun Said - dem Herrn über die Stadt Damaris - zu rächen. Das Tragischste daran: Hanif taucht plötzlich wieder auf - auf Seiten des Skorpions! Doch geht es wirklich nur um die Eroberung von Damaris? Oder ist nicht viel mehr Zarifa das Ziel, denn wie es scheint, ist das wohl gehütete Geheimnis um Rayans Heimatland auf einmal ebenfalls in Gefahr. Weitere Bücher der Rayan – Reihe Rayan – Sohn der Wüste Rayan – Zwischen Zwei Welten Rayan – Im Auge des Sturms Rayan – Der Stich des Skorpions Rayan – Das Blut von Zarifa (Weihnachten 2016)

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Indira Jackson

Rayan - Der Stich des Skorpions

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Prolog

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Ein Geständnis

2015: Einige Tage vorher – Zarifa: Großes Tal - Reisepläne

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Eine besondere Form der Gnade

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Balance auf dem Drahtseil

Anfang August 2015 - USA: Flughafen Charlotte – Überraschendes Wiedersehen

Anfang September 2015 – München – Heimweh nach Zarifa

Ende Juni 2015 – Zarifa: Bergwelt – Bezahlung einer Schuld

Anfang August 2015 - USA: Flughafen Charlotte - Die Befragung

Anfang September 2015 – München – Ein weiterer Gast

Ende Juni 2015 – Zarifa: Bergwelt – Ein schlagkräftiges Argument

Anfang August 2015 – USA: Flughafen Charlotte - Ein guter Plan

Anfang September 2015 – München – Je später der Abend …

Ende Juni 2015 – Zarifa: Großes Tal – Das Leben ist nicht immer fair

Anfang August 2015 - USA: Charlotte - Unerwartetes Eintreffen

Anfang September 2015 – München – Eine kleine Lektion

Anfang August 2015 - USA: Charlotte – Die Aussprache

Anfang September 2015 – München – Der restliche Abend

Anfang August 2015 - USA: Charlotte - Ein aufmerksamer Informant

Anfang September 2015 – München – Wiedersehensfreude

Anfang August 2015 - USA: Charlotte – Nächtliche Warnung

Anfang September 2015 – München – Ungenierte Observation

Anfang August 2015 - USA: Charlotte - In einem anderen Licht

Anfang September 2015 – München – Eine ungewöhnliche Fahrt

Anfang August 2015 - USA: Charlotte - Lektion gelernt

Anfang September 2015 – München Innenstadt: Am Stachus – Ein Einkaufsbummel

2013 - Rub‘ al Khali: kleine Oase - Gefährlicher Übereifer

Anfang August 2015 - USA: Charlotte: Büro von TanSEC - Eine neue Mission

Anfang September 2015 – München Innenstadt: Fußgängerzone – Austausch von Fachwissen

2013 - Rub‘ al Khali: kleine Oase - Texanischer Trotz

Anfang August 2015 - USA: Charlotte: Büro von TanSEC - Ein nicht ganz unwillkommener Besuch

Anfang September 2015 – München: Stachus – Wasserspiele

2013 - Rub‘ al Khali: kleine Oase - Unglaubliche Dummheit

Anfang August 2015 - USA: Charlotte: Büro von TanSEC - Geschäftspartner

Anfang September 2015 – München - Das Ende eines Fanclubs

2013 – Zarifa: Oase - Nur ein kurzer Triumph

August 2015 - USA: Bei Washington: Senator Deerings Haus - Auge in Auge

Anfang September 2015 - München: Hotel - Ein ruhiger Abend?

2013 – Zarifa: Düne - Krisenberatung

August 2015 - USA: Bei Washington: Senator Deerings Haus - Mit Erlaubnis

Anfang September 2015 - München: Hotel - Kein zweites Mal

2013 - Zarifa: Oase - Die Befragung

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Endlich Klarheit

Anfang September 2015 - Irgendwo in München - Unverhofftes Glück

2013 - Zarifa: Oase - Die Entscheidung

August 2015 - USA: Bei Washington: Senator Deerings Haus - Reise in die Vergangenheit

Anfang September 2015 - München: Hotel - Schwerwiegende Ermittlungen

2013 - Zarifa: Oase - Das Urteil

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Eine unangenehme Wahrheit

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Ein Schlamassel

2013 - Zarifa: Oase - Rollentausch

1999 - Riad: Wochenmarkt - Eine reizvolle Begegnung

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - eine Nacht voller Befürchtungen

2013 - Oase von Zarifa - Neue Freundschaft

August 2015 - USA: Bei Washington: Senator Deerings Haus - Amina und Marcus

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Plötzlicher Rollentausch

2013 - Zarifa: Oase - Burt ganz anders

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Der alles entscheidende Punkt

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Nur eine Taktik?

2013 - Zarifa: Oase - Übernahme der Verantwortung

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Eine einfache Lösung?

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Noch mehr Beweise?

2013 - Zarifa: Oase - Duell um die Freiheit

Anfang August 2015 - USA: Charlotte: Büro von TanSEC - Zarifas Geheimnis

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Das Resultat der Befragung

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Das letzte Kapitel

Anfang September 2015 - München: Dienststelle - Grund zum Feiern?

August 2015 - USA: Bei Washington: Senator Deerings Haus - Beseitigung von Spuren

Anfang September 2015 - München: Flughafen - Ein bisschen Wehmut

August 2015 - USA: Senator Deerings Haus - Der riskante Weg nach draußen

Anfang September 2015 – Learjet: In der Luft - Die Vollendung des Paktes

August 2015 - USA: Texas - „Wild-and-Free-Ranch“- Der Nebeneffekt

Anfang September 2015 – Learjet: In der Luft - Zwischenstopp

August 2015 - USA: Texas - „Wild-and-Free-Ranch“ - Arabian Diamond

31.03.2007 - Dubai: Nad al Sheba Racecourse – Das Zeichen Zarifas

Anfang September 2015 - Dubai: Flughafen - Noch mehr Kreise schließen sich

31.03.2007 - Dubai: Nad al Sheba Racecourse - Jugendliche Unbeschwertheit

Anfang September 2015 - Dubai: Hotel - Zwischen Gerüchten und Gerede

31.03.2007 - Dubai: Nad al Sheba Racecourse - Flöhe hüten

Anfang September 2015 - Dubai: Hotel - Keine politische Verbindung

31.03.2007 - Dubai: Nad al Sheba Racecourse - Mehr als Leichtsinn

Anfang September 2015 - Dubai: Hotel - Bewunderung und Furcht

31.03.2007 - Dubai: Nad al Sheba Racecourse - Stossgebete

Anfang September 2015 - Dubai: Hotel - Die Richtigstellung einer Geschichte

31.03.2007 - Dubai: Krankenhaus - Mehr Glück als Verstand

Anfang September 2015 - Dubai: Hotel - Ein Traum wird Realität

31.03.2007 - Dubai: Krankenhaus - Ein königliches Geschenk

Anfang September 2015 - Dubai: Markt - Alter Freund

Anfang September 2015 - Dubai: Flughafen - Rückkehr nach Alessia

Anfang September 2015 - Alessia: Flughafen – Ungestüme Begrüßung am Flughafen

Anfang September 2015 - Alessia: Leilas Haus – Unangenehme Erinnerungen

Mitte September 2015 – Alessia: Hummers Haus - Die Rückkehr nach Zarifa

September 2015 – Zarifa: Großes Tal - Endlich wieder zu Hause

Anfang Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal - Nur ein kurzer Aufenthalt

07. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Mangelnde Kampferfahrung

12. Oktober 2015 – Damaris: Helikopterlandeplatz – Die Alarmglocken gehen los

08. Oktober 2015 – Zarifa: Oase – Vorbereitungen zum Kampf

12. Oktober 2015 – Damaris: Helikopterlandeplatz – Gemischte Gefühle

08. Oktober 2015 – Zarifa: Oase – Kampfstrategien

12. Oktober 2015 – Damaris : Palast – Das wahre Gesicht

08. Oktober 2015 – Zarifa: Oase – Der Zweikampf

12. Oktober 2015 – Damaris: Kerker – Persönliche Betreuung

08. Oktober 2015 – Zarifa: Oase – Die Schwachstelle

08. Oktober 2015 – Zarifa: Oase – Die Warnung eines Toten

13. Oktober 2015 – Damaris: Kerker – Die Wertminderung

09./10. Oktober 2015 – Offene Wüste - Auf dem Weg zum Stammestreffen

14. Oktober 2015 – Damaris: Kerker – Der Anführer

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Unerwartetes Wiedersehen

14. Oktober 2015 – Damaris: Kerker - Die Schwelle wird überschritten

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Keine Einheimische

14. Oktober 2015 - Damaris: Hanifs Gemächer - Gewissensbisse

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Die Einführungsrunde

15. Oktober 2015 - Damaris: Kerker - Keine guten Aussichten auf Hilfe

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Die Spiele

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Zurschaustellung von Reichtum

15. Oktober 2015 - Damaris: Kerker - Pläne zur Rettung

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Auffrischung einer „Freundschaft“

15. Oktober 2015 - Damaris: Hanifs Gemächer - Nachwirkungen

11. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Unentschuldigtes Fehlen

02. Oktober 2015 - Damaris: Verlies - Entgegen jeder Erwartung

12. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Das Rennen

15. Oktober 2015 – Damaris: Verlies - Gute und schlechte Nachrichten

12. Oktober 2015 – Oase von Farah: Stammestreffen – Eine neue Freundin

15. Oktober 2015 - Damaris: Kerker – Unter der Oberfläche

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Ein Ausritt mit Daoud

15. Oktober 2015 - Damaris: Kerker – Keine Zeit für Gewissensbisse

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal –Erneuter Beweis für das Schicksal

15. Oktober 2015 – Damaris: Palast – Ein ausgefuchster Plan

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Hochmut kommt vor dem Fall

15. Oktober 2015 - Damaris: Haruns Büro – Die zwei Armeen

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Der erste Teil der Strafe

15. Oktober 2015 - Damaris: Haruns Büro – Das Versprechen

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Vorbereitungen auf die Verhandlung: Rayan

15. Oktober 2015 - Damaris: Thermalbad und bei Umar – Erfolgreiche Vertuschungsaktion

15. Oktober 2015 - Damaris: Höhlensystem und Kerker – Erfolgreiche erste Etappe

16. Oktober 2015 - Damaris: Verlies – Die geheime Einsatzzentrale

17. Oktober 2015 - Damaris: Verlies – Der tarmanische Befreiungstrupp

17. Oktober 2015 - Damaris: Gärten vor dem Palasteingang – Die Rückeroberung der Stadt

17. Oktober 2015 - Damaris: Wüste vor der Stadtmauer – Vereinigung der zwei Armeen

17. Oktober 2015 - Damaris: Aufgang vom Verlies – Einnahme des Zellenblocks

17. Oktober 2015 - Damaris: Stadtmitte – Das vereinbarte Zeichen

17. Oktober 2015 - Damaris: Obere Gemächer – Die Sicherheit von Carina

17. Oktober 2015 – Damaris: Kerker – Die Befreiung

17. Oktober 2015 – Damaris: Innenhof – Ersehntes und gefürchtetes Wiedersehen

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Vorbereitungen auf die Verhandlung: Kasib

18. Oktober 2015 – Damaris: Einer von Haruns Räumen – Ein Fürsprecher

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Die Verhandlung

18. Oktober 2015 - Damaris: Einer von Haruns Räumen - Das Ultimatum

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Eine schlechte Auswahl

19. Oktober 2015 - Damaris: Innenhof – Das Urteil für Hanif

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Das Urteil für Kasib

19. Oktober 2015 - Damaris: Innenhof – Der Abschied

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Mit letzter Kraft

19. Oktober 2015 - Damaris: Stadttor – Aufbruch ins Ungewisse

06. Oktober 2015 - Zarifa: Großes Tal – Trotz allem ein zufriedenstellendes Ende

Ende Oktober 2015 – Damaris: Palast – Die Aufräumarbeiten

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal - Ein unerwünschter Besucher

Ende November 2015 - Zarifa: Großes Tal - Eine gefährliche Situation

Ende November 2015 - Zarifa: Großes Tal – Auf Leben und Tod

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal – Freudige Begrüßung

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal – Gemischte Gefühle

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal – Das ganze Ausmaß

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal – Vorbereitungen zur Verteidigung

Ende November 2015 – Zarifa: Großes Tal – Auf unbekannten Pfaden

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Heimtückischer Mord

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Neue und alte Ehren

Ende November 2015 – Zarifa: Bergwelt – Ein seltsamer Ort zum Leben

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Neue Verantwortung, neue Situationen

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Gefahr!

Ende November 2015 – Zarifa: Bergwelt – Andere Völker andere Sitten

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Das Attentat

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Nur ein Vorwand

Ende November 2015 – Zarifa: Bergwelt – Rückblick in die Vergangenheit

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Die Demütigung

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Ein Fehler mit Folgen

Ende November 2015 – Zarifa: Bergwelt – Ausrichten des Haussegens

02. Dezember 2015 – Zarifa: Großes Tal – Nicht so schön, aber schlauer

Epilog

Ausblick auf den fünften Teil – „Kampf um Zarifa“:

Namensverzeichnis:

Weitere Bücher der Rayan – Reihe

Impressum neobooks

Vorwort

Liebe Fans,

ich möchte mich an dieser Stelle für eure Treue bedanken!

Für mich ist es das Schönste, wenn ich mit euch über Rayan und seine Freunde sprechen kann. Der ein oder andere hat sich bereits bei mir via PN auf Facebook gemeldet. Ich freue mich aber genauso über E-Mails ([email protected]).

Auch beim vierten Teil der „Rayan-Reihe“ gilt wieder: Beachtet bitte die Überschriften mit den Datums- und Ortsangaben, damit ihr nicht mit den Geschichten durcheinander kommt.

Bedanken muss ich mich erneut bei Eva, Oli und Frank Edele von der Buchhandlung Dannheimer, sowie bei euch allen - meinen Lesern. Eure positiven Feedbacks haben mich motiviert, immer weiterzuschreiben.

Nicht zuletzt auch wieder einen lieben Gruß an dieser Stelle an meinen Mann, der mich nicht verhungern lässt, wenn ich wieder mal „im Tunnel“ bin. Er nennt das so, wenn ich am Schreiben bin – wohl, weil ich dann immer so tief in die Welt meiner Bücher eintauche, dass ich für Stunden nicht ansprechbar bin. Danke für dein Verständnis!

Und nun viel Spaß beim Lesen, Rayan und seine Freunde warten schon …

Eure Indira

Prolog

Rayan beobachtete den dicken, ungepflegten Mann mit einer Mischung aus Entsetzen und aufsteigender Panik. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so hilflos gefühlt. Selbst sein Stolz und sein Hass waren mittlerweile verflogen.

Gleich, als dieser in den Kerker gekommen war, hatte er an dessen lüsternem Blick sein Vorhaben erkannt.

Obwohl der Scheich in den vergangenen Stunden schon mehrfach versucht hatte, die eisernen Schellen, die seine Handgelenke umkrallten, zu lockern, zog er nun verzweifelt aufs Neue mit all seiner Kraft daran. Die Ketten, die seine Arme nach oben in Richtung Kerkerdecke zwangen, rasselten lautstark. Blut begann an seinen Unterarmen entlang herunterzulaufen und von den Ellenbogen auf seine Schultern zu tropfen, doch er merkte es nicht einmal. Seine Fesseln rührten sich keinen Millimeter. Seine Feinde hatten ganze Arbeit geleistet.

Von seinen Füßen hatte man ihm die eleganten Reiterstiefel gezogen; vermutlich hatte sich einer der Verbrecher diese inzwischen einverleibt. Stattdessen zierten auch hier schwere Eisenringe seine Sprunggelenke, die auch seine Beine aufgrund schwerer, im Boden verankerter Ketten zur Unbeweglichkeit zwangen. Breitbeinig wie ein menschliches X stand er also völlig hilflos mitten in dem kargen Raum.

Seine Muskeln schmerzten aufgrund der vielen Stunden in dieser unangenehmen Haltung. Doch er wusste, dass dies gerade einmal der Anfang war.

Der Bewacher beobachtete seine Bemühungen einen Moment lang mit einem sadistischen Vergnügen, dann wandte er sich wieder seinem ursprünglichen Plan zu.

„Mach mit mir, was du willst, aber lass die Frau in Ruhe!“, bettelte Rayan verzweifelt, doch der andere lachte nur.

Dieser Satz riss Carina aus ihrer Lethargie. Auch sie war angebunden, allerdings hatte man sie gnädigerweise in einer bequemeren Haltung, auf dem Boden sitzend, mit Stricken verschnürt. Ihr Blick fiel auf den ekelerregenden Mann und erst jetzt erkannte sie die Gefahr, in der sie schwebte. Sie wimmerte entsetzt und sah Rayan Hilfe suchend an.

Allein dieser Blick war für den Scheich schlimmer, als alle körperlichen Qualen, die er je durchlitten hatte. Denn er wusste genau, dass er ihr nicht würde helfen können. Wäre er frei gewesen, wäre es ihm ein Leichtes, das Leben des anderen zu beenden. Er hätte ihn in seinem Hass mit bloßen Händen das Genick gebrochen.

„Du kommst später noch dran“, antwortete ihm der Dicke. Dann packte er Carina brutal an den Haaren, sodass diese gepeinigt aufschrie. „So mein Engel mit den leuchtenden Haaren, jetzt haben wir beide mal ein wenig Spaß. Eine Schönheit wie du wartet doch nur darauf, dass ich mich um sie kümmere“, krächzte er mit vor Erregung zitternder Stimme.

……...

Der Scheich starrte entsetzt auf das grob geflochtene Leder. Er war blass geworden. Nicht etwa, weil er den Schmerz fürchtete, sondern weil er nicht fassen konnte, dass der Mann, der da vor ihm stand, wirklich Hanif war, sein Freund, der ihn in den vergangenen vierzehn Jahren unzählige Stunden begleitet hatte. Und der ihm mehrmals das Leben gerettet hatte! Sein Verstand weigerte sich, diese Wandlung zu begreifen.

Und gleichzeitig war ihm klar, dass sie gerade an einer Schwelle standen. Sie hatten auch in der Vergangenheit ab und zu ihre Differenzen gehabt, die sie aber immer wieder beigelegt hatten. Selbst die Ohrfeigen von vorhin waren unter Umständen noch verzeihlich. Würde Hanif dieser Aufforderung aber nun nachkommen und die Peitsche an Rayan anwenden, konnte nichts ihn noch retten.

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Ein Geständnis

Rayan hatte sich gerade einige Minuten lang in den Pavillon gesetzt, um sich von der Reise auszuruhen, als Jamal sich näherte. Der Scheich unterdrückte ein Lächeln. Wie üblich gelang es dem Haushälter, sich formvollendet zu nähern. Aber hier in Alessia war die Etikette großgeschrieben, während Rayan in Zarifa weitaus weniger Ansprüche hatte und ihm nur einige Grundregeln wichtig waren.

Es war einer der Gründe, warum der Scheich spätestens nach zwei bis drei Tagen regelmäßig die Flucht ergriff. Er hasste die Zwänge, die sein Status mit sich brachte, aber Jamal bestand darauf, sie bis ins letzte Detail zu exerzieren. Manchmal fragte Rayan sich, wer eigentlich der Herrscher war - er oder Jamal?

So blieb dieser in respektvollem Abstand stehen, bis Rayan ihm mit einer Geste zu verstehen gab, dass er bereit war, ihn zu empfangen. Innerlich schüttelte der Scheich den Kopf über derart viel Steifheit und wünschte sich schon jetzt zurück nach Zarifa.

Die Ankündigung des Haushälters riss ihn jedoch aus diesen Gedanken: „Mein Herr, es ist ein Mann hier, der euch untertänigst um eine Audienz bittet. Ich möchte dazu ergänzen, dass diese Person bereits dreimal während eurer Abwesenheit nach Euch gefragt hat.“

„Hat er gesagt, was er will?“, fragte Rayan ein wenig gereizt. Er hatte gehofft, wenigstens einige Minuten durchschnaufen zu können. Dann ermahnte er sich selbst, denn er war schließlich nicht oft hier. Da war es verständlich, dass die Menschen ihre Bitten vortrugen, sobald es sich herumsprach, dass er angekommen war.

Jamal zögerte kurz, was den Scheich stutzen ließ: „Er sagte, er müsse Euch ein Geständnis machen“, er zauderte erneut: „und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Er sieht nicht gut aus. Ihm scheint tatsächlich etwas auf der Seele zu liegen …“

Nun war die Neugier des Scheichs geweckt: „Dann bring ihn herein.“ - „Ja, mein Herr. Sofort.“

Vorsichtshalber rief er per Handy Jassim an, seinen Leibwächter, der irgendwo auf dem Grundstück unterwegs war. Man konnte schließlich nie wissen, welche Absichten der Besucher verfolgte. Doch der antwortete knapp: „Ich bin schon auf dem Weg, Herr. Jamal hat mich bereits informiert.“

Rayan nickte zufrieden, steckte das Telefon weg und überprüfte den Sitz seiner beiden Dolche, die er stets bei sich trug. Er verstand es perfekt, diese Waffen zu benutzen. Vor allem als Wurfgeschoss trafen sie ihr Ziel rasend schnell und punktgenau. Um einen raschen Zugriff zu gewährleisten, hatte er diese in Spezialfutteralen aus Leder, die an seinen beiden Unterarmen befestigt waren. In entspannten Moment wie jetzt trug er diese offen sichtbar, zu offizielleren Anlässen unter den Ärmeln seines Gewandes verborgen.

Erst als Jassim nicht weniger als vier Männer rund um den Pavillon und sich selbst direkt neben seinem Herrn platziert hatte, ließ Jamal den Bittsteller eintreten. Wieder seufzte Rayan innerlich - als könne er sich nicht selbst gegen einen einzelnen Mann verteidigen. Natürlich hatten weitere Wachtposten bereits an der Eingangstüre zum Anwesen sichergestellt, dass der Mann unbewaffnet war.

Rayan war sich nicht sicher, was er erwartet hatte, aber auf keinen Fall jemanden, der gerade einmal Anfang Zwanzig sein mochte. Er musste dem Haushälter recht geben: Der Besucher war blass, abgemagert und hatte tiefe Ringe unter den Augen, als hätte er schon länger nicht mehr sonderlich gut geschlafen. Sein Blick war gehetzt und er schlotterte förmlich vor Angst.

Ohne ein Wort kniete er vor dem Scheich nieder und neigte sein Gesicht zu Boden, so wie es die Etikette verlangte.

„Sprich mein Junge, was kann ich für dich tun?“, fragte Rayan freundlich. Es gelang ihm dabei nicht ganz, sein Erstaunen über diese Erscheinung zu verbergen. Außerdem hatte er spontan Mitleid, denn jemand schien diesen Jüngling zu bedrohen.

„… M … mein … H ... Herr …“, stotterte der. Rayan und Jassim tauschten einen fragenden Blick: Was sollten sie von diesem Kerl halten? Im Scheich regte sich die Ungeduld.

Endlich brach es aus dem Jungen hervor: „Es ist meine Schuld! Ich war es! Durch mich ist Euer Flugzeug abgestürzt!“

Einige Sekunden lang war es still und wiederum sah Rayan Jassim fragend an, der jedoch auch nur die Achseln zuckte. War der Junge krank? Sorge regte sich in Jassim, er hoffte nicht, dass Jamal eine Person mit einer ansteckenden Krankheit in die Nähe ihres Herrn gelassen hatte!

„Hör zu - ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber es war ein Sturm, der …“, begann Rayan, nur um von ihrem Besucher unhöflich unterbrochen zu werden: „Nein! Ihr irrt Euch! Es war die Software, die ich installiert hatte…“ Jassim gab ein ärgerliches Knurren von sich und machte einen Schritt auf den am Boden Knieenden zu - was für eine Frechheit, seinen Herrn einfach zu unterbrechen und ihn dann auch noch in diesem Ton anzureden!

Bevor er den Mann jedoch erreichte, hielt ihn eine Handbewegung Rayans zurück. Der wollte den Ängstlichen nicht noch mehr verschüchtert sehen, sonst würde er vermutlich erst recht herumstottern und die wenigen Worte hatten ihn neugierig gemacht.

„Ganz langsam: Du behauptest, es war gar kein Unfall?“, fragte er lauernd.

„Ja - genau!“, kam es erleichtert, als wäre ihm gerade eine schwere Last von den Schultern gefallen. „Aber ich habe es wieder gut gemacht! Das müsst ihr mir glauben!“ Und bei dieser Aussage hob der junge Mann den Kopf, um Rayans Blick zu suchen. Er wirkte nun weniger ängstlich, eher erleichtert, dass er die Nachricht endlich losgeworden war, aber auch verzweifelt. Rayan dagegen spürte, dass ihm bereits jetzt jegliches Mitleid vergangen war, denn in ihm begann es, gefährlich zu brodeln.

2015: Einige Tage vorher – Zarifa: Großes Tal - Reisepläne

Das Feuer flackerte gemütlich und warf tanzende Schatten auf die Felswand. Es war die einzige Lichtquelle, die das Plateau erhellte.

Zufrieden kuschelte sich Carina an Rayans Schulter und seufzte bestätigend, als er daraufhin seinen Arm um sie legte. Leise sagte er: „Möchtest du mir nicht endlich sagen, was dich seit ein paar Tagen beschäftigt?“

Überrascht setzte sich die Deutsche gerade hin. „Das hast du bemerkt?“, fragte sie. Sie wirkte auf einmal nervös.

Ein ironisches Lächeln war auf dem Gesicht des Scheichs: „Du solltest mich mittlerweile besser kennen“, sagte er tadelnd. Natürlich entgeht es mir nicht, wenn du tief in Gedanken vor dich hin starrst …“

„Warum hast du nicht früher etwas gesagt?“, fragte Carina.

Rayan lachte leise. „Du bist komisch! Die gleiche Frage könnte ich dir stellen …“, zog er sie auf. Dann fuhr er ein wenig ernster fort: „Ich dachte, du wirst mir schon sagen, was los ist, wenn du so weit bist.“

Im Dunkeln suchte sie liebevoll den Blick ihres Freundes. „Das ist unheimlich rücksichtsvoll von dir …“

Wieder lachte der Scheich leise dieses melodische Lachen, das ihr immer einen Schauer der Erregung über den Rücken jagte: „Ich habe aus meinen Fehlern der Vergangenheit gelernt …“

Das gab Carina Mut, denn sie hatte keine Ahnung, wie er auf ihre Bitte reagieren würde.

„Meine Freundin Sandra“, begann sie ohne weitere Ausflüchte. „Die heiratet in wenigen Wochen“, und sicherheitshalber fügte sich noch dazu: „in München …“

Sie ließ das Wort bedeutungsvoll in der Luft hängen. Rayan, der eigentlich zuerst vorgehabt hatte, Carina zappeln zu lassen, bis sie ihre Idee ausformuliert hatte, erbarmte sich und kam ihr galant entgegen.

„Und du möchtest auf diese Hochzeitsfeier gehen.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Und die Tatsache, dass sie kein bisschen Überraschung in seinem Tonfall entdecken konnte, ließ einen Verdacht in ihr aufsteigen: „Du weißt davon? Du hast es die ganze Zeit gewusst?“

Als sie im Schein des Feuers sah, wie seine weißen, ebenmäßigen Zähne blitzten, weil er jetzt schelmisch grinste, sprang die Deutsche ärgerlich auf. „Du machst dich über mich lustig!“, fauchte sie und wollte davonstürmen. Doch er hatte diese Reaktion vorhergesehen. Blitzschnell packte er ihr Handgelenk und zog sie zu sich herab.

Durch den Ruck geriet Carina aus dem Gleichgewicht, doch Rayan fing sie geschickt auf.

Als sie gerade loslegen wollte, ihrem Unmut über dieses Verhalten Luft zu machen, drückte er ihr einen Kuss auf den Mund und brachte sie zum Schweigen.

Sie versteifte sich nur etwa zwei Sekunden lang. Seine Lippen auf ihren zu spüren, hatte die übliche Wirkung auf sie: Ihr Denken setzte aus. Es war wie ein elektrischer Schlag, der sie durchfuhr bis in die Zehenspitzen. Und bald schmiegte sie sich an ihn und gab sich vollkommen der Liebkosungen seiner Lippen hin.

Einige Minuten später fragte sie atemlos: „Und? Was sagst du?“

Diesmal lachte Rayan laut auf. Es war so typisch Carina, dass sie nie ihr Ziel aus den Augen verlor. Früher wäre er vermutlich ein wenig beleidigt gewesen, dass sie sich trotz aller Hingabe kein bisschen hatte verwirren lassen.

Dann fuhr er ernster fort: „Ich sage, dass wir morgen zurückreiten. In drei Tagen wartet der Flieger nach Alessia auf uns. Dort muss ich mich ohnehin schon längst einmal wieder blicken lassen. Wir können gemeinsam auf den Basar gehen, das wolltest du doch schon länger einmal machen?“ Als Carina begeistert nickte, fuhr er lächelnd fort:

„Und von dort aus, wird dich der Learjet nach München bringen.“

„Einfach so?“, fragte sie misstrauisch. Jetzt schaute Rayan sie beleidigt an: „Carina, was soll das? Was glaubst du, dass ich hier mache? Dich einsperren?“

Sich in Rage redend fuhr er fort: „Schon alleine, dass es dich drei Tage kostet – drei Tage! – mir von der Einladung deiner Freundin zu erzählen …“

Schuldbewusst sah die Deutsche ihn an: „Tut mir leid. Ich hatte Angst, du willst nicht, dass ich gehe.“

„Und es dir verbiete? Oder versuche dir auszureden? Seit wann hat das jemals funktioniert?“ Jetzt lächelte er wieder, doch sie konnte in seinen Augen sehen, dass er ihr das mangelnde Vertrauen übel nahm.

„Ich habe allerdings auch eine Bitte!“, sagte er dann ernst. Und seinem Tonfall entnahm sie, dass jetzt ein nicht verhandelbarer Punkt kommen würde: „Ich möchte, dass Sheila hier bleibt. Eine so weite Reise ist nichts für einen Säugling.“

Ihre gemeinsame Tochter Sheila war noch keine drei Monate alt und Carina musste ihrem Partner recht geben. „Aber wenn ich sie alleine lasse …“, begann sie zweifelnd. Doch Rayan ließ sie nicht ausreden: „Fatima kümmert sich aufopferungsvoll um sie. Und auch Julie wird sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Und Tahsin lässt auch niemanden an seine kleine Schwester heran.“

Jetzt lächelte die Münchnerin. Ja, die Anzahl der Personen, die um Sheila liebevoll bemüht war, war in der Tat groß. Insofern war es sicher kein Problem sie nicht mitzunehmen. Trotzdem war Carina erst zu kurze Zeit Mutter, als dass sie diese Entscheidung sofort hätte treffen können. Sie fühlte sich verunsichert. Würde man sie als Rabenmutter abstempeln? Und außerdem: Es wäre das erste Mal, dass sie länger von ihrer Tochter getrennt wäre.

Jetzt war Rayan derjenige, der aufstand. Dabei sagte er: „Ich gehe ins Haus. Überleg dir, was du tun möchtest. Du kannst gerne nach München fliegen. Oder du bleibst hier bei Sheila.“

Dann ging er davon, denn die Diskussion war für ihn beendet.

Carina spürte Ärger in sich aufsteigen. Sie hasste es, wenn Rayan sie so stehen ließ. Für ihn gab es, wie immer, nur schwarz und weiß. Und er war noch der Meinung, großzügig zu sein, weil er ihr „die Wahl ließ.“ Auch, dass er ohne ihr Wissen bereits wieder minutiös geplant hatte, stieß ihr auf.

Eine Weile blieb sie noch beim Feuer sitzen und hing ihren Gedanken nach. Doch dann erkannte die Deutsche, dass der Scheich Recht hatte. Wie so oft … Was sollte sie ihre kleine Tochter um die halbe Welt schleppen? Das war Egoismus und nicht Mutterliebe.

Seufzend beschloss sie, Rayan ins Haus, das mehr eine großzügig ausgebaute Hütte war, zu folgen. Dort wachte Rayans Großmutter Eleonora am Kamin sitzend mit Argusaugen über ihre schlafende Großenkelin. „Eine weitere Person auf der Sheila-Fan-Liste“, dachte Carina lächelnd.

In den vergangenen beiden Tagen hatte sie wieder einmal mit Bewunderung festgestellt, wie rüstig die alte Dame trotz ihrer inzwischen 86 Jahre war. Jedes Angebot ihres Enkels, ihr eine bessere Unterkunft zu bauen, hatte sie kategorisch abgelehnt. Wenn es nach ihr ginge, würde sie hier auf ihrer Lichtung hoch in den Bergen von Zarifa, mit herrlichem Ausblick auf die Wüste, ganz alleine leben.

Doch Rayan hatte hier Männer stationiert. Mit der offiziellen Begründung, dass ein permanenter Aussichtsposten unabdingbar sei. Denn von hier aus konnte man jegliche Annäherung an das Gebirge von Zarifa bereits aus vielen Kilometern Entfernung vorhersehen. Und diese Funktion hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach als nützlich erwiesen. Aber Carina vermutete, dass es nicht der einzige Grund war, sondern er zudem die alte Dame nicht alleine wissen wollte.

Die letzten Tage hier waren schön und entspannt gewesen. Ohne die vielen, sonst üblichen Termine und stundenlangen Gespräche und Diskussionen, die Rayan täglich meistern musste, um die Belange seines Stammes zu ordnen. Nicht zu sprechen von den Arbeiten in seinem Büro, die er für seine Sicherheitsfirma TanSEC in den USA durchführte.

Es war wie ein Kurzurlaub gewesen, und Eleonora hatte sich nur zu gerne mit Sheila beschäftigt. Rayans Bruder Daoud war ebenfalls mit von der Partie, und die beiden hatten darum konkurriert, wer ihr wann das Fläschchen geben durfte. Fast war Carina ab und an ein wenig eifersüchtig, weil jeder ein Stück von ihrer Tochter wollte. Aber sie hielt sich gerne zurück. Es war doch im Grunde ganz wunderbar, dass jeder so um die Kleine bemüht war.

Allerdings, so war sie sich jetzt schon bewusst, würde sie später darauf achten müssen, dass ihre Tochter nicht vollkommen verwöhnt werden würde.

Als sie später in ihrem Bett lag, und Rayan kurze Zeit später zu ihr unter die Decke schlüpfte, flüsterte sie leise: „Danke.“ Der Scheich wusste, was Carina damit ausdrücken wollte. Sie war froh, dass er ihr mittlerweile so sehr vertraute, dass er sie ohne Schwierigkeiten gehen ließ. Und dass er sich bereits für sie Gedanken gemacht hatte.

„Schon gut“, antwortete er. Sie konnte am Tonfall hören, dass er lächelte. Und plötzlich überkam sie eine derart starke Welle der Zuneigung zu diesem wundervollen, starken, aber auch gefährlichen Mann, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Eine besondere Form der Gnade

Jassim ließ sich mittlerweile kaum noch zurückhalten, diese Unverschämtheit des Burschen, ihren Herrn direkt anzusehen, brachte ihn in Rage.

„Ich habe Euren Freunden geholfen! Sie wollen die Hintermänner stellen …“

Irgendwo ganz tief unten begann eine Ahnung in Rayan aufzusteigen und er fragte nun misstrauisch: „Welche Freunde?“, sein Tonfall war kühler geworden.

„Ich kenne ihre Namen nicht, Herr. Aber sie sind nicht von hier. Einer ist Asiat, der Zweite riesig und muskelbepackt …“ Er wollte noch mehr sagen, doch Rayan brachte ihn zum Schweigen: „Schon gut. Ich weiß, wen du meinst. Wie ist dein Name?“

„Ich heiße Adnan und habe als Techniker am Flughafen gearbeitet …“

Rayans Gesicht war starr geworden, und selbst Jassim hatte alle Gedanken an Etikette inzwischen verworfen. Hier gab es wichtigere Entwicklungen! Der Scheich zog sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Bereits nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine fröhliche Stimme auf Englisch: „Hey Guy, what’s up?“ Rayan ging nicht auf den scherzhaften Tonfall seines Freundes Cho ein und antwortete ohne Einleitung: „Ein Junge namens Adnan behauptet, er habe mich und das Flugzeug auf dem Gewissen - stimmt das?“

Auf einmal war es mehrere Sekunden lang völlig still in der Leitung. Dann folgte ein Fluch: „Dieser verdammte Idiot! Ich habe ihm gesagt, er soll sich irgendwo verkriechen und neu anfangen.“

Rayans Blick war eisig geworden. Denn dieser eine Satz war sowohl eine Bestätigung der Absturzursache als auch der Schuld des Flughafentechnikers. Gefährlich leise fragte er: „Und ist es korrekt, dass er euch geholfen hat?“

Cho antwortete nun vorsichtiger, er hatte die Stimmung seines Freundes bemerkt und wusste, dass Gefahr drohte. „Ja, das stimmt. Ohne ihn wären wir echt nicht weiter gekommen.“ Sein Tonfall wurde fast flehentlich, als er fortfuhr: „Hör zu Yasin. Er ist ein dummer Junge, der einen Fehler gemacht hat. Er ist naiv und noch viel zu jung! Bitte …“ Doch in diesem Moment hatte Rayan das Gespräch bereits unterbrochen. Kurz ging es ihm durch den Kopf, dass er Cho nicht einmal gefragt hatte, warum er über diese wichtige Entwicklung nicht informiert worden war, doch das würde er später mit Cho und Hummer klären. Jetzt würde er sich erst einmal um diesen feigen Verräter kümmern.

Seine sonst so strahlend blauen Augen waren dunkel geworden. Jassims kompletter Körper war nun angespannt. Er kannte seinen Herrn und wusste, dass etwas Entscheidendes passieren würde. Es war seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dem Scheich dabei nichts passierte. Und so verfolgte er jede Bewegung seines Anführers nun mit Argusaugen.

„Nun Adnan“, sagte Rayan kalt. „Mein Freund … “, dabei betonte er das zweite Wort so, dass Jassim seinen Ärger auf den japanischen Amerikaner bemerkte, „ … hat deine Geschichte bestätigt. Warum hast du diesen Verrat begangen? Hast du Geld dafür genommen?“

Die Veränderung in der Haltung des Scheichs war auch Adnan nicht entgangen. Einen Moment lang zweifelte er, ob es nicht doch besser gewesen wäre, Alessia hinter sich zu lassen. Vorsichtig antwortet er: „Ja Herr, anfangs schon. Aber als ich erfahren habe, dass es um Euer Flugzeug geht, habe ich mich geweigert und wollte es zurückbezahlen! Ich schwöre!“ Er sprach jetzt hektisch und das Zittern war in seine Stimme zurückgekehrt.

„Und? Warum hast du es dann trotzdem gemacht?“, fragte Rayan mühsam beherrscht. Jassim sah, dass sein Herr kurz davor stand, zu explodieren und trat noch einen Schritt näher heran.

„Sie haben mich bedroht! Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Außerdem haben sie mir gesagt, dass es lediglich um ein Aufzeichnen der Flugdaten geht … Niemand sagte mir, dass ihr an Bord sein würdet …“ Seine Stimme brach ab, als würde er erst jetzt verstehen, wie dumm diese Erklärung klang.

„Ach so, wenn sie über diese Software den genauen Standort von Zarifa und vor allem der Landebahn gefunden hätten, wäre der Verrat weniger groß gewesen. Ist es das, was du mir gerade als Entschuldigung sagen willst?“, entgegnete Rayan. Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.

Noch immer hielt er sich zurück, als er fragte: „Und warum kommst du nun hierher, anstatt dem Rat meines Freundes zu folgen? Was erhoffst du dir von mir?“

Adnans Stimme überschlug sich: „Ich konnte es nicht mehr ertragen! Hinter jedem Baum und jeder Hausecke sah ich Schatten lauern. Seit Wochen kann ich nicht mehr richtig schlafen. Man sagt, dass Ihr gerecht seid, mein Herr. Deshalb erhoffe ich mir Gnade von Euch …“

Rayan, der bis zu diesem Zeitpunkt noch immer auf der Sitzgelegenheit im Pavillon gesessen hatte, war aufgestanden. Das veranlasste Jassim dazu, seinen Männern ein Zeichen zu geben, nun besonders achtsam zu sein. Dieser Adnan hatte schließlich selbst gestanden, ein Verräter zu sein, wer weiß, ob er nicht gekommen war, um seinen Auftrag zu Ende zu führen.

Der Scheich blieb neben dem Jungen stehen.

„So? Gnade?“ Mit diesen Worten riss er Adnan so plötzlich mit der rechten Hand an den Haaren nach oben, dass dieser vor Schmerz laut aufschrie. Seine panisch geweiteten Augen richteten sich auf den Tarmanenführer.

Mit vor Wut zitternder Stimme zischte Rayan: „In diesem Flugzeug, sind drei meiner Männer gestorben. Und dass meine Frau mit meinem ungeborenen Kind überlebt hat, ist wohl kaum DIR zu verdanken - von mir ganz zu schweigen. Ich sollte dich für diesen Verrat so lange auspeitschen lassen, bis deine Haut sich vom Körper löst!“ Er umklammerte mit der Linken nun seinen Hals und ließ stattdessen die Rechte nach unten sinken. Jassim kannte diese Bewegung und wusste, was folgen würde.

Rayan betrachtete Adnan einen Moment lang wie ein Insekt - voller Ekel und Hass - und fuhr dann ätzend fort: „ Du willst Gnade von mir? Die sollst du bekommen: Weil du dich freiwillig bei mir gemeldet hast, werde ich dir statt eines qualvollen, langsamen Todes einen Schnellen verschaffen.“

Bei den letzten Worten brachte er so abrupt seine Hand wieder nach oben, dass der unglückliche Flugtechniker nur noch ein silbernes Blitzen sah, und nicht einmal mehr das Messer erkannte, das ihm den Hals durchbohrte.

Der Scheich hielt den Blickkontakt mit seinem Opfer, bis die Augen des Sterbenden brachen. Dann zog er den Dolch wieder heraus und ließ den Leichnam achtlos zu Boden fallen.

Er wandte sich an Jassim: „Sag Jamal, er soll ihn wegschaffen. Und sorg dafür, dass ich morgen den Mittagflug von München nach Charlotte erreiche!“

Damit drehte er sich um und erstarrte. Wenige Meter vom Pavillon entfernt stand Carina. Ihr geschockter Ausdruck, die Hand vor dem Mund verkrampft beantwortete die Frage, wie viel sie gesehen hatte. Eine Sekunde trafen sich ihre Blicke, doch sie sah ihn an wie einen Fremden. Dann drehte sie sich um und hastete davon.

Rayan fluchte. „Was macht sie hier? Wofür habe ich eigentlich Wachtposten? Damit meine Frau solchen Szenen ungehindert beiwohnen kann? Das hat noch ein Nachspiel!“

Er wollte Carina nacheilen, als Jassims Stimme ihn aufhielt: „Herr! Ihr solltet euch erst reinigen, bevor ihr zu ihr geht …“

Unwirsch sah Rayan an sich herunter und musste Jassim recht geben: das Blut des unglücklichen Flugzeugtechnikers haftete an seinem Gewand und auch seine Hände bedurften einer Reinigung. Kein schöner Anblick. Er fluchte erneut und verschwand wortlos in Richtung seiner Gemächer.

Jassim sah seinem Herrn mit einem Stirnrunzeln nach. Wie dieser da soeben gestanden und ohne jegliche Gewissensbisse ein Leben beendet hatte, das flößte selbst dem hartgesottenen Leibwächter ein wenig Angst ein. Er wollte niemals diesen Mann als Gegner haben! Und die beiden Amerikaner - Cho und Hummer - die beneidete er auch nicht. Auch die würden sich warm anzuziehen haben, wenn der Scheich morgen Nachmittag dort eintraf. Nachdem sie diese Flugverbindung öfter einmal verwendeten, wusste er, dass der Flug selbst zwar etwas mehr als zehn Stunden dauerte, aufgrund der sechs Stunden Zeitverschiebung die Ankunft aber trotzdem noch am gleichen Nachmittag erfolgen würde.

Er machte sich daran, den Learjet auftanken zulassen, damit sie morgen rechtzeitig in München eintreffen konnten, um den Liniendirektflug nach Amerika zu erreichen.

Danach würde er sich mit dem Anführer der Leibgarde treffen, um gemeinsam zu überlegen, wie mit Carinas Hereinplatzen umzugehen war. Ihr Herr machte nie leere Drohungen. Also war die Frage, wen das angekündigte „Nachspiel“ treffen würde und in welcher Form eine Strafe verhängt werden würde. Ende Juni 2015 – Zarifa: Bergwelt – Ein überraschendes Treffen

Aleser sah sich mehrfach um, als er aus der Stadt ritt. Er wollte sicher sein, dass ihm niemand folgte. Seitdem er vor wenigen Wochen aus der Gruppe der Krieger offiziell ausgeschieden war, nutzte er jede freie Minute für diese Art von „Ausflügen“.

Drei Stunden später kam er an seinem üblichen Lagerplatz an. Er baute zunächst sein kleines Zelt auf und bereitete das Feuerholz für den Abend vor. Wenn er sich mit den Vorbereitungen beeilte, würde er vielleicht noch eine halbe Stunde trainieren können, bevor der Abend fiel und es zu dunkel werden würde.

Und tatsächlich, die Arbeiten gingen ihm schnell von der Hand. Mit zitternden Fingern entnahm er anschließend die Waffe aus dem Lederbeutel, in der er sie verborgen hielt. Liebevoll streichelte er über das gut gepflegte Holz und das fleckenlos polierte Metall. Ihm war klar, dass er gewaltigen Ärger bekommen würde, wenn er mit der Armbrust erwischt werden würde. Er war freiwillig ausgeschieden, also war ihm das Tragen einer Waffe nun verboten. Aber dieses Risiko war er bereit einzugehen. Er brauchte dieses Training wie die Luft zum Atmen.

Er spannte die Pfeile ein, visierte und schoss sie auf den mit Stroh gefüllten Sack, den er sich als Ziel aufgehängt hatte. Alle drei fanden mühelos ihr Ziel. Aber nicht genau in der Mitte, so wie der Junge es sich erhofft hatte. Es ärgerte den 18-Jährigen, dass er für sein Alter recht klein war, umso mehr war es ihm wichtig gewesen, zu beweisen, dass er es verstand mit der Armbrust umzugehen. Bereits nach kurzem Training hatte er alle anderen in seiner Gruppe überflügelt. Umso schwerer war ihm der Abschied gefallen.

„Nicht schlecht, aber deine Füße sind dir im Weg, du stehst falsch“, vernahm er plötzlich eine leise Stimme so nahe hinter sich, dass sein Herz vor Schreck einen Moment lang aussetzte. Erstarrt blieb er stehen und überlegte, was er nun tun sollte. Wer trieb sich in diesem einsamen Teil des Gebirges herum? Oder war ihm jemand gefolgt? Nein, ausgeschlossen, das hätte er bemerkt. Er kam zu dem Schluss, dass der Mann hinter ihm sehr wahrscheinlich genauso viel zu verbergen hatte, wie er. Konnte es sein, dass sich hier in den Bergen Halunken versteckten? Alle Pfeile aus seiner Armbrust waren verschossen, der Gauner hatte lange genug gewartet, bis er quasi unbewaffnet war. Alles, was er tun konnte, wäre die Armbrust als Schlaginstrument zu verwenden. „Was für ein Unsinn!“, schalt er sich selbst. Er wäre viel zu langsam. Ihm fiel das Messer an seinem Gürtel ein. Konnte er es erreichen?

„Mach keinen Blödsinn, Junge. Ich könnte dich töten, bevor du deine Hand auch nur am Griff des Messers hättest. Keine Sorge! Ich bin nicht hier, um zu kämpfen. Lass uns ins Lager gehen, es ist schon spät und die Dunkelheit bricht nun schnell herein. Wir wollen uns schließlich nicht die Füße brechen.“

Aleser nahm all seinen Mut zusammen: „Ich gehe mit dir nirgendwo hin, Halunke. Wer hier so einsam in der Gegend herumschleicht, der kann nichts Gutes im Schilde führen. Aber ich muss dich enttäuschen, auch in meinem Lager habe ich nichts von Wert. Ich bin ein einfacher Bäcker, ich backe Brot. Davon wird man nicht reich.“

Der Mann hinter ihm lachte leise. „Wie ich gehört habe, ist dein Brot nicht einmal schlecht, Aleser.“

„Du kennst mich?“ Aleser drehte sich ruckartig um. Doch es war bereits zu dunkel, als dass er das Gesicht des Mannes hätte erkennen können. Vor allem, weil dieser das Tuch seines Turbans, das bei Wüstenritten vor dem Sand schützen sollte, vor das Gesicht gezogen hatte. Auch dessen Robe verriet ihm nichts, denn er hatte einen dunkelgrauen Umhang übergezogen. Vermutlich um in den Felsen weniger erkennbar zu sein. Der Junge grinste kurz, hatte er doch gleich gewusst, dass dieser Mann auch etwas zu verbergen hatte.

Aber er sah ein, dass sie tatsächlich gehen mussten. Das Lager war nur zwei Minuten entfernt, aber der Weg dorthin war steinig. Es war zu gefährlich bei Dunkelheit, wollte man nicht riskieren, sich die Beine zu verstauchen oder gar das Genick zu brechen.

Wortlos drehte er sich um, holte seine Pfeile aus dem Strohsack und ging voran ins Lager.

Dort angekommen staunte er nicht schlecht: Der Fremde hatte sein Pferd neben dem seinen angebunden und ebenfalls ein kleines Zelt für sich aufgebaut.

„Was fällt dir ein?“, begann er entrüstet, doch der Unbekannte ließ sich nicht beirren. „Los, mach das Feuer an“, befahl er ungerührt. Etwas in seiner Stimme hielt Aleser von weiteren Protesten ab. Er musste ohnehin nur noch die Flamme entzünden. Es war ein warmer Tag gewesen, das Holz war trocken, und so dauerte es nur zwei Minuten, bis das Feuer heimelig brannte.

„Und was machen wir nun?“, fragte er den Fremden mit genervtem Unterton. „Essen?“, kam prompt die Antwort. „Ich nehme an, du hast etwas von deinem selbst gebackenen Brot mitgebracht. Das würde ich gerne probieren.“ „Ja klar, sonst noch Wünsche Eure Hoheit?“, fragte Aleser ätzend. Seine Stimme triefte vor Ironie: „Kann ich Euch sonst noch mit etwas behilflich sein?“ Sein Gegenüber lachte leise. „Nein, für den Moment wäre das alles. Na los, jetzt setzt dich schon zu mir.“

Wütend holte Aleser den Leinensack mit Brot, den er natürlich für seine eigene Verpflegung mitgebracht hatte aus seinem Zelt. Als er zum Feuer zurückkehrte, überlegte er eine Sekunde lang, ob er sich nun auf den Fremden stürzen sollte. Er hatte noch immer sein Messer am Gürtel … Doch eine innere Stimme warnte ihn. Er ahnte, dass er einen erfahrenen Krieger vor sich hatte, der ihn, wenn er es gewollte hätte, schon lange erledigt hätte. Aber was wollte er dann? Aleser wurde neugierig. Er sah, dass der Mann es sich auf einem flachen Stein am Feuer bequem gemacht hatte. Die Nacht war warm und das Feuer strahlte zusätzliche Hitze ab. Daher legte der andere gerade seinen grauen Umhang ab, als Aleser sich näherte. Er nahm sich vor, die Gelegenheit zu nutzen, wenn er ihm das Brot reichte, sein Gegenüber genau zu mustern. Vielleicht kannte er ihn ja? Nachdem er Tarmanisch sprach, musste es einer der Krieger ihres Stammes sein. Soviel war ihm inzwischen klar geworden. Er wollte ihn gerade darauf ansprechen, als ihm das Wort im Hals stecken blieb. Natürlich kannte er den Mann, der da im Flammenschein an seinem Feuer saß. Und wie er ihn kannte! Wer nicht?

„Ihr, Herr?!“, stammelte er entsetzt, denn vor ihm saß der Scheich höchstpersönlich. „Verzeiht mir Herr, ich habe Euch nicht erkannt …“, seine Stimme versagte dem Jungen. Er fiel vor seinem Herrn auf die Knie. Nur zu deutlich wurde ihm bewusst, wie unverschämt er vorhin mit ihm gesprochen hatte. Was sollte er nun tun?

Doch Rayan lachte wieder leise. „Das habe ich gemerkt. Na komm schon, jetzt setzt dich endlich hin, lass uns essen. Noch einmal möchte ich mich nicht wiederholen.“

Der junge Tarmane erhob sich. Bevor Aleser jedoch der Aufforderung sich hinzusetzen, nachkam, verneigte er sich abermals tief vor seinem Scheich. Dann setzte er sich völlig angespannt auf den Platz neben seinem Herrn, den dieser ihm vorhin zugewiesen hatte.

Seine Gedanken überschlugen sich. Sollte er etwas sagen? Sich nochmals entschuldigen? Aber dann beschloss er, einfach weiter zu schweigen. Er war zu dem Schluss gekommen, dass er ohnehin nichts mehr an den Worten ändern konnte, die er vorher gesagt hatte. Wenn sein Herr es ihm verübelte und dafür bestrafen wollte, würde er es früh genug erfahren.

Aber andererseits schien dieser Humor zu haben, denn das Lachen hatte ehrlich amüsiert geklungen. Nun war ihm auch klar, warum. Aleser konnte nicht umhin zu vermuten, dass Rayan die Situation vorhin genossen hatte. Zumindest hoffte der Junge dies. Eine Weile aßen beide schweigend. Mit Bedauern wurde Aleser bewusst, dass er morgen bereits würde zurückreiten müssen, wenn er abends nicht hungern wollte, denn seine Vorräte waren für eine Person gedacht gewesen. Eigentlich hatte er den morgigen Tag mit dem Training verbringen und erst am Morgen danach zurückreiten wollen. Dann fiel ihm siedend heiß ein, dass der Scheich ihn dabei gesehen hatte: wie er mit seiner Armbrust trainierte! Sein Herzschlag beschleunigte sich erneut – er war erledigt! Aber wieso sollte sich ihr oberster Anführer um einen einzelnen Bäckerjungen kümmern? War es Zufall, dass er ihn überrascht hatte? Vielleicht führte ihn ein ganz anderer Grund in diese Gegend? Zufall oder Schicksal? Wäre möglich, dass alles nur eine unglückliche Fügung war?

Aleser nahm all seinen Mut zusammen und brach das Schweigen: „Ihr habt gesehen, Herr, was mich hierher in diese Einöde führt – darf ich Euch fragen, was Ihr hier zu finden hofft?“

Rayan ließ sich Zeit mit der Antwort, und der Junge dachte schon, er habe seine Frage nicht gehört oder sich entschlossen, sie zu ignorieren. „Du bist mutig mein Junge. Nicht viele würden sich trauen, mich nach meinen Beweggründen zu fragen. Ich muss dich enttäuschen. Ich habe nicht vor, dir den Grund meines Hierseins mitzuteilen.“ Als er merkte, dass Aleser bei dieser Abfuhr die Schamesröte ins Gesicht fuhr, lächelte er sanft und fügte etwas versöhnlicher hinzu: „Jetzt jedenfalls noch nicht. Später vielleicht.“

Unvermittelt wechselte er das Thema: „Dein Brot ist gut. Aber ehrlich gesagt habe ich schon Besseres gegessen.“ Wieder bekam Aleser vor Scham rote Ohren, aber ein wenig ärgerte ihn die Aussage auch. Er überlegte, ob er etwas entgegnen sollte, als der Scheich von sich aus fortfuhr: „Warum willst du Bäcker werden?“ Erstaunt über die Frage, überlegte der Junge einen Moment, bevor er antwortete: „Weil mein Vater Bäcker ist?“, doch es klang mehr wie eine Frage, als eine Antwort. „Es war also dein Wunsch in die Fußstapfen deines Vaters zu treten?“ Es war eine rhetorische Frage, denn ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr Rayan fort: „Eine schöne Sache. Bäcker ist ein ehrbarer Beruf. Die Krieger müssen schließlich auch essen, und wie sollten sie stark für den Kampf bleiben, wenn nicht für ihr leibliches Wohl gesorgt ist …“

Aleser wusste nicht, wie er reagieren sollte. Langsam wurde ihm die Geschichte unheimlich. Machte sich ihr Scheich über ihn lustig? Hatte er eine seltsame Art von Humor, mit dem er ihn quälte? Oder wusste er wirklich nichts von Alesers Vergangenheit? Einige Minuten lang kreisten seine Gedanken um die Worte seines Herrn, dann wurde ihm klar, dass es nur Absicht gewesen sein konnte, dass der Scheich die Krieger erwähnt hatte. Überhaupt fragte er sich langsam, ob das ganze Treffen wirklich zufällig erfolgt war? Er entschloss sich, den Stier bei den Hörnern zu packen und seine Geschichte von sich aus anzusprechen: „Ich hatte eine Wahl, und ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Jetzt muss ich damit leben.“

„Indem du jede freie Minute in die Wildnis schleichst, um zu trainieren?“, fragte Rayan ernst und fuhr fort: „Dir ist bekannt, welche Strafe darauf steht, wenn dich jemand dabei erwischt?“ „Ja“, antwortete der Junge trotzig. Er überlegte gerade, ob die Art, wie der Scheich den Satz formuliert hatte, bedeutete, dass er ihn nicht verraten würde?, als dieser fortfuhr: „Stimmt es eigentlich, dass du deshalb ausgeschieden bist, weil du zu feige warst, die dir auferlegte Strafe anzunehmen?“ Er hatte die Frage bewusst herausfordernd gestellt.

Wütend sprang Aleser auf: „Was? Wer sagt das?“, verlangte er zu wissen.

„Ruhig mein Junge! Vergiss nicht, mit wem du sprichst!“ Rayans Stimme war scharf geworden.

Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Balance auf dem Drahtseil

Carina stand am Fenster ihres Zimmers und starrte hinaus. Trotz der Wärme fröstelte sie und der Blick hinunter in den liebevoll angelegten Garten war auch kein Trost für sie.

Mehrfach hatte sie sich in der Vergangenheit vor Augen geführt, dass sie sich auf einen Drahtseilakt eingelassen hatte. Irgendwie musste sie stets aufs Neue die Balance finden: zwischen dem Mann, den sie liebte und der sie zärtlich sowohl sexuell als auch emotional ins höchste Glück führte und dem eiskalten Despoten, dessen Taten sie schockierten.

Sie würde wohl nie nachvollziehen können, wie jemand mit einer derartigen Selbstverständlichkeit über Leben und Tod anderer entschied.

Die letzten Wochen seit Rayans Rückkehr waren für Carina der Siebte Himmel gewesen. Voller prickelnder Erotik, nächtlicher Zärtlichkeiten und schönen gemeinsamen Erlebnissen auch während des Tages. Ausflüge in die Bergwelt von Zarifa, Ritte in die Wüste und dann die Reise hierher nach Alessia, wo sie heute Nachmittag den Basar hatten besuchen wollen.

„Ich hätte wissen müssen, dass die letzten Wochen viel zu harmlos waren. Irgendwann musste der Wandel kommen!“, schalt sie sich selbst.

Die Szene, deren Zeugin sie gerade geworden war, hatte sich tief in ihr Gedächtnis gebrannt. Dieser arme Junge - und erst der panische Ausdruck auf seinem Gesicht, diese Gewissheit, nun sterben zu müssen! Noch mehr aber beschäftigte sie Rayans Miene: Wie konnte er im einen Moment so zärtlich und kurz darauf wiederum so gnadenlos sein? Sie kannte ihn als einen Mann, der durchaus Humor hatte und gerne lachte - wie konnten dann seine Augen so eiskalt blicken?

Erneut schauerte sie trotz der Wärme, die in ihrem Zimmer herrschte.

Es klopfte leise an ihrer Tür, aber sie machte sich nicht die Mühe darauf zu reagieren. Sie wusste, dass ER es war und dass er auch ohne ihre Antwort eintreten würde. Stattdessen schaute sie weiterhin aus dem Fenster.

Wenige Sekunden später bereits trat er dicht hinter sie. Ohne etwas zu sagen, legte er seine Arme um ihre Schultern und zog sie an seine muskulöse Brust. Ein wenig gegen ihren Willen ließ Carina es zu.

Sie hatte sich längst entschieden und war nun dankbar, dass er zu ihr gekommen war. Auch ohne Worte zeigte es ihr, dass er verstand, welche Gefühle sie durchfluteten. Und auch wenn es weder ihn noch seine zukünftigen Handlungen beeinflussen würde, war Carina froh um das Verständnis, welches er ihr entgegenbrachte.

Sie kuschelte sich tiefer in seinen Arm hinein und sog den Duft seines Körpers in sich ein. Eine leise Stimme ganz hinten in ihrem Gehirn wies darauf hin, dass es nicht korrekt von ihr war, sich nun derart geborgen zu fühlen, doch sie unterdrückte diesen Gedanken vehement.

Eine kleine Ewigkeit später erst sprach Rayan zum ersten Mal, seit er in das Zimmer gekommen war: „Komm. Lass uns hinuntergehen in die Sonne. Dort erkläre ich dir, was gerade passiert ist.“

Und nachdem sie gehört hatte, dass dieser Mann für das Unglück verantwortlich war, das ihnen so viel Leid vor einigen Wochen gebracht hatte, spürte sie – vor allem im Hinblick auf ihre Tochter Sheila, die im Falle ihres Todes ebenfalls niemals geboren worden wäre - eine ihr unbekannte Form der Genugtuung.

Anfang August 2015 - USA: Flughafen Charlotte – Überraschendes Wiedersehen

Als Rayan das Flugzeug verließ, atmete er auf. Er hasste Linienflüge! Da halfen auch die Annehmlichkeiten der ersten Klasse nicht viel.

Derart viele Menschen auf einem so engen Raum, waren für jemanden, der oft viele Tage unter freiem Himmel verbrachte, ein Gräuel.

Aber sein Learjet war nun einmal nicht dazu gedacht, über den Atlantik zu fliegen. Und ein Kostenvergleich hatte ihm nur allzu deutlich vor Augen geführt, dass es in keinem Verhältnis stand, sich ein größeres Flugzeug, wie zum Beispiel eine Global XRS anzuschaffen. Natürlich hätte er sich dies leisten können, aber es war gegen seine Natur, so viel Geld "zum Fenster hinaus" zu werfen.

Also biss er jedes Mal, wenn er nach Amerika reiste, die Zähne zusammen.

Diese Tatsache trug allerdings nicht dazu bei, seine Laune zu verbessern. Die war seit den Ereignissen in Alessia auf dem Tiefpunkt. Wie hatten Cho und Hummer ihm eine derart wichtige Information verheimlichen können? Er konnte es einfach nicht fassen!

Da der Scheich wie immer auf diesen Reisen in seine zweite Heimat mit sehr leichtem Gepäck reiste - schließlich hatte er in seinem Apartment vor Ort alles, was er für das Leben hier benötigte - hatte er lediglich einen kleinen Trolli mit an Bord genommen. Diesen zog er nun bis zur „Customs Border Control“ - der Grenzkontrolle zur Einreise in die USA - hinter sich her.

Als er die lange Schlange der Nicht-US-Bürger sah, war er wieder einmal erleichtert, seinen amerikanischen Pass vorweisen zu können. Dank seiner Adoption durch Julie und Jack Tanner war er unter dem Namen Yasin Tanner ganz offiziell amerikanischer Staatsbürger. Natürlich ahnte man hier nichts von Rayan, dem Scheich. Das hatte er bisher zu verhindern gewusst und er würde auch weiterhin alles daran setzen, dies zu tun.

Bei den US-Amerikanern ging die Abfertigung flott voran. Die Beamten an diesen Schaltern blickten auch nicht ganz so streng drein. Schließlich handelte es sich hier um Rückkehrer in die Heimat. Als Rayan an der Reihe war, begnügte sich der Uniformierte mit wenigen Fragen und schon zückte er einen Stempel, um das Formular des Scheichs abzustempeln.

Auf einmal hörte er eine Stimme aus wenigen Metern Entfernung sagen: „Stopp! Diesen Herren müssen wir genauer untersuchen.“ Es war sicher ein interessanter Anblick, als sowohl Rayan als auch der Officer fast gleichzeitig mit offenem Mund zur Quelle dieser Aussage blickten. Einem Uniformierten, dessen Schulterklappen ihn als Angestellten der TSA, der Transport Security Administration, auswiesen. Und dessen Funktion der Scheich nicht sofort abschätzen konnte. „Das darf doch wohl nicht wahr sein?“, schoss es ihm durch den Kopf. Er hatte wirklich Besseres zu tun, als aufgrund von irgendwelchen Wichtigtuern noch mehr Zeit zu verlieren als notwendig. Ausgerechnet jetzt, wo er es eilig hatte! So etwas war ihm noch nie passiert. Und dann erkannte er plötzlich den Mann in Uniform! Es musste etwa zwei Jahre her sein, als sie sich unter erheblich anderen Umständen getroffen hatten …

Kurz verengten sich Rayans Augen, doch in Sekundenbruchteilen hatte er sich wieder im Griff. Rasend schnell wog er seine Möglichkeiten ab. Es half nichts: Wenn er hier kein Aufsehen erregen wollte, musste er zunächst tun, wie ihm angewiesen wurde und mit seinem „alten Bekannten“ mitgehen. Ihm war es ein Rätsel, dass der ihn nach so langer Zeit wiedererkannte, wo sie sich damals nur wenige Tage und mitten in der arabischen Wüste getroffen hatten. „Na das dürfte ja spannend werden“, sagte er sich selbst ironisch, während er dem Mann folgte. Der Beamte, der seinen Pass kontrolliert hatte, verblieb an seinem Posten und wandte sich kopfschüttelnd dem nächsten Einreisenden zu.

Anfang September 2015 – München – Heimweh nach Zarifa

Carina reckte ihr Gesicht in die warme Septembersonne. Sie genoss es, nach so vielen Monaten in Zarifa einmal wieder in München zu sein. Die vergangenen fünf Tage hatte sie mit Freundinnen, Bekannten, vor allem aber mit ihrer Familie verbracht. Sie war einkaufen gewesen, bei ihrem Chef in der Redaktion, hatte beim Kaffee über alte Zeiten getratscht oder sonstige Erledigungen durchgeführt. Ihre Mutter Eva-Maria und ihr Bruder Alex waren genauso wie ihre Tante Martha froh gewesen, sie endlich einmal wieder persönlich zu sehen, auch wenn sie regelmäßig über Skype in Kontakt standen.

Vor allem für ihre Mutter war es allerdings eine herbe Enttäuschung gewesen, dass Carina alleine gekommen war. Es hatte sich bisher weder eine Gelegenheit ergeben, Rayan kennenzulernen, den sie alle nur „Carinas geheimnisvollen Freund“ nannten, noch hatten sie ihre Enkeltochter persönlich getroffen. Es war Alex gewesen, der Eva-Maria und Martha davon überzeugt hatte, dass die moderne Technik die einzige Lösung wäre, ihre Tochter zumindest ab und an zu Gesicht zu bekommen. Genauso wie Sheila.

Die Münchnerin war froh, dass der Scheich seinen Jet, nach seiner überstürzten Abreise zurückgesandt hatte, weil sich sein Aufenthalt in die Länge ziehen würde. So hatte Carina diesen einige Tage später nutzen können und musste nicht den Umweg von Alessia über Dubai im Linienflieger nehmen. Das erschien ihr so mühsam im Vergleich zu der angenehmen und vor allem viel kürzeren Direktstrecke an Bord von Rayans Privatflugzeug.

„Jetzt bin ich auch schon völlig verwöhnt“, lächelte sie über sich selbst. Sie hatte es geschickt verstanden, Tante Martha, die sie am Flughafen München abgeholt hatte, nicht wissen zu lassen, dass sie auf diese elegante Art und Weise eingeflogen worden war.

Spätestens, wenn sie doch irgendwann einmal den Freund ihrer Tochter in natura kennenlernen würden, würde Carina ohnehin einige Erklärungen abgeben müssen. Aktuell dachten sie, die Münchnerin würde in Dubai arbeiten. So war es einfacher, fand sie, obwohl sie die Lüge zunehmend mehr bedauerte. Andererseits: Wie sollte sie sich ein Treffen zwischen dem Scheich der Tarmanen und ihrer Familie, die auf einem Bauernhof außerhalb von München lebten, vorstellen? Die Hartmanns würden mit Sicherheit in kein Flugzeug steigen. Und Rayan? Würde er sie irgendwann einmal in ihr Elternhaus begleiten? Irgendwie erschien ihr die Vorstellung völlig absurd. Sie liebte jeden Quadratmeter an dem alten Gutshaus und sie konnte sich keinen anderen Ort vorstellen, an dem sie lieber aufgewachsen wäre. Aber sie waren einfache Leute, die ihr Leben lang hart für den Erhalt des Hofes gearbeitet hatten. Von daher konnte sie sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es wäre, wenn diese beiden Welten aufeinanderstießen.

Sie stellte ein wenig bedauernd fest, dass ihr eigenartigerweise mittlerweile vieles aus ihrem alten Leben sehr fremd vorkam.

Zum Beispiel war es ihr früher nie als etwas Besonderes erschienen, einfach nur durch die Fußgängerzone von München zu schlendern. Doch irgendwie hatte sich ihr Fokus komplett verändert. Erstaunt stellte sie fest, dass sie nun Zarifa als ihr Zuhause betrachtete, denn obwohl sie die Abwechslung genoss, sehnte sie sich bereits nach diesen wenigen Tagen dorthin zurück.

Zum einen war es das friedvolle Leben, das sie sich dort inzwischen aufgebaut hatte. Die Gespräche mit Julie und Tahsin, die Treffen mit den anderen Frauen der Tarmanen.

Aber vor allem gab es auch noch einen anderen Punkt: Wenn sie es noch so sehr leugnen wollte, der Hauptgrund, dass sie sich unruhig fühlte, war, dass sie Rayan vermisste. Sie hatte ihn nun seit seiner eiligen Abreise Anfang August nach dem Geständnis dieses Jungen namens Adnan nicht mehr gesehen. Und obwohl sie mehrmals telefoniert hatten, fehlte er ihr. Bei allem, was sie in den vergangenen Tagen gemacht hatte, hatte sie sich gefragt, wie es wohl wäre, dieses Erlebnis gerade mit ihm zusammen zu haben.