Ren Dhark – Weg ins Weltall 95: Rexos verborgenes Talent - Hendrik M. Bekker - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 95: Rexos verborgenes Talent E-Book

Hendrik M. Bekker

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Beschreibung

Während auf der Erde digitale Doppelgänger prominenter Persönlichkeiten die Politik aufmischen, bereitet die Mannschaft der POINT OF ihre Reise ins blassblaue Universum vor. Immer mehr Menschen und Angehörige anderer Sternenvölker wollen sich der Expedition anschließen. Bevor Ren Dhark und seine Gefährten endgültig nach ERRON-3 aufbrechen, holen sie jedoch zuerst Artus von Babylon ab. Dabei entdecken sie Rexos verborgenes Talent… Hendrik M. Bekker, Jan Gardemann und Nina Morawietz verfassten diesen spannenden SF-Roman nach dem Exposé von Anton Wollnik.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 95

Rexos verborgenes Talent

 

von

 

Jan Gardemann

(Kapitel 1 bis 3, 7, 10 sowie 21 bis 23)

 

Nina Morawietz

(Kapitel 4 bis 6, 8 und 9 sowie 11 bis 13)

 

Hendrik M. Bekker

(Kapitel 14 bis 20)

 

und

 

Anton Wollnik

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

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Impressum

Vorwort

Erinnern Sie sich noch an »Toy Story«, den ersten abendfüllenden Animationsfilm, der komplett am Computer entstanden und 1995 in die Kinos gekommen ist? Laut Wikipedia hat es etwa 800.000 Maschinenstunden gedauert, um alle 114.240 Einzelbilder zu generieren. Würden wir diesen Film heute mit unseren heutigen Rechnern neu rendern, also aus dem Datenmaterial die Einzelbilder neu berechnen lassen, würden wir nur einen Bruchteil der damaligen Zeit benötigen.

Im Vorwort von Weg ins Weltall Band 93 habe ich ein bisschen über selbstlernende Algorithmen geschrieben, mit denen sich bereits heute Bilder mit teilweise täuschend echt wirkenden menschlichen Gesichtern generieren lassen. Selbst Videos gibt es schon, die mithilfe dieser Technologie erstellt worden sind, doch die Produktion von ein paar Minuten Bildmaterial, in dem sich ein generiertes Gesicht bewegt, dauert mit unseren heutigen Mitteln viele, viele Stunden.

In ein paar Jahrzehnten werden wir womöglich in der Lage sein, komplexe, authentisch wirkende menschliche Mimik in Echtzeit zu generieren. Dafür ist jedoch eine Menge Rechenkapazität nötig – etwa vom Kaliber eines Quantencomputers oder Hyperkalkulators. Davon können wir zurzeit nur träumen, aber vielleicht ist das auch besser so. Hätten wir Zugang zu solchen Technologien, würden sie mit Sicherheit nicht immer zum Wohle der Menschheit eingesetzt werden. Im Gegenteil würde es wahrscheinlich noch schwieriger werden, Betrügereien zu identifizieren. Wenn beispielsweise ein Politiker im Fernsehen eine Rede hält, vertrauen wir darauf, dass wir tatsächlich die Person sehen und hören, für die wir sie halten, und nicht etwa nur einen fremdgesteuerten, digitalen Klon.

Im Sommer 2074 wird unter anderem Bruder Lambert Opfer einer solchen Betrügerei. Sein digitaler Doppelgänger kündigt im Holofernsehen live seinen Rücktritt an, und Ren Dhark übernimmt angeblich wieder den Posten des Commanders der Planeten. Diese »Nachrichten« dürften bei vielen Erdenbewohnern Begeisterung ausgelöst haben, denn der weißblonde Raumfahrer ist nicht nur äußerst beliebt, sondern auch als hilfsbereiter, empathischer Problemlöser bekannt. Folglich zweifelt fast niemand an der Echtheit der Interviews.

Wenn Sie, liebe Leser, nicht wüssten, dass Ren Dhark den Planeten mit der POINT OF verlassen hat, würden Sie glauben, dass er wieder Commander der Planeten werden und die Raumfahrerei an den Nagel hängen will? Falls Sie es nicht tun und wären Sie ein Erdenbürger, der im Jahr 2074 auf Terra lebt und unter dem globalen Schutzschirm eingesperrt ist, wie würden Sie vorgehen, um den Betrug aufzudecken?

 

Düsseldorf, im November 2020

Anton Wollnik

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden. Das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen.

Anfang 2074 bittet Marschall Bulton den Commander um Hilfe bei der Suche nach Dan Riker und dessen Verband. Dabei machen Ren Dhark und seine Gefährten eine erschütternde Entdeckung: der Krayn Kharamak, ein totgeglaubter Feind, hat von dem Konteradmiral Besitz ergriffen und versucht mithilfe von Rikers Verband, sich aller Unsterblichen zu bemächtigen. Sie machen dem Krayn einen Strich durch die Rechnung und verbannen sein Bewusstsein in einen Hyperkalkulator, der sich nun im Keller der Point-of-Stiftung befindet.

Kurze Zeit scheint mit einem Mal überall in der in der Milchstraße verbliebenen Worgun-Technologie der Wurm zu stecken. Sie fliegen nach Hope, doch die Experten im Industriedom haben die Ursache für die harmlosen Störungen noch nicht gefunden.

Zur selben Zeit ereignet sich im Randbereich der Milchstraße, etwa 1.000 Lichtjahre vom Corr-System entfernt, eine gewaltige Gefügeerschütterung. Der Forschungsraumer CHARR fliegt hin, um sie zu untersuchen. Dabei stößt die Mannschaft auf eine transitierende Sonne, die die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen scheint. Das Volk der Oumpf wird ausgelöscht. Die POINT OF und die TALKARN, das Flaggschiff der Nogk, versuchen gemeinsam, die Sonne von einer weiteren Transition abzuhalten, doch diese rührt sich nicht mehr. Die Phänomene breiten sich allerdings langsam weiter aus.

Währenddessen errichten die Meeg im Auftrag Bruder Lamberts einen neuen globalen Schutzschirm um die Erde. Kaum sind sie abgereist, aktiviert sich dieser plötzlich von selbst und lässt sich nicht mehr abschalten. Bei der Suche nach einer Lösung stößt die POINT OF bei der Verfolgung eines verdächtigen Pyramidenraumers auf eine unterirdische Asteroidenstation, in der Artus spurlos verschwindet. Nachdem diese explodiert ist, kehrt Ren Dhark vorerst ins Sol-System zurück, wo er unter Aufsicht der Meeg den Schutzschirm beschießen lässt, der mit einem Mal aufreißt. Die Nadelstrahlen rasen auf New York zu und zerstören Manhattan – zumindest scheint es so. Die Menschen und die Nogk im Orbit sind entsetzt, doch sie können nichts tun, denn das Loch im dunklen Schutzschirm hat sich längst wieder geschlossen.

Bevor Ren Dhark den neuerlichen Schock richtig verarbeiten kann, erreicht ihn eine Nachricht von Babylon: Dort sei eine Delegation der Thanagog, anscheinend Freunde der Worgun, gelandet. In der Hoffnung, Hilfe von den Gästen aus Orn zu erhalten, fliegt der Commander hin. Tatsächlich scheint sich kurz darauf alles zum Guten zu wenden: Artus meldet sich plötzlich. Er lebt und ist wohlauf. Und die Thanagog kennen eine Lösung für das Problem mit dem globalen Schutzschirm. Diese befinde sich jedoch in ERRON-3, dem zentralen Wissensarchiv der Worgun …

1.

»Ich wiederhole es nur noch einmal!«, schallte die Stimme von Oberst Lesch aus den Schallfeldern in der Zentrale der POINT OF. »Verlassen Sie sofort das Ludwig-System! Unbefugte werden hier nicht geduldet!«

Ren Dhark zog die Augenbrauen zusammen. Dass die beiden Ringraumer der Thomas-Klasse, die sich ihnen während des Anflugs ins System mit der roten Riesensonne in den Weg gestellt hatten, der Edenflotte angehörten, überraschte ihn nicht wirklich. Dass deren Befehlshaber die Waffensysteme der Schiffe aktiv geschaltet hatte, konnte er ebenfalls halbwegs nachvollziehen. Er war überzeugt, dass Leschs Reaktion nicht ganz so heftig ausgefallen wäre, wenn der Oberst es nur mit der POINT OF allein zu tun gehabt hätte. Der Anblick der fünf etwa einhundert Meter durchmessenden Raumschiffe, die die POINT OF begleiteten, hatte den Oberst aber offenbar nervös gemacht.

Auch dies wunderte den Commander nicht, denn die Raumer der Thanagog waren von einer hellen Lichtaura umgeben, die die Schiffe seltsam unscharf erscheinen ließ und es unmöglich machte, Details genau zu bestimmen. Kein Spürer und auch kein optisches Optimierungsgerät vermochte dieses rätselhafte Feld zu durchdringen. Dies musste auf Lesch unweigerlich einen bedrohlichen Eindruck gemacht haben.

Ob es der Oberst tatsächlich auf einen Kampf ankommen lassen würde, wollte Dhark lieber nicht herausfinden. Eine kriegerische Auseinandersetzung mit der Edenflotte zu provozieren, kam für ihn nicht infrage.

»In Ordnung, wir ziehen uns zurück!« Mit einer Handbewegung bedeutete Dhark seinem Ersten Funker, die Verbindung zu Oberst Lesch zu kappen.

Leon Bebir, der im Pilotensessel saß und den Ringraumer mit seinen Gedanken steuerte, ließ die POINT OF herumschwenken und Fahrt aufnehmen, weg von dem hiesigen Sonnensystem.

Dhark wandte sich wieder der Bildkugel zu. Die unscharfe Silhouette eines Wesens mit zwei Armen und zwei Beinen war darin zu sehen. Es handelte sich um Shamol, den Herrscher der Thanagog, der in natura etwa zwei Meter groß war. Das silbrig schimmernde Feld, das dessen Gestalt umgab, verlieh ihm ein gespenstisches Aussehen und ließ sich mit technischen Hilfsmitteln ebenfalls nicht durchleuchten.

»Du willst wirklich klein beigeben?«, fragte Shamol verwundert.

Dhark nickte entschlossen. »Das ist momentan das Vernünftigste. Ich erwarte, dass du es mir gleichtust und der POINT OF mit deinen Schiffen folgst.«

»Ich verstehe dein Handeln nicht«, erwiderte Shamol mit leichtem Befremden in der Stimme. »Wir haben so viel über deinen mächtigen Ringraumer gelesen. Warum spielst du deine Stärke nicht aus und zeigst diesem aufgeblasenen Oberst, wozu die POINT OF fähig ist? Mit den beiden Ringraumern, die sich uns da in den Weg gestellt haben, müsste dein Schiff doch locker fertig werden.«

»Erstens handelt es sich bei diesen Ovoid-Ringraumern um erweiterte Modelle mit neu entwickelten Bordsystemen und einer Hülle aus Carborit statt Unitall; sie sind weitaus widerstandsfähiger und besser ausgerüstet, als du vielleicht denkst. Zweitens liegen wir mit der Edenflotte, welcher diese Schiffe angehören, nicht im Clinch. Ich habe nicht vor, daran etwas zu ändern.«

»Aber dieses Sonnensystem gehört niemandem, hast du mir erzählt.«

Der Commander wiegte den Kopf hin und her. »Die Situation ist offenbar inzwischen komplizierter geworden. Das System hat mittlerweile sogar einen Namen erhalten.«

»Erhebt die Edenflotte etwa auch Anspruch auf die Werftanlage in diesem System?«, erkundigte sich Shamol.

»Das steht zu befürchten«, erwiderte der weißblonde Raumfahrer. Er warf Tino Grappa einen fragenden Blick zu.

Der Chef der Ortungsabteilung verstand sofort, was sein Kommandant von ihm wollte, schüttelte allerdings bedauernd den Kopf. Damit bedeutete er Dhark, dass sich die Schiffe der Thanagog noch nicht vom Fleck bewegt hatten.

Shamol wurde unruhig. »Was soll denn nun aus unserem Vorhaben werden, dieses Experimentalraumschiff zu bauen?«, fragte er aufgebracht. »Ohne einen Raumer, dessen Antriebsaggregate eine Brennkugel zu generieren vermögen, werden wir nicht ins blassblaue Universum und nach ERRON-3 vorstoßen können. Das willst du aber doch unbedingt. Das Archiv der Worgun hält die Antwort bereit, wie der entartete Schutzschirm, der die Erde gefangen hält, abgeschaltet werden kann. Wir brauchen diese Werft also unbedingt!«

Dhark hob begütigend die Hände. »Keine Sorge, wir werden schon einen Weg finden, wie wir uns Zugang zu dieser Einrichtung verschaffen können. Dafür benötige ich allerdings nicht die Feuerkraft der POINT OF. Außerdem handelt es sich bei meinem Schiff um einen zivilen Forschungsraumer und nicht um ein Schlachtschiff. Ich werde niemanden zuerst angreifen, es sei denn, es besteht akute Gefahr, was hier eindeutig nicht der Fall ist.«

»Was gedenkst du denn stattdessen zu tun?«

»Das wirst du sehen, sobald du mir mit deinen Schiffen folgst.«

Shamol verschwand plötzlich aus dem Erfassungsbereich der Übertragungskamera.

Leicht beunruhigt wandte sich Dhark seinem Ortungsoffizier zu.

Der Mailänder zuckte jedoch mit den Schultern. »Die Schiffe der Thanagog bleiben auf Position, Sir.«

»Was ist mit den Ovoid-Ringraumern?«

»Die verhalten sich abwartend.«

Hen Falluta erhob sich aus seinem Sessel. Sorge zeichnete das Gesicht des Ersten Offiziers. »Die Thanagog werden sich doch hoffentlich zu keiner Dummheit hinreißen lassen?«

Dhark schüttelte den Kopf. »Bestimmt wollen sie sich nur besprechen.«

»Wir wissen noch immer zu wenig über die Bewaffnung unserer Freunde«, bemerkte Amy Stewart. »Das macht es besonders schwer, ihr Verhalten in Situationen wie dieser richtig einzuschätzen.«

»Ich glaube nicht, dass die Thanagog in Erwägung ziehen, sich den Weg zur Werft freizuschießen«, gab sich der Commander überzeugt.

Plötzlich tauchte Shamol wieder in der Bildkugel auf. Im selben Moment hellte sich Grappas Miene auf und er nickte Dhark knapp zu. »Endlich, sie folgen uns!«

Der weißblonde Raumfahrer lächelte zufrieden. »Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet.«

*

»Ich muss sagen, wir sind mächtig stolz auf euch!«, ließ sich Shamol vernehmen.

Dhark setzte eine überraschte Miene auf. »Was ist denn los?«

»Wir haben den kleinen Zwischenfall mit den Schiffen, die uns am Weiterkommen hindern wollten, genutzt, um einen Test mit euch durchzuführen.«

»Einen Test?«, echote Dhark. »Welcher Art?«

»Wir wollten prüfen, wie weit ihr gehen würdet, wenn sich euch auf dem Weg nach ERRON-3 Hindernisse entgegenstellen.« Shamol beugte sich vor. »Der Wissensschatz der Worgun übt eine große Anziehungskraft aus, das steht außer Frage. Diesen Schatz zu heben, bedeutet, gewaltige Machtmittel in die Hand zu bekommen. Die Aussicht, in den Besitz des gesamten Wissens der Gestaltwandler zu gelangen, weckt nicht nur gute Seiten in denen, die sich auf die Reise ins blassblaue Universum machen. Davon ist bei euch nichts zu spüren.«

Dhark nickte. »ERRON-3 birgt in vielerlei Hinsicht große Gefahren.« Er verstummte, denn er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass er über diese Worgun-Einrichtung mehr wusste, als er bisher zugegeben hatte.

»Wir sind überzeugt, dass ihr das Potenzial habt, all diesen Gefahren zu trotzen«, gab sich Shamol überzeugt. »Auch ohne brachiale Waffengewalt findet ihr einen Weg, Probleme zu lösen.«

Ren lächelte bescheiden und warf dann einen Blick in die Runde. Alle Anwesenden standen wie gebannt da und lauschten den Worten der Gestalt in der Bildkugel. »Das ist wirklich sehr schmeichelhaft, Shamol.«

»Ich meine das wirklich ernst. Wir schätzen uns sehr glücklich, die Bekanntschaft der Menschen gemacht zu haben. In aller Aufrichtigkeit betrachten wir euch als unsere Freunde. Und das soll viel heißen, denn was Freundschaften anbelangt sind wir verwöhnt. Unseren engsten Freunden, den Worgun, in diesem Punkt das Wasser zu reichen, ist nicht eben leicht. Doch euch ist es gelungen. Ihr seid ihnen nahezu ebenbürtig.«

»Nun – nicht alle Sternenvölker halten so große Stücke auf die Menschheit«, erwiderte Dhark. Er deutete um sich. »Umso mehr freut es uns, dass ihr uns als eure Freunde betrachtet. Es ist uns eine große Ehre.«

Mit den Worgun verglichen zu werden, hätte den Commander zu einem früheren Zeitpunkt in seinem Leben als Raumfahrer mehr als nur geschmeichelt. Aber inzwischen kannte er die Mysterious besser, und seine Bewunderung für sie hatte darunter ein wenig gelitten.

»Du bist ein außergewöhnlicher Mann, Ren Dhark«, fuhr Shamol fort. »Deine Entscheidungen sind moralisch einwandfrei. Du lässt dich von deinem Weg der Aufrichtigkeit nicht abbringen. Das Leben anderer ist für dich kostbar, und nichts kann dich dazu bringen, es für deine eigenen Pläne leichtfertig zu opfern.«

Dhark rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. »Das ist nun wirklich langsam zu viel des Guten.«

»Aber es ist die Wahrheit!« Shamol gestikulierte auf eine Art, die fast andächtig anmutete. »Mehr als zuvor sind wir davon überzeugt, dass ihr genau die richtigen Partner für das bevorstehende Unternehmen seid. Ihr werdet uns nicht enttäuschen – soviel ist sicher.«

Ren nickte freundlich. »Wir danken den Thanagog für ihr Vertrauen. Und ich kann dir versichern, dass auch wir euch als unsere Freunde betrachten.«

»Es ist eine glückliche Fügung, dass wir uns gefunden haben«, bekräftigte Shamol.

Der Commander straffte seine Körperhaltung. »Ich denke, wir haben uns jetzt weit genug vom Ludwig-System entfernt.« Er gab Bebir ein Zeichen, den Flug zu stoppen. »Es wird Zeit, dass wir uns den Weg zur Raumschiffswerft freimachen.«

»Und wie willst du das anstellen?«, erkundigte sich Shamol interessiert.

»Indem ich mit dem Mann spreche, der die Befehlsgewalt über die Edenflotte innehat und das Ludwig-System offenbar als sein Eigentum betrachtet.«

»Klingt nach einer einflussreichen Persönlichkeit. Ich hoffe sehr, dieser Mann ist ebenso umgänglich wie mächtig.«

»Das wird sich zeigen.« Dhark stand auf. »Ich werde dich auf dem Laufenden halten, Shamol.«

»Viel Glück«, wünschte dieser und zog sich aus dem Aufnahmebereich zurück.

Dhark befahl Glenn Morris, die Phase zu schließen.

Bevor er mit Terence Wallis in Kontakt trat, wollte er sich mit seinen Gefährten in Ruhe besprechen.

*

»Terence Wallis lässt wahrlich nichts anbrennen«, stellte Hen Falluta fest. »Vor seinem Expansionsbestreben ist kein Sonnensystem sicher, das einen wie auch immer gearteten Profit abzuwerfen verspricht.«

Dhark nickte kaum merklich. »Ich kann nicht behaupten, sonderlich überrascht gewesen zu sein, als die Ovoid-Ringraumer der Edenflotte vorhin in der Ortung auftauchten.«

Bebir verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum Mister Wallis dieses vormals namenlose System wohl Ludwig-System getauft hat?«

Amy Stewart löste sich aus der Gruppe um Chris Shanton und Arc Doorn, die sich vor dem Eingabemodul des Checkmasters geschart hatte, um dort im Austausch mit den Thanagog-Wissenschaftlern an den unvollkommenen Plänen des Experimentalraumschiffes zu arbeiten. »Dass Mister Wallis seine Finger nach diesem Sonnensystem ausgestreckt hat, zeigt einmal mehr, wie sehr er das Risiko liebt«, sagte der weibliche Cyborg. »Er ist sogar bereit, dort etwas zu investieren, wo andere bereits aufgegeben haben.«

Ren rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich weiß, worauf du hinauswillst, Amy. Wir konnten die Probleme, die uns der Antrieb des Experimentalraumschiffes damals beschert hat, nicht lösen. Darum entschloss ich mich, dieses vielversprechende Konzept der Worgun nicht länger zu verfolgen. Wir strichen die Segel und haben dieses Sonnensystem mit der alten Werft der Mysterious sich selbst überlassen.«

»Du wolltest das Prinzip des Experimentalraumers vorerst nicht länger verfolgen«, berichtigte Amy ihren Lebensgefährten.

Dhark nickte erneut. »Hätte ich gewollt, dass die Forschung an diesem Antrieb nicht doch eines Tages weitergeführt werden sollte, hätte ich das gesamte Wissen um das Experimentalraumschiff nicht auf Speicherkristall sichern und ausgewählten Personen und Institutionen zukommen lassen. Terra, Babylon, Eden und Bel Air haben von mir jeweils einen dieser Kristalle erhalten. Die Verantwortlichen sollten selbst entscheiden, wie sie mit diesen Daten verfahren wollen.«

»Mister Wallis hat jedenfalls nicht lange gezögert, sich dieser Sache anzunehmen.« Amy spielte mit einer Strähne ihres blonden Haares. »Die Gelegenheit, sich eine brachliegende Raumschiffswerft anzueignen, auf die noch keiner einen Besitzanspruch erhoben hat, konnte er sich offensichtlich nicht entgehen lassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er die Werft wieder in Betrieb genommen hat und an dem Antrieb forschen lässt.«

»Davon gehe ich ebenfalls aus«, bekräftigte Dhark.

»Das würde uns sogar entgegenkommen«, zeigte sich Bebir erfreut. »Womöglich haben Wallis’ Leute bereits Lösungen gefunden, die uns nützlich sein könnten. Er verfügt ja über einige der hellsten Köpfe der Menschheit.«

Falluta verzog den Mund. »Bleibt nur zu hoffen, dass der vermutlich reichste Mann der Milchstraße uns an den Früchten seines Engagements teilhaben lässt.«

»Wir werden sehen.« Dhark wandte sich der Funk-Z zu. »Stellen Sie eine Verbindung zu Terence Wallis her, Mister Morris. Ich möchte diese Angelegenheit so schnell wie möglich klären.«

Der Erste Funker nickte dienstbeflissen und machte sich an die Arbeit.

»Das Gespräch werde ich im Besprechungsraum entgegennehmen«, fügte Ren nach kurzem Überlegen hinzu. »Und zwar allein.«

Während die in der Zentrale Anwesenden den Entschluss des Commanders kommentarlos zur Kenntnis nahmen, war von der Galerie her ein aufgebrachtes Schnaufen zu vernehmen.

Obwohl Dhark wusste, wen er mit seiner Entscheidung, das Gespräch mit Wallis allein in einem anderen Raum zu führen, verärgert hatte, warf er dennoch einen Blick zur Galerie hinauf. Dem knapp über einen Meter fünfzig großen, dicklichen Mann, der von dort aus auf das Geschehen in der Zentrale herabblickte, reichte das Geländer bis an die Brust. Ein empörter Ausdruck beherrschte das sonst so unschuldig dreinblickende Gesicht des kugelrunden Mannes mit den roten Haaren und den Segelohren.

Dhark konnte dem erfolgreichsten Reporter von Terra-Press deutlich ansehen, wie sehr es diesen wurmte, dem bevorstehenden Gespräch mit dem Besitzer von Wallis Industries nicht beiwohnen zu können, um später in einem Artikel darüber zu berichten.

Nicht zuletzt aus diesem Grund hatte sich Dhark für diese Vorgehensweise entschieden. Den vorlauten Reporter, der sich während dieser Mission schon so manche Dreistigkeit herausgenommen hatte, ab und zu in die Schranken zu weisen, tröstete ihn ein wenig darüber hinweg, dass er diesen aufdringlichen Burschen an Bord der POINT OF dulden musste.

2.

Gedankenversunken betrachtete Heather Sheridan die unübersichtliche Parkanlage, die sich zu Füßen der Natursteinterrasse erstreckte. Vier Stufen führten zu dem Areal mit seinen Büschen, Wasserspielen und Blumenbeeten hinab.

Solaris war erst vor wenigen Augenblicken hinter den Gipfeln der atemberaubenden Bergkulisse untergegangen, sodass der Park mitsamt dem Landhaus in Schatten getaucht wurde. Doch die Fackeln am Rand der Terrasse vertrieben mit ihren flackernden Flammen die Abendkühle und bildeten Inseln aus anheimelnd warmem Licht.

Ein Windstoß fuhr durch das goldblonde Haar der Reporterin von Terra-Press und wehte ihr ein paar Strähnen in das schmale, aparte Gesicht. Heather strich das widerspenstige Haar mit dem Mittelfinger hinter das Ohr zurück und richtete den Blick ihrer dunkelblauen Augen erneut auf die Kinder, die auf einem schmalen Rasenstück mit einem Ball spielten. Die beiden stellten sich äußerst geschickt an und vollführten mit dem Ball akrobatische Kunststücke, während sie ihn sich gegenseitig zuspielten.

In diesem Moment trat hinter Heather ein schlanker, sportlich aussehender Mann auf die Terrasse hinaus. Er hatte das dunkelblonde Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug einen eleganten, konservativ geschnittenen Anzug, zu dem er eine rosenrote Weste angelegt hatte. In der einen Hand hielt er ein Whiskyglas und in der anderen eine kubanische Zigarre. Mit federnden Schritten näherte er sich der neununddreißigjährigen Frau.

Heather lächelte kaum merklich, denn sie wusste, dass Terence sie wohlgefällig betrachtete, während er auf sie zuging. Sie glaubte förmlich zu spüren, wie er zuerst ihre langen Beine und dann ihren durchtrainierten, wohlgeformten Leib begutachtete. Sie drehte leicht den Kopf und sah über ihre Schulter zu ihm hin. Als er hinter sie trat und seine Arme um ihre Hüften legte, schmiegte sie ihren Rücken an seine Brust. »Wehe, du verbrennst mich mit deiner Zigarre oder schüttest Whisky über mein Abendkleid!«

Terence Wallis lachte. »Das eine wäre Körperverletzung und das andere Verschwendung, also keine Bange, ich werde schon aufpassen.« Er vergrub die Nase in Heathers Haar und sog den betörenden Duft tief ein.

»Mmmh.« Heather neigte den Kopf zurück und rieb ihn wie eine Katze an Wallis’ Wange. Das wohlklingende Timbre ihrer Stimme jagte ihrem langjährigen Lebensgefährten einen angenehmen Schauer über den Rücken. Sie beobachtete, wie er nun seine Augen wieder öffnete und über ihre Schulter zur Parkanlage hinüber sah.

»Du siehst meinen Kindern beim Spielen zu?«, fragte er.

Heather verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich wundere mich jedes Mal, wie echt sie erscheinen.«

Wallis machte sich von ihr los und trat neben sie. »Das sollen sie ja auch.«

»Ich kann trotzdem nicht vergessen, dass es sich bloß um Roboter handelt.«

»Es sind biologische Roboter«, berichtigte Wallis sie. »Ich hoffe, du vergisst nicht, dass die wahre Natur dieser Erfindung der Gruppe Saam geheim gehalten werden soll.«

»Und ich hoffe, du vergisst nicht, dass du dich, was spezielle Themen anbelangt, auf meine Verschwiegenheit verlassen kannst«, konterte Heather.

»Das tue ich durchaus.« Wallis stellte das Glas auf dem Tisch in der Nähe ab und platzierte die Zigarre auf einem Aschenbecher. Dann legte er der attraktiven Reporterin einen Arm um die Taille und zog sie an seine Seite. »Allerdings möchte ich dir auch nicht das Gefühl vermitteln, ich würde dir vorschreiben, über was du berichten darfst und über was nicht.«

Sie stieß ihn mit der Hüfte an. »Das würde ich mir auch kaum gefallen lassen, mein Lieber.«

Wallis verzog säuerlich das Gesicht, lächelte dabei jedoch. »Willst du damit etwa andeuten, dass du erneut einen kritischen Artikel über das politische System auf Eden planst?«

Heather sah ihn von der Seite an. »Ich bin nicht hier, um zu arbeiten«, stellte sie richtig. »Ich möchte einfach nur Zeit mit dem Mann verbringen, den ich liebe. Dass er der Initiator des Systems ist, das ich bemängele, kann ich dabei durchaus ausblenden.«

Wallis’ Lächeln vertiefte sich noch ein bisschen. Er wandte sich Heather nun ganz zu und schloss sie in die Arme. Als er merkte, dass er nicht ihre ungeteilte Aufmerksamkeit genoss, folgte er ihrem Blick, der noch immer auf die Kinder im Park gerichtet war.

»Ich kann sie fortschicken, wenn dir ihr Anblick unangenehm ist«, schlug er vor.

Sie schüttelte den Kopf. »Könntest du dir vorstellen, eines Tages echte Kinder zu haben?«, fragte sie. »Oder ziehst du es vor, dich mit Dekorationen wie diesen Roboterkindern dort unten zu umgeben?«

Wallis ließ sie los, betrachtete sie eindringlich von der Seite. »Es ist nicht die Reporterin, die mir diese Frage stellt, nicht wahr?«

Heather schüttelte den Kopf, sah ihn aber noch immer nicht an.

»Du willst also wissen, ob ich mir vorstellen könnte, mit dir Kinder zu haben?«

Jetzt sah sie ihn doch an. »Und – könntest du?«

Wallis öffnete den Mund, brachte aber keinen Laut hervor.

In diesem Moment betrat Frederic die Terrasse. Der Feuerschein der Fackeln legte einen bronzefarbenen Schimmer auf sein silbernes Haar, das er akkurat gescheitelt und zu stabilen Wellen modelliert hatte. Dadurch wirkte die Frisur, als würde er einen kunstvollen Helm auf dem schmalen Kopf tragen. Einen reservierten Ausdruck zur Schau tragend, blieb er in der Mitte der Terrasse stehen. Er griff nach der an einer roten Halskordel hängenden Lesebrille und fingerte daran herum. »Ich bin untröstlich, dass ich Sie stören muss, Mister Wallis. Es ist ein dringender Hyperfunkanruf für Sie eingegangen.«

Wallis furchte die Stirn. »Ich habe Feierabend, Frederic.«

»Das habe ich Mister Morris auch gesagt. Allerdings beharrte er sehr nachdrücklich darauf …«

»Glenn Morris?«, fuhr Wallis dazwischen. »Der Anruf kommt also von der POINT OF?«

Der braungebrannte Butler nickte.

»Ren Dhark will mich sprechen«, konstatierte Wallis. Er winkte herrisch. »Stellen Sie den Anruf in mein Arbeitszimmer durch.« Bedauernd sah er Heather an. »Ich versuche, mich kurzzufassen, Darling.«

Die Reporterin nickte, denn sie wusste, wie sehr Terence den ehemaligen Commander der Planeten bewunderte. »Mit der Beantwortung meiner Frage kannst du dir ruhig Zeit lassen«, rief sie ihm hinterher, während er, dicht gefolgt von Frederic, dem Landhaus zustrebte.

Als die beiden Männer verschwunden waren, wandte sie sich erneut der Parkanlage zu. Doch diesmal richtete sie ihren Blick auf das Bergpanorama am Horizont. Die letzten Strahlen von Solaris stachen fächerförmig hinter dem Bergmassiv in den Himmel über Eden, der sich rosa verfärbt hatte.

Entspannt gab sich die Reporterin ihren Träumereien hin, in denen Kinder jedoch keine Rolle mehr spielten.

*

In Wallis’ Arbeitszimmer herrschte schummriges Halbdunkel. Das Restlicht des hereinbrechenden Abends sickerte durch das Panoramafenster, das den Blick auf einen fernen Gebirgszug gewährte. Alle Lampen waren ausgeschaltet. Die einzige künstliche Lichtquelle stellte ein leistungsstarker neuartiger Holografieprojektor dar. Dieser projizierte das dreidimensionale holografische Abbild eines weißblonden Mannes so gestochen scharf und mit solcher Dichte auf die andere Seite des wuchtigen Schreibtisches aus Eichenholz, dass jede Hautpore in den markanten Gesichtszügen deutlich zu erkennen war.

Würde Wallis es nicht besser wissen, könnte er tatsächlich annehmen, dass ihm Ren Dhark in diesem Moment leibhaftig gegenübersaß und ihn mit seinen braunen Augen freundlich musterte. In Wahrheit aber hielt sich der Commander in seinem Besprechungsraum an Bord der POINT OF auf, wie er Wallis nach der Begrüßung erklärte.

»Dies ist offenbar keine offizielle Geschäftsbesprechung«, stellte der Industriemagnat fest. »Andernfalls würde ich jetzt Ihre engsten Mitarbeiter vermissen, die bei solchen Anlässen sonst immer zugegen sind.«

»Diese Unterhaltung bestreite ich aus mehreren Gründen allein«, erwiderte Dhark. »Es würde allerdings zu viel Zeit in Anspruch nehmen, Ihnen jetzt alles im Detail darzulegen.«

Wallis hob verwundert eine Augenbraue. »Sie glauben, ich wäre unter Zeitdruck?«

Ren lächelte ansatzweise. »Die Wahl Ihrer Weste lässt mich vermuten, dass ich Sie bei einer romantischen Begegnung gestört habe.«

Terence lachte kurz auf. »Sie kennen mich wirklich gut, Ren.«

»Ich werde Sie nicht lange aufhalten«, versprach dieser. Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Warum ausgerechnet Ludwig-System?«, fragte er übergangslos. »Was hat es mit diesem Namen auf sich?«

Wallis lehnte sich in seinem Sessel zurück. Falls ihn Rens Frage überrascht hatte, ließ er dies mit keiner Miene erkennen. »Ludwig IX der Reiche hat mich zu dieser Namensgebung inspiriert«, erklärte er. »In den Jahren 1450 bis 1479 war er Herzog von Bayern-Landshut. Als Sie mir den Speicherkristall mit den Daten des Experimentalraumschiffes übergaben, hatte ich mich gerade sehr mit dieser historischen Persönlichkeit beschäftigt. Ludwig war der zweite der drei reichen Herzöge, hat den Prager Frieden geschlossen und eine Universität gegründet. Also ein Mann ganz nach meinem Geschmack.«

Dhark schüttelte amüsiert den Kopf. »Sie haben also wirklich nicht lange gezögert, sich des namenlosen Systems und der Raumschiffswerft der Worgun anzunehmen.«

Wallis hob kurz die Hände und setzte eine unschuldige Miene auf. »Was haben Sie erwartet? Ich bin Geschäftsmann, und entwicklungstechnische Herausforderungen kann ich nun einmal nicht ausschlagen. Dieses Experimentalraumschiff der Mysterious hat es mir angetan. Dass es bei einem Testflug zerstört wurde, nachdem Sie und Ihre Freunde versucht hatten, es zu vollenden, hat mich dazu angespornt, es besser zu machen.«

»Wie lange halten sich Ihre Wissenschaftler denn schon in der Werft auf?«

»Seit knapp vier Jahren.«

»Und? Hatten Sie Erfolg?«

Wallis legte die Hände seiner aufgestützten Arme vor seinem Gesicht zusammen und bildete mit ihnen eine Art Dach, über das er konzentriert hinwegblickte. »Warum wollen Sie das wissen?«

Der Commander atmete tief durch. »Das Experimentalraumschiff kann vermutlich dazu beitragen, das Problem mit dem entarteten globalen Schutzschirm der Erde zu beheben.«

Wallis wirkte plötzlich wie elektrisiert. Die Nachrichten über die in einen dichten, dunklen, wabernden Nebel gehüllte Erde verfolgte er seit Tagen mit großer Sorge. Sogar in Intervallfelder gehüllte Raumschiffe vermochten die finstere Kugelsphäre nicht zu durchdringen, sodass kein Schiff Terra anfliegen und keines den Planeten Richtung Weltraum verlassen konnte. Auch per Funk ließ sich keine Verbindung zur Erde herstellen, und die Transmitterverbindungen waren ebenfalls gekappt.

»Das müssen Sie mir genauer erklären«, forderte er.

»Ich habe vor, mit dem Experimentalraumschiff eine Reise zu unternehmen«, lautete Dharks nicht sehr erschöpfende Antwort. »An einen Ort, der Informationen darüber enthält, wie dieses Schutzfeld neutralisiert werden kann.«

»Das klingt ziemlich schwammig«, merkte Wallis unzufrieden an.

Ren nickte bedauernd. »Glauben Sie mir, ich weiß, was ich tue. Dennoch kann ich jetzt nicht allzu ausführlich darauf eingehen.«

Terence schwieg einen Moment lang. Aus bestimmten Erwägungen heraus Informationen geheim zu halten, war ihm natürlich nicht fremd, daher fühlte er sich geneigt, dem Commander die Geheimniskrämerei nachzusehen. Nichtsdestotrotz ärgerte es ihn ein wenig, dass Dhark es für nötig erachtete, ihn, Terence Wallis, nicht vollumfänglich in seine Pläne einzuweihen. »Das Experimentalraumschiff, das in der Werft im Ludwig-System derzeit gebaut wird, ist noch lange nicht einsatzfähig«, ließ er den Commander wissen.

Diese Nachricht schien Dhark nicht weiter zu beunruhigen. »Ich habe mich mit einer Gruppe befreundeter Forscher auf den Weg zu dieser Werft gemacht. Unser Ziel war es, ein neues Experimentalraumschiff zu bauen – auf der Grundlage von Bauplänen, an dessen Verbesserung wir zurzeit arbeiten.«

Wallis nickte zurückhaltend. »Aber Sie mussten feststellen, dass Ihnen jemand zuvorgekommen war.«

»Das stellt für mich kein Problem dar«, versicherte Dhark ihm. »Im Gegenteil: Die Vorarbeit Ihrer Leute wird die Fertigstellung des Experimentalraumschiffes nur beschleunigen. Das kommt mir sehr gelegen, und den Menschen auf der Erde auch. Sie sind auf unsere Hilfe angewiesen, doch leider …«

»Leider wurden Sie aufgehalten, als Sie in das Ludwig-System einfliegen wollten«, unterbrach Wallis ihn.

»Von einem gewissen Oberst Lesch«, bestätigte Dhark.

Terence nickte wissend. »Ein fähiger Mann und absolut loyal.« Er winkte ab. Dem ehemaligen Commander der Planeten die Unterstützung zu verweigern und sich damit der Lösung des Problems des entarteten globalen Schutzschirmes in den Weg zu stellen, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Das wusste Dhark natürlich auch. »Ich weiß, Sie werden keinen Unsinn mit meinem Schiff oder der Werft anstellen, Ren«, sagte er schließlich. »Ich werde daher veranlassen, dass man Sie und Ihre Freunde zum Mond des Gasriesen durchlässt.«

»Wie außerordentlich zuvorkommend von Ihnen, Terence.«

Wallis entging der leichte Spott in Dharks Worten nicht, aber in dieser Beziehung hatte er ein dickes Fell. »Dass das Ludwig-System nun Teil von Wallis Industries ist, damit werden Sie sich abfinden müssen, mein Lieber. Aus rechtlicher Sicht gesehen ist diese Inbesitznahme unanfechtbar. Das habe ich vorher durch meine Anwälte prüfen lassen.«

Ren lächelte versöhnlich. »Ich will nur einen einzigen Flug mit dem Experimentalraumschiff unternehmen. Anschließend können Sie mit dem Schiff und der Werft machen, was Sie wollen.«

»Ich bestehe darauf, dass ich über alle Änderungen, die an dem Experimentalraumschiff vorgenommen werden, informiert werde.« Wallis spürte, wie sich der Unternehmergeist in ihm regte. Diese Angelegenheit würde sich für ihn auszahlen, und er würde der in Bedrängnis geratenen Erde helfen. Besser konnte es gar nicht laufen. »Darüber hinaus gehen sämtliche Daten und Baupläne, die dieses Projekt abwirft, auch in den Besitz von Wallis Industries über.«

Dhark atmete entnervt durch. »Von mir aus.«

Wallis empfand kein Bedauern, den Commander mit seinen Bedingungen zu konfrontieren. Geschäft war nun einmal Geschäft. »Ich werde ein paar Dokumente aufsetzen lassen und veranlassen, dass Sie und Ihre Freunde sich sofort an die Arbeit machen können«, erklärte er. »Außerdem sichere ich Ihnen die Unterstützung meiner Wissenschaftler zu, die sich in der Werft aufhalten.« Er lächelte gewinnend. »Es wird Sie sicherlich freuen zu hören, dass die Gruppe Saam vor Ort ist.«

Tatsächlich hellte sich die Miene des weißblonden Raumfahrers auf. »Ausgezeichnet.« Dhark stand auf. »Es freut mich, dass wir uns so schnell einig werden konnten, Terence. Ich möchte Sie nun auch nicht länger von Ihrem Rendezvous abhalten.«

»Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass es sich beim Ludwig-System um einen sensiblen Sicherheitsbereich handelt«, schloss der Industriemagnat. »Ich habe eine Menge Arbeit und Geld in dieses Projekt investiert und bin sehr darauf bedacht, dass keine Unberechtigten unverdientermaßen von der Neuentwicklung profitieren.«

»Ich verstehe. Wir werden die Sicherheitsbestimmungen einhalten und uns umsichtig verhalten.«

Wallis nickte zufrieden. Anschließend verabschiedeten sich die Männer höflich, und der Holoprojektor erlosch. Einen Moment lang saß der Industriemagnat still in der hereinbrechenden Dunkelheit und ordnete seine Gedanken.

Nachem er ein paar Vipho-Gespräche geführt hatte und alles zu seiner Zufriedenheit geregelt war, richtete er seine Krawatte und stand auf. Er wollte seine Geliebte nun nicht länger warten lassen und verließ zielstrebig das Arbeitszimmer.

Auf dem Weg zur Terrasse überlegte er, wie er Heathers Frage beantworten sollte, kam aber rasch zu dem Ergebnis, dass er es nicht konnte. Allerdings befürchtete er nicht, dass dieses ungeklärte Thema den Abend belasten könnte. Er kannte die attraktive Reporterin gut genug, um zu wissen, dass sie es durchaus aushalten konnte, wenn eine ihrer Fragen vorerst unbeantwortet blieb.

Wallis wusste aber auch, dass sie ihn zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf dieses Thema ansprechen würde. Doch das war eine andere Geschichte …

3.

Die in der Zentrale der POINT OF Anwesenden ließen ihre Arbeit ruhen, während Ren Dhark sie über seine Übereinkunft mit Terence Wallis unterrichtete. Shamol verfolgte die Ansprache per Bildsprechverbindung. Seine silbrige, unscharfe Silhouette schwebte wie eine Geistererscheinung in der Bildkugel.

Die Stimmung hob sich merklich, als der Commander berichtete, dass Wallis’ Leute bereits erhebliche Vorarbeit geleistet hatten.

Nachdem Dhark geendet hatte, tätschelte Chris Shanton wohlgefällig seinen Bauch. »Langsam glaube ich, dass wir die Schwierigkeiten mit dem Experimentalraumschiff in den Griff kriegen werden.«

Der weißblonde Raumfahrer sah den Ingenieur mit ernster Miene an. »Hatten Sie etwa daran gezweifelt, Chris?«

Shanton zog die buschigen Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen. »Es gibt da einige Probleme mit der Quantentechnik des Antriebes, die mir Sorge bereiten.« Er fuhr sich mit der Hand über die Halbglatze und lächelte. »Gemeinsam mit der Gruppe Saam werden wir das Kind aber schon schaukeln. Immerhin zeichnen sie für alle wesentlichen Erfindungen von Wallis Industries verantwortlich. Und das sind nicht gerade wenige.«

»Commander!«, rief Morris den Commander von der Funk-Z aus zu. »Oberst Lesch meldet sich soeben über Funk!«

Dhark nickte seinem ersten Funker zu. »Lassen Sie uns hören, was er zu sagen hat.«

Morris nahm an seinem Pult eine Schaltung vor und signalisierte ihm mit erhobenem Daumen, dass die Phase geöffnet war.

»Oberst Lesch«, grüßte Dhark daraufhin mit erhobener Stimme. »Ich denke, Sie haben gute Neuigkeiten für uns.«

»Wie man es nimmt«, ertönte die befehlsgewohnte Stimme des Obersts über die Schallfelder. Sie klang eine Spur strenger als vorhin, als er der POINT OF und ihren Begleitschiffen den Einflug ins Ludwig-System verwehrt hatte. Lesch schien nicht gerade begeistert darüber zu sein, Fremde in den Sicherheitsbereich hineinzulassen, den er zu bewachen hatte. »Mister Wallis hat mich angewiesen, die POINT OF zur Raumschiffswerft zu eskortieren.«

»Was ist mit den Schiffen meiner Begleiter?«, hakte der Commander nach.

»Die Freigabe bezog sich ausdrücklich nur auf die POINT OF. Die verdächtigen Schiffe Ihrer sogenannten Freunde müssen dem Ludwig-System fernbleiben. Ich werde einen Ovoid-Ringraumer zu ihrer Bewachung abstellen.«

Dhark wandte sich dem Herrscher der Thanagog in der Bildkugel zu. »Ich fürchte, dieser Punkt ist nicht verhandelbar, Shamol. Aber ich denke, Oberst Lesch wird bestätigen, dass nichts dagegen spricht, dass deine Wissenschaftler und du an Bord meines Schiffes kommen, bevor wir zur Werft aufbrechen.«

»Solange sich Ihre Begleiter an die Regeln und Bestimmungen halten, ist nichts gegen ihre Anwesenheit in der Werft einzuwenden.« Leschs Stimme klang diesmal neutral und sachlich.

Shamol hob daraufhin die Arme. »Wir sind nur Gäste und werden uns den hiesigen Gepflogenheiten selbstverständlich anpassen. Außerdem ist die Anwesenheit meiner Schiffe für dieses Projekt nicht zwingend erforderlich.«

»Dann wäre das ja geklärt.« Ren drehte sich halb von der Bildkugel weg. »Geben Sie uns eine Viertelstunde, Oberst. Meine Begleiter müssen zuerst ein Team zusammenstellen, das dann an Bord meines Schiffes hinüberwechseln wird.«

»Lassen Sie sich so viel Zeit wie Sie brauchen«, gab Lesch gleichmütig zurück. »Wir sind bereit, wenn Sie es sind.«

Mit diesen Worten unterbrach der Oberst die Verbindung.

»Wir brauchen tatsächlich ein paar Minuten«, ließ sich Shamol nun vernehmen. »Da wir unseren Schiffen vermutlich mehrere Tage fernbleiben werden, müssen wir ein paar Dinge einpacken, auf die wir nicht verzichten können.«

»In Ordnung.« Dhark nahm auf dem Kommandantensessel Platz und schlug die Beine übereinander. »Ich werde ein paar Kabinen für euch herrichten lassen. Wir werden schon dafür sorgen, dass es dir und deinen Begleitern bei uns an nichts fehlen wird.«

*

Fünfzehn Minuten später traten fünf silbrige Gestalten aus den Transmittern der Zentralengalerie. Die fast zwei Meter großen Geschöpfe lösten sich wie Schemen aus den sphärischen Nischen der Ringtransmitter. Ihnen folgte jeweils ein Transportbehälter, der auf einem Antigrav-Kissen hinter ihnen schwebte.

»Willkommen an Bord«, begrüßte Dhark die Delegation der Thanagog. Sie persönlich in Empfang zu nehmen, hielt er nicht nur deswegen für geboten, weil er seinen neuen Freunden seine Verbundenheit demonstrieren wollte, sondern auch, um ihnen Respekt zu zollen. Ihre zum Teil selbstlose Hilfsbereitschaft beeindruckte ihn – ebenso ihr Forscherdrang und ihr Bestreben, sich den Gewohnheiten der Fremdvölker anzupassen, mit denen sie es zu tun bekamen. In diesen Punkten waren sich die Gäste aus Orn und die Besatzung der POINT OF sehr ähnlich, und das wusste Ren Dhark durchaus zu schätzen.

Während sich die Thanagog um den Commander versammelten, schoss Bert Stranger unaufhörlich Fotos von ihnen. Dabei gab sich der Terra-Press-Reporter nicht einmal ansatzweise die Mühe, sich im Hintergrund zu halten. Der kugelrunde Mann mit den rötlichen Haaren wuselte zwischen den silbrigen Gestalten herum und richtete ungeniert seine ferngesteuerte Flugkamera auf sie.

Die Thanagog schien die Anwesenheit des Reporters jedoch nicht zu stören. »Wir haben beschlossen, es den Menschen einfacher zu machen, uns voneinander zu unterscheiden«, erklärte Shamol. Dass es sich um den Herrscher der Thanagog handelte, konnte Dhark nur anhand seiner Stimme ausmachen, denn äußerlich wirkten die schemenhaften Gestalten nahezu gleich.

Um die Köpfe der Angekommenen herum begannen sich die Auren plötzlich einzufärben. Von Shamol abgesehen, dessen Aussehen sich nicht veränderte, nahmen die Kopfpartien seiner Artgenossen jeweils einen anderen Farbton an.

»Melol, Teylil, Zaraneel und Elaaril«, stellte Shamol seine Begleiter vor, während er mit seinem schemenhaften Arm nacheinander auf sie deutete. »Wir sind schon sehr gespannt darauf, die experimentelle Werft der Worgun zu besichtigen.«

»Wenn du es wünschst, werde ich euch jetzt zu euren Kabinen bringen lassen«, schlug Dhark vor. »Unser Bordtechniker Stanley Oliver hat keine Mühen gescheut, die Räume euren Bedürfnissen entsprechend einzurichten. Ihr könnt euch direkt an ihn wenden, falls ihr Änderungen wünscht.«

Shamol deutete eine Verbeugung an. »Ich ziehe es vor, in der Zentrale zu bleiben, wenn du nichts dagegen hast. Meine Begleiter werden die Transportkisten derweil in unsere Behausungen bringen. Sicherlich wird Stanley Oliver ihnen dabei helfen, an den Unterkünften noch ein paar Modifikationen vorzunehmen, damit wir uns dort auch wirklich wohlfühlen.«

»Einverstanden.« Dhark winkte Bebir zu, der am obersten Absatz der Galerietreppe wartete. »Mein Zweiter Offizier wird deine Begleiter zu den Kabinen bringen. Und du, Shamol, kommst mit mir hinunter zum Kommandostand.«

Während Bebir die vier anderen Thanagog auf eine Tür zuführte, schritt Dhark, von Shamol in angemessenem Abstand gefolgt, die Galerietreppe hinab.

»Mister Morris, geben Sie Oberst Lesch Bescheid, dass wir abflugbereit sind!«, rief er seinem Ersten Funker in aufgeräumter Stimmung zu. »Ich möchte endlich den Prototyp in Augenschein nehmen, den die Gruppe Saam und die anderen Techniker, Wissenschaftler und Forscher in der Werft zusammengebastelt haben!«

*

Eines der beiden Edenschiffe blieb bei den Thangog-Raumern zurück, um diese zu bewachen. Das andere – das mit Oberst Lesch an Bord –, flog der POINT OF voraus ins Ludwig-System ein. Der Ovoid-Ringraumer aus Carborit beschleunigte auf knapp Lichtgeschwindigkeit und hielt Kurs auf einen der Gasriesen in der Peripherie des Systems.

Die rote Riesensonne im Zentrum der sie umkreisenden Planeten erschien aus dieser Entfernung betrachtet nur noch so groß wie eine Clementine, wirkte mit ihrer lebhaften Korona aber noch immer hinreichend imposant.

Als sich die beiden Ringraumer dem Zielplaneten bis auf wenige Tausend Kilometer genähert hatten, schwenkte das Edenschiff auf eine den Mond ansteuernde Kursbahn ein und bremste hart ab.

Falluta, der die Gedankensteuerung der POINT OF übernommen hatte, bereitete es keine Mühe, das ruppige Manöver des Militärs nachzuvollziehen. Stoisch folgte er dem Schiff der Thomas-Klasse, das, in sein doppeltes Intervallum gebettet, wenig später auf die vernarbte Oberfläche des Mondes hinabstieß und darin verschwand.

Die POINT OF folgte dem Schiff. Wenige Sekunden später tauchte sie in eine gewaltige, hell erleuchtete Höhle ein. Der Raumer der Edenflotte schwebte zu diesem Zeitpunkt wie schwerelos dicht unter der Kuppel des Hohlraumes an einer Position, die eine Kollision der Intervallfelder der beiden Schiffe unmöglich machte.

»Sie haben Landeerlaubnis, Mister Dhark«, schallte die harte Stimme von Oberst Lesch durch die Zentrale der POINT OF. Nach kurzem Zögern setzte sie etwas freundlich klingender hinzu: »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben, Commander.«

Im selben Moment gewann der Ovoid-Ringraumer an Höhe, drang in die Decke aus massivem Fels ein und verschwand.

Falluta ließ die Teleskopbeinpaare ausfahren, schaltete das Intervallum ab und setzte die POINT OF auf einem als Landeplatz gekennzeichneten Areal auf.

Kaum war der Ringraumer zum Stillstand gekommen, da öffnete sich in der Wand der Höhle auch schon ein großes Tor. Ein Gefährt, das aus insgesamt vierzehn durch Metallstangen miteinander verbundenen Kugeln mit jeweils einem Meter Durchmesser bestand, rollte herein. Auf den vier vorderen Kugeln des Pullman saß jeweils ein Uniformierter. Die übrigen zehn Plätze waren unbesetzt.

Das Gefährt stoppte in der Nähe der Rampe, die sich aus dem Ringwulst der POINT OF herabgesenkt hatte. Die Uniformierten stiegen ab und bereiteten sich darauf vor, die Gäste aus dem Ringraumer in Empfang zu nehmen.

*

Als Begleiter hatte Ren Dhark Chris Shanton, Arc Doorn und eine Handvoll anderer Besatzungsmitglieder aus der wissenschaftlichen Abteilung ausgewählt. Und natürlich war auch Bert Stranger mit von der Partie. Der Terra-Press-Reporter bildete das Schlusslicht der Prozession, die die Rampe hinabschritt, und hielt sich sogar noch hinter den fünf Thanagog, die den Menschen mit etwas Abstand folgten.

Der Befehlshaber der kleinen Wachmannschaft hieß Dhark und dessen Begleiter willkommen. Er furchte leicht die Stirn, während er die Personen durchzählte, die die Rampe hinuntergekommen waren, wobei sein Blick ein bisschen länger auf den verschwommenen Gestalten der Thanagog ruhte. »Einen Moment, bitte«, sagte er, während er die Finger seiner rechten Hand leicht gegen die Schläfe presste. »Ich werde einen weiteren Pullman rufen. Einer reicht nicht aus, um uns alle zu transportieren.«

Der Mann konzentrierte sich kurz und ließ die Hand dann sinken. Wenige Sekunden später rollte ein zweiter Pullman durch das offene Tor in die Halle. Das Gerät war dem mentalen »Ruf« des Sicherheitsbeamten gefolgt und stoppte schließlich neben der vor der Rampe versammelten Gruppe. Das jeweils vordere obere Viertel der Kugeln klappte zurück, sodass eine Sitzfläche mit Rückenlehne entstand. Nachdem alle einen Platz gefunden hatten, setzten sich die beiden Fahrzeuge in Bewegung. Obwohl sie mit enormen Werten beschleunigten und in rasendem Tempo durch das Tor schossen, spürten die Passagiere dennoch weder Fahrtwind noch Beschleunigungskräfte.

Hinter dem Tor schloss sich ein hoher Tunnel an, der schnurgerade auf eine T-förmige Abzweigung zuführte. Ohne die Fahrt zu verlangsamen, schwenkten die Pullman in den rechts wegführenden Gang ein und folgten diesem etwa fünfhundert Meter bis zur nächsten Abzweigung. Wie eine an einer Schnur gezogene Perlenkette bogen die Fahrzeuge in den Seitentunnel ab. Dieser endete nach etwa hundert Metern vor einer Felswand, auf die die Pullman in voller Fahrt zurasten.

Dhark grinste böse, als Bert Strangers panischer Schrei an seine Ohren drang. Er selbst vertraute der Technik der Worgun ohne Bedenken und blinzelte nicht einmal erstaunt, als die Felswand, auf die sie zurasten, buchstäblich in letzter Sekunde blitzschnell nach oben fuhr.

Die Pullman schossen durch die entstandene Öffnung hindurch und von einem Moment auf den anderen fanden sich die Passagiere in einer gewaltigen, von reger Betriebsamkeit erfüllten Halle wieder. Der unterirdische Hohlraum war so groß, dass sich der obere Bereich im Dunst verlor. Den Blick auf das weit entfernte Ende verstellten wuchtige Montagegerüste, Kräne und Bauteile, die mithilfe leistungsstarker Antigrav-Plattformen an ihre vorherbestimmten Plätze manövriert wurden. Eine dumpfe Geräuschkulisse, hervorgerufen von den zahlreichen robotischen Einheiten, die in der Halle arbeiteten, umfing die Eingetroffenen.