Ren Dhark – Weg ins Weltall 98: Gedankenkontrolle - Hendrik M. Bekker - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 98: Gedankenkontrolle E-Book

Hendrik M. Bekker

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Beschreibung

Im zentralen Wissensarchiv der Worgun entdecken Ren Dhark und seine Gefährten sowohl faszinierende wie auch tödliche Geheimnisse – und sie sind offenbar nicht allein in ERRON-3. Jemand folgt ihnen heimlich durch die labyrinthartigen Gangsysteme. Auf Oxin findet die Mannschaft der CHARR endlich einen Weg, um den Planeten zu verlassen, auf dem sie festgehalten werden, aber die drastische Lösung könnte die Einheimischen in Gefahr bringen. Frederic Huxley muss eine Entscheidung treffen. Währenddessen geraten Steven Trainor und seine Begleiter auf Külá in die Fänge der Berella. Als die Karrorr sie befreien, verhalten sie sich plötzlich sehr merkwürdig. Allem Anschein nach stehen sie unter Gedankenkontrolle ... Hendrik M. Bekker, Jan Gardemann und Jessica Keppler schrieben einen spannungsgeladenen SF-Roman nach dem Exposé von Anton Wollnik.

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Seitenzahl: 376

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 98

Gedankenkontrolle

 

von

 

Hendrik M. Bekker

(Kapitel 1 bis 6)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 7 bis 17)

 

Jessica Keppler

(Kapitel 18 bis 25)

 

und

 

Anton Wollnik

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

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Impressum

Vorwort

Seit Jahrzehnten wird der Duden als die Instanz für korrekte Rechtschreibung und Wortdefinition gehandelt. Tatsächlich handelt es sich seit 1996 nur noch um ein Nachschlagewerk eines ganz gewöhnlichen Verlags. In dem Jahr einigten sich nämlich Deutschland, Österreich und die Schweiz in der Wiener Absichtserklärung darauf, eine gemeinsame Kommission einzurichten und sich auf gemeinsame Rechtschreibregeln festzulegen. Von 1997 bis 2004 wurden die amtlichen Rechtschreibregeln durch die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung festgelegt, deren Nachfolger der Rat für deutsche Rechtschreibung ist. Nichtsdestotrotz glauben viele Menschen auch heute noch, dass der Duden die Regeln macht und festlegt.

Leider.

Ich muss zugeben, dass ich mir im letzten Jahr zwei »Duden«-Nachschlagewerke gekauft habe und seit Jahren auch das uralte Programm »Die Rechtschreibprüfung« für Open Office benutze. Künftig werde ich jedoch kein Geld mehr für neue Produkte des Verlags ausgeben, denn inzwischen, so scheint es, will man nicht mehr nur die deutsche Sprachwirklichkeit abbilden, sondern eine politische Agenda durchdrücken.

Vielleicht ahnen Sie es schon: Es geht um das Gendern. Ich kann durchaus damit leben, wenn der Duden Gender-Sternchen- und Binnen-I-Regeln auflistet, denn die gehören nun einmal in bestimmten Kreisen zur Sprachwirklichkeit. Was mich stört, ist die Umdefinierung von deutschen Wörtern, die bestenfalls das Wunschdenken einer Minderheit ausdrückt.

Ein populäres Beispiel, das momentan durch die Medien geht, ist das Wort »Arzt«. Was, liebe Leser, verstehen Sie darunter, wenn Sie das Wort »Arzt« oder »Ärzte« hören?

Die Onlinepräsenz des Dudens definiert das Wort »Arzt« neuerdings als die Bezeichnung für eine explizit männliche Person, die eine medizinische Approbation erlangt hat. An sich ist das nicht falsch, aber im Eintrag fehlt das generische Maskulinum, das alle biologischen Geschlechter einschließt. Durch die Weglassung ist der Eintrag unvollständig. Doch nicht alle maskulinen Rollenbezeichnungen auf der Webseite sind plötzlich nur noch Bezeichnungen für Männer. Beim »Autor« steht beispielsweise kein biologisches Geschlecht dabei. Man kann sich also nicht mehr auf Vollständigkeit oder Richtigkeit verlassen. Damit ist dieses Nachschlagewerk für mich unbrauchbar geworden.

Ich bin froh, dass der Duden keine staatliche Instanz ist, sondern bloß ein Nachschlagewerk beziehungsweise, in diesem Fall, das Onlineangebot eines Verlags. Er hat keinerlei Deutungshoheit oder Relevanz für unsere Gesellschaft. Sprache entwickelt sich stetig weiter, und bislang ist es niemandem gelungen, sich hinzustellen und den Leuten zu diktieren, wie sie zu reden oder – noch schlimmer – was sie zu denken hätten.

Falls Sie, liebe Leser, auch schon von dem »Arzt«-Beispiel aus dem Duden gehört oder gelesen haben: Seien Sie unbesorgt! Bei REN DHARK werden wir auch weiterhin das generische Maskulinum benutzen. Unsere Helden haben bei uns nie ein impliziertes biologisches Geschlecht gehabt und werden es auch nie haben. Es ist uns auch völlig egal, weil ein Held sich dadurch als Held auszeichnet, dass er durch Mut und Können eine außergewöhnliche Tat vollbringt, die anderen nützt.

Nehmen wir Artus und Jimmy! Auch wenn die beiden männliche Namen tragen, sind sie letztlich keine Männer, sondern geschlechtlose Roboter. Wer würde behaupten wollen, dass sie keine Helden seien?

 

Düsseldorf, im März 2021

Anton Wollnik

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 sind die invasiven Riiin, die die Erde vereist und Milliarden Menschen zur Flucht in den Weltraum gezwungen haben, besiegt. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den blauen Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln. Nur noch rund einhundertzwanzig Millionen Menschen leben auf Terra.

Nachdem die ersten Terraforming-Projekte Erfolge zeigen, bittet Bruder Lambert im Mai 2074 die Nogk um Hilfe bei dem Wiederaufbau des zerstörten Schutzschirms um die Erde. Diese erklären sich sofort einverstanden. Die Meeg, die begabten Techniker der Nogk, beenden ihre Arbeit Anfang Juni 2074. Einige Tage nach ihrer Abreise aktiviert sich der globale Schutzschirm plötzlich von selbst und lässt sich nicht mehr abschalten. Weder Funk- noch Transmitterverbindungen funktionieren. Die Menschen auf der Erde sind jetzt vom Rest des Universums abgeschottet.

Charaua, der Herrscher der Nogk, reist persönlich an, um sich um das Problem zu kümmern, doch auch seine Meeg können den Schutzschirm nicht deaktivieren. Als Ren Dhark von dem Vorfall im Sol-System erfährt, bietet er ohne zu zögern seine Hilfe an. Mit seinen Gefährten begibt er sich auf die Suche nach einer Lösung für das Problem mit dem Schutzschirm, doch alles, was sie ausprobieren, scheitert.

Da erreicht sie eine Nachricht von Babylon: Dort seien Thanagog, anscheinend Freunde der Worgun, gelandet. In der Hoffnung, Hilfe von den Gästen aus Orn zu erhalten, fliegt der Commander hin. Shamol, der Herrscher der Thanagog, eröffnet ihm, den Schutzschirm um Terra tatsächlich abschalten zu können, doch wird dazu etwas von ERRON-3, aus dem zentralen Wissensarchiv der Worgun, benötigt. Dieses befindet sich im blassblauen Universum, welches man seinen Aussagen nach jedoch nur mit einem mächtigen Raumschiffantrieb erreichen könne.

Nur wenige Eingeweihte wissen, dass die Mannschaft der POINT OF das blassblaue Universum im Jahr 2057 schon einmal mithilfe des Materiesenders auf Planet 1 in der Sternenbrücke besucht hat. Damals hat Ren Dhark unter Zuhilfenahme von Mentcaps einen Bruchteil der Geheimnisse von ERRON-3 erlernt. Diese haben ihn so sehr schockiert, dass er seiner Mannschaft im Anschluss ebensolche Tabletten gegeben hat, die jedoch das Wissen um das blassblaue Universum aus ihrer Erinnerung gelöscht haben. Einzig Dan Riker, Arc Doorn sowie Miles Congollon sind eingeweiht und haben das Geheimnis bis heute für sich behalten. Der Materiesender auf Planet 1 existiert seit dem Weißen Blitz, der die meiste Worgun-Technologie in der Milchstraße zu Staub hat zerfallen lassen, nicht mehr.

Obwohl Ren Dhark große Bedenken wegen der Rückkehr nach ERRON-3 hat, willigt er in die Expedition ein, denn dies scheint der einzige Weg zu sein, den Schutzschirm um Terra wieder abzuschalten. Seine Freunde und er erinnern sich an das Experimentalraumschiff, ein Projekt, das sie vor Jahren für gescheitert erklärt hatten. Gemeinsam mit der Gruppe Saam, den Thanagog sowie einigen weiteren Helfern gelingt es den Ingenieuren und Technikern der POINT OF, die TSS RANLAK zu bauen und den Antrieb zu stabilisieren. Damit fliegen sie zur Sternenbrücke und wechseln mithilfe des feldmodulierten Einsatzes von Hy-Kon ins blassblaue Universum über, wo sich der Planet ERRON-3 befindet, auf dem sie landen.

Ein Expeditionstrupp, angeführt von Ren Dhark, betritt das zentrale Wissensarchiv der Worgun, um das Gerät zur Deaktivierung des Schutzschirms zu suchen. Das Stationsgehirn ist dabei keine große Hilfe, denn es antwortet auf keinerlei Gedankenimpulse. In einer Halle entdecken die Raumfahrer einen in Stasis versetzten Tel, den sie kurzerhand mitnehmen. Alles deutet darauf hin, dass sich in dem gigantischen Komplex mindestens ein weiterer Tel aufhält, der die Expeditionsteilnehmer beobachtet …

1.

»Musst du nicht eigentlich wieder zu deiner Schicht?«, erkundigte sich Chuck Dembo bei seinem Kollegen Seem Sapinsky. Von diesem bekam er gerade einen Cocktail gereicht, den ihnen einer der Oxiner gemischt hatte, nachdem sie versucht hatten, ihm zu erklären, wie eine Piña Colada schmeckte.

Der Seniortechniker hielt inne. »Ach verdammt!«, entfuhr es ihm. »Du hast vollkommen recht! Ich wäre heute Morgen dran gewesen. Erkinsson hat mich beauftragt, an den Konvertern etwas zu reparieren.« Er nahm seinen Cocktail und trank nachdenklich. »Ich hoffe, ich habe mich nicht verrechnet und die Jungs haben das allein hinbekommen. Nicht, dass einer der Konverter durchbrennt!«

»Wieso solltest du dich verrechnen? Ich habe bei der Wartung hinter euch Technikern eine Menge aufräumen müssen, aber du machst keine Fehler. Du bist immer sehr konzentriert«, beruhigte Dembo ihn. »Außerdem ist es jetzt eh schon zu spät.« Er sah dabei genüsslich gähnend auf sein Chrono.

»Du hast recht«, stimmte Sapinsky ihm zu. »Das werden die anderen Techniker allein hinbekommen haben. Es ist ja nur ein Konverter. Der Cocktail ist wirklich gut geworden, oder?«

Dembo nickte und lächelte zufrieden. »Ziemlich gut, stimmt. Sieh mal«, sagte er und hielt sein Armbandvipho hoch. »Wir sollen uns sofort in der CHARR einfinden. Dabei habe ich gar keinen Dienst um diese Zeit.«

»Ich auch nicht. Meinst du, wir sollten los?«

»Nein, lass uns noch etwas Pause machen. Es wird schon nichts Dringendes sein. Es ist so ein schöner Tag, und wie oft kann man einfach so in der Sonne liegen? Die Oxiner geben sich solche Mühe, uns … Sieh mal, dort ist Admiral Zutrack!«

Die beiden Männer saßen auf einer Bank am Rand einer der kleinen Parkanlagen, von denen es Dutzende in der Stadt Prooxin gab. Der Park lag inmitten von großen Gebäuden, an deren Fassaden einige Projektionsflächen Informationen wie die Uhrzeit oder Wetterdaten anzeigten. Ebenso wurden Termine für Veranstaltungen dort gut sichtbar für all jene angekündigt, die sich aktuell in ihrer »privaten Zeit« befanden. Chuck Dembo empfand diese strikte Trennung der Oxiner zwischen privater Zeit und Arbeitszeit als eine durchaus sinnvolle Lebensweise. Vor den beiden Männern lag ein ovales Becken, in dem sich aufbereitetes Wasser aus dem Ozean befand. Ein paar Oxiner schwammen darin und unterhielten sich lautstark.

In einiger Entfernung ragte die Gestalt eines Kraval über die Pflanzen des Parks auf, der genüsslich an einem Trinkschlauch saugte. Von einer der Straßen kam mit energischen Schritten Admiral Zutrack, gefolgt von einem weiteren Kraval, auf den Artgenossen zu. Chuck nahm an, dass es sich um Sadlock handelte. Bisher hatte er allerdings wenig mit den Kraval an Bord zu tun gehabt, sodass er es nicht genau sagen konnte. Ihre Gesichter sahen für ihn mehr oder weniger alle gleich aus.

»Er sieht wütend aus«, bemerkte Sapinsky. »Findest du nicht auch?«

In diesem Augenblick brüllte Admiral Zutrack etwas in Richtung des anderen Kraval.

»Wir sollten jemandem Bescheid geben«, entschied Chuck. »Hier passiert gleich irgendetwas Schlimmes!«

»Du hast recht«, stimmte ihm Sapinsky zu und stellte sein Glas weg. »Lass uns Sal-o-meer herholen.«

*

»Was fällt dir ein, Tritjack?!«, bellte die Stimme von Admiral Zutrack über die Köpfe der Oxiner hinweg. Seine vier massigen Beine trugen den Kraval eilig durch die Straßen von Prooxin. Die Metropole war dicht bevölkert. Er musste aufpassen, keinen der Einheimischen zu verletzen. Mit seinen vier Metern ragte er weit sichtbar über ihnen auf, ebenso wie sein Begleiter Sadlock.

Die Bewegungen der dreibeinigen Oxiner waren für ihn nicht immer vorhersehbar. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt, den fremdartigen Gang der zweibeinigen Menschen vorherzusehen, die mit ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit ein wenig von ihm bemitleidet wurden.

Doch in diesem Augenblick spürte er kein Mitleid, sondern nur gerechten Zorn wegen des unehrenhaften Verhaltens seines Untergebenen Tritjack. Generaloberst Frederic Huxley hatte es nach der Zerstörung der GOLIATH-Station geschafft, ihn und drei seiner Leute zu retten, und seitdem waren sie zu Gast auf dessen Schiff. Dennoch hatte Tritjack es gewagt, der Bitte ihres Gastgebers, auf die CHARR zurückzukehren, nicht nachzukommen. Er hatte in den Augen von Admiral Zutrack etwas noch viel Schlimmeres getan: Er hatte einen direkten Befehl des Admirals verweigert. Weit ragte seine Gestalt in der Parkanlage über die Pflanzen hinaus. Er hatte es sich sitzend bequem gemacht und zog genüsslich an einem Schlauch, den er in seinem rechten der beiden kräftigen tentakelartigen Arme hielt. Er entdeckte den Admiral, der ebenso wie er selbst weithin zwischen den nicht einmal halb so großen Oxinern zu erkennen war, und hob den anderen Arm zum Gruß.

»Admiral Zutrack, es ist mir eine Freude, dich zu sehen!«, rief er in seiner Muttersprache Kraval. »Du musst das hier einmal probieren! Ich hätte nie gedacht, dass man so weit von zu Hause …«, doch weiter kam er nicht, weil der Admiral ihn barsch unterbrach: »Was fällt dir ein, Tritjack?«

»Was genau meinst du denn, Admiral?«, erkundigte sich der Kraval und zeigte eine verwirrte Miene.

»Frederic Huxley hat dich aufgefordert, zur CHARR zurückzukommen, und dennoch sitzt du hier! Noch schlimmer ist, dass du auch meinen Befehl missachtet hast!«

Mit dem linken Arm kratzte sich Tritjack seelenruhig an seinem Unterleib, den er auf einen hohen Felsen abgesetzt hatte, um die Beine auszuruhen. Er wirkte, als würde ihn das alles nichts angehen. Dabei verrenkte er seinen knochenlosen Arm etwas.

»Willst du dich gar nicht dazu äußern?«, hakte Zutrack nach, als seine Wut an dem Artgenossen einfach abzuperlen schien.

»Ich denke nicht, Admiral. Alles, was zu sagen ist, ist gesagt. Ich möchte gerne hier bleiben, und ich möchte mit Sicherheit nicht wieder mit euch in die engen Gänge der CHARR gehen. Mögen die Nogk solche Korridore auch großzügig bemessen finden, für einen Kraval ist in dieser Stadt deutlich mehr Platz.«

Admiral Zutrack wollte Tritjack packen und persönlich zurück zur CHARR schleifen, als er sich der Oxiner gewahr wurde, die sie beobachteten. Einige der dreibeinigen Einheimischen waren stehen geblieben und beobachteten neugierig das Schauspiel der ihnen fremden Kreaturen.

Zutrack hoffte, dass sie keine Translatoren bei sich trugen, und entschied sich, eine Information mit Tritjack zu teilen, die ihm erst vor wenigen Minuten von Generaloberst Huxley übermittelt worden war. »Tritjack«, begann er und trat näher an den Kraval heran. »Wir befürchten, dass du unter dem Einfluss einer fremden Substanz stehst.«

»Was für eine Substanz?«, erkundigte sich der Kraval neugierig und ließ den Schlauch sinken, aus dem er eben noch getrunken hatte. »Das hier ist ein sehr guter Brauntrunk. Du solltest ihn auch mal probieren, Admiral. Vielleicht würde dich das beruhigen.«

»Es scheint eine Droge auf dich zu wirken, Tritjack. Du magst es nicht merken, aber es gibt einen Stoff, den die Menschen in ihren Leuten gefunden haben, der auf den Verstand einwirkt. Es ist möglich, dass er auch auf uns einwirkt. Vielleicht ist es keine Absicht, vielleicht ist es nur ein Umweltfaktor, den weder wir noch die Oxiner bedacht haben, aber ich befehle dir, mit zur CHARR zu kommen, damit wir dich untersuchen können.«

Während der Admiral sprach, bewegte sich Sadlock langsam von den beiden weg, um hinter Tritjack zu kommen. Er ging ruhig und gemächlich, damit keine schnelle Bewegung den aufmüpfigen Kraval aufscheuchen würde. Der Admiral hatte klare Anweisungen gegeben: Sie würden Tritjack zur CHARR mitnehmen, ob dieser freiwillig mitkam oder nicht, war zweitrangig.

»Das mag ja bei den Menschen so sein, Admiral«, begründete Tritjack im Brustton der Überzeugung seine Position. »Doch einen echten Kraval kann man nicht so leicht vergiften. Vielleicht vertragen die Menschen nur irgendetwas in der Luft nicht so gut, was für die Oxiner normal ist. Mir geht es jedenfalls gut und ich spüre keine fremden Chemikalien in mir. Ich fühle mich hier wirklich wohl. Du solltest dir weniger Sorgen machen, Zutrack. Setz dich ein wenig zu mir, genieße den schönen warmen Tag und das Licht der Sonne. Es wird sich sicherlich alles aufklären, und man wird den Menschen helfen können. Die Oxiner sind so hilfsbereit, sie werden etwas finden, das die Menschen vor jenem Umweltgift schützt.«

»Tritjack, ich denke nicht, dass du verstehst«, begann der Admiral erneut. Er sah, dass Sadlock nun hinter dem Abtrünnigen stand und bereit war einzugreifen. Ihm war klar, dass kämpfende Kraval in dieser doch recht filigranen Stadt eine Menge zerstören konnten. Zudem hatte die Diskussion weiteres Publikum angelockt, das er keinesfalls gefährden wollte. Dutzende Oxiner waren stehen geblieben und beobachteten das Schauspiel. Ob sie neugierig oder besorgt dreinblickten, konnte der Admiral nicht sagen. Ihre weichen dreiäugigen Gesichter waren für ihn genauso so fremd wie die Mimik der Menschen.

»Entschuldigt, aber es sieht aus, als hättet ihr einen Streit«, rief einer der Oxiner neben Zutrack. Der Dreiäugige musste laut rufen, um sich über die dröhnenden Stimmen der Kraval hinweg Gehör zu verschaffen. »Gibt es eine Möglichkeit, euch zu helfen? Gibt es etwas, das wir für euch tun können? Ihr klingt, als wäret ihr euch uneinig. Möglicherweise missverstehen wir aber auch eure Sprache.«

Zutrack aktivierte seinen Translator, damit diesmal seine Worte auch für den Oxiner verständlich wurden. »Es handelt sich lediglich um ein Missverständnis. Ich und mein Freund unterhalten uns bloß. Es mag auf euch wirken wie ein Streit, doch ich denke, das liegt daran, dass niemand auf deiner Welt jemals Kraval gesehen hat.«

»Das beruhigt mich sehr«, erwiderte der Oxiner und sagte etwas zu den anderen Oxinern neben ihm, das Zutrack nicht verstand. Sie machten alle ein klackendes Geräusch mit den Zähnen, was der Kraval für einen Laut der Erheiterung bei den Oxinern hielt.

»Was ist so lustig?«, erkundigte sich Admiral Zutrack.

»Ich habe nur eine Bemerkung darüber gemacht, wie leicht es doch zwischen so fremden Kulturen wie eurer und unserer zu Missverständnissen kommen kann. Es ist gut, dass wir von euch lernen können und nicht selbst große Missverständnisse verursachen jenseits der endlosen Dunkelheit.«

»Die endlose Dunkelheit« nannten die Oxiner die Wolke aus Sternenstaub, die ihr Sonnensystem vom Rest des Universums abschirmte. Zutrack hatte von Huxley berichtet bekommen, wie aufgeregt die Einheimischen waren, dass es offensichtlich mehr im Universum gab als ihre kleine Welt. Er konnte deren Schock und die Aufregung gut nachvollziehen.

»Tritjack«, wandte sich der Admiral nun wieder an den noch immer seelenruhig dasitzenden Kraval. »Komm endlich mit! Wir werden dich zwingen, wenn du dich weiterhin weigerst. Mir wäre es aber sehr viel lieber, dass wir dich nicht wie ein wütendes, unreifes Kind mitschleifen müssten. Denk an unsere Gastgeber und wie es für diese aussehen würde. Denke aber nicht nur an unsere Gastgeber auf dieser Welt, sondern auch an Huxley und die Menschen. Willst du dir wirklich diese Blöße vor ihnen geben?«

»Dann müsst ihr mich eben gegen meinen Willen zur CHARR schleifen. Ich werde diese Stadt nicht freiwillig verlassen«, sagte Tritjack und erhob sich von seinem Fels. Er warf den Schlauch achtlos weg, der mit einem klatschenden Geräusch auf einem Gehweg des Parks aufschlug. »Kommt doch und holt mich!«

In diesem Augenblick machte Sadlock hinter Tritjack einen großen Schritt auf diesen zu. Seine Tentakelarme krallten sich um dessen Brust.

Admiral Zutrack bereute schon, dass er keine Waffen mitgenommen hatte. Mit einem terranischen Paralysator hätte man den renitenten Kerl schneller ruhigstellen können. Noch lieber wäre ihm ein kravalscher Blickstrahler gewesen, doch derartige Waffen hatte er nicht von seinem Raumschiff, der BROCK II, in die CHARR retten können. Blickstrahler waren effektive Waffen um einen Kraval zu betäuben, doch andererseits hatte Zutrack auch nicht mit geladenen Waffen durch die Stadt ihres Gastgebers ziehen wollen.

Tritjack drückte sich mit seinen vier Beinen vom Boden ab und schaffte es, Sadlock ein paar Schritte zurücktaumeln zu lassen. Die Kraval lebten ursprünglich auf einer Welt mit einer deutlich höheren Schwerkraft als auf Oxin, sodass ihre Kraft hier um ein Vielfaches größer war. Noch immer festgehalten von Sadlock stemmte sich Tritjack auf seine Hinterbeine und ergriff mit seinen Vorderbeinen einen Felsbrocken am Boden. Er warf ihn in einer fließenden Bewegung in die Luft, und Sadlock ließ Tritjack frei, um den Brocken aufzufangen. Er wollte keinesfalls die anwesenden Oxiner gefährden, die nun schreiend und mit herumwirbelnden Armen durcheinanderliefen.

»Halt, stopp!«, rief einer der Oxiner, und Zutrack hielt inne. »Das dürft ihr doch nicht einfach machen«

Erst jetzt bemerkte der Admiral seinen Fehler. Sein Translator war noch immer eingeschaltet und übersetzte den anwesenden Oxinern jedes seiner Worte.

»Das dürfen die Sternenfremden nicht tun«, rief nun ein weiterer Oxiner. Ein anderer pflichtete ihm lautstark bei: »Das geht doch nicht! Wenn er nicht will, dürfen sie das nicht einfach tun!«

»Ich kann das tun, wenn ich das will!«, stellte Admiral Zutrack klar. »Er ist mein Untergebener. Mag ich auch mein Raumschiff verloren haben, bin ich doch immer noch sein ranghöchster Vorgesetzter!«

Tritjack wehrte sich noch immer gegen den Griff von Sadlock, doch dessen Griff war eisern.

»Admiral Zutrack«, erscholl nun die Stimme von Sal-o-meer. Der Kraval erkannte den Fremdenführer der Oxiner anhand des feuerroten Wamses und der gleichfarbigen Beinkleider. Die bronzefarbenen Schädel der Oxiner hatten zwar Knochenwülste, die entfernt an die der Kraval erinnerten, waren für Zutrack jedoch keine große Hilfe bei der Identifizierung oxinscher Gesichter.

»Ich muss energisch darauf bestehen, dass ihr beiden Tritjack freilasst und eures Weges zieht«, beharrte Sal-o-meer. »Ansonsten würde das einen direkten Verstoß gegen unsere Freiheitsgesetze bedeuten.«

»Was gehen mich eure Freiheitsgesetze an?«, grollte der Admiral, der versuchte, seinen Zorn herunterzuschlucken. Er begriff, dass er sich auf porösem Gestein befand, wie man bei den Kraval zu sagen pflegte.

»Eine Menge doch, hoffe ich«, erwiderte Sal-o-meer. »Die Freiheitsgesetze gelten für jeden auf dieser Welt. Sie besagen für diesen speziellen Fall, dass ein jeder von uns tun und lassen kann, was er möchte. Die einzige Grenze ist, dass niemand zu Schaden kommen darf.«

Die Stimme des Fremdenführers klang aufgebracht, doch Admiral Zutrack ignorierte diesen Eindruck als reine Projektion seinerseits. Dennoch zwang er sich auch selbst zur Ruhe. Auf porösem Gestein galt es immer, drei Beine am Boden zu halten.

»Ich will nur einen Kraval mitnehmen, für den ich die Verantwortung trage«, erklärte Zutrack. »Ich bin sein Vorgesetzter und muss ihn wohlbehalten wieder nach Brock bringen. Ich will ihn nur mit zur CHARR nehmen. Er ist, denke ich, nicht ganz Herr seiner Sinne.«

»Dennoch verstoßt ihr gegen die Freiheitsgesetze. Es gibt kaum ein größeres Verbrechen. Ich glaube, das Wort, das Huxley benutzte, war Verfassungsstatus.«

Der Kraval beugte sich ein wenig zu dem Oxiner herunter, der unbeirrt fortfuhr: »Dein Untergebener schadet niemandem und die Gesetze Oxins gelten auch für Fremde. Er schadet niemandem und will hierbleiben. Welches Recht habt ihr also, ihn mitzunehmen und seinen Willen zu ignorieren?«

»Ich bezweifle stark, dass eure Gesetze auch für Sternenfremde gelten«, warf Sadlock ein.

»Doch, tun sie«, bemerkte nun Tritjack, der inzwischen aufgehört hatte, sich gegen den Griff zu wehren.

»Erst vor wenigen Tagen hat das hohe Gericht bestätigt, dass unsere Gesetze für jedes intelligente Wesen auf dieser Welt gelten«, dozierte Sal-o-meer ruhig weiter. »Man sah sich gezwungen, durch eure Landung hier präventiv derartige Fragen zu klären.«

Admiral Zutrack deaktivierte seinen Translator, damit die Oxiner ihn nicht verstehen konnten, und sah zu Sadlock. »Wir gehen jetzt, dieses Gespräch führt zu nichts, und wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Wer weiß, ob nicht bald auch auf uns hier eine Droge wirkt, die uns gefügig macht. Verletze möglichst keine Einheimischen, verstanden?«

Die Oxiner kamen nun immer näher. Sie bildeten eine Kette um die drei Kraval und hielten sich bei den Händen.

»Wir werden euch nicht durchlassen«, rief Sal-o-meer zu ihnen herauf. »Die Sicherheitskräfte wurden informiert, und man wird euch aufhalten, Admiral. Noch ist kein Unglück geschehen, also bitte belasst es auch dabei. Tritjack kann hierbleiben, solange es ihm beliebt. Es wird ihm gut gehen. Du kannst so lange bei ihm bleiben, wie du willst, um sein Wohlbefinden zu kontrollieren.«

Auf diese Worte hin ergriff Tritjack die Gelegenheit, da sie abgelenkt waren, und trat mit der vollen Wucht seiner hinteren beiden Beine zu. Er erwischte Sadlock, und durch die schiere Kraft, die er in den Tritt legte, befreite er sich aus dessen Griff.

Sadlock fluchte und taumelte zurück, darauf bedacht, mit seinen kräftigen Beinen keine Oxiner zu verletzen.

Tritjack griff sich derweil den Tank, an dem der Schlauch befestigt war, aus dem er zuvor getrunken hatte, und warf ihn auf den Admiral, um ihn abzulenken. Dieser fing den Tank auf, doch die Kraft des Wurfes sorgte dafür, dass das Behältnis beim Auffangen Risse bekam, und der Brauntrunk lief heiß über die Hornplatten auf Zutracks Kopf. Tritjack eilte an ihm vorbei auf eine Häuserschlucht zu, um von seinen Artgenossen fortzukommen. Der Admiral warf den Tank nach Tritjack. Da sein Untergebener dies hinter seinem Rücken nicht mitbekam, reagierte er zu spät und bekam den Tank mit voller Wucht an den Hinterkopf. Er taumelte, krachte in ein nahes Gebäude und fiel zu Boden. Zutrack hatte gut gezielt, denn nur im Bereich des Kopfes gab es Stellen, an denen die ansonsten sehr widerstandsfähigen Hornplatten der Kraval wirklich empfindlich waren.

Er wischte einige Oxiner beiseite, die sich ihm in den Weg stellten. Es war nicht mehr als ein sanfter Stoß, doch für die Oxiner reichte es, um von den Beinen gefegt zu werden. Aus Rücksicht auf ihre vergleichsweise schwache Physis spannte er seine tentakelartigen Arme nur wenig an, sodass sie mehr wie Peitschen schlugen und ihm einen Weg bahnten.

Zutrack griff sich den bewusstlosen Tritjack und hob ihn hoch. Als er sich wieder umdrehte und zu Sadlock sah, war dieser gerade im Begriff, weitere Zivilisten aus dem Weg zu fegen.

Der Offizier hielt aber unvermittelt mitten in der Bewegung inne und stand mit zitternden Armen da.

»Was ist los, Sadlock?«, rief Zutrack ihm zu. »Geht es dir nicht gut?« Er hatte Sorge, dass der Stoff, den Huxleys Leute im Blut der Terraner gefunden hatten, ungeahnte Nebenwirkungen auf seine Leute haben würde. Mochte die Substanz Tritjack zu einem fröhlichen Idioten gemacht haben, so könnte sie gleichzeitig giftig auf den kravalschen Organismus wirken. Erst jetzt bemerkte er, dass ein Fahrzeug nahe bei Sadlock stand, aus dem ein aufgeregter Oxiner ihm zeternd etwas zurief.

»Was ist das?«, stieß der Admiral unvermittelt aus. Vor Sadlock hatte sich ein kleines Baufahrzeug positioniert. Es hatte mit seinen sechs mechanischen Beinen einen sicheren Stand auf dem unebenen Terrain und aus seinem eckigen Korpus ragten drei Arbeitsarme heraus.

»Es erzeugt ein Antischwerkraftfeld«, versuchte Sadlock den Admiral zu warnen, und sein Blick war dabei auf die Arbeitsarme gerichtet.

Der Admiral begriff sofort, dass diese jenes Feld erzeugen und kontrollieren mussten. Er beeilte sich zu seinem Untergebenen zu gelangen, dessen Arme noch immer zitterten. Sadlock strengte sich offensichtlich mit aller Kraft an, das Feld loszuwerden, doch es brachte nichts.

Zutrack nutzte sein linkes Vorderbein, um nach dem Fahrzeug zu treten. Wie ein Spielball wurde es weggeschleudert und schlug krachend in einigen Metern Entfernung auf. Ein lädierter, aber nicht ernsthaft verletzter Oxiner kam daraus hervorgekrochen.

»Also, dann los!«, sagte er zu Sadlock, der nun endlich befreit war.

Als die Kraval sich in Richtung der Straße wandten, von der sie gekommen waren, stellten sich ihnen erneut einige Oxiner in den Weg.

Diese Oxiner trugen purpurne Uniformen, bei denen jeweils einer der drei Ärmel in einem kräftigen Rot gefärbt war. Die Abzeichen an den roten Ärmeln hatte Zutrack bisher bei keinem der Oxiner gesehen, ebenso wenig die Uniformen.

Die Uniformierten hielten in ihren drei Händen lange Stäbe über ihren Köpfen. Das Ende eines jeden Stabes war auf Sadlock oder Zutrack gerichtet und pulsierte in einem schwachen Grün.

»Es tut mir wirklich unendlich leid«, rief Sal-o-meer, der bei den Uniformierten stand. Diese Oxiner sahen aus, als hätten sie eine offizielle Funktion.

Zutrack fluchte innerlich, dass alles bisher so lange gedauert hatte. »Was immer die da in den Händen halten, sind Waffen«, brummte er, und überdachte seine Möglichkeiten neu. Was die schnelle Rückführung eines einzelnen unwilligen Mannschaftsmitgliedes hatte werden sollen, artete jetzt langsam aber sicher immer mehr in einen offenen Konflikt aus.

»Legt bitte den bewusstlosen Tritjack ab und hebt eure Hände«, verlangte Sal-o-meer. »Wir besitzen Waffen, die auch euch gefährlich werden können. Allerdings wissen wir nicht genau, wie sie auf euch wirken, und wir haben große Sorge, euch ernsthaften Schaden zuzufügen. Also gebt nun bitte auf!«

Zutrack und Sadlock zögerten. Körperlich waren sie den Oxinern weit überlegen. Mit einigen gezielten Sprüngen würden sie es schaffen, die Gebäude zwischen sich und die Sicherheitskräfte zu bringen, und sie wären längst weg, bevor man sie aufhalten könnte. Doch was dann? Zutrack wusste nicht, ob es Huxleys Leute inzwischen gelungen war, die CHARR wieder vollumfänglich mit Energie zu versorgen. Funktionierte der Antrieb wieder und war es endlich möglich, den Planeten zu verlassen?

»Entscheide dich jetzt, Admiral Zutrack!«, rief Sal-o-meer, als die Kraval nicht antworteten.

»Was würde passieren, wenn wir uns ergeben?«, fragte der Angesprochene vorsichtig. »Gäbe es keine Möglichkeit, wie ihr uns Tritjack mitgeben würdet?«

»Nicht gegen seinen Willen. Er hat klar gesagt, dass er bei uns bleiben will. Das dreizehnte Freiheitsgesetz besagt im zweiten Zusatz eindeutig, dass kein Individuum gegen seinen Willen zu etwas gezwungen werden darf. Nach allem, was ich bisher von den Menschen weiß, scheint das bei euch anders zu sein, doch wir bestrafen unsere Angehörigen nicht, indem wir sie einsperren. Legitim sind lediglich Strafen, die einen Entzug der Grundversorgung bedeuten. Es ist nicht gestattet einen Bewohner dieser Stadt irgendwohin zu bringen, wo er nicht hin will. Jeder Gang soll freiwillig geschehen, wobei er durch einen Entzug der Grundversorgung motiviert werden darf. Solange unser Gast Tritjack die Stadt nicht verlassen will, um mit euch in euer Sternenschiff zu gehen, muss er das nicht tun. Also lasst nun von ihm ab, damit wir über eure Strafe sprechen können.«

»Strafe?«, fragte Admiral Zutrack, als er eigentlich beginnen wollte, Tritjack vorsichtig abzulegen, ohne allzu großen Schaden im Park anzurichten. »Was für eine Strafe?«

»Nun, ihr beiden habt die Freiheitsgesetze gebrochen. Genau genommen habt ihr Paragraf dreizehn, Abschnitt eins verletzt, indem ihr einen anderen gegen seinen Willen aus der Stadt entfernen wolltet. Es gibt kaum etwas Schlimmeres in unserem juristischen System, als unsere Regeln zu brechen. Ich denke aber, dass man euch mit nur einigen Monaten im Rehabilitationszentrum davonkommen lassen wird. Trotz allem, Zutrack, hast du dich geweigert zu kooperieren. Aber wenn du ehrlich Reue zeigst, wird man euch nach wenigen Monaten gehen lassen, das verspreche ich dir.«

»Was für ein Rehabilitationszentrum?«, hakte Zutrack besorgt nach.

»Nun, wir haben in den Bergen ein paar Einrichtungen für Oxiner, die sich nicht so gut in die Gesellschaft integrieren. Dort leben sie isoliert und lernen, bis sie eine angemessene und gesellschaftskonforme Einstellung haben. Unter zwei Monaten werdet ihr dort leider nicht rauskommen, denn immerhin habt ihr versucht, euch gegen geltendes Recht zu stellen. Doch es wird euch gut gehen in der Einrichtung. Wir werden auch Räumlichkeiten für eure Größe aufbauen, damit ihr die Monate bequem verbringen könnt, während ihr lernt.«

Zutrack sah von einer der auf ihn gerichteten Waffe zur anderen. Er hatte sich entschieden. Was auch immer jetzt geschah – er würde nicht kampflos aufgeben, um sich in ein Umerziehungslager stecken zu lassen.

»Nun leg ihn endlich ab, Zutrack!«, wiederholte Sal-o-meer seine Forderung, »und wir können alle weitermachen wie zuvor. Es ist vorbei. Gib auf!« Er klang frustriert. »Das ist die letzte Warnung. Wir eröffnen sonst das Feuer.«

Zutrack nahm an, dass die Uniformierten selten mit Oxinern zu tun hatten, die gegen die Regeln verstießen und dadurch Chaos anrichteten. Auf seiner Heimatwelt Brock hätte man deutlich schneller und effektiver eingegriffen, während man hier offenbar auf Kooperation hoffte. Der Wortführer der Oxiner sah zu Sadlock.

Wir könnten es schaffen, dachte Zutrack. Es wäre nur ein einziger kräftiger Sprung …

In diesem Augenblick fielen mehrere der Oxiner in der Nähe von Sal-o-meer um. Der Kraval registrierte schneller, was geschah, als die verbliebenen Oxiner. Diese sahen sich irritiert um, bevor auch sie zu Boden stürzten. Keiner von ihnen bemerkte rechtzeitig den lichtschnellen blassblauen Strahl, bevor er sie traf.

Admiral Zutrack hingegen wusste, was geschah: Es waren Strich-Punkt-Strahlen. Generaloberst Huxley war zu seiner Rettung gekommen – wieder einmal, wie er mit einer gewissen Beschämung eingestand. Ich habe das hier alles viel zu weit entgleiten lassen.

Jetzt entdeckte er auch die Gruppe Terraner, die sich in ihren W-Anzügen quer durch den Park auf sie zubewegte. Die anpassungsfähigen weißen Ganzkörperanzüge waren keine Entwicklung der Menschen. Sie hatten diese lediglich von den Worgun übernommen. Zutrack hoffte darauf, dass die Lebenserhaltungssysteme der Anzüge gut genug waren, um die Menschen vor dem Einfluss der fremden biochemisch aktiven Substanz zu schützen, die vermutlich auch für Tritjacks Verhalten verantwortlich war. Ansonsten würden sie bald nur noch eine sehr kleine Rumpfbesatzung haben, auf die sie sich verlassen konnten.

Admiral Zutrack fragte sich unwillkürlich, ob er sich noch auf sich selbst verlassen konnte. Was, wenn dieses fremde Wesen, das sie Unknown getauft hatten, auch Zugriff auf seine Gedanken bekam? Würde er es merken? Merkte Tritjack, was er von sich gab oder war er nur ein Zuschauer dessen, wie er sich benahm?

Die Terraner gingen methodisch vor und betäubten mit Strich-Punkt-Strahlen aus ihren Multikarabinern alle anwesenden Oxiner. Einige der Einheimischen schafften es zu entkommen, doch die Menschen setzten ihnen nicht nach.

»Das war ja Rettung in letzter Sekunde«, rief einer der Terraner, kaum, dass alle Oxiner in die Bewusstlosigkeit geschickt worden waren. »Wir hatten befürchtet, dass nicht alles glatt läuft!«

»Huxley«, erwiderte Zutrack erfreut, »ich bin dir und deinen Leuten wieder einmal zu tiefstem Dank verpflichtet. Es tut mir leid, wie das alles …«

»Dafür ist jetzt keine Zeit«, unterbrach ihn der Kommandant der CHARR. »Halte Tritjack gut fest und folgt uns beide sofort! Aber lauft! Macht keine großen Sprünge. Wenn wir noch einmal angegriffen werden, solltet ihr in unserer Nähe sein.« Er klopfte dabei auf seinen Multikarabiner. »Wir halten euch beiden den Rücken frei. Also los!«

Zutrack reichte den bewusstlosen Tritjack an Sadlock weiter, der diesen wortlos entgegennahm. Die Gruppe setzte sich in Bewegung, doch der Admiral scherte aus und griff sich einen der bewusstlosen Oxiner.

»Was soll das?«, bellte Huxleys Stimme zum Kraval. »Lass Sal-o-meer gefälligst liegen! Wir haben unseren Mann und ziehen ab! Wir machen keine Gefangenen!«

»Er hat möglicherweise wertvolle Informationen für uns. Wir sollten ihn mitnehmen und ausquetschen! Er weiß sicher einiges, möglicherweise auch über den Unbekannten«, erklärte Zutrack seinen Plan.

»Das ist Unsinn«, begann Huxley, doch Zutrack fuhr ihm dazwischen: »Außerdem, sieh dir das Durcheinander an, das wir angerichtet haben! Wir werden sicherlich eine Art Unterhändler benötigen, wenn die Oxiner zur CHARR kommen und Vergeltung für den Angriff fordern.« Der Admiral hoffte, dass wenigstens dieses Argument Huxley besänftigen würde.

»In dem Fall hilft es nicht, wenn wir den Unterhändler vorher entführen«, hielt der Kommandant der CHARR ruhig dagegen. »Das würde ein schlechtes Licht auf uns werfen.«

Admiral Zutrack zögerte kurz und warf sich den bewusstlosen Oxiner dann kommentarlos über die Schulter. »Für Diskussionen ist jetzt keine Zeit«, entschied er und marschierte ohne ein weiteres Wort zu verlieren aus dem Park, auf die Straße und zurück in Richtung der CHARR.

Sadlock folgte ihm. Huxley und dessen Leute schlossen zu ihnen auf. Sie sicherten die Kraval in jede Richtung ab, während sie die inzwischen wie leergefegt daliegende Straße von Prooxin entlangeilten.

Zutrack wusste, dass es noch nicht vorbei war. Aber er kannte Huxley als einen pragmatischen Mann. Er glaubte, dass Huxley es nicht riskieren würde, Zeit zu verschwenden, um den Schlamassel vor Ort auszudiskutieren. Es war nicht der richtige Moment dafür. Aber der würde noch kommen, fürchtete Zutrack und hoffte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

*

Chuck Dembo lief, so schnell er konnte, in Richtung der Häuserschluchten. Er drehte sich nicht um, bis er den Park verlassen hatte. Er und Seem Sapinsky hatten eigentlich zu Tritjack gehen wollen, um zwischen den Kraval zu vermitteln, doch bevor sie die drei erreicht hatten, waren die Terraner gekommen. Die beiden Männer blieben keuchend stehen.

»Ich fasse es nicht!«, murmelte Sapinsky. »Sie haben die Oxiner einfach niedergeballert!«

»Es waren Strich-Punkt-Strahlen«, beruhigte Dembo ihn, doch er selbst war auch entsetzt. Was hatten die Einheimischen denn getan? Hatten nicht Admiral Zutrack und Sadlock das Gesetz dieser Welt gebrochen?

»Glaubst du, die haben Captain Bontempi nur unter einem Vorwand zurück in die CHARR gelockt?«, fragte nun Sapinsky.

Sein Kollege nickte langsam. »Ja, das kann gut sein.«

»Dembo, Sapinsky, haben Sie keine Armbandviphos dabei?«, erkundigte sich Mike »JCB« Brown bei den beiden. Sie hatten ihn nicht kommen gehört und sahen erschrocken zu ihm. Er trug ebenfalls einen weißen W-Anzug und kam, gefolgt von zwei weiteren Mannschaftsmitgliedern der CHARR, zu ihnen. Den Multikarabiner hielt er locker in den Händen. »Sie sollen sich auf der CHARR einfinden! Die Mitteilung sollte Sie schon vor einer Stunde erreicht haben.«

Chuck Dembo fühlte sich unwillkürlich von seinen Mannschaftskollegen bedroht. Würden sie auch auf mich schießen?, überlegte er. Was er gesehen hatte, hatte ihn schwer erschüttert.

»Die sind doch verrückt geworden!«, rief er aus. Er deutete vage in Richtung des Chaos, das Admiral Zutrack und Sadlock angerichtet hatten. »Sehen Sie sich das doch an, Mike! Die armen Oxiner! Was soll das alles? Wenn Tritjack hierbleiben will, dann lassen Sie ihn doch!«

»Es war niemals unsere Absicht, dass jemand verletzt wird, und bisher ist uns das auch gelungen«, bekannte Brown ruhig.

»Ach, und wenn wir jetzt nicht mitkommen, dann droht auch uns ein tragischer Unfall?«, giftete Chuck. Er spürte, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. »Betäuben Sie uns dann auch? Gehen wir jetzt so miteinander um?«

»Chuck, wir kennen uns. Habe ich Ihnen je Anlass gegeben, mir nicht zu vertrauen?«, versuchte Brown ihn zu beruhigen. »Außerdem ist es nicht meine Anordnung, sondern die des Kapitäns. Es ist keine Bitte, sondern ein Befehl, der alle zum Schiff zurückbeordert.«

»Warum tragen Sie einen Parafeldabschirmer?«, erkundigte sich Sapinsky unvermittelt, bevor Dembo noch etwas erwidern konnte.

»Dazu darf ich Ihnen leider nichts sagen«, entgegnete dieser. »Aber Sie müssen mir glauben, dass Sie sich in der Stadt in Gefahr befinden und dringend zurück an Bord der CHARR kommen müssen.«

»Was für eine Gefahr? Von den Oxinern? Die sind doch vollkommen friedliebend – jedenfalls, solange keine Kraval in ihrer Stadt wüten!«, ereiferte sich Dembo, doch Sapinsky unterbrach ihn: »Chuck, wir sollten mitgehen.« Er sah ihn eindringlich an. »Wirklich! Verstehst du das denn nicht?«

»Was?«, platzte es verwirrt aus Dembo heraus. »Nach dem, was wir da gesehen haben? Ich denke eher darüber nach, hierzubleiben und mich den Oxinern anzuschließen! Die wissen sich offensichtlich eher zu benehmen!«

»Das meinst du doch nicht im Ernst!«, erwiderte Sapinsky entschieden. »Hat dir der Kapitän jemals einen Grund gegeben, an ihm zu zweifeln?«

»Nein«, gab Chuck nun kleinlaut zu.

»Und der Kapitän war gerade im Park dabei. Er hat das Kommando angeführt. Auf wen können wir uns in der endlosen Weite zwischen den Sternen verlassen, wenn nicht auf uns? Er trägt einen Parafeldabschirmer! Du kommst selbst darauf, was das bedeuten könnte, oder? Wieso sollte er wohl einen solchen tragen?«

Dembo spürte, wie ihm ein kalter Schauer den Rücken herunterlief, als er dem Gedanken von Sapinsky folgte. Natürlich!, schoss es ihm durch den Kopf. Jemand Fremdes nahm Einfluss auf ihre Gedanken! Gab es Telepathen auf Oxin?

»Wenn wir beeinflusst würden, könnte man keine relevanten Informationen mit uns teilen«, stimmte er nachdenklich zu. Er verzog das Gesicht, als würde er in eine saure Frucht beißen. »Na schön. Gehen wir!«

2.

Generaloberst Frederic Huxley betrat die Zentrale der CHARR. Er wurde von seinem Ersten Offizier Lee Prewitt begrüßt, der während seiner Abwesenheit das Kommando gehabt hatte. Ansonsten waren lediglich der Meeg Zitrinja und der Funktechniker John Butrovich sowie der Ortungsoffizier Jeff Perry anwesend. Alle Terraner in der Zentrale trugen Parafeldabschirmer, seit die Nogk ihre Befürchtung geäußert hatten, dass Unknown über telepathische Kräfte verfügen könnte. Die Kraval durften die Zentrale aktuell nicht betreten, weil sie die für sie viel zu kleinen Parafeldabschirmer nicht auf ihren gewaltigen Schädeln tragen konnten. Da nicht klar war, wie weit der Einfluss von Unknown reichte, waren sie somit von den meisten Entscheidungsprozessen an Bord der CHARR ausgeschlossen – was allerdings keinen allzu großen Unmut bei ihnen hervorrief, da sie ohnehin nur Gäste an Bord waren.

»Geben Sie mir einen kurzen Lagebericht, Mister Prewitt«, wies Huxley seine Nummer Eins an. »Hat Doktor Berger etwas Neues über die fremdartige Substanz in Captain Bontempis Gehirn herausgefunden?«

»Die Tests laufen noch«, informierte Prewitt den Kapitän, während dieser sich auf den Kommandosessel setzte. Er stand neben ihm, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Allerdings hat er auch mehrere Proben von anderen Mitgliedern der Mannschaft genommen und dort unterschiedlich hohe Konzentrationen der unbekannten Substanz gefunden. Auffälligerweise waren mehrere Besatzungsmitglieder dabei, die zu spät oder gar nicht zu ihrer jeweiligen Schicht erschienen sind.«

»Hat die Rettungsaktion inzwischen alle sicher in die CHARR zurückgebracht?«, wollte Huxley wissen. »Ist die Mannschaft wieder vollständig?« Er hatte angeordnet, dass gemeinsam mit der kleinen Kommandogruppe, die er selbst angeführt hatte, um bei Admiral Zutrack nach dem Rechten zu sehen, weitere Gruppen von der CHARR aufbrachen. Ihr Ziel war es gewesen, die wenigen verbliebenen Besatzungsmitglieder zurückzuholen, die sich nicht mehr meldeten oder der Aufforderung, zum Dienst zu erscheinen, nicht gefolgt waren. Es waren nur eine Handvoll gewesen, die auch nach mehrmaligen Versuchen der Kontaktaufnahme nicht reagiert hatten.

»Es befinden sich alle wohlbehalten an Bord, mit Ausnahme der Nogk.« Lee Prewitt sah bei diesen Worten auffordernd zu dem Meeg Zitrinja, der als ein Verbindungsmann zwischen der CHARR und den Nogk auf dem Planeten fungierte. Die Nogk hatten schon länger den Verdacht, dass Unknown telepathische Fähigkeiten besaß und deswegen nach Genehmigung durch Huxley eine eigene Operation gestartet.

Der Meeg trat zum Kapitän. Leider gibt es von Tantals und Krymms Gruppe bisher noch immer keine Meldung. Ich habe es immer wieder versucht. Entweder sie können nicht antworten oder sie wollen es nicht. Beides ist natürlich möglich. Da ich in die genauen Eckdaten der Operation nicht eingeweiht bin, kann ich dir leider nicht mehr sagen als bei ihrem Aufbruch, sendete Zitrinja semitelepathische Bilder an Huxleys implantierten Spezialtranslator.

»Für jede gute Nachricht gibt es immer auch eine schlechte«, sagte der Generaloberst und zuckte mit den Schultern. »Wir müssen darauf vertrauen, dass die Nogk wissen, was sie tun. Ich nehme an, dass wir noch immer nicht starten können?« Er sah bei diesen Worten zu seinem Ortungsoffizier Jeff Perry.

»Trotz sorgfältiger Analyse haben wir noch immer nicht herausbekommen, was für ein Energiefeld uns am Boden hält«, erklärte dieser. »Mister Erkinsson hat aber vor Ort aus dem Maschinenraum bestätigt, dass es ein externer Faktor sein muss. Die CHARR ist weitgehend einsatzbereit. Das bestätigen die Ergebnisse der Systemanalyse. Auch den Informationen unserer Bordinstrumente zufolge sollten wir problemlos starten können – zumindest in der Theorie.«

»Nur heben wir einfach nicht ab, wenn wir es versuchen«, murmelte Huxley nachdenklich. »Ist wenigstens der Testflug mit der FO I gelungen?«

Der Spindelraumer FO I diente als Beiboot der wesentlich größeren CHARR und war Huxleys Raumschiff gewesen, bevor Charaua ihm den Ellipsoidraumer im Sommer 2057 als Zeichen der Anerkennung für seine Verdienste um die Nogk geschenkt hatte. Seit der Landung auf Oxin hatte er das kleinere Raumschiff noch nicht gestartet, um weder den Oxinern noch Unknown sein »Ass im Ärmel« zu offenbaren. Doch Huxley hatte sich angesichts der bedenklichen Ereignisse auf diesem Planeten umentschieden und einen Testflug angeordnet. Ihm behagte es nicht, dass die CHARR womöglich von einem Energiefeld am Boden gehalten wurde.

»Der Teststart ist fehlgeschlagen, Sir«, informierte Prewitt ihn. »Sergeant Maxwell hat ihn durchgeführt, und er ist nicht gelungen. Es scheint, als würde das Energiefeld uns auch dort behindern. Aktuell versucht Maxwell mit Stig Malmgren und Rorr herauszufinden, woran es liegt. Möglicherweise verrät uns ein erneuter Startversuch der FO I etwas mehr über die Wirkungsweise der mutmaßlichen Kraftfelder, als wir es mit den bisherigen Tests erfahren würden.«

Huxley nickte. »War sonst noch etwas?«

»Ich muss Sie leider darüber informieren, dass Doktor Berger vier Besatzungsmitglieder hat ruhigstellen müssen. Alle haben eine nachweislich hohe Konzentration der fremden Substanz im Gehirn. Es kam niemand zu Schaden, doch sie haben ziemlich randaliert.«

»Ich empfange einen Funkspruch«, unterbrach der Funktechniker John Butrovich ihr Gespräch. »Kein Bild, nur Audio. Herkunft kann nicht genau bestimmt werden. Ich tippe darauf, dass es Unknown ist.«

Huxley setzte sich aufrecht in seinen Kommandantensessel. »Stellen Sie ihn durch!«

»Der Kanal ist offen«, schaffte es Butrovich noch zu sagen, als bereits die Stimme von Unknown laut und deutlich in der Zentrale zu hören war.

»Was fällt dir ein, Huxley?«, bellte sie los. »Bist du denn völlig von Sinnen oder seid ihr als Spezies so?«

Huxley stellte erstaunt fest, dass die Stimme des Fremden dieses Mal deutlich emotionaler klang. Unknown wirkte aufgebracht, seine Stimme zitterte geradezu vor Erregung. Der Kommandant der CHARR konnte sich den Grund dafür denken.

»Die Oxiner haben euch mit offenen Armen empfangen«, fuhr Unknown fort, »und deinen Leuten wirklich jeden Wunsch von den Lippen abgelesen! Sie haben sich sehr große Mühe gegeben, damit deine Besatzung jedweden Komfort genießen kann und deine Leute danken es ihnen, indem du die Oxiner grundlos angreifst?«

»Es tut mir wirklich leid, dass es zu dieser Eskalation kam. Allerdings wollte Admiral Zutrack einen seiner Leute zurück ins Schiff holen, und die Oxiner stellten sich ihm in den Weg«, versuchte Huxley die Wogen zu glätten, doch Unknown beruhigte sich nicht im Mindesten.

»Dabei hat er gegen die Freiheitsgesetze verstoßen! Die Oxiner waren gezwungen, ihre Sicherheitskräfte zu holen. Weißt du eigentlich, wie selten diese Sondereinheit gebraucht wird? Viele Leute in Prooxin sind außer sich, weil sich ihre Gäste aus dem Weltraum derartig daneben benommen haben. Die Freiheitsgesetze sind das heilige Fundament der Oxiner und werden weder angezweifelt noch kritisiert. Sie bilden die Grundlage für ihre friedliche Lebensweise, bei der jeder Einzelne seinen Platz und einen gerechten Anteil an der Gesellschaft bekommt. Es ist für sie ein unsagbares Verbrechen, dass jemand dagegen verstößt.

Verstöße kommen nur äußerst selten vor. Die wenigen verwirrten Geister gliedern sich nach einer kurzen Zeit der Korrektur immer wieder gut in die Gesellschaft ein. Du aber hast noch einen draufgesetzt, indem du mit deinen Leuten auf die wehrlosen Oxiner geschossen hast. Wozu das alles? Damit deine Leute ihrer gerechten Strafe entfliehen können? Und dann habt ihr auch noch einen Oxiner entführt!«

Huxley atmete tief ein und aus. Er musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren, das war ihm klar; nicht nur, weil seine Leute und er noch immer nicht genug über Unknown wussten, um einschätzen zu können, wie groß die Bedrohung für sie war, sondern auch für das Außenteam der Nogk. Die Libellenartigen waren noch immer irgendwo dort draußen unterwegs und würden möglicherweise in Gefahr geraten, sollte er es sich mit dem mächtigen Unbekannten verscherzen.

Ich ignoriere einfach den Vorwurf, wir hätten auf wehrlose Oxiner geschossen, überlegte er. Wehrlos waren die Sicherheitskräfte der Oxiner nämlich keineswegs!