Selbst aktiv statt fremd bestimmt - Fea Finger - E-Book

Selbst aktiv statt fremd bestimmt E-Book

Fea Finger

0,0

Beschreibung

"Partizipation? Das gibt es bei uns schon lange!" Wie die Teilhabe von Kindern in pädagogischen Einrichtungen aber tatsächlich gelebt wird, ist so unterschiedlich wie die Institutionen selbst. Fea Finger zeigt auf, was "echte" Partizipation bedeutet, welche Hindernisse und Missverständnisse es in Bezug auf dieses wichtige Thema gibt und wie gelingende Teilhabe in allen Bereichen des Kita-Alltags konkret umgesetzt werden kann.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 118

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2024

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlagkonzeption und -gestaltung: Gestaltungssaal, Rohrdorf bei Rosenheim

Satz: Sabine Hanel, Gestaltungssaal

Coverillustrationen: © Dzm1try - shutterstock, pokki77 - shutterstock,redstone - shutterstock, Sabine Hanel

Illustrationen im Innenteil: © Dzm1try - shutterstock,redstone - shutterstock, Sabine Hanel

E-Book-Konvertierung: Konvertierer

ISBN (Print) 978-3-451-39944-2

ISBN EBook (EPUB) 978-3-451-83081-5

ISBN EBook (PDF) 978-3-451-83080-8

Inhalt

Einleitung

1 Partizipation – was bedeutet das für die pädagogische Praxis?

2 Partizipation beginnt im Kopf

3 Partizipation ist ein Dialog

4 Selbstbestimmungsrechte, Mitbestimmung & Mithandlungsrechte

5 Verständigung über Partizipation im Team

6 Grenzen der Partizipation

7 Beschwerdemanagement für Kinder

8 Wie die Empathieschleife dabei hilft, partizipativ zu handeln

9 Ankommen am Morgen

10 Herausforderung Morgenkreis

11 Das Selbstbestimmungsrecht bei den Mahlzeiten

12 Mitbestimmung beim Schlafen und Ausruhen

13 Stressfalle Garderobe?

14 Partizipation als Erleichterung der Arbeit

15 Eltern und Partizipation

16 Beobachtungen und Teilhabe der Kinder

Exkurs: Die Macht pädagogischer Fachkräfte

Exkurs: Partizipation beim Wickeln

Exkurs: Müdigkeit und Partizipation in der Krippe

Exkurs: „Muss ich die Kinder denn jetzt bei allem fragen?“

Exkurs: Was ist eine Konsequenz?

Exkurs: Zwang zum Essen

Exkurs: Gerechtigkeit

Exkurs: Eltern in der Kita

Danke

Literatur

Einleitung

Partizipation ist wohl einer der gängigsten Begriffe in der Frühpädagogik. Gleichzeitig gibt es vermutlich keinen Begriff, der so unterschiedlich ausgelegt und verstanden wird. Für die einen scheint Partizipation eine Selbstverständlichkeit – natürlich werden die Kinder gefragt und mit einbezogen! Die anderen stellen das in Frage: Wo überall sollen Kinder denn mitbestimmen können? An was machen wir fest, ob die Kinder bereit dazu sind? Und können wir es überhaupt leisten, alle Kinder miteinzubeziehen? Was, wenn dann alle genau das Gegenteil von dem wollen, was die anderen gerade im Sinn haben? Diese und weitere Fragen beschäftigen Kita-Teams.

Partizipation ist ein Kinderrecht – und doch kann sie nur gelebt werden, wenn pädagogische Fachkräfte sich darauf einlassen, im Hier und Jetzt die Mitbestimmung und Beteiligung der Kinder an allen Entscheidungen, die sie betreffen, zuzulassen. Dafür braucht es Fachkräfte, die eine offene und fragende Haltung mitbringen, und gleichzeitig bereit sind, sensitiv auf die Kinder zu reagieren und Abläufe auch kurzfristig anders zu gestalten, um auf die Kinder besser eingehen zu können. Das erste Kapitel beschäftigt sich deshalb gleich mit der Haltung der pädagogischen Fachkräfte als Basis für Partizipation. Auch in den weiteren Kapiteln des Buches wird immer wieder deutlich, dass die Haltung und Dialogbereitschaft der Fachkräfte Partizipation erst möglich machen. Für die Kinder bedeutet Partizipation, sich selbst als Persönlichkeit entwickeln zu können und gleichzeitig Teil einer Gemeinschaft zu sein. Diese Gleichzeitigkeit stellt Fachkräfte in der Realität vor Herausforderungen. Denn sie sind nicht nur mit vielen verschiedenen Kindern und unterschiedlichen Entwicklungsphasen konfrontiert, sondern auch mit schwierigen Rahmenbedingungen, Erwartungen von Eltern und dem Anspruch an die eigene Arbeit. In den Beispielen aus der Praxis wird deutlich, wie Teams und einzelne Fachkräfte mit diesen Herausforderungen umgehen können – und wie Partizipation dennoch jederzeit gelebt werden kann.

1 Partizipation – was bedeutet das für die pädagogische Praxis?

Der Begriff Partizipation stammt aus dem Lateinischen (= participere) und bedeutet teilnehmen, teilhaben, beteiligt sein.

1.1 Die Haltung der pädagogischen Fachkraft als Basis

Alle Entscheidungen darüber, wo und wie Kinder in Kindertageseinrichtungen mit einbezogen werden und mitentscheiden dürfen und können, basieren auf der Haltung der pädagogischen Fachkräfte. Hier ist als erstes an das Prinzip der Gleichwürdigkeit zu denken. Jesper Juul (2015, S. 14) meint damit, dass alle Menschen von Geburt an die gleiche Würde haben – unabhängig vom Alter. Daraus folgt, dass Erwachsene die Gedanken und Gefühle von Kindern genauso ernst nehmen wie die eigenen oder die anderer Erwachsener und die Grenzen der Kinder wahren sollten.

In der Beziehung zwischen Kind und Fachkraft ist es die Aufgabe der Pädagog:innen, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Aus der Art und Weise, wie ihnen dabei begegnet wird, lernen Kinder unter anderem, ob ihre Sicht der Dinge für andere wichtig ist. Indem die Fachkräfte die Kinder ernst nehmen, sie nicht bevormunden oder belehren, entsteht eine gleichwürdige Beziehung. Diese Haltung zeigt sich täglich darin, wie das Fachpersonal mit den Kindern umgeht, also in Worten, Gesten, Blicken, im Tonfall, und ob die Erwachsenen wirklich bereit sind, zuzuhören, das eigene Wissen zurückzuhalten und nachzufragen. Diese dem Kind zugewandte Handlungsweise drückt sich so auch in nonverbalen Dialogen aus, zum Beispiel bei Krippenkindern, die noch nicht sprechen können (vgl. Hansen et al. 2015, S. 54f.).

Eine gleichwürdige Haltung ist auch die Grundlage für gelingende Partizipation im Kita-Alltag. Die Erwachsenen sehen das Kind mit seinen individuellen Wünschen, Bedürfnissen und Interessen – als eine Persönlichkeit, die einen eigenen Willen hat und das Recht, ernst genommen zu werden (vgl. ebd., S. 207). So erleben Kinder frühzeitig, dass sie beteiligt sind und mit entscheiden können, noch bevor sie an weiteren Formen von Partizipation innerhalb der Kindertageseinrichtung wie Gruppenabstimmungen etc. teilnehmen.

Es geht darum, eine respektvolle, dialogbereite Haltung den Kindern gegenüber einzunehmen.

1.2 Partizipation ist das Recht jedes Kindes

In Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention wird das Recht der Kinder auf Beteiligung folgendermaßen festgeschrieben: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.“

Auch im Sozialgesetzbuch VIII wird klar formuliert, welche Rechte Kinder und Jugendliche in allen Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe haben. Das SGB VIII setzt die Partizipationsorientierung der Kinder- und Jugendhilfe in differenzierte Rechte um. In § 8 SGB VIII heißt es:

„(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen (…).

(….)

(4) Beteiligung und Beratung von Kindern und Jugendlichen nach diesem Buch erfolgen in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form.“

Pädagog:innen müssen zu jeder Zeit reflektieren, wann sie ihre Macht wie nutzen. Genauso gilt es zu hinterfragen, wo sie Macht abgeben können.

Da Kinder ihre Rechte nicht selbst einfordern können, müssen die Erwachsenen, hier die pädagogischen Fachkräfte, sich mit den Rechten der Kinder auseinandersetzen (vgl. Hansen et al. 2009, S. 46).

Exkurs: Die Macht pädagogischer Fachkräfte

Die Macht der pädagogischen Fachkräfte kann in vier verschiedene Formen unterteilt werden:

• Handlungs- und Gestaltungsmacht: Raumgestaltung, Einteilung der Kinder in Gruppen, Strukturierung des Tagesablaufs, Materialien, Projekte

• Verfügungsmacht: Zugang zu Ressourcen: Was wird wann genutzt, für was wird Geld ausgegeben, welche Schränke sind verschlossen und welche nicht?

• Definitions- und Deutungsmacht: Was ist richtig, was ist falsch, was ist gut und was ist böse? Pädagogische Fachkräfte beeinflussen durch ihre Haltung und Vorerfahrungen die Kinder.

• Mobilisierungsmacht: Fachkräfte können Kinder dazu bringen, ihren Vorstellungen zu entsprechen. Dazu werden Kinder begeistert und animiert, nett und freundlich gebeten oder eben auch nicht so nett zu etwas instruiert, wenn Widerstand spürbar wird.(vgl. Hansen et al. 2015, S. 28f.)

Es herrscht ein Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen. Vielen Fachkräften ist dieser Umstand jedoch noch nicht bewusst.

Definition Adultismus

Der Begriff Adultismus benennt das Machtungleichgewicht zwischen Menschen aufgrund des Lebensalters. Dieses Gefälle durchzieht die direkten Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen und führt dazu, dass Kinder in vielen Bereichen ihres Lebens diskriminiert werden (vgl. Winkelmann 2022, S. 32f.).

Vieles von dem, was in Kindertageseinrichtungen durch Erwachsene entschieden wird, und auch wie mit den Kindern dort umgegangen wird, entsteht aus einer unbewussten und unreflektierten adultistischen Handlungsweise. So wird Kindern ihr Recht auf Mitbestimmung meistens unter dem „Deckmantel des Kinderschutzes“ oder aus echter oder vorgeschobener Sorge um ihr Wohlbefinden verwehrt.

Oft werden Kinder zwar angehört, aber nicht tatsächlich beteiligt. Ein wirkliches Mitspracherecht wird ihnen nicht eingeräumt (vgl. Franz 2016, S. 79).

Bei genauerer Nachfrage kommen hier unreflektierte Glaubenssätze der Fachkräfte zum Vorschein: „So haben wir das immer gemacht, das ist richtig so“, „So geht man eben mit Kindern um, die tanzen uns sonst auf der Nase herum“, „Das müssen wir entscheiden, um die Kinder zu schützen“, „Später müssen sie auch …“ sind Aussagen, die dann zu hören sind.

Es finden Infoveranstaltungen statt, in denen die Fachkräfte den Kindern ihre Ideen mitteilen und vielleicht zwei Kleinigkeiten entscheiden lassen oder minimale Verantwortlichkeiten abgeben. In solchen Fällen kann man höchstens von „Alibi- Partizipation“ sprechen. Um sich tatsächlich beteiligen zu können, müssen Kinder vor allem darüber informiert sein, was an alltäglichen oder auch besonderen Ereignissen stattfindet und eine realistische Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden.

1.3 Strukturelle Verankerung von Partizipation

Partizipation in Kindertageseinrichtungen findet auf verschiedenen Ebenen statt. Die Beziehung zwischen Kindern und pädagogischen Fachkräften mit einer entsprechenden Haltung (siehe Kapitel 1.1) sowie die strukturelle Verankerung der Kinderrechte bilden dabei die Grundlage für die Teilhabe an Entscheidungen auf weiteren Ebenen, wie zum Beispiel im Gemeinwesen.

Eine strukturelle Verankerung von Partizipation zeigt sich zum Beispiel in der Implementierung von Kinderparlamenten und Kinderräten, aber zuallererst darin, wie Selbstbestimmungsrechte, Mitbestimmungsrechte und Mithandlungsrechte der Kinder (siehe auch Kapitel 4) in der Kita implementiert sind. Kinder brauchen außerdem Begleitung, um zu verstehen, was ihre Rechte und Entscheidungsfreiheiten genau ausmachen. Sie müssen wissen, welche Rechte sie haben und wie sie sie nutzen können.

Außerdem ist es notwendig, dass Ressourcen wie Zeit, Räume, Unterstützung durch Fachkräfte und auch Materialien sowie die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen (vgl. Hansen et al. 2015, S. 57).

Partizipation von Anfang an

Die Kinder über ihre Rechte zu informieren und dazu zu befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen, die dann auch von den Erwachsenen ernst genommen werden, ist in allen Formen der Umsetzung von Partizipation wichtig. Nicht erst bei der Gestaltung von Kinderparlamenten.

Strukturelle Verankerung von Partizipation bedeutet daher auch, dass die Fachkräfte sich bereits für kleine und größere Situationen des Alltags überlegen, wo Kinder welche Rechte haben und was das in der Umsetzung konkret heißt. Ein partizipativ gestalteter Alltag ist die Voraussetzung dafür, dass Kinder auch in weiteren Zusammenhängen ihre Rechte verstehen und wahrnehmen können. Erst wenn im Team geklärt ist, was Selbst- und Mitbestimmung bedeuten, die Umsetzung gut im Tagesablauf verankert und auf struktureller Ebene wirklich umgesetzt und ernst genommen wird, können nächste Schritte wie die Einführung von Kinderparlamenten gegangen werden.

Strukturen der Beteiligung in Kindertageseinrichtungen müssen für die Kinder verlässlich sein.

Kinder brauchen vor allem Zeit, um nach und nach ihre Rechte kennenzulernen (vgl. Regner & Schubert-Suffrian 2021, S. 29).

1.4 Die Kita als Ort der demokratischen Bildung

Dass die Umsetzung von Partizipation demokratische Bildung ist, wird von Fachkräften häufig als Grund angegeben, mehr Mitbestimmung in der Einrichtung leben zu wollen. Aber was heißt das genau?

Demokratiebildung bzw. ein erstes Verständnis von Demokratie bedeutet in der Kita, dass Kinder erleben, Rechte zu haben, und sehen, wie demokratische Prozesse gestaltet sind. Dadurch erwerben sie erste Handlungsmöglichkeiten, um sich auch später in einer demokratischen Gesellschaft zurechtzufinden (vgl. Hansen et al. 2009, S. 50). Weniger bewusst scheint hier die Tatsache zu sein, dass Kinder in Kitas immer politische Bildung erfahren, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet wird. Sobald sich Situationen im Alltag ergeben, bei denen es darum geht, wie zwischen individuellen Interessen und denen der Gruppe unterschieden und entschieden werden kann, handelt es sich im Grunde um einen politischen Prozess. Auch aus diesen Prozessen lernen Kinder demokratische Grundlagen, wenn sie entsprechend gestaltet sind. Die Kinder können dann zum Beispiel miterleben, wie Konfliktlösungen für alle zufriedenstellend erarbeitet werden.

Kinder, die ernst genommen werden, lernen, dass sie Rechte haben, die sie einfordern können.

Im Kita-Alltag werden Materialien, Regeln und Strukturen immer wieder an die Wünsche und Bedürfnisse einzelner Kinder und/oder der Kindergruppe angepasst. Die Kinder sind Teil der Kita-Gemeinschaft, und sie erleben, dass sie ernst genommen werden. Das bedeutet auch, dass jedes Kind in seiner Individualität wahrgenommen und akzeptiert wird. So lernt das Kind, dass es Rechte hat, die es einfordern kann.

Diese Rechte gegenüber den Erwachsenen sind auch einklagbar und damit verbindlich (vgl. Regner & Schubert-Suffrian 2014, S. 22).

1.5 Partizipation als Teil des Bildungsauftrags

Bildung in Kindertageseinrichtungen wird mittlerweile als individueller Selbstbildungsprozess der Kinder verstanden. Indem die Kinder ihren Interessen nachgehen können, stellen sie sich immer weiter eigene Aufgaben, die sie dann lösen. Bildung ist dabei mehr als das Aneignen von faktischem Wissen. Mit Bildung ist hier auch die Entwicklung der Persönlichkeit und der eigenen Fähigkeiten gemeint.

Teil des Bildungsauftrages ist es, die Kinder durch eine entsprechende Umgebung und persönliche Beziehungen zu unterstützen, sich sowohl Wissen und Zusammenhänge erschließen zu können als auch ihre Identität und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Dabei wird an den Ideen und Themen der Kinder angesetzt (vgl. von der Beek et al. 2005, S. 180ff.).

Es findet also Partizipation statt, indem die Kinder selbstbestimmt entscheiden, was sie gerade interessiert, was sie spielen oder an welchem Platz in der Kita sie sich zum Beispiel aufhalten möchten. Die Frage, was die Kinder gerade beschäftigt und wie die Fachkräfte ihnen begleitend zur Seite stehen können, ist ausschlaggebend für den Lernprozess. Wieder wird bewusst, wie wichtig eine dialogbereite Haltung der Fachkräfte ist, um Partizipation zu ermöglichen.

Darüber hinaus braucht es Vertrauen in die Kinder und ihre Selbstbildungsprozesse, denn Kinder wissen instinktiv, was sie lernen wollen, und werden sich immer neue Aufgaben suchen, die dazu passen, und auf ihren bereits gewonnenen Fähigkeiten aufbauen (vgl. Wedewardt & Hohmann 2021, S. 132f.). Bildung kann also überhaupt nur dann stattfinden, wenn das Kind seinen eigenen Lernweg und seine eigenen Interessen herausfinden und ihnen folgen kann. Bildung können Erwachsene den Kindern nicht „eintrichtern“. Denn: Wirkliches Lernen passiert nur partizipativ und individuell.

Kinder wollen lernen, und es ist ihre eigene Leistung, die sie erbringen, indem sie sich die Welt erschließen.

Daraus kann man schlussfolgern, dass Partizipation und das Einlassen auf die Selbstbildungsprozesse der Kinder mehr zum Lernen beitragen als gezielte Angebote das können, die dann auch noch verpflichtend für alle Kinder oder eine bestimmte Gruppe sind. Wenn die Beteiligungsrechte der Kinder in den Konzeptionen der Einrichtungen, aber auch in den Köpfen des Fachpersonals fest verankert sind, erhalten Kinder die Möglichkeit, sich wirklich mit ihren Themen, ihren Interessen auseinanderzusetzen. Das Motto „weg vom Vermitteln hin zum selbsttätigen Aneignen“ leitet dann das pädagogische Handeln (vgl. Hansen et al. 2009, S. 47).