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Die schönsten Männer liegen der Stewardess Marina zu Füßen. Denn sie sieht nicht nur bezaubernd aus, sondern flirtet auch gerne. Trotzdem ist sie klug genug, sich nicht näher auf ihre Verehrer einzulassen. So gibt sie auch dem attraktiven Flugkapitän einen Korb, als der sie nach einem gemeinsamen Dinner in New York auf sein Hotelzimmer einladen will.
Doch bei ihrem neusten Verehrer bekommt selbst die kesse Marina weiche Knie: Dr. Niklas Heinen, ein wahnsinnig selbstbewusster, gut aussehender Mann, der bei jedem Flug in der Ersten Klasse in ihrem Zuständigkeitsbereich sitzt.
Er ist der zwielichtigste Mensch, der ihr je begegnet ist. Nicht nur, dass er sich in ihrem Hotel einquartiert hat, er taucht auch überall da auf, wo sie ist. Und immer hat er so ein ganz gewisses und - wie die Stewardess findet - ganz unverschämtes Lächeln für sie.
Eines Tages wird er auch noch vor Marinas Augen, aus der gerade in Frankfurt gelandeten Maschine heraus, verhaftet. Als die Polizisten ihn abführen, verabschiedet er sich mit einem verschwörerischen Zwinkern bei ihr ...
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Seitenzahl: 99
Cover
Der Erste-Klasse-Passagier
Vorschau
Impressum
Der Erste-Klasse-Passagier
Er war hinreißend, aber ihn umgab ein großes Geheimnis
Von Wera Orloff
Die schönsten Männer liegen der Stewardess Marina zu Füßen. Denn sie sieht nicht nur bezaubernd aus, sondern flirtet auch gerne. Trotzdem ist sie klug genug, sich nicht näher auf ihre Verehrer einzulassen. So gibt sie auch dem attraktiven Flugkapitän einen Korb, als der sie in New York auf sein Hotelzimmer einladen will.
Doch bei ihrem neusten Verehrer bekommt selbst die kesse Marina weiche Knie: Dr. Niklas Heinen, ein wahnsinnig selbstbewusster, gut aussehender Mann, der bei jedem Flug in der Ersten Klasse in ihrem Zuständigkeitsbereich sitzt.
Er ist der zwielichtigste Mensch, der ihr je begegnet ist. Nicht nur, dass er sich in ihrem Hotel einquartiert hat, er taucht auch überall da auf, wo sie ist. Und immer hat er so ein ganz gewisses und – wie die Stewardess findet – ganz unverschämtes Lächeln für sie.
Eines Tages wird er auch noch vor Marinas Augen, aus der gerade in Frankfurt gelandeten Maschine heraus, verhaftet. Als die Polizisten ihn abführen, verabschiedet er sich mit einem verschwörerischen Zwinkern bei ihr ...
Die Villa war hell erleuchtet, als ob man im Hause Bühler ein Fest feiern wollte. Dabei waren nur zwei Leute anwesend. Der Hausherr, Doktor Hartmut Bühler, Generaldirektor einer Versicherungsgesellschaft, und seine Haushälterin Florentine Wolter.
Beide machten sich gegenseitig verrückt. Hartmut Bühler lief von einem Stockwerk ins andere, blickte dabei immer wieder hinaus in den Park mit den alten Bäumen, ob nicht endlich ein ganz bestimmtes Auto die Auffahrt hinauffahren würde.
Florentine Wolter rückte Vasen und Schalen von einem Platz zum anderen, zupfte an den Tischdecken herum und seufzte dabei.
»Warum haben Sie nicht schon am Flughafen angerufen, Florentine? Das Flugzeug muss doch längst gelandet sein.«
»Ich habe angerufen, Herr Doktor. Die Maschine aus New York wurde mit Verspätung gemeldet.«
Hartmut Bühler ließ sich in einen der vielen Sessel fallen, die in der Halle herumstanden.
»Jetzt ist Schluss, Florentine. Ich halte das einfach nicht mehr aus, diese dauernde Angst und Ungewissheit. Warum hat das Kind unbedingt Stewardess werden müssen? Sie hat doch alles, was sie braucht, und ist wirklich nicht darauf angewiesen, Geld zu verdienen.«
»Soll ich Ihnen eine Tasse Tee bringen, Herr Doktor?«
»Nein, das sollen Sie nicht! Ich will, dass endlich meine Enkeltochter nach Hause kommt.«
Es war nicht das erste Mal, dass Hartmut Bühler voller Angst auf seine Enkelin wartete. Sein Sohn und seine Schwiegertochter, Marinas Eltern, waren vor drei Jahren ausgerechnet bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen.
Seitdem lebte seine Enkelin im Hause ihres Großvaters, geliebt und umsorgt.
Hartmut Bühler versuchte, Marina jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Aber das hatte alles nichts genützt. Kurz nach dem tragischen Tod der Eltern hatte Marina ihren Großvater mit dem festen Wunsch überrascht, Stewardess zu werden. Sie behauptete, auf diese Art am besten den Tod ihrer Eltern überwinden zu können.
Ihre Ausbildung hatte Marina mit den höchsten Noten abgeschlossen, was Hartmut Bühler noch mit einem gewissen Stolz hingenommen hatte. Als es dann aber ernst zu werden begann, als Marina bald auf den langen, internationalen Strecken eingesetzt wurde und oft mehrere Tage von zu Hause fernblieb, war es mit der Gelassenheit des alten Herrn vorbei.
»Ich lasse mich pensionieren«, hatte er seiner Enkeltochter vorgeschlagen. »Wir können miteinander auf Reisen gehen, können uns die ganze Welt zusammen anschauen, wenn du willst. Aber bitte, flieg nicht mehr in der Weltgeschichte herum. Du hast es doch nicht nötig, andere Leute zu bedienen und dich dumm anreden zu lassen.«
»Ich sorge schon dafür, dass mich niemand dumm anredet«, hatte ihm Marina selbstbewusst geantwortet. »Mir macht mein Beruf Spaß.«
»Und deinen Großvater bringt er vorzeitig ins Grab«, hatte er resigniert geantwortet.
Und so pendelte Hartmut Bühler zwischen Hoffen und Bangen hin und her. Er war außer sich vor Freude, wenn Marina gesund und wohlbehalten von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückkehrte, und stürzte bald darauf wieder in tausend Ängste, wenn sie sich verabschiedete, um in andere Erdteile zu fliegen.
»Ich habe eben ein Auto gehört«, sagte er und sprang auf. »So schauen Sie doch endlich nach, ob Marina gekommen ist.«
Florentine hatte nichts gehört, aber sie stürzte gehorsam zum Fenster, schob den schweren Vorhang beiseite und starrte in die Nacht hinaus.
»Es ist leider nichts, Herr Doktor.«
»Dann rufen Sie noch mal in Frankfurt an. So große Verspätungen gibt es doch gar nicht auf der Linie New York-Frankfurt.«
Florentine telefonierte. Sie bekam die gleiche Auskunft wie zuvor. Die Maschine war mit Verspätung in New York gestartet.
»Darf ich Ihnen nicht wenigstens eine Kleinigkeit zurecht machen, Herr Doktor? Sie haben überhaupt noch nichts gegessen.«
Hartmut Bühler war der beste Dienstherr, den sich Florentine Wolter wünschen konnte. Seit mehr als zwanzig Jahren, seit dem frühen Tod seiner Frau, führte ihm Florentine den Haushalt, nur unterstützt von einem jungen Mädchen, das jeden Tag ins Haus kam, aber außerhalb bei ihren Eltern wohnte.
Nur wenn er auf seine Enkelin wartete, wenn ihn die Angst um sie richtig durchschüttelte, wurde er gereizt, ungeduldig und manchmal sogar unleidlich.
Florentine nahm das nicht tragisch, denn es war jedes Mal dasselbe.
Wenn die Zeit heranrückte, wenn Hartmut Bühler im Abstand von Minuten auf die Uhr starrte oder am Fenster stand, wenn Marina nach seinem Zeitbegriff längst zu Hause sein müsste, dann begann seine Leidenszeit. Für ihn und für Florentine.
Dann war seine Angst stärker als seine Selbstbeherrschung. Dann war Hartmut Bühler nur noch ein flatterndes Nervenbündel, nicht der große Generaldirektor, der für Milliardenbeträge verantwortlich war und sich in seiner Arbeit noch nie hatte aus der Ruhe bringen lassen.
Hartmut Bühler war ein hochgewachsener, schlanker Mann. Volle schlohweiße Haare passten zu seinem markanten, hart geschnittenen Gesicht, das manchmal ganz weich und hilflos wirkte, wenn die Angst um seine Enkeltochter seine Augen trübte und den schmallippigen Mund zittern ließ.
Jetzt blieb er vor seiner Haushälterin stehen.
»Wie lange soll ich das noch mitmachen, Florentine? Ich weiß doch, dass mich Marina lieb hat. Aber warum quält sie mich so? Mit dem Verstand kann ich mir hundertmal vorrechnen, dass ein Flug ungefährlicher ist als die Fahrt vom Flughafen nach Kronberg. Dass die Statistik ...«
Er hielt inne und hob den Kopf. Seine Züge entspannten sich etwas.
»Jetzt ist aber ihr Auto gekommen. Ich kenne das Motorengeräusch.«
Er drehte sich um und rannte zum Fenster. Der Park blieb dunkel, und enttäuscht, fast hilflos, hob er die Schultern.
»Dem Kind ist was passiert. Es kann ja gar nicht anders sein. Drei Stunden Verspätung von New York nach Frankfurt. Das gibt es ja nicht einmal im Charterverkehr.«
»Man würde sofort bei uns anrufen, Herr Doktor. Die Leute wissen doch, dass wir uns um Marina sorgen.«
»Nichts wissen sie«, schrie er los. »Das sind doch alles Ignoranten. Denen geht es nur ums Geschäft, um sonst gar nichts. Was wiegt denn heute noch ein Menschenleben? Sagen Sie mir das, Florentine! Wo täglich Tausende und Abertausende auf der Welt umkommen!«
Als er merkte, dass seine Haushälterin zu weinen anfing, nahm er sie in die Arme und drückte ihren Kopf an seine Brust.
»Sie dürfen mich jetzt nicht ernst nehmen, Florentine.«
Er führte sie zu der Sesselgruppe. Sie musste sich neben ihn setzen. Es war ihm unmöglich, jetzt allein zu sein.
Die Minuten dehnten sich zu Ewigkeiten.
»Ob wir noch einmal anrufen sollen?«, fragte er nach einer Weile.
»Ich kann es probieren, Herr Doktor.«
Als Florentine aufstand, um zum Telefon zu gehen, hörten sie das bekannte Hupen von Marinas Wagen. Gleich darauf strichen die Lichter der Scheinwerfer über die Fenster, weil Marina voll aufgeblendet hatte.
Hartmut Bühler und Florentine öffneten die Tür zur Veranda, um schneller in den Park zu kommen.
Marina stieg aus, als ihr Großvater die breit angelegten Stufen hinunterrannte und sie wortlos in die Arme schloss.
»Opa, du zitterst ja«, sagte seine Enkeltochter und machte sich aus seinen Armen frei. Sie sah ihm in die Augen.
Marina war fassungslos, denn sie hatte ihren Großvater noch nie weinen gesehen. Nicht einmal an dem Tag, als er seinen einzigen Sohn, Marinas Vater, und seine Schwiegertochter auf dem letzten Gang zum Friedhof begleiten musste.
»Mir ist wohl Rauch in die Augen gekommen«, erwiderte er mit vibrierender Stimme.
»Wo hast du deine Zigarre?«
»Ausgemacht, als ich dich endlich den Kiesweg entlang fahren sah. Ihr seid eine verfluchte Fluggesellschaft«, fügte er noch hinzu, um seine Gemütsbewegung zu kaschieren. »Ist euch vielleicht unterwegs der Sprit ausgegangen?«
»Wir mussten wegen eines Sturms einen großen Umweg machen. Außerdem sind wir gut eine Stunde verspätet abgeflogen. Solche Pannen summieren sich dann.«
»Dass du nur gesund wieder da bist«, sagte er und führte seine Enkeltochter die Treppen hoch.
Florentine griff nach Marinas Hand.
»Ich bin ja so froh, Marina. Ich habe schon ein paar Mal am Flughafen angerufen. Aber die wussten ja auch nichts Genaues über die Ankunft. Haben Sie Hunger? Ich habe noch ein paar Pasteten aufgehoben, die Sie immer so gern essen. Ich kann sie schnell im Grill aufwärmen.«
»Ich habe auch einen Mordshunger, Florentine«, sagte der Doktor. »Ich werde Marina Gesellschaft leisten.«
Florentine verschwand in der Küche, und Marina machte ihrem Großvater eine große Freude. Sie sagte ihm nämlich, dass sie jetzt gern mit ihm ein Glas Kognak trinken würde.
Für den Doktor war das jedes Mal eine fast heilige Handlung, wenn er die vielen verschiedenen Sorten aufzählen durfte, um seiner Enkelin die Auswahl zu überlassen.
Dabei entschied sie sich fast immer für die gleiche Sorte. Einen Otard, einen von der ganz alten und besonderen Sorte, den Lieblingskognak ihres Vaters.
Und auch heute sagte sie wieder: »Unseren Otard, Opa. Und es darf ruhig ein Doppelter sein, weil ich nämlich drei Tage freihabe.«
♥♥♥
Sie frühstückten auf der Terrasse. Hartmut Bühler ließ sich viel Zeit. Er machte keinerlei Anstalten, nach Frankfurt ins Büro zu fahren.
»Musst du nicht weg, Opa?«, fragte Marina, als sie ihm die dritte Tasse Kaffee einschenkte.
Er strahlte über das ganze Gesicht.
»Siehst du, das ist der Vorteil, wenn man der Chef ist. Ich habe mich entschieden, heute und morgen zu Hause zu bleiben. Freust du dich?«
Er bekam einen Kuss. »Wenn ich sage, ich freue mich, dann ist das viel zu schwach ausgedrückt. Es ist einfach ganz, ganz toll.«
»Wir werden niemanden einladen und auch keine Besuche machen«, bestimmte Hartmut Bühler.
»Und wir werden auch nicht über die Fliegerei sprechen. Es ist kein Thema für drei wunderschöne Tage«, ergänzte Marina.
Ein Schatten flog über das Gesicht ihres Großvaters.
»Doch, Marina, das müssen wir. Meine Anschauung über deinen Beruf ist dir ja bekannt. Aber vielleicht weißt du nicht, dass ich tausend Tode sterbe, wenn du in der Luft bist.«
»Ach, Opa ...«
»Bitte, lass mich ausreden«, sagte er ernst. »Ich will mit meiner Angst nicht kokettieren. Vielleicht ist sie eine Alterserscheinung, was in meinen Jahren immerhin möglich wäre. Aber ich kann sie nicht überwinden, Marina. Auch wenn ich mir alle Mühe gebe. Florentine hat mit mir allerhand auszustehen, wenn ich im Haus umherlaufe oder am Fenster stehe. Wenn mich jedes vorbeifahrende Auto elektrisiert und bei mir Qualen auslöst, die ich nicht beschreiben kann. Ich bitte dich, Marina. Gib deinen Beruf auf. Ich habe nur dich auf dieser Welt.«
Marina ging um den Tisch herum und umarmte ihren Großvater.
»Ich bin auch voller Angst«, flüsterte sie. »Nur ist diese Angst ganz anders als deine. Die Eltern sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Es mag unlogisch sein, ja sogar verrückt klingen, aber wenn ich über den Wolken dahingleite, dann verliere ich meine Ängste. Und ich will meine Angst ganz loswerden. Deshalb bin ich Stewardess geworden. Wirklich nur deshalb. Und ich verspreche dir, dass ich es nicht lange sein werde.«
»Was heißt ›nicht lange‹? Ein Jahr? Zwei Jahre?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Marina. »Vielleicht sind es auch nur ein paar Monate. Ich kann es dir nicht erklären, Opa. Aber ich habe die feste Meinung, dass ich nur durch das Fliegen die Gedanken an den furchtbaren Tod der Eltern loswerden kann.«
Ihr Gespräch wurde durch Florentine unterbrochen.
»Draußen ist ein Herr, der Sie besuchen möchte, Marina.«
»Till Seibert ...«