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Er weiß nicht, warum sie ihn hasst ...
Hockey-Star Quinn ist es gewohnt, dass die Frauen ihm zu Füßen liegen. Doch George, die einzige, die ihn wirklich interessiert, zeigt ihm die kalte Schulter und macht ihm deutlich klar, was sie von ihm hält. Doch das heiße Prickeln zwischen ihnen ist stärker als alles, was er bisher erlebt hat. Und ihn lässt das Gefühl nicht los, dass es mehr als nur sein Ruf als Player ist, der George abschreckt - warum sonst sollte ihre Abneigung so leidenschaftlich sein?
Band 2 der SLAYERS-Hockey-Reihe
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Seitenzahl: 272
Veröffentlichungsjahr: 2023
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Mira Lyn Kelly bei LYX
Leseprobe
Impressum
MIRA LYN KELLY
Slayers
WAS ZWISCHEN UNS WAR
Roman
Ins Deutsche übertragen von Michael Krug
Er weiß nicht, warum sie ihn hasst …
Hockey-Star Quinn ist es gewohnt, dass die Frauen ihm zu Füßen liegen. Doch George, die einzige, die ihn wirklich interessiert, zeigt ihm die kalte Schulter und macht ihm deutlich klar, was sie von ihm hält. Doch das heiße Prickeln zwischen ihnen ist stärker als alles, was er bisher erlebt hat. Und ihn lässt das Gefühl nicht los, dass es mehr als nur sein Ruf als Player ist, der George abschreckt – warum sonst sollte ihre Abneigung so leidenschaftlich sein?
Für Lori Rattay
Letzte Saison
Es reicht. Keine Puck-Bunnys mehr.
Nur ein einziges Mal habe ich mich mit Handschellen an ein Bett fesseln lassen – zu denen es keinen Schlüssel gab –, und noch Monate später holt es mich immer wieder ein.
Nachdem ich das neueste GIF in meinen Nachrichten – diesmal von der Frau des Sportdirektors – gelöscht habe, starre ich finster auf den Getränkeautomaten im Krankenhaus und den gefährlich vollen Pappbecher mit Kaffee. Das wird wehtun.
Schon das Bücken, um den Becher zu nehmen, ist schlimm, aber beim Aufrichten bricht mir kalter Schweiß aus. Mein ganzer Körper schmerzt. Meine Knöchel sind geschwollen und aufgeplatzt. Meine Schulter fühlt sich an, als hätte jemand versucht, mir den Arm auszukugeln. Von meinen Knien will ich gar nicht erst anfangen – verdammt.
Was für ein Debakel.
Wir haben schon vor dem Spiel gewusst, dass es heute Abend rau zugehen würde. Auch wenn man von der ausgeprägten Rivalität mit den Epics einmal absieht, ist Eishockey ein körperbetonter Sport. Wenn man aufs Eis geht, ist einem klar, dass damit Risiken verbunden sind. Aber Herrgott noch mal, wir treten auch nicht in der Donnerkuppel an.
Doch jetzt liegen zwei unserer besten Spieler im Krankenhaus, und das Arschgesicht, das die Prügelei angefangen hat, wird auf der anderen Seite der Stadt zusammengeflickt. An solchen Abenden beneide ich die Spieler, die zu jemandem nach Hause gehen können. Zu einem Menschen, bei dem sie darauf vertrauen können, dass er ihnen zuhört und dem sie erzählen können, wie beschissen es gelaufen ist.
Ja, so jemand wäre im Moment echt großartig.
Trotzdem … keine Puck-Bunnys.
Ich atme tief durch und biege um die Ecke in einen etwas privaten Warteraum. Greg Baxter, der Kapitän meiner Mannschaft, hat mir getextet, dass seine kleine Schwester dort gerade völlig ausflippt. Nur hat er nicht erwähnt, dass sie nicht allein ist.
Heilige Scheiße.
Der Kaffee ist so heiß, dass er mir die Haut verbrüht, als er über den Rand des Pappbechers schwappt, weil ich plötzlich vergesse, wie man geht. Jede Zelle meines Körpers konzentriert sich nämlich schlagartig auf die Rothaarige, die eine Hand sanft an Nats Arm gelegt hat.
Ihr Haar umrahmt in kurzen, feurigen Wellen ihr Gesicht. Und was für ein Gesicht. Mein Herzschlag beschleunigt sprunghaft. Meine Füße gehen doppelt so schnell, als könnte ich nicht früh genug einen genaueren Blick auf sie werfen.
Sie ist zwar nicht so groß wie Nat, trotzdem würde ich mein linkes Ei darauf verwetten, dass sie Sportlerin ist, weil sie diese selbstbewusste, wachsame Körperhaltung hat. Sie trägt ein perfekt sitzendes Foo-Fighters-T-Shirt. Ihre Cargohose lässt kräftige Beine und einen phänomenalen Hintern erahnen.
Helle Sommersprossen bedecken ihr Gesicht, und ihre Lippen sind voll und sinnlich. Ihre Augen kann ich noch nicht sehen, aber da ich mich Schritt um Schritt nähere, werde ich es bald. Ich will sie unbedingt sehen. Ich muss.
Die Zeit verlangsamt sich, und ich spüre jeden schweren Schlag meines Herzens. Ein Lächeln, das ich mir nicht recht erklären kann, liegt auf meinen Lippen.
Und dann – Blickkontakt.
Honigbraune Augen begegnen meinen, und ein Gefühl, das sich verdächtig nach Wiedererkennen anfühlt, erfasst mich mit der Wucht einer Abrissbirne. Nur habe ich diese Frau noch nie zuvor gesehen. In ihren Augen blitzt etwas auf und sagt mir, dass dieses vage Gefühl nicht einseitig ist.
Ihre Lippen teilen sich. Ich warte auf ein Lächeln als Reaktion auf meines.
Das ist der Moment, von dem wir unseren Enkelkindern erzählen werden. Nur ein Blick, und ich wusste …
Oha.
Das ist kein Lächeln. Stattdessen presst sie diese verführerischen Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, sodass sie so abweisend wirkt, wie ich es nie zuvor bei einer Frau gesehen habe. Und der Blick aus ihren ausdrucksstarken Augen, die sich rasant zu Schlitzen verengen, wird plötzlich hart wie Stein.
In dem Moment bemerkt mich Natalie, und ich nicke ihr zu. Dann reiße ich mich zusammen und reiche ihr den Kaffee. Dabei bemühe ich mich, nicht die junge Frau anzuglotzen, deren stinksaurer Blick mich geradezu davor warnt, sie anzusprechen.
Du bist in einem Krankenhaus, du Schwachkopf.
Ich bin wegen Nat hier.
Nur fasziniert mich die Frau dermaßen, dass ich mich nicht zurückhalten kann. Ich strecke die Hand aus. »Hi, ich bin Quinn O’Brian. Ich glaube, wir sind uns noch nicht über den Weg gelaufen.«
Sie ergreift meine Hand nicht. Stattdessen fragt sie mit hochgezogener Augenbraue: »Würdest du dich denn daran erinnern, wenn’s anders wäre?« Ihre leise, sinnliche Stimme streicht sanft über mein Hirn, als wäre es ihr irgendwie gelungen, eine schwer zu erreichende juckende Stelle zu kratzen. Dann jedoch dringen ihre Worte zu mir durch, und ich begreife.
Mist. Sie weiß, wer ich bin. Und nicht nur vom Eishockey.
»Ist mein Ruf so schlecht?«, frage ich und reibe mir verlegen grinsend den Nacken.
Ich weiß, dass es so ist. Ich kenne die Social-Media-Postings. Die Umfragen. Die Puck-Bunnys, die sich über jeden Spieler der Chicago Slayers auslassen, bei dem sie gepunktet haben. Und ich weiß, wie oft mein Name dabei fällt. Bisher hat mich das nie gestört.
Aber jetzt?
Gern würde ich ihr sagen, dass nicht stimmt, was immer sie gehört hat. Dass es übertrieben ist … nur wäre das gelogen. Und bevor mir ein Scherz einfällt oder ich auch nur daran denke, sie nach ihrem Namen zu fragen, teilt sie Nat mit, dass sie telefonieren muss, damit sich ihre Familie keine Sorgen macht.
So eine Frau ist sie also.
Das bringt mich zum Lächeln, weil es mir gefällt. Obwohl sie als so eine Frau in einer noch unerreichbareren Liga spielt als vor zehn Sekunden.
Ich beobachte, wie sie davongeht. Dann wende ich mich wieder Natalie zu, dem eigentlichen Grund für meine Anwesenheit. Heute Abend werde ich sie nicht nach ihrer Freundin fragen. Verdammt. So zornig und empört, wie mich diese Frau angesehen hat, sollte ich eigentlich gar nicht nach ihr fragen.
Aber ich weiß bereits, dass ich es trotzdem tun werde.
Es ist einfach nicht zu fassen, verdammt.
Ich husche um die Ecke, presse den Rücken an die Wand und atme langsam und zittrig ein und wieder aus, bis die Pünktchen hinter meinen geschlossenen Augen endlich verschwinden. Zusammen mit den abwegigen Gedanken, einen dritten Spieler der Slayers in ein Bett der Notaufnahme zu verfrachten.
Ich kann es nicht glauben. Nach all den Jahren.
Quinn O’Brian.
Einen halben Meter vor mir. Mit demselben Lächeln wie damals. Auf mich gerichtet. Dasselbe Lächeln, das meine Gefühle in den freien Fall versetzt hat, als ich es zum ersten Mal sah. Das mir einst den Atem verschlug. Doch danach, weniger als einen Tag später, war ich gedemütigt zurückgeblieben. Am Boden zerstört. Damals hatte ich zahllose Fantasien darüber, wie ich meinen Zorn an ihm auslassen würde, falls ich ihn je wiedersehen sollte.
So viel dazu. Meine Knie hätten fast nachgegeben, als ich aufschaute und mich diese dämlichen meergrünen Augen wie von einem zum Leben erwachten Disney-Helden anstrahlten.
Dämliche Augen.
Dämliche Muskeln überall.
Dämliches sandblondes Haar, das in alle Richtungen abstand, als hätte die letzte Stunde lang irgendeine strunzdumme Tussi die Hände darin vergraben.
Und seine Vorstellung.
Kopfschüttelnd stoße ich den Atem aus.
Er hat mich nicht erkannt. Obwohl ich ohnehin nicht weiß, wie ich auf den absurden Gedanken komme, er würde es. Sechs Jahre später interpretiere ich in jene eine Nacht immer noch mehr hinein, als sie je gewesen ist. In die gefühlvollen Blicke jener Augen, in jene zärtlichen Berührungen. In die liebevollen Worte, die sich als totale Lügen herausgestellt haben.
Und verdammt noch mal, es sollte nicht wehtun.
Nicht ich sollte mich schämen. Aber genau das tue ich gerade.
Ich schäme mich dafür, dass ich tatsächlich dachte, der Arsch würde sich an ein Mädchen aus den Winterferien vor sechs Jahren erinnern, und dass er vielleicht sogar bereuen würde, was damals passiert ist. Anscheinend nicht.
Tja, jetzt weiß ich es.
Ich stoße mich von der Wand ab und straffe die Schultern. Nachdem ich den Kopf nach links und rechts gelegt und meinen Nacken gedehnt habe, schüttle ich die Hände aus, um das Blut zum Zirkulieren zu bringen und mit meinem Leben weiterzumachen.
Quinn O’Brian verdient keinen weiteren Gedanken.
Nach der Saison
»Und soll ich euch noch was sagen?« Ich zeige mit meinem Bier auf Natalie Baxter und ihre Schwägerin Cammy Wesley. »Kein Kerl sieht in freier Wildbahn so natürlich sexy aus. Ich wäre nicht überrascht, wenn irgendeine Produktionsassistentin vor dem Dreh eine heiße Nummer in der Besenkammer mit ihm geschoben hat. Und vielleicht hat er sich danach noch von der Visagistin flachlegen lassen.«
Wir sind zu einem Mädelsabend im Belfast. Die Slayers haben gerade die erste Runde der Play-offs beendet. Deshalb muss sich Nat ausnahmsweise mal einen Abend lang nicht um ihren Lover Vaughn und ihren Bruder Greg sorgen.
Cammy schaut mit fragendem Blick von mir zu Nat, die leicht den Kopf schüttelt, als könnte ich gleich wieder aus der Haut fahren. Was überhaupt nicht stimmt.
Cammy beißt sich auf die Unterlippe und wedelt vage mit der Hand. »Du meinst also, er hat es mit zwei Frauen getrieben, bevor er das kleine Mädchen im Krankenhaus besucht hat?«
»Traue ich ihm ohne Weiteres zu.« Ich setze mein Bier für einen ausgiebigen Schluck an und versuche, das Feuer zu löschen, das seit der Nacht im Krankenhaus im letzten Frühjahr in mir schwelt. Aber es hilft nichts.
Der Kerl ist wie ein übler, hartnäckiger Ausschlag. Nachdem ich ihm all die Jahre nicht ein einziges Mal begegnet bin, ist er plötzlich überall. Durch Nats und Vaughns Beziehung und den Umstand, dass Quinn zu Vaughns wenigen Freunden gehört, scheinen sich unsere kleinen Kreise neuerdings zu überschneiden. Und das wird sich auch nicht mehr ändern.
»Okay, jetzt mal im Ernst«, ergreift Nat das Wort und tunkt eine Pommes in ihren Ketchup. »Was hast du für ein Problem mit dem Kerl? Ich meine, klar, er ist ein Schürzenjäger, aber davon abgesehen sagen alle, dass er eigentlich echt nett ist.«
Nett?
Cammy nickt. Ihre blonden Locken wippen dabei über ihre Schultern. »Genau. Julia meint zwar, er ist nicht allzu wählerisch, mit wem er was wann und wo treibt, und sie hat mich davor gewarnt, mit ihm auszugehen, aber ich hab noch nie jemanden etwas Schlechtes über ihn sagen hören – außer dir. Was steckt dahinter?«
Meine Ohren lodern heiß, und auf einmal kann ich niemandem mehr in die Augen sehen. Sogar Cammys Schwester findet ihn in Ordnung, und Julia Baxter weiß alles, was sich in der Welt des Sports hinter den Kulissen abspielt. Wie schafft es dieser Typ nur, alle einzuwickeln?
Im Belfast herrscht reges Treiben dank vieler Gäste, die sich hier nach der Arbeit noch einen Drink genehmigen. Aber es kommt niemand, den wir kennen, zu uns herüber und rettet mich vor dem zwar freundlichen, aber erwartungsvollen Ausdruck in Nats Augen. Oder vor Cammy, die ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch trommelt, um darauf hinzuweisen, dass meine Zeit abgelaufen ist.
Ich schlucke und zucke vor meinen Freundinnen verlegen mit den Schultern, während ich eingehend das Etikett auf meiner Flasche betrachte. »Ich kenne jemanden, der sich am College auf ihn eingelassen hat. Er … äh … hat sie gewissermaßen verarscht. War ziemlich beschissen.«
»Am College?«, hakt Nat nach. Ich spüre, wie sich der Blick ihrer blauen Augen in mich bohrt und mir die Hitze in die Wangen steigt.
»Ja, aber sie hat nicht mit uns studiert.«
Sie nickt.
Cammy trinkt einen Schluck von ihrem Eistee, bevor sie den Kopf schüttelt. »Also, ihr wisst ja, dass ich kein Fan von Schwachköpfen bin, die Frauen benutzen und dann abservieren.« Da sie ein paar Jahre jünger als wir und alleinerziehende Mutter eines Sohns ist, den sie im Teenageralter bekommen hat, dürfte das wohl noch untertrieben sein. »Aber wann war das, vor vier Jahren?«
»Sechs«, stelle ich leise richtig. Ich ahne, worauf sie hinauswill, und möchte es nicht hören, obwohl sie vielleicht recht hat.
»Sechs Jahre. Denk mal drüber nach, wie sehr du dich in sechs Jahren verändert hast. Vielleicht gilt dasselbe ja für O’Brian.« Und weil sie eine der Guten ist, fügt sie hinzu: »Aber wenn’s dir wichtig ist, kann ich ihn auch total hassen.«
Lachend schüttle ich den Kopf. »Ich bin dir sehr dankbar für deine Solidarität, aber du hast recht.« Mein widerwillig vernünftiger Teil, der unter normalen Umständen das Sagen hat, weiß das. Schon seit jenem Abend im Krankenhaus. »Es ist natürlich möglich, dass er sich verändert hat. Aber du bist so oder so aus dem Schneider. Wenn ich ihm sein Verhalten von damals weiterhin übel nehmen will, dann mach ich das ganz allein.«
Als ich einen Schluck von meinem Bier trinke, frage ich mich, ob es mir überhaupt möglich ist, den Groll zu überwinden, den ich all die Jahre gegen Quinn gehegt habe. Kann ich akzeptieren, dass er vielleicht nicht mehr derselbe ist wie damals in Mexiko? Bin ich bereit, die Vergangenheit hinter mir zu lassen?
Das Display von Nats Handy leuchtet auf. Sie erbleicht und zeigt es Cammy, die aufstöhnt.
»Was ist?« Dann spüre ich es. Etwas in der Atmosphäre der Bar verändert sich. In den vorderen Bereich kommt Bewegung, und Stimmen werden lauter.
Und mich überkommt eine Ahnung.
Nat beißt sich auf die Unterlippe. »Tut mir so leid. Ich hab Vaughn erzählt, dass wir ins Belfast gehen, nur hab ich nicht klargestellt, dass es ein Mädelsabend ist.«
Mein Auge fängt an zu zucken, als ich den Kopf drehe und drei Spieler der Slayers erblicke, die sich einen Weg durch die Menge bahnen.
Vorneweg marschiert Vaughn Vassar, gefolgt von Oleg Popov. Der dämliche Quinn O’Brian mit der sexy Frisur ist wahrscheinlich nur deshalb das Schlusslicht, weil er sich auf dem Weg hierher in einer Seitengasse noch einen schnellen Blowjob von einem Puck-Bunny hat verpassen lassen.
Gott, wie ich ihn hasse.
Ich hasse es, dass seine Schultern so breit sind. Oder dass ständig so ein halbes Lächeln auf seinen Lippen liegt, als wäre er jederzeit bereit zu lachen. Und als die Jungs einen freien Tisch zu unserem herüberziehen, geht es mir total gegen den Strich, dass er sich ganz selbstverständlich auf den Stuhl neben mich setzt.
Widerwillig erinnere ich mich daran, wie es war, damals an jenem ersten Tag neben ihm zu sitzen, an das Ziehen in meinem Bauch, als er mir in die Augen gesehen hat, und daran, wie sehr ich mich danach gesehnt habe, ihm nahe zu sein.
»Das ist nicht nur für eine Nacht, Georgie … es ist echt. Sag mir, dass du’s auch fühlst.«
»Knurrst du mich etwa grade an?«, fragt er leise und das halbe Lächeln erstrahlt zu einem breiten Grinsen.
Warum wirkt der Kerl immer so glücklich?
Eigentlich sollte er an einem Spieß aus Schuldgefühlen über Flammen aus Selbstverachtung braten.
»Nein.«
Er lehnt sich näher zu mir und brummt ein leises »Hmm« in mein Ohr, das sich vibrierend in meinem ganzen Körper ausbreitet. »Doch, ich glaub schon. Ganz schön temperamentvoll.« Er lehnt sich zurück. »Gefällt mir.«
»Ist mir egal, was dir gefällt.« Ich höre mich an wie ein trotziges Kind, und dass er mich dazu bringt, kommt als weiterer Punkt auf meine wachsende Liste von Dingen, die ich an ihm hasse.
»Das gefällt mir auch.« Der Typ schnurrt doch tatsächlich und sieht mich mit einem so schmachtenden Blick an, dass eine Frau, die es nicht besser weiß, vielleicht dahinschmelzen würde.
Aber ich nicht. Nie wieder.
Schon seit dem Abend im Krankenhaus weiß ich, dass diese Frau mich nicht ausstehen kann.
Logisch wäre es, sie in Ruhe zu lassen, mich von ihr abzuwenden. Mir stattdessen ein bereitwilliges Puck-Bunny zu suchen, das nur allzu gern eine Weile auf meinen Schoß hopsen würde. Aber anscheinend hat sich die Logik aus meinem Hirn verabschiedet an dem Abend, an dem ich George begegnet bin.
Und ich bin keineswegs ein Typ, der darauf steht, mies behandelt zu werden oder der einer Herausforderung einfach nicht widerstehen kann. Das habe ich schon oft. Nur lässt sich die Herausforderung dieser Frau mit keiner vergleichen, der ich mich je gegenüber gesehen habe. Ich will sie.
Das bedeutet, dass ich jede Art von Aufmerksamkeit nehme, die ich kriegen kann.
Ich habe schon versucht, mit ihr zu reden. Ich habe mich umgänglich gegeben und mich bemüht, sie wie eine platonische Freundin zu betrachten, nicht wie die Frau, von der ich unbedingt eine Kostprobe will. Aber ihre epische Abneigung gegen mich ist zu groß. Jedes gesittete, respektvolle, legitime Interesse, das ich an ihr als Mensch bekunde, lässt sie nur noch argwöhnischer werden.
Mit Freundlichkeit komme ich nicht weiter.
Aber womit dann? Vielleicht sollte ich ihr liefern, was sie erwartet. Einen Typen, für den alles nur ein Spiel ist. Und negative Aufmerksamkeit ist immer noch besser als gar keine.
Also mutiere ich zum Kasper. Oder zum Vollidioten. Wahrscheinlich zu Letzterem. Aber pfeif drauf. Wenn ich so einen dieser vernichtenden Blicke oder eine Kostprobe ihrer scharfen Zunge bekomme … soll es mir recht sein. Hauptsache, ich bleibe im Spiel.
»Sag mal, Georgeous, was gibt’s denn hier Gutes – außer dir?«
Popov lacht prustend auf meiner anderen Seite, aber meine Aufmerksamkeit gilt allein George.
Sie dreht den Kopf, und ihre Augen lodern wie die Glut der Hölle. So heiß.
»Wie hast du mich gerade genannt?«
Mist. »Georgeous? Na ja, stimmt doch.« Fettnäpfchen, Alter. Fettnäpfchen. Ich hätte es nicht laut aussprechen sollen. Aber jedes Mal, wenn ich sie sehe, geht mir genau das durch den Kopf. Aber immerhin – negative Aufmerksamkeit. Wenn auch in dem Fall unbeabsichtigt.
»Meinst du das jetzt ernst?«
Nur den Teil über sie. »Ach nein, ich war schon mal hier. Passt schon«, erwidere ich und greife nach der kleinen Getränkekarte an der unverputzten Backsteinwand neben ihr. Ohne sie zu berühren, denn das wäre fatal. Aber es spricht ja nichts dagegen, ihr einen ungehinderten Blick aus nächster Nähe auf meinen Arm zu bieten. Ich habe sie schon mehrmals dabei ertappt, wie sie ihn angestarrt hat.
Und tatsächlich werden ihre Augen ein wenig verträumt, als ich mir ein, zwei Sekunden länger als nötig Zeit lasse. Und als sie schließlich zu mir aufschaut, zwinkere ich.
»Gott, wie ich dich hasse«, murmelt sie deutlich genug, dass ich es höre, die anderen am Tisch aber wahrscheinlich nicht.
»Bist du sicher?«, erwidere ich und lehne mich zurück. »Irgendwie kommt’s mir nämlich so vor, als würdest du mich mögen. Zumindest ein bisschen.«
Sie lacht auf diese verhaltene Art, die in mir die Sehnsucht weckt, die ungefilterte Version davon zu hören. »Herrgott, O’Brian. Hat dich nie jemand davor gewarnt, dass man blind wird, wenn man sein Ego dermaßen selbst streichelt?«
»Dann streichle du es doch für mich.« Ich schäme mich wirklich. Nur nicht genug, um aufzuhören.
»Nicht in tausend Jahren.«
»Ganz schön mutig von dir, mich so herauszufordern«, ködere ich sie.
Jäh heftet sich ihr Blick wieder auf mich. Sauer. Neugierig. Wunderschön. Interessiert.
»Ich meine, wenn man bedenkt, wie Typen wie ich ticken.«
Kalt wie Eis erwidert sie: »Erklär mir das.«
»Wir stehen auf Herausforderungen, können sie einfach nicht ignorieren. Das weiß doch jeder. Deshalb frage ich mich, ob dich der Gedanke, dass ich mich an dich ranmache, vielleicht mehr antörnt, als du zugeben willst.«
Verdammt, mir wird von mir selbst übel. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass einer meiner Teamkameraden sehr bald den Schwachsinn, den ich hier abziehe, kommentieren wird. Allerdings bin ich einer Unterhaltung mit der Frau noch nie näher gewesen als in diesem Augenblick.
Ich warte auf die nächste Spitze und das Funkeln in ihren Augen, wenn sie mich zurechtstutzt. Aber als sie mich ansieht, habe ich eher den Eindruck, dass sie mir zum ersten Mal etwas Echtes von sich zeigt. Etwas nicht ganz so Aggressives und Bissiges … Ich zögere, weil ich am liebsten ihre Hand nehmen und sie fragen würde, ob sie mich irgendwohin begleiten würde, wo wir reden können. Ausnahmsweise richtig.
Dann jedoch wendet sie sich einfach ab. »Nein.«
Und es fühlt sich an, als hätte ich etwas verloren, das ich nicht mal beschreiben kann.
Gott, was hat es mit dieser Frau nur auf sich?
Vor der Saison
Wir haben die Hälfte des Trainingslagers hinter uns. Mir geht durch den Kopf, wie schnell der Neue heute auf dem Eis war. Unwillkürlich vergleiche ich ihn mit mir. Vorläufig bin ich ihm noch überlegen. Aber er ist jung und hat reichlich Luft nach oben. Als ich aus der Dusche zurückkomme, lasse ich mich neben Vassar auf die Bank plumpsen. Er hat das Handy vor der Nase und textet wahrscheinlich wieder Liebesbotschaften an seine Freundin Nat.
Morgen Abend spielen wir gegen Detroit, und ich frage mich, ob sie George zum Spiel mitbringen wird.
Ich greife auch nach meinem Handy. Die einzige Nachricht, die ich habe, stammt von meiner Mutter. Sie will wissen, was ich von der neuesten »einmaligen Investitionschance« halte, die mein Bruder ihr einreden will.
Ich stoße die Luft aus und tippe eine kurze Antwort: Lass die Finger davon.
Später muss ich sie anrufen und ihr erklären, warum mein Finanzberater mich davor gewarnt hat, bei ihm zu investieren. Bei der Gelegenheit werde ich ihr auch verraten, dass ich Pat bereits Geld für Miete und Lebensmittel zugesteckt habe, weil er alles, was er hatte, in diesem Plan versenkt hat.
Es macht mich stinksauer, dass er damit zu unserer Mutter gegangen ist. Andererseits hätte ich es eigentlich wissen müssen.
»Was ist los, O’Brian? Fällt dir die Nudel ab oder so?«, blafft Baxter und jagt mir einen Mordsschrecken ein, als er dicht gefolgt von seinem Flügelmann Rux auf mich zusteuert.
»Spinnst du?«, entfährt es mir, und ich fasse mir durch das Handtuch um meine Taille ans Gemächt – mein makellos sauberes, einsatzfähiges und potentes Gemächt.
Rux streicht sich das zu lange Haar aus dem Gesicht, wirft seinem Kumpel einen ungläubigen Blick zu und brummt: »Alter?«
Baxter dreht sich zu ihm um und zuckt mit den Schultern. Als wären die Worte, die er gerade als gefundenes Fressen für sämtliche Anwesenden in die Welt posaunt hat, etwas völlig Banales. »Was denn? Wir haben doch darüber geredet.«
»Worüber geredet?« Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Stimme gerade so brüchig geklungen hat, als wäre ich in der Pubertät.
»Darüber, es vorsichtig anzusprechen.« Rux macht mit seinen riesigen Pranken eine dämpfende Geste. »Wir sind auf ein halbes Dutzend Möglichkeiten gekommen, warum unser Puck-Bunny-Jäger seine Nudel in letzter Zeit nicht mehr wie ein Partygeschenk teilt. Und die sprichst du als Erstes an?«
»Jungs?«, presse ich hervor.
Der Penner Vassar textet nicht mehr. Plötzlich ist er ganz Ohr, und … ich glaube, er lächelt sogar. Ist bei ihm oft schwer zu sagen.
Baxter schüttelt den Kopf. »Ja, aber die Möglichkeit würde mir Sorgen machen. Dir nicht?«
Rux wirft mir einen mitfühlenden Blick zu und zerzaust mir das Haar. »Niemand macht sich Sorgen, dass dir die Nudel abfallen könnte.« Abrupt hält seine Hand inne. »Tut sie doch nicht, oder?«
»Meinem besten Stück geht’s blendend.« Verdammt, es ist gerade blitzsauber. Makellos. Einwandfrei … abgesehen vielleicht von leichten Wundstellen wegen eines besonders lebhaften sinnlichen Traums über meinen liebsten Rotschopf heute Morgen.
Wir waren an einem Strand, der Wind hat ihr die Haare ums Gesicht geweht. Und sie war …
»Seht ihr?«, sagt Rux zu Baxter und den sechs anderen Jungs, die sich mittlerweile eingefunden haben, um sich die Show anzusehen. Dann wendet er sich wieder mir zu. »Was hat’s dann mit dem plötzlichen Bunny-Verzicht auf sich, O’Brian? Hast du etwa ein Mädchen?«
Bei der Frage kann ich nur an eine Frau denken, allerdings ist sie nicht meine Freundin. Und wenn ich es mir noch so sehr wünsche. »Nein.«
Popov deutet mit dem Kinn auf mich. Sein schiefes Grinsen wird breiter. »Hast du ’n Typen?«
Ich will gerade auch das verneinen, doch Rux wirft den Kopf zurück und stöhnt, bevor er sich ihm zuwendet. »Poppy, das reicht. Selbst wenn O’Brian so gepolt wäre, lautet die Antwort Nein.« Mit hochgezogenen Augenbrauen dreht er sich wieder mir zu. »Stehst du auf Kerle? Falls ja, muss ich dir sagen, dass Poppys Bruder ein Vollpfosten sondergleichen ist, aber ich hätte da ’nen Kumpel, der …«
Herrgott. »Danke für das Angebot, aber nein. Und was kümmert euch überhaupt mein Schwanz?«
Diesmal meldet sich Vassar zu Wort. »Es heißt, du hättest dich seit Monaten auf kein Puck-Bunny mehr eingelassen, und jetzt versuchen sie herauszufinden, ob’s daran liegt, dass du dir ’ne Geschlechtskrankheit eingefangen hast, weil du mit jemandem zusammen bist.«
Rux legt mir die Hand auf die Schulter. »Deinem Kapitän liegt halt was an dir, Mann. Uns allen.« Sein Lächeln verblasst. So muss es sich anfühlen, wenn man Rux beim Bully gegenübersteht, denn der Blick, mit dem er mich durchbohrt, verrät mir, dass er eine Antwort will. »Also – was steckt dahinter?«
Vassar stemmt sich von der Bank hoch und marschiert in Richtung Dusche. »Er steht auf Natalies Freundin.«
Ich glotze seinem entschwindenden Rücken hinterher. Und ich habe sein verdammtes Geheimnis eine gefühlte Ewigkeit bewahrt.
Die Hand auf meiner Schulter verwandelt sich in einen Schraubstock. »Redet er von Cammy?«
Plötzlich starren mich sowohl Baxter als auch Rux so durchdringend an, als wollten sie mich auseinandernehmen. Cammy ist Baxters Schwägerin, also kann ich es bei ihm noch nachvollziehen. Aber bei Rux?
Oha. »Nein, Mann.« Der Schraubstockgriff lockert sich.
»George Bowen?«, fragt Rux weniger eindringlich.
Poppy horcht auf. »George? Also stehst du doch auf Kerle. Mein Bruder ist kein Vollpfosten und …«
»Spar’s dir, Alter. George ist ’ne Frau.« Rux schaut zurück zu Baxter. »Wofür steht der Spitzname noch mal?«
Das interessiert mich auch.
»Scheiße, Nat hat’s mir mal erzählt. Georgia oder so. Aber ehrlich, ich kenne sie, seit die beiden zusammen im ersten Semester waren, und ich hab noch nie gehört, dass jemand sie anders als George genannt hat. Da war noch irgendwas mit ihren Brüdern …«
Er verstummt. Dann fährt er sich mit der Hand über den Mund und schaut zu Rux. Der schüttelt den Kopf und zuckt mit den Schultern.
Oh Mann, die beiden haben sowohl auf dem Eis als auch abseits davon einen geradezu unheimlichen Draht zueinander.
»Du weißt schon, dass sie vier Brüder hat, oder?«, fragt Greg mit einem Funkeln in den Augen.
Wusste ich nicht, aber ich kann es mir gut vorstellen. »Und weiter? Willst du damit andeuten, sie könnten ein Problem mit mir haben?«
»Die? Auf keinen Fall. Mir ist nur durch den Kopf gegangen, dass du dir von Nats Freundinnen, die das Team als kleine Schwestern adoptiert hat, gerade die ausgesucht hast, um die ich mir am wenigsten Sorgen mache. George kann auf sich selbst aufpassen. Ihre Brüder sind Blödmänner, aber ein Blick von ihr genügt, und sie halten sich schützend den Schritt und rennen um ihr Leben. Also …« Er zuckt mit den Schultern und grinst. »Tu dir keinen Zwang an, Kumpel.«
»Hey, George. Laut Bestandsliste sollten wir noch 26-Zoll-Schläuche haben. Aber ich finde unten keine.«
Ich sehe meinen jüngsten Bruder Gary an. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, wie es sein kann, dass er in diesem Laden praktisch aufgewachsen ist, hier arbeitet, seit er zwölf ist, und immer noch keine Ahnung hat, wo die Hälfte unseres Bestands ist oder wie man mehr als die simpelsten Reparaturen an Fahrrädern durchführt.
Gary ist mit zwanzig Jahren das Nesthäkchen der Familie und mir äußerlich am ähnlichsten – dasselbe rote Haar, dieselben braunen Augen, dieselben Sommersprossen. Aber im Hinblick auf Motivation und Vernunft könnten wir kaum unterschiedlicher sein. Natürlich fehlt mir auch nicht dieser eine Zahn, den er sich schon zweimal ausgeschlagen hat. Am Ende hat er beschlossen, ohne ihn zu leben.
Wäre er nicht mein Bruder, hätte ich ihn schon mindestens sechsmal gefeuert. Aber obwohl ich den Fahrradladen seit vier Jahren leite und ihn eines Tages übernehmen will, kümmert sich vorerst noch mein Vater ums Einstellen und Entlassen von Familienmitgliedern.
Mit dem Lappen in meiner Gesäßtasche wische ich mir Schmiere von den Fingern, bevor ich ihm bedeute, mir in den Flur und hinunter zu unserem Lager im Keller zu folgen.
»Weißt du, welche du brauchst?«, frage ich und zeige auf die Regale an der gegenüberliegenden Wand.
»Ja, seh sie schon.« Er schenkt mir ein zahnlückiges Lächeln, und ich streiche ihm über den Kopf wie einem Welpen. »Danke, George.«
Auf der Treppe leuchtet mein Telefon auf, weil Nat anruft. Ich wische über das gesprungene Display und gehe ran. »Ja, ich hab immer noch vor, heute Abend zum Spiel zu gehen. Und nein, ich hab noch nicht entschieden, ob ich danach mitkomme ins Five Hole.«
Sie lacht. »Komm schon, das wird lustig. Wir müssen ja nicht lange bleiben. Aber Rux ist immer so aufgedreht, wenn sie wieder aufs Eis gehen, dass er nachher wahrscheinlich einen Breakdance hinlegt. Das willst du sicher nicht verpassen.«
»Kommen Cammy und Margo auch?«, frage ich, als ich in den Laden zurückkehre, wo mein zweitjüngster Bruder Ross gerade an der Theke einen Kunden bedient. Da er alles im Griff zu haben scheint, setze ich mich auf den Stuhl vor meinem Laptop.
»Matty hat Fieber, deshalb ist Cammy nicht dabei. Und Margo hat ’ne Verabredung zum Abendessen mit einem Kunden. Komm schon. Lass mich nicht hängen.«
Ich glaube zwar nicht, dass ich sie groß »hängen ließe«, wenn sie nach dem Spiel nur ihren superaufmerksamen Freund an ihrer Seite hätte, aber wenn sie unbedingt will, dass ich mitkomme, dann mache ich es.
Die Vorsaison ist nicht ganz so intensiv wie die reguläre, aber das Spiel heute Abend war großartig, und ein Sieg ist immer toll. Als Nat mich danach bekniet, mit ins Five Hole zu kommen, bin ich zu guter Laune, um abzulehnen.
Jahrelang hat mich die Angst, Quinn zu begegnen, davon abgehalten, zu Spielen zu gehen oder Nat zu begleiten, wenn sie danach mit ihrem Bruder oder den Jungs aus der Mannschaft abhängt. Was für eine Verschwendung. Denn ich liebe Eishockey. Ich liebe es, selbst zu spielen. Ich liebe es, mir Spiele anzusehen. Ich liebe es, den Sport mit Gleichgesinnten zu feiern.
Mühsam erkämpfe ich mir einen Weg zur Bar und zwänge mich in eine schmale Lücke. Sie reicht gerade, um den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen und vier Drinks zu bestellen. Der Mann zu meiner Linken bekommt seine Bestellung, verlässt seinen Platz an der Bar – und ich blicke unvermittelt in zwei nur allzu vertraute meergrüne Augen.
Quinn. Verdammt.
Seine Mundwinkel heben sich zu einem nervigen, vor Aufrichtigkeit strotzenden Lächeln, bei dessen Anblick mein gesamter Körper mit einem Mal unter Strom steht. Wir haben uns seit dem Abend im Belfast nicht mehr gesehen, an dem ich unachtsam geworden bin und ihm mehr von mir gezeigt habe, als ich wollte. Normalerweise bemühe ich mich sehr, ihn nicht an mich ranzulassen, doch an dem Abend konnte ich plötzlich nur noch daran denken, wie es in Mexiko war. Von der Sekunde unserer ersten zufälligen Begegnung am Eisstand bis zum letzten Moment, als er mich an meiner Tür abgesetzt hat, ist mir damals alles so aufrichtig vorgekommen. So echt.
Selbst wenn ich jetzt daran zurückdenke, spüre ich ein Echo meines damals rasenden Herzens und der flatternden Schmetterlinge in meinem Bauch, obwohl ich weiß, was danach passiert ist. Und einen Moment lang möchte ich den Mann, für den ich ihn gehalten habe, unbedingt fragen, wie ich mich so sehr irren konnte. Warum konnte er nicht echt sein? Denn irgendwie fühlt sich dieser Kerl, den es nie wirklich gegeben hat, wie einer der größten Verluste meines Lebens an.
Und das ist vielleicht das Schlimmste daran. Jedes Mal, wenn Quinn mich so anschaut wie jetzt, sehe ich jenen Mann von damals. Und dann muss ich mir vor Augen halten, dass er sich noch so echt anfühlen mag – es aber nicht ist.
Er weiß, dass ich nicht mit ihm reden will. Aber statt sich cool zu geben, mir grüßend zuzunicken und so zu tun, als wäre er in sein Handy vertieft, rückt er näher und schließt die Lücke zwischen uns.
Ich rechne mit der Frage, was ich von seiner Leistung im Spiel heute halte. Stattdessen stützt er die Unterarme auf die Theke und sagt: »Ein Fahrradladen also, ja?«
»Ja.« Die knappe Antwort und meine kalte Schulter sollen das Ende des Gesprächs signalisieren.
Aber er gibt nicht auf.