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Globales Unheil bahnt sich an. Die Welt, wie wir sie kennen, bricht auseinander. Die E-Book-Reihe zur Hörbuch-Serie von Bestsellerautor Andreas Brandhorst Hauptkommissar Alexander Rieker findet heraus, dass die Häufung von Psychosen und Zwischenfällen in der Stadt auf die Einnahme des neuen Medikaments Sleepless zurückgeht. Er legt seinen Vorgesetzten einen entsprechenden Bericht vor, davon überzeugt, auf diese Weise ein Verbot von Sleepless erwirken zu können. Als Carolin Alberts, die Erfinderin von Sleepless, davon hört, macht sie ihren Einfluss geltend – der Bericht verschwindet. Rieker will sich auf eigene Faust an die Öffentlichkeit wenden, doch bevor er Gelegenheit dazu erhält, wird ein Anschlag auf ihn verübt ...
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Seitenzahl: 100
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Textnachweis:
»Beim Schlafengehen«, aus: Hermann Hesse, Sämtliche Werke in 20 Bänden. Herausgegeben von Volker Michels. Band 10: Die Gedichte. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.
© Piper Verlag GmbH, München 2021
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Cover & Impressum
5. Folge
Splitternde Finsternis
Was bisher geschah
1.
Alexander Rieker
2.
3.
4.
5.
Noah Gunnason
6.
7.
Alexander Rieker
8.
9.
10.
11.
Carolin Alberts
12.
Alexander Rieker
13.
14.
Carolin Alberts
15.
Noah Gunnason
16.
17.
Alexander Rieker
18.
19.
20.
21.
Carolin Alberts
22.
Alexander Rieker
23.
24.
Oskar Brois
Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände laßt von allem Tun,
Stirn vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.
Hermann Hesse, Beim Schlafengehen
Das Hamburger Start-up Harmony, Entwickler und Produzent von Lifestyle-Medikamenten zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit, hat mit »Sleepless« einen gewaltigen Erfolg erzielt. Wer Sleepless nimmt, bleibt immer wach und frisch, er wird niemals müde, und die Nacht ist als aktive Lebenszeit gewonnen. Immer mehr Menschen nehmen Sleepless, die Welt kommt auch nachts nicht mehr zur Ruhe. Männer und Frauen arbeiten länger oder genießen die zusätzliche Freizeit – ein neuer wirtschaftlicher Boom zeichnet sich ab, eine soziale und ökonomische Revolution hat begonnen.
Carolin Alberts, Inhaberin von Harmony, sieht eine strahlende Zukunft vor sich – wäre da nicht Gilbert Fournier, Unterhändler von Kruither & Voch, eines großen pharmazeutischen Konzerns, der Harmony übernehmen will. Fourier erpresst Carolin: Er hat erfahren, dass es bei der Zulassung von Sleepless nicht mit rechten Dingen zuging, und er weiß auch, dass sich rätselhafte Todesfälle bei Menschen häufen, die Sleepless nehmen. Carolin sieht ihr Lebenswerk bedroht und greift zu drastischen Maßnahmen: Mithilfe von Ranazol, einer speziellen Substanz aus dem Laboratorium von Harmony, bringt sie Gilbert Fournier um. Alles deutet auf einen Herzinfarkt hin, doch der Gerichtsmediziner Kroge stellt bei einer Obduktion fest, dass es sich um Mord handelt.
Kommissar Rieker von der Hamburger Mordkommission – nach angeblicher Beweismittelfälschung im Immobilienskandal um Innensenator Brois in ein Altbau-Büro in St. Pauli verbannt – ermittelt bereits gegen Harmony wegen einiger Todesfälle, die offenbar mit Sleepless in Zusammenhang stehen, und bittet seine Hacker-Freundin Black Lily, Nachforschungen im Cyberspace anzustellen. Lily hat gerade mit ihren Ermittlungen begonnen, als sie von einem mysteriösen Hacker namens Hannibal mit K.-o.-Tropfen ausgeschaltet und entführt wird.
Hannibal handelt im Auftrag des skrupellosen alten Informationsbrokers Richard M. Richardson, der Lily Fragen nach Riekers Ermittlungen stellt und von ihr wissen will, ob sie für den Geheimdienst arbeitet und was sie über »Zeta« weiß. Der Alte geht, ohne Antworten von ihr bekommen zu haben. Lily ist sich sicher, dass ihr Leben in Gefahr ist, denn sie könnte den Broker identifizieren.
Kommissar Riekers Suche nach seiner entführten Freundin bleibt ohne Erfolg. Er ermittelt nun auch im Mordfall Gilbert Fournier und gelangt immer mehr zu der Überzeugung, dass Carolin für dessen Tod verantwortlich ist. Er spricht mit Noah Gunnason darüber, Carolins idealistischem Partner und Kompagnon, der sich von Sleepless nicht in erster Linie viel Geld, sondern vor allem eine bessere, lebenswertere Welt erhofft. Bei Nachforschungen findet er heraus, dass das Ranazol tatsächlich aus Harmonys Laboratorium stammt, und er beseitigt alle Spuren, sammelt aber Unterlagen, die die Gefährlichkeit von Sleepless beweisen und Carolin als Mörderin entlarven könnten. Die übergibt er einem Notar zur Aufbewahrung – im Fall seines Todes soll Kommissar Rieker sie erhalten.
Unterdessen wird der ehemalige Innensenator Brois, den Rieker ins Gefängnis brachte, aus der Haft entlassen und trifft sich mit einflussreichen Freunden und Unterstützern, die mit einer geheimnisvollen Organisation namens »Zeta« in Zusammenhang stehen. Brois will bei den nächsten Wahlen Erster Bürgermeister von Hamburg werden und in zwei Jahren bei der Bundestagswahl kandidieren, um als Bundeskanzlerkandidat einer neuen Bewegung namens »Bund für Deutschland« anzutreten.
Carolin Alberts fühlt sich von Kommissar Rieker immer mehr unter Druck gesetzt und wendet sich an Brois. Der sieht eine gute Gelegenheit, Rache an Rieker zu nehmen und gleichzeitig die faszinierende Carolin für sich zu gewinnen.
Carolin erfährt, dass Noah bei dem Notar Dr. Jakob Alsen gewesen ist. Sie legt die gestohlene Empfangsbestätigung vor und bittet um Herausgabe der hinterlegten Dokumente. Als sich Alsen weigert, präsentiert sie Fotos, die ihn bei intimen Szenen mit einem Mann zeigen. Carolin droht damit, die Fotos Alsens Frau zukommen zu lassen, woraufhin ihr der Notar die Dokumente überlässt. Sie weiß nun, dass Noah zu einem Sicherheitsrisiko für sie geworden ist …
Lily und Hannibal erhalten des Nachts Besuch in der »Villa Abendrot«. Hannibal, der sich im Ferienhaus seiner Schwester sicher wähnte, wird erschossen, doch Lily gelingt die Flucht. In der Nacht läuft sie am Strand entlang, findet ein Boot und rudert aufs Meer hinaus, um den Verfolgern zu entkommen. Sie gerät in ein Unwetter und wird am Morgen von zwei Fischern entdeckt und gerettet. Über Funk verständigt sie Rieker. Der holt sie ab und freut sich sehr, seine Freundin gesund und munter wiederzufinden. Er hat eine schlechte Nachricht: Angeblich hat er Brois E-Mails mit Beleidigungen und Drohungen geschickt und obendrein die Bremsen seines Wagens manipuliert – deshalb wurde er mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Lily verspricht ihm Hilfe. Zusammen wollen sie die Ermittlungen fortsetzen und Licht in das Dunkel dieser rätselhaften Angelegenheit um Sleepless, Brois und »Zeta« bringen.
Wasser plätscherte und rauschte über das dunkle Holz des Mühlrads, das sich unablässig drehte. Rieker blieb stehen.
»Die Mühle ist vierhundert Jahre alt«, sagte Lily, die wieder Black Lily war: schwarzes Haar, dunkle Augen, die Fingernägel mit Pearl Black lackiert, schwarze Bluse, schwarze Jeans und dunkelgraue Sneaker. »Die Kommune hat die Mühle damals übernommen und in jahrelanger Arbeit restauriert. Das Wasserrad treibt heute einen kleinen Generator an, der zusätzlichen Strom liefert.«
Rieker drehte sich um. Sie hatten eine fast zweistündige Radtour von Hamburg nach Norden hinter sich, und ihre beiden Fahrräder waren hundert Meter entfernt bei einigen anderen abgestellt. Zwischen den großen Eichen und Buchen verteilten sich Wohnwagen, Tiny Houses und Holzhäuser, die meisten von ihnen mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet. Dies war das »Regenbogenland«; mehr als fünfhundert Menschen lebten hier.
»Die Kommune ist weitgehend autark«, erklärte Lily. »Das Trinkwasser kommt aus einem Brunnen, und hinter den Bäumen dort drüben gibt es eine kleine Biogasstation. Sie verwandelt Abfälle und was der Mensch so ausscheidet in nützliche Dinge wie Dünger und Gas für Heizung im Winter.«
Kinder turnten auf einem Spielplatz auf der linken Seite, behütet von einigen jungen Männern und Frauen, die freundlich winkten. Auf der rechten Seite des offenen Bereichs in der Mitte der Siedlung wurde Wäsche gewaschen und aufgehängt. Ein angenehmer Geruch hing in der Luft, und es dauerte einige Sekunden, bis Rieker ihn zu deuten wusste; er stammte von frisch gebackenem Brot.
»Die meisten Bewohner des Regenbogenlands sind Aussteiger und Alternative«, fuhr Lily fort. »Sie kommen hierher, weil sie mit ihrem bisherigen Leben unzufrieden sind. Zuerst stecken sie voller Enthusiasmus, aber dann müssen sie erkennen, dass man nicht vor sich selbst davonlaufen kann, man nimmt den eigenen Kopf immer mit, und viele von ihnen gehen nach ein paar Monaten wieder.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Doch man kann hier viel über sich selbst lernen.«
»Was hast du über dich gelernt?«, fragte Rieker, dem plötzlich klar wurde, wie wenig er über Lilys Vergangenheit wusste. Und auch über ihre Gegenwart, genau genommen. Die Frage, ob sie für den Geheimdienst arbeitete, war noch immer unbeantwortet. »Wie lange bist du hier gewesen? Drei Monate? Vier?«
»Fast ein halbes Jahr. Aber das ist schon eine Weile her. Ich hab damals herausgefunden, dass ich lieber nach meinen eigenen Regeln lebe.«
Ein Mann und eine Frau kamen auf sie zu, beide in mittleren Jahren.
»Du meinst Unabhängigkeit«, vermutete Rieker.
»Ja«, bestätigte Lily. »Und noch etwas mehr. Es ist schwer zu erklären.« Sie wies mit einer Kopfbewegung auf das Paar, das sich ihnen näherte. »Das sind Miriam und Ronny. Ich hab unseren Besuch bei ihnen angekündigt.«
»Kennst du sie?«
»Von den Fotos auf der Website, nicht persönlich. Sie sind nach meiner Zeit zum Vorstand des Gemeinderates geworden.«
Die etwas dickliche Miriam trug ihr langes kastanienbraunes Haar zusammengesteckt und lächelte schon von Weitem. Ronny, etwas älter und größer, gab sich würdevoll. Einige andere Kommunenmitglieder, die gerade die Lichtung – den zentralen Platz des Regenbogenlands – überquerten, blieben neugierig stehen.
»Hallo, ihr Lieben«, sagte Miriam und strahlte wie bei der Begrüßung von zwei besonders guten Freunden. »Lily und Alexander, nicht wahr?«
Sie schüttelten sich die Hände.
Miriam wandte sich an Lily. »Du bist einmal bei uns gewesen, hab ich recht? Du kannst jederzeit zurückkehren, wenn du möchtest.«
»Auch dein Begleiter wäre natürlich herzlich willkommen«, fügte Ronny altväterlich hinzu.
Rieker öffnete den Mund, aber Lily kam ihm zuvor. »Danke für das Angebot! Vielleicht kommen wir darauf zurück.«
»Ihr seid wegen Anamaria hier, nicht wahr?«, fragte Miriam und lächelte immer noch. Rieker konnte sie sich kaum ohne ein Lächeln vorstellen.
»Und wegen Magnus«, sagte Lily.
»Wer zuerst?« Ronny sah sie beide abwechselnd an. »Das Orakel oder der Schläfer?«
Lily hatte ihre Wahl bereits getroffen. »Lasst uns einen Blick in die Zukunft werfen.«
Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite des Platzes bemerkte Rieker eine Gruppe von Jugendlichen, die einen Joint rauchten.
»Du hast nichts gesehen«, flüsterte ihm Lily zu.
»Ich bin vom Dienst suspendiert, erinnerst du dich?« Auch er sprach leise, sodass nur sie ihn hörte. »Es bedeutet, meine Polizistenaugen sind blind.«
Miriam und Ronny brachten sie zu einem kleinen Holzhaus.
Anamaria, zweiundzwanzig Jahre jung und mit kahlem Kopf, saß in der Mitte eines abgedunkelten Zimmers, im matten Schein von zwei brennenden Kerzen zu beiden Seiten. Ihre Augen waren geschlossen, sie schien in tiefer Meditation versunken.
Lily hatte diese Begegnung »wichtig« genannt. Es ging um Sleepless. Es ging darum, wie Harmonys überaus erfolgreiche Smart Drug Menschen veränderte. Das alles sollte Teil des Berichts werden, an dem Rieker und Lily seit Wochen arbeiteten.
»Kann sie uns hören?«, fragte Rieker. »Können wir mit ihr sprechen?«
»Sie reagiert auf bestimmte Signale.« Miriam deutete auf die bunten Kissen vor Anamaria. »Nehmt Platz.«
Rieker setzte sich und suchte nach einer einigermaßen bequemen Position. Neben ihm ließ sich Lily auf dem Boden nieder, als hätte sie nie einen Stuhl benutzt. Sie verschmolz mit dem Halbdunkel diesseits des Kerzenscheins und schien sich in einen Schatten zu verwandeln.
Anamaria saß im Schneidersitz, die Hände auf den Knien. Ihre Lippen bewegten sich, und sie murmelte etwas, das Rieker nicht verstand.
Vor ihrer Entscheidung, die Kommune zu besuchen, hatte Lily ausgiebig recherchiert. Anamaria war so etwas wie eine romantische Katholikin gewesen, bevor sie begonnen hatte, Sleepless zu nehmen. Innerhalb weniger Tage hatte sich ihre religiöse Verklärtheit in etwas verwandelt, das eine andere Person aus ihr gemacht hatte. Inzwischen waren anderthalb Monate vergangen, und ihr Ruf als »Orakel« zog immer weitere Kreise. Menschen kamen von weit her, um bei ihr Rat zu finden.