So wie du mich willst - Camille Laurens - E-Book

So wie du mich willst E-Book

Camille Laurens

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Beschreibung

Gefährliche Liebschaften einer Frau in den mittleren Jahren Ihr Name ist Claire, sie ist 48 Jahre alt, Literaturprofessorin und geschieden. Um Jo, ihren wankelmütigen Geliebten, im Auge zu behalten, erstellt sie ein gefälschtes Facebook-Profil: Dort wird sie zu einer vierundzwanzigjährigen, alleinstehenden, brünetten jungen Frau, und das Foto, auf dem sie so schön ist, ist nicht ihr eigenes. Als diese fiktive Doppelgängerin schreibt sie mit dem sehr viel jüngeren Christophe – und verwickelt sich in eine Liebesgeschichte, wie sie nur der Cyberspace erzählen kann. In einem Vexierspiel zwischen realer und virtueller Welt erzählt Camille Laurens von einer Frau, die im Leben fast alles hat, bis sie im besten Alter unsichtbar wird. Und die sich weigert, ihr Begehren aufzugeben.

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Seitenzahl: 257

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Über das Buch

Ihr Name ist Claire, sie ist 48 Jahre alt, Literaturprofessorin und geschieden. Um Jo, ihren wankelmütigen Geliebten, im Auge zu behalten, erstellt sie ein gefälschtes Facebook-Profil: Dort wird sie zu einer vierundzwanzigjährigen, alleinstehenden, brünetten jungen Frau, und das Foto, auf dem sie so schön ist, ist nicht ihr eigenes. Als diese fiktive Doppelgängerin schreibt sie mit dem sehr viel jüngeren Christophe – und verwickelt sich in eine Liebesgeschichte, wie sie nur der Cyberspace erzählen kann. In einem Vexierspiel zwischen realer und virtueller Welt erzählt Camille Laurens von den gefährlichen Liebschaften einer Frau in den mittleren Jahren, die sich weigert, ihr Begehren aufzugeben.

Camille Laurens

So wie du mich willst

Roman

Aus dem Französischen von Lis Künzli

 

 

 

Ich widme dieses Buch dem Andenken von Nelly Arcan

Prolog

Tonaufzeichnung, Aussage Nr. 453 AJ – (Archiv der Gendarmerie Nationale, R.)

Ich unterhielt mich seit zwanzig Minuten mit ihm er sprach über einen Artikel den ich publiziert hatte er hatte zum selben Thema geschrieben ich mochte seine grünen Augen seine schwarzen Haare die schwarzen Haare ich hatte Lust mich darin zu vergraben an den Schläfen gab es grauweiße mich darin vergraben mein Gesicht hineindrücken sie berühren ihre Masse spüren sie einatmen und plötzlich war seine Stimme anders war sanft geworden hörte sich liebevoll an ja liebevoll und aufmerksam er antwortete ja einer Studentin sie war gekommen ihm eine Frage zu stellen eine junge dunkelhaarige Frau mit rosa Schal sie fragte etwas und er drehte mir den Rücken zu einfach so ohne ein Wort von einer Sekunde auf die andere paff ohne ein Wort ohne eine Entschuldigung ich hörte einfach auf zu existieren ohne Verzeihung bitte ohne eine Sekunde bitte ich fand mich ganz allein wieder dumm idiotisch ohne Pardon mein Lächeln hing in der Luft ich sah es ich sah meinen Mund lächeln meinen blöden roten Mund sie prüfen ihre Zähne wie bei Pferden betasten ihre Brüste ihren Po sie wurde gehenkt diese Frau Sie wissen schon sie hatte den Mann getötet der sie vergewaltigt hatte sie henkten sie sie töten uns aus Hass wissen Sie aus purem Hass hören Sie es stand in der Zeitung ich habe es ausgeschnitten hören Sie schauen Sie ich habe es an meinen Mantel geheftet da sehen Sie.

Am Eingang der Märkte sind auf einem Aushang die Preise angegeben hier steht es hier kann man lesen:

Mädchen von 1 bis 9 Jahren: 200000 Dinar (138 Euro)

Mädchen von 10 bis 20 Jahren: 150000 Dinar (104 Euro)

Frau von 20 bis 30 Jahren: 100000 Dinar (69 Euro)

Frau von 30 bis 40 Jahren: 75000 Dinar (52 Euro)

Frau von 40 bis 50 Jahren: 50000 Dinar (35 Euro)

Der Frauenmarkt sie verkaufen sie doch schauen Sie lesen Sie: »ausgelassene Männer … amüsierte Kunden … Frauen über fünfzig werden nicht mehr vermarktet, da sie ungeeignet sind für den Zweck, den die Käufer für sie vorgesehen haben. Außerdem würde ihr Preis die Ausgaben für ihre Nahrung und den Transport vom Ort, wo sie gefangen wurden, bis zum Markt nicht rechtfertigen. Die Glücklichsten unter ihnen konvertieren zum Islam, den anderen, der Mehrheit, wird die Kehle durchgeschnitten« nein ich beruhige mich nicht sie verkaufen uns sie töten uns warum sollte ich mich beruhigen Mensch so hören Sie doch sie töten uns sie liquidieren uns das steht alles in der Zeitung kommt darauf an was für eine Zeitung Sie lesen Sie sind ebenfalls Männer das ist Ihr Job das ist Ihr Dope also sie sagen Macron das ist suspekt eine Frau die zwanzig Jahre älter ist als er die ganze Welt macht sich lustig das muss wirklich ein armseliger Typ sein ein Schwächling ein Waschlappen oder dann ist sie pädophil die Leute machen ihrem Ekel Luft was für ein Horror dieses Paar auch die Frauen kichern sie lachen über ihren eigenen angekündigten Tod sind lebendige Tote abgeknallt mit Gnadenfrist sie wissen es nicht sie töten uns schon bei Geburt aber nein nicht nur in China und in Indien hier man kommt auf die Welt »Was ist es? Es ist ein Mädchen« und schon ist man nichts mehr man kommt als nichts auf die Welt Moscovici der hat eine Frau die dreißig Jahre jünger ist als er »Die Schöne und der Minister« titeln die Zeitungen während Macron der »Omaverführer« ist niemand liebt uns niemand es ist schrecklich du siehst es auf der Straße du spürst es du bist alt die Blicke gehen durch mich hindurch oder attackieren mich mach Platz verzieh dich du stinkst nach Tod du schimmelst habt ihr Madonna gesehen die Leute werfen ihr vor dass sie »noch immer existieren« will genau so das sind exakt die Worte ich habe es in einer Zeitung gelesen in einer echten Zeitung einer seriösen Zeitung »erbärmlich, dass Madonna mit fünfundfünfzig noch immer existieren will« was soll man denn tun muss man zu existieren aufhören wollen muss man sich von sich selbst verabschieden begreifen dass man hier nichts mehr zu suchen hat keinen Platz mehr hat ich habe keinen Platz mehr ich weiß nicht wohin mit mir in die Schublade den Sarg die Kiste es nützt nichts jung zu sein ohne schön zu sein oder schön zu sein ohne jung zu sein die Männer reifen die Frauen altern ein Mann ist schön in der Nacht eine Frau das ist traurig lasst euch in den Sarg legen wie durchsichtig wie durchsichtig ich bin durchsichtig mein Vater ist Glaser verschwinde verstehst du kapierst du verschwinde checkst du’s ab in den Schatten geh sterben

IGEH STERBEN!

Geh, Grausamer, geh sterben! Du hast mich nie geliebt.

Pierre Corneille

 

Es kann passieren, dass eine nicht gelebte Liebe die Seele auffrisst.

Pascal Quignard

1Die Gespräche mit DR. Marc B.

CLAIRE.

 

Das habe ich Ihren Kollegen alles schon zehn Mal erzählt, lesen Sie doch einfach meine Patientenakte.

Ich weiß, dass Sie neu sind, das ist nicht zu übersehen. Ist das Ihre erste Stelle? Sie können doch höchstens dreißig sein.

Sie wirken jünger, als Sie sind.

Ich lache, weil das ein Zitat von Marivaux ist und Sie es überhaupt nicht gemerkt haben. Bei Ihnen steht Literatur wohl noch immer nicht auf dem Programm.

Sie hätten es merken können, ich weiß nicht, am Rhythmus, an der Intonation. Es gehört doch zu Ihrem Beruf, auf den Klang zu hören. Herauszuhören, wo es schief klingt. Klingelingeling, bei ihr ist eine Schraube locker.

Araminte. Die schöne Witwe. Von der man nicht weiß, ob ihr junger Sekretär sie verführen will, weil er sie liebt oder weil sie reich ist. Ob er es aufrichtig meint, obwohl er sie manipuliert. Aber Sie sind nicht Dorante, ich nehme an, Sie sind nicht in der Absicht hier, mir einen Antrag zu machen?

Ich habe früher ein bisschen Theater gespielt, ja – vor sehr langer Zeit. Mein Mann war Regisseur – ich meine, ist Regisseur. Er hat damit weitergemacht. Wir waren noch Studenten, als wir uns kennenlernten, spielten beide in der Theatergruppe der Uni. Das scheint so weit weg jetzt. Aber ich kann immer noch ein paar Verse auswendig, wie Sie sehen. Auch was die Kunst der Inszenierung angeht, habe ich einiges drauf, meinen Sie nicht? Aber wir wollen nicht bis zur Sintflut der Tränen zurückgehen. Es steht im Übrigen alles in Ihrem Papierkram. Was wollen Sie also noch?

Es ist Ihnen wichtig zu verstehen? Wie ich Sie verstehen kann! Aber was genau wollen Sie denn verstehen?

Das nenne ich eine schöne Antwort. Ein Punkt für Sie. Wie heißen Sie eigentlich?

Marc. Marc. Sie gefallen mir, Marc, und ich bin völlig einverstanden mit Ihnen: Es gibt in jedem von uns nur zwei interessante Persönlichkeiten, jene, die töten will, und jene, die sterben will. Sie treten beide unterschiedlich in Erscheinung, aber hat man sie einmal identifiziert, kann man sagen, dass man jemanden kennt. Oft ist es dann zu spät.

 

Wie wir da hineingeraten sind? Wir? Sie sind freundlich, sich in das Desaster miteinzubeziehen, Sie sind doch gerade erst dazugestoßen. Es kann Sie niemand für die Lage verantwortlich machen, in der ich mich befinde, in die ich »hineingeraten« bin, falls sich in den letzten zwei, ähm, drei Jahren – sind es zweieinhalb? –, die ich hier bin, überhaupt etwas bewegt hat. Oder meinten Sie ein allgemeines »wir«, wir alle? Wir als Institution? Wir, die Spezialisten? Wir, die Gesellschaft? Wir als man. Wie hat man es so weit kommen lassen, dass diese hier vor Ihnen sitzende Frau noch immer der Allgemeinheit zur Last fällt, dass sie noch immer nicht zu ihren Aufgaben, ihren Verpflichtungen zurückgekehrt ist, zu ihrer Produktionskapazität, um nicht zu sagen, zu ihrer Reproduktionskapazität? Dass sie, in ihren besten Jahren, noch immer verköstigt, untergebracht, betreut und versorgt wird, statt in der Gemeinschaft zu leisten, was sie bestimmt noch immer zu leisten imstande ist? Wo hat man es verbockt? Ist das Ihre Frage?

Ich lehrte. Und leerte mich manchmal ziemlich dabei.

An der Universität, ja. Vergleichende Literaturwissenschaft. Lehrbeauftragte. Kurz davor, Professorin zu werden. Man war im Begriff, mich zu ernennen, mich in die wunderbare Welt der Würdenträger aufzunehmen. Und das mit siebenundvierzig Jahren, man könnte mich als Vorbild für die Frauen bezeichnen, Sie wissen, dass der Frauenanteil in höheren Positionen noch immer lächerlich gering ist. Und dann bauz! Das Fiasko! Man sperrt mich ein, man untersucht mich, und man behält mich bis heute ein. Werden Sie mich auch einbehalten, Marc? Werden Sie mich bei sich behalten? Hier bin ich zu nichts mehr nutze, leiste nicht mehr meinen Beitrag zur Gesellschaft. Ich bin aus meinen Funktionen ausgeschieden, im wahrsten Sinn des Wortes dahingeschieden. Ja, so ist es, ich bin nicht mehr funktionsfähig, habe eine Betriebsstörung, einen Schaden, einen Sprung, ganz wie Sie wollen, und hopp, werde ich aus dem Verkehr gezogen, kaltgestellt, bin tot, und Sie sind damit beauftragt, mich ins Leben zurückzuführen, an den Stromkreis anzuschließen, die Maschine zum Laufen zu bringen, kurz, mich wieder einzugliedern. Das ist es doch, worum es hier geht, nicht, um Wiedereingliederung? Sie möchten, dass die Kaltgestellte wieder warm läuft. Apropos, da fällt mir ein: Sie haben mich vorgeladen heute Mor… Was gibt’s, Sie mögen das Wort »vorgeladen« nicht? Na gut, Sie haben mich für heute Morgen eingeladen, es ist elf, ich sage Ihnen das für das nächste Mal, falls es ein nächstes Mal gibt, ich bin ein Morgenmuffel, bin so früh nicht sehr einsatzfähig, ich komme nicht hoch, bin erschlagen vom Valium am Abend zuvor und noch nicht besänftigt durch das Xanax, auch wenn ich es (das ist ein Geheimnis, sagen Sie es nicht weiter), wenn ich es oft nicht nehme, ich ziehe die Angst dem Vergessen vor, wenn man unglücklich ist, ist es besser, es zu wissen, finden Sie nicht?

 

Zu Beginn hatte es nichts mit Chris zu tun – mit Christophe –, denn über Christophe soll ich doch sprechen, nehme ich an? Vom Corpus Delicti, vom Herzensbrecher, um nicht zu sagen vom Herzensverbrecher? Von meinem Herzschmerz? Oder möchten Sie lieber, dass ich Ihnen von meiner Kindheit erzähle, von meinen Eltern, meiner Familie – von dem ganzen Psychokram halt?

Nein, zu Beginn hatte ich überhaupt nicht Chris im Blick. Ich kannte ihn gar nicht, er interessierte mich nicht. Ich hatte ihm die Freundschaftsanfrage auf Facebook nur geschickt, um etwas über Jo zu erfahren – über Joël. Ich war zu diesem Zeitpunkt mit Joël, Jo, zusammen. Jo hatte damals fast keine Freunde auf den sozialen Netzwerken, er akzeptierte nur Leute, die er kannte, mich allerdings nicht – er war der Ansicht, Lover sollten nicht Freunde sein. Während Chris (das hat mir Jo gesagt), Chris also Hunderte von Freunden hatte, er war viel auf Facebook unterwegs, sein Nickname war KissChris, er heimste Likes mit einer Leichtigkeit ein, die Jo beeindruckte. Sind Sie auch auf Facebook, Marc? Verstehen Sie, wovon ich rede? Es ist nicht nötig, dass ich es für Sie übersetze?

Wenn man eine Weile mit Jo zu tun hatte, könnte einem diese Zurückhaltung komisch vorkommen, denn in sonstiger Hinsicht war er ein Mann, der keine Grenzen kannte, ich meine wirklich keine – höchstens vielleicht, nicht sofort zu töten, wenn ihn der Impuls dazu überkam, aber wer weiß: Es gibt so viele Arten zu töten. Er konnte einen im Handumdrehen vernichten, mit einem Wort, mit einem Schweigen. Sie werden wissen, dass die größte Angst der Frauen die Angst vor dem Verlassenwerden ist? Ja, solche Sachen müssen in Ihren Büchern stehen. Nun, genauso war Jo – ich denke, man kann es »pervers« nennen: Er konnte einen bis zu zehnmal am Tag verlassen. Er kannte die schwache Stelle – in gewisser Weise kennen die Perversen die Frauen am besten – und trieb den Stachel seiner Abwesenheit genau da hinein, um einem die ganze Lebensenergie, die ganze Lebensfreude auszusaugen. Er streckte einem die Hand hin, drückte zu, und dann ließ er einen fallen, einfach so, ohne ersichtlichen Grund, nur weil man auf ihn gezählt, Vertrauen zu ihm gefasst hatte. Zum Schluss hin sagte ich ihm nicht mehr, was ich mochte, ich verheimlichte vor ihm, was mir Freude machte, denn er hätte alles darangesetzt, sie zu verderben oder zu hintertreiben. Wenn ich nicht mehr konnte, verließ ich ihn, aber ich brach die Zelte nie ganz ab. Irgendwann kreuzte er zuckersüß wieder auf oder ich rief ihn honigsüß zurück, und alles ging wieder von vorne los, Monat für Monat. Fragen Sie mich nicht, warum. Ich hatte mich gerade von meinem Mann getrennt und hatte keine Lust, allein zu sein, ich brauchte Liebe, zumindest in körperlicher Hinsicht, musste darüber sprechen, daran glauben, na ja, Sie kennen die Leier, man will leben, muss man sagen, warum?

Nein, nie. Jo hat mir nie physisch wehgetan. Das war nicht nötig. Körperliche Gewalt ist der letzte Ausweg, ein Schlag ins Gesicht ist etwas für Anfänger.

Schwer zu sagen. Das Verlangen ist etwas Mysteriöses. Man will etwas vom anderen, was man selbst nicht oder nicht mehr hat. Früher hätte ich gesagt, dass man immer dasselbe will – etwas, das gut und fest in der Vergangenheit verwurzelt ist, mag es auch schädlich sein. Den Kummer neu entfachen. Den Flammenwerfer wieder auftanken. Aber seit dieser ganzen Geschichte bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich glaubte, dass das Verlangen sich verändern kann, dass man es mitsamt der Wurzel ausreißen und in eine neue, eine weichere, lockerere Erde einpflanzen kann. Dass man es zumindest versuchen kann. Es ist zu traurig, wenn alles im Voraus festgeschrieben ist, dachte ich. Wenn die Messe gelesen ist, warum dann noch beten?

Ja. Einmal, bei einer längeren Trennung, als ich es nicht mehr aushielt, nicht zu wissen, wo Jo war, was er tat – denn er war verschwunden, er war buchstäblich verschwunden –, erstellte ich ein falsches Facebook-Profil. Bis dahin hatte ich Facebook kaum genutzt, ich hatte ein Profil auf meinen richtigen Namen, Claire Millecam, es war rein professionell, ich tauschte darauf ein paar Informationen mit Kollegen aus dem Ausland oder ehemaligen Studenten aus, ganz sporadisch, nichts Weltbewegendes. Und dann ist die Falle zugeschnappt. Für Leute wie mich, die die Abwesenheit schlecht ertragen – das steht doch bestimmt dort geschrieben, nicht: erträgt die Abwesenheit nicht? Es ist ein bisschen wie bei einer Lebensmittelunverträglichkeit: zu viel Verlassenheit und ich entwickle ein Quincke-Ödem, ich ersticke, krepiere –, für Leute wie mich ist das Internet gleichzeitig der Untergang und das rettende Floß: Man droht zu ertrinken beim Hinterherjagen, beim Warten, man kann nicht abschließen mit einer Geschichte, obwohl sie vorbei ist, man kann nicht um eine Beziehung trauern, wie tot sie auch sein mag, und gleichzeitig hält man sich dank des Virtuellen an der Oberfläche, man klammert sich an die künstlichen Präsenzen, die im Netz herumspuken, und statt loszulassen, bindet man sich neu. Und sei es nur durch den kleinen grünen Punkt, der anzeigt, dass der andere online ist! Ach! Der kleine grüne Punkt, welcher Trost, ich erinnere mich! Selbst wenn der andere einen ignoriert, weiß man doch, wo er ist: Er ist gewissermaßen in Raum und Zeit fixiert. Vor allem, wenn neben dem kleinen grünen Punkt »Web« geschrieben steht: Dann kann man sich vorstellen, wie er bei sich zu Hause vor seinem Computer sitzt, man hat einen Anhaltspunkt im wilden Rausch der Möglichkeiten. Beängstigender ist es, wenn das grüne Licht »mobil«anzeigt. Mobil, können Sie sich das vorstellen?! Mobil, das heißt unterwegs, herumstreunend, frei! Und folglich schwieriger zu lokalisieren. Er kann weiß Gott wo sein mit seinem Telefon. Immerhin weiß man, womit er beschäftigt ist, jedenfalls hat man den Eindruck – was eine Art von Nähe herstellt, die beruhigend wirkt. Man sagt sich, er würde nicht alle zehn Minuten ins Netz gehen, wenn ihm das, was er tut, gefiele. Vielleicht beobachtet er, hinter der digitalen Pinnwand versteckt, ebenfalls, was Sie gerade tun? Kinder, die sich gegenseitig ausspionieren. Man hört dieselben Songs, fast zeitgleich, man lebt gemeinsam mit der Musik, tanzt auf die Melodie, zu der er den Takt schlägt. Und wenn er nicht da ist, verfolgt man ihn dank der Zeitangabe, untersucht, wann er zum letzten Mal online war. Man findet zum Beispiel heraus, um wie viel Uhr er aufgewacht ist, da er morgens natürlich als Erstes die Pinnwand checkt. In welchem Moment des Tages sich seine Augen auf ein bestimmtes Foto gerichtet haben, das er kommentiert hat. Ob er mitten in der Nacht aufgewacht ist. Er muss es nicht einmal sagen. Denn wie ein griechischer Rhapsode setzen Sie die einzelnen Teile zusammen. Sie stopfen die Löcher, spannen Fäden über die Lücken. Es heißt nicht von ungefähr Netz. Mal ist man die Spinne, mal die Mücke. Doch der eine existiert für den anderen, dank des anderen, man ist verbunden durch die gemeinsame Religion. Es gibt keine Kommunion, dafür Kommunikation.

Natürlich tut es auch weh, ja, sicher: Der andere ist online, aber nicht mit Ihnen. Man kann sich alles Mögliche vorstellen, man stellt sich alles Mögliche vor, man sieht sich die Profile seiner neuen Freunde an, seiner Freundinnen, um irgendeinen aufschlussreichen Post zu finden; man entziffert den geringsten Kommentar, springt von einer Pinnwand zur nächsten, hört sich die Songs an, die er sich angehört hat, interpretiert ihre Texte, erforscht, was er mag, sieht sich seine Fotos, seine Videos an, späht seinen Standort aus, die Events, an denen er teilnehmen wird, man navigiert im U-Boot durch den Ozean der Gesichter und Worte. Manchmal schneidet es einem die Luft ab, man steht mit Schnappatmung am Abgrund dieses Vergessens, in dem man sich selbst überlassen ist. Doch das alles ist weniger schmerzhaft als nichts, rein gar nichts zu wissen, völlig abgeschnitten zu sein. »Ich weiß, wo du bist«, dieser Satz ist für mich überlebenswichtig geworden, verstehen Sie. Es ist wie bei dieser Inschrift am Grab eines Amerikaners auf dem Friedhof Père-Lachaise – ich ging immer gerne dort spazieren. Seine Frau hatte die Worte eingravieren lassen: »Henry, endlich weiß ich, wo du heute Nacht schlafen wirst.« Herrlich, nicht?! Mit Facebook ist es ein bisschen ähnlich: Der andere lebt zwar noch, doch er steht sozusagen unter Hausarrest, er ist nicht völlig frei, er bleibt auf bekanntem, wenn nicht erobertem Gebiet. Und so hing ich an dem kleinen grünen Licht wie am Tropf, wie ein Asthmamittel erleichterte es mir das Atmen. Nachts wurde es manchmal zu meinem Nordstern. Ich muss das nicht erklären. Es ist einfach eine Feststellung. Ich hatte einen Richtungsweiser in der Wüste, einen Orientierungspunkt. Ohne wäre ich jetzt tot. Verstehen Sie, tot.

Sie können es nun genauso halten wie Ihre Kollegen und irgendeine symbiotische Beziehung zu meiner Mutter daraus ableiten, Trennungsschwierigkeiten, einen Kastrationskomplex oder weiß der Teufel was. Gut, aber dann sagen Sie mir nicht im gleichen Atemzug, dass ich die Möglichkeit hatte – dass ich die Möglichkeit habe –, das Ganze hinter mir zu lassen und nach vorne zu schauen: zu meiner Arbeit, meinen Freunden, meinen Kindern. Das Kind war ich. Kapiert? Ich bin das Kind. Es gibt kein Alter, um klein zu sein. Sie haben es bestimmt irgendwo in Ihren Unterlagen stehen, dass ich das Kind bin?

Was ein Kind ist? Wie soll ich sagen … Das ist jemand, der braucht, dass man sich um ihn kümmert.

Es ist jemand, der möchte, dass man ihn in die Arme nimmt.

Auch wenn es eine Illusion ist, ja, warum nicht? Die Besänftigung ist die gleiche. Oh, jetzt sind Sie aber stolz auf sich! Hübsche Replik: auch,wenn es eine Illusion ist. Mit säuselnder Stimme. Sind Sie eigentlich Arzt oder nur Psychologe? Wo der Unterschied ist, tja, sehen Sie. Was ich nicht mag an Ihrer Disziplin, an Ihrer angeblichen Wissenschaft, ist, dass sie nichts ändert. Man kann noch so gut wissen, was passiert, was passiert ist, es heilt einen nicht. Wenn man verstanden hat, warum man leidet, leidet man deswegen trotzdem. Es bringt absolut nichts. Man kann nicht wiedergutmachen, was schiefgelaufen ist. Ist das Laken einmal zerrissen, flickt man es nicht mehr zusammen.

Sind Sie auch auf Facebook, Marc? Sie antworten nicht. Sie sind nicht stolz darauf. Sie, Sie stalken bestimmt nicht. Ihr Beruf genügt Ihnen.

Wie auch immer: Da ich Jo nicht direkt folgen konnte, schickte ich Chris, KissChris, eine Freundschaftsanfrage. Er war der ideale Mittelsmann, da er seit Kurzem bei Jo wohnte, wenn auch nur vorübergehend. Sie hatten sich etwa zehn Jahre zuvor in der Redaktion des Parisien kennengelernt, wo beide arbeiteten, Chris als Fotograf, Jo als Praktikant, sie waren beide um die fünfundzwanzig. Offenbar haben sie es zwei, drei Jahre lang ordentlich krachen lassen, bis sie sich wegen einer Geschichte um Arbeit oder ein Mädchen oder Gras oder Geld zerstritten haben. Und in der Zeit, von der ich spreche, sind sie sich über einen anderen Typen, der die Sache einrenkte zwischen ihnen, wieder nähergekommen. Chris hielt sich schlecht und recht über Wasser, zog ab und zu eine kleine Reportage an Land, Fotos von einem Promi, aber lebte vor allem von Sozialhilfe. Jo hingegen bezog als glücklicher Arbeitsloser gerade das elterliche Ferienhaus in Lacanau, in der Nähe von Arcachon – ein traumhafter Ort, an den ich wunderschöne Erinnerungen hatte oder immer noch habe: Die Zeit vergeht, die Erinnerung bleibt, wie es auf Friedhöfen heißt. Denn es hat durchaus auch gute Momente gegeben mit Jo. Ein paar. Vielleicht gibt es mit allen immer auch gute Momente. Kann es welche geben. Seine Eltern hatten von einer kinderlosen Cousine ein Vermögen geerbt, Geld war kein Problem mehr für ihn. Er machte ein bisschen Musik – nichts Ernsthaftes –, aber seiner Mutter war es wichtig, dass er mit vierzig den Anschein eines berufstätigen Mannes aufrechterhielt: So wurde er Hausmeister und Gärtner und Klempner und Elektriker. Wenn man so will, denn er hatte von keinem dieser Berufe Ahnung. Da er schlecht allein sein konnte und ich ihn, weil ich in Paris wohnte, nicht oft besuchte (manchmal denke ich, dass genau das der Hauptgrund war für seinen endgültigen Umzug in die Provinz: es für mich kompliziert zu machen, ihn zu sehen), bot er Chris an, bei ihm zu wohnen. Marguerite Duras hat darüber geschrieben, über die Vorstellung, dass Männer am liebsten unter sich bleiben, Sie wissen schon, über ihr träges Interesse an Frauen – Frauen sind zu verschieden, zu ermüdend. Es bräuchte eine Anstrengung, die zu leisten sie nicht willens sind, nicht auf Dauer jedenfalls. Außer im Bett, vermute ich mal. Sie bestätigen sich gegenseitig in ihrer Männlichkeit, sie wollen keine Frau in ihrem Kopf oder vor ihrer Nase haben. Ich glaube auch, Jo schwebte vor, wieder an seine Jugend anzuknüpfen, noch einmal neu anzufangen. Er konnte sich nicht mit dem Gedanken abfinden, alt zu werden. Geistig war er immer achtzehn geblieben, er fantasierte über sehr junge Mädchen, minderjährige, jungfräuliche – wussten Sie, dass teen zusammen mit sex weltweit die häufigste Suchanfrage auf Google ist –, kurz, er glaubte, man könne denselben Film immer wieder von vorne abspulen. So jedenfalls haben sie sich aufgeführt. Und Chris ist bei Jo eingezogen, wie in den guten alten Zeiten.

Ich habe Chris nie persönlich getroffen. Jo hatte mir zwei-, dreimal von ihm erzählt, das ist alles. Ich glaube, er wollte nicht, dass ich ihn kennenlernte: Auch wenn er es gut versteckte, er war extrem eifersüchtig, er lebte in ständiger Angst, zu verlieren, was ihm gehörte, einschließlich das, was er gar nicht mehr wollte. Was für ihn verloren war, sollte für die ganze Welt verloren sein, was für ihn selbst tot war, durfte nicht irgendwo anders weiterexistieren. Bei einem der letzten Male, dass ich Jo vor meinem Zusammenbruch in Paris sah, zeigte er mir Fotos von Chris, die dieser auf Facebook gepostet hatte, um auf sich aufmerksam zu machen, einen Hype auszulösen, wie er sagte. Er ging nicht gerade zimperlich um mit seinem »besten Kumpel«: Ihm zufolge suchte Chris nicht ernsthaft einen Job. Er hatte in Lacanau Essen und Unterkunft, also wozu sich einen abreißen? Außerdem hatte er die Ambition, berühmt zu werden, allerdings ohne einen kleinen Finger dafür zu rühren – nur den Zeigefinger, um auf den Auslöser zu drücken. »Er hofft, dass ihn irgendwann einer entdeckt und den neuen Depardon aus ihm macht«, spottete er. Seine Fotos waren gut, ich habe sie mir mit Interesse angesehen, allerdings nur, weil ich diesen Moment mit Jo teilen konnte.

Chris? Nein, ich hatte vorher nie mit ihm gesprochen. Das heißt, doch, es ist mir neulich nachts wieder eingefallen, ich hatte einen Albtraum, und da ist dieser Satz vorgekommen, soll ich es Ihnen erzählen? Ein Albtraum, das müsste Sie eigentlich interessieren. Also. Es war Morgen, ich musste unterrichten, schick angezogen und geschminkt betrat ich den Hörsaal, ging aufs Podium zu, und in diesem Augenblick leerten sich die Reihen schlagartig, alle Anwesenden waren blau gekleidet, sie standen in Scharen auf, gingen lärmend die Stufen hinunter und verließen den Raum, ohne mich eines Blickes zu würdigen, mit dem Daumen nach unten, und ich fand mich allein in der Arena wieder, eine Königin ohne Untertanen, ich bekam Angst, drehte mich um, und an der Tafel stand der Satz, in Kapitalbuchstaben, die Kapitalstrafe, ich wachte erschrocken auf, das Herz hämmerte wild, und da war der Satz, das können Sie aufschreiben, greifen Sie zum Stift, das steht bestimmt nicht in Ihren Unterlagen. Nein? Müssen Sie nicht alles, jede Kleinigkeit, festhalten? Ach, Sie »hören zu«. Sie sind ganz Ohr! Es hat mich an etwas erinnert, was wirklich passiert ist. Ich hatte eines Abends Jo in Lacanau angerufen, wie ich es oft tat, um die Verbindung irgendwie aufrechtzuerhalten – die Liebesverbindung, was davon noch übrig war. Meistens ging er nicht ran, aber an jenem Abend antwortete er. Er hatte getrunken oder geraucht, wohl beides, jedenfalls war er konfus und aggressiv, warf mir vor, ihn zu überwachen, ihn nur anzurufen, um zu überprüfen, ob er da sei, ihn kontrollieren zu wollen. Und er gab den Hörer ohne Vorwarnung an jemand anderen weiter, so wie er es manchmal, wenn das Gespräch ihn langweilte, auf offener Straße mit einem x-beliebigen Passanten tat – sodass ich plötzlich mitten im Satz eine andere Stimme hörte, eine fremde Stimme, die sagte, hallo, beruhig dich mal. Es war Chris, wie mir später klar wurde. Ich protestierte, war wütend, diese Angewohnheit nervte mich, auch wenn ich damals oft lachen musste, wenn ich auf einmal völlig Unbekannte an der Strippe hatte, die Jo auf der Straße aufs Geratewohl angehalten hatte … Aber diesmal nicht, dieser Typ am Ende der Leitung war überhaupt nicht witzig, er duzte mich, seine Stimme klang betrunken und herablassend. Meinst du nicht, du bist ein bisschen zu alt, um eifersüchtig zu sein, fragte er. Ich wurde sauer, sagte, er solle mir Jo wiedergeben, er murrte, die ist vielleicht uncool, deine Alte, und dann mit einem schulmeisterlichen Ton: Du meinst also, du kannst dir alles erlauben, du meinst, hier kann jeder zu egal welcher Tages- und Nachtzeit anrufen. »Ich bin nicht jeder«, habe ich geantwortet, »und ich krieche auch nicht bei anderen Leuten unter, um ihnen auf der Tasche zu liegen.« Darauf hörte ich, wie er einen Zug von der Zigarette nahm und den Rauch ausstieß, und bevor er auflegte, ohne mir Jo zu geben, sagte er: Geh sterben!

Geh sterben.

Ein Killersatz.

Es gibt Leute, die sich wegen weniger aus dem Fenster stürzen, nicht? Hier gibt es jede Menge von ihnen. Sie werden so lange mit Wörtern attackiert, dass sie irgendwann umkippen.

Geh sterben. GEHSTERBEN. Die Worte der anderen verfolgen einen wie böse Geister. Ihre Stimmen äußern Befehle, denen man sich unmöglich entziehen kann. Textuelle Belästigung sozusagen, ha! Ich spiele auch gern mit Worten, sehen Sie. Wir müssten uns verstehen.

Kurz, dies alles, um zu sagen, dass ich wirklich nicht vorhersehen konnte, was dann passiert ist. Als ich meine falsche Facebook-Seite einrichtete, war Chris für mich nichts anderes als ein Schmarotzer, ein frauenfeindlicher, ungehobelter Schnorrer, ein Feind in meiner wackligen Beziehung zu Jo. Ich hatte nicht einmal vor, mit ihm zu kommunizieren, ich wollte über diesen Umweg nur an Nachrichten über Jo kommen.

Geh sterben.

Im Endeffekt habe ich genau das getan, nicht?

Ich habe schließlich getan, was man von mir verlangte. Denn das hier ist kein Leben. Ist es das, was Sie denken? Wenn man verrückt ist, klingt der Imperativ wie ein unumstößlicher Befehl, nicht? Sagen Sie, ist es das, was Sie denken? Einen Befehl kann man aber auch umdrehen. Mach du doch. An den Absender zurückschicken. Geh doch selber sterben. Wenn man verrückt ist. Wenn man eine verrückte Frau ist.

Steht da drin, dass ich verrückt bin?

Sind alle Frauen verrückt?

 

Da Chris seinen Status als Fotograf auf Facebook öffentlich gemacht hatte, erstellte ich mir einen Avatar, für den ich mir die Identität einer Fotoliebhaberin zulegte. Für das Profil verwendete ich das Bild einer Dunkelhaarigen, das ich auf Google gefunden hatte. Das Gesicht war hinter dem Objektiv einer Pentax versteckt, sodass man nur die Haare sehen konnte – nachdem ich mich durch die Fotos seiner Freundinnen geklickt hatte, war ich zum Schluss gekommen, dass er auf Braunhaarige stand. Ich gab an, ich sei vierundzwanzig (zwölf Jahre jünger als er statt zwölf Jahre älter), dass ich im Pariser Umland wohne, aber viel unterwegs sei – ich überließ nichts dem Zufall. Um ihn zu ködern, ohne Verdacht zu erregen, besorgte ich mir erst ein paar Dutzend Freunde, bevor ich ihm eine Freundschaftsanfrage schickte, Leute, die ich nicht kannte, die mit Fotografie oder Mode zu tun haben, solche wie er, cool, swag, Angesagte oder Loser, Menschenfreunde, zufrieden mit sich selbst, in love with life. Er hat mich sofort angenommen. Er hat sogar, nachdem ich eines seiner Fotos gelikt hatte, selbst die Initiative zum Chat ergriffen. Es muss Anfang des Jahres gewesen sein, im Januar; Jo und ich hatten uns um Weihnachten herum zerstritten – Feiertage sind eine sensible Zeit. Wenn man allein ist, fühlt man sich noch mehr allein, eine solche Gelegenheit hätte sich Jo niemals entgehen lassen, er wird kurz vor Silvester mit mir Schluss gemacht haben. Da freute ich mich natürlich über die Nachricht von Chris, es war idiotisch, denn sie war nicht sehr vielsagend, »freut mich, dass du meine Fotos magst, danke, frohes neues Jahr. Ich heiße Christophe, für die Freunde Chris«, es war auch keine Anmache, im Grunde nicht viel mehr als eine höfliche Geste.