Spirituelle Krise oder Psychose? - Birgit Waßmann - E-Book

Spirituelle Krise oder Psychose? E-Book

Birgit Waßmann

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Beschreibung

Das Schwergewicht dieser Publikation liegt auf spirituellen Krisen und ihren Parallelen zu Stationen des geistigen Entwicklungsweges. Tatsächlich lassen sich, trotz des teilweise sehr chaotischen Verlaufs, auch bei psychotischen Episoden Merkmale erkennen, die mit den Stufen spiritueller Erfahrungen große Ähnlichkeiten aufweisen. Oft wird behauptet, dass zwischen einem Mystiker und schizophrenen Patienten eine gewisse Verwandtschaft besteht. Tatsächlich sind die zahlreichen Berichte über problematische Entwicklungen ein Zeichen dafür, dass in spirituellen Transformationsprozessen unvorhergesehene Konflikte auftauchen können. Das Erkennen dieser Übereinstimmungen kann ein Licht auf psychotisches Erleben werfen und Zusammenhänge aufzeigen, die ansonsten im Dunkeln blieben.

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Schizophrenie gilt als die rätselhafteste

unter den

psychischen Störungen.

Das innere Haus der Seele ist großartig

und zerbrechlich.

Inhalt

Vorwort

Psychologie und Grenzgebiete des Wissens

Vision und Wirklichkeit

Paranormale Erlebnisse

Der Umgang mit außergewöhnlichen Erfahrungen

Die metaphysische Seite von Psychosen

Die geheime Welt der Symbole und Zeichen

Die innere Bilderwelt

Vorstellungen jenseits der Realität

Die geheime Bedeutung der Dinge

Rätselhafte Botschaften und Zeichen

Innere Wandlungsprozesse

Psychose oder höheres Gewahrsein?

Merkmale einer spirituellen Krise

Gesteigerte Sensitivität und Erregbarkeit

Religion und Psychose

Transformative Prozesse

Kundalini-Energie und Krise

Ich-Auflösung und , dunkle Nacht'

Dissoziation: Eine andere Sichtweise

Der innere Wandlungsprozess

Der geistige Weg und seine Schatten

Das Leben als Pilgerfahrt

Die Erweiterung des Bewusstseins

Hindernisse und Prüfungen

Die spirituelle Praxis

Energie-Übertragung und Verbindung

Initiation und Erkenntnis

Initiation: Die Stufen der Erkenntnis

Einweihung und ,Kraftübertragung'

Sinnsuche und Krise

Kundalini-Erwachen oder Schizophrenie?

Schamanische Krisen

Psychosen aus ganzheitlicher Sicht

Sinnkrise und Transzendenz

Schutz vor unsichtbaren Angriffen

Therapie psychotischer Erkrankungen

Psychose oder spirituelle Krise?

Beratungsstellen

Literaturverzeichnis

Vorwort

Der Begriff Schizophrenie stellt die Erlebnisse von Menschen, die einen Blick hinter die Kulissen des Geistes wagen, durchweg in ein negatives Licht. Schizophrenie bedeutet im Grunde, dass ein Bewusstsein den eng begrenzten Rahmens der normalen Wahrnehmung gesprengt hat. Der Betreffende empfindet sich jedoch als Opfer der Situation, da ihn die Erfahrungen im erweiterten Bewusstseinszustand überordern.

Eine plötzliche und willkürliche Erweiterung der bewussten Wahrnehmung ist in der Tat nicht ungefährlich. Die vielfältigen Probleme, mit denen schizophrene Patienten zu kämpfen haben, sind ein deutlicher Hinweis darauf. Einerseits kann es sehr interessant sein, eine völlig neue Welt zu entdecken, doch die ungewohnte Sicht kann andererseits auch unzählige Schrecken in sich bergen. Niemand beschützt den abenteuerlustigen Wanderer an dem fremden, unbekannten Ort; er steht allein da auf weiter Flur.

Auch kann die neue Wahrnehmungswelt nicht ohne weiteres wieder zurückgedrängt werden. Der Wanderer gerät unter Umständen in eine Krise, die ihn in die Mühlen der Psychiatrie bringt. Unheimliche Visionen tauchen auf, dunkle Schattengestalten nähern sich dem Betrachter und rufen Ängste hervor. Bald fühlt er sich bedroht und verfolgt. Ärzte diagnostizieren in solchen Fällen in der Regel eine schizophrene Erkrankung, ohne ein grundlegendes Verständnis dafür, was in der Psyche vor sich geht.

Aus der Sicht des Erlebenden sind seine unterschiedlichen Halluzinationen nicht lediglich Erzeugnisse einer krankhaften Phantasie (wie ihm von fachlicher Seite unterstellt wird), sondern für ihn haben sie durchaus Realitätscharakter. Er hat Einblick in eine geheimnisvolle Realität; er schaut in eine Welt, die den meisten Menschen verborgen bleibt. Es ist eine Sphäre, in der Energie sichtbare Formen annimmt.

Oft wird behauptet, dass zwischen einem Mystiker und schizophrenen Patienten eine gewisse Verwandtschaft besteht. Tatsächlich sind die zahlreichen Berichte über problematische Entwicklungen ein Zeichen dafür, dass in spirituellen Transformationsprozessen unvorhergesehene Konflikte auftauchen können. Leider wird dieses Thema in esoterischen Foren kaum erwähnt.

Daher ist es ein Anliegen dieses Buches, auf die Hindernisse hinzuweisen, denen viele spirituell Interessierte, die sich mit entsprechenden Übungen befassen, begegnen und denen sie meist überraschend und unvorbereitet ausgeliefert sind.

Das Schwergewicht dieser Publikation liegt auf spirituellen Krisen und ihren Parallelen zu Stationen des geistigen Entwicklungsweges. Tatsächlich lassen sich – trotz des teilweise sehr chaotischen Verlaufs – Merkmale erkennen, die mit den Stufen spiritueller Erfahrungen große Ähnlichkeiten aufweisen. Das Erkennen dieser Zusammenhänge kann ein Licht auf psychotisches Erleben werfen sowie Erklärungsmuster aufzeigen, die ansonsten im Dunkeln blieben.

Psychologie und Grenzgebiete des Wissens

Vision und Wirklichkeit

Die Traumebene verbindet als Mittler die geistige Ebene und die materielle Welt.

Außergewöhnliche Begebenheiten faszinieren seit jeher die Menschheit. Was ist Wirklichkeit, wann kann man von einem ungewöhnlichen Phänomen sprechen? Es gibt eine Tendenz, für geheimnisvolle Dinge allzu leicht eine Erklärung zu finden, ebenso wie es die Neigung gibt, für außergewöhnliche Begebenheiten überhaupt keine Erklärung zu haben und sich damit zufrieden zu geben.

Die Wissenschaften der Neuzeit haben sich vorwiegend die Analyse der empirisch fassbaren Realität zum Ziel gesetzt, fragen aber kaum nach Sinn und Ziel dieser Wirklichkeit. Doch die Realität ist vielschichtig und lässt sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven deuten und verstehen.

Außerordentliche Bewusstseinsphänomene werden in verschiedenen Kulturen als Zeichen des Übernatürlichen aufgefasst, während sie im westlichen Denken meist als pathologisch angesehen werden. Zu ihnen gehören außersinnliche Wahrnehmungen wie: Hellsehen und Hellhören, spiritistische Phänomene, Spuk, außerkörperliche Erfahrungen, präkognitive Träume, automatisches Schreiben, Berichte über Reinkarnation und Telepathie. Auch Dèja-vu-Erlebnisse, bedeutungsvolle Zufälle sowie paranormale Heilungen gehören in das Spektrum der außergewöhnlichen Phänomene.

Ein Teil der Erfahrungen wird in der psychischen Innenwelt wahrgenommen, während sogenannte ,externale Phänomene' in der materiellen Außenwelt lokalisiert werden. Auch wenn in vielen Fällen die Erfahrungen unerklärlich scheinen, ist es dennoch angebracht, zuerst die naheliegendsten und einfachsten Erklärungen heranzuziehen.

Immerhin sind laut repräsentativen Umfragen die besonderen Erfahrungen bei 10-15% der Bevölkerung so außergewöhnlich, dass sie unkonventionelle Erklärungsmodelle rechtfertigen. Die Annahme einer übernatürlichen Ursache für ein Vorkommnis wird häufig als Aberglaube abgetan, obwohl es für diese einseitige, kritische Auffassung keinerlei Beweise gibt.

Ch. Siry erzählt von seinen Erlebnissen auf dem Jakobsweg, zu denen auch abenteuerliche Visionen gehörten. Er bezeichnet den Wahnsinn als ,siebten Sinn', der außergewöhnliche Dinge und Mysterien zeige. „Dem, der ihn versteht, ist der Wahnsinn ein guter Freund" (S.79). Er sei die Pforte zum Urzustand, zum allumfassenden Geist. Die Seele dürste nach dem Geheimnisvollen, doch für den normalen Menschen bleiben die Türen verschlossen

Die Fähigkeit, die normalen Grenzen des bewussten Geistes zu überschreiten, ist ein wertvolles Charakteristikum der menschlichen Natur. Die Grenzen zwischen den Welten sind fließend. Um sich davor zu bewahren, zwischen den Türen verloren zu gehen, hilft oftmals die einfache Frage: ,Träume ich oder bin ich wach'? Diese Frage stellt sich der Visionär und Träumer immer wieder, denn sie erzeugt eine Verbindung zwischen den Bewusstseinsebenen.

Die Phänomene an den Grenzen des Wissens, die nur unzureichend verstanden werden, haben mit den Alltagsvorstellungen von Wirklichkeit nicht viel gemein. Sie lassen sich nicht ausreichend mithilfe des gegenwärtigen Kenntnisstandes erklären, denn sie bewegen sich außerhalb des üblichen wissenschaftlichen Verständnisses von Raum, Zeit und Energie.

Paranormale Erlebnisse

Der Glaube hat die Macht, die Wirklichkeit zu formen.

Menschen, die an einer psychischen Störung leiden, glauben vermehrt an die Existenz übernatürlicher Kräfte. Dies bedeutet aber keineswegs, dass außergewöhnliche Wahrnehmungen als eine psychische Störung anzusehen sind. Allein durch psychopathologische Verarbeitungsprozesse können diese nicht zufriedenstellend erklärt werden.

Die psychologische Wissenschaft geht davon aus, dass Menschen mit paranormalen Überzeugungen besonders gefährdet sind, eine psychische Störung zu entwickeln. Auf der anderen Seite können außergewöhnliche Erfahrungen auch zu psychischer Gesundheit oder zumindest zur Stabilisierung beitragen. Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, wie das Erlebnis eingeschätzt wird, ob die Betroffenen sich ausgeliefert fühlen und welche Reaktionen die Umwelt zeigt.

In den meisten Fällen reicht es nicht aus, ungewöhnliche Erlebnisse als Täuschung oder Fehlwahrnehmung zu deklarieren, auch wenn Menschen mit psychischen Auffälligkeiten häufig davon berichten. Paranormale Erlebnisse allein sind keineswegs ein Indikator für psychische Auffälligkeiten. Sie sind häufig bei geistig völlig gesunden, unauffälligen Personen anzutreffen. Dennoch spielen traumatische Lebenserfahrungen bei der Entwicklung von paranormalen Überzeugungen eine wichtige Rolle. Sie können als Bewältigungsstrategie für den erlebten Verlust der Kontrolle dienen. In Kombination mit sozialem Rückzug, mit der Interpretation zufälliger Ereignisse als persönlich bedeutungsvoll und allgemeinem Misstrauen gegenüber jedermann können die paranormalen Erlebnisse Teil eines Krankheitsbildes sein.

Während der überwiegende Teil der außergewöhnlichen Erfahrungen spontan auftritt, wird ein gewisser Anteil im Rahmen von meditativen Übungen, okkulten Praktiken, Hypnose, mithilfe psychoaktiver Substanzen oder durch Fasten bewusst induziert. Auch nach dem Aufsuchen von Heilern, Kartenlegern oder Wahrsagern treten bei einigen Klienten plötzlich ungewöhnliche Erlebnisse auf.

Der typische Verlauf dabei ist, dass anfänglich positive Erfahrungen plötzlich ins Negative kippen, da sie als unkontrollierbar und aufdringlich erlebt werden und sich die Klienten ungewollt fremdartigen Beeinflussungen ausgesetzt sehen. Den meisten Beteiligten ist nicht klar, dass zwischen sensitiven Personen in stärkerem Maße telepathische Übermittlungen stattfinden, als dies im Normalfall geschieht.

Sobald einer der Partner intensiv seine Gedanken auf den anderen richtet - und sei es nur, um den Therapieverlauf zu überdenken -, entsteht eine mentale Verbindung. Unsichtbare Kanäle ermöglichen einen Energiefluss in Richtung der betreffenden Person, bei der plötzlich Unruhezustände auftreten. Die Beeinflussung seitens des Heilers ist meist ungewollt, dennoch findet sie statt und wird als unangenehm und bedrohlich empfunden. Die behandelte Person erlebt den Absender als Störfaktor, der ihre Integrität missachtet.

Dem Heiler werden nicht selten böswillige Absichten unterstellt, auch wenn diesem keineswegs der Sinn danach steht. Meist handelt es sich bei den Vorwürfen um Missverständnisse, da beiden Seiten - in Unkenntnis der unsichtbaren Übertragungswege - die nötige innere Distanz nicht wahren. Das Empfinden, unverhältnismäßig beeinflusst zu werden, könnte durch mehr Aufmerksamkeit für diese Zusammenhänge verhindert werden.

In einzelnen Fällen treten außergewöhnliche Erfahrungen so unerwartet auf, dass sie nicht in das bislang vorherrschende Selbstbild integriert werden können. Manchmal entwickelt sich eine unvorhersehbare Eigendynamik. Dies kann soweit gehen, dass sogar alltägliche Erfahrungen außer Kontrolle geraten, da sich veränderte Bewusstseinszustände verselbständigen. Dies geschieht vor allem infolge okkulter Praktiken, wie z.B. Gläserrücken und automatisches Schreiben, wodurch veränderte Bewusstseinszustände und dissoziative Prozesse gefördert werden.

Auch unheimliche Spukerscheinungen, präkognitive oder luzide Träume und Ahnungen kommenden Unheils stellen sich oft unerwartet ein. Sie entziehen sich der Kontrolle des bewussten Ichs und lösen Gefühle von Hilflosigkeit und Überwältigung durch unbekannte Kräfte aus. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Inhalte belastend oder unheimlich sind. Dazu gehört bspw. das Träumen von einem Unglück oder Todesfall, der sich anschließend tatsächlich ereignet.

Außergewöhnliche Erlebnisse werden besonders dann positiv bewertet, wenn sie als normale menschliche Erfahrungen angesehen werden. Sie erhalten eine besondere Bedeutung, sobald sie mit spirituellen Phänomenen in Verbindung gebracht werden.

Der Umgang mit außergewöhnlichen Erfahrungen

Phänomene kann man nicht erklären, und dass man

sie nicht erklären kann, liegt nicht an

den Phänomenen, sondern an uns.

Hippokrates

Religiös-mystische Erfahrungen können in ihrer Vielfalt kaum erfasst werden. Zu ihnen zählen Offenbarungen, Visionen, Erleuchtungserlebnisse, Stigmata, Ekstasen, akustische oder optische Halluzinationen, Besessenheit u.v.m. Mystische Erfahrungen liegen außerhalb der Reichweite des rationalen Verstandes. Die auftretenden Phänomene gehen über alltägliche Vorstellungsbilder hinaus. Die Psychiatrie des 19. Jhdts heftete daher außergewöhnlichen Erfahrungen rundweg das Etikett des ,religiösen Irrsinns' an. Das Auftreten von Erweckungsbewegungen wurde als ,ansteckende Hysterie' betrachtet.

Erlebnisse, die als paranormal oder transzendent eingestuft werden, vermitteln bei den Erlebenden häufig den Eindruck, von einer geistigen Macht oder einem höheren Wesen geleitet und überwacht zu werden. Nicht selten haben sie eine grundlegende Änderung des Weltbildes zur Folge. Der Sinn und die Bedeutung des Daseins erscheinen plötzlich in einem neuen Licht. Manche Individuen fühlen sich ,auserwählt' und gelangen zu der Überzeugung, ihnen sei eine besondere Mission im Leben auferlegt worden. Von ihnen würden daher grundlegende Änderungen in ihrer Lebensführung erwartet.

Die augenfälligen Ähnlichkeiten zwischen Schizophrenie und religiösen Vorstellungen können anfangs auf den Behandler eine Faszination ausüben. Doch manches an den Inhalten, die mitgeteilt werden, erscheint undurchsichtig und geradezu unheimlich, wodurch der Therapeut nicht ermutigt wird, weiter in dieser Richtung zu forschen. Tatsächlich können einige ungewöhnliche Erfahrungen auf einen Außenstehenden äußerst verstörend wirken.

Destruktive außergewöhnliche Bewusstseinserfahrungen liegen vor, wenn:

ein Ruf zur Selbstschädigung oder Schädigung anderer Menschen vernommen wird,

die Bewusstseinsphänomene langfristig nicht zur Stabilisierung des Ich, sondern zur Zerrüttung der Psyche führen,

infolge solcher Ereignisse die sozialen Beziehungen langfristig nicht geheilt, sondern zerstört werden.

C.G. Jung fand heraus, dass Geisteskrankheiten vor allem in Momenten intensiver Emotionen zum Ausbruch kommen. Die Ähnlichkeit von psychiatrischen und mythologischen Phantasien hat zur Entwicklung der psychologischen Lehre C.G. Jungs geführt. Die Grundannahme seiner Archetypenlehre basiert auf der Überzeugung, dass es eine gewisse eingeborene Kraft geben müsse, die derartige Phantasien in den Träumen von Kindern und Erwachsenen und auch in der Wahnwelt von Psychotikern auftauchen lässt. Religiöse und mythische Inhalte werden zur natürlich angelegten Disposition in der Psyche der Menschheit erklärt.

Zwischen den psychologischen Wissenschaften und religiösen Überzeugungen existiert seit jeher ein Spannungsverhältnis. Die Psychiatrie hat von Anfang an eine gewisse Abneigung gegen die Religion gehegt, da sie die exaltierten religiösen Zustände für gefährlich hielt in Bezug auf die geistige Gesundheit. Auch die Psychoanalyse, darauf bedacht, die innere Freiheit des Individuums zu fördern, steht damit im Gegensatz zu vielen religiösen Lehren.

Wenn es um Themen geht, die den psychologischen Grenzgebieten bzw. der Parapsychologie zugeordnet werden, herrscht in der psychotherapeutischen Fachwelt ebenfalls nach wie vor große Zurückhaltung. Die ambivalente Einstellung führt dazu, dass denjenigen Therapeuten, die sich mit diesem Themenbereich auseinandersetzen, oft mit einer gewissen Skepsis begegnet wird. Diese ablehnende Haltung spiegelt sich auch in der therapeutischen Arbeit mit Menschen wider, denen ihre außergewöhnlichen Erfahrungen ein Rätsel sind und die eine Beratung aufsuchen.

Die Beurteilung außergewöhnlicher Phänomene wirft die Frage auf, was für die Psyche zuträglich ist und was die Grenzen des Normalen überschreitet. Dabei muss vor einer zu simplen Grenzziehung zwischen Normalität und Pathologie gewarnt und bei der Beurteilung die Gesamtpersönlichkeit des Erlebenden mit einbezogen werden. Es gilt zu berücksichtigen, ob die außerordentlichen Bewusstseinszustände im Gesamtleben integriert sind oder nicht.

Je nach kultureller Zugehörigkeit werden außergewöhnliche Erfahrungen unterschiedlich erklärt und bewertet. Die Einstellung einer Gesellschaft zu besonderen Wahrnehmungen entscheidet darüber, ob diese als Anzeichen einer psychischen Störung oder als Ausdruck besonderer Fähigkeiten gewertet werden.

Menschen, die außergewöhnlichen Erfahrungen ausgesetzt sind, werden häufig von der Angst getrieben, den Verstand zu verlieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das bislang gültige Weltbild in Frage gestellt wird und keine befriedigende Lösung für die Verarbeitung und Integration der Wahrnehmungen gefunden wird. Die Betroffenen suchen im Rahmen von Beratung und Therapie nach Möglichkeiten, das Erlebte zu verarbeiten und einzuordnen. Die Aufgabe des Therapeuten besteht darin, Mittel und Wege zu finden, um die Erlebnisse psychisch zu verarbeiten und zu integrieren.

Oft ist es dringend erforderlich, Hilfe bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse anzubieten. Zum zentralen Anliegen können Fragen nach Sinnhaftigkeit und Bedeutung werden. Liegen Beeinflussungserlebnisse vor, müssen Strategien der Abgrenzung und Immunisierung vermittelt werden.

Ein primäres Anliegen von Ratsuchenden ist es, Aufklärung und Informationen über ungewöhnliche Phänomene, mit denen sie sich auseinandersetzen, zu erhalten. Dies erfordert von den Beratern ein grundlegendes Expertenwissen auf Gebieten, welche die Menschheit seit jeher beschäftigen, die aber kaum Gegenstand akademischer Ausbildung sind. Für eine kompetente Beratung sind ausreichende Kenntnisse zu den betreffenden Themen unerlässlich. Wichtig dabei ist es, die geschilderten Erfahrungen nicht vorschnell als Krankheit einzuordnen oder als Fehlwahrnehmung herabzustufen. Ein echtes Verständnis für das, was die Betroffenen erlebt haben, wird ansonsten behindert. Die Anerkennung der Wahrnehmungen als subjektive Realität ist eine wichtige Basis für die therapeutische Arbeit.

Grundlegende Kenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen außergewöhnlichen Erfahrungen und psychischen Störungen sind sinnvoll, um die Wahrnehmungen einordnen und verstehen zu können. Die Erkenntnis darüber, welche Inhalte als bedeutsam oder verwirrend einzuordnen sind, macht eine Entdramatisierung der Erfahrung möglich. Eine rationale Auseinandersetzung mit Problemfeldern, die mit dem Erlebnis verknüpft sind, wird gefördert.

Die Erlebnisse ereignen sich bevorzugt in Krisenzeiten und in Phasen psychischer Instabilität. Sie stehen mit der psychischen Befindlichkeit der Person in Wechselwirkung. Die Mehrzahl der Ratsuchenden fühlt sich durch die außergewöhnlichen Erfahrungen belastet und wünscht, sie besser kontrollieren zu können oder möchte sie völlig zum Verschwinden bringen.

Die Befürchtung vieler Betroffenen, als unglaubwürdig oder psychisch krank abgestempelt zu werden, ist mehr als berechtigt. Sinnvoll wäre es daher, die Gründe für das Entstehen der besonderen Erfahrungen zu hinterfragen. Es hilft den Ratsuchenden, wenn sie erfahren, dass sie mit den Erlebnissen nicht allein sind, sondern dass außergewöhnliche Erfahrungen insgesamt gesehen weit verbreitet sind.

Wenn sich das Dasein sich nur noch um die besonderen Wahrnehmungen und die damit einhergehenden Fähigkeiten dreht, wird die Auseinandersetzung mit den Forderungen des Alltags vermieden. Durch eine überwiegende Konzentration auf besonders herausragende Erlebnisse verkümmern möglicherweise andere Ressourcen; gewisse Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten werden vernachlässigt.

In manchen Fällen haben die außergewöhnlichen Wahrnehmungen symbolische Bedeutung und weisen auf bislang vermiedene Lebensaufgaben hin. Eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen in Verbindung mit der Lebensgeschichte kann dazu führen, dass belastende Erfahrungen ein Ende finden. Die Voraussetzung dafür ist, ein Bewusstsein für mögliche Zusammenhänge zwischen den besonderen Wahrnehmungen und den Inhalten der eigenen Psyche zu entwickeln. Dabei trägt die Qualität der Beziehung zwischen Therapeut und Hilfesuchenden ebensoviel zum Therapieerfolg bei, wie der Inhalt der Gespräche.

In der Vergangenheit wurden Menschen, die bei außergewöhnlichen Erlebnissen Rat und Hilfe suchten, häufig nicht ernst genommen und zum pathologischen Fall erklärt. Dies hat die Entwicklung angemessener Beratungs- und Therapiekonzepte bis heute erschwert.

Vieles, was Schizophrene erleben, lässt auf eine transformative Entwicklung und einen damit verbundenen Lernprozess schließen, für den allseits bekannte Erklärungsmuster nicht ausreichen. Die Annahme einer Verursachung durch das persönliche Unterbewusstsein oder ,Teilpersönlichkeiten' kann für einen Großteil der Phänomene keine nachvollziehbare Erklärung liefern.

Vielfach scheint eine Art , Schulung' stattzufinden, die eine entfernte Ähnlichkeit mit okkulten Meister-Schüler-Beziehungen aufweist. Der Kontakt findet oft auf telepathischem Wege, für Außenstehende unbemerkt, statt. Aus Tibet sind telepathische Übermittlungen bekannt, über die A. David-Néel in Meister und Schüler berichtet. Über große Entfernungen hinweg übermitteln die Lehrmeister Handlungsanweisungen an die Adepten. Die angemessene Ausführung derselben gibt einen Hinweis auf die Aufnahmefähigkeit und den Entwicklungsstand der Probanden.

Menschen, die zu psychotischen Entgleisungen neigen, sind als Kandidaten denkbar ungeeignet, wenngleich viele von ihnen ein großes Interesse an okkulten Themen haben. Für sie ist eine Kontaktaufnahme mit unsichtbaren Geistebenen, in welcher Form auch immer, von Nachteil.

Das Selbst psychotischer Patienten ist äußerst empfindsam und verletzlich. Sie nehmen alle möglichen Eindrücke von außen auf, ohne sie zurückweisen zu können. Das Leben lehrt die meisten Menschen, sich innerlich zu distanzieren und Grenzen im zwischenmenschlichen Bereich zu ziehen, indem einerseits Nähe und auf der anderen Seite Rückzug zur rechten Zeit gelernt wird. Für Schizophrene dagegen ist es anstrengend, eine Grenze zwischen ihrem Selbst und Eindrücken von außen zu setzen. Sie haben Angst vor dem Anderen, Fremden, weil sie Belastungen nicht standhalten können und ihnen die Abgrenzung nicht ausreichend gelingt.

M. Schindler hält einen ,geistigen Ankerpunkt' in solchen Fällen für dringend erforderlich. Eine Kontaktaufnahme mit höheren Geistebenen könnte das notwendige Wissen vermitteln, um einen festen inneren Halt zu erzeugen, der die Ich-Auflösung und das ungesteuerte Hin- und Herwechseln durch verschiedene Bewusstseinszustände aufhielte. Zudem wäre es von Vorteil, Buch über die verschiedenen Erfahrungen und Bewusstseinszustände zu führen, um Erlebtes rational zu strukturieren und beim Schreiben zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

Wichtig dabei ist, sich nicht zu weit von der Welt zurückzuziehen, denn dann wäre der Rückweg in das Leben unnötig mühsam. Das Ziel besteht darin, eine Balance zu finden zwischen einem schützenden Ruhepunkt und den Anforderungen der Welt. Ein materieller ,Ankerpunkt' wird benötigt, damit die Zustände nicht zu einer Entwurzelung führen und der Halt vollends verloren geht.

Eine psychotische Episode kann unter Umständen ein Selbstfindungsprozess sein. Die Erkenntnisse sind so vielschichtig, dass es kaum möglich ist, alles, was geschieht, nachzuvollziehen geschweige denn, es der Umwelt zu vermitteln.

Die Gefahr der spirituellen Entwicklung liegt in den Zwischenstationen, in denen ein Wanderer stecken bleiben kann, bevor die höchste Ebene erreicht wird. Dort, wo kein Bild, keine räumliche Beziehung, keine Zeit mehr existiert, kann der Suchende auf Zwischenebenen geraten, wo er Klänge hört, Visionen hat und von Erlebnissen jenseits des bisher Gekannten verunsichert wird.

Das Licht der inneren astralen Ebenen reflektiert gleichzeitig die eigenen Hoffnungen, Sehnsüchte und Ambitionen. J.H. Brennan weist auf die Notwendigkeit einer fundierten Selbsterkenntnis hin, ohne die es unmöglich sei, die inneren Ebenen zu erkunden und sich auf eine Kontaktaufnahme einzulassen. Es wird „wichtig sein, zwischen einer Reflexion der Inneren Ebenen und einer Projektion Ihres Unterbewusstseins zu differenzieren. Das einzig brauchbare Werkzeug dafür ist Selbsterkenntnis" (S.91).

Die Projektionen des eigenen Unterbewusstseins können subtil und faszinierend sein, doch ohne ausreichende Selbsterkenntnis tauchen unvermutet Gefahren auf. „Selbst wenn Sie nicht auf eine schwere Psychose zudriften, so gibt es doch unzählige Schattierungen der Selbsttäuschung", warnt der Autor. „Ohne ausreichende Selbsterkenntnis werden sie bestenfalls dahin gelangen, ein wichtiges Unternehmen in einer Serie von Illusionen zu zerstückeln" (ebd.).

Der tibetische Buddhismus rät seinen Anhängern, die geschauten visionären Bilder „als eine Projektion der schöpferischen Tätigkeit des eigenen Geistes zu erkennen, und alle Gestaltungen wieder aufzulösen. Tut man das nicht, bleibt man ,ver-rückt' im wahrsten Sinne des Wortes" (in: E. Asshauer, S.127). Vielleicht sind Mystiker und Seher Menschen, die sich weit in unbekanntes Gelände vorwagen, weil sie den Rückweg kennen?

Außergewöhnliche Erfahrungen kommen so häufig vor, dass ein angemessener professioneller Umgang mit ihnen und ein ausreichendes Verständnis eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Ratsuchende können zu Recht ein grundlegendes Wissen im Hinblick auf die Themenbereiche, die ihnen Probleme bereiten, erwarten. Ein entsprechendes Behandlungskonzept, das ihnen aus der Krise heraushilft, sollte zur Verfügung stehen. Doch in der Regel werden die Hilfesuchenden enttäuscht. Erlebnisberichte über ungewöhnliche Vorkommnisse, die nicht mit den allgemein akzeptierten kulturellen Normen übereinstimmen, werden immer noch als Halluzinationen, als Ausdruck einer psychischen Störung, stigmatisiert.

Die Haltung der Therapeuten sollte von Offenheit und Toleranz gegenüber unterschiedlichen Weltbildern geprägt sein. Bei günstigen Voraussetzungen erklären sich viele Patienten bereit, ihre Erlebnisse und ihr Weltbild aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Manche finden in den Erfahrungen die Möglichkeit, ihrem Leben Sinn und Bedeutung beizumessen. Die paranormale Begabung zeichnet sie aus und macht sie zu etwas Besonderem. Es gibt sogar Patienten, die den psychotischen Schub als authentische religiöse Erfahrung erleben. Andere sehen sich als Opfer magischer Beeinflussungen und erklären negative Ereignisse damit, dass sie Auswirkungen von magischen Angriffen seien. Oft haben die außergewöhnlichen Erfahrungen, so sonderbar sie auch scheinen mögen, einen Bezug zur eigenen Lebensgeschichte, den es aufzudecken gilt.

Aufgrund der häufigen Verknüpfung außergewöhnlicher Erfahrungen mit psychischen Störungen ist von einer traditionell schulorientierten Behandlung abzusehen. Angemessen ist ein Vorgehen, das die verschiedenen Aspekte berücksichtigt und eine individuelle Therapie ermöglicht. Der jeweilige Einzelfall und die sich daraus ergebende Problemlage erfordern eine entsprechende Herangehensweise.

Die Psychose ist eine extreme Verdichtung von Erfahrungen auf verschiedenen Seinsebenen. Auf einer höheren Ebene ist sie nichts anderes als das Rätsel der Sphinx. Die Lösung des Rätsels ist letztendlich die Erkenntnis des eigenen Selbst.

Die metaphysische Seite von Psychosen

Außergewöhnliche Krankheiten bedürfen

ebensolcher Methoden.

In alten Überlieferungen ging man davon aus, dass die sichtbare Welt das Abbild einer dahinter verborgenen geistigen Welt sei. Es gab Pforten und Durchgänge zwischen den Ebenen. Der Übergänge waren fließend, so dass eine Kontaktaufnahme mit Wesen anderer Bereiche sowie der Empfang von Bildern, Eindrücken und Impulsen zum natürlichen Erleben gehörten.

Viele Menschen waren in der Lage, die unsichtbare Welt zu sehen und sich mit den Wesen, die sie bevölkerten, auszutauschen. In der heutigen Zeit werden solche Menschen leicht als verrückt angesehen, bedauert W. Ferrari: „Ver-rückt ist dabei vielleicht nur eine Beschreibung dafür, dass jemand die Ausrichtung seines Bewusstseins in eine andere Sphäre verrückt hat, wodurch er Dinge wahrnehmen kann, die anderen verborgen bleiben" (S.12f.).

Der erste Mensch, der sich mit dem Begriff ,Wahnsinn' auseinandersetzte, war Platon. In seinem Phaidros - Dialog unterschied er zwei Hauptformen:

Jenen Wahnsinn, der durch menschliche Krankheit entsteht

und jenen, der durch göttliche Gabe verursacht ist.

Demzufolge traf er bei psychischen Krankheiten eine Unterscheidung zwischen natürlichen und übernatürlichen Ursachen. Während der krankheitsbedingte Wahnsinn von Übel war, wurde der ,göttliche Wahnsinn' mit dem Nimbus des Heiligen versehen.

Der griechische Philosoph beschrieb den göttlichen Wahn als ein ,Geschenk der Götter'. „Nun aber werden die größten aller Güter uns durch den (Wahn) zuteil, wenn er als göttliches Geschenk verliehen wird." Der Wahn sei etwas Schönes, wenn er durch ,göttliche Schickung' entsteht. (Zitiert in: St. Grof: Die stürmische Suche nach dem Selbst, S.88). Menschen, die durch eine psychotische Erkrankung tiefes Leid erfahren haben, fällt es sicher schwer, diese Auffassung vorbehaltlos zu teilen.

S. Freud kam zu der Auffassung, die Geisteskranken hätten „sich von der äußeren Realität abgewendet, aber eben darum wissen sie mehr von der inneren, psychischen Realität und können uns manches verraten, was uns sonst unzugänglich wäre" (vgl.: Ges. Werke, Bd XV, S.64). Psychisch Kranke haben demzufolge einen weiten Horizont und die Gabe, außergewöhnliche Sinnzusammenhänge und übersinnliche Wahrnehmungen besser zu erkennen als ihre Behandler.

Vielen Schizophrenen enthüllt sich ihre Umgebung als besonders vielsagend und bedeutungsvoll, im Gegensatz zur eingeschränkten Sichtweise der Allgemeinheit, die sich eher wie ein gleichgültiger Zuschauer verhält. Die moderne Wissenschaft reduziert Wahrheit zu experimentell beweisbaren Tatsachen. Krankheit wird in diesem Sinne definiert als Abweichung von den in der westlichen Kultur gültigen Übereinkünften, die besagen, was Gesundheit ausmacht, wer in das vorgegebene Schema hineinpasst und wer außen vor bleibt.

Psychotische Zustände sind charakterisiert durch eine tief sitzende Störung der Fähigkeit, die Welt in Begriffen wahrzunehmen, die kulturell und gesellschaftlich akzeptiert sind. „Die Gruppe von psychischen Störungen, die als Psychosen bezeichnet werden, stellt für die westliche Psychiatrie und Psychologie eine große Herausforderung und ein ziemliches Rätsel dar", meint das Therapeutenpaar St. und Chr. Grof. Und sie ergänzen: „In Anbetracht der Tatsache, dass es keine klare Übereinstimmung darüber gibt, was die Ursachen von funktionellen Psychosen sind, wäre es passender und ehrlicher, zuzugeben, dass wir nichts über ihr Wesen und ihren Ursprung wissen..." (in: Spirituelle Krisen, S.24f.).

Ein Blick in unbegreifliche Tiefen öffnet sich manchmal für Schizophrene und führt sie in andere, erhabenere Welten – oder aber in die Verdunkelung des Geistes. Neuartige Erlebnisse, die plötzlich aus zeitlosen Tiefen des Bewusstseins auftauchen, wirken entweder faszinierend und aufregend oder aber dämonisch und beängstigend. Ein Schrecken erregendes Chaos einerseits, andererseits eine Offenbarung, deren Höhen und Tiefen zu ergründen ein gewaltiges Unterfangen ist und das menschliches Bewusstsein zu übersteigen scheint. Dabei geht es um Grenzbereiche, deren eindeutige Zuordnung der psychologischen Wissenschaft kaum möglich ist.

Berichte über außergewöhnliche Erfahrungen werden von Psychologen und Psychiatern oft vorschnell als Geistesstörung verunglimpft. Die therapeutischen Maßnahmen, die gegenwärtig praktiziert werden, sind daher in der Regel außerordentlich begrenzt, da das Verständnis für die inneren Prozesse bei weitem nicht ausreicht. Das grundlegende therapeutische Ziel ist die Anpassung an eine Gesellschaftsordnung, die in wesentlichen Zügen das menschliche Potenzial unterdrückt. Die gängige Psychologie unterscheide lediglich zwischen ,kranken' und ,normalen' Geisteszuständen, kritisiert H. Kalweit.

Außerordentliche Geisteszustände und Bestrebungen, die das normale Maß überschreiten, gelten gemeinhin als krank. Der Autor kommt zu dem umgekehrten Schluss: „Unsere über den normalen Alltag hinausgehenden Erfahrungen machen unser wahres Leben, unsere ursprüngliche Gesundheit und unseren tiefsten Lebensimpuls aus" (in: Liebe und Tod, S.26).

Viele verschweigen ihre besonderen Erfahrungen aus der Angst heraus, als nicht normal zu gelten. Sie trauen ihrer eigenen Wahrnehmung nicht und lehnen sie daher ab aus Angst vor Diskriminierung. In einer Welt der Theorien, Begriffe und Bewertungen gelingt es dem Erlebenden nicht, übersinnliche Erfahrungen einzuordnen. Er verdrängt sie daher umgehend. „Die entscheidenden und vitalsten Erfahrungen unseres Lebens sind so in den Untergrund gedrängt worden", bemängelt Kalweit (S.222).

Das, was gemeinhin als Wahnvorstellung bezeichnet wird, ist u.a. eine persönliche Interpretation des Erlebenden in bezug auf außerordentliche Geschehnisse, die dem behandelnden Therapeuten zumeist unbekannt sind und mit denen er daher wenig anzufangen weiß. Dem Patienten werden häufig bewusstseinserweiternde Erfahrungen zuteil, die in ihrer Dynamik nicht immer einfach zu verkraften sind. Im Gegensatz zu Mystikern verarbeiten schizophrene Patienten die subjektiv gefärbten Begebenheiten auf eine pathologische Weise. In den Wahninhalten kommt zwar noch das ursprüngliche Geschehen zum Ausdruck, jedoch in mehr oder weniger verzerrter Form.

Menschen, die unter einer Psychose leiden, geraten oftmals unfreiwillig und unvorbereitet mit der übersinnlichen Welt in Berührung, während Mystiker die gleichen Bereiche in meditativen Versenkungen unbeschadet betreten, erklärt Daskalos. Er war seinerzeit als Heiler auf Zypern tätig. Mystiker sind in der Lage, die materielle, grobstoffliche Welt klar von den geistigen Dimensionen zu unterscheiden und die Wahrnehmungen, für die sie sich geöffnet haben, zu kontrollieren.

Schizophrene Menschen hingegen öffnen die Pforten der Wahrnehmung infolge ungewollter, gewaltsamer Einflüsse und sind diesen mehr oder weniger ausgeliefert. (Vgl.: K.C. Markides, Heimat im Licht, S.46f.) Elektroschocks, die sehr umstritten sind, könnten in einigen Fällen tatsächlich dabei helfen, die Tore – zumindest vorübergehend – zu verschließen, denn sie versetzen den Organismus kurzzeitig in einen höheren energetischen Zustand. In schwierigen Fällen allerdings sei eine Heilung kaum möglich. Dann wäre es hilfreicher, den Mantel des Vergessens um quälende Erinnerungen zu hüllen.

Zeitweilig finden die geistige Existenz bedrohende Kämpfe mit zerstörerischen Kräften statt. Archetypische Mächte greifen nach der Seele, die von tiefsitzenden Ängsten erschüttert wird. Die inneren Umwälzungen werden von den einen als grausam, von anderen eher als heilsam empfunden. Dabei geht es darum, polare Gegensätze in der Psyche auszubalancieren und die dunklen Seiten durch die Kraft und die Helligkeit des Bewusstseins umzuwandeln. Die Erfahrungen erlauben manchen Menschen, die eigenen Tiefen besser zu verstehen und schrittweise ein wacheres Bewusstsein zu erlangen.

Der Psychiater und Psychoanalytiker St. Grof, der sich durch die jahrzehntelange Erforschung außergewöhnlicher Bewusstseinszustände einen Namen gemacht hat, sucht nach neuen Zugängen für zumindest einen Teil der psychotischen Zustände jenseits medizinischer Betrachtungsweisen. Die meisten Psychiater widmen den besonderen inneren Erfahrungen psychotischer Menschen kaum Aufmerksamkeit, da diese ihnen unverständlich und pathologisch erscheinen.

Die strenge Abgrenzung der Psychiatrie-Ärzte gegen die absonderlich anmutenden Behauptungen von Patienten hindert sie daran, zu Erkenntnissen zu gelangen, die ihnen unter anderen Umständen zugänglich gewesen wären. Die Wahnsysteme einiger schizophrener Patienten bieten hinreichende Aufschlüsse, denn sie weisen eindeutige Parallelen zu religiösen Überzeugungen und den Lehren indischer Philosophen auf. Diesen Schluss zieht G. Bychowski, der die Beschwerden eines erkrankten Philosophen in Beziehung setzt mit der indischen Vedanta - Lehre (S.138f.).

Mancher Patient erblickt bspw. in allem, was ihn umgibt, einen Teil von sich selbst. Ob Menschen oder leblose Gegenstände, mit allem identifiziert er sich ohne Ausnahme. In ähnlicher Weise sehen die Anhänger des Vedanta in Brahman, dem gemeinsamen Wesen aller Dinge, gleichzeitig das innerste Prinzip des Menschen, sein Selbst. Das schizophrene Denken vollzieht sich allerdings unter Umgehung allgemeingültiger Normen und realer Gegebenheiten, weshalb Widersprüche ohne einen Bezug zur umgebenden Wirklichkeit das Bild prägen. Vernünftige Denkansätze werden mit blankem Unsinn vermischt, der aber in der Psychose irgendwie einen Sinn ergibt.

Die therapeutische Suche richtet sich vorwiegend auf frühkindliche Erfahrungen. Dabei werden andere, wichtige Faktoren, die zur psychischen Destabilisierung beigetragen haben, übersehen. Allerdings sind nicht alle Patienten offen genug, um die eigentlichen Hintergründe ihrer Probleme besser kennenzulernen, da dies starke Ängste bei ihnen auslösen würde. Die Aufdeckung verborgener Motive würde ihnen wichtige Illusionen rauben, die sie zur Aufrechterhaltung eines stabilen Gleichgewichts benötigen. Es gilt daher im Zweifelsfall, im therapeutischen Gespräch die Abwehr ängstlicher Patienten zu respektieren, um eine Überforderung ihrer desolaten psychischen Verfassung zu vermeiden.

H. Kalweit erwähnt eine geistige Bewusstseinsebene, von der die moderne Psychologie kaum Notiz nimmt. Das menschliche Bewusstsein sei fähig, jenseits der normalen Denkvorgänge bestimmte Inhalte sofort in ihrer Ganzheit zu erfassen und größere Zusammenhänge zu erkennen. Die Beschränkung auf ein rational denkendes Ich sei zeitweilig aufgehoben, denn dieses berührt nicht unser wahres Sein. „Dieses Ich ist größer, weiter, flächendeckender, so dass sich zwangsläufig alle paranormalen Escheinungen daraus ergeben wie Hellsehen oder Zukunftsschau, weil es auch die Zukunft, andere Wesen usw. in sich hinein nimmt. Das ist keineswegs irrational oder paranormal, das ist die Grundlage des Seins..." (2004, S.66).

Der Psychologie wirft der Autor eine komplette Unkenntnis vor in Bezug auf die Gliederung der Seele und die tieferen Dimensionen, die ein Lebewesen ausmachen. Die moderne Psychotherapie ist demzufolge vor allem ein Abwehrmechanismus, deren Erkenntnisse an der Oberfläche des Bewusstseins verharren. Das Oberflächenbewusstsein erlaubt es aufgrund seiner Konditionierung nicht, dass der Mensch sich ihm löst und in die Tiefenschichten der Seinserfahrung eindringt. Er ist einseitig verstrickt in die materielle Ebene, die ihn in Abhängigkeit bringt, so dass er die wahre Natur des Daseins nicht erfährt.

Wahnvorstellungen und fixe Ideen machen einen großen Teil der psychotischen Symptomatik aus. Daher sollte Therapeuten mehr daran gelegen sein, Einblicke in das Seelenleben psychisch kranker Menschen zu erhalten. Nur so können sie in der Tiefe verstehen, was sich in ihrem Innern abspielt und welche therapeutischen Interventionen – neben der Medikamentenvergabe - hilfreich wären, um die Leidenden in ihren Irrgängen zu erreichen und sie letztendlich von abstrusen Ideen und Empfindungen zu befreien.

Ein Therapeut, der Patienten aus dem Irrgarten, in dem sie sich verlaufen haben, hinausführen will, muss erst einmal in ihre Nähe gelangen, um die Ängste und wahnwitzigen Ideen nachvollziehen zu können, unter denen sie leiden. Nur auf der Basis von Einsicht und Empathie ist es möglich, Strategien zu entwickeln, die von den Patienten angenommen und umgesetzt werden. Medikamente allen reichen bei weitem nicht aus, denn sie geben den Patienten keine ausreichende Handhabe, mit der psychotischen Symptomatik fertigzuwerden.

Die stetige Wiederkehr von fixen Ideen und Wahnvorstellungen im Krankheitsverlauf resultiert zu einem großen Teil aus dem Unvermögen von Ärzten und Therapeuten, nachvollziehbare Erklärungen für die außergewöhnlichen Erlebnisse, unter denen psychotische Menschen leiden, zu finden. Für die Patienten sind ihre Wahrnehmungen äußerst real. Die Ursachen und Hintergründe der psychotischen Symptome liegen meist tiefer, als allgemein vermutet wird. Daher sind lapidare Erklärungen, es handele sich um krankhafte Ideen ohne Realitätsbezug, nicht hilfreich, denn sie berühren nur die Oberfläche.

Am Beginn einer schizophrenen Entwicklung steht nicht selten eine überwältigende metaphysische Erfahrung, die nicht steuerbar ist und einer Initiation gleichkommt. Darauf reagieren einige Probanden mit Verwirrung und verzerrten Vorstellungen als ein Versuch, das Geschehen zu verstehen und zu bewältigen. Doch die einseitige Annahme einer ,wahnhafte Umgestaltung' der subjektiven Wirklichkeit, die nach Ansicht von Psychiatern stattfindet, ist in vielen Fällen eine zu engstirnige Interpretation eines übersinnlichen Geschehens. Diesem kann, obwohl es dem normalen Bewusstsein nicht ohne weiteres zugänglich ist, dennoch der Anschein der Wirklichkeit nicht abgesprochen werden (vgl. R. Mundhenk, S.164).

,Wahnhafte Ideen' sind oft nichts anderes als subjektiv erlebte Einblicke in andere Realitäten, bei denen metaphysisches Schauen möglich wurde. Es existieren aufschlussreiche Gemeinsamkeiten mit den Berichten von Metaphysikern und Mystikern, die alles andere als ,verrückt' waren. Diese Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und sichtbar zu machen, sollte Therapeuten ein Anliegen sein.

Die Patienten haben ein Recht darauf, verstanden zu werden und nicht mit oberflächlichen Erklärungen und der Verordnung von Medikamenten abgespeist zu werden. Die Psychosetherapie muss in Zukunft effizienter werden, andernfalls sind die hohen Kosten, die für die Behandlung aufgewendet werden, nicht gerechtfertigt.

Die geheime Welt der Symbole und Zeichen

Die innere Bilderwelt

Manchmal bricht etwas ohne unser wissentliches Zutun in unsere Sphäre ein.

Die Frage nach der Entstehung halluzinatorischer Wahrnehmungen ist nicht leicht zu beantworten. Ein Teil der bildhaften Eindrücke bezieht seine Inhalte aus der individuellen Psyche des Menschen. Erinnerungsbilder, gefühlsbetonte Eindrücke, die gesamte Vorstellungswelt der bewussten und der unbewussten Psyche ist bei der Entstehung von halluzinatorisehen Erlebnissen beteiligt.

Zwischen gedanklichen Vorstellungen und Halluzinationen existiert häufig keine scharfe Trennlinie. Es sieht so aus, als habe sich die Psyche von den für die objektive Welt geltenden Begrenzungen befreit. Die Erscheinungen wirken überaus realitätsnah. So beklagt sich ein Patient bspw. darüber, dass er die Dinge, an die er gerade denkt, zum Greifen nah vor sich sieht! Sie erscheinen ihm in photographischer Deutlichkeit.

S. Freud beschäftigte sich eingehend mit der phantastischen inneren Bilderwelt. Eine Phase der ,stürmischen Halluzinationen' fasst er als Heilungsversuch der Psyche im Kampf gegen verdrängte Inhalte auf. (Vgl.: Das Interesse an der Psychoanalyse, in: Gesammelte Werke, Bd VIII, S.313f.) Dieser Heilungsversuch wird von vielen Therapeuten für die Krankheit selbst gehalten. Freud zeigt Verständnis für die Bilderflut und stellt einen Zusammenhang mit dem Seelenleben des Patienten her, indem er die Mittel der Psychoanalyse auf sie anwendet.

Für Delirien, Halluzinationen und Wahnsysteme von Psychotikern gilt: „Überall da, wo bisher nur die bizarrste Laune zu walten schien, hat die psychoanalytische Arbeit Gesetz, Ordnung und Zusammenhang aufgezeigt oder wenigstens ahnen lassen, insoferne diese Arbeit noch unvollendet ist. Die verschiedenartigen psychischen Erkrankungsformen erkennt man aber als Ausgänge von Prozessen, welche im Grunde identisch sind..." (S.401).

Auch bei in der Normalität verankerten Menschen kann sich die Ideenwelt dissoziieren, wie G. Bychowski aus eigener Erfahrung weiß (S.62f.). Während seine Aufmerksamkeit bei schwieriger Lektüre zeitweilig nachlässt, hat er den unmittelbaren Eindruck, in eine tiefere Schicht des Bewusstseins hineinzugleiten. Bildhafte Formen tauchen auf. Überlässt er sich passiv dem Bilderstrom, dringen immer weitere Eindrücke hervor. Sie versetzen ihn in eine Tagträumerei, in der sich verschiedene Szenerien und Situationen abwechseln. Die Assoziationskette wird dabei immer lockerer. Der Eindruck, durch verschiedene Bewusstseinsschichten zu gleiten, entsteht. Einen ähnlichen Zustand erlebt der Schläfer, kurz bevor er in den Schlaf sinkt, wenn die physische Realität bereits zu einem gewissen Grad verblasst ist.

Der dynamische Charakter der Ideenverbindungen wirft ein Licht auf die schizophrene Assoziationsstörung. Ein Unterscheidungsmerkmal zwischen normalen und pathologischen Halluzinationen scheint im Grad der Ausprägung und in der bewussten Kontrolle zu liegen. Nur bei einer sehr tiefgehenden Problematik der Grundbeziehung Psyche – Welt ist der schizophrene Mensch von einem totalen Verlust der objektiven, allgemein gültigen Kategorien bedroht. Die Einheitlichkeit der Erfahrungen erleidet weitgehende Veränderungen und Irritationen. „Wir vermuten, dass das Verständnis des Pathologischen und des Normalen auch hier gegenseitig von großem Nutzen sein können", bemerkt Bychowski.

Normalerweise liegt dem menschlichen Denken und Erkennen eine Auswahl zugrunde, so wie auch die Handlungen das Resultat zahlreicher verschiedener Möglichkeiten sind. Zwar sind die bekannten logischen Normen Grundlage und Voraussetzung jeder Erfahrung, doch haben sie auch einschränkenden Charakter und sind daher nicht zum Verständnis von etwas anderem als der allgemein akzeptierten Wirklichkeit geeignet. „Eine Halluzination ist weder irrealer noch realer als jede andere Wahrnehmung. Ihr fehlt lediglich der Beifall des Kollektivs", behaupten T. Detlefsen und R. Dahlke (S.319). Ein Teil der Sinnestäuschungen weise denselben Objektivitätscharakter auf wie die normale Wahrnehmung, während den sogenannten Pseudohalluzinationen dieser Wirklichkeitscharakter fehlt.

Die andrängenden Bilder in der Psychose hingegen haben einen eigenartigen Charakter. Die Inhalte werden als fremd und nicht zur eigenen Psyche zugehörig erlebt, als von außerhalb des eigenen Geistes ins Bewusstsein dringend. Der Eindruck der geschauten Bilder ist fremdartig und gleichzeitig von einer plastischen Deutlichkeit, die Außenstehenden nur schwer vermittelt werden kann. Der Patient fühlt sich in die Rolle eines passiven Beobachters gedrängt, der - teils geängstigt, teils fasziniert – der inneren Bilderflut ausgesetzt ist. Ein eigener Assoziationsvorgang, der immer neue Bilder aus der momentanen Ideenwelt des Geistes entstehen lässt, findet meist nicht statt. Diesem wichtigen Aspekt des Fremden, sich Aufdrängenden, wird bei der Einschätzung der Psychose in der Regel zu wenig Beachtung zugebilligt.

Die Vielfältigkeit der Halluzinationen wird normalerweise von der Suggestibilität der dafür empfänglichen persönlichen Psyche beeinflusst. Einfache äußere Reize genügen oft schon als Auslöser. Das Unterbewusstsein verwendet diese zum Aufbau komplizierter Szenen, die das Bewusstsein gefangen nehmen. Die anfangs zufälligen Bilder gewinnen durch Autosuggestion und äußere Reize einen phantastischen Inhalt, der sich bis zu einem gewissen Grade automatisch weiter fortsetzt.

Ein bekanntes Beispiel hierfür schildert C.G. Jung: Er erwähnt Goethe, der, „ wenn er mit vornüber geneigtem Kopf dasitze und sich eine Blume lebhaft vorstelle, sehe, wie sich dieselbe selbständig verändere, indem neue Kombinationen und Gestaltungen auftreten" (vgl.: Psychiatrische Studien, S.15). In seiner Schrift Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen beschreibt Goethe selbst diese Gabe. Bei dem Dichter hielt sich die Gestaltung der Bildmotive in gewissen Grenzen, im Unterschied zu Tagträumereien, bei denen die anfängliche Vorstellung automatisch auf benachbarte Gebiete übergreift und sich immer neue Bilder hinzugesellen. Eine gewisse Kontrolle über die geistige Bilderflut trägt dazu bei, dass das psychische System standhält und nicht einen irreversiblen Schaden davonträgt.

Bei Menschen mit erweiterten Wahrnehmungen, die zu heftigen Gefühlsausbrüchen neigen und deren Innenleben unausgeglichen ist, besteht die Gefahr von Horrorvisionen und alptraumhaften Vorstellungen und als Folge davon die Destabilisierung der Psyche und seelische Zerrüttung.

Psychiater schieben die lebhaften Bilder einem ausufernden Vorstellungsvermögen zu ohne irgendeinen Bezug zur Realität. Doch diese Sichtweise wird dem Phänomen in keiner Weise gerecht. Denn eine Erscheinung, die nicht in gewisser Hinsicht real ist, könnte auch nicht wahrgenommen werden. Es geht darum, eine Unterscheidung zu treffen zwischen der physischen und der seelischen Wirklichkeit.

Auch wenn etwas physisch nicht greifbar ist, kann es dennoch existieren, wie die Physik hinreichend bewiesen hat. Halluzinative Bilder, die wahrgenommen werden, entspringen keineswegs lediglich der eigenen Psyche des Erlebenden. Er sieht ganze Szenen vor seinem geistigen Auge ablaufen und nimmt Gestalten wahr, die auf der astralen Ebene tatsächlich, unabhängig von seiner Phantasie, existieren.

Phantasie und astrale Wirklichkeit vermischen sich und erschweren die Einordnung der Halluzinationen. Die kreative geistige Tätigkeit des Individuums korrespondiert mit astralen Eindrücken und zieht diese aufgrund einer gewissen Affinität an. Weder den eigenen noch den fremden Bildern mangelt es an Realität; letztere entspringen lediglich einem anderen Bereich, einer feinstofflichen Ebene.

Manche Menschen sind umsessen von Wesen aus der Astralsphäre. Diese spiegeln dem Bewusstsein Illusionen vor, die als sehr real empfunden werden. Medien können diese Wesen, die eine Person umschwirren, wahrnehmen und mit ihnen in telepathischen Kontakt treten.

Die Fähigkeit zur Hellsicht ist eine Tatsache und die geschauten Bilder sind ebenso real, wie ein Gedanke real ist, der, wenn er mit genügend Nachruck und Dauer wiederholt wird, sogar materielle Formen annehmen kann. Die Frage nach der Entstehung von Halluzinationen findet eine plausible Erklärung in der magischen Schulung.

Eine der wichtigsten Forderungen bei der magischen Ausbildung ist die Schulung der Vorstellungskraft, der plastischen Imagination. Die Fähigkeit, Gedanken nach eigenem Wollen zu lenken und zu beherrschen, ist eine wichtige Voraussetzung für ein praktisches Arbeiten in magischen Disziplinen.

Um die Fähigkeit ur Imagination zu steigern, konzentriert sich der Magier-Lehrling auf eine einfache Zeichnung oder ein einfaches Symbol, wie z.B. einen Kreis, ein Dreieck, ein Quadrat etc. Er betrachtet dieses Bild einige Minuten und versucht, es im Geiste so genau wie möglich zu rekonstruieren.

Anschließend geht der Übende zu einfachen dreidimensionalen Körpern über, dann zu Gegenständen des täglichen Lebens. Ist er in der Lage, auch komplexere Körper plastisch vor dem geistige Auge vor sich zu sehen mit den dazugehörigen Farben, dann beginnt er, die Gegenstände auch mit offenen Augen zu imaginieren. Diese müssen wie in der Luft hängend plastisch sichtbar sein, bis sie regelrecht greifbar erscheinen.

Gedanken sind Kräfte. Es kommt auf die Intensität des Willens und die Ausdauer bei den Übungen an, um entsprechende Resultate zu erzielen. Auch Lebewesen können in den folgenden Stufen plastisch und lebensnah im Geiste erzeugt werden, bis sie als sichtbares Bild erscheinen.

Derartige Übungen entwickeln die geistigen Kräfte im Menschen und erwecken seine magischen Fähigkeiten. Es sind Vorübungen für telepathische Experimente, mentales Wandern, Hellsehen und weitere okkulte Praktiken.

Was der Magier anstrebt und schult, wird für den Psychotiker zu einem Problem, denn die von ihm geschauten Bilder tauchen unerwartet, ohne ihre bewusste Absicht, vor ihm auf und erzeugen oft heillosen Schrecken. Es liegt nahe, anzunehmen, dass er in früheren Zeiten – möglicherweise in einer Vorinkarnation – sein imaginatives Vermögen ausgebildet hat, das nun seiner Kontrolle entglitten ist und sich ihm als Schreckensvisionen aufdrängt.

Für einen Menschen, der seine geistigen Anlagen entwickelt, ist es von Belang, zwischen den eigenen Geisteserzeugnissen und transzendenten Erfahrungen eine Unterscheidung zu treffen. Die Psyche erzeugt Bilder, deren Eigenanteil erkannt werden und von Eingebungen aus geistigen Ebenen abgegrenzt werden muss. Andenfalls findet eine chaotische Vermischung beider statt und der Betreffende hält seine eigene überbordende Phantasie für höhere Eingebungen, denen unbedingt zu folgen sei.

Der Mangel an Ungerscheidungsfähigkeit führt zu Wahnvorstellungen, die zum Teil kuriosen Charakter annehmen. Therapeuten gehen in der Regel wenig sensibel mit dem Thema um, indem sie keine Unterscheidung zwischen Halluzinationen und Eingebungen treffen. Im Ergebnis fühlt sich der Patient zu Recht unverstanden, da das therapeutische Gespräch in der Folge an der Oberfläche bleibt, weil der Behandler selbst nicht begreift, was vor sich geht.

Vorstellungen jenseits der Realität

Ein jeder verfügt über genügend innere Weisheit, um zu handeln.

Die Ausbildung phantastischer gedanklicher Bilder und Szenerien, die manchmal ans Pathologische grenzen, ist eine dem Menschen innewohnende Möglichkeit, deren eigentliches Wesen von Psychiatern nicht eindeutig definiert wird. Kennzeichnungen wie: abnormes Bedeutungserleben, krankhafter Ich-Bezug, Vorliegen einer unvergleichlichen subjektiven Gewissheit seien lediglich oberflächliche Aspekte eines tieferliegenden Geschehens, betont Ch. Jacob. „Letztlich verlaufen alle Versuche, den Wahn in verschiedene Phänomene aufzugliedern oder seinem Wesen nach zu beschreiben, unbefriedigend" (S.lf.).

Auch Bestrebungen, Wahnvorstellungen mit Hilfe der psychoanalytischen Theorie zu deuten, können zum Verständnis nicht grundlegend beitragen.

Unterschieden wird gemeinhin zwischen:

Wahnstimmung,

wahnhafter Realitätswahrnehmung und

,echten' Wahnideen.

Wahnhafte Vorstellungen entstammen einem chaotischen Innenleben und wirken daher auf Außenstehende unlogisch und inkohärent. Sie stehen in engem Zusammenhang mit Halluzinationen, verzerrten Wahrnehmungen und einer ungesteuerten Ausbreitung der eigenen Gedankenwelt und spiegeln die Grenzen menschlicher Existenz, wobei das Erlebnis der Existenzbedrohung maßgeblich mitbeteiligt ist. Da der Kontakt zur Realität eingeschränkt ist, wird unbeirrbar an bizarren Überzeugungen festgehalten. Eine kritische Überprüfung gelingt nicht mehr.

Viele Ärzte halten ,hirnpathologische Zusammenhänge' für ausschlaggebend bei der Wahnentstehung und beschränken sich auf diese Deutung. Bei etlichen schizophrenen Patienten wurde tatsächlich ein erhöhter Dopamingehalt im Gehirn gemessen. Dieser Botenstoff liefert eine plausible Erklärung für die hohe Sensibilität der Wahrnehmung. Auch andere für die Nerven wichtige Stoffe weisen bei Schizophrenen eine Veränderung auf. Ob diese Veränderungen aber Auslöser oder Folge der schizophrenen Erkrankung sind, ist nach wie vor ungeklärt.

Um ein psychoanalytisches Verständnis für die absurden, unlogischen Einfälle und Überzeugungen seelisch Kranker bemüht sich C.G. Jung. Ein unlösbar scheinendes Problem, bei dem starke Affekte mitbeteiligt sind, überfordere die Psyche der Patienten. In vordergründig sinnlos scheinenden Verhaltensweisen und Überzeugungen, den ,Verrücktheiten', könne der einfühlsame Therapeut dennoch einen Sinn entdecken. Der ,Sinn im Wahnsinn' zeige die menschliche Seite der Erkrankung. Der Patient bleibe immer ein Mensch und „nicht eine in Unordnung geratene Gehirnmaschine" (vgl.: Psychologie und Religion, S.10). Die Symptome seien nicht lediglich Ausgeburten kranker Hirnzellen, sondern die Wahnideen enthüllen - bei genügender Aufgeschlossenheit – ein in Ansätzen sinnvolles System.

Einblicke in das desolate Seelenleben der Patienten zeigen, dass von einer geistigen Verarmung nicht die Rede sein kann. Kein Symptom kann als grundlos bezeichnet und als psychologisch unsinnig abgetan werden. Demzufolge gehört Schizophrenie zu den Geisteskrankheiten, die nur sehr ungenügend verstanden werden, meint C.G. Jung. Er betrachtet die Wahnbildungen weder als Mittel zur Befriedigung infantiler Wünsche, noch stehe einseitig das Streben nach Macht im Vordergrund. Jung versucht, sie auf der subjektiven Ebene zu verstehen. Zum Wesen des Subjektiven aber gehört unzweifelhaft, dass es sich einer objektiven Beurteilung entzieht.

Bei den Wahnformen lassen sich grob gesehen drei Gruppen unterscheiden:

Realitätsverkennungen aufgrund einer gestörten Psyche, die meist mit schwierigen oder traumatischen Kindheitserinnerungen einhergehen und das Ergebnis von persönlichen Verarbeitungsstrategien sind. Sie weisen ansatzweise eine Verbindung zu tatsächlichen Ereignissen in der Außenwelt auf, die aber auf eine sehr eigenwillige, pathologische Weise interpretiert werden.

Phantastische Ideen und Interpretationen, die auf Vorkommnissen in der Außenwelt sowie auf außergewöhnlichen inneren Bewusstseinserfahrungen basieren, die nur schwer verkraftet werden, da sie außerhalb des bisherigen Erfahrungshorizonts liegen und weder verstanden noch verarbeitet werden können.

Die betreffenden Erfahrungen sind weder psychotisch noch illusionär, doch die Reaktionen einer instabilen Psyche, die sich in Ängsten und Zweifeln verliert und auf Unverständnis seitens ihres Umfeldes stößt, begünstigen eine pathologische Verarbeitung des Geschehens.

Der psychotischen Erkrankung geht eine oft schleichende Veränderung der Persönlichkeit voraus. Die Realität erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Realitätsferne Überzeugungen sind für psychotische Menschen oft die einzig gültige Wirklichkeit. Sie benötigen weder Beweise noch Begründungen, denn in ihrer Welt existieren keine unvereinbaren Widersprüche. Die Umgebung wird als verändert wahrgenommen. Diese Veränderung beziehen die Patienten auch auf sich und verbinden damit etwas Unheilvolles. Das bislang Selbstverständliche wird in Frage gestellt, wodurch bisher tragfähige Auffassungen ins Wanken geraten und Sicherheiten verloren gehen. Eine angstvolle Erwartung stellt sich ein, der die Überzeugung zugrunde liegt, irgendetwas Unheilvolles, nicht Greifbares sei im Gange.

Über die Wahninhalte berichtet A. Finzen: „Der Wahn und die Bedrohung des Betroffenen können die Vernichtung ihm nahestehender Personen zum Inhalt haben. Krankheiten breiten sich im eigenen Körper oder in dem von Geschwistern und Eltern aus. Apparate, über die sie gesteuert worden sind, wurden bei ihnen oder anderen eingepflanzt. Wahnthemen sind von der Erlebniswelt der Betroffenen mitbestimmt" (S.63f.).

Die Bildung eines Wahnsystems habe nichts mit fehlender Intelligenz oder einem Mangel an Kritikfähigkeit zu tun, selbst wenn die Betroffenen auf ihren bizarren Standpunkten beharren. Im Gegenteil: „Das Denken bei intakter Intelligenz und Bewusstseinsklarheit ist vielmehr die Grundvoraussetzung für die Ausgestaltung der Wahnidee zum Wahnsystem und zum Wahn", meint Finzen. Das kritische Bewusstsein stellt sich in den Dienst des Wahns. Analogien zu mythologischen Inhalten finden sich in den Patientenberichten häufig. Sie sind eine wertvolle Quelle für die vergleichende Forschung.

Um zu einem Verständnis des absonderlichen, unangepassten Seelenlebens zu gelangen, werden in den Therapien verschiedene Methoden angewandt. C.G. Jung beschreibt die analytisch-reduktive und die konstruktive Methode: Die analytisch-reduktive Methode habe den Vorteil, einfacher zu sein als die konstruktive Methode, denn sie „reduziert auf im wesentlichen bekannte allgemeine Grundlagen höchst einfacher Natur", erklärt der Autor.

Die konstruktive Methode hingegen „nötigt den Forscher, alle diejenigen Mächte, die in der menschlichen Seele am Werke sind, voll in seine Rechnung einzusetzen... Wenn eine derartige Arbeit weit über empirische Grundbegriffe hinausgeht, so liegt das in der Natur der menschlichen Seele, welche sich noch nie mit der Erfahrung allein begnügt hat. Alles Neue des menschlichen Geistes geht aus der Spekulation hervor. Die geistige Entwicklung erfolgt auf dem Wege der Spekulation, nicht aber auf dem Wege der Beschränkung auf bloße Erfahrung." (In: Der Inhalt der Psychose, S.42f.)

Eine Teil der Patienten findet auch nach langer Zeit nicht in den normalen Zustand zurück: „Sie gehen verloren in den Irrgängen eines Zaubergartens, wo sich eine und dieselbe alte Geschichte in zeitloser Gegenwart immer und immer wieder abspielt", berichtet C.G. Jung (S.17). Einer seiner Patienten habe eine zeitlang das träumerische Gefühl gehabt, als „wenn er auf der Grenze zweier verschiedener Welten ginge und nicht weiß, ist rechts oder links die Wirklichkeit" (S.15).

Der Inhalt der wahnhaften Vorstellungen ist häufig von der persönlichen Lebensgeschichte und den Besonderheiten der aktuellen Lebenssituation geprägt. Auch der jeweilige Kulturkreis spielt eine Rolle.

Die intuitive Methode der Behandlung, die gleichfalls bei Jung erwähnt wird, strebt keine wissenschaftliche Theorienbildung an, sondern ist bestrebt, ein intuitives Verständnis für psychopathologische Inhalte zu entwickeln. Sie weicht damit von Interpretationen auf der reinen Verstandesebene ab. Für unerklärliche Dinge eine Erklärung zu finden könnte dazu führen, die damit verbundenen Ängste zu bewältigen.

Die geheime Bedeutung der Dinge

Hinter scheinbaren Zufällen steht höhere Weisheit.

Außergewöhnliche Erfahrungen bringen manche Menschen dazu, auch in alltäglich scheinenden Ereignissen einen besonderen Sinn zu suchen. Im Extremfall kann diese Einstellung dazu führen, dass alle möglichen Begebenheiten und Wahrnehmungen mit einer besonderen Bedeutung aufgeladen werden. Einige Worte, im Vorübergehen aufgeschnappt, ein besonderer Gegenstand, der plötzlich ins Blickfeld gerät, sind Vorfälle, in denen ein besonderer Sinn gesucht wird.