Sternschnuppengeflüster - Sofie Cramer - E-Book

Sternschnuppengeflüster E-Book

Sofie Cramer

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Beschreibung

3 Mädchen, 3 Herzenswünsche und 1 App, die Wünsche wahr werden lässt! *** STERNSCHNUPPENGEFLÜSTER: Endlich Ferien! Sechs Wochen Zeit für LENI, sich in Nicks Traumfrau zu verwandeln. Doch irgendwie läuft alles schief ... Genau wie bei AMELIE, deren Eltern sich trennen wollen! Und PAULA? Die könnte längst auf der Schauspielschule sein – wenn ihre Eltern es nur erlauben würden! Alle drei hoffen auf ein Wunder, als sie sich bei STERNSCHNUPPENGEFLÜSTER anmelden. Denn die App macht ein unglaubliches Versprechen: "Bis zum Ende der Sommerferien werden all deine Wünsche in Erfüllung gehen ..." *** Das Jugendbuch-Debüt der Bestseller-Autorin ("SMS für dich")! *** Eine turbulente Liebes- und Freundschaftsgeschichte mit drei starken Heldinnen: das perfekte Buch für Sommernächte! ***

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© Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2018Text: Sofie CramerUmschlaggestaltung: formlaborUmschlagmotive: Shutterstock.com/ © Natalia Toropova; © Anna Frajtova; © Franzi; © cosmaa; © suns07butterflyLektorat: Jacqueline GuseHerstellung: Frederik RettbergSatz und E-Book-Umsetzung: Pinkuin Satz und Datentechnik, BerlinISBN 978-3-646-92839-6

Alle Bücher im Internet unter www.carlsen.de

kreisch!!! omg! oooooooooooooomg!!!

Leni kann es kaum erwarten, was ihre Freundin Florentine zu der Neuigkeit sagt. Glücklicherweise zeigen sich auf ihrem Handydisplay im selben Moment zwei blaue Häkchen. Flo schreibt:

Echt jetzt? Nick kommt in deine Klasse???

Leni nickt nur hysterisch, was, wie ihr im selben Moment klar wird, beim Chatten reichlich sinnlos ist. Schnell blickt sie sich in der großen Pausenhalle ihrer Schule um. Hat sie jemand beobachtet und gesehen, wie sie mit hochrotem Kopf ihrem Handy zunickt? Ach was. Als würde sie, Leni-graues-Mäuschen, jemals irgendwer beobachten! Alle sind damit beschäftigt, so schnell wie möglich aus der Schule zu verschwinden. Nichts wie raus in die Freiheit!

Eilig schickt Leni ihrer Freundin einen unmissverständlichen Hilferuf:

chai bei susi?

Sie muss sofort Flo in ihrem Stammcafé treffen, bevor sie noch einen Nervenzusammenbruch bekommt!

Yep!

Puh! Flo ist eine echte BFF! Obwohl sie bei ihrem Pferd auf dem Land ist, fährt sie extra für sie zurück in den Nordwesten von Hamburg. Schon wird Leni ein bisschen leichter ums Herz.

Sie wirft sich ihre lila Umhängetasche über die Schulter und geht durch die helle Säulenhalle in Richtung Ausgang. Das heißt, sie schwebt eher wie auf Wolken.

Es ist einfach alles so unwirklich!

Nicklas Wilke, der Schwarm der ganzen Schule, kommt nach den Sommerferien in ihre Klasse! Sie wird ihm jeden Tag in seine krass grünen Augen blicken können – aus allernächster Nähe! Sie wird seine Stimme hören, wenn er sich im Unterricht meldet. Und wenn sie etwas sagt, kann er sie gar nicht mehr ignorieren. Dann muss er sie einfach anschauen …

Augenblicklich macht Lenis Herz wieder einen Hüpfer. So hat sie sich noch nie gefühlt. Irgendwas zwischen total happy und Megapanik. Wie soll sie das nächste Schuljahr in der 9. überstehen, ohne jedes Mal vom Stuhl zu fallen oder tiefrot anzulaufen, wenn Nick den Klassenraum betritt? Wie soll sie länger am Sportunterricht teilnehmen, wenn Nick Wilke sie von oben bis unten und von vorne und hinten abchecken kann?

Und was wird er dann sehen? Leni Engels, durchschnittlich groß, Haut mit problematischer T-Zone, dicker Hintern. Das einzig wirklich Dünne an ihr sind ihre Haare. Farbe: Straßenköterdunkelblond. Ein Kopf garniert mit traurigem Lametta. Puh.

Leni stößt die Drehtür auf und tritt hinaus auf den Hof. Eins ist klar: Es muss sofort ein Masterplan her! Wenn sie es nicht schafft, sich innerhalb kürzester Zeit vom 0815-Aschenputtel in ein Glamourgirl mit Size Zero und Designerklamotten zu verwandeln, ist der Traum von big love geplatzt! Und damit hätte es keinen Sinn mehr, morgens überhaupt noch aufzustehen …

Ein Flugzeug dröhnt am Himmel, irgendwo durch die öde dunkle Wolkensoße. Es regnet zwar nicht, aber es ist ungemütlich bei knapp 20 Grad. Juli geht doch irgendwie anders. Schon seit Tagen ist das Wetter so wie Lenis Liebesleben: trist, grau und ohne Aussicht auf Besserung.

Wer hat eigentlich behauptet, dass verknallt sein schön ist?

Leni schlendert zu ihrem Fahrrad über den von dicken Eichen umrahmten Schulhof, der schon in wenigen Tagen wie ausgestorben sein wird. Es ist genau umgekehrt: Nur wer schön ist, darf glücklich verknallt sein.

Leni muss an „Germany’s Next Topmodel“ denken. Jedes Frühjahr quält sie sich zusammen mit Flo durch die neue Staffel. Und es ist wirklich eine Quälerei, weil sie sich danach nur noch schlechter fühlen. Doch wie bei einem Unfall muss man trotzdem hingucken, obwohl es das nackte Grauen ist. Ein Gefühl, als würde man mit einem Zahnstocher immer tiefer in die pochende Entzündung bohren, auch wenn es dann noch mehr wehtut. Wie sehr sie beide doch all die Mädchen beneiden, die kilometerlange Beine und Haare bis zum Hintern haben und sogar ohne Make-up mit ihren ebenmäßigen Gesichtern bezaubernd und gleichzeitig edgy aussehen!

Genau der Typ Frau, auf den Nick steht, so viel ist klar! Das weiß Leni, seit sie ihn in der 7. Klasse mit einer Bikinischönheit im Freibad getroffen hat. Und erst seine letzte Freundin Juliana aus der Oberstufe. Schrecklich perfekt! Wahrscheinlich gibt es nicht einen einzigen Körperteil an ihr, der nicht makellos ist. Nick und Juliana waren das Traumpaar schlechthin, so was wie die Clooneys des Helmut-Schmidt-Gymnasiums. Komisch, dass sie sich trotzdem nach wenigen Wochen wieder getrennt haben.

Ohne zu überlegen, öffnet Leni ihr vierstelliges Zahlenschloss: 0401. Ein Datum. Der vierte Januar. Sieben Monate, drei Tage und fünf Stunden ist es her.

Diese Kombination wird Leni niemals vergessen. An diesem Tag hat sie sich in Nick verliebt.

Leni kann sich an jedes Detail dieser magischen Begegnung erinnern. Es war der erste Schultag nach den Weihnachtsferien. Noch vor Beginn des Unterrichts hatte sie vor dem Lehrerzimmer herumgehangen und auf Frau Wolff, ihre Klassenlehrerin, gewartet. Obwohl sie sich elend und fiebrig fühlte, war sie von ihren herzlosen Eltern in die Schule geschickt worden. Dabei wollte sie nur noch zurück in ihr Bett, besonders wenn sie an die Deutscharbeit dachte, die in der ersten Stunde angesetzt war. Frau Wolff hörte sich Lenis Geschniefe an, tätschelte ihr sanft den Kopf und ließ Leni nach Hause gehen. So weit der Plan.

Wäre da nicht Nick gewesen, der nur zwei Plätze weiter auf der Wartebank saß, offenbar um sich im Sekretariat von seiner langen Auszeit zurückzumelden.

Wow! ER war wieder da!

Jeder an der Schule wusste, dass Nicklas Wilke ein Megaskateboarder war. Und jeder in der Schule hatte von seinem Unfall im Sportpark Wilhelmsburg gehört. Sogar in der Bild-Zeitung wurde darüber berichtet, weil die Halfpipe offenbar nicht richtig gesichert war. „Nicklas W.“, stand dort, „schwebt aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas in Lebensgefahr!“

Wie sich schnell herausstellte, stimmte das zum Glück nicht. Trotzdem trug er eine schwere Gehirnerschütterung davon und Trümmerbrüche an Armen und Beinen, sodass er wochenlang im Krankenhaus lag. Die ganze Schule hatte ihm Gute-Besserung-Karten geschickt.

Nun war Nick wieder da. Und ausgerechnet Leni war die Erste, die ihm begegnete – an jenem kalten Januarmorgen nach seiner Rückkehr. Peinlichst genau bekam er mit, wie sie bei Frau Wolff über ihre tropfende Nase und ihren kratzenden Hals jammerte. Als Leni an ihm vorbeiging, schaute er kurz auf. Und in der Sekunde, in der sie ihm in seine Hammeraugen sah, geschah es!

Anders als vor seinem Unfall wirkte er so unsicher, fast schüchtern. Irgendetwas in seinem Blick hielt Leni fest. Sie guckten sich gegenseitig einen Moment zu lang an. Dann lief Leni schnell weiter. Doch es war schon passiert: Leni war bis über beide Ohren verknallt!

Seitdem grüßt Nick sie sogar, obwohl Leni sich sicher ist, dass er nicht einmal ihren Namen kennt. Dieser Unfall hat alles verändert. Es gibt kein Zurück mehr. Schwarz auf weiß hat sie es auf den Namenslisten für das nächste Schuljahr gelesen: Nicklas Wilke wird eine Ehrenrunde drehen und in ihre Klasse kommen. Der Junge ihrer Träume wird mitten in ihre Realität platzen!

Das ist Lenis große Chance!

Allerdings hat sie überhaupt keinen Schimmer, was sie jetzt machen soll.

Noch immer steht Amelie regungslos im großen Flur. Sie traut sich nicht einmal zu atmen.

Ihre Eltern streiten noch immer. Amelie kann es durch die Wohnzimmertür hören. Die ist sonst nie geschlossen! Das allein macht ihr Angst.

„Ich lasse mich scheiden!“, ruft ihre Mutter in dem Moment.

Dann bricht sie in Tränen aus.

Amelie kann es nicht länger ertragen.

Sie hält sich die Ohren zu. Wie ein kleines Kind, das die Schimpfe nicht hören will. Und genauso fühlt sie sich auch. Dabei ist sie schon vierzehn!

Ganz leise schleicht Amelie wieder nach oben in ihr Zimmer. Sie hat richtig Panik, ihre Eltern könnten gemerkt haben, dass sie was mitgekriegt hat von dem Zoff. Dabei wollte sie sich doch nur etwas zu trinken aus der Küche holen!

Als Amelie mit zitternden Knien im Obergeschoss der Villa ankommt, schnürt sich ihr Hals zu. Und dann platzt es aus ihr heraus. Plötzlich muss sie losheulen. Sie stürzt in ihr Zimmer und knallt die Tür zu. Blind vor Tränen schmeißt sie sich aufs Bett und vergräbt ihr Gesicht in ihrem Kopfkissen.

Es darf einfach nicht sein! Meine Eltern dürfen sich nicht trennen …

Klar, es war in letzter Zeit nicht besonders toll zu Hause. Irgendwie herrschte immer so miese Stimmung. Dass sich ihre Eltern aber scheiden lassen könnten, hätte sie nicht gedacht. Daran wollte sie einfach nicht denken! Ihr Gedankenkarussell dreht sich immer weiter und weiter …

Nie wieder werde ich mit Mum und Paps beim Abendessen sitzen und über meine Lehrer ablästern. Nie wieder kann ich mit ihnen zusammen „Fack ju Göhte“ gucken und nie wieder, oh Gott, ich sterbe, zusammen Weihnachten oder Geburtstage feiern!

Amelie weiß wirklich nicht, wie sie das überleben soll. Das ist schlimmer als jeder Liebeskummer! Sogar der, den sie wegen Timo hatte, der sie nach nur zwei Monaten wegen Amelies Ex-BFF Melli verlassen hat. Betonung liegt auf Ex!

Leider hat sie ja noch nicht mal Geschwister, mit denen sie ihr Leid teilen könnte. Das ist wirklich der Super-GAU! Ein Albtraum, aus dem sie bitte schön sofort aufwachen will. Sie hat bestimmt schon drei Kilo verloren, seit ihre Eltern so arg zu streiten angefangen haben. Und keiner hat’s gemerkt. Okay, außer Tante Nanni, die Nachbarin, die eigentlich keine Tante ist, sondern eher eine Ersatzomi. Wenn es nicht schon so spät wäre, würde Amelie jetzt glatt noch zu ihr rübergehen und sich trösten oder wenigstens ablenken lassen.

Sie würde mir dann einen Vanillepudding kochen und mich fragen, wie es mir geht. Einfach, weil es sonst keiner tut! Ich hasse mein Leben!!!

Missmutig schaltet Amelie den Fernseher ein. Aber da läuft nur Schrott. Sie guckt auf ihr Handy. Keine Nachrichten. Sie geht auf Insta. Auch da ist nichts, was sie interessiert. Die Bilder rauschen beim Scrollen einfach an ihr vorbei. Als sie die Home-Taste ihres brandneuen iPhones mit extragroßem Display drückt, wird es wieder schwarz, sodass sich Amelies Gesicht darin spiegelt. Oder besser gesagt das, was davon übrig geblieben ist. Ein Zombie mit verheulten Augen und roter Nase.

Jetzt weiß ich auch, warum meine Eltern mir das Smartphone spendiert haben! Nicht, weil ich ein so gutes Zeugnis hatte, wie sie behauptet haben. Sondern weil sie ein schlechtes Gewissen haben und denken, die neuste Technik wird mich darüber hinwegtrösten, dass sie mein Leben zerstören. Aber da haben sie sich geirrt!

Am liebsten würde Amelie es von ihrem Balkon schmeißen. Oder, noch besser, auf die Marmorfliesen im Wohnzimmer, direkt vor ihre Füße. Es soll mit einem lauten Scheppern in tausend Teile zerspringen, genau wie ihr Herz! Wenn sie sich nicht genug lieben, hätten sie sich auch kein Kind anschaffen sollen, denkt Amelie und beginnt erneut, jämmerlich zu weinen.

„Okay, das reicht für heute!“, ruft Frau Finke aus dem Dunkel der Aula.

Wie schade!

Die Probe ist wieder einmal viel zu schnell zu Ende gegangen, findet Paula. Und heute fällt es ihr besonders schwer, aus der Rolle der Julia zurück in die Realität zu switchen.

„Paula? Bleibst du bitte noch einen Moment?“

Paulas Herz beginnt wie wild zu klopfen.

Was will die Finke von mir?

Sie kann so ein Drache sein, wenn man ihr nicht richtig zuhört oder sich nicht konzentriert. Dann macht sie ihre Schüler gerne mal rund. Es stimmt ja. Paula war heute nicht ganz bei der Sache – aber so kurz vor den Ferien ist das doch normal, oder? Die anderen waren in Gedanken sicher auch schon auf ihrer Sonnenliege am Mittelmeer. Dass überhaupt noch so viele gekommen sind, wundert Paula. Abgesehen von ihrem Romeo natürlich, dessen Rolle noch immer unbesetzt ist und von Frau Finke gesprochen wird.

„Sorry, ich hatte ein paar Hänger heute. Es wäre sicher etwas leichter, wenn ich einen Spielpartner hätte“, versucht Paula sich mit einem Lächeln schon mal vorab zu entschuldigen.

„So ein Unsinn“, schimpft die dicke Frau Finke, die schnaufend von ihrem Souffleusen-Platz in der ersten Reihe nach oben auf die Bühne der Schulaula tritt.

Paula schluckt.

„Setz dich!“, befiehlt sie ihr und schiebt Paula einen Stuhl rüber. Sie zieht sich selbst einen zweiten Stuhl heran und platziert sich ihr gegenüber.

Was wird das denn jetzt? Ein Verhör?

Frau Finke blickt ihr direkt in die Augen. „Was gedenkst du eigentlich mit deinem Talent anzufangen?“

Hä? Was ist los?

„Ich?“, stottert Paula zaghaft.

Sie ahnt zwar, dass sie nicht schlecht ist. Schließlich hat sie ja auch genug Erfahrung nach drei Jahren Theater-AG. Doch sie hätte nicht damit gerechnet, dass die strenge Frau Finke sie für talentiert hält!

„Mir ist in über zwanzig Jahren, in denen ich an dieser Schule unterrichte, kein Schüler untergekommen, der so gut spielen konnte wie du.“

Soeben hat sich Frau Finke vom Drachen in Paulas Lieblingslehrerin verwandelt!

Kann das wahr sein oder träume ich?

„Meinen Sie das ernst?“, hört Paula sich ungläubig fragen.

„Natürlich. Und jetzt lass die Koketterie! Vor mir brauchst du keine Rolle zu spielen. Jedenfalls nicht, wenn wir beide uns unterhalten. Hast du schon mal darüber nachgedacht, Schauspielerin zu werden?“ Frau Finke lehnt sich zurück, überkreuzt ihre stämmigen Arme und sieht sie erwartungsvoll an.

Kurz überlegt Paula, so zu tun, als wäre ihr das Thema nicht so megawichtig, als wäre es ihr egal, was aus ihr wird. Doch als sie in die ernsten dunklen Augen der Lehrerin schaut, sprudeln die Worte nur so aus ihr heraus: „Es ist mein größter Traum, Schauspielerin zu werden. Schon als Vierjährige habe ich mich verkleidet und alle Disneyfiguren nachgespielt. Ich will das unbedingt! Ich will allen zeigen, dass ich das kann und dass das kein bekloppter Teenietraum ist!“

„Wie gut du spielen kannst, hast du längst bewiesen“, erwidert Frau Finke und wird nachdenklich. „Was sagen denn deine Eltern dazu?“

Ach die …

„Die finden das albern. Die wollen, dass ich mein Abi und danach was Anständiges mache.“

„Aber die Schauspielkunst ist doch etwas sehr Anständiges!“, protestiert die Lehrerin und lacht dabei, was Paula etwas irritiert. Frau Finke lacht eigentlich nie.

„Gehen deine Eltern manchmal ins Theater? Und haben sie unsere Schulaufführungen besucht?“

Autsch, das tut weh.

„Nein, nicht wirklich. Mein Vater gibt Schulungen als IT-Spezialist und ist viel unterwegs. Und meine Mutter muss zu Hause auf meine beiden kleinen Geschwister aufpassen. Ich glaube nicht, dass sie schon mal im Theater waren“, antwortet Paula wahrheitsgemäß. Es ist ihr peinlich. Aber es ist, wie es ist. Wenn es nach ihrer Mutter ginge, würde sie gar nicht Theater spielen, sondern noch mehr im Haushalt helfen. Doch das erzählt sie Frau Finke besser nicht. Sie will nicht, dass sie Paula oder ihre Familie für Freaks hält.

„Verstehe“, sagt Frau Finke nur, „und wie wäre es, wenn ich mal mit deinen Eltern rede? Ich finde wirklich, sie sollten dich mehr fördern.“

„Fördern? Wie soll das gehen?“

Wenn Frau Finke wüsste, wie sehr Paula um jeden Euro betteln muss, den ihre Eltern angeblich nie überhaben, würde sie so etwas bestimmt nicht vorschlagen.

„Da könnte man eine Menge tun!“, behauptet Frau Finke. Ihr Gesicht hellt sich auf und sieht plötzlich richtig freundlich aus. „Es gibt Kurse und Workshops in den Ferien, aber auch ein Mal wöchentlich während der Schulzeit. Natürlich könntest du dich auch an einer Schauspielschule bewerben. Aber das weißt du sicher selbst.“

Und ob ich das weiß!

„Schon. Aber meine Eltern wollen das alles nicht. Sie finden mich eingebildet, wenn ich ihnen mit so was komme.“

„Na, da muss ich wohl ein paar Takte mit ihnen reden.“ Die Lehrerin erhebt sich. Paula fühlt sich wie auf der Anklagebank, als Frau Finke ihr Urteil spricht: „Das geht so nicht. Sag deiner Mutter, dass ich sie gleich morgen anrufe!“

„Du hast dich ja nicht mal umgezogen!?“, wundert sich Leni, als ihre Freundin in Reitstiefeln und Oversize-Pulli auf sie zueilt. Ihre rotblonde Mähne steht in alle Richtungen ab.

Leni hat den letzten freien Tisch im Coffee to stay ergattert. Seit die Noten vergeben sind, scheinen sich alle nur noch im Café herumzutreiben. So kurz vor den Ferien sind alle in Partystimmung.

„Für mich klang das nach einem Notfall!“, entgegnet Flo und umarmt Leni ganz fest, als hätten sie sich schon monatelang nicht mehr gesehen.

Leni kichert, als sie in Flos lockigem Haar ein Stückchen Stroh entdeckt. „Was hast du denn im Stall getrieben?“, fragt sie grinsend, während sie ihr den Halm aus den Locken pflückt.

Ihre Freundin ist schon seit einer gefühlten Ewigkeit mit ihrer Sandkastenliebe Tobi zusammen. Doch Leni weiß, dass bei Flo nicht mehr als Knutschen und Händchenhalten läuft – ob das ihrem Freund nun passt oder nicht. Außerdem spielt bei Flo sowieso Fridolin, ihr geliebtes Pferd, die Hauptrolle und die meiste Zeit verbringt sie bei ihm im Stall. Und auch in den Sommerferien wird Tobi sie kaum zu Gesicht bekommen.

„Was muss ich tun, damit du nicht nach Kanada abhaust?!“, fragt Leni und rührt ihren Chai Latte um. Erst jetzt wird ihr das ganze Ausmaß der Katastrophe bewusst: Nicht nur Tobi, auch sie wird ihre beste Freundin in den nächsten Wochen nicht sehen! Und das, wo sie Flo gerade so dringend braucht!

„Du musst nur meine Eltern überzeugen, ihren Lebenstraum aufzugeben …“ Breit grinsend schielt Flo in die Getränkekarte, obwohl eh klar ist, dass sie auch einen Chai Latte nimmt.

Leni grummelt vor sich hin. Sie weiß ja, wie sehr sich Flos Familie auf die Wohnmobil-Tour durch Nordamerika freut. Aber es ist einfach verdammt hart, die kompletten Sommerferien allein zu verbringen. Und dann auch noch ohne eigene Reisepläne! Obwohl sie ihrer Freundin diese Traumreise von Herzen gönnt, ist sie ein bisschen neidisch. Lenis Eltern sind selbstständige Steuerberater und haben immer megaviel zu tun. Auch diesen Sommer fällt der Urlaub mal wieder flach. Und sie kann sehen, wo sie bleibt. Wahrscheinlich in der Irrenanstalt! Schon jetzt ist sie ganz gaga im Kopf.

„Also … Nick kommt in deine Klasse? Ganz sicher?“, hakt Flo nach. Sie legt die Karte beiseite und rückt ihren Stuhl Leni gegenüber näher an den Tisch heran. Die Geräuschkulisse im Café ist genauso krass laut wie Lenis Gedanken, die wild hin und her springen.

Mit ihren braunen Kulleraugen blickt Flo sie fragend an. Leni nickt zaghaft. Sie ist kaum in der Lage, über das Thema Nummer eins zu sprechen, so aufgewühlt ist sie. Schon seit Tagen haben sie beide auf die Namenslisten gewartet, die eigentlich nur wegen der Sportkurse und freiwilligen Zusatzfächer am Schwarzen Brett ausgehängt werden.

In dem Moment bringt Susi, die supernette Inhaberin des Cafés, einen zweiten Chai Latte an den Tisch und stellt ihn Flo vor die Nase. So gut kennt sie Lenis Freundin, dass die noch nicht mal mehr bestellen muss.

Flo nickt dankbar, aber ohne ein Lächeln.

„Was is’n los, Mädels? Fallen die großen Ferien dieses Jahr ins Wasser?“

„Nee, schlimmer“, antwortet Leni. Sie spürt, wie sie schon wieder rot wird. Schnell hält sie sich die Hände vors Gesicht.

Ich hasse es!

Wenn Leni sich den Schulalltag mit Nick ausmalt, wird sie bestimmt 50 Mal am Tag rot anlaufen. Sie sieht die Katastrophenszenarien schon vor sich: Entweder wird sie in allen Fächern mündlich ablosen, weil sie sich nicht mehr zu Wort melden kann. Oder aber sie wird massive Herzprobleme bekommen, weil eine Beteiligung am Unterricht nur noch mit einem Puls von 300 zu machen ist, dazu mit Blutüberschuss in ihrem mit Pickeln und Sommersprossen gesprenkelten Gesicht.

„Leni hat sich verknallt!“, erklärt Flo und seufzt tief, als ob es sich um eine schlimme Krankheit handeln würde. Und eigentlich stimmt das ja auch. Herzrasen, Schweißausbrüche, Konzentrationsstörungen – alles heftige Reaktionen des von Hormonen fremdgesteuerten Körpers.

„Und, wer ist der Glückliche?“, fragt Susi lachend und stemmt ihre Hände in ihre absolut fettfreien Hüften. Überhaupt ist sie ein echter Hingucker trotz ihrer bestimmt schon 40 Jahre. Noch dazu ist sie beneidenswert tiefenentspannt.

„Ausgerechnet ein Typ, auf den alle Mädels stehen, ungefähr sechs Ligen über mir“, entgegnet Leni deprimiert und rührt in ihrem inzwischen fast kalt gewordenen Chai rum, von dem sie noch nicht einen Schluck getrunken hat.

Susi kräuselt ungläubig ihre Stirn und setzt sich kurzerhand auf den freien Stuhl zwischen den beiden Freundinnen. „So etwas darfst du nicht einmal denken!“, sagt sie energisch.

„Sorry, Süße“, schaltet sich Flo noch mal ein und legt behutsam die Hand auf Lenis Schulter, „aber ich fürchte, du hast recht. Vielleicht solltest du dir Nick aus dem Kopf schlagen, bevor er dir das Herz bricht.“

„Nick? Der Nick?“, fragt Susi und reißt theatralisch ihre großen blauen Augen auf.

Verlegen verzieht Leni den Mund. Susi kennt Nick natürlich. Jede Frau, die auch nur ansatzweise Geschmack hat, kennt ihn.

„Er geht ab nächstem Schuljahr in ihre Klasse“, erklärt Flo verschwörerisch und deutet mit ihrem Kopf in Lenis Richtung. „Wir brauchen also einen verdammt guten Plan oder ein Wunder.“

„Einen Plan?“, fragt Susi irritiert. „Wollt ihr ihn eifersüchtig machen, oder wie?“

„Dafür müsste er sie überhaupt erst einmal bemerken!“, erwidert Flo.

Leni knufft sie in die Seite. Entschuldigend zuckt Flo mit den Schultern.

„Wieso soll er dich nicht bemerken? Du bist doch ein superhübsches Mädchen! Wo ist das Problem?“, fragt Susi und sieht ehrlich überrascht aus.

„Hier und hier und hier“, antwortet Leni zerknirscht, während sie auf ihre nervigen Haare, ihren breiten Hintern und ihre flachen Brüste zeigt. Insgeheim freut sie sich über Susis Kompliment. Nur leider ändert es nichts an der Ausweglosigkeit ihrer Situation. Niemals wird Nick sich für sie oder ihren BMI von 25 interessieren. Ihre einzige Chance ist, eine andere zu werden. Und dafür hat sie ziemlich genau sechs Wochen Zeit. Was nicht wirklich viel ist, um sich von 08/15 in megahot zu verwandeln.

Susi schüttelt den Kopf. „Das ist doch Unsinn! Sei nicht so streng zu dir! Konzentriere dich auf deine Stärken und zeig ihm, wie toll du bist! Dann wird er auch anbeißen, und wenn nicht, hat er dich auch nicht verdient. So einfach ist das!“ Aufmunternd nickt sie den beiden noch einmal zu, bevor sie sich wieder an die Arbeit macht.

In dem Moment kommen ein Mädel und ein Typ herein und setzen sich auf die letzten beiden freien Plätze am Tresen. Die beiden sind Anfang zwanzig, wahrscheinlich Studenten. Und sie wirken nicht nur sehr glücklich, sondern passen auch super zusammen, so wie der Allerwerteste auf den Eimer.

Die zwei scheinen nichts von der Welt um sie herum zu bemerken, weil sie nur Augen füreinander haben. Also können Leni und Flo sie ungestört beobachten. Er ist etwa einen Kopf größer als sie, beide haben braune Haare und sind auffallend attraktiv und hip gekleidet. Sie halten Händchen, lachen und gucken gemeinsam in die Karte, die an der Bar und auf jedem der dunklen Holztische bereitliegt. Sie könnten glatt einer Tommy-Hilfiger-Werbung entsprungen sein.

„Was mache ich bloß falsch?“, fragt Leni und nimmt nun doch einen Schluck Tee, der inzwischen so kalt ist wie der diesjährige Sommer. Sie tut sich leid. Entweder verguckt sie sich in Typen, die vergeben sind, oder in solche, die sie nicht einmal mit dem Hintern angucken.

Sebastian aus der Parallelklasse zum Beispiel. Den fand Leni schon in der Grundschule toll. Aber ungefähr genauso lange ist er auch schon mit Bianka zusammen, einem Mädel, das keiner mag, weil sie ihre Nase sonst wie hoch trägt.

„Du machst nichts falsch. Außer, wenn du aufgibst, bevor du überhaupt angefangen hast“, erklärt Flo und wirkt dabei nicht sehr überzeugend.

„Womit anfangen?“

„Na, was Susi gesagt hat: Zeig dich von deiner besten Seite!“

„Aber wie soll das gehen?“, fragt Leni missmutig. „Ich hab echt keinen Schimmer, was ich tun kann, damit er mich auch nur anguckt!“

„Deswegen sind wir ja hier!“, verkündet Flo feierlich und holt einen Block und einen Stift aus ihrer Tasche.

LENISTO-DO-LISTE schreibt sie in großen Buchstaben darauf.

Das ist alles so ungerecht!

Genau dasselbe hat Amelie schon beim Einschlafen gedacht. Falls sie überhaupt geschlafen hat – denn sie ist total müde. Ihre Augen fühlen sich an wie die aufgespritzten Lippen von Kim Kardashian. Kein Wunder, denn sie hat die halbe Nacht geheult. Sie wohnen nicht einmal ein Jahr in der Lüneburger Heide und jetzt muss sie womöglich schon wieder umziehen, weil ihre Eltern sich trennen. Allein die Vorstellung, sie müsste sich für einen von beiden entscheiden, bringt Amelie um.

Sie weiß wirklich nicht, wie sie den Tag überstehen soll. Zum Glück sind schon Ferien. Oder zum Pech. Gerade hat sie begonnen, sich öfter mal mit Maja aus ihrer Klasse zu treffen. Nun ist die drei Wochen lang auf Bali unterwegs, während sie sich hier in der deprimierenden Einöde zu Tode langweilt. Jedenfalls weiß Amelie jetzt, warum ihre Mutter schon vor ein paar Wochen angedeutet hat, dass sie beide diesen Sommer vielleicht allein in ihr Ferienhaus an der Ostsee fahren. Aber das kann sie knicken. Entweder alle oder gar keiner!

Ich sollte mich mal wieder bei meiner Cousine Johanna in Hildesheim melden, überlegt Amelie. Am besten, sie schreibt ihr gleich eine WhatsApp und fragt, ob sie nicht kommen und zusammen mit ihr nach Hamburg fahren will. Immerhin hat Johanna ein Auto. Sogar einen mokkafarbenen Opel Adam, um den Amelie sie total beneidet. Bei ihr dauert es noch drei Jahre, bis sie endlich den Führerschein auf Probe machen darf. Das Auto hat Paps ihr schon versprochen, allerdings erst, wenn sie ihr Abi in der Tasche hat. Bis dahin hängt sie hier fest. An sich ist Lüneburg ganz okay. Man kann auch mit der Bahn nach Hamburg fahren, aber das wollen ihre Eltern nicht so gerne. Außerdem wohnen sie noch etwa sieben Kilometer vom Bahnhof entfernt, zwischen einem Bauernhof und einem Gewerbegebiet. Also quasi im Niemandsland, dafür aber in einer Traumvilla auf einem Grundstück, das größer ist als ein Fußballfeld.

Nur wozu noch dieses riesige Haus, fragt sich Amelie, wenn sie und wahrscheinlich ihre Mum bald nur noch zu zweit darin wohnen?

Die Vorstellung, dass sich nun alles ändern soll, ist und bleibt unerträglich. Sie muss ihren Eltern heute unbedingt aus dem Weg gehen. Denn sie dürfen nicht erfahren, dass ihre Tochter über alles Bescheid weiß. Dann hätten sie es nämlich leicht, reinen Tisch zu machen.

Nein, ich brauche jetzt Ablenkung – jede, die ich kriegen kann!

Also schnappt sich Amelie ihr Handy und textet an ihre Cousine:

Hi Jo, wie läuft es so? Hast du nicht Lust, mal wieder ein paar Tage zu uns zu kommen? Muss dir unbedingt zwei neue Läden zeigen. Kisses A.

Gerade als Amelie sich aufraffen und endlich aufstehen will, erhält sie eine Nachricht. Gespannt liest sie Johannas Antwort:

Sorry, bin gerade mit meinen Kommilitonen auf Malle. Genieß deine Ferien! Glg - auch an Tante Angela, Jo

Na super. Genieß die Ferien!

Wenn Jo wüsste, was hier abgeht …

Tränen steigen erneut in ihr auf, aber Amelie versucht, die Enttäuschung schnell wegzudrücken. Doch schon kommt der Schmerz wieder hoch, den dieser Albtraumstreit ihrer Eltern in ihr ausgelöst hat. Am besten, sie geht gleich mal zu Tante Nanni nach nebenan. Vielleicht kann Amelie sie in das Geheimnis einweihen, damit sie wenigstens eine Verbündete hat. Sie hofft nur, dass Nannis Sohn nicht gerade zu Besuch ist. Besser, sie guckt mal aus dem Fenster, ob ihre Nachbarin auch allein ist.

Mühsam schleppt sie sich aus ihrem Boxspringbett und merkt erst jetzt, wie schwach sie sich fühlt. Sie streift sich ihr neues Oversize-Karohemd über, das sie erst letzte Woche zusammen mit ihrer Mum gekauft hat.

Da war die Welt noch in Ordnung …

Dann schleicht sie von ihrem Zimmer nach nebenan ins Gästezimmer, wo sie einen freien Blick auf das alte Bauernhaus von Tante Nanni hat.

Shit!

Nannis gelb leuchtender Beetle steht nicht vor der Tür. Das heißt, sie ist nicht da. Und damit auch niemand, mit dem sie reden könnte.

Ich brauche einen anderen Plan!

Verzweifelt grübelt sie.

Frühstücken fällt flach, weil Amelie einfach keinen Appetit hat.

Shoppen bringt nur zu zweit Spaß.

Fürs Schwimmbad ist es zu kalt.

Nach Hamburg darf sie nicht allein.

Für Sport fühlt sie sich zu schlapp.

Beim Friseur war sie erst und eigentlich findet sie ihren braunen Bob immer noch super.

Sie könnte Fahrrad fahren. Aber sie weiß nicht wohin. Und wenn sie einen schönen Platz fände, wie neulich zufällig am See, würde sie doch bloß wieder grübeln und heulen. Also bleibt nur noch Fernsehen. Nur dass sie damit am frühen Samstagvormittag sofort auffallen und ihre Eltern in Alarmbereitschaft versetzen würde. Bleibt nur noch surfen, um das quälende Gedankenkarussell zu stoppen.

„Könntest du bitte den Geschirrspüler ausräumen?“, holt ihre Mutter sie aus ihren Tagträumen zurück.

„Ja, ich hab doch gesagt, ich mach das“, entgegnet Paula augenrollend.

„Dann mach es aber auch wirklich, statt hier Löcher in die Luft zu starren!“, schimpft ihre Mutter, während sie die benutzten Teller übereinanderstapelt. Und zwar direkt vor Paulas Nase, sodass klar ist, wer die Spülmaschine auch gleich wieder einräumen darf.

Ich bin eigentlich gar nicht dran!

Paulas jüngere Schwester Louisa hat diese Woche Küchendienst und auch ihr Bruder Lukas ist mit seinen sieben Jahren längst alt genug, um mitanzupacken.

Ihre Mutter checkt einfach gar nichts. Dauernd ist sie im Stress und lässt immer alles an ihr aus. Aber Paula will keinen Streit, nicht heute! Ihre Mutter soll so entspannt wie möglich sein, wenn Frau Finke sich meldet. Noch immer überlegt Paula, ob es nicht schlauer wäre, den Anruf anzukündigen. Doch dann würde ihre Mutter ihr gleich lang und breit erklären, warum sie die Schauspielerei für totalen Quatsch hält.

„Paula!!!“