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Frech ist anders. Zugehört und drauf geschaut: Anmerkungen und Dialoge zu verschiedenen Lebenslagen. Hinterfragt werden: Kranksein, Banken, Blogger, Nachbarn und Politiker, Rezepte, Zustände, begleitet von modernisierten Märchen und Hinweisen zu Verkehrsteilnehmern, Weihnachten bis hin zum Testament.
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Seitenzahl: 46
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Gert Podszun
Tafelspitz & Schabernack
Zugehört und drauf geschaut
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Tafelspitz & Schabernack
Arzt und www
banken
basics
briefe schreiben
Diese Zustände
düfte
Ein Bild
Ein Rendezvous
flyer
Fr@um@nn
Gesellschaft
glauben
Gut verkabelt
lust
Meinung
nachbarn
plastik
Ruhe finden
Schau mal!
Tafelspitz
Testament
Wachsen
Weihnachten
Wer hänselte denn Gretel?
Wie schmeckt es?
Wie war das mit dem roten Käppchen?
Zukunft
Über den Autor
Impressum neobooks
der große beuys bekundet frei
dass jeder mensch ein künstler sei
das kann man zunächst gut glauben
doch wird es möglich zeit uns rauben
es wächst rasant die bilderwelt
seit vieles in das netz gestellt
jedermann kann offenbar
präsent sein in der infobar
dort zeigt ein jeder was er kann
viele schaun die bildpracht an
wie einer mit dem fahrrad fährt
wie wein geheft im bottich gärt
wie fritz schön bohrt in seiner nase
wie weit er springt der blaue hase
jedes stück im internet
global zu zeigen ist doch nett
es kostet nichts das macht was her
und ruft nach vielen bildern mehr
hat man so manches stück genossen
und viel geschaut ganz unverdrossen
fragt man sich leise mit verdruss
ob man das alles sehen muss
Nach der Bedeutung der Buchstabenfolge www suchend, hatte ich eine Idee:
Was wirkt wirklich?
Ich lernte. Es stimmte nicht. Die Idee kam erst wieder, als mir ein Stationsarzt mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen leuchtete.
„Ihr Hausarzt meint, dass seine Möglichkeiten in Ihrem Falle nicht wirklich wirken. Deswegen sind Sie hier und bestimmt besser aufgehoben.“
Einen Moment schwieg er fast andächtig. Es war wohl der Geruch von vorgestern genossenem Knoblauch, der seinen ersten Satz beeinflusste.
„Ich kann ihre Krankheit riechen.“
Eine erste Diagnose. Er bemühte keine Fachbegriffe seiner Zunft, sondern schwieg weiter. Kopfschaukeln.
Ich hinterfragte nicht, blieb still und bemüht, seine Kompetenz zu achten. Später kam der Chefarzt. Er saß kurze Zeit auf dem Klinikhocker.
„Wir werden die Auswertung des Labors abwarten. Dann können wir über die Therapie entscheiden.“
„Was sagen Sie denn selbst?“
„Ich möchte ganz sicher sein, daher brauche ich zunächst die Laborwerte.“
Ich dachte kurze Zeit an meine Mutter, die vor einigen Jahren an einer bis dahin nicht erkannten Krankheit verstorben war.
„Sie haben gesagt, dass die Blutwerte nicht in Ordnung sind. Hat das mit dem Knochenmark zu tun?“
Die Frage verwaiste.
Krank sein ist wie Aussteigen aus einem Zug, der unerwartet in einem unbekannten Bahnhof hält und stehen bleibt. Die Fahrt ist zu Ende. Die Fahrgäste müssen aussteigen. Stimmen:
„Hoffentlich gibt es eine Hilfe beim Aussteigen.“
„Kann mir jemand die Hand reichen?“
„Der Arzt ist noch nicht da.“
„Er kommt erst, wenn die Formulare ausgefüllt und unterschrieben sind.“
Unterschriften sind geldwert.
Der Bahnsteig unbekannt. Der Bahnhof fremd. Keine Unterkunft. Nur dieses Bahnhofshotel. Eine Klinik.
Die stummen Gleise führen nah an ihr vorbei. Reisende in den Wagons rollen zu ihren Zielbahnhöfen. Ob sie dort ankommen werden, können sie nicht wissen. Sie hoffen.
Ich reise nicht. Nicht mehr in einem dieser Wagons.
Hier tragen die Wichtigen weiße Kittel. Die ganz wichtigen Kittel mit Rockschoss. Manchmal treten sie wie eine Horde auf. Einer trägt den Fahrplan. Der heißt Kurve. Die enthält meine klinischen Daten.
Waskannichtun?. AneineWeiterfahrtistjetztnichtzudenken. IchmussmeineSituationerstrichtigbegreifen.
Ich suche. Verstehe meine Lage nicht. Wie, krank? Ich möchte mit jemandem sprechen. Außerhalb der Klinik. Zum Glück habe ich noch mein Mobiltelefon. Man hat Verbotsschilder für Mobiltelefone aufgehängt. Kaum ein Weg nach draußen.
Ist das Wetter auch krank? Manche sagen das. Das Wetter können selbst die Weißen nicht ändern.
Manche von ihnen lächeln wohlwollend. Sie scheinen den Fahrplan gut zu kennen. Für mich wie ein Quiz.
WannkommtdernächsteZug, derhieraußerplanmäßighält?
Auf den Schienen draußen rollen die Eisenräder, darüber die Kästen mit den Hoffnungen.
Stille. Niemand kommt. Die Weißen besprechen sich. Das dauert. Der Bahnhof kann nicht schlafen.
Mein kleines Leben blinzelt. Es wird ein Morgen geben.
Die Weißen kommen wieder.
„Schauen wir doch einmal in die Unterlagen.“
Sie schauen in die Kurve. Früher bestand die Kurve in den Aufzeichnung der Fieberwerte. Sie hing am Fußende des Krankenbettes. Ich denke spontan an die Fieberkurven der Börsen. Wie die Fieber bekommen können? Da wirken spekulative Kräfte mit. Und Hoffnungen.
Ich hoffe. Ohne Hoffnung kann man nicht gesunden.
Der Arzt hat die letzten Laborwerte erhalten. Sie stehen auf einem DIN A 4 – Blatt. Da sind etwa 30 Zahlenreihen zu erkennen, Plus- und Minuszeichen, Grenzwerte.
„Wo kommen denn die Grenzwerte her?“
„Da gibt es Untersuchungen und Expertisen.“
„Treffen diese Grenzwerte auch auf mich zu? Jeder Mensch ist ja schließlich anders.“
Der Arzt nickt und studiert die Zahlenreihen.
„Wir werden die Dosis verändern. 5 mg mehr. Das müsste genügen.“
„Was wird das bewirken?“
„Das werden wir dann sehen.“
Vorne, auf der anderen Seite der Klinik, fern den Gleisen, mit Blick auf die Straße zur Stadt, in der Cafeteria des Hauses, sitzen Leute. Ein paar von ihnen rauchen. Viele Zigarettenstummel liegen verstreut auf dem gepflasterten Boden. Das sieht nicht gut aus. Sie reden über Fälle.
„Ich kenne da einen Fall, da hat die ärztliche Kunst nicht viel bewirkt.“
„Es gibt immer solche Fälle.“
Sie trinken.
„Was macht man, wenn etwas nicht so wirkt, wie man es sich vorgestellt hat? Man kann ja nicht nur warten.“
Meine nächsten Laborwerte sind erst in zwei Tagen da. Das Labor ist überlastet.
Bei Überlast reißen die Fäden.
Der Arzt kommt etwas später zur Visite. Es gibt eine neue Therapie.