Teil 1 Schlummerjahn und die Dicken von Heierland - Peter Marquardt - E-Book

Teil 1 Schlummerjahn und die Dicken von Heierland E-Book

Peter Marquardt

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Beschreibung

Dies ist der erste Teil einer mehrteiligen Reihe über 'die unglaublichen Abenteuer des Johannes Klein im Wald der Träume.'

Schlummerjahns Lieblingsbeschäftigung ist es, in den Tag zu träumen. Sein größter Wunsch, nach Heierland zu gelangen. Ein Land, in dem alle Leute immer schlafen und nie arbeiten müssen. Seine Mutter hatte ihm davon erzählt und dies eigentlich als Drohung gemeint, als sie sagte: »Schlummerjahn, wenn es mit dir so weitergeht, kommst nochmal nach Heierland.« Das mit der Drohung war wohl schiefgegangen, denn eines Tages macht Schlummerjahn sich auf den Weg, dieses verheißungsvolle Land zu suchen. Er trifft auf Unangenehmes und auf Gefährliches, aber er findet auch einen Freund, der sich ihm anschließt. Ob sie es schaffen und wie es ihnen in Heierland ergeht, steht in diesem Buch. Hier steht ebenso, ob der Gnom Pygmyan ihnen helfen wird und was es mit der geheimnisvollen Dame des Waldes auf sich hat. Lesen müsst Ihr es nun selbst, denn mehr wird nicht verraten.

Freut Euch schon jetzt auf den zweiten Teil, 'Johannes Klein und die getöteten Träume'.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Euch Euer Märchenonkel Peter

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Peter Marquardt

Teil 1 Schlummerjahn und die Dicken von Heierland

Die unglaublichen Abenteuer des Johannes Klein im Wald der Träume

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

Im Gegensatz zu den uns bekannten Feen waren jene, welche sich hier, um einen runden Tisch zusammengefunden hatten, zum Teil von grünlicher, zum Teil von schmutzig brauner Farbe. Auch waren sie für unsere menschlichen Begriffe von durchweg hässlicher Erscheinung. Da war eine, unter den Versammelten, die so unförmig war, dass sie in einer Schubkarre geschoben werden musste. Diese Arbeit besorgten zwei außerordentlich unansehnliche Zwerge.

Die Fee hatte entsetzlich krumme Beine, einen Höcker auf dem Rücken, der jedem Kamel zur Ehre gereicht hätte und ihre schielenden Augen, unterschiedlicher Farbe, blickten missmutig, in die Welt. Sie hatte eine Haut, die war so schwarz wie eines Köhlers Meiler. Der Leib kurz und dick. Ihr Kopf, saß auf einem strohhalmdünnen kurzen Hals. Er war so groß, dass das lange spitze Kinn an die Knie stieß.

Der Name dieser Schönheit war Karabossa und der wurde selbst von den Mitgliedern des erlauchten Kreises, der sich hier versammelt hatte, nur mit Ehrfurcht und einer nicht geringen Portion Angst ausgesprochen.

Einzige Ausnahme, eine Fee von giftgrüner Hautfarbe, die ansonsten jedoch von anmutiger Erscheinung war. Es wäre ein sinnloses Unterfangen sie genauer beschreiben zu wollen, denn sie beherrschte die Kunst der Metamorphopsie und trug ein ständig wechselndes Äußeres zur Schau. Ihr Name war Fanferlüsch und sie stand in dem Ruf, noch boshafter zu sein, als ihr niederträchtiges Lächeln, es vermuten lies.

Da die anderen Feen der Schwarzen Magie eine eher untergeordnete Rolle spielen, wollen wir sie unerwähnt lassen.

Der runde Tisch, um welchen sie sich versammelt hatten, war eine Scheibe aus dem Stamm einer riesigen Eiche. Seine Oberfläche glänzte und warf den matten Schein, der übergroßen Seifenblase, die über seiner Mitte schwebte, zurück und erhellte die Minen der Anwesenden mit mondblassen Licht.

Der Tisch, von dem hier die Rede ist, hatte keine Beine. Er schwebte frei in der Luft. Die Seifenblase quoll aus einem schwarzen Kasten, in dem ein grünes Licht leuchtete. Ein leises Brummen ging von ihm aus und es war zu vermuten, dass die Seifenblase aus seinem Inneren genährt wurde.

Fanferlüsch kicherte vergnügt und die meisten der Anwesenden zogen ängstlich die Köpfe ein.

»Eine lustige Erfindung nicht war? Habe ich bei den Menschen entdeckt.«

Sie blickte in die verständnislosen Gesichter um sich.

»Nun ja«, gestand sie, »um die Wahrheit zu sagen, ich bin unserer Zeit ein wenig vorausgeeilt, aber glaubt mir, wie es dort zugeht, möchtet ihr lieber nicht wissen und ich bin froh, wieder hier zu sein.« Erneut ließ sie ihr kichern hören. Es klang wie das Meckern einer sterbenden Ziege.

Ohne Übergang fuhr sie fort: »Schaut mal hier, was passiert, wenn ich an diesem kleinen Rädchen drehe.«

Ihre schlanken grünen Finger drehten an einem Rädchen und das leise Brummen wurde ein wenig lauter. Die Seifenblase obenauf schwoll an und weitere Seifenblasen entstanden in ihrem Inneren.

Ein Raunen ging durch die Reihen der Feen.

Dann zerplatzten, die große Seifenblase und einige von denen in ihrem Inneren ebenfalls. Die Restlichen schwebten ein Stück davon, ehe sie in gleicher Weise verschwanden.

Fannferlüsch klatschte begeistert in die Hände und schaute Beifall heischend in die sie umgebenden ratlosen Gesichter.

»Was soll dieser Mumpitz«, grummelte die Karabossa mürrisch, »was ist nun mit dieser Prophezeiung?«

Fanferlüsch verdrehte die Augen. »Könnt ihr denn an nichts eine Freude haben? Eure Sauertöpfigkeit wird noch mal euer Untergang sein.« Ihre Augen blickten verächtlich in die Runde.

»War das schon die Prophezeiung?«, fragte eine der Feen aus der Dunkelheit.

»Natürlich nicht, dämliche Kuh«, herrschte die Karabossa sie an, dann an Fanferlüsch gewandt, »und du könntest uns endlich verraten, was es mit der Prophezeiung auf sich hat. Und höre auf, uns mit deinen Kinkerlitzchen die Zeit zu stehlen.« In ihrem Ton schwangen Ungeduld und Neugierde mit.

Die angesprochene Fee verdrehte die Augen und seufzte ergeben: »Ich bin von Nihilisten und Ignoranten umgeben, vergib ihnen Luzifer.«Sie klang ein wenig verärgert, denn sie liebte diese Auftritte bei, denen sie im Mittelpunkt stehen konnte und von anderen bewundert wurde. Mit ihren kalten Augen und dem hämischen Grinsen auf dem Mund blickte sie, von einer der Versammelten zur anderen. »Es war Zufall, das ich von dieser Prophezeiung gehört habe. Ich würde euch damit kaum belästigen, dafür gibt es zu viele von denen. Jene hier betrifft allerdings den Wald der Träume.«

»Pah«, schnaubte die Karabossa, »was interessiert mich dieser verfluchte Wald? Ich war in meinem ganzen Leben nicht einmal dort und er hat mir offen gestanden auch nicht gefehlt.«

»Stimmt«, pflichtete Fanferlüsch bei, »weil immer alles im Gleichlauf war. Stellt euch aber mal vor, es veränderte sich dort etwas. Eine Veränderung, die wir nicht beeinflussen können, durch eine Macht, die wir nicht kennen.«

Eine Pause trat ein, in der alle Teilnehmer dieser Versammlung schwiegen und nachzudenken schienen.

»Also hören wir uns an, was die Prophezeiung zu sagen hat«, grunzte die Karabossa.

Dann drehte sie wieder an der Schraube des kleinen Kastens. Der darin befindliche Motor begann erneut zu brummen und eine Seifenblase entstand.

Als die Blase die Größe eines menschlichen Kopfes erreicht hatte, hörte sie auf zu wachsen. Wieder leuchtete sie in ihrem Inneren. Eine Stimme ließ sich aus der Kugel vernehmen, die nun in allen Farben des Regenbogens schimmerte. »Ah, Madame Fanferlüsch gibt sich die Ehre, womit kann ich Euch dienen?«

Fast alle der versammelten Hexen zuckten mit einem leisen Aufschrei zusammen.

Fanferlüsch musste sich zunächst räuspern. Es war ihr anzumerken, dass sie von ihrem eigenen Tun beeindruckt war. Offensichtlich machte sie dieses Experiment zum ersten Mal. »Zeig mir das Orakel des Waldes der Träume«, sagte sie mit belegter Stimme.

»Wie du willst.«

Die Regenbogenfarben lösten sich auf und eine Gestalt wurde im Inneren der Seifenblase sichtbar. Sie schwebte sitzend in der Mitte der Kugel und drehte sich dabei langsam um sich selbst. Die Beine hatte sie untereinander geschlagen und die Hände ruhten in ihrem Schoß.

Ein altes graues Weib saß dort. Also grau waren die letzten, wenigen, zotteligen Haare auf ihrem Kopf, die ihr in Strähnen auf die Schultern und zum Teil ins Gesicht hingen.

Ihr Kleid dagegen strahle in einem hellen Gelb und war mit roten, grünen, blauen und weißen Blumen bedruckt.

Während sie sich drehte, sah sie aufmerksam in die Runde, als versuche sie jede einzelne der Feen, die sich hier versammelt hatten abzuschätzen.

Die ihrerseits schienen allesamt den Atem angehalten zu haben.

»Was starrt ihr mich so blöde an?«, nuschelte die Alte kaum verständlich.

Es klang, als hätte sie nicht mehr einen Zahn im Mund.

Die Karabossa löste sich mit einem Räuspern als Erste aus der Starre. »Sprich gefälligst deutlich!«, herrschte sie die Alte an.

»Ah, eure Vorwitzigkeit verstehen mich nicht«, äffte das Orakel. Sie griff in ihr buntes Kleid und holte zwei Gebisse mit übergroßen Zähnen hervor. Eins für den Oberkiefer und eins für den Unterkiefer. Als sie beide eingeführt hatte, sah sie endgültig verheerend aus. Die Lippen vermochten die großen Zähne gar nicht zu umschließen und ließen das runzlige Gesicht des Orakels zu einer permanent grinsenden Fratze werden.

»So besser«, fragte es.

Zumindest war das Orakel jetzt gut zu verstehen.

»Ja, besser«, bestätigte Fanferlüsch.

»Na schön, was wollt ihr von mir? Und macht es kurz, ich habe keine Lust, hier ewig herum zu palavern.«

Die Karabossa konnte bei diesem Tonfall, den das Orakel anschlug, mal wieder nicht an sich halten: »Du bist ein Orakel und hast gefälligst auf unsere Fragen zu antworten«, schrie sie das Orakel an.

Sie hätte das nicht tun sollen.

Das Orakel starrte mit unverhohlener Überraschung aus seiner Kugel heraus, auf die dreiste Sprecherin. »Weist du, was ich muss?«, sie, betonte jede Silbe ihrer Worte und hielt unversehens eine lange Nadel in der Hand, »ich muss dich daran erinnern, du Ausbund an Hässlichkeit und Dummheit, dass ihr es wart, die mich gerufen haben.

Wenn du nicht sofort einige sehr nette Worte der Entschuldigung findest, werde ich diese Nadel, die im Übrigen genau eine Elle lang ist, durch diese Seifenblase hindurch in deinen Riesenschädel rammen. Die Seifenblase und ich werden dann verschwunden sein. Die Nadel jedoch wird bleiben, wo sie ist.«

Die rabenschwarze Haut der Karabossa erbleichte zu einem dunkelgrau.

So hatte sie sich den Fortgang der Ereignisse nicht vorgestellt. »Tut mir leid«, murmelte sie, »war nicht so gemeint.« Gleichzeitig rückte sie ein wenig von dem Tisch weg, was gar nicht so einfach war, denn sie saß ja in einer Schubkarre.

»Erzähle uns über die Zukunft des Waldes der Träume«, sagte Fanferlüsch und schlug dabei absichtlich einen versöhnlichen Tonfall an.