The Christmas Fix - Lucy Score - E-Book

The Christmas Fix E-Book

Lucy Score

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Beschreibung

Endlich auf Deutsch: die New York Times-Bestseller-Weihnachtsromance von Lucy Score! Catalina King hat eine Mission: Sie will das traditionelle Weihnachtsfest der Kleinstadt Merry retten. Nachdem ein Sturm Merry übel verwüstet hat, möchte Catalina mit ihrer Reality-Show das historische Stadtzentrum renovieren. Der Haken? Noah Yates, mürrischer Bürgermeister und alleinerziehender Vater, will um jeden Preis verhindern, dass irgendwelche Möchtegern-Fernsehstars die Tragödie kapitalisieren. Aber Catalina »Cat« King gibt so schnell nicht auf. Jedes Mal, wenn Noah und Cat im selben Raum sind, fliegen die Fetzen. Können sie sich zusammenreißen, damit es ein Weihnachtswunder geben kann? Die spicy Weihnachts-Kleinstadt-Romance von Bestsellerautorin Lucy Score

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The Christmas Fix

Lucy Score ist New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin. Sie wuchs in einer buchverrückten Familie in Pennsylvania auf und studierte Journalismus. Wenn sie nicht gerade ihre herzzerreißenden Protagonist:innen begleitet, kann man Lucy auf ihrer Couch oder in der Küche ihres Hauses in Pennsylvania finden. Sie träumt davon, eines Tages auf einem Segelboot, in einer Wohnung am Meer oder auf einer tropischen Insel mit zuverlässigem Internet schreiben zu können.

Endlich auf Deutsch: die New York Times-Bestseller-Weihnachtsromance von Lucy Score!

Catalina King hat eine Mission: Sie will das traditionelle Weihnachtsfest der Kleinstadt Merry retten. Nachdem ein Sturm Merry übel verwüstet hat, möchte Catalina mit ihrer Reality-Show das historische Stadtzentrum renovieren. Der Haken? Noah Yates, mürrischer Bürgermeister und alleinerziehender Vater, will um jeden Preis verhindern, dass irgendwelche Möchtegern-Fernsehstars die Tragödie kapitalisieren. Aber Catalina »Cat« King gibt so schnell nicht auf. Jedes Mal, wenn Noah und Cat im selben Raum sind, fliegen die Fetzen. Können sie sich zusammenreißen, damit es ein Weihnachtswunder geben kann?

Die spicy Weihnachts-Kleinstadt-Romance von Bestsellerautorin Lucy Score

Lucy Score

The Christmas Fix

Wo Winterwunder wahr werden

Aus dem Englischen von Dorothee Witzemann

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024© 2024 by Lucy ScorePublished by arrangement with Bookcase Literary AgencyWir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Miningim Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Die amerikanische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel: The Christmas FixUmschlaggestaltung: zero-media.net, München, nach einer Vorlage von © FinePic®, MünchenAutorinnenfoto: © Brianna WilburE-Book powered by pepyrus

ISBN 978-3-8437-3305-2

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Epilog

Bonus-Epilog

Anmerkung der Autorin

Danksagung

Leseprobe: Forever Never

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Widmung

Für Quinn. Du wirst eine tolle Mom!

Kapitel 1

Cat tippte auf das grüne Telefonsymbol auf ihrem Handy, während der Make-up-Artist ihre rechte Augenbraue auffüllte. »Hi, Laur. Sag mir, dass wir das Go für den Dreh haben«, verlangte sie.

»Zieh nicht so die Augenbraue hoch, sonst siehst du hinterher aus, als würden dir Tausendfüßler über die Stirn krabbeln«, warnte Archie sie.

Cat zog eine Grimasse und entspannte ihre Stirn.

»Ja, na ja«, begann Lauren. »Ich glaube, das wird dir nicht gefallen.«

»Sie haben Nein gesagt? Wer zur Hölle sagt denn Nein, wenn er die Möglichkeit geboten bekommt, dass seine zerstörte Stadt rechtzeitig zu Weihnachten für eine Sondersendung neu aufgebaut wird?«

»Ja, ich weiß«, antwortete Lauren.

Aber Cat kam erst richtig in Fahrt. »Sie müssten nicht auf das Geld von der Katastrophenschutzbehörde warten und bekämen von uns die absolute fucking Garantie, dass ihr Weihnachtsfestival stattfindet – und zwar größer als je zuvor. Das sind sogar noch mehr Einnahmen für die Stadt.« Cats Stimme hallte von den weißen Wänden des Hair- und Make-up-Raums wider.

»Ich weiß, ich weiß. Mir musst du das nicht sagen, Schwester«, sagte Lauren.

»Ich hätte damit direkt zum Sender gehen sollen. Aber wer hätte ahnen können, dass die Stadt von einem Vollidioten geleitet wird?«, lamentierte Cat, ohne die Lippen zu bewegen, während Archie sie dick mit Lipgloss einpinselte.

»Na ja, ich glaube, der Vollidiot ist nachtragend. Anscheinend hast du ein paar Leute verärgert, als du damals für die Folge von Kings of Construction in Merry warst.«

»Was soll das denn bitte heißen?« Cat trommelte mit ihren frisch lackierten Nägeln auf der Armlehne des Make-up-Stuhls.

»Der Bürgermeister ist der Meinung, die Sendung hätte Merry lächerlich gemacht.«

Cat schnaubte abfällig. »Wir haben das Haus einer der beliebtesten Familien renoviert, nachdem sie in einen Unfall mit einem betrunkenen Fahrer verwickelt war und fast alles verloren hat. Und in genau diesem Haus steht jetzt das Wasser über einen halben Meter hoch! Ich werde sicher nicht nur herumstehen und nichts tun!«

»Du klingst sauer.«

»Wir haben die Stadt gesehen. Wir waren dort. Halb Merry, Connecticut, stand vor zwei Tagen unter Wasser«, argumentierte Cat.

»Ich weiß, ich weiß. Ich war auch dort.«

»Warum verdammt noch mal sollte irgend so ein Anzugträger von der Stadt beschließen, dass sie uns nicht brauchen?«

»Na ja, er hat noch ein paar andere Bemerkungen gemacht, aber sein Haupttenor war, er wolle nicht, dass irgendein Fernsehsender vom Unglück seiner Nachbarn profitiert.«

»Als würde ich das zulassen!«

Archie tupfte mit einem Make-up-Pinsel an Cats Stirn herum. »Verzieh nicht ständig so das Gesicht, bis ich den Scheiß vollends verteilt habe.«

Cat streckte ihm die Zunge heraus, sprach aber ruhiger weiter. »Ich will seine Handynummer«, teilte sie Lauren mit.

»Hältst du das wirklich für eine gute Idee? Ich meine, der Typ scheint immer noch angepisst von dir und dieser Kneipenschlägerei, als du in der Stadt warst.«

»Kneipenschlägerei?« Cats Stimme schnellte derart in die Höhe, dass Archie fast die Make-up-Palette aus der Hand fiel. »Das wirft er mir vor? Offensichtlich hat er noch nie eine Kneipenschlägerei erlebt, oder er ist der Meinung, Frauen hätten nicht das Recht, sich zu verteidigen? So oder so muss ich ihm wohl noch was beibringen.«

»Ich weiß nicht, Cat. Offenbar hält er dich für so was wie den Antichristen, der die Katastrophe, die über seine Stadt hereingebrochen ist, für die Quote ausschlachten will.«

»Ich hoffe, das hat er nicht wortwörtlich so gesagt.«

Lauren lachte nervös. »Um ehrlich zu sein, glaube ich, der Typ steht kurz vorm Zusammenbruch. Ich meine, du hast gesehen, wie schlimm die Schäden sind.«

»Deine Schwangerschaftshormone machen dich weich«, seufzte Cat. »Schick mir seine Nummer.«

»Okay, aber …«

»Ich mach’s ganz taktvoll«, versprach Cat. »Sag du nur dem Sender noch nichts von der Absage dieses Bürgermeisters. Wir machen ein Weihnachtsspecial, und zwar in Merry.«

»Viel Glück. Bring ihn bitte nicht zum Weinen.«

Cat trennte die Verbindung und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.

»Du solltest keine schwangeren Ladys anschreien«, kommentierte Archie und hielt Cats Kinn fest, während er sich ihrem Gesicht mit den falschen Wimpern näherte. »Keine Bewegung jetzt.«

»Ich hab Lauren nicht angeschrien. Bei ihr darf ich meinen Unmut über dumme Dinge frei äußern, zum Beispiel wenn ein Bürgermeister das goldene Ticket zur Rettung der Tourismuseinnahmen ablehnt.«

»Mhm.« Geschickt drückte er die Wimpern an.

»Die Stadt ist verwüstet. Ihre Goldgrube ist das jährliche Weihnachtsfestival, und mit dem Geld von der Regierung kommen sie bis Dezember nicht rechtzeitig wieder auf die Füße.«

»Hmmm«, kommentierte Archie und strich ihr Bronzer unter die Wangenknochen.

Cats Handy vibrierte auf ihrem Schoß. Eine Nachricht von Lauren.

Lauren: Hier ist seine Nummer. Noah Yates. Sei nett zu ihm!

»Sei nett zu ihm«, brummelte Cat.

»Hör auf zu schmollen«, befahl Archie. Er zog ihr mit Schwung den Umhang von den Schultern und drehte sie zum Spiegel um. »Du siehst zu gut aus, um griesgrämig zu sein.«

Sie betrachtete sein Werk im Spiegel. Noch im Halbschlaf und mit den Verwüstungen des Haarsprays vom Vortag im hastig zusammengebundenen Pferdeschwanz hatte sie sich ins Studio geschleppt, und jetzt sah sie aus wie ein coverwürdiges Model. Oder zumindest wie ein promowürdiger Fernsehstar.

»Du bist ein verdammtes Genie, Archie. Du und deine gottgleichen Hände und deine Zaubertinkturen.«

»Nichts, was ein schwuler Mann und seine ewige Liebe zu Sephora nicht reparieren könnten.« Archie schaute auf seine Uhr. »Du hast fünf Minuten, bis sie an die Tür hämmern und deinen Sex-Appeal vor der Kamera fordern. Geh deinen Anruf machen und mach deinen Bürgermeister fertig.«

Cat warf ihm einen Luftkuss zu, wobei sie achtgab, den violetten Lipgloss nicht zu verschmieren. »Mach ich.«

Sie schlüpfte in den Flur hinaus. Heute wollten sie Werbefotos für die zweite Staffel ihrer Soloshow machen. Wenn man als Frau eine Renovierungssendung moderierte, musste man sich dafür anscheinend mit Jimmy Choos mit Zehn-Zentimeter-Absätzen und einem umwerfenden, maßgeschneiderten cranberryfarbenen Kleid aufbrezeln. Es störte sie nicht. Wenn Designerklamotten – die sie nach dem Shooting so was von behalten würde – dem Publikum gefielen und auch nur ein kleines Mädchen auf die Idee brachten, es könnte vielleicht einen Vorschlaghammer schwingen oder eine Kreissäge bedienen, dann betrachtete Cat ihr Werk als getan.

Wenn die Leute sie weiter in die »Hübsche Barbie«-Schublade stecken wollten, würde sie sich einfach so lange mit Hammer und Säge den Weg wieder nach draußen freikämpfen, bis sie ihre Lektion gelernt hatten. Sie war vielleicht hübsch, aber das hieß nicht, dass sie dumm oder unfähig war oder auch nur im Mindesten von irgendjemandem abhängig. Catalina King hatte sich mit Zähnen und Klauen im Reality-TV nach oben gearbeitet, um nicht nur die Hauptrolle in ihrer eigenen Sendung zu spielen, sondern um die Sendung auch zu produzieren.

Und nichts liebte sie mehr als die Chance, ihr Gesicht einzusetzen, um etwas zu verändern. Natürlich wurde sie deshalb genau beobachtet. Zwei Wochen zuvor hatte sie sich aus einer Laune heraus die platinblonden Locken in einem sexy Karamellton mit Strähnchen färben lassen. Twitter war ausgerastet. Und auch jetzt diskutierten die Leute noch, ob ihr Blond besser stand.

Cat nahm die Aufmerksamkeit, wie sie kam. Ihr Leben war perfekt. Ein herausfordernder Job, ein Jetset-Lifestyle, eine niemals endende Reihe neuer, interessanter Männer für Begegnungen der flüchtigen Art und ein Projekt im neuen Jahr, das sie von einem Fernsehstar zu etwas machen könnte, das wirklich von Bedeutung war.

Doch zwischen jetzt und dann stand Merry.

Sie wählte Yates’ Nummer und klopfte mit der Schuhspitze einen ungeduldigen Rhythmus, während es klingelte. Doch der Anruf wurde an die Mailbox umgeleitet. Sie trennte die Verbindung und rief noch mal an.

»Hier ist Noah«, bellte der Mann am anderen Ende.

»Mr. Yates«, begann Cat. »Hier ist Catalina King.«

Sie hörte doch tatsächlich ein Knurren am anderen Ende der Leitung. »Ich hab keine Zeit für so was«, schnauzte er.

»Ehrlich gesagt, Mr. Yates, hat Ihre Stadt keine Zeit.«

Cat hörte Gesprächsfetzen im Hintergrund.

»Hören Sie zu«, antwortete Noah gereizt. »Ich versuche hier, eine komplette Stadt trockenzulegen und herauszufinden, wie hoch der Schaden ist. Ich habe Leute, die womöglich monatelang nicht in ihre Häuser zurückkönnen, und eine Stadt, die langsam die Hoffnung verliert. Wir können keine Fernsehsendung gebrauchen, die hier anrauscht und für die Quote und Werbeeinnahmen irgendeine rührselige Story produziert.«

»Was können Sie denn gebrauchen?«, fragte Cat kühl.

»Dass Sie ein Nein gelten lassen, damit ich wieder an die Arbeit gehen kann. Sie verschwenden Zeit, die ich wichtigeren Dingen widmen könnte.«

»Dann gehen Sie vielleicht nächstes Mal nicht ans Telefon«, schlug sie sarkastisch vor.

»Super Idee«, schnauzte er zurück.

»Bevor Sie mit Ihrer Tirade weitermachen, denken Sie darüber nach, was Sie hier ablehnen. Wir bieten Ihnen eine Chance, alles schnell wieder aufzubauen. Die Chance, Merry rechtzeitig vor Weihnachten wieder auf die Beine zu stellen. Ich weiß, wie viel Geld zwischen Thanksgiving und Neujahr in Ihre Stadt kommt. Wir können Ihnen helfen, dafür zu sorgen, dass alles im Park aufgebaut ist und …«

»Wir brauchen Ihr beschissenes Mitleid nicht, und ich brauche auch ganz bestimmt keinen Reality-Star, der hier herumtanzt, sich die Fingernägel abbricht, meine Einwohner ins Gesicht schlägt und meine Stadt dabei zu einem Nebenschauplatz macht. Wir schaffen das schon. Wir brauchen Sie nicht.« Und damit trennte er die Verbindung.

Cat atmete tief durch und starrte ihr Handy finster an. Noah Yates hatte keine Ahnung, wen er gerade verärgert hatte. Aber er würde es ganz sicher herausfinden. Sie würde dafür sorgen, dass Merry seine frohen Weihnachten bekam, ob Noah wollte oder nicht.

»Cat?« Eine Produktionsassistentin streckte den Kopf aus einer Tür. »Der Fotograf ist jetzt bereit für dich.«

Doch die eigentliche Frage war: War Noah Yates bereit für sie?

Kapitel 2

Vier Tage zuvor

Die Wolken zogen sich trüb und grau über Cats Kopf zusammen, als sie den Broadway entlangging. Der Wirbelsturm oben wie auch die Frau unten bewegten sich zielstrebig voran. Die Absätze ihrer beigen Stiefel klapperten stakkatoartig auf dem Beton, während der Wind Laub und den gelegentlichen Manhattan-Müll vor ihr hertrieb.

»Ich komme nicht zu spät«, seufzte sie in ihr Handy und ging schneller.

»Du bist schon zu spät«, antwortete ihr Assistent, der sehr liebenswerte und sehr britische Henry.

»Fünf Minuten«, gab sie zurück und verdrehte die Augen hinter ihrer riesigen Sonnenbrille. »Für mich ist das pünktlich.« Sie kam grundsätzlich und zu allem zehn Minuten zu spät. Nicht, weil sie die Leute gern warten ließ oder einen großen Auftritt mochte – obwohl Letzteres durchaus der Fall war. Es lag daran, dass ein bisschen Ruhm alles verkomplizierte. Man kam von Events und Terminen nie so schnell weg wie früher. Als Fernsehstar konnte man nicht einfach zum Abschied winken und in einem Auto verschwinden. Man musste Small Talk machen und Fotos und ab und zu auch ein Autogramm geben.

Sie hatte sich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, auch wenn sie für dieses Leben auf jeden Fall besser geeignet war als ihr Zwillingsbruder. Gannon konnte das ganze Trara nicht ertragen, er hatte dem »Biz« vor einem Jahr ohne auch nur einen Blick zurück den Rücken gekehrt. Aber Cat liebte es, sie ging darin auf.

»Wie ist die Markenbesprechung gelaufen?«, fragte Henry, tüchtig wie immer. Sie konnte praktisch hören, wie seine Finger über seine iPad-Tastatur schwebten.

»Duluth will die Linie erweitern. Wir denken über ein paar zusätzliche, weiblichere Farben nach, und sie überlegen, ein paar von den beliebtesten Männerartikeln mit frauenfreundlicheren Schnitten rauszubringen.«

»Also sind sie zufrieden mit den Verkaufszahlen?«

Cat konnte das Grinsen in Henrys Stimme hören.

»Ja, sie wirkten ziemlich erfreut, dass sie in nicht mal zwei Wochen ausverkauft waren.«

»Wollen sie vor Weihnachten noch mal aufstocken?«

»Schon passiert.« Cat lachte. »Der neue Katalog geht in einer Woche raus.«

»Gut. Schick mir die Entwürfe von den Anzeigen, dann sorge ich dafür, dass keine groben Tippfehler drin sind und du nicht wie eine grinsende Idiotin aussiehst.«

»Du bist ein guter Mann, Henry.« Er kannte sie so gut.

»Ich wäre sogar noch besser, wenn ich dich mal pünktlich zu deinen Terminen bringen würde«, grummelte er.

»Ich kann das Restaurant von hier aus schon sehen«, log sie, während sie sich an einem Hundeausführer vorbeidrängelte. Dem Mann blieb der Mund offen stehen, als er sie erkannte, und er trat fast auf seinen Zwergspitz.

Cat winkte ihm kurz zu und hetzte weiter.

»Mir ist schon klar, dass das nur ein Mittagessen mit deiner Agentin ist, aber ich versuche, dich besser zu erziehen.«

Cat prustete. »Viel Glück damit. Und jetzt geh jemand anders bemuttern.«

»Denk dran, du hast um zwei ein Telefoninterview und um vier eine Mani.«

Cat ruinierte sich beim Filmen immer die Nägel. Renovieren, und sei es für die Kameras, war ein schmutziges Geschäft. In den Drehpausen gönnte sie sich deshalb hübsche glitzernde Nägel.

»Dann hast du diese Cocktail-Sache …«

»Ich weiß, du hast ja jede Einzelheit in meinem Kalender gespeichert.«

»Es kann nie schaden, dich zu erinnern. Und ich kann hören, wie du mir eine Grimasse schneidest«, sagte Henry.

»Klugscheißer.« Cat glättete ihr Gesicht. »Danke, dass du so zwanghaft auf jedes Detail achtest. Und jetzt hör auf, mir das Ohr abzukauen, damit ich zum Mittagessen komme, bevor dieser Hurricane seine Schleusen öffnet und mir die Frisur zerstört.«

»Bis du dort ankommst, ist schon Zeit fürs Abendessen, außerdem sollen es hier nicht mal ganz drei Liter pro Quadratmeter werden. Weiter im Norden kriegen sie es voll ab.« Henry war ein Quell des Wissens. »Ich hoffe, du hast an deinen Regenschirm gedacht.«

»Tschüss, Henry«, flötete Cat. Sie legte auf und verstaute ihr Smartphone in der Handtasche. Dann schürzte sie die Lippen, strich mit den Fingern an ihrem seitlich geflochtenen Zopf herunter und setzte einen gelassenen Gesichtsausdruck auf.

Vor dem unkonventionellen, äußerst beliebten Courtyard Res­taurant & Lounge lief eine Handvoll Fotografen herum. Sie waren immer hier, um die gelegentlichen Celebrities auf ihrem Weg zu einem schicken Mittagessen oder teuren Cocktails im abgesenkten Innenhof abzulichten.

»Cat! Cat!«

Sie verzog den Mund zu einem angedeuteten Lächeln. Es war noch nicht lange her, da hatten sie keine Ahnung gehabt, wer sie war. Klar, sie hatten mal ein paar Schnappschüsse von ihr gemacht, denn sie zog sich hübsch genug an, um »jemand« zu sein. Doch jetzt kannten sie ihren Namen. Es erinnerte sie daran, wie weit sie es gebracht hatte. Es war nicht ganz fünf Jahre her, da hatten sie und ihr Bruder noch verzweifelt versucht, das Familiengeschäft zu retten, und jetzt schrien Fremde mit Kameras nach einem Foto von ihr.

»Mit wem triffst du dich, Cat?«

»Woher hast du die Stiefel, Schönheit?«

»Zeig mir dein hübsches Lächeln, Baby.«

»Tut mir leid, die Herren«, sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. »Bin spät dran!«

Die Rufe der Fotografen folgten ihr hinein, während die Hostess sich als strenge Hüterin zwischen die Restaurantgäste und diejenigen stellte, die draußen ein Stück von ihnen abhaben wollten.

»Catalina, wie schön, Sie wieder einmal hier zu haben.« Die Hostess empfing sie routiniert.

»Danke. Ich träume schon den ganzen Tag von Ihrem Grünkohlsalat.« Das war eine Lüge. Cat hatte Fantasien von dem sehr dicken, sehr saftigen Bacon Cheeseburger des Courtyard. Doch es hatte seinen Preis, vor der Kamera so auszusehen wie sie. Mit zweiunddreißig musste sie sorgfältigere Entscheidungen treffen als früher, ein Opfer, das es auf lange Sicht wert war, wie sie sich ständig selbst ermahnte.

Ihre Absätze klapperten über den Fliesenboden, als die Hostess sie in den hinteren Teil des Restaurants führte. Köpfe drehten sich zu ihr um. Inzwischen war sie daran gewöhnt … weitestgehend. Die Wände waren mit dunklem Bambus verkleidet, und kitschige Kronleuchter warfen schummrige Lichtkegel. Ledergepolsterte Sitznischen mit hohen Lehnen boten den Gästen ein Mindestmaß an Privatsphäre. Für diejenigen, die gesehen werden wollten, gab es eine Reihe hoher Tische um die polierte Bar herum.

Die Hostess führte Cat in eine Nische unter dem rustikalen Gemälde eines Hahns.

»Catalina King, du weißt einfach, wie’s geht«, seufzte Marta, ihre Agentin. Sie stand auf und gab Cat Küsschen auf beide Wangen.

»Das musst du gerade sagen«, neckte Cat sie und ließ den Blick über Martas figurbetontes weißes Kleid und die glänzenden schwarzen Haare wandern. Marta war ein ehemaliger mexikanischer Seifenopernstar sowie die Ex-Frau eines Produzenten. Als engagierte Agentin für Broadwaystars und Fernsehdarsteller hatte sie sich inzwischen eine sehr profitable Nische geschaffen. Ihre riesige Wohnung mit drei Schlafzimmern plus Wohnbereich an der Upper West Side und ihr Bentley bewiesen ihre unermüdliche Arbeitsethik.

Sie setzten sich, und Cat bestellte ein stilles Wasser.

»Zuerst das Wichtigste«, sagte Marta mit leichtem Akzent. »Wie läuft es mit Henry?«

Cat lehnte sich zurück. »Er ist der Beste, und du bist ein teuflisches Genie, weil du die Idee hattest, dass ich ihn dieser Bitch ausspanne.« Meeghan Traxx war ein Miststück von epischen Ausmaßen. Die Frau war ebenfalls ein Star bei Reno & Realty, besaß aber die Persönlichkeit eines Kaktus und die Seele eines Dementoren. Sie hatte Cats Bruder und seiner Frau das Leben schwer gemacht, wo sie nur konnte. Und Cat hatte es großen Spaß bereitet, ihr den gepeinigten Assistenten abspenstig zu machen.

»An der Assistentenfront warst du bereits ein Jahr zu spät dran«, erinnerte Marta sie. »Wenn man versucht, alles selbst zu machen, geht man irgendwann in Flammen auf.«

»Ich hätte schon viel früher auf dich hören sollen«, gab Cat zu. Sie war ein Kontrollfreak. Aber sie mochte es so. Niemand würde sich jemals so um ihre Karriere, ihre Marke, ihre Pläne kümmern wie sie selbst – egal, wie viel sie ihnen zahlte. Obwohl sie jetzt, wo sich Henry um die profaneren Dinge kümmerte, langsam echte Fortschritte bei ihrem Lieblingsprojekt machte.

Die Bedienung kam mit Cats Getränk, und sie bestellten das Essen. Cat seufzte innerlich, als sie den Grünkohlsalat orderte.

»Also, was hast du für mich?«, fragte Cat. Marta und Cat schätzten es beide, zuerst das Geschäftliche zu erledigen.

»Noch ein Angebot für ein Zeitschriftencover«, sagte Marta, fuhr ihr Tablet hoch und holte ihre stylische Lesebrille heraus.

»Oben ohne?«

»Natürlich.«

»Nein danke.« Cat trank von ihrem Wasser.

»Sie haben versprochen, es würde – und ich zitiere – ›sehr geschmackvoll‹ werden«, fügte Marta hinzu.

»Diese Mädels sind mehr wert als ein Zeitschriftencover«, sagte Cat und deutete mit beiden Zeigefingern auf ihre Brüste.

»Es wäre eine gute Gelegenheit, dich vor deiner zweiten Staffel noch mal ins Gespräch zu bringen.«

Cat schüttelte den Kopf. »Vergiss es. Ich erreiche keine langfristigen Ziele, indem ich irgendwelchen Zwanzigjährigen meine Möpse zeige.«

Marta wechselte nahtlos das Thema. »Der Sender will dir ein Weihnachtsspecial anbieten.«

»Ist es nicht ein bisschen spät dafür?« Cat warf einen Blick aus dem Fenster in das schlechter werdende Oktoberwetter. »Die anderen Sender haben ihre vermutlich schon vor Monaten gedreht.«

»Sie haben noch Geld aufgetan und wollen ein Special mit dir und Drake Mackenrowe.«

»Drake? Interessant.«

Sie unterbrachen ihr Gespräch kurz, um der Kellnerin für die figurfreundlichen Salate zu danken.

»Das mit euch ist doch im Guten auseinandergegangen, oder?«, fragte Marta und spießte ein Stück Grillhähnchen auf.

Cat und Drake hatten vor zwei Jahren einen sehr angenehmen Monat miteinander verbracht. Eine Beziehung konnte man es nicht nennen, denn für mehr als eine Reihe von One-Night-Stands waren sie nie lange genug am selben Ort gewesen. Sie hatten es zwar geschafft, die Sache in den Medien zu pushen, indem sie gemeinsam auf dem roten Teppich einer Veranstaltung auftauchten, aber es hatte nicht gehalten – sosehr es die Schlipsträger des Senders gefreut hätte.

Sie hatten eine Weile Spaß zusammen gehabt, und Cat bereute es absolut nicht. Und auch wenn sie noch nie mit Drake gearbeitet hatte, sah sie keinen Grund, warum sie es jetzt nicht tun sollte. Er war ein netter Typ und würde keine Probleme damit haben, wenn sie die Ansagen machte.

»Ja, es ist gut ausgegangen«, sagte Cat und spießte ein unbefriedigendes Blatt Grünkohl auf. Sobald das Promo-Shooting für die Sendung beendet war, würde sie sich eine Pizza gönnen. Eine ganze. Und eine ganze Flasche Wein. Sie würde Paige einladen, ihre Schwägerin, und sie würden sich gemeinsam betrinken. »Was für ein Special?«

»Sie stellen sich einen Deko-Wettbewerb vor, Nachbar gegen Nachbar«, erklärte ihr Marta.

Cat rümpfte die Nase. »Ugh. Kein Interesse.«

»Das Angebot ist ziemlich großzügig«, sagte Marta und nannte eine Zahl, bei der Cat innehielt. Doch ihre Zeit war wertvoll, und wenn sie sich von den Bällen ablenken lassen sollte, die sie gerade jonglierte, musste es schon etwas sein, das sie ernsthaft interessierte.

»Kapieren die nicht, dass die Zuschauer keine Lust mehr auf Wettbewerbe haben? Wie wäre es mit echten Gefühlen und Weihnachtsstimmung?«

»Ich glaube nicht, dass du aus einem Fernsehsender was mit Großzügigkeit und Menschenliebe rausbekommst«, witzelte Marta.

»Ich hab schon genug zu tun. Ich habe kein Interesse an einem weiteren Projekt, es sei denn, sie wären offen für eine Sendung, die wirklich einen Nutzen hat – und zwar nicht nur für ihre Bankkonten. Es ist Weihnachten, verdammt noch mal.«

»Und genau das habe ich ihnen auch gesagt«, verkündete Marta selbstzufrieden.

Cat lächelte. »Du kennst mich so gut.«

»Dafür bezahlst du mich ja schließlich auch ganz ordentlich.«

Cat betrachtete einen Moment lang still ihren Salat. »Sollte es bei Weihnachten nicht um mehr gehen als um Werbung und Wettbewerb?«

»Nicht im Showbusiness.«

Kapitel 3

»Dad!«

Noah zuckte zusammen, als er den fast schon gellenden Schrei seiner Tochter hörte. »Bleib mal kurz dran, Dave«, sagte er und hielt die Sprechmuschel seines Telefons zu, als Sara mit der überbordenden Energie einer Zwölfjährigen ins Büro gestürmt kam. »Ich telefoniere gerade, Sar.«

Sie verdrehte die dunklen Augen und ließ sich auf seinen Besucherstuhl plumpsen, rutschte so weit herunter, bis ihr Kinn ihre Brust berührte. Sie trug einen gelben Pulli, den sie ihrer Mutter aus den Rippen geleiert hatte, und eine dicke Türkishalskette.

»Plan A bleibt die alte Highschool als Notunterkunft. Da ist genug freier Platz, ohne dass wir vorher Zeit und Energie fürs Ausräumen verschwenden müssen. Frag mal in der Feuerwache nach, wie viele Feldbetten und Decken die haben, und wir überlegen uns, wo wir noch mehr herbekommen können.« Er legte auf und schenkte seiner Tochter seine volle Aufmerksamkeit. »Warum bist du nicht in der Schule, junge Dame?«

»Daaaad! Der Hurricane?« Sara deutete aus dem Fenster im dritten Stock; es hatte schon angefangen zu regnen. »Sie haben uns früher gehen lassen, damit wir sicher nach Hause kommen und den Schotten beim Dichtmachen helfen können.« Sie streckte ihre Beine mit den gelb-rosa Gummistiefeln aus.

»Helfen, die Schotten dicht zu machen«, korrigierte Noah sie automatisch, während er Papiere mit städtischen Angelegenheiten zusammenschob, die er ignorieren konnte, während ein Hurricane der Kategorie zwei drohte, Merry voll ins Visier zu nehmen. Und da sie den Connecticut River direkt vor der Haustür hatten, mussten sie sich auf ernste Überschwemmungen gefasst machen.

»Egal. Wenn du mir Geld gibst, besorge ich ein paar Sachen.«

Noah stand auf und griff automatisch nach seiner Brieftasche. »Kannst du mir Bescheid sagen, wie die Brot- und Wasserregale im Supermarkt aussehen?« Er hatte schon ein Informationsblatt zu Vorräten und Notfallvorgehensweisen an die Bürger herausgegeben. Aber Merry, Connecticut, war traditionell überoptimistisch bei fast allem. In dieser Stadt Bürgermeister zu sein, war gleichzeitig eine Freude und ein ständiger Kampf, den Einwohnern die negativen Konsequenzen ihrer Entscheidungen begreiflich zu machen.

»Ich schreib dir«, sagte Sara, sprang auf und riss ihm das Geld aus der Hand.

»Ich muss hier noch ein paar Sachen fertig machen. Treffen wir uns in einer Stunde zu Hause?«

Sara war zu beschäftigt mit ihrem Handy, um zu antworten.

Noah hielt ihr den Bildschirm zu. »Entschuldige bitte, liebste Tochter.«

Mit einem theatralischen Seufzen steckte sie das Handy in ihren Rucksack zurück. »Brot- und Wasserregal. In einer Stunde zu Hause sein. Ich hab’s verstanden, Dad. Du bist derjenige, der immer zu spät kommt.«

Da hatte sie recht. Seine Arbeit schien einfach nie fertig zu werden.

»Pass auf den Eimer auf«, warnte er und wich einer Blechbüchse mit Schneemann darauf aus, die einer der Anwohner gespendet hatte, damit er sie unter die Löcher stellen konnte, die seit dem letzten Frühling im Dach seines schäbigen Büros klafften. Das Rathaus könnte dringend mal ein Make-over vertragen. »Ist deine Mom auf den Sturm vorbereitet?«, fragte er und strich Sara über den Pferdeschwanz. »Ist es in Ordnung für sie, wenn du bei mir übernachtest?«

Sie zog ihre seidigen braunen Haare aus seiner Hand und zuckte mit den Achseln. »Denk schon.«

Er fügte es der langen Liste der Zurückweisungen hinzu, die man als Vater einer Zwölfjährigen zu erleiden hatte.

»Hat sie meine Info bekommen?«

Sara verdrehte die Augen. »Warum fragst du sie nicht einfach, Dad? Du hast ja ihre Nummer. Ich muss los.«

»Pass auf dich auf«, rief er ihr hinterher.

»Ich kaufe Donuts!«, brüllte sie von der Treppe aus.

Noah fuhr sich mit der Hand durch die Locken und sah ihr nach, wie sie die Treppe hinunterhüpfte. Manchmal verblüffte es ihn, dass er seine Tochter die gesamten zwölf Jahre ihres Lebens kannte und sie sich doch manchmal vollkommen fremd waren. Er war offiziell einer dieser Dads, die »keine Ahnung« hatten. Sara war von seiner bezaubernden Prinzessin zu einer gnadenlos unabhängigen Beinahe-Teenagerin geworden, die Zeitschriften und Reality-TV wichtiger zu finden schien, als ein ausgeglichenes menschliches Wesen zu werden.

Ab und zu blitzte noch manchmal das kleine Mädchen durch, das ungefähr zwei Sekunden nach seiner Geburt sein Herz gestohlen hatte. Doch der Großteil des Tages bestand inzwischen aus einem ständigen Kampf um Hausaufgaben und elterlichem Stupsen in Richtung guter Entscheidungen für ihr Leben. Er liebte sie mehr als alles auf der Welt. Und er würde alles tun, um Sara vor schlechten Entscheidungen zu schützen. Selbst wenn das bedeutete, dass sie ständig genervt von ihm war.

Noahs Festnetztelefon klingelte erneut, und eine Sekunde später tat es ihm sein Handy nach. Er seufzte. Er hatte keine zwölf Stunden mehr, um dafür zu sorgen, dass alle Einwohner von Merry in Sicherheit waren, bevor Hurricane Veronica die Küste erreichte. Er rieb sich unter der Brille die müden Augen. Das würde eine lange Nacht werden.

Saras Blick wanderte zum Wohnzimmerfenster, gegen das unaufhörlich der Regen prasselte. Um sie herum toste der Sturm, und Noah wünschte, er hätte das Dach neu machen lassen, wie er es diesen Sommer geplant hatte. Die dreistöckige viktorianische Monstrosität auf dem Hügel war zu groß für sie beide. Sechs Schlafzimmer, fünf Bäder, die dringend modernisiert werden mussten, und zwei verdammte Salons. Noah hatte das Haus aus einer Laune heraus gekauft, obwohl er nie Launen hatte. Aber mitten in einer einvernehmlichen Scheidung hatten er und Sara eines Tages das Zu-verkaufen-Schild gesehen. Sie hatte sich auf eine Art in das abstruse Durcheinander verliebt, wie es nur eine fantasievolle Sechsjährige konnte.

Noah gab Saras Prinzessinnenphase die Schuld dafür und seinem eigenen Wunsch, den Übergang in zwei getrennte Familien mit der Wahl der Immobilie zu erleichtern. Nicht, dass er etwas gegen das Haus hatte. Seine knarrenden, schiefen Türen, gemütlichen Ecken und die fußballfeldgroße Küche verliehen ihm einen gewissen Charme, einen Charakter, der es unmöglich machte, es nicht zu mögen.

Allerdings mussten die Projekte, die er sich vorgenommen hatte, warten, denn er hatte eine Tochter, die er großziehen, und eine Stadt, die er unter Kontrolle behalten musste.

Eine Stadt, die nun von einem Hurricane belagert wurde, der wild entschlossen schien, sie zu überfluten.

»Die Bank gewinnt«, sagte Noah, um Saras Aufmerksamkeit wieder auf ihr Spiel zu lenken.

Sie starrte finster in ihre Karten und rechnete sie im Kopf zusammen. »Du schummelst! Du bist drüber. Ich gewinne!«

Grinsend wuschelte ihr Noah durch die Haare. Er hatte ihr Blackjack damals beigebracht, um ihre Mathekenntnisse zu fördern, und sie war inzwischen ziemlich schnell mit den Karten. Er hoffte, es würde ihm eines Tages nicht auf die Füße fallen.

»Dad, ich breche das College ab und werde Blackjack-Dealerin auf einem Kreuzfahrtschiff.«

»Und, wie läuft’s in der Schule? Hast du immer noch Probleme mit dem Bruchrechnen?«

Sara ließ sich auf dem Teppich auf den Rücken fallen. »Dad, können wir bitte ein Mal über normale Sachen reden?«

Noah runzelte die Stirn. »Schule ist doch normal. Oder nicht?«

Saras frustriertes Seufzen war emmyverdächtig. »Dad, bei dir ist jedes Gespräch eine Lektion fürs Leben. Kannst du nicht ab und zu einfach mal ein Mensch sein?«

»Ich bin dein Vater«, erinnerte er sie. »Es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass …«

»Jaja. Dass ich nicht meine Zukunft zerstöre, indem ich jetzt falsche Entscheidungen treffe«, leierte sie seine Worte herunter. »Schon klar, aber warum können wir nicht auch noch über andere Sachen reden?«

»Worüber denn zum Beispiel?«

»Zum Beispiel, dass dieser Riesen-Hurricane Merry überschwemmt? Wie wir den Leuten helfen und Sachen wieder in Ordnung bringen können? Was aus dem Weihnachtsfestival wird? Oder warum du schon ewig niemanden mehr gedatet hast?«

»Du meine Güte. Ich dachte, wir würden vielleicht ernste Gespräche über unsere Lieblingskäsesorten führen oder so was.«

»Cheddar. Weiter«, gab Sara ausdruckslos zurück. Sie trug den lächerlichen Meerjungfrau-Pyjama, den er ihr letzte Weihnachten geschenkt hatte. Mellody, seine Ex-Frau, hatte ihm dankenswerterweise den Link geschickt und angedeutet, ihre Tochter würde begeistert sein.

Noah räusperte sich.

Sara war in so vieler Hinsicht immer noch ein kleines Mädchen. Er hatte geglaubt, er schütze sie, indem er sie aus der Sturmvorbereitung heraushielt. »Na ja, es wird eine Überschwemmung geben. Das wissen wir sicher. Ich mache mir Sorgen, wie hoch das Wasser über Nacht steigen wird. Der untere Teil der Stadt beim Park wird den meisten Schaden abbekommen, und die Feuerwehr hat alle Anwohner kontaktiert, damit sie Bescheid wissen, dass die alte Highschool als Notunterkunft geöffnet ist.«

Sara setzte sich auf. »Machst du dir Sorgen?«, fragte sie mit einem prüfenden Blick aus ihren hübschen braunen Augen.

Er zögerte kurz. »Ja. Und du?« Eine Windböe brachte das Vorderfenster zum Klappern.

»Ja.«

»Uns wird nichts passieren …«

»Um uns mache ich mir keine Sorgen. Wir haben vielleicht ein undichtes Dach, aber wir wohnen auf einem Hügel. Ich mache mir Sorgen um April. Sie wohnt gegenüber vom Park. Und was ist mit Mrs. Pringle? Sie ist ganz allein und sitzt im Rollstuhl. Weißt du noch, wie schlimm diesen Frühling ihr Keller überschwemmt war?«

Noah seufzte. Er war vorhin auf dem Heimweg bei Mrs. Pringle vorbeigegangen und hatte sie geschlagene zehn Minuten lang bekniet, sich von ihm zur Highschool bringen zu lassen. Er hatte ihr sogar ein Gästezimmer in seinem Haus angeboten. Die Einundachtzigjährige war jedoch unglaublich stur, sodass er dafür gesorgt hatte, dass ihr Name ganz oben auf der Checkliste der Feuerwehr für den nächsten Morgen stand.

»Wenn Menschen Probleme haben, dann helfen wir, Sar. Das ist das Beste an Merry. Wir stehen das alle gemeinsam durch.«

Sie starrte in die Flammen des Kamins hinter ihm, während sie darüber nachdachte.

»Okay. Und warum datest du nicht?«

»Wo kommt das denn jetzt her?«

»Mom ist mit Ricky verlobt.«

Noah verdrehte die Augen. Er war sich nur allzu bewusst, dass seine Ex-Frau wieder heiratete. Und um ehrlich zu sein, hatte er nichts an ihrer Wahl auszusetzen – außer dass sich ein erwachsener Mann immer noch »Ricky« nennen ließ. Er behandelte jedoch sowohl Mellody als auch Sara gut. Solange Sara Ricky nicht plötzlich »Dad« nannte, plante Noah, eine höfliche Beziehung zu dem Mann zu haben.

»Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«

Sara hob eine Schulter. »Ich dachte, vielleicht trauerst du ihr noch hinterher oder so.«

»Dachtest du, wir kommen wieder zusammen?« Beim Gedanken, dass seine Tochter enttäuscht sein könnte, bekam er Kopfschmerzen.

»Meine Güte. Nein. Ich glaube nur, Mom ist jetzt glücklich. Aber du nicht. Warum suchst du dir dann nicht jemanden, der dich glücklich macht?«

»Menschen machen andere Menschen nicht glücklich«, erklärte Noah.

»Lektion fürs Leben.« Sara stach anklagend mit dem Finger nach ihm.

»Sorry.« Noah verbarg sein Lächeln.

»Du hast nie Spaß, Dad. Ich mache mir Sorgen um dich.«

»Ich hab jede Menge Spaß«, widersprach er ihr.

»Nein, hast du nicht. Du arbeitest, und du hältst mir Vorträge, und du machst dir Sorgen um Dinge. Absolut. Null. Spaß. Manchmal frage ich mich, ob du überhaupt weißt, was Spaß ist.«

Noah tat das Einzige, was ein Vater tun konnte, wenn er mit einem solchen Vorwurf konfrontiert wurde. Er warf seiner Tochter ein Kissen ins Gesicht.

Kapitel 4

Cat versendete die E-Mail und stieß sich von ihrem Arbeitsplatz in der Wohnung ab. Regen, eine wahre Sintflut, machte es unmöglich, durch die Fenster im dritten Stock zu schauen. Die Ausläufer von Hurricane Veronica gaben sich größte Mühe, New York City daran zu erinnern, dass sich niemand mit Mutter Natur anlegte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es wohl aussah, wenn man direkt ins Auge des Sturms geriet.

Der Fernseher an der Wand zog flackernd ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie nahm die Fernbedienung in die Hand und drehte den Ton auf.

»Hurricane Veronica hat Long Island erreicht und zieht weiter in Richtung der Küste von Connecticut.«

Cat ging näher an den Fernseher heran. »Mist«, murmelte sie. Direkt zwischen New Haven und New London, mitten in der Schneise des tropischen Miststücks, lag Merry.

Sie schnappte sich ihr Handy und scrollte durch ihre Kontakte, bis sie Kathy Hai fand.

»Kathy?«, sagte sie, sobald sie die Stimme der Frau am anderen Ende hörte.

»Cat? Ich höre dich nicht richtig. Der Empfang ist ganz schlecht.«

»Geht es euch gut? Ich hab gerade in den Nachrichten gesehen, dass ihr mit ein bisschen Regen rechnen müsst.«

Kathy lachte gezwungen. »Ach, das bisschen Nieseln. Kein Grund zur Sorge.« Cat hörte statisches Knistern, dann wurde Kathys Stimme klarer. »Entschuldige. Musste nach oben gehen. Ich wollte nicht, dass April hört, wie ich am Telefon panisch werde.«

»Ach, du meine Güte. Geht’s euch so weit gut?«

»Jasper und ich überlegen, ob wir in die Notunterkunft gehen sollen oder nicht.«

»Kathy, ihr wohnt auf Augenhöhe mit einem Fluss, der demnächst toben wird. Haut da ab!«

»Ich weiß, aber ich würde mir die ganze Zeit Sorgen ums Haus machen.«

»Ein Haus kannst du wieder aufbauen«, erinnerte sie Cat.

»Ja, aber nicht so schön wie du.« Kathy lachte traurig. »Das ist unser Zuhause, und das haben wir dir zu verdanken.«

»Zur Not komme ich mit meinem Werkzeug und mit meinem Bruder vorbei«, versprach Cat.

»Du bist ein guter Mensch, Cat King«, sagte Kathy.

»Ja, na ja, sorgen wir einfach dafür, dass du ein trockener Mensch und in Sicherheit bist. Ich ruf morgen noch mal an, um sicherzugehen, dass ihr nicht total idiotisch zu Hause geblieben seid.«

Kathys Antwort wurde von statischem Rauschen unterbrochen, dann war die Verbindung tot.

Cat schaute zu ihrem Computer, zu dem Haufen Arbeit, der dort auf sie wartete, und dann zurück zum Fernseher. Die Familie Hai gehörte zu ihren liebsten aus der Sendung. Ein paar Jahre zuvor waren sie in einen Unfall mit einem betrunkenen Autofahrer verwickelt worden. Fahrerflucht. Wegen der Arztrechnungen und weil sie nicht arbeiten konnten, hatten die Hais kurz davorgestanden, ihr Haus zu verlieren. Kings of Construction war zu Hilfe geeilt, hatte nicht nur das Haus renoviert, sondern auch die Hypothek bezahlt, und die Stadt hatte mit einer großzügigen Spende die restlichen Krankenhausrechnungen der Familie beglichen. Seitdem waren die Hais wieder auf den Füßen, und Cat hielt Kontakt mit der Familie, schaffte es sogar einmal im Jahr, sie zu treffen.

Die Stadt Merry selbst war eine Postkartenidylle. Keine Kaufhausklötze am Stadtrand. Die Innenstadt bestand aus Tante-Emma-Läden, Kindern, die von der Schule kamen, und winkenden Nachbarn. Merry war berühmt für sein Weihnachtsfestival. Die ganze Stadt wurde festlich geschmückt, und es gab lange Einkaufsnächte. Jedes Jahr verwandelten sie den weitläufigen Park in ein Winterwonderland mit Weihnachtsbeleuchtung, der Country Club verlieh seine Flotte von Golfcarts, von denen aus man sich all das dann anschauen konnte. Es gab heiße Schokolade und Popcornstände, handgefertigte Basteleien und ein komplettes Weihnachtsmanndorf. An Heiligabend war die Stadt festlich wie der Nordpol selbst. Aus einem Umkreis von hundert Meilen um Merry fuhr man an Heiligabend dorthin. Das gehörte zur Weihnachtstradition Tausender Familien.

Wohin fahren sie dieses Jahr?, fragte sich Cat.

Sie nahm ihr Handy wieder in die Hand und wählte.

»Hey!« Die fröhliche Begrüßung ihrer Schwägerin ging in Gabbys fröhlichem oder frustriertem Gekreische unter. Ihre Lautstärke hatte die Einjährige auf jeden Fall von den Kings geerbt.

»Hey, Paige. Ich habe gerade mit Kathy Hai geredet«, kam Cat direkt zur Sache.

»Oh! Wie geht es ihr? Wie geht’s April?«, fragte Paige. Cats Schwägerin hatte ein verblüffendes Gedächtnis für die Familien aus allen vier Staffeln Kings of Construction.

»Ich konnte sie bei dem Sturm kaum verstehen.«

»Oh nein! Ich hab noch keine Nachrichten gesehen. Geht es ihnen gut?«

Cat atmete resigniert aus. »Ich weiß es nicht. Ich meine, sie sind direkt betroffen.«

»Und ihr Haus liegt gegenüber vom Park«, sagte Paige. Sie hatte bereits den Ernst der Lage begriffen.

»Und vom Fluss.«

»Wenn sie irgendwas brauchen, kannst du dich auf Gannon und mich verlassen, das weißt du.«

»Danke. Ich glaube, ich möchte nur, dass sich noch jemand mit mir Sorgen um sie macht.«

»Betrachte mich als deine Sorgenschwester«, versprach Paige. »Wie läuft es mit Operation Schultage?«

Cat ließ sich auf ihr dick gepolstertes Sofa fallen und schaltete den Fernseher aus. »Ich bin nicht auf Lautsprecher, oder?«

»Nein.«

»Gut. Denn ich bin verdammt aufgeregt deswegen. Ich glaube, ich habe gerade meinen idealen Hausmeister gefunden, und ich habe Informationen zu ein paar anderen VIPs, die eventuell mitmachen. Und ich kann’s kaum erwarten, bis ich darüber reden kann. Aber was soll ich sagen, solange ich keine Location habe?«

»Dass du eine tolle Frau bist, die anderen Frauen beibringen wird, wie man mit Werkzeug umgeht und wie sie sich beruflich selbstständig machen können?«, schlug Paige vor.

»Aww. Du bist auch ziemlich toll, Paigey. Was macht meine kleine Nichte?«

»Böse und bezaubernd sein. Genau wie ihr Daddy und ihre Tante.«

»Und was steht als Nächstes auf deinem Plan als viel beschäftigte Filmemacherin?« Paige hatte hinter der Kamera im Reality-TV angefangen. Sie hatte sich bis zur Regisseurin hochgearbeitet und ihr eigenes Produktionsstudio für Dokumentarfilme gegründet. Ihre erste Doku über Frauen im Fernsehbetrieb hatte dem ganzen Land die Augen über Doppelmoral und Ungleichheiten geöffnet. Das Reno & Realty Network hatte – wahrscheinlich aus Angst, dass Paige sie gezielt ins Visier nehmen könnte – daraufhin ein Programm gestartet, das Frauen hinter der Kamera förderte, und Richtlinien für gerechte Bezahlung aufgestellt.

Paige erzählte Cat von den Einzelheiten ihres neuesten Projekts. »Aber hör mal, wenn diese Schulsache anläuft, hätte ich Lust, mit der Kamera dabei zu sein.«

»Ehrlich?« Cat schwang die Beine über die Armlehne des Sofas. »Wie Ein Tag im Leben von?«

»Ich stelle mir vor, die erste Gruppe bis zum Abschluss zu begleiten und darüber hinaus.«

»Du glaubst ja wirklich sehr an mich.«

»Um es in den Worten Gannon Kings zu sagen: ›Ich wäre schön blöd, wenn ich’s nicht täte‹.«

»Ja, das klingt ganz nach ihm. Ist meine schlechtere, ältere Hälfte in der Nähe?« Gannon und Cat waren im Abstand von zwei Minuten geboren. Ihre authentische Geschwisterdynamik hatte allenthalben die Herzen der Zuschauer gewonnen. Die Reality-TV-Welt trauerte immer noch Gannon nach, der ausgestiegen war und jetzt die Baufirma ihres Großvaters weiterführte.

»Er bringt Gabby ins Bett, aber er wird das mit den Hais hören wollen.«

»Ich rufe ihn morgen an, sobald ich weiß, wie es ihnen ergangen ist.«

»Okay. Falls sie irgendwas brauchen, sag Bescheid. Ich mein’s ernst. Ich habe noch ein bisschen Zeit bis Ende des Jahres. Und ich weiß, Gannon wird sich Zeit freischaufeln.«

»Mach ich. Danke.«

Nachdem sie beide aufgelegt hatten, starrte Cat an die Decke und hörte dem unablässigen Regen zu. Sie wohnte jetzt seit fünf Jahren in dieser Wohnung. Alles in dem Dreizimmerapartment in Brooklyn war genau, wie sie es wollte. Die strukturierten petrolfarbenen Tapeten in ihrem Schlafzimmer. Die abgeschliffenen und neu versiegelten Dielenböden. In die Küche hatte sie acht Wochen eigene Arbeit gesteckt. Alles darin war einfach perfekt, bis hin zu der maßangefertigten Löwenfußwanne im Badezimmer.

Das machte sie nervös.

Cat hätte sich selbst nie als jemanden gesehen, der sesshaft wurde. Klar, bei Gannon sah es reizvoll aus, mit seiner klugen, schönen Frau und ihrem bezaubernden kleinen Mädchen in ihrem herrlichen Sandsteinhaus sechs Blocks entfernt. Aber für Cat war das nichts. Die Vorstellung, jeden Tag durch dieselbe Tür zum selben Mann nach Hause zu kommen? Das war ihr unheimlich. Dafür war das Leben zu groß und vielversprechend. Vielleicht später. Im Moment liebte sie ihr Leben genau so, wie es war. Sie ging, wohin sie wollte, wann sie wollte, schlief mit Männern ohne Bedingungen oder Schuldgefühle und gestaltete ihre Wohnung genau nach ihrem Geschmack.

Vielleicht war es Zeit, weiterzuziehen und ein neues Immobilienprojekt zu finden, das ihre Wanderlust stillte?

Sie dachte an die Hais und spürte einen schuldbewussten Stich. Da nörgelte sie darüber, zu lange im selben perfekten Objekt zu wohnen, und ihren Freunden drohte der Verlust ihres Hauses. Es war ja nicht so, als würde der Sender ein zweites Mal zu Hilfe eilen und ihr Haus wiederaufbauen …

Cats Füße trafen auf dem Boden auf, als sie sich abrupt aufsetzte.

Vielleicht ja doch.

Kapitel 5

»Ach, du Scheiße«, murmelte Cat.

Sie saß hinten auf der Ladeklappe eines Pick-up und zog sich ein Paar Anglerstiefel ihres Vaters über. Das trübe, schlammige Flusswasser platschte gegen die Sandsäcke, die ein Angestellter geistesgegenwärtig auf dem Parkplatz des Supermarktes aufgestapelt hatte.

Nach ihrer Erleuchtung am Vorabend hatte Cat sich nicht schlafen gelegt. Es gab zu viel zu planen. Um Mitternacht war sie zum leeren Haus ihrer Eltern gefahren und hatte die Angelausrüstung ihres Vaters geplündert, während sie ihre Lieblings-Locationmanagerin zu einem frühmorgendlichen Roadtrip überredete. Im Morgengrauen hatten sie Brooklyn in einem der Baustellenfahrzeuge von Kings Construction verlassen und waren durch den Regen gen Norden gefahren.

Die Fahrt hatte wegen Straßensperrungen und Laurens häufigen Pinkelpausen mehrere Stunden länger gedauert als sonst. Die Wetterlage, inzwischen zu einem lästigen Tropensturm abgeflaut, war ins Landesinnere weitergezogen, was hieß, dass für die Küstengebiete Überschwemmungen zu erwarten waren, wenn Bäche und Flüsse ihren Überschuss in Richtung Ozean schoben.

Cat hatte den Pick-up auf einem halb überfluteten Supermarktparkplatz geparkt, wo sich ein Dutzend weitere Zivilfahrzeuge mit Booten auf Anhängern und Kajaks auf Dachträgern eingefunden hatten. Sie hatten im Radio gehört, dass New Haven auch einiges an Wasser abbekommen hatte, und darauf konzentrierte sich der größte Teil der Hilfe.

Merry hingegen war auf sich allein gestellt.

Der Fluss war über die Ufer getreten und hatte sich im tieferen Teil der Innenstadt ausgebreitet. Doch die standhafte New-England-Gemeinschaft war bereit, sich selbst zu retten.

»Du gehst da nicht raus«, verkündete Lauren. Allerdings war sie im achten Monat schwanger und körperlich nicht imstande, Cat aufzuhalten.

»Lauren, Lauren, Lauren«, seufzte Cat. »Wenn ich da nicht rausgehe, wie sollen wir dann das Ausmaß der Schäden einschätzen können? Wir haben hier die Chance auf ein echtes Weihnachtsspecial. Etwas mit Bedeutung. Der Sender muss wissen, vor was für einem Scherbenhaufen wir hier stehen, sonst stimmen sie dem nie zu. Und dann wird Merry der Hauptumsatz des Jahres entgehen.«

»Auf gar keinen Fall.« Lauren schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme über ihrem Babybauch. »Falls die Versicherung mitkriegt, dass du mit deinem hübschen Arsch in Flutwasser getaucht bist, hast du ganz andere Probleme als Weihnachtsdeko.«

Sie sahen zu, wie ein Pick-up-Truck mit einem Anhänger mit zwei Jetskis ins trübe Wasser zurückstieß.

Lauren schüttelte den Kopf. »Ich fasse es nicht, dass wir jemandem dabei zuschauen, wie er vor einem ShopRite auf seinen Jetski steigt.«

Cat sah ein flaches Boot dort entlangschippern, wo gestern noch eine Straße gewesen war, und lenkte mit ihrem Taxipfiff die Aufmerksamkeit des Fahrers auf sich. Sie winkte, und er drehte bei.

»Deinetwegen werde ich gefeuert, und dann kann das Baby nicht aufs College gehen!«, jammerte Lauren.

»Du wirst nicht gefeuert. Niemand wird davon erfahren. Ich mache nur eine kleine Bootsrundfahrt, und du dokumentierst alle Schäden, die du aus sicherer Entfernung sehen kannst.«

»Ich komme mit«, sagte Lauren stur.

»Wir wissen beide, dass deine Frau eine der Furcht einflößendsten der Welt ist. Wenn sie erfährt, dass ich dich in einem Überschwemmungsgebiet schwanger auf ein Fischerboot gelassen habe, bringt sie mich um. Du bleibst hier!«

Cat hakte sich mit einem Bein am Bug des Bootes ein und kletterte an Bord.

Stuart war kein Mann vieler Worte. Er steuerte das kleine Boot mit grimmiger Entschlossenheit durch die überschwemmten Straßen der Stadt. Für den ist das ein normaler Angelausflug, dachte Cat. Er hatte keine Ahnung, wer sie war. Für ihn war sie nur irgendeine Verrückte, die mit einer kleinen Kühlbox voll Sandwiches, Wasser und einer Thermoskanne Kaffee bei einer Überschwemmung auftauchte. Einfach nur eine Freiwillige wie alle anderen, und sie beließ es gern dabei.

In Baseballcap und Zwiebellook war sie inkognito.

Sie hatte schon die Kanu-Rettung einer jungen Mutter, ihres kleinen Jungen und einer tropfnassen Katze aus ihrem überfluteten Haus aufgezeichnet. Und Dutzende Fotos von Überschwemmungen und Schäden gemacht. Sie hatte Stu – Cat hatte keine Ahnung, ob es ihm etwas ausmachte, dass sie ihn so nannte – beschwatzt, mit ihr durch den Park zu fahren, denn sie hatte gehofft, näher ans Haus der Hais heranzukommen. Der Park selbst stand komplett unter Wasser. Die Tanne, die seit fünfzig Jahren zur Weihnachtszeit dekoriert und beleuchtet wurde, war abgeknickt und hing schief zwischen Trümmern im eiskalten Wasser.

Hier würde es kein Weihnachtsfestival geben. Es sei denn, der Sender machte Nägel mit Köpfen. Und dafür würde sie, Cat, höchstpersönlich sorgen.

Stu achtete sorgfältig auf die Strömung und wagte sich nicht zu weit in den Park vor. Stattdessen tuckerte er die Mistletoe Avenue hinauf. Das Haus der Hais, ein niedlicher Bungalow, den Cat persönlich von oben bis unten mitrenoviert hatte, stand fast einen Meter unter Wasser. Der ausgebaute Keller war vermutlich ein Totalverlust, und das Erdgeschoss würde neue Trockenbauwände, Böden und Sockelleisten brauchen, aber wenn nicht noch eine weitere Naturkatastrophe hereinbrach, würde es wieder bewohnbar werden.

Sie waren nicht da. Das stand auf dem Schild an der Haustür. Und Cat fragte sich, wer die Vorausschau besessen hatte, die Bewohner zu bitten, auszuhängen, ob ihre Häuser leer waren, was den Rettern Zeit sparte.

Sie knipste ein paar Bilder und machte ein Video. Dann begann sie, die Fenster der Nachbarhäuser nach Bewegungen abzusuchen. Fröstelnd zog sie den Kopf zwischen die Schultern. Ihr Atem bildete silbrige Wölkchen in der eisigen Luft. Die Überschwemmung war bei diesen arktischen Temperaturen umso gefährlicher.