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Ein Deal führt sie in die Arme eines Kraken
Catalina hat kein Zuhause und niemanden, der auf sie wartet. Deshalb hat sie einen Deal mit einem Dämon abgeschlossen und freut sich darauf, ihre Welt zu verlassen, in der sie nur mit Problemen zu kämpfen hat. Was könnte denn schlimmstenfalls passieren? Womit sie nicht gerechnet hat, ist versteigert zu werden. An den König der Kraken. Thane verhält sich kalt und distanziert - aber nicht unfreundlich. Catalina beginnt, seine Gesellschaft mehr und mehr zu genießen, und als sie beschließt, ihren Teil der Abmachung einzuhalten, beginnen die Funken zwischen ihnen zu sprühen. Aber sie hat dem Dämon nur sieben Jahre ihres Lebens versprochen, und als die Zeit abgelaufen ist, muss sie Thane verlassen, obwohl er längst ihr Herz erobert hat ...
"Thane und Cat haben mich in ihren Bann gezogen und bis zur letzten Seite gefesselt." Bookhype
Band 2 der spicy A DEAL WITH A DEMON-Reihe von Bestseller-Autorin Katee Robert
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Seitenzahl: 263
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Leser:innenhinweis
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Epilog
Die Autorin
Die Romane von Katee Robert bei LYX
Leseprobe
Impressum
KATEE ROBERT
The Kraken’s Sacrifice
Roman
Ins Deutsche übertragen von Ulrike Gerstner
Catalina hat kein Zuhause und niemanden, der auf sie wartet. Deshalb hat sie einen Deal mit einem Dämon abgeschlossen und will ihre Welt verlassen, in der sie nur mit Problemen zu kämpfen hat. Was könnte denn schlimmstenfalls passieren? Womit sie nicht gerechnet hat, ist versteigert zu werden. An den König der Kraken. Thane verhält sich kalt und distanziert – aber nicht unfreundlich. Catalina beginnt, seine Gesellschaft mehr und mehr zu genießen, und als sie beschließt, ihren Teil der Abmachung einzuhalten, sprühen die Funken zwischen ihnen. Doch dann geschieht das, wovor sie sich am meisten fürchtet …
Für alle, die nach einer DP in The Dragon’s Bride gefragt haben …
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.
Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
»Ich will mich nur noch einmal vergewissern. Du bist dir absolut sicher?«
Kurz frage ich mich, was es über mein Leben aussagt, dass ich hier in dieser schmuddeligen Bar an einem mit klebrigen Flecken übersäten Tisch sitze und einen gut aussehenden dunkelhaarigen Mann anstarre. Mal davon abgesehen, dass er anscheinend gar kein Mann ist.
Oder zumindest nicht menschlich.
Man würde ihn nie als Dämon erkennen, wenn man ihn nur oberflächlich betrachtet. Doch als Azazel seinen Kopf dreht, bricht sich das Licht seltsam in seinen Augen. Da ist ein rotes Gleißen, das mir einen Schauer über den Rücken jagt. Aber von ein bisschen Angst lasse ich mich nicht abschrecken.
Ich kann nirgendwo anders hin. Meine Familie hat sich schlussendlich von mir losgesagt. Meine Freunde haben genug von meinem Blödsinn und mir den Rücken zugekehrt. Aber der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war die Tatsache, dass ich letzte Woche gefeuert wurde. Ich bin eventuell etwas mit der Miete im Rückstand, und mein Vermieter hat mir erklärt, dass ich bis Ende des Monats raus muss.
Also, morgen.
Wenn man ganz unten ist, bleibt einem manchmal nichts anderes übrig, als weiterzugraben.
Azazel bewegt sich, und die Schatten um ihn herum scheinen auf seltsame Weise zu flackern. Sie folgen zweifelsohne nicht den normalen Mustern, die die Neonlichter über der Bar vorgeben. »Catalina.«
Ich schrecke hoch. »Ich höre.«
»Das ist von größter Wichtigkeit.« Er beugt sich vor und stützt die Ellbogen auf den Tisch.
Ich zucke ein wenig zusammen, weil die Tischplatte sehr klebrig ist – so wie alles hier drin – und sein Anzug echt teuer aussieht. »Wirklich, du solltest hier nichts berühren. Du ruinierst sonst deinen Anzug, und ich weiß nicht, ob Dämonen eine eigene Währung haben, aber du wirst definitiv einen Haufen Geld für die Reinigung ausgeben müssen.«
Er seufzt, und es nimmt mir den Wind aus den Segeln. Ich kenne diesen Seufzer. Es ist der »Catalina-verschwendet- meine-Zeit«-Seufzer. Ich habe ihn im Laufe der Jahre in unzähligen Variationen gehört. Von meinen Eltern, meinen Lehrern, meinen Chefs. Wie ein Muster, das sich durch mein Leben zieht.
Catalina, die Enttäuschung.
Ich räuspere mich und ringe den Wunsch nieder, zu beweisen, dass ich genau die Enttäuschung bin, für die er mich bereits gehalten hat. Ich werde gern den Erwartungen gerecht. Oder genauer gesagt, den schlimmsten.
»Ich habe den Vertrag gelesen.« Ich hatte nicht geglaubt, dass irgendetwas davon real war, aber zum jetzigen Zeitpunkt kann ein Dämon, der Verträge feilbietet, nicht schlimmer sein als meine Optionen in der menschlichen Welt.
Vor allem, weil ich sonst zu meiner Mutter zurückkriechen und sie anflehen müsste, mich wieder zu Hause einziehen zu lassen. Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um. Ich würde alles tun, um das zu vermeiden. Wirklich alles. »Ich bin einverstanden.«
Azazel vollführt eine leichte Bewegung, die fast einem Zurückzucken gleicht. »Wenn du mehr Zeit zum Nachdenken brauchst …«
»Nicht nötig.« Ich spreche zu schnell, zu hektisch. Es kostet mich zu viel Mühe, langsam einzuatmen und meinen Tonfall zu mäßigen. »Ich habe den Vertrag gelesen«, wiederhole ich. »Ich akzeptiere die Bedingungen.«
Sieben Jahre Dienst im Reich der Dämonen.
Aber am Ende bekomme ich das, was ich mir am meisten wünsche.
Hauptsächlich Geld. Und zwar so viel, dass ich mir nie wieder Gedanken darum machen muss und nie wieder jemandem verpflichtet bin. Ich möchte den Rest meines Lebens auf einer Yacht verbringen, umgeben von schönen Menschen, die mir Champagner in den Mund träufeln, mich mit Erdbeeren füttern und mir sagen, wie hübsch ich bin. Die nie beschließen werden, dass ich zu viel bin und mir ihre Aufmerksamkeit und Liebe entziehen. Okay, ich werde diese Liebe kaufen müssen – aber wenn ich eines gelernt habe, dann, dass Geld der Weg zum Glück ist. Auch wenn dieses Glück falsch ist und nur so lange anhält, wie das Geld reicht, was soll’s?
Die einzige Person, die den Unterschied kennt, bin ich, und ich werde nur allzu gern meine Augen schließen und so tun, als ob.
Azazel sieht mich einen Moment lang an und nickt dann schließlich. »Dann sei es so.« Er schnippt mit seinen langen Fingern, und der Vertrag entrollt sich über den Tisch in meine Richtung.
Die Vertragsbedingungen sind dieselben wie beim letzten Mal, als ich sie gegengelesen habe. Sieben Jahre. Ich werde den Vertrag erfüllen, aber niemand kann mich zu etwas zwingen, das mir schadet. Sollte ich schwanger werden, werde ich mein Baby im Dämonenreich zurücklassen, wenn ich in die Menschenwelt zurückkehre.
Ich habe absolut nicht die Absicht, schwanger zu werden, also ist das kein Thema.
Ein Stift erscheint neben dem Vertrag, und ich zögere nicht. Ich ergreife ihn und kritzle meine Unterschrift darunter. »Geht’s jetzt los?«
Der Vertrag rollt wieder in seine Richtung, und Azazel ergreift ihn. Er verengt die Augen. »Normalerweise geht das mit mehr Angst und Weinen einher.«
Der Dämon ist furchterregend, aber bei Weitem nicht so furchterregend wie meine Mutter, die so kalt ist, dass sie genauso gut aus Eis geschnitzt sein könnte. Was ich auch tue oder sage, sie zeigt nicht die geringste Reaktion. Ob er es weiß oder nicht, er bewahrt mich davor, den Beweis anzutreten, dass sie mit ihrer schlechten Meinung über mich richtig liegt. Wieder einmal.
Es hat keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich habe den Vertrag unterschrieben. Es ist vorbei. Oder besser gesagt, es fängt gerade erst an. Kann ein Dämon von einem unterschriebenen Vertrag zurücktreten? Der Gedanke lässt zum ersten Mal Angst in mir aufflackern. Ich räuspere mich. »Hör zu, wenn du auf so etwas stehst, hättest du direkt am Anfang etwas sagen sollen.« Ich beuge mich vor und weite meine Augen. »Ich habe solche Angst, Mr Dämon. Bin voller Panik. Zittere wie Espenlaub. Bitte haben Sie Mitleid mit mir und erlösen Sie mich von meinem Elend.«
Er verdreht die Augen, und ein kleines Lächeln umspielt seine Lippen. »Ich habe Mitleid mit demjenigen, bei dem du landest, wer auch immer das sein mag. Komm mit, Catalina.« Die Worte sind nicht unfreundlich, aber sie lassen die Vergangenheit widerhallen.
Deine armen Lehrer, die deine Rücksichtslosigkeit ertragen müssen.
Oh, wow, du musst deiner Freundin ganz schön zu schaffen machen.
Gott, welcher Junge würde mit einem Mädchen ausgehen wollen, das auf Tischen tanzt und mit jedem flirtet, der ihm über den Weg läuft?
Du, Catalina, bist eine Enttäuschung.
Es gibt nur einen Weg, den Geistern in meinem Kopf zu entkommen, aber Azazel nimmt meine Hand, bevor ich auch nur einen Blick durch die Bar schweifen lassen kann. Das ist auch gut so. Trotz all meines Draufgängertums weiß ich nicht, worauf ich mich einlasse. Mich vorher zu betrinken wäre nur ein weiterer Missgriff in einer langen Reihe von Fehlern.
Trotzdem ist es verlockend.
Der Raum beginnt zu schlingern und löst sich in wirbelnder Schwärze auf. Mir wird ein wenig übel. Und dann gibt es einen Ruck, der sich anfühlt, als würde man mir die Eingeweide aus dem Körper reißen. Ich öffne den Mund, um zu schreien, aber ich bekomme keine Luft.
Fühlt sich so das Sterben an?
Meine Füße kommen hart auf dem Boden auf, fast so, als wäre ich aus großer Höhe gesprungen, und ich sacke in die Knie. »Autsch.«
»Du bist nicht ohnmächtig geworden. Interessant.«
Die Stimme über mir hat immer noch den kultivierten Klang des Feilscherdämons, aber sie hat jetzt eine rauere Facette. Sie ist auch tiefer. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er einen Zentner wiegen, aber ich schaffe es, ihn zu heben und die … Kreatur … neben mir anzusehen.
Nein, keine Kreatur. Es ist Azazel. Er mag vielleicht einen guten halben Meter gewachsen sein, hat einen Haufen Muskeln zugelegt, sich blutrot gefärbt und ihm sind Hörner gewachsen, aber …
Okay, eigentlich ist das eine ganze Menge.
Ich bekomme Schluckauf. »Du nimmst das mit den Dämonen wirklich wörtlich, oder? Du siehst ziemlich genau so aus, wie die Christen sich den Teufel vorstellen.«
»Wir waren zuerst da, Catalina. Was glaubst du, woher sie die Inspiration haben?« Er seufzt, und das Geräusch schneidet durch mich hindurch.
Oder vielleicht ist es mein Magen, der sich plötzlich meldet. »Az-«
Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er prompt reagiert. Er bewegt sich schneller, als es irgendjemandem erlaubt ist, und schafft es, von irgendwoher einen Eimer hervorzuholen und ihn mir unter das Gesicht zu schieben, gerade als ich mich übergebe. Ich bin mir fast sicher, dass ich seine Hand auf meinem Rücken spüre, aber vermute, dass es sich um eine Halluzination handelt.
Azazel hat vielleicht mehr Verwendung für mich als jeder andere bislang in meinem Leben, weil ich den Vertrag unterschrieben habe. Doch das bedeutet nicht, dass er mich wirklich um sich haben will. Und jetzt kotze ich auch noch in den Flur.
Typisch Catalina.
Einige Zeit später durchdringt seine tiefe Stimme den Nebel meines Elends. »Es ist normal, dass man beim Springen zwischen den Welten Nebenwirkungen hat. Ehrlich gesagt, bin ich beeindruckt, dass du es geschafft hast, nicht bewusstlos zu werden. Den meisten Menschen passiert das.«
Ich schließe die Augen und versuche den Geschmack in meinem Mund zu verdrängen. Im Dämonenreich gibt es doch sicher Zahnpasta, oder? Nur kann ich mich nicht darauf konzentrieren, denn Azazels Mitleid kriecht unter meine Haut, und ich würde alles tun, um es freizukratzen.
Ich lasse mich auf den Hintern sinken, unterbreche den Kontakt mit seiner Hand auf meinem Rücken – offenbar keine Halluzination – und zwinge mich zu einem Grinsen. »Oh, bitte, das ist gar nichts im Vergleich zu dem einen Mal, als ich irgendwo falsch abgebogen und in einer Biker-Bar gelandet bin, die nur Jack Daniels servierte.« Das stimmt nicht hundertprozentig. Mein Freund und ich hatten uns gestritten, und er hat mich am Straßenrand stehen lassen, aber das gebe ich nicht zu. Es ist einfach nur traurig, nicht unterhaltsam – und wenn ich eines bin, dann unterhaltsam.
Azazel blinzelt mich mit diesen unheimlichen dunklen Augen an. »Was?«
»Biker respektieren nur zwei Dinge – oder zumindest diese Typen hatten das getan. Ich kann schließlich nicht für die Biker als Gemeinschaft sprechen, nur weil ich einmal mit welchen in dieser Bar Kontakt hatte.«
Catalina, hör verdammt noch mal auf zu reden.
Aber ich kann nicht. Ich schaffe es einfach nie. Nicht, wenn meine Nerven so angespannt sind. Es ist keine Angst. Das wäre ja lächerlich. Sondern … Nervosität. »Wie auch immer, diese zwei Dinge sind Kämpfen und Trinken, und ich bin Pazifistin, keine Kämpferin.«
»Catalina –«
Ich lasse ihn nicht aussprechen, seine Ungeduld treibt meine Worte nur dazu, schneller über meine Lippen zu sprudeln, als ob ich auf diese Weise seine Enttäuschung abschütteln könnte. »Also konnte ich mich offensichtlich gegen keinen von ihnen wehren, wenn ich mein gutes Aussehen behalten und eine saftige Krankenhausrechnung vermeiden wollte. Das bedeutete, dass die einzige Option darin bestand, jeden Einzelnen in der Bar unter den Tisch zu trinken.« Die Erinnerung daran lässt mich immer noch erschaudern. Natürlich nicht aus Angst. Nur aus Nervosität, versteht sich. »Sie fanden mich genauso charmant wie du, und ich kam mit dem Taxigeld und einer leichten Alkoholvergiftung davon.«
Wahrscheinlich hätte ich ins Krankenhaus gehen sollen, aber dann hätten sie meinen Notfallkontakt, auch bekannt als »meine Mutter«, angerufen. Stattdessen verbrachte ich drei Tage auf dem Boden meines Badezimmers und wünschte mir den Tod. Oder, vielleicht nicht unbedingt den Tod, denn der ist sehr dauerhaft und ich habe Bindungsprobleme. Dann eher ein nettes kleines Koma, aus dem ich erfrischt aufwachen würde.
»Catalina, schlaf.«
Kaum spüre ich den Druck von Azazels Fingern an meinen Schläfen, wird alles grau und geht dann in Schwarz über. »Toller Trick«, lalle ich.
Selbst wenn ich gerade dabei bin, in einen magischen Schlaf zu sinken, ist sein genervtes Seufzen nicht zu überhören.
Zwei Tage lang erhole ich mich in dem schönsten Zimmer, das ich je gesehen habe. Wobei mir auch gar nichts anderes übrig bleibt, denn ich wurde eingeschlossen. Es fällt mir schwer, das nicht persönlich zu nehmen, aber ich tue mein Bestes, um mich so umgänglich wie möglich zu geben. Also versuche ich, mich im Zimmer selbst zu beschäftigen, anstatt mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie ich ausbrechen kann.
Um ehrlich zu sein, ist das Zimmerluxuriös. Es sieht aus, als sei es einem Film entsprungen. Ein riesiges Bett, bestückt mit ausreichend Decken, um es sich darin gemütlich zu machen. Üppige Teppiche, die den Steinboden bedecken. Dicke Vorhänge vor einem Fenster, das einen Blick über die Stadt bietet.
Die Stadt selbst sieht aus wie eine Version der Metropolen, wie sie rund um die Welt zu finden sind. Es gibt hohe und niedrige Gebäude, aber nach einer Stunde wurde mir der Anblick langweilig.
Ich war auch sehr erleichtert herauszufinden, dass das Badezimmer über eine Toilette und eine geräumige Dusche verfügt, aber auch das konnte mich nur kurz ablenken. Dasselbe galt für den Kleiderschrank, der mit einigen der schicksten Teile bestückt ist, die ich je in die Finger bekommen habe. Alles in meiner Größe – was ein weiterer toller Trick ist. Ich habe mit der Anprobe eine regelrechte Modenschau hingelegt, die jedem Kinofilm zur Ehre gereicht hätte, aber auch das verlor schnell genug seinen Reiz.
Azazel tauchte kurz auf, um mir eine Tätowierung zu verpassen, die offenbar als Übersetzungszauber funktioniert. Was für ein raffinierter Trick. Es gibt auch noch eine zweite Tätowierung, die offenbar meinen Dämonenpakt markiert. Aber Azazel verweilte für meinen Geschmack viel zu kurz. Er will offensichtlich nicht mehr Zeit in meiner Gegenwart verbringen als unbedingt nötig.
Bereits nach kurzer Zeit fiel mir die Decke auf den Kopf.
Essen erscheint in regelmäßigen Abständen, aber sosehr ich auch versuche, die Tür im Auge zu behalten, ich sehe nie die Person, die es bringt. Das muss Magie sein, aber das hilft mir auch nicht, die Langeweile zu vertreiben. Stattdessen wird sie immer größer, spannt meine Haut und macht meinen Geist unbeweglich.
Azazel hat mich eingesperrt, weil er sich nicht mit mir befassen will. Genau wie meine Mutter es immer getan hat. Oh, sie nannte es »Hausarrest«, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass die Türen der meisten Kinder, die Hausarrest bekommen, nicht mit Schlössern verbarrikadiert sind.
Ich schaudere.
»Nein. Schluss damit. Ich habe einen Pakt mit einem Dämon geschlossen, und jetzt habe ich ein Anrecht auf ein Update«, sage ich laut. Es ist mir scheißegal, dass man mir nicht wehgetan hat, dass man mir Essen und Kleidung gegeben hat und dass man nichts von mir verlangt hat. Alles wäre besser als das hier. Alles.
Und so knie ich mich vor das Schloss und versuche, es zu knacken. Eine Fähigkeit, die ich bereits in sehr jungen Jahren erworben habe … und die meine Mutter dazu veranlasst hat, einen Riegel an meiner Tür anzubringen.
»Darüber denke ich jetzt nicht nach«, murmle ich. Die Klammern, die ich aus meinem Haar gezogen habe, sind stabiler als die meisten anderen – Mehrkosten, die genau aus diesem Grund gerechtfertigt sind. Da ich nicht entkommen kann, fühle ich mich wie ein Tier in der Falle.
Ich mache mir keine Illusionen darüber, wie weit ich zu gehen bereit bin. Ich würde mir ein Bein abkauen, um zu fliehen.
Zum Glück ist das Einzige, was zwischen mir und der relativen Freiheit steht, eine verschlossene Tür. Eine Tür, die sich mir zu widersetzen scheint, aber dennoch ist es bloß eine verschlossene Tür.
»Komm schon.« Ich drehe die Haarnadel und taste nach dem Hebel. »Bitte. Ich kann nicht hier drinbleiben. Wenn ich das tue, fange ich an zu schreien und höre nicht mehr auf.« Bin ich dramatisch? Ja. Habe ich recht? Auch ja.
Das Schloss klickt.
Ich blinzle. Ich hatte den Hebel noch gar nicht gefunden … oder zumindest dachte ich, ich hätte ihn nicht gefunden. Fast sicher, dass ich mir das Klicken eingebildet habe, probiere ich, die Klinke herunterzudrücken.
Entriegelt.
»Schau einem geschenkten Gaul am besten nicht ins Maul, Cat. Du bist einfach besser, als du dachtest.« Himmel, ich weiß nicht, was es bedeutet, dass ich mit mir selbst rede, aber das ist kein wirklich gutes Zeichen. Ich verliere den Verstand. Ich muss raus aus diesem Raum. Ich stehe auf, nehme mir einen Moment Zeit, um mein Kleid zu richten, öffne die Tür und trete auf den Gang hinaus.
»Toller Trick.«
Ich schreie auf und springe praktisch einen halben Meter nach rechts. Als Reaktion darauf erklingt ein spöttisches Lachen. Ich drehe mich zu der Stimme um und entdecke einen mir unbekannten Feilscherdämon. Dieser ist kleiner und zierlicher gebaut als Azazel, aber für menschliche Verhältnisse immer noch sehr groß gewachsen, und er hat ein zweites Paar Hörner, die aus den Augenhöhlen ragen. Ich runzle die Stirn. »Bist du ein Wächter?«
»Nur jemand Neugieriges.« They grinst. »Der Name ist Ramanu. Die Pronomen sind meistens they/them, aber eigentlich ist jedes willkommen.«
»Schön, dich kennenzulernen.« Ich streiche mit den Händen über mein Kleid, weil ich vor Nervosität am liebsten auf den Zehenspitzen wippen möchte. They scheint nicht gefährlich zu sein – oder zumindest nicht gefährlicher als alle anderen auf der Welt. In den Welten? Den Reichen?
Ich räuspere mich. »Zwingst du mich, wieder in mein Zimmer zurückzugehen?«
Ramanu scheint die Tür zu inspizieren, obwohl ich nicht genau weiß, wie das möglich ist, da they keine richtigen Augen hat. »Nein«, sagt Ramanu langsam. »Nein, ich glaube nicht, dass ich das tun werde. Es sind noch ein paar Stunden, bis du für die Auktion abgeholt wirst. Willst du dir die Beine vertreten?«
»Die Beine vertreten«, wiederhole ich. Ich kneife die Augen zusammen. »Ich darf nicht lange durch die Gänge laufen, oder?«
»Nö.« Ramanus Grinsen wird breiter. »Aber nachdem das Schloss dir einmal Ausgang gewährt hat, wird es das wahrscheinlich wieder tun, und da ist es besser, wenn du eine Eskorte hast. Deshalb wird unserem furchtlosen Anführer zwar eine Ader platzen, aber aus meiner Sicht ist das nur von Vorteil.«
Ich möchte mich unbedingt bewegen, den Gang hinunterstiefeln und etwas von dieser unruhigen Energie loswerden, aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Andererseits bin ich mir auch nicht sicher, ob es mich interessiert. »Magst du Azazel nicht?«
»Es geht nicht darum, Azazel zu mögen.« Ramanu dreht sich um und bietet mir den Ellbogen an. »Er ist zu gut in seinem Job. Manchmal ist es wichtig, ein bis sieben Schraubenschlüssel in das gut geschmierte Getriebe zu werfen. Das hält ihn auf Trab.«
Und ich bin genau so ein Schraubenschlüssel.
Es gibt eigentlich keinen Grund, dass mir das einen Stich versetzt. Ich bin das Sorgenkind, die Widerspenstige, die Tochter und Freundin und Angestellte, die nichts richtig machen kann. Die endlose Enttäuschung.
Das hält mich aber nicht davon ab, mich bei Ramanu unterzuhaken und den Gang entlangzulaufen. Ich zeige mich von meiner charmantesten Seite, erzähle them einige der haarsträubendsten – und harmlosesten – Geschichten aus meinem Leben und bringe them zum Lachen. Das fühlt sich angenehm an, dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ramanus Interesse zumindest teilweise dazu dient, mich unter die Lupe zu nehmen. Ob sich das speziell gegen mich richtet oder einfach nur, weil Azazel mich hierhergebracht hat, kann ich nicht sagen.
They hält kurz inne und neigt den Kopf zur Seite. »Tja, verdammt. Die Pflicht ruft.« Ramanu löst their Arm von meinem und drückt mir die Schulter. »Es war mir ein Vergnügen, mit dir zu plaudern, Catalina. Nimm diese Tür, sie sollte dich zurück in dein Zimmer führen.«
»Welche Tür?« Ich drehe mich um und schaue dorthin, wo they hinzeigt. Warte mal. Ich runzle die Stirn. »Vor ein paar Sekunden war da noch keine Tür.« Ich bin nicht der aufmerksamste Mensch, aber eine Tür hätte ich sehr wohl zur Kenntnis genommen. Vor allem, weil der verdammte Gang während unseres Spaziergangs völlig türlos gewesen war.
»Das Schloss verändert sich, wie es ihm gefällt.« Ramanu erhebt die Stimme. »Bitte bring sie sicher zurück.«
Ein Schauer läuft mir über den Rücken. »Das Schloss führt ein Eigenleben?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« They zuckt mit den Schultern. »Höflich sein ist auf jeden Fall kein Fehler.« Ramanu dreht sich um und öffnet eine Tür, die vor einer Sekunde noch gar nicht da war. Ich erspähe einen kurzen Gang, der in einer halb offenen Tür endet.
Azazels tiefe Stimme hallt durch den Gang. »Komm rein, Ramanu.«
Ramanu legt einen Finger an die Lippen, schließt leise die Tür und lässt mich allein. Ich schaue den Gang rauf und runter. Er sieht noch genauso aus wie zu Beginn unserer Reise. Ich wende mich wieder der Tür zu, durch die they gegangen ist, und seufze.
Sie ist verschwunden.
Die andere Tür ist tatsächlich meine einzige Möglichkeit. Wenn es heute Abend weitergeht, dann sollte ich mich wohl von meiner besten Seite zeigen und die Gehorsame spielen. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, wie das gehen soll, aber ich kann es zumindest versuchen.
Ich umfasse den Türknauf und atme langsam ein. »Danke, dass du mich rausgelassen hast.« Wie Ramanu schon sagte, es schadet nicht, höflich zu sein.
Die Tür führt jedoch nicht zurück in mein Zimmer, sondern in einen anderen Gang. Dieser fühlt sich offizieller an, obwohl ich nicht weiß, ob das die richtige Bezeichnung dafür ist. Der Gang, den Ramanu und ich abgelaufen sind, war recht hübsch, aber die Wände waren größtenteils glatt und der Steinboden lag frei, während dieser Gang jetzt mit einem dicken Teppich ausgelegt ist. Und hier gibt es Gemälde. Sie sind groß und abstrakt, aber die Farben ziehen mich trotzdem in ihren Bann. Ich könnte mir die Bilder stundenlang ansehen.
Besser nicht.
Ich bleibe in Bewegung. Ich habe das Gefühl, beobachtet zu werden, aber als ich über meine Schulter schaue, ist da niemand. Seltsam. Der Gang macht eine Biegung, und ich bleibe kurz stehen. Steinerne Stufen führen in die Dunkelheit hinab. »Schloss, ich war nett zu dir. Bitte führ mich nicht in einen Folterkeller.«
Es kommt keine Antwort, aber ich habe auch nicht wirklich damit gerechnet. Ich schaue mich ein letztes Mal um, aber es sind keine Türen auf magische Weise erschienen. Offenbar ist es egal, dass es bislang keinerlei Treppen gab, um an diesen Punkt zu gelangen, jetzt jedenfalls muss ich Treppen steigen.
»Wird schon schiefgehen!«
Lange steige ich zahllose Stufen hinab. Wirklich lange. Bis meine Oberschenkel anfangen zu zittern und ich mich frage, ob ich mehr Zeit im Fitnessstudio hätte verbringen sollen. Es ist nicht so, dass ich das Fitessstudio hasse, aber es ist schwer zu ertragen, von all diesen festen, schlanken Körpern umgeben zu sein, wenn meiner so durchschnittlich ist. Ganz zu schweigen davon, dass ich es wochenlang – manchmal sogar monatelang – einfach vergesse dort hinzugehen.
»Du bist wütend auf mich, Schloss. Stimmt’s?« Ich weiß nicht, ob es besonders verrückt ist, mit einem magischen Gebäude zu reden oder einfach ziemlich schlau. »Du hast mir aufgezeigt, dass ich einen Fehler gemacht habe. Es tut mir sehr leid, was ich getan habe, und ich werde mich bis zur Auktion oder was auch immer, gut benehmen. Bitte bring mich zurück in mein Zimmer.«
Ich erhalte keine Antwort. Natürlich nicht.
Ich atme tief ein und gehe weiter. Ich bin an dem Punkt angelangt, an dem ich darüber nachdenke, mein Kleid als Schlitten zu benutzen, um zu schauen, ob es möglich ist, die verdammte Treppe hinunterzurutschen, als ich um eine Ecke biege und das Ende erreiche.
Erst dann bemerke ich den Tunnel und den Kanal, der ihn durchzieht. Vielleicht nennt man es auch anders, aber das ist das erste Wort, das mir in den Sinn kommt. Ich gehe einen Schritt näher heran. Jetzt, wo ich nicht mehr nach Luft ringen und mich auf meine zitternden Oberschenkel konzentrieren muss, erkenne ich den Geruch in der Luft.
Salzwasser.
»Warum habt ihr einen Kanal mit Salzwasser?«, murmle ich. Es wäre doch sicher sinnvoller, Süßwasser in die Stadt zu leiten. Aber andererseits ist dies ein magisches Reich mit einem magischen Schloss, also dient dieser Tunnel vielleicht einem anderen Zweck.
Das erklärt aber nicht, warum mich das Schloss hierhergebracht hat.
Ich blicke zu der dunklen Steinkuppel hinauf und runzle die Stirn. »Ich bin mir sicher, dassdies nicht der Weg zurück in mein Zimmer ist.«
Ein Geräusch im Wasser veranlasst mich, mich gerade noch rechtzeitig umzudrehen, um zu sehen, wie sich die Oberfläche kräuselt, so, als ob etwas Großes auf mich zuschwimmt. Und zwar ziemlich schnell. Ich stolpere einen Schritt zurück. »Oh Gott, hier unten gibt es Monster, nicht wahr? Du willst mich an Monster verfüttern, nachdem ich echt nett zu dir war!«
Aber das Wesen, das aus dem Wasser aufsteigt, ist kein Ungeheuer. Oder immerhin kein völliges Ungeheuer. Es ist breit gebaut und hat blau-graue Haut, die irgendwie attraktiv aussieht. Und außerdem … »Du hast ja Tentakel.«
Es hält kurz inne. Oder zumindest halten die menschlichen Teile inne – ein gut definierter Torso, muskulöse Arme und ein Gesicht mit einem sehr kalten Ausdruck. Jene Tentakel, die wie Haare aussehen, schlängeln sich um die Schultern, und die untere Hälfte des Körpers, der komplett aus Tentakeln besteht, wogt und windet sich.
»Wer bist du? Das Empfangskomitee?«, fragt das Wesen mit einem spöttischen Lächeln. »Ein einzelner Mensch, der einem König seine Aufwartung macht?«
Einem … König.
Ich bin noch nie einem König begegnet. Andererseits bin ich auch noch nie einem Fischmann begegnet, der zur Hälfte aus Tentakeln besteht. Es wäre wohl das Klügste, wegzulaufen, aber wenn ich die Wahl zwischen dem Klügsten und dem Leichtsinnigsten habe, gibt es für mich nur eine Möglichkeit.
Ich neige den Kopf und mustere ihn übertrieben. »Schätze, Azazel hält nicht viel von dir.«
Seine Haartentakel tänzeln wie Schlangen um sein kaltes Gesicht. Ich erwarte fast, dass sie mich anzischen. Oder dass er wütend wird. Aber sein Gesichtsausdruck bleibt unverändert, als er über seine krumme Nase auf mich herabsieht. »Geh und hol deinen Meister, Mensch. Ich habe keine Zeit für so etwas.«
Ich beobachte die Masse an Tentakeln, die die untere Hälfte seines Körpers ausmachen. Es wäre ein Leichtes für ihn, mich in den Kanal zu ziehen und zu ertränken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Tod durch Ertrinken als Schaden zählt, aber ich weiß immer noch nicht, wann die Klauseln in dem Dämonenvertrag in Kraft treten. Dass mein Mörder dann bestraft wird, ist schön und gut, aber ich werde wohl zu tot sein, als dass es mich noch kümmern könnte.
»Sicher«, antworte ich langsam. »Ich, äh, gehe dann mal und erledige das.« Ich stakse zurück zur Treppe.
Zum Glück hat das Schloss diese in den wenigen Minuten, die ich unten angekommen bin, nicht verschwinden lassen. Noch besser ist, dass ich für den Aufstieg – bei dem ich mir Zeit lasse und definitiv nicht um mein Leben renne – nur drei Kurven der Treppe benötige, bevor ich in einen vertraut aussehenden Gang ausgespuckt werde. »Vielen Dank, Schloss.«
Auf halber Strecke des Flurs öffnet sich eine Tür, ich spähe hinein und erkenne mein Zimmer. »Oh, Gott sei Dank. Oder Dank sei dir, Schloss.« Ich husche hinein und schließe die Tür hinter mir.
Erst dann merke ich, dass ich zittere. Ich wusste natürlich, dass ich mich in einer anderen Welt befinde. Aber irgendwie haben Ramanu und Azazel meine Monster-o-Meter nicht annähernd so stark klingeln lassen wie der Krakenkönig.
Ich gehe zu meinem Bett und lasse mich drauffallen. »Ein einzelner Mensch, der einem König seine Aufwartung macht.« Ich kann seinen tiefen, eisigen Ton nicht wirklich nachahmen, also übertreibe ich die Überheblichkeit. »Jemand sollte dich mit einer verdammten Harpune treffen. Vielleicht würde das helfen, um dir den Stock aus dem Arsch zu treiben.« Tja. Es spielt keine Rolle, dass mir der fischige König in Rekordzeit unter die Haut gegangen ist.
Ich werde ihn nie wieder sehen.
Ich denke immer noch über die Menschenfrau nach, als ich eine Stunde später von diesem verfluchten Dämon Ramanu in einen großen Raum geführt werde, in dem sich zwei der drei anderen Herrscher befinden. Obwohl ich darauf gefasst bin, verkrampfe ich mich, als ich mich an ihnen vorbei zu dem eingelassenen Becken mit Salzwasser bewege, das Azazel bereitgestellt hat. Ich bin mir sicher, dass der Dämon weiß, dass es nicht wirklich notwendig ist – ein paar Stunden außerhalb des Wassers werden mich wohl kaum austrocknen –, aber wenn die anderen Herrscher meine Fähigkeiten unterschätzen, wäre es mir lieber, wenn sie das auch weiterhin täten.
Azazels Umsicht macht mich misstrauisch. Er ist besser als sein Vorgänger und scheint nicht geneigt zu sein, das ganze Reich zu erobern, aber ich wäre ein Narr, wenn ich diese Möglichkeit nicht trotzdem in Betracht zöge. Er bietet eine süße Bestechung an, aber ich bin schon lange genug dabei, um das darin versteckte Gift zu erkennen.
Mehr noch, ich möchte einfach nicht hier sein.
Ich habe kein Interesse daran, Kinder zu zeugen oder eine Partnerin zu haben, auch nicht bloß auf dem Papier. Nicht nach …
Ich schaudere und versuche, die unwillkürliche Reaktion zu verbergen. Am besten denke ich nicht an meine Vergangenheit, nicht hier, nicht, solange ich von Raubtieren umgeben bin. Um mich abzulenken, schaue ich mir die anderen Herrscher über die Territorien an. Da ist Rusalka mit ihrem trägen Lächeln, das jedoch die Aggression, die in jeder Faser ihres hochgewachsenen Körpers schwelt, nicht ganz verbergen kann. Bram, der am menschlichsten Aussehende von uns … solange man die riesigen Flügel außer Acht lässt, die er fest an seinen Körper gedrückt hält. Oder seinen Schwanz. Oder seine Hörner. Sein langes weißes Haar sieht heute besonders glänzend aus. Mistkerl.
Die Türen öffnen sich und Sol stolziert herein. Ich muss mich zusammenreißen, um ruhig zu bleiben, während der große Drache an mir vorbeizieht. In unseren Territorien gab es schon lange keine Konflikte mehr, aber der alte Groll sitzt tief.
Es ist nicht seine Schuld, dass Brant tot ist. Es war nicht seine Hand, die meinen Geliebten getötet hat. Es war nicht einmal während einer dieser Konflikte.
Aber es war einer seiner Leute, der meinen Mann ermordet hat.
»Sollen wir beginnen?« Azazel hat, wie immer, ein perfektes Timing. Dass sich die Feilscher in letzter Zeit nicht in Scharmützel mit den anderen Territorien verwickeln lassen mussten, liegt einzig und allein an ihm. Für meinen Geschmack ist er zu aalglatt, aber ich kann nicht leugnen, dass sich das gesamte Reich stabilisiert hat, seit er die Führung für sein Volk übernommen hat.