Traumlieder - George R.R. Martin - E-Book

Traumlieder E-Book

George R.R. Martin

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Beschreibung

Darauf haben Millionen "Game Of Thrones"-Fans gewartet

Dass George R. R. Martin einer der erfolgreichsten Fantasy- Autoren aller Zeiten ist, steht außer Frage. Dass er noch viel mehr kann, beweist er in seinen beiden Erzählbänden Traumlieder, deren Vielseitigkeit Fantasy- und Science-Fiction-Fans jeder Generation begeistern wird: Das Porträt eines Mannes, der allmählich dem Wahnsinn verfällt, oder das unheimliche Schicksal eines Autors, dessen Selbstbezogenheit ihm zum Verhängnis wird, sind nur zwei der Geschichten dieser einzigartigen Storysammlungen. Ob Werwölfe, Magier, das ganz normale Grauen nebenan oder das Weltall: George R. R. Martin versteht es, seine Leser zu fesseln wie kein anderer. Die beiden Erzählbände vereinen erstmals die wichtigsten seiner vielfach ausgezeichneten Kurzgeschichten.

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Seitenzahl: 697

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Das Buch

Bevor er mit Game of Thrones die Fantasy-Literatur revolutionierte, hat sich George R. R. Martin mit seinen grandiosen und mehrfach preisgekrönten fantastischen Erzählungen einen Namen gemacht. Diese – in Deutschland zum Teil noch unveröffentlichten – Erzählungen sind nun erstmals in drei Bänden versammelt. Der erste Band beinhaltet seine frühesten Geschichten, mit denen ihm sein literarischer Durchbruch gelang. So erzählt er in »Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln« die Geschichte eines Mannes, der gegen Dämonen kämpft. Für die Story »Abschied von Lya«, einer berührenden Liebesgeschichte zwischen zwei Telepathen, bekam er 1975 den Hugo Award verliehen. Und in »Der Weg von Kreuz und Drachen« schildert George R. R. Martin die Zukunft der Inquisition – auf der Jagd nach außerirdischen Häretikern …

Dies sind nur drei der mitreißenden Geschichten, die Traumlieder zu einem Highlight der fantastischen Literatur machen. Abgerundet werden die Erzählungen durch biografische und andere Texte, die einen ganz persönlichen Einblick in das Schaffen dieses Ausnahmeschriftstellers geben. Traumlieder ist eine einzigartige Retrospektive, die sich kein Fantasy- und Science-Fiction-Fan entgehen lassen sollte.

»Einfach phänomenal! Game-of-Thrones-Fans werden Traumlieder lieben.«

Publishers Weekly

»Ein Meisterwerk der Fantastik – George R. R. Martin ist ein einzigartiger Geschichtenerzähler!«

The Guardian

»George R. R. Martin ist der beste Fantasy-Autor unserer Zeit!«

Time Magazine

Zum Autor

George R. R. Martin, 1948 in Bayonne/New Jersey geboren, veröffentlichte seine ersten Kurzgeschichten im Jahr 1971 und gelangte damit zu frühem Ruhm. Gleich mehrfach wurde ihm der renommierte Hugo Award verliehen. Danach arbeitete er in der Produktion von Fernsehserien, etwa als Dramaturg der TV-Serie Twilight Zone, ehe er 1996 mit einem Sensationserfolg auf die Bühne der Fantasy-Literatur zurückkehrte: Sein mehrteiliges Epos Game of Thrones wird einhellig als Meisterwerk gepriesen. George R. R. Martin lebt in Santa Fe, New Mexico.

Mehr über George R. R. Martin und seine Werke erfahren Sie auf:

GEORGE R. R.MARTIN

TRAUMLIEDER

ERZÄHLUNGEN

ERSTER BAND

Deutsche Erstausgabe

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Titel der amerikanischen Originalausgabe

DREAMSONGS VOLUME 1

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Werner Fuchs (»Vorwort«, »Der schmutzige Profi«, »Das Licht der fernen Sterne«), Maike Hallmann (»Ein Vierfarb-Fanboy«, »Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln«, »Die Festung«), Michael Fehrenschild (»Tod war sein Vermächtnis«), Bernd Rullkötter (»Der Held«), Martin Eisele (»Die Ausfahrt nach San Breta«, »Die zweite Stufe der Einsamkeit«), Birgit Reß-Bohusch (»Am Morgen fällt der Nebel«), Yoma Cap (»Abschied von Lya«), Tony Westermayr (»Ein Turm aus Asche«, »Das bleiche Kind mit dem Schwert«), Michael Windgassen (»Die Steinstadt«), Marcel Bieger (»Bitterblumen«) und Wolfgang Eisermann (»Der Weg von Kreuz und Drachen«)

Deutsche Erstausgabe 11/2014

Redaktion: Catherine Beck

Copyright © 2003 by George R. R. Martin

Copyright © 2014 der deutschen Ausgabe

und den Übersetzungen by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Published by agreement with the author and the author’s agents,The Lotts Agency, Ltd. and Utoprop Literary Agency

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

Satz: Schaber Datentechnik, Wels

ISBN 978-3-641-14560-6

www.heyne.de

INHALT

Vorwort

EIN VIERFARB-FANBOY

Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln

Die Festung

Tod war sein Vermächtnis

DER SCHMUTZIGE PROFI

Der Held

Die Ausfahrt nach San Breta

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Am Morgen fällt der Nebel

DAS LICHT DER FERNEN STERNE

Abschied von Lya

Ein Turm aus Asche

Das bleiche Kind mit dem Schwert

Die Steinstadt

Bitterblumen

Der Weg von Kreuz und Drachen

Natürlich für Phipps

there is a road, no simple highway

between the dawn and the dark of night

Ich bin froh, dass du hier bist,

um sie mit mir zu beschreiten.

Vorwort

Obwohl er seit über dreißig Jahren in den unterschiedlichsten Genres eine herausragende Rolle spielt – er hat Hugo Awards, Nebula Awards und World Fantasy Awards gewonnen –, hat es George R. R. Martin nun endlich geschafft, ganz ohne Zweifel.

Ein sicheres Zeichen dafür ist die Tatsache, dass kürzlich ein Buch von jemand anderem mit der Aussage beworben wurde: »In der Tradition von George R. R. Martin«. Wenn man so erfolgreich ist, dass Verlage ihre Kunden zum Kauf animieren wollen, indem sie Bücher anderer Schriftsteller mit einem Werk vergleichen, dann hat man es geschafft. Dann ist man ein wirklich großer Autor.

Wenn Sie mir nicht glauben, denken Sie nur an andere Schriftsteller, die mit der Phrase »in der Tradition von …« beworben werden: J. R. R. Tolkien, Robert E. Howard, H. P. Lovecraft, Stephen King, J. K. Rowling. Eine illustre Gesellschaft, aber es besteht kein Zweifel, dass George R. R. Martin – der mit seinem monumentalen Zyklus Das Lied von Eis und Feuer einer der bestverkauften und gleichzeitig von der Kritik höchstgelobten modernen Fantasyautoren geworden ist – inzwischen auch zu ihr gehört. Wenn Sie allerding dem jungen George, dem noch unveröffentlichten eifrigen Anfänger, gesagt hätten, dass er einmal einer solch elitären Gruppe angehören würde, hätte er Ihnen mit Sicherheit nicht geglaubt – hätte nicht gewagt, Ihnen einen so offensichtlichen Wunschtraum zu glauben.

Und noch eine andere Tatsache hätte der junge George womöglich nicht geglaubt, eine, von der seine heutige, millionenstarke Fangemeinde wahrscheinlich keine Ahnung hat (und die diese Sammlung aufzeigen will): George R. R. Martin schaffte es in unterschiedlichsten Bereichen, bedeutend zu werden. Er hatte eine beeindruckende Karriere als Science-Fiction-Autor, als Horrorautor, als Fantasyautor, als Skriptschreiber und Produzent von Fernsehserien und als Herausgeber und Gestalter der langlebigen Wild-Cards-Serie. Was George R. R. Martin auf jedem dieser Gebiete erreicht hat, würde manch anderem professionellen Autor als Lebenswerk genügen, und es wäre eins, mit dem man durchaus prahlen könnte.

Nicht so George, der gierige Hund – er musste in allen Bereichen brillieren!

George R. R. Martin wurde in Bayonne, New Jersey, geboren, verkaufte seine erste Geschichte 1971 und avancierte in den folgenden Jahren zum Starautor im Analog der Ben-Bova-Ära mit farbenprächtigen, aufrüttelnden und emotional ausdrucksstarken Geschichten wie »Am Morgen fällt der Nebel«, »Das bleiche Kind mit dem Schwert«, »Die zweite Stufe der Einsamkeit«, »The Storms of Windhaven« (in Zusammenarbeit mit Lisa Tuttle, später zum Roman »Windhaven« erweitert), »Override« und anderen, obwohl er auch an Amazing, Fantastic, Galaxy, Orbit und andere Periodika dieser Zeit verkaufte. Für eine seiner Analog-Geschichten, die packende Novelle »Abschied von Lya«, erhielt er 1974 seinen ersten Hugo Award.

Gegen Ende der Siebzigerjahre hatte er seinen literarischen Gipfel als SF-Autor erreicht. Jetzt wurden seine besten Werke im SF-Genre publiziert, die auch zu den besten ihrer Zeitperiode gehören. Storys wie die berühmte »Sandkönige«, vielleicht seine bekannteste Einzelgeschichte, die 1980 Hugo- und Nebula Award gewann, »Der Weg von Kreuz und Drachen«, die im selben Jahr ebenfalls den Hugo gewann (damit war George der erste Autor überhaupt, der im gleichen Jahr für zwei unterschiedliche Texte mit diesem Preis ausgezeichnet wurde), »Bitterblumen«, »Die Steinstadt«, »Starlady« und andere. All diese Geschichten wurden ursprünglich in Sandkings zusammengefasst, eine der stärksten Anthologien dieser Zeit. Analog war nun nicht mehr sein bevorzugter Absatzmarkt, obschon er während der Achtzigerjahre in der Stanley-Schmidt-Ära mit Geschichten um den drolligen interstellaren Abenteurer Haviland Tuf (später in »Planetenwanderer« gesammelt) oder der starken Novelle »Die Expedition der Nachtfee« auf die Seiten des Magazins zurückkehrte. Während der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre erschien ein Großteil seiner Texte in Omni, damals das Magazin, das Autoren am besten bezahlte und die Hierarchie des Science-Fiction-Kurzgeschichtenmarkts anführte. In den späten Siebzigerjahren wurde auch »Die Flamme erlischt«veröffentlicht, der einzige SF-Roman, den er allein verfasst hat.

In den frühen Achtzigerjahren nahm George R. R. Martins Karriere jedoch einen anderen Verlauf. Sie bewegte sich in eine Richtung, die man ihm in den Siebzigern wohl kaum vorausgesagt hätte. Horror war als Genre in den frühen und mittleren Achtzigerjahren ganz groß in Mode gekommen, und George verfasste zwei der originellsten und auch besten Romane des »Großen Horror Booms« der damaligen Zeit: 1982 »Fiebertraum«, einen intelligenten und spannenden historischen Horrorroman mit viel Lokalkolorit – immer noch einer der besten modernen Vampirromane –, und 1983 seine ambitionierte Rock-’n’-Roll-Horror-Apokalypse »Armageddon Rag«. Viele halten diesen Roman auch heute noch für einen Kult-Klassiker, aber kommerziell gesehen war er ein Misserfolg, der Georges Karriere als Horrorautor ins Stocken geraten ließ. Er schrieb zwar noch einige kürzere Horrortexte – mit »Der birnenförmige Mann« gewann er den Bram Stoker Award und mit seiner Werwolf-Erzählung »Die Haut des Wolfes« den World Fantasy Award –, aber das war es dann auch.

(Obwohl Georges Horror meist der des Übernatürlichen ist, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass er in jener Zeit mit Science Fiction/Horror-Hybriden experimentierte, einschließlich der bereits erwähnten »Sandkönige« und »Die Expedition der Nachtfee«, zwei der besten Geschichten dieser Art, die je erschienen sind, und die beide auf perfekte Weise die Genres verbinden.)

Als dem »Großen Horror Boom« der Achtzigerjahre die Luft ausging – die Buchläden lösten die Regale mit Horrorliteratur wieder auf, die sie nur wenige Jahre zuvor aus verkaufstechnischen Gründen aufgestellt hatten, denn die Verlage verringerten ihren Output –, wandte George dem Horror-Genre den Rücken zu. Mehr noch, er wandte sich ganz von der Welt des gedruckten Worts ab und der des Fernsehens zu. Zunächst wurde er Story-Editor bei der neuen Serie Twilight Zone und später Produzent der sehr erfolgreichen Fantasyserie Beauty and the Beast.

Als erfolgreicher Skriptschreiber/Story-Editor/Produzent hatte George den Kontakt zur Buchwelt für etwa zehn Jahre abreißen lassen – bis auf wenige Ausnahmen: 1985 gewann er einen weiteren Nebula für seine Geschichte »Bilder seiner Kinder«, und etwa um die gleiche Zeit startete er als Herausgeber das langlebige Wild-Cards-Projekt – eine Serie von Kaleidoskopromanen, die es bis Ende der Neunzigerjahre auf fünfzehn Bände brachte, bevor sie vorläufig eingestellt wurde. (Im neuen Jahrtausend lebte sie jedoch nach sieben Jahren Pause wieder auf, Wild Cards ist also wieder auf den Plan getreten.)

Nach einigen Jahren in Hollywood trat bei George eine gewisse Ernüchterung ein. Sein neues Serienprojekt Doorways wollte und wollte nicht auf Sendung gehen und erwies sich letztendlich als Totgeburt. Frustriert wandte er sich von der Fernsehbranche ab und wieder dem Schreiben zu. Sein 1996 erschienener Fantasyroman »A Game of Thrones« wurde zu einem der bestverkauften Titel des Jahres – und George R. R. Martin war mit einem Paukenschlag zurück!

Der Rest ist, wie es so schön heißt, Geschichte. Eine Fantasygeschichte zwar, aber immerhin.

Was versetzt George in die Lage, Leser solch unterschiedlicher Genres gefangen zu nehmen? Welche Qualitäten weist sein Werk auf, das die Leser in seinen Bann zieht, egal welche Geschichte er gerade erzählt?

Klar ist, George R. R. Martin war schon immer ein Romantiker. Trockener Minimalismus oder die cool-ironischen Spielchen der Postmoderne, die von vielen Gegenwartsautoren und -kritikern so geliebt werden, bekommt man nicht, wenn man ein Buch von George R. R. Martin aufschlägt. Stattdessen gibt es eine sauber konstruierte Story, befeuert von Gefühlskonflikten, komponiert von einem großartigen Erzähler – eine Story also, die einen auf der ersten Seite packt und dann nicht mehr loslässt. Man bekommst Abenteuer, Action, Konflikte, Liebesgeschichten und einen ganzen Strauß menschlicher Gefühle: alles verbrennende, zum Scheitern verurteilte Liebe, blinden Hass, unstillbares Verlangen, Pflichterfüllung selbst im Angesicht des Todes, unerwartetes Aufblitzen schwarzen Humors … und etwas, das sich in der heutigen Science Fiction und Fantasy rar gemacht hat (vom Mainstream wollen wir hier gar nicht erst reden): die Liebe zum Abenteuer um des Abenteuers willen, Spaß am Fremdartigen und Farbigen, bizarre Pflanzen und Tiere, exotische Kulissen, fremde Länder und seltsame Bräuche, noch seltsamere Menschen, und als Triebfeder immer die unstillbare Neugier auf das, was sich hinter dem nächsten Hügel befindet oder auf dem nächsten Planeten wartet.

George R. R. Martin ist ganz klar ein direkter Nachfahre der alten Tradition von Planet Stories, wohl in erster Linie von Jack Vance und Leigh Brackett beeinflusst, obschon man auch deutliche Spuren von Poul Anderson und Roger Zelazny in seinem Werk ausmachen kann. Trotz der Tatsache, dass er lange Zeit praktisch Hausautor von Analog war, spielen Wissenschaft und Technologie bei ihm nur eine untergeordnete Rolle. Er steht für Farbe, Abenteuer, Exotik und ungezügelte Leidenschaft in einem Universum voller konkurrierender Fremdrassen und menschlicher Gesellschaften, die sich in ihrer Isolation oft von der Normalität wegentwickelt haben und nun die Psychologie, Werte und Motivationen der anderen nicht mehr verstehen können. »Farbigkeit« ist ein Begriff, der bei der Beschreibung von Georges Welten gar nicht oft genug angewendet werden kann, und wenn man sich von ihm mitreißen lässt, trägt er seine Leser zu einigen der farbigsten und imposantesten Orte der neueren SF und Fantasy: zu den Nebeln von Wolkenschloss auf Geisterwelt, zu den endlosen, winddurchtosten Grassteppen, bekannt als das Dothrakimeer, zum uralten kalten Labyrinth der Steinstadt, zu den tödlichen Ozeanen von Namor, zur Morgendämmerung über den High Lakes auf Kabaraijian …

Der wichtigste Grund aber, warum sich so viele Leser von seinem Werk angesprochen fühlen, sind die Protagonisten. George hat eine Galerie lebensechter Figuren erschaffen – manche herzergreifend, manche grotesk, manche herzergreifend und grotesk –, von denen die meisten Autoren nur träumen können. Charles Dickens fällt einem vielleicht ein, wenn man an Damien Har Veris denkt, den innerlich zerrissenen Inquisitor des militanten Ordens der Ritter von Jesus Christus aus »Der Weg von Kreuz und Drachen«, und seinen Boss, den riesigen, aquatischen, vierarmigen Großinquisitor Thorgaton Nine-Klariis Tun; Shawn, die verzweifelte Überlebende, die in »Bitterblumen« vor Eiswölfen und Vampiren über eine öde Landschaft ewigen Winters flieht, nur um sich subtileren Gefahren auszusetzen; Tyrion Lannister, der machiavellistische Zwerg, der das Schicksal von Königreichen in Das Lied von Eis und Feuer bestimmt; der besessene und rücksichtslose »Gamer« Simon Kress in »Sandkönige«; der melancholische Geist in »Erinnerungen an Melody«; der groteske, schaurige, unvergessliche birnenförmige Mann in der Geschichte gleichen Namens; Lya und Robb, das telepathische Liebespaar in »Abschied von Lya«; Haviland Tuf, der neurotische, aber ziemlich schlaue Albino-Ökoingenieur mit gottgleicher Allmacht in »Planetenwanderer«; Daenerys Stormborn, die Tochter des Königs und khaleesi eines khalasar der Dothraki auf ihrem Weg ins Schicksal als zukünftige Mutter der Drachen.

… und Dutzende mehr.

George kümmert sich sehr um seine Figuren, auch um das Fußvolk, ja sogar um die Schurken – und weil er sich so sehr um sie kümmert, wachsen sie einem ans Herz. Wenn man diesen magischen Trick erst verstanden hat, bedarf es auch keiner weiteren Ausführungen mehr.

Eines hat vor allem anderen George R. R. Martins Platz in der oben erwähnten »In der Tradition von …«-Gruppe gesichert: Egal, was er schreibt, die Menschen werden ihn lesen wollen – und das immer wieder.

Gardner Dozois

EIN VIERFARB-FANBOY

Anfangs habe ich meine Geschichten nur mir selbst erzählt.

Die meisten existierten nur in meinem Kopf, aber sobald ich lesen und schreiben konnte, habe ich das eine oder andere auch aufgeschrieben. Das älteste erhaltene Beispiel, das vermutlich aus der Kindergartenzeit oder aus der ersten Klasse stammt, ist eine in Blockschrift in eins dieser alten schwarz-weiß gemaserten Schulhefte geschriebene Weltall-Enzyklopädie. Auf jeder Seite ist ein Planet oder Mond gezeichnet, daneben stehen ein paar Zeilen zu seinen klimatischen Verhältnissen und den Einwohnern. Tatsächlich existierende Planeten wie Mars und Venus befinden sich in fröhlichem Einvernehmen mit denen, die ich bei Flash Gordon und Rocky Jones habe mitgehen lassen oder auch selbst erfunden habe.

Sie ist ziemlich großartig, meine Enzyklopädie, allerdings ist sie unvollendet. Geschichten anzufangen lag mir viel mehr, als sie zu beenden; sie erfüllten vor allem den Zweck, mich zu unterhalten.

Mich selbst zu unterhalten, habe ich sehr früh gelernt. Ich wurde am 20. September 1948 in Bayonne, New Jersey, als erstes Kind von Raymond Collins Martin und Margaret Brady Martin geboren. Gleichaltrige Spielkameraden gab es nicht, soweit ich mich entsinnen kann, bis ich vier war und wir in die Siedlung zogen. Zuvor hatten wir im Haus meiner Urgroßmutter gelebt, zusammen mit ihr, ihrer Schwester, meiner Großmutter und deren Bruder. Bis meine zwei Jahre jüngere Schwester Darleen geboren wurde, war ich das einzige Kind im Haus, auch in der näheren Nachbarschaft gab es keine. Großmutter Jones weigerte sich stur, das Haus zu verkaufen, selbst als sich der gesamte restliche Broadway in ein Gewerbeviertel verwandelt hatte, also lebten wir im einzigen Wohnhaus im Umkreis von zwanzig Blocks.

Als ich vier war und Darleen zwei und Janets Geburt noch drei Jahre in der Zukunft lag, bezogen wir endlich eine eigene Wohnung in der neuen staatlichen Wohnsiedlung unten in der First Street. Beim Wort »Siedlung« denkt man natürlich gleich an verfallende Hochhäuser inmitten von Betonwüsten, aber LaTourette Gardens hat mit Cabrini-Green nicht viel gemein. Es sind dreigeschossige Gebäude mit sechs Wohnungen pro Stockwerk, es gab Spielplätze und Basketballfelder, und gegenüber erstreckte sich ein Park direkt entlang der öligen Ströme des Kill van Kull. Hier aufzuwachsen, war ganz in Ordnung – und anders als im Haus von Großmutter Jones gab es hier auch andere Kinder.

Wir schaukelten und rutschten, wateten im Sommer im Fluss und veranstalteten im Winter Schneeballschlachten, kletterten auf Bäume, sausten auf Rollschuhen umher und spielten Stickball, eine Art Straßenvariante von Baseball. Wenn ich mal allein war, vertrieb ich mir mit Comics und Fernsehen die Zeit und spielte mit grünen Plastiksoldaten und Cowboys mit Hüten, Westen und Pistolen, die wir untereinander tauschten, mit Rittern und Dinosauriern und Raumfahrern. Wie jedes richtige amerikanische Kind kannte ich die Namen aller nur denkbaren Dinosaurier (Brontosaurus, verdammt noch mal, so und nicht anders heißt er). Für die Ritter und Raumfahrer dachte ich mir Namen aus.

Auf der Mary-Jane-Donohoe-Schule in der Fifth Street lernte ich mithilfe von Dick, Jane und Sally und ihrem Hund Spot Lesen. Lauf, Spot, lauf. Schau nur, wie Spot läuft. Hat sich jemals irgendwer gefragt, weshalb dieser Hund unablässig in der Gegend herumrennt? Er flieht vor Dick, Jane und Sally, der langweiligsten Familie der Welt. Auch ich wäre gern vor ihnen davongerannt, geradewegs zurück zu meinen Comics – oder auch den »Bilderheftchen«, wie wir sie nannten. Meine erste Begegnung mit den epochalen Werken westlicher Literatur fand in Gestalt der Comicreihe Illustrierte Klassiker statt. Und ich habe Archie gelesen und Dagobert Duck und Cosmo the Merry Martian. Am liebsten aber Superman und Batman … vor allem die Geschichten von World’s Finest Comics, weil sie darin einmal im Monat ein Team bildeten.

Die ersten vollendeten Geschichten, an die ich mich erinnere, habe ich auf herausgerissenen Schulbuchseiten geschrieben. Gruselige Geschichten über einen Monsterjäger, die ich den Nachbarskindern meines Blocks für einen Penny pro Seite verkauft habe. Die erste dieser Geschichten war eine Seite lang, und ich habe damit einen Penny verdient. Die nächste war zwei Seiten lang und brachte mir zwei Cents ein. Eine dramatische Lesung gehörte dazu; ich war der beste Vorleser der Siedlung und berühmt für mein Werwolfgeheul. Die letzte Geschichte meiner Monsterjäger-Serie war fünf Seiten lang und brachte mir mit einem ganzen Nickel das Zehnfache der ersten ein, genug für ein Milky Way, meinen Lieblingsschokoriegel. Ich weiß noch, wie ich dachte: Du hast ausgesorgt. Eine Geschichte schreiben, vom Verdienst ein Milky Way kaufen. Das Leben war wunderbar …

… bis mein bester Kunde Albträume bekam und seiner Mutter von meinen Monstergeschichten erzählte. Sie suchte meine Mutter auf, die es meinem Vater erzählte, und es war vorbei. Ich kehrte den Monstern den Rücken, wandte mich stattdessen den Raumfahrern zu (Jarn vom Mars und seine Bande, dazu komme ich später) und zeigte meine Geschichten niemandem mehr.

Aber ich hörte nicht auf, Comics zu lesen. Ich bewahrte sie in einem Bücherregal aus einer alten Apfelsinenkiste auf, und meine Sammlung wuchs stetig, bis sie beide Fächer füllte. Mit zehn las ich meinen ersten Science-Fiction-Roman und kaufte fortan auch Taschenbücher, was mein Budget ernstlich belastete. Unter dem Druck dieser finanziellen Krise beschloss ich mit elf vorübergehend, dass ich »zu alt« für Comics war. Für kleine Kinder waren sie schön und gut, aber ich war ja fast schon ein Teenager. Also räumte ich meine Orangenkiste leer, und meine Mutter spendete die Comics der Kinderkrankenstation des Krankenhauses in Bayonne. (Ihr dreckigen, hundsgemeinen kranken Kinder, ich will meine Comics zurückhaben!)

Die Ich-bin-zu-alt-für-Comics-Phase dauerte ungefähr ein Jahr. Immer wenn ich im Süßigkeitenladen im Kelly Parkway ein Ace Double kaufte, warteten dort die neuen Comics. Ich konnte nicht anders, ich musste mir die Cover anschauen, von denen einige so interessant aussahen … neue Geschichten, neue Helden, ganz neue Teams …

Die erste Ausgabe der Gerechtigkeitsliga schließlich brach meiner ein Jahr währenden geistigen Reife das Genick. Schon immer habe ich World’s Finest Comics mit den Geschichten über die Zusammenarbeit von Superman und Batman geliebt, und die Gerechtigkeitsliga brachte alle wichtigen DC-Helden zusammen. Auf dem Cover jener ersten Ausgabe spielte Flash mit einem dreiäugigen Außerirdischen Schach. Die Figuren auf dem Spielbrett waren den Mitgliedern der Gerechtigkeitsliga nachempfunden, und immer, wenn eine davon geschlagen wurde, verschwand der wirkliche Superheld, den sie darstellte. Ich musste das Heft unbedingt haben.

Bevor ich recht wusste, wie mir geschah, füllte sich die Orangenkiste wieder. Und das war gut so. Sonst wäre ich 1962 wohl nicht über die vierte Folge eines äußerst eigenartig aussehenden Hefts mit dem kühnen Namen »The World’s greatest Comic Magazine« gestolpert. Es war kein DC-Comic, sondern stammte aus einem obskuren, höchstens für seine nicht wirklich unheimlichen Monstergeschichten bekannten Verlag … aber es ging offenkundig um ein Team von Superhelden, und ich konnte unmöglich widerstehen. Ich habe es gekauft, obwohl es zwölf Cents kostete (Comics kosteten einen Dime, also zehn Cents, so gehörte es sich!), und es veränderte mein Leben.

Es war tatsächlich das beste Comic-Magazin der Welt. Stan Lee und Jack Kirby schickten sich soeben an, die Comicwelt zu revolutionieren. Die Fantastischen Vier brachen mit sämtlichen Regeln. Sie hatten keine Geheimidentitäten. Einer von ihnen war ein Monster (das Ding – es wurde auf einen Schlag mein Favorit), obwohl Helden zu dieser Zeit eigentlich nahezu verpflichtet waren, gut auszusehen. Sie waren eher eine Familie als ein Bündnis, eine Gesellschaft oder ein Team. Wie in einer richtigen Familie wurde ständig gezankt. Die Gerechtigkeitsliga-Helden von DC waren vor allem anhand der Kostüme und Haarfarben voneinander zu unterscheiden (na gut, das Atom war klein, der marsianische Kopfgeldjäger grün, und Wonder Woman hatte Brüste, aber davon abgesehen glichen sie sich wie ein Ei dem anderen), die Fantastischen Vier jedoch hatten Persönlichkeiten! Charakterisierung in Comics – im Jahr 1961 war das eine Offenbarung, eine regelrechte Revolution.

Die ersten von mir geschriebenen Worte, die je gedruckt wurden, lauteten: »Lieber Stan, lieber Jack.«

Sie erschienen im August 1963 als Leserbrief in Die Fantastischen Vier #20. Im Wesentlichen hatte ich einfühlsam, intelligent und analytisch geäußert, dass Shakespeare einpacken könne, jetzt, da Stan Lee die Bühne betreten hatte. Unter meinen Beifallshymnen standen mein Name und meine Adresse.

Kurz darauf bekam ich einen Kettenbrief.

Post für mich? Unglaublich. Es war im Sommer zwischen meinem ersten und zweiten Jahr an der Marist High School, und mein Bekanntenkreis beschränkte sich auf Leute aus Bayonne und Jersey City. Niemand schrieb mir Briefe. Aber jetzt las ich eine Liste von Namen, und in der Erklärung stand, dass ich einen Vierteldollar an den ersten Namen auf dieser Liste schicken, den Namen ausstreichen und meinen eigenen ganz unten dazuschreiben solle, und wenn ich dann die neue Liste viermal verschickte, würde ich innerhalb weniger Wochen 64 Dollar in Vierteldollars erhalten. Genug also, um auf Jahre hinaus Comics und Milky Ways zu finanzieren. Also klebte ich mit einem Klebestreifen einen Vierteldollar auf eine Karteikarte, steckte sie in einen Umschlag, schickte ihn an die Adresse ganz oben auf der Liste, lehnte mich zurück und erwartete meine Reichtümer.

Teufel auch, ich habe nie auch nur einen Vierteldollar erhalten.

Stattdessen bekam ich etwas weitaus Interessanteres. Der Typ ganz oben auf der Liste gab nämlich ein Comic-Fanzine für fünfundzwanzig Cents heraus, und zweifellos verstand er meinen Vierteldollar als Bestellung. Das Heft, das er mir daraufhin zuschickte, war in blassem Violett gedruckt (das nannte sich, wie ich später erfuhr, Spiritus-Umdruck), schlecht geschrieben und stümperhaft gezeichnet, aber das kümmerte mich nicht. Es war voller Artikel, Leserbriefe, Zeichnungen und sogar Amateur-Comics mit Helden, von denen ich nie zuvor gehört hatte. Außerdem gab es Rezensionen anderer Fanzines, von denen einige noch cooler klangen. Ich verschickte weitere aufgeklebte Vierteldollars, und unvermittelt steckte ich kopfüber mitten in der aufstrebenden Comic-Fangemeinschaft der Sechziger, die noch ganz in den Kinderschuhen steckte.

Heute sind Comics ein großes Geschäft. Der Comicon in San Diego ist mittlerweile eine monumentale Messe mit zehnmal so vielen Besuchern wie der jährliche Science-Fiction-WorldCon. Noch immer gibt es einige kleine unabhängige Comicreihen, Tauschbörsen und Adzines, aber keine richtigen Fanzines mehr. Längst haben sich die Geldwechsler den Tempel unter den Nagel gerissen. Als Höhepunkt der Obszönität werden Comics dieses goldenen Zeitalters in Polyesterfolie eingeschweißt und wechseln so die Besitzer, die sie niemals lesen, um nur ja ihren Wert als Sammlerstück nicht zu verringern (wenn es nach mir ginge, sollte, wer auch immer sich das ausgedacht hat, höchstselbst in Folie eingeschweißt werden). Niemand nennt sie heutzutage mehr Bilderheftchen.

Das sah vor vierzig Jahren ganz anders aus. Die Comic-Fangemeinde machte ihre allerersten Schritte. Comicons waren gerade erst im Kommen (meinen ersten habe ich 1964 besucht, er fand in einem Zimmer in Manhattan statt, organisiert von einem Fan namens Len Wein, späterer Geschäftsführer bei DC und Marvel und Schöpfer von Wolverine). Aber es gab Hunderte Fanzines. Manche davon, beispielsweise Alter Ego, wurden von Erwachsenen herausgebracht, die Jobs hatten und ein Leben und Ehefrauen, aber die meisten wurden von Jugendlichen geschrieben, gezeichnet und herausgegeben, die nicht älter waren als ich selbst. Die besten Magazine wurden mit Foto-Offset oder Wachsmatrizen professionell gedruckt, aber davon gab es nicht viele. Die zweite Liga arbeitete wie die meisten Science-Fiction-Fanzines damals mit Mimeografen. Die Mehrheit aber nutzte Spiritus-Umdruck, hektografierte oder kopierte die Texte. (Das sich später zu einem der größten Comic-Fanzines entwickelnde The Rocket’s Blast wurde anfangs mit Kohlepapier vervielfältigt, was tiefschürfende Rückschlüsse auf die Auflagenstärke zulässt.)

Fast ausnahmslos gab es ein oder zwei Seiten für Kleinanzeigen rund um Comics. In einer davon bot jemand aus Arlington, Texas The Brave and The Bold #28 zum Verkauf an, die Ausgabe, in der die Gerechtigkeitsliga ihren ersten Auftritt hat. Ich schickte einen aufgeklebten Vierteldollar los und bekam dafür das lustige Bilderheftchen samt einem Stück Karton mit der hervorragenden Zeichnung eines Barbarenkriegers. Das war der Beginn meiner lebenslangen Freundschaft mit Howard Waldrop. Wie lange das her ist? Nun, kurz darauf reiste John F. Kennedy nach Texas.

Mein Engagement in dieser seltsamen und wundersamen Welt erschöpfte sich nicht im Lesen von Fanzines. Da ich es in Die Fantastischen Vier geschafft hatte, wurden meine Leserbriefe auch in anderen Fanzines anstandslos gedruckt, und es dauerte nicht lange, bis mein Name überall zu lesen war. Auch Stan und Jack veröffentlichten mehr aus meiner Feder. Immer schneller rutschte ich mitten hinein, aus Briefen wurden kleine Artikel, schließlich eine regelmäßige Kolumne in einem Fanzine namens The Comic World News, in der ich darüber sinnierte, wie man in meinen Augen misslungene Comics noch hinbiegen könnte. Ich fertigte auch ein paar Illustrationen für das Fanzine an, ungeachtet meiner vollkommenen Unfähigkeit, zu zeichnen. Einmal wurde sogar ein von mir gezeichnetes Cover veröffentlicht: ein Bild der Menschlichen Fackel, die in feurigen Buchstaben den Namen des Magazins bildet. Hilfreicherweise ist die Fackel kaum mehr als ein vage menschenähnlicher Umriss aus Flammen, weshalb sie wesentlich leichter zu zeichnen ist als Figuren mit Nasen, Mündern, Fingern, Muskeln und solchem Zeug.

In meinem ersten Jahr auf der Marist High School wollte ich unbedingt Astronaut werden … nicht irgendein Astronaut, sondern der erste Mensch auf dem Mond. Ich weiß noch, wie uns eines Tages einer der Brüder fragte, was wir einmal werden wollten, und die ganze Klasse vor Lachen über meine Antwort schier explodierte. In meinem dritten High-School-Jahr bekamen wir die Aufgabe, Nachforschungen über unseren Traumberuf anzustellen, und ich machte mich über die Schriftstellerei schlau (wobei ich erfuhr, dass der durchschnittliche Jahresverdienst eines Schriftstellers bei 1200 $ lag, was mich fast ebenso sehr ernüchterte wie das Gelächter zwei Jahre zuvor). Doch zwischen beiden Ereignissen hatte sich etwas Wesentliches in meinem Leben geändert, das meinen Träumen eine ganz neue Richtung gab. Dieses Etwas war die Comic-Fangemeinde. Zwischen meinem ersten und zweiten Highschool-Jahr schrieb ich meine ersten Geschichten für Fanzines.

Auf dem Dachboden meiner Tante Gladys hatte ich eine uralte mechanische Schreibmaschine gefunden und war nach viel Herumspielerei damit inzwischen ein wahres Einfingerwunder. Die schwarze Hälfte des schwarz-roten Farbbands war derart abgenutzt, dass die Buchstaben kaum noch lesbar waren, aber das glich ich durch einen besonders harten Anschlag aus, der die Lettern regelrecht ins Papier stanzte. Das Innere des »e« und des »o« fielen oft heraus und hinterließen Löcher. Im Vergleich zum schwarzen Teil des Farbbands war der rote noch halbwegs frisch, und so benutzte ich in völliger Unkenntnis der Möglichkeiten von Kursivsetzung, Zeichenabständen, doppelten Zeilenabständen oder Kohlepapier Rot, um Text hervorzuheben.

Der sprichwörtliche Held meiner ersten Geschichten kam aus dem Weltall auf die Erde, so wie Superman. Anders als Superman allerdings tat er sich nicht durch besondere physische Stärken hervor. Genau genommen war das mit seiner Physis überhaupt so eine Sache, er war nämlich nahezu körperlos. Nichts als ein Gehirn im Goldfischglas. Zwar war das nicht sonderlich originell; sowohl in der SF als auch in Comics waren Gehirne in irgendwelchen Behältnissen ein häufiges Phänomen, allerdings normalerweise eher als Bösewichte. Es kam mir wie eine ungeheuerliche Neuerung vor, mein Hirn-im-Gefäß zum Helden der Geschichte zu erklären.

Selbstverständlich besaß mein Held einen Roboterkörper, den er zur Verbrechensbekämpfung benutzen konnte. Ach, einen – er hatte einen ganzen Haufen davon. Es gab welche mit Düsen, sodass er fliegen konnte, andere mit eingebauten Panzerketten ermöglichten es ihm, zu rollen, und manche verfügten über Beine, sodass er damit laufen konnte. Es gab Arme, die in Fingern endeten oder in Tentakeln, riesigen, bösartigen Metallgreifern oder Strahlenpistolen. In jeder Folge trug er einen anderen Körper, und falls der zerstört wurde, gab es in seinem Raumschiff reichlich Ersatz.

Ich nannte ihn Garizan, den mechanischen Krieger.

Insgesamt schrieb ich drei kurze, aber vollendete Geschichten über Garizan. Sogar die Illustrationen fertigte ich selbst an – ein Gehirn im Goldfischglas stellt ähnlich bescheidene Anforderungen an den Zeichner wie ein Mann aus Flammen.

Die Geschichten schickte ich an eins der kleineren Fanzines, in der Hoffnung, dort käme ich leichter unter. Damit lag ich richtig, der Herausgeber nahm sie mit Handkuss. Das allerdings war nicht ganz so schmeichelhaft, wie es klingt. Viele dieser ersten Fanzines waren ständig verzweifelt auf der Suche nach Material, um ihre spiritusgedruckten Seiten zu füllen, sie hätten alles genommen, sogar Geschichten über ein Gehirn im Goldfischglas. Ich konnte es kaum erwarten, meine Geschichte in Händen zu halten.

Aber oje – das Fanzine und sein Herausgeber verschwanden spurlos, ohne dass auch nur eine meiner Geschichten über Garizan abgedruckt wurde. Die Manuskripte bekam ich nicht zurück, und weil ich die Wissenschaft des Kohlepapiers noch nicht gemeistert hatte, gab es keine Kopien.

Man hätte denken können, diese Begebenheit hätte mich entmutigt, doch im Gegenteil war ich derart beschwingt davon, dass meine Geschichten angenommen worden waren, dass mir ihr Verlust gar nicht recht bewusst wurde. Ich klemmte mich wieder hinter die Schreibmaschine und erfand einen neuen Helden. Diesmal taufte ich ihn Manta Ray. Er war ein Möchtegern-Batman, ein maskierter nächtlicher Rächer, der das Verbrechen mit einer Bullenpeitsche bekämpfte. In seinem ersten Abenteuer ließ ich ihn gegen den Bösewicht Executioner antreten, dessen Waffe statt normaler Kugeln lauter winzige Guillotineklingen verschoss.

»Meet the Executioner« wurde erheblich besser als Garizan, und ich schickte die Geschichte kühn an ein besseres Fanzine: Ymir, herausgebracht von Johnny Chambers, eins von mehreren Fanzines aus San Francisco und Umgebung, der Hochburg der frühen Comic-Fangemeinde.

Chambers nahm meine Geschichte an … und er publizierte sie! Sie erschien im Februar 1965 in Ymir #2; neun dem Superheldentum gewidmete Seiten in prachtvollem Spiritusviolett. Einer der bekanntesten Illustratoren der Fangemeinde, Don Fowler (ein Pseudonym von Buddy Saunders), zeichnete ein hochdramatisches Cover mit Manta Ray und dem Executioner, der ihn mit kleinen Guillotineklingen beschoss. Gekonnt illustrierte er auch die Geschichte. Fowlers Zeichnungen waren so viel besser als alles, was ich je zustande gebracht hätte, dass ich danach meine kläglichen Illustrationsversuche aufgab und mich ganz auf das Schreiben reiner Prosageschichten verlegte. »Textgeschichten« nannte man das damals zur Unterscheidung von voll illustrierten Comics (und natürlich waren sie unter den anderen Fans nicht halb so beliebt).

Manta Ray kehrte in einer zweiten Geschichte zurück, die mit ungefähr zwanzig Seiten in einfachem Zeilenabstand derart lang geriet, dass Chambers sich entschied, sie aufzuteilen. Die erste Hälfte von »The Isle of Death« erschien in Ymir #5 und endete mit den Worten »Fortsetzung folgt«. Tat sie aber nicht. Es gab keine weitere Ymir-Ausgabe, und die zweite Hälfte des zweiten Abenteuers von Manta Ray folgte den drei verlorenen Garizan-Geschichten ins Vergessen.

Inzwischen hatte ich meine Ziele schon wieder höhergesteckt. Das angesehenste Fanzine war zu dieser Zeit Alter Ego, aber sie veröffentlichten fast ausschließlich Artikel, Kritiken und Interviews. Die richtige Anlaufstelle für Geschichten und Amateur-Comics war Star-Studded Comics, herausgegeben von den drei Texanern Larry Herndon, Buddy Saunders und Howard Keltner, die sich das Texas-Trio nannten.

Die erste SSC-Ausgabe ’63 konnte ein im Vergleich zu anderen damaligen Fanzines überwältigendes Vollfarbdruck-Cover vorweisen. Innen fand sich der vertraute unscharfe Spiritus-Umdruck, aber mit der vierten Folge des Hefts stieg das Texas-Trio auch für den Innenteil auf Offsetdruck um, und SSC avancierte zum ansehnlichsten Fanzine seiner Zeit. Wie DC und Marvel hatte das Trio seinen ganz eigenen Stall voller Superhelden: Powerman, den Defender, Changling, Dr. Weird, das Auge, die Menschliche Katze, den Astralmann und ein paar weitere. Don Fowler, Grass Green, Biljo White, Ron Foss und überhaupt die meisten bekannten Fan-Illustratoren zeichneten für SSC, und Howard Waldrop schrieb Textgeschichten (Howard Waldrop war quasi ein viertes Redaktionsmitglied, wie der fünfte Beatle). In der Comic-Fangemeinde war SSC damals um 1964 eine ganz große Sache.

Ich wollte dazugehören und hatte eine großartige, hochoriginelle Idee. Gehirne im Glas wie Garizan und maskierte Verbrecherjäger wie Manta Ray waren alte Hüte, aber nie zuvor hatte es einen Superhelden auf Skiern gegeben! (Ich war nie Ski gefahren. Habe mich bis heute nicht dran versucht.) Im einen Ski meines Superhelden steckte ein Flammenwerfer, im anderen ein Maschinengewehr. Für besonderen Realismus ließ ich ihn statt gegen irgendeinen ollen Superschurken gegen die Kommunisten antreten. Aber das Beste an der ganzen Geschichte war, dass sie mit dem unerhörten, tragischen Tod des White Raider endete. Das würde dem Texas-Trio mit Sicherheit die Schuhe ausziehen und mir ihre volle Aufmerksamkeit sichern.

Ich nannte die Geschichte »The Strange Saga of the White Raider« und schickte sie Larry Herndon, der nicht nur ein Drittel der Redaktion von SSC stellte, sondern auch einer der Ersten aus der Comic-Fangemeinde war, mit denen ich zu tun gehabt hatte. Ich war überzeugt, er würde die Geschichte mögen.

Das tat er auch … aber für SSC wollte er sie nicht haben. Er erklärte mir, dass das Flaggschiff-Fanzine des Trios bereits eine volle Heldenbesatzung habe. Die drei wollten lieber die vorhandenen ausarbeiten und weiterentwickeln, als neue hinzuzunehmen. Ihnen allen gefiele jedoch, was sie von mir gelesen hatten, und sie würden sich freuen, wenn ich für Star-Studded Comics schriebe … allerdings über ihre Charaktere.

So kam es, dass »The Strange Saga of the White Raider« in Batwing erschien, einem Fanzine, das Larry Herndon im Alleingang herausgab, und ich Textgeschichten über zwei von Howard Keltners Schöpfungen für SSC schrieb, zuerst über Powerman. »Powerman vs The Blue Barrier!« erschien im August 1965 in SSC #7 und wurde gut aufgenommen … aber meinen Durchbruch in der Comic-Fangemeinde schaffte ich in SSC #10 mit der Dr.-Weird-Geschichte »Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln«.

Dr. Weird war ein mystischer Rächer, der gegen Geister, Werwölfe und andere übernatürliche Gefahren kämpfte. Bis auf die Namensähnlichkeit hatte er mit Marvels Dr. Strange wenig gemein. Keltner hatte ihn Mr. Justice nachempfunden, einem Helden aus dem Goldenen Zeitalter der Comics. Doc Weird trieb es noch wilder als mein White Raider mit seinem Ableben am Ende der allerersten Geschichte, er nämlich starb mitten in seiner ersten Geschichte. Als Zeitreisender aus der Zukunft trat er aus seiner Zeitmaschine heraus, geriet direkt in einen Überfall und wurde erschossen. Dass sein Tod vor seiner Geburt stattfand, brachte den Kosmos ins Ungleichgewicht, und so war er dazu verurteilt, auf der Erde zu bleiben und gegen alles Falsche und Üble zu kämpfen, bis der Zeitpunkt seiner Geburt erreicht war.

Er lag mir sofort. Keltner gefiel, was ich über ihn schrieb, er ermutigte mich zu weiteren Geschichten, und als er die Figur in sein eigenes Fanzine überführte, schrieb ich den Text zu einem Comic, den ein neuer, bis dahin unbekannter Zeichner wunderbar illustrierte. Jim Starlin adaptierte »Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln« auch als Comic, aber die Textgeschichte ist zuerst dagewesen.

Zu dieser Zeit hatte die Comic-Fangemeinde ihre eigenen Auszeichnungen ins Leben gerufen. Die Alley Awards waren nach Alley Oop benannt, dem »ältesten Comic-Charakter von allen« (the Yellow Kid hätte gegen diese Bezeichnung womöglich sein Veto eingelegt). Wie beim Hugo wurde bei den Alley Awards zwischen professioneller Arbeit und der von Fans unterschieden: goldene Auszeichnungen für die Profis, silberne für Fans. »Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln« wurde in der Kategorie Textgeschichten für den silbernen Alley nominiert … und zu meinem sprachlosen Entzücken hat sie gewonnen (unverdientermaßen angesichts dessen, was Howard Waldrop und Paul Moslander zur gleichen Zeit geschrieben hatten). Flüchtige Visionen von silbrig schimmernden Trophäen zuckten durch meine Gedanken, aber ich bekam nichts. Die Sponsorengruppe brach kurz darauf in sich zusammen, und mit den Alley Awards war es aus … aber die Anerkennung hatte mein Selbstvertrauen sehr gestärkt und ermutigte mich, weiterzuschreiben.

Als die Geschichten um Dr. Weird veröffentlicht wurden, veränderte sich gerade einiges in meinem Leben. Im Juni 1966 schloss ich die High School ab, und im September verließ ich zum ersten Mal in meinem Leben mein Elternhaus und nahm den Greyhound-Bus nach Illinois, wo ich mich an der Medill-Journalistenschule einschrieb.

Die seltsame, fremde Welt der Universität begeisterte mich und machte mir zugleich Angst. Ich kam in dem Studentenwohnheim Bobb Hall für Erstsemester unter (meine Mutter brachte einiges durcheinander und glaubte, mein Zimmernachbar hieße Bob), mitten in diesem eigenartigen Mittleren Westen der USA, wo die Nachrichten zu früh gesendet wurden und niemand wusste, wie man anständige Pizza macht. Die Seminare waren anspruchsvoll, ich musste neue Freundschaften schließen, mich mit neuen Arschgeigen herumärgern, neue Laster erkunden (Kartenspiel in meinem ersten Jahr, später dann Bier) … und in meiner Klasse gab es Mädchen. Noch immer kaufte ich Comics, wenn ich zufällig welche sah, aber schon bald fehlten mir einige Ausgaben, und die Verbindung entglitt mir zusehends. Inmitten all des Neuen, das auf mich einstürmte, fand ich kaum Zeit zu schreiben. In meinem ersten College-Jahr beendete ich nur eine einzige, eigenartige SF-Geschichte, »The Coach and the Computer«, die in der ersten (und einzigen) Ausgabe eines Fanzines namens In-Depth erschien.

Mein Hauptfach war Journalismus, im Nebenfach studierte ich Geschichte. Im zweiten Jahr nahm ich an einem Seminar über die Geschichte Skandinaviens teil, weil es mir cool vorkam, sich im Studium mit Wikingern zu beschäftigen. Professor Franklin D. Scott war ein begeisterter Lehrer und lud den ganzen Kurs zu sich nach Hause ein, wo wir skandinavisch aßen und Glug tranken (Glühwein mit darin schwimmenden Rosinen und Nüssen). Wir lasen altnordische Sagen, die isländische Edda und die Gedichte des finnischen Patrioten Johan Ludvig Runeberg.

Ich liebte die Sagen und die Edda, die mich sehr an Tolkien und Howard erinnerten, und war ganz gefangen von Runebergs Gedicht »Sveaborg«, einer mitreißenden Klage um die riesige Festung vor Helsinki, das »Gibraltar des Nordens«, deren Besatzung sich im Russisch-Schwedischen Krieg 1808 unerklärlicherweise ergeben hatte. Ich wählte Sveaborg als Thema für meine Seminararbeit. Dann kam mir eine schräge Idee, und ich fragte Professor Scott, ob ich statt der üblichen Herangehensweise eine Geschichte über Sveaborg schreiben dürfe. Zu meiner großen Freude stimmte er zu.

»Die Festung« brachte mir eine Eins ein … und die Geschichte gefiel Professor Scott so gut, dass er sie an die American-Scandinavian Review sandte, mit der Anfrage, ob sie dort veröffentlicht werden könne.

Der erste Ablehnungsbrief meines Lebens stammte nicht von Damon Knight, Frederik Pohl oder John Wood Campbell, sondern von Erik J. Friis, dem Herausgeber der American-Scandinavian Review, der sein großes Bedauern darüber ausdrückte, die Geschichte nicht veröffentlichen zu können. Es ist ein ausgezeichneter Aufsatz, schrieb er mir im Begleitbrief vom 14. Juni 1968, aber leider für unsere Zwecke zu lang.

Sicher hat sich nicht oft jemand so sehr über eine Absage gefreut wie ich damals. Ein richtiger Herausgeber hatte eine meiner Geschichten gelesen und sie so gut gefunden, dass er mir statt einer Standard-Absage einen Brief geschrieben hatte! Mir war zumute, als habe sich unversehens eine Tür geöffnet. Als ich im darauffolgenden Herbst an die Northwestern zurückkehrte, um mein drittes College-Jahr anzutreten, trug ich mich für ein Seminar über Kreatives Schreiben ein … und geriet mitten unter zukünftige moderne Poeten, die freie Versdichtung und Prosagedichte verfassten. Ich liebte Lyrik, aber nicht solche. Ich wusste zu den Gedichten meiner Kommilitonen ebenso wenig zu sagen wie sie zu meinen Geschichten. So wie ich davon träumte, Geschichten in Analog und Galaxy oder dem Playboy Book of Science Fiction and Fantasy zu veröffentlichen, hofften sie, eins ihrer Gedichte bei TriQuarterly unterzubringen, einem renommierten Literaturmagazin.

Nur wenige der anderen schrieben gelegentlich auch Kurzgeschichten: überwiegend fragmentarische Einblicke in Figuren, ohne Rahmenhandlung, viele davon im Präsens, manche in der zweiten Person, einige verzichteten gänzlich auf Großbuchstaben (Um fair zu bleiben: Es gab Ausnahmen. An eine erinnere ich mich gut, eine in einem alten Lagerhaus spielende unheimliche kleine Horrorgeschichte, deren Stil fast lovecraftesk anmutete. Von allen Geschichten, die ich in diesem Jahr las, gefiel sie mir am besten; der Rest der Klasse verabscheute sie natürlich).

Nichtsdestotrotz schrieb ich im Kurs vier Geschichten (und kein einziges Gedicht). »The Added Safety Factor« und »Der Held« waren SF, »Tod war sein Vermächtnis« und »Protector« politisch gefärbte Mainstream-Geschichten (wir schrieben das Jahr 1968, und Revolution lag in der Luft). Die erstere entwickelte sich aus einer Figur heraus, die ich mir bereits auf der Marist High School ausgedacht hatte, als ich eine Vorliebe für James Bond entwickelt hatte (mit der Ursula Andress nicht das Geringste zu tun hatte, das versichere ich mit Nachdruck, und ebenso wenig die Sexszenen in den Büchern, nein, wirklich, kein bisschen). Maximilian de Laurier war ein »eleganter Killer«, ständig auf Reisen quer durch die Welt, um in exotischer Umgebung fiese Diktatoren zur Strecke zu bringen. Sein spezielles Gimmick: eine Pfeife, die zugleich ein Blasrohr war.

Als ich schließlich etwas über ihn zu Papier brachte, blieb im Grunde außer dem Namen nichts vom ursprünglichen de Laurier erhalten. Meine politischen Ansichten hatten sich gewandelt, und nach 1968 kamen mir Attentate nicht mehr sonderlich sexy vor. Die Geschichte habe ich nie verkauft, aber hier ist sie jetzt endlich zu lesen, nur unwesentliche fünfunddreißig Jahre, nachdem sie geschrieben wurde.

Zwar gefielen den anderen die Mainstream-Geschichten besser als die SF-Geschichten, aber so richtig mochten sie keine davon. Auch unser Prof, ein junger, hipper Lehrer mit klassischem Porsche und ellbogenbeflickter Cordjacke, konnte sich nicht so recht dafür begeistern … aber glücklicherweise hielt er Zensuren für groben Unfug, und ich entrann mit guten Noten und vier fertigen Kurzgeschichten.

Auch wenn meine Geschichten im Seminar keinen Anklang gefunden hatten, hoffte ich, dass der eine oder andere Herausgeber das anders sehen würde. Ich würde sie einfach einsenden und abwarten. Das Procedere war mir ja vertraut: die Adressen aus dem Writer’s Market heraussuchen, ein brandneues Farbband in meine Smith-Corona einspannen, das Manuskript sauber zweizeilig abtippen, es mitsamt einem kurzen Begleitbrief und einem frankierten und adressierten Rückumschlag losschicken – und warten. Das brachte ich fertig.

Während sich mein drittes College-Jahr dem Ende zuneigte, brachte ich meine vier Geschichten aus dem Seminar in Umlauf. Immer wenn eine Geschichte von einem Magazin zurückgeschickt wurde, sandte ich sie noch am gleichen Tag zum nächsten weiter. Ich begann ganz nach den Empfehlungen sämtlicher Autorenratgeber bei denen, die am besten bezahlten, und arbeitete mich nach unten durch. Und ich schwor mir feierlich, nicht aufzugeben.

Das war auch gut so. Allein »The Added Safety Factor« kam siebenunddreißigmal zurück, bis mir irgendwann nicht mehr einfiel, wo ich es noch versuchen könnte. Neun Jahre später in Iowa, wo ich Unterricht gab, statt ihn zu besuchen, las mein Kollege George Guthridge die Geschichte und sagte zu mir, er wisse, wie man sie retten könne. Ich gab ihm meinen Segen, und Guthridge benannte »The Added Safety Factor« in »Warship« um. Unter diesem Namen holte sie sich weitere fünf Ablehnungen ab, bis sie endlich bei F&SF ein Zuhause fand. Jene zweiundvierzig Ablehnungen blieben mein persönlicher Rekord, den zu brechen ich es nicht sonderlich eilig habe.

Auch die anderen Geschichten wurden abgelehnt, aber nicht so oft. Mir wurde bald klar, dass die meisten Magazine den Enthusiasmus der American-Scandinavian Review für Geschichten über den Russisch-Schwedischen Krieg von 1808 nicht recht teilten, und ich ließ »Die Festung« in der Schublade verschwinden. »Protector« erhielt nach der Überarbeitung den neuen Titel »The Protectors«, aber auch das änderte nichts. »Der Held« kam von Playboy und Analog zurück, machte sich auf zu Galaxy …

… und verschwand. Ich erzähle später, was damit geschah. Bis dahin schauen Sie sich doch ein wenig Material aus meiner Lehrlingszeit an. Wenn Sie sich trauen.

Nur Kinder fürchten sich im Dunkeln

»Inmitten stummen Schattenwogens

Treiben Gestalten, die den Blick verwirren

Phantomgestalten huschen durch das Dunkel

Geflügelt’ Bestien hoch am Himmel schwirren

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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