Treue um Treue - Hermann Weinhauer - E-Book

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Hermann Weinhauer

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Beschreibung

Mit seinem neusten Roman setzt Hermann Weinhauer dem opferreichen Kampf der Fallschirmjäger der Wehrmacht ein Denkmal. Max Jansen ist Soldat mit Leib und Seele. Als er zufällig von der neuen Elitetruppe der Luftwaffe – den Fallschirmjägern – erfährt, meldet er sich sofort freiwillig. Es folgt ein knochenharter Ausbildungsdrill, an dessen Ende er imstande ist, aus einem funktionierenden Flugzeug direkt ins Feindfeuer zu springen. Schließlich überschlagen sich die Ereignisse auf der politischen Weltbühne. Der Zweite Weltkrieg bricht aus. Und Jansen kämpft als deutscher Fallschirmjäger an allen Fronten. So knacken er und seine Kameraden die »Festung Holland« mit einer verwegenen Luftlandeoperation. Im Frühsommer 1941 nimmt Jansen an der berüchtigten Operation Merkur – der Schlacht um Kreta – teil, bei der sich die deutsche Fallschirmjägertruppe bewährt, aber auch immense Verluste hinnehmen muss. Es folgen weitere Kampfeinsätze an der Ostfront, in Italien und später an der Westfront, wo der Krieg für Max Jansen schließlich enden soll … Hermann Weinhauers neuster Roman ist eine erschütternde Leseerfahrung über das Kämpfen und Leiden deutscher Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg. Wandeln Sie auf den Spuren dieser Elitetruppe, die von den Kriegsgegnern zurecht gefürchtet wurde.

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Hermann Weinhauer

 

 

Treue um Treue

Von der Schlacht um Kreta bis in die Ardennen – Deutsche Fallschirmjäger an allen Fronten im 2. Weltkrieg

 

 

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Hermann Weinhauer

 

Treue um Treue

 

Der Gefreite Max Jansen sitzt im Zug Richtung Dessau. Er blickt gelangweilt aus dem Fenster seines Abteils. Die altmärkische Landschaft zieht rasend schnell an ihm vorbei, doch er nimmt sie nur im Unterbewusstsein wahr. Zu oft ist er in den letzten Monaten Zeuge dieses Schauspiels gewesen. Augen und Geist ignorieren die vertraute Landschaft. Nach einigen Stunden Fahrt erreicht er jene Stadt, die als Sitz der Gauleitung Magdeburg-Anhalt fungiert.

Auf dem Bahnhof von Dessau angekommen, fällt ihm sofort ein Werbeplakat der Luftwaffe auf, welches in der großen Bahnhofsvorhalle an der Wand hängt. Unweigerlich muss er innehalten und sich den Werbeträger genauer anschauen. Der abgebildete stürzende Adler als auch die gesamte Ästhetik der Darstellung machen auf Jansen einen starken Eindruck. Geworben werden sollen Freiwillige für die Fallschirmtruppe. Bisher hat der junge Gefreite von dieser Truppe noch nicht viel gehört. Da es für Jansen allmählich Zeit wird, in seine Kaserne zurückzukehren, kann er sich auch nicht länger mit dem Plakat befassen. Die vorbeispazierenden Zivilisten nehmen ebenfalls kaum Notiz vom farbenfrohen Werbeplakat.

Nach einem kurzen Fußmarsch gelangt er zur Kaserne seiner Einheit, das Pionier-Lehr-Bataillon 1. Dorthin hat es ihn nach seiner Einberufung und Grundausbildung verschlagen. Die Kaserne, die den Namen »Sturmbataillon Rohr« trägt, wurde erst vor kurzer Zeit errichtet. Alles entspricht den neusten Standards.

Es sind bereits mehrere Kameraden aus dem Wochenende zurückgekehrt; die jungen Soldaten kommen im Mannschaftsheim zusammen. Lautstark und fröhlich unterhalten sie sich über tatsächliche und angebliche Begebenheiten, die sie erlebt haben wollen. Die Gespräche drehen sich um Kneipenbesuche, die ein oder andere Schlägerei und so manches Frauenabenteuer. Was wahr und was übertrieben ist, können sich die Beteiligten oftmals denken. Hin und wieder wird ein Getränk bestellt, doch Max Jansen hat nach einer Weile die Nase voll von den belanglosen Gesprächen und begibt sich zu seiner Stube. Er hat Glück, denn zurzeit muss er sie sich nur mit einem weiteren Kameraden teilen, denn der Auswahlprozess für das Bataillon, welches sich in der Tradition des Sturmbataillons »Rohr« und des Gard-Reserve-Pionier-Regiments – der Totenkopf-Pioniere – sieht, sind streng.

Als er die spartanisch mit vier Stühlen, einem großen Holztisch, Betten und Spinden eingerichtete Stube betritt, liegt sein Kamerad Siegfried Schumann auf seinem Bett und blättert lustlos in einer Broschüre.

Neugierig wendet sich Jansen an ihn: »Grüß dich, Siggi. Was liest du denn da?«

»Hallo Max … ach, das ist nur ein Werbeblatt der Luftwaffe. Kannst es haben, wenn du willst. Es lag im Mannschaftsheim aus.«

Mit einem leichten Schwung aus dem Unterarm wirft Schumann die Broschüre zu seinem Kameraden herüber. Max Jansen fängt sie gekonnt auf und setzt sich an den naturbelassenen Holztischt. Interessiert blättert er darin. Auch diese Broschüre wirbt um Freiwillige für die Fallschirmjägertruppe, genauso wie das Werbeplakat in der Bahnhofsvorhalle. Wieder macht der dynamisch wirkende, stürzende Adler mir den angelegten Schwingen Eindruck auf den jungen Soldaten. Auch die Aussicht, bequem mit dem Flugzeug in die Schlacht geflogen zu werden, gefällt ihm. Jansen ist zwar alles andere als unsportlich, dafür sorgen schon die zahllosen Märsche und Übungen auf dem Sturmübungsplatz im Bataillon, dennoch zählt das Marschieren keineswegs zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Nachdem er die Broschüre durchgesehen hat, möchte er wissen, was Schumann davon halte.

»In einer Luftkutsche durch die Gegend geflogen werden und dann mit einem übergroßen Regenschirm rausspringen? Nee, mein Lieber, das ist nichts für mein zartes Gemüt.«

Jansen hingegen lässt die Aussicht auf neuerliche Abenteuer nicht mehr los. Schon als Jugendlicher war er für jedes Abenteuer zu haben. Zudem versteht er etwas von Technik und ist handwerklich geschickt. Dies freute vor allem seinen Vater, welcher sich nach der Niederlage im Weltkrieg eine Existenz mit einer eigenen kleinen Tischlerei aufgebaut hat und lange guter Dinge war, dass sein ältester Sohn einmal die Firma übernehmen werde. Diese Hoffnung jedoch hat sich einstweilen zerschlagen, denn der junge Max ging zwar beim Vater in die Lehre und konnte diese erfolgreich beenden, doch das Kaufmännische ist nicht seine Welt.

Max entschied sich schließlich für eine Laufbahn beim Militär. Aber auch damit konnte sein Vater leben; diente er doch selbst im Großen Krieg bei den Pionieren, und genau zu dieser Truppe hat es auch seinen ältesten Sohn verschlagen. Nun kündigt sich für Max Jansen ein weiteres abenteuerliches Kapitel an. Trotz der Aufregung, welche von ihm Besitz ergreift, beschließt er, sich das Ganze gut zu überlegen. Jansen nutzt die noch verbleibende Zeit, um seine Ausrüstung zu überprüfen und gegebenenfalls für die befürchtete Inspektion am nächsten Morgen in Ordnung zu bringen. Bald schon ertönt der Befehl zur Nachtruhe. Jansen schlüpft in sein Bett und fällt in einen unruhigen Schlaf.

Schon am nächsten Tag, nach einer Verbandsübung auf dem Übungsplatz, bei der sie MG-Nester und Bunker mit Sprengladungen und Flammenwerfern bekämpften, erhält Jansen die Möglichkeit, mit seinem Kompaniechef über die Freiwilligenmeldung zur Fallschirmtruppe zu sprechen. Naturgemäß ist der Hauptmann alles andere als erfreut, einen guten Soldaten zu verlieren. Doch da auch er vor kurzem eine Mitteilung auf seinem Schreibtisch bekam, die besagte, dass man geeignetes Personal an die Luftwaffe zur Fallschirmausbildung abzustellen habe, bleibt ihm nichts anderes übrig, als dies nun zu tun.

Schon eine Woche später sitzt der Gefreite Max Jansen in einem Zug nach Stendal. Dort befindet sich der Standort der 7. Flieger-Division, welche von Generalmajor Kurt Student aufgebaut und geführt wird. Als Jansen auf dem Bahnhof in Stendal ankommt, findet er sich als Teil einer kleinen Gruppe wieder. Er erkennt eine Vielzahl von Uniformen. Größtenteils stammen die Männer aus der Luftwaffe, aber auch einige Heereskameraden kann er ausmachen, und sogar einen Matrosen von der Kriegsmarine. Dieser wirkt etwas deplatziert.

Gleich nach der Ankunft werden die Soldaten per LKW zum Fliegerhorst Stendal gebracht und von einem Unteroffizier zu den Unterkunftsräumen geführt, die sie sich für die Zeit des Auswahlprozesses teilen sollen. Immer mehr steigt die Nervosität in Max Jansen auf. Noch kann er sich kein genaues Bild davon machen, was ihn wohl erwarten wird. Diese Ungewissheit ist so rein gar nichts für ihn. Zunächst geht es jedoch zu einer gründlichen ärztlichen Untersuchung. Allen Kandidaten, die mehr als 85 Kilogramm wiegen, wird mitgeteilt, dass sie sehr schnell an Gewicht verlieren müssten, da die maximale Traglast des Standardfallschirms RZ 1 der Fallschirmjäger bei eben genau diesem Gewicht liege. Zum Glück zählt Jansen nicht dazu. Mit seinen 1,78 Meter Körpergröße und 72 Kilo ist er nahezu ideal für den neuen Einsatz gebaut.

Am nächsten Tag geht es schon in ein Flugzeug. Es wird ein Flug mit einer alten Dornier Do 23 durchgeführt. Die Ausbilder wollen sehen, wem schwindlig oder übel wird. Solche Kandidaten werden gleich wieder zu ihren Stammeinheiten geschickt. Wie viele seiner Kameraden ist auch Max Jansen aufgeregt und nervös, denn es ist sein erster Flug überhaupt. Der hochbeinige, zweimotorige Schulterdecker ist auch nicht gerade dazu geeignet, in ihm ein beruhigendes Gefühl auszulösen. Doch glücklicherweise übersteht er alles gut.

Als er wieder festen Boden unter den Füßen spürt, wird erst einmal tief durchgeatmet. Tatsächlich haben einige Kameraden den Flug nicht ganz so gut überstanden; manch einer übergab sich noch im Flugzeug. Die Unglücksraben werden von den restlichen Kandidaten getrennt und sogleich wieder zu ihrer Stammeinheit zurückgeschickt. Für die übriggebliebenen Soldaten geht es in Marschordnung zu einem 15 Meter hohen Turm. Die jungen Männer müssen auf diesen hinaufkraxeln und dann in einen Wassertank springen. Auch diese Herausforderung meistert Max Jansen ohne Probleme. Andere Kameraden bekommen bei dieser Übung die sprichwörtlichen weichen Knie – auch sie werden wieder zu ihrer Einheit geschickt.

Am nächsten Tag warten auf Max Jansen und seine Kameraden anspruchsvolle Hindernisparcours und Querfeldeinläufe. Jeder Übungsabschnitt muss gegen die tickende Uhr absolviert werden. Die Übungen werden einzeln als auch gruppenweise durchgeführt. Die Ausbilder wollen sehen, dass die Anwärter Aggressivität, Erfolgswillen und Mannschaftsgeist zeigen – allesamt Eigenschaften, die für den Fallschirmjäger überlebenswichtig sind.

Eine Besonderheit der Fallschirmjägertruppe ist, dass die Männer aus den unterschiedlichsten Regionen des Reiches kommen. Daher ist es wichtig, sich kennenzulernen und die Sprache, den Dialekt des anderen zu verstehen. In den Stammeinheiten kommen alle Soldaten in der Regel aus einem Wehrkreis. Bei den Fallschirmern muss der Ostpreuße den Bayern verstehen, der Schlesier den Westfalen.

Der dritte Tag ist gekennzeichnet von Waffenübungen, zerlegen und zusammensetzen, wieder gegen die Uhr, aber auch vom Unterricht in Militärrecht und nationalsozialistischer Geschichte und Lehre. Die größte Herausforderung sollte für die jungen Freiwilligen allerdings noch kommen – ein Test, bei dem abermals viele Kameraden durchfallen und nach Hause geschickt werden. Die Rede ist von einem Zwiegespräch mit Major Richard Heidrich, dem Kommandeur des II. Bataillons/Fallschirmjäger-Regiment 1. Es entfaltet sich dabei ein Frage-und-Antwort-Spiel, das so angelegt ist, dass Major Heidrich gezielt den Kampfgeist und die Motivation der Freiwilligen erfragt und einschätzt. Doch auch diese Hürde nimmt Max Jansen mir Erfolg.

Nach dem Gespräch ist er mit sich zufrieden. Er ist in diese neue Elitetruppe aufgenommen, zumindest vorläufig. Nun geht es für die jungen Männer, welche es in die Einheit geschafft haben, so richtig los. Die Soldaten müssen ein hartes Programm absolvieren. Querfeldeinläufe mit voller Ausrüstung, angetrieben von erfahrenen Oberjägern, welche es verstehen, sie bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit zu treiben und teilweise darüber hinaus. Morgens, mittags, abends nimmt das Abhärtungsprogramm seinen Lauf. Alles ist so aufgebaut, dass die Fallschirmjägeranwärter auf ihre zukünftige Rolle als leichte Infanteristen vorbereitet werden. Schnelligkeit und Flexibilität sind ihre Lebensversicherung. Harte Leistungen werden den jungen Männern abverlangt, zum Beispiel durch Marschleistungen von 30 Kilometer mit voller Ausrüstung innerhalb einer Zeitspanne, welche sich mit jedem weiteren Marsch verkürzt. Dazu kommt noch die Ausbildung im bewaffneten und unbewaffneten Nahkampf und Ausbildungen an verschiedensten Waffen.

Bisher hat es Jansen nur mit deutschen Schießeisen zu tun gehabt. Er kennt den Karabiner 98k, die P08, Stiel- und Eierhandgranaten. Als ausgebildeter Pionier hat er den Vorteil, dass er sich auch in der Anfertigung von geballten und gestreckten Ladungen sowie mit Flammenwerfern auskennt. Die meisten seiner neuen Kameraden kennen nur die Standardwaffen der Infanterie. Nun lernen die Anwärter, wie sie mit Maschinenpistolen, Maschinengewehren, leichten Granatwerfern und Minen umgehen. Dazu kommen sogar einige ausländische Waffen, mit denen sie auf einem Schlachtfeld konfrontiert werden könnten. Das Wissen um die Bedienung dieser Waffen könnte sich als lebensrettend für die zukünftigen Fallschirmjäger erweisen, ganz besonders, wenn sie einmal hinter den feindlichen Linien abspringen sollten.

Auch im Feld verbringen Jansen und seine Kameraden sehr viel Zeit. Manöver werden zunächst auf Gruppen- und Zugebene abgehalten. Sie steigern sich nach und nach bis hin zur Kompanie- und Bataillonsebene. Das Gefecht wird bis ins kleinste Detail geübt, so lange, bis jeder die Reaktionen des anderen auf bestimmte Gefechtssituationen verinnerlicht hat. Härter und härter werden die täglichen Übungen und vor allem immer realistischer. Mehr und mehr Hindernisparcours müssen überwunden werden. Mittlerweile sind diese jedoch gespickt mit Stacheldraht und Minenattrappen. Auch der Angriff auf Nachbauten von realen Bunkern und Befestigungen wird geübt. Hier hat Jansen wieder einige Vorteile auf seiner Seite, denn durch die Pioniervorbildung ist er darin bereits etwas geübter als seine Kameraden und kann ihnen sogar so manchen hilfreichen Tipp geben.

Die politischen Schulungen dürfen natürlich nicht fehlen, denn die NS-Führung möchte ihre Soldaten auf Linie wissen, doch werden die Schulungen immer seltener angesetzt, je mehr Zeit die Männer auf dem Gefechtsübungsfeld verbringen. Dennoch beginnt sich Max Jansen zu fragen, wann es denn nun endlich zum eigentlichen Element der Fallschirmtruppe gehe. Zwar wurde bereits immer und immer wieder das Packen des Fallschirms geübt, auch ging es ab und an auf ein Trampolin, um ein wenig »Höhenluft« zu schnuppern, aber ans Eingemachte ging es bisher noch nicht.

Am darauffolgenden Tag beginnt endlich der 16-tägige Fallschirmkurs. Der Ausbilder erklärt den Anwärtern, dass der Ausstieg aus einer Junkers Ju 52 und auch der RZ 1 eine spezielle Sprungtechnik erfordern. Um die notwendige Übung und Geschicklichkeit zu erreichen, geht es zunächst an eine Türattrappe. Nun folgen einige Trockensprünge aus ungefähr zwei Meter Höhe. Als Nächstes wird die richtige Haltung während des Falls geübt. Es wird vorgeführt, welche Körperhaltung einzunehmen ist, um den Absprung und den anschließenden Fall richtig zu meistern und um Verletzungen zu vermeiden. Zu diesem Zweck werden die jungen Männer mittels eines Gurtes an der Decke der großen Halle befestigt. Wieder und wieder wird dies geübt – Fallschirm prüfen und packen, Trockenübungen an den Attrappen und im Gurt. Auch gehen sie auf das Flugfeld. Hier steht eine dreimotorige Junkers-Maschine. Sie steigen ein und müssen nach und nach aus der offenen Tür springen und sich richtig abrollen. Dabei wird ordentlich Staub geschluckt, doch ist dies alles besser, als im Ernstfall einen Fehler zu machen, welcher das Leben kosten kann.

Dann endlich ist es so weit. Die Fallschirmjägeranwärter stehen wieder am Platzrand des Fliegerhorstes in voller Montur angetreten. Das Fallschirmpäckchen und das Gurtzeug werden vom Ausbilder nochmals überprüft. Danach bewegen sich die Männer in die bereitstehende Ju 52.

Sobald die jungen Soldaten an Bord der Transportmaschine sind, müssen sie die Aufziehleine zwischen die Zähne nehmen, um sich mit beiden Händen bei auftretenden Turbulenzen oder später bei eventuellem Abwehrfeuer des Gegners festhalten zu können. Die Maschine startet und die Soldaten starren mit angespanntem Blick geradeaus. Jeder von ihnen hängt seinen eigenen Gedanken nach. Wieder steigt in Jansen das unangenehme Drücken in der Bauchgegend auf. Tausend Gedanken schießen ihm durch den Kopf. Endlich hat das Flugzeug die befohlene Höhe erreicht und die zukünftigen Fallschirmer bekommen von ihrem Ausbilder, welcher die Funktion des Absetzers übernimmt, den Befehl, aufzustehen und die Aufziehleine in ein Kabel einzuhacken. Dieses Kabel läuft in Schulterhöhe entlang der Maschine. Die sicheren und ruhigen Befehle des Vorgesetzten, der keine Unsicherheit oder Nervosität erkennen lässt, wirken unglaublich beruhigend auf die jungen Soldaten. Der erste Mann der Gruppe nähert sich dennoch ängstlich der offenen Tür im Rumpf der Maschine. Er positioniert sich wie beigebracht, um sich in gespreizter Haltung aus der Tür zu stürzen.

»Los, Los, Los!«, schreit der Absetzer gegen den Motoren- und Fluglärm der Junkers an und die Männer hechten nacheinander aus der Maschine. Auch Max Jansen überwindet seine natürliche Abneigung, aus dem Flugzeug zu springen, und hechtet wie geübt nach draußen. Voll gepumpt mit Adrenalin, nimmt er das laute Flattern des sich aufblähenden Schirms nur unbewusst wahr. Da hört er ein Krachen und sofort durchströmt ihn ein unangenehmes Ziehen, da der Gurt mit einem scharfen Ruck an ihm zerrt. Gleich darauf überfällt ihn eine unglaubliche Erleichterung, als er realisiert, dass sein Schirm sich sicher geöffnet hat, und er schwebt mit täuschender Langsamkeit der Erde entgegen. Er versucht sich an seine bisherige Ausbildung zu erinnern und dreht sich dem Wind entgegen, um dem Aufprall am Boden die Energie zu rauben. Dann berühren die in den Springerstiefeln steckenden Füße den Untergrund, gefolgt von den gepolsterten Knien. Jansen rollt sich auf dem staubigen Boden ab, so gut es geht, und versucht die Fangleine zu greifen, um den Wind aus dem großen Schirm zu drücken, damit er nicht unkontrolliert über die Erde geschleift wird. Plötzlich ist alles vorbei. Er steht wieder auf beiden Füßen und verleiht voller Enthusiasmus seiner Erleichterung Ausdruck. Rings um ihn herum vernimmt er ebenfalls den erleichterten Jubel seiner Kameraden.

Noch fünf Absprünge müssen die Luftwaffensoldaten absolvieren. Es muss aus unterschiedlichen Höhen, bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten und auch bei schlechter Sicht gesprungen werden. Dann ist es endlich so weit und Max Jansen sowie seine übriggebliebenen Kameraden bekommen das begehrte Fallschirmschützenabzeichen. Anerkennend schütteln die bisherigen Ausbilder den frischgebackenen Fallschirmjägern die Hände. Es folgt die Abschiedsparade durch die Straßen von Stendal. Danach begibt sich der zum Obergefreiten beförderte Jansen zu seinem Bataillon der 7. Flieger-Division.

Die Hektik der zurückliegenden Zeit lässt ein wenig nach. Zu seiner Freude hat Jansen sogar ein paar Tage Urlaub bewilligt bekommen. Nun kann er in seiner Heimatstadt mit seiner neuen Luftwaffenuniform stolz durch die Straßen laufen, an der Brust deutlich sichtbar das Fallschirmschützenabzeichen. Nach dem Urlaub geht das Kasernenleben weiter. Auch die Männer spüren die Anspannung der politischen Lage. Neben dem alltäglichen Waffendrill und den Sporteinheiten werden jetzt theoretische und praktischer Übungen in Erster Hilfe abgehalten. Selbstverständlich werden auch Fallschirmsprünge in großen und kleineren Einheiten und das anschließende Erreichen bestimmter Ziele geübt. Neu dazu kommt der Flug in einem Lastensegler vom Typ DFS 230. Die meisten Fallschirmjäger staunen nicht schlecht, als die Zugführer ihnen den Sinn und Zweck dieses Seglers erläutern. Jansen steht vor einem dieser Gleiter und ihn überkommt ein unbehagliches Gefühl. Zwar ist er ja nun kein Neuling mehr und hat Sprünge aus Junkers Ju 52, Junkers G 38, Junkers Ju 90 und sogar einer umgebauten Heinkel He 111 absolviert, aber solch eine Konstruktion hat er noch nicht gesehen.

Jansen und neun weiter Kameraden nehmen im Lastensegler Platz. Die Konstruktion ist nicht viel mehr als ein Stahlgerüst mit Stoffbespannung samt Tarnmusteraufdruck. Mit einem Ruck geht es los und die Männer werden von einem Schleppflugzeug in die Luft gezogen. Es fällt sofort auf, dass es bedeutend leiser im Inneren des Gleiters ist als zum Beispiel in einer Ju 52. Dort ist das Dröhnen der drei Triebwerke allgegenwärtig, denn in der Transportversion für die Wehrmacht ist kein Platz für Komfort und die dünne Wellblechhaut hält nichts von der Akustik ab. Hier im Segler jedoch hört Jansen das Donnern der Motoren des Schleppflugzeugs nur wie aus weiter Ferne; ansonsten ist da nur das leise Rauschen des Seglers selbst. Nach kurzer Flugzeit gibt der Flugzeugführer nach hinten durch, dass sie vom Schleppflugzeug ausgeklinkt seien und nun zum Gleitflug übergehen würden. Das Rauschen verschwindet beinahe vollständig. Nur noch ein Wispern dringt an Jansens Ohren.

Die Männer machen sich auf Befehl ihres Gruppenführers bereit zum Gefecht. An der Neigung des Seglers können die Männer erkennen, dass sie sich im Sinkflug befinden. Mit einem schleifenden und knarrenden Geräusch und einem leichten Ruck setzt der Segler auf seinen Holzkufen auf. Schon nach kurzer Strecke kommt er zum Stehen. Jansen und seine Kameraden verlassen den Segler rasch durch eine große Tür an der rechten Rumpfseite. Jener Soldat, welcher hinter dem Flugzeugführer sitzt, bring an eben dieser Rumpfseite ein MG 34 an und gibt seinen Kameraden damit Feuerschutz. Die Gruppe sammelt sich und geht rund um den Segler in Stellung.

Im scharfen Einsatz würde es nun darum gehen, Waffenbehälter zu bergen, die Landestelle freizukämpfen oder eben ein bestimmtes Ziel anzugehen. Ein Beobachter, welcher sich vor Ort befindet, versichert den Männern, dass der Anflug beinahe geräuschlos vonstattengegangen sei. Hätte er nicht gewusst, von wo der Anflug stattfinden solle, er hätte es nicht gemerkt.

»Nun stell dir mal vor, das Ganze machen wir bei Nacht oder im Morgengrauen. Da haben wir den Feind hopsgenommen, noch bevor der weiß, dass wir überhaupt da sind«, meint Jansen euphorisch zu einem seiner Kameraden. Wie recht er mit dieser Einschätzung einmal haben soll, weiß er da noch nicht.

Die Übung ist ein Erfolg und die Luftwaffensoldaten sind um eine Erfahrung reicher. Die kleine Gruppe Fallschirmjäger wird von einem Lastkraftwagen der Luftwaffe zurück zur Kaserne gebracht. Eine andere Gruppe von Luftwaffensoldaten kümmert sich derweil um den Lastensegler.

Max Jansen wird kurz darauf zum III. Bataillon des Fallschirmjäger-Regiments 1 versetzt. Nun wechseln sich Gefechtsübungen, Waffenübungen und Vorträge ab. Immer wieder kommt es auch zu Alarmübungen, bei denen sie mitten in der Nacht aus den Betten geholt werden und in kürzester Zeit gefechtsbereit auf dem Kasernenhof antreten müssen. Mal geht es dann raus ins Gelände, mal können sie sich wieder in die Betten begeben.

Die Zeit nach Dienst nutzen Jansen und seine Kameraden, um schwimmen zu gehen, Fußball zu spielen oder das kaserneneigene Kino zu besuchen.

 

*

 

Mehr und mehr erahnen die jungen Soldaten, dass sich der politische Himmel über Europa verfinstert. Nachdem bereits bei der Eingliederung des Sudentenlandes 1938 Teile der Division die Besetzung des Flugplatzes Freudenthal als Luftlandeübung nutzten und dann im März wiederum Teile der Division an der Besetzung der Rest-Tschechei im Raum Prag teilnahmen, kommt es Ende August zur Alarmierung der kompletten 7. Flieger-Division. Es ist so weit! Der Waffengang der deutschen Wehrmacht gegen Polen beginnt. Doch für Jansen und seine Kameraden ändert sich noch nichts. Auch als die Westmächte dem Reich den Krieg erklären, bemerkt er nicht viel vom Krieg. Das Fallschirmjäger-Regiment 2 hat die Sprungausbildung noch nicht abgeschlossen, auch die Ausbildung und Eingliederung der neugebildeten Pak-, Artillerie-, Transport-, und Pionierkompanien sind noch nicht abgeschlossen. Somit ist die 7. Flieger-Division als Ganzes nicht einsatzbereit und wird als OKW-Reserve bereitgehalten. Dazu ergeht der Befehl an den Stab der 7. Flieger-Division, dass sich die Einheit, verstärkt durch das Infanterie-Regiment 16, im Raum Liegnitz sammeln soll.

Mehrere geplante Sprungeinsätze für verschiedene einsatzbereite Teile der Division werden kurzfristig abgesagt, da die Panzerspitzen in Polen ihre avisierten Ziele bereits einnehmen konnten. Wirklich ernst wird es dann, als das III. FJR 1 nach Polen transportiert wird und Teile davon im Infanterieeinsatz im Raum Radom auf den polnischen Feind antreten. Der Großteil der eingesetzten Divisionsteile wird jedoch zur Sicherung des Gefechtsstandes von General Richthofen eingesetzt.

Nach der Befehlsausgabe wissen die Männer endlich, um was es geht … Einmal mehr beschleicht nicht nur Max Jansen ein ungutes Gefühl. Es geht gegen einen tatsächlichen Gegner! Das erste Mal wird scharf auf Menschen geschossen werden und so mancher Kamerad wird wohl nach dem Einsatz nicht mehr unter ihnen weilen. Eine fiebrige Anspannung ergreift von den jungen Männern Besitz. Dann geht es Schlag auf Schlag. Große Teile der polnischen Armee »Pruzy« wurden von deutschen Truppen eingekesselt und die Fallschirmjäger sollen nun die Kesselfront verstärken. Die Feindkräfte dürfen keine Gelegenheit zum Ausbruch erhalten.

Der Transport an die Front und das anschließende Beziehen der Stellungen verläuft lehrbuchmäßig. Die Männer sammeln sich und werden kurze Zeit später von den Heereskameraden eingewiesen. Jansen und seine Kameraden beginnen sodann, die vorhandenen Deckungslöcher und Stellungen weiter auszubauen. Mit dem Feldspaten dringen die Fallschirmjäger tiefer in den braun-schwarzen Boden vor. Doch bereits hier merken sie, dass es sich um alles andere als eine Übung handelt. Ununterbrochen vernehmen sie das Donnern und Grummeln des Kampfes ganz in ihrer Nähe.

Der Anschluss an die benachbarten Heereseinheiten ist ebenfalls sehr bald hergestellt und wird durch Melder abgesichert und kurz darauf gänzlich besetzt. Einige hilfreiche Ratschläge werden von den Heereskameraden gegeben, denn diese haben ihre Feuertaufe bereits hinter sich. Voller Spannung sehen die Luftwaffensoldaten, wie Reihen von Junkers Ju 87 auf Ziele innerhalb des Kessels herabstürzen; sie hören die Detonationen der Bomben und sehen die Rauchsäulen von zerstörtem Kriegsgerät aufsteigen. Der aufkommende Wind weht die Rauchschaden zu ihnen herüber und den Männern steigt der Geruch von verbranntem Holz und Gummi in die Nase. Kaum sind die Stukas weg, da können die Fallschirmjäger die Abschüsse der deutschen Artilleriegeschütze hören und die Explosionen der einschlagenden Granaten. Mitten im Granatenhagel fliegen Bomber vom Typ Heinkel He 111 an und laden ihre todbringende Fracht ab. Bei diesem Schauspiel von Tod und Vernichtung stellt sich so mancher der jungen Fallschirmjäger vor, wie es wohl in diesem Hexenkessel zugehe. Die Detonationen können die Landser bis zu ihren Stellungen spüren. Ab und an rieseln Erdklümpchen vom Deckungsrand; der Untergrund vibriert. Noch haben sie den Feind nicht direkt zu Gesicht bekommen. Vor ihrem Abschnitt bleibt alles vorerst ruhig.

Langsam senkt sich die Nacht über das Gebiet nördlich von Radom. Jansen nimmt seine Zeltbahn mit dem unverwechselbaren dreifarbigen Tarnmusterdruck, legt sie über sein Deckungsloch, denn die Nächte werden bereits empfindlich kalt. Doch selbst nachts gehen die Gefechte weiter. Kleinere Verbände polnischer Truppen versuchen an verschiedenen Stellen die Kesselfront zu durchbrechen. Jansen wird immer wieder durch Schusswechsel und Feuergefechte an anderen Abschnitten der Kesselfront aufgeschreckt. Doch die gegnerischen Verbände werden größtenteils abgewiesen. Die deutsche Artillerie feuert ebenfalls immer wieder auf erkannte Truppenansammlungen innerhalb des Kessels.

Am frühen Morgen ertönt plötzlich ein langgezogener Alarmruf. Es sind die vorderen Posten des Fallschirmjäger-Regiments, die da rufen. Sofort sind alle hellwach. Jansen krabbelt unter seiner Zeltbahn hervor, nimmt seinen Karabiner in Anschlag und wartet auf den Feuerbefehl. Links und rechts tun es ihm seine Kameraden gleich. Etwas abgesetzt sieht er, wie zwei Fallschirmer das MG 34 feuerbereit machen. Ein Dritter hantiert mit Munitionskisten. Trotz der morgendlichen Kälte beginnt Jansen zu schwitzen und dies liegt mit Sicherheit nicht an dem wärmenden, grau-grünen Knochensack, welchen er über seiner Luftwaffenuniform trägt. Schemenhafte Gestalten schälen sich aus dem nahen Waldrand und begeben sich auf die Freifläche vor den Stellungen der Fallschirmjäger. Die Anspannung steigt bei den jungen Soldaten, doch noch haben die Offiziere keinen Feuerbefehl erteilt. Beinahe unerträglich rinnen die Sekunden dahin und mit jedem weiteren Wimpernschlag kommen die feindlichen Soldaten näher. Diese werden nun vorsichtiger und huschen von Deckung zu Deckung. Hinter jedem Strauch und hinter jeder Bodenwelle suchen sie Schutz, aber anscheinend sind sie unschlüssig, wo genau die deutschen Stellungen liegen. Es sind vielleicht 100 bis 150 polnische Soldaten.

Jansen hockt in seinem Deckungsloch; der Geruch der feuchten Erde dringt in seine Nase. Die Anspannung ist kaum zu ertragen. Als der Gegner noch ungefähr 350 Meter entfernt ist, hört er ein lautes: »Feuer!«, und sofort beginnen die Maschinengewehre des Bataillons zu bellen. Keinen Augenblick später erklingt das laute Knallen der Karabiner und das kürzere Hacken der Maschinenpistolen. Max Jansen feuert. Sein Ziel hat er rechtzeitig aufgefasst. Er merkt den kräftigen Ruck des Rückstoßes gegen seine Schulter und dieser erste scharfe Schuss auf lebende Menschen erscheint ihm absurderweise beinahe wie eine Erlösung. Die gesammelte Anspannung fällt von ihm ab. Schon sucht er das nächste Ziel. Kugel um Kugel jagt er hinaus. Schnell ist sein Ladestreifen leergeschossen und mit geübten Handgriffen lädt er die fünf Schuss wieder nach.

Das Gefecht weilt nur kurz; das Ergebnis ist für die polnischen Soldaten vernichtend. Der Großteil von ihnen liegt bewegungslos im Vorfeld; nur wenigen gelingt es, sich zurückzuziehen. Die Luftwaffensoldaten lassen sie zurückweichen, ohne ihnen noch Schüsse hinterherzujagen. Einige wenige heben nach dem Feuergefecht die Hände, werfen die Waffen weg und kommen vorsichtig zu den deutschen Soldaten herüber. Diese werden sogleich ins Hinterland gebracht und den Heereskameraden übergeben. Nachdem sich alles wieder beruhigt hat, dringen nun auch die heiseren Hilfeschreie der Verwundeten an die Ohren der Deutschen. Eilig machen sich einige Sanitäter und Freiwillige bereit, um den Verwundeten im Vorfeld zu helfen. Die restlichen Soldaten gehen in Stellung, um ihren Kameraden notfalls Deckungsfeuer zu geben – man weiß ja nie. Glücklicherweise bleibt alles ruhig und nach einer schnellen Erstversorgung vor Ort werden die unglücklichen Verwundeten von den Luftwaffensoldaten in die eigenen Stellungen zurückgebracht, um dort weiter versorgt zu werden. Im Anschluss werden sie ins Hinterland transportiert.

Die eingekesselten Polen versuchen noch zwei Mal, an dieser Stelle durchzubrechen, werden aber zurückgeschlagen. Dann ist die Feuertaufe für die junge Truppe auch schon beendet. Der erste Einsatz hat glücklicherweise nur wenige Verwundete und Gefallene gekostet und das Bataillon wird wieder zurück zum Friedensstandort verlegt. Nun herrscht erst einmal Ruhe. Die gemachten Erfahrungen werden ausgetauscht und vor allem ausgewertet, um wichtige Erkenntnisse zu erlangen und umzusetzen.

Das restliche Jahr 1939 verläuft für Max Jansen und seine Kameraden recht ereignislos. Es werden weiterhin Übungen abgehalten und Schulungen in größeren und kleineren Verbänden durchgeführt.

 

*

 

Je weiter das Jahr 1940 voranschreitet, desto näher rückt spürbar der nächste Kampfeinsatz. Es werden Bunker und Stellungen der zu erobernden Punkte nachgebaut. Ausgangs- und Urlaubssperren werden verhängt und größte Geheimhaltung wird befohlen. Dies sind untrügliche Zeichen, das demnächst etwas Großes ansteht.

Dann, eines Tages, ist es so weit. Der Kommandeur des III. FJR 1, Hauptmann Karl-Lothar Schulz, steht, am 8. Mai mit streng nach hinten gekämmten Haaren, breitschultrig und in tadelloser Uniform, vor seinen Kompanieführern.

Mit ruhiger Stimme beginnt er zu erläutern: »Meine Herren, nun ist es offiziell. Das Einsatzgebiet für unser Bataillon ist die Festung Holland.«

Mit einem langen Zeigestock umreißt er das Gebiet auf einer großen Karte, welche an der Wand des Raums hängt.

»Diese Festung reicht im Norden bis zur Nordsee und wird von dieser auch im Westen im rückwärtigen Raum geschützt. Durchzogen wird das Gebiet von verschiedenen Kanälen, Seen und Überflutungsgebieten und eben diese führen nach Süden zur Waal und zum Hollandsch Diep, in das die Maas und die Südausläufer des Rheins münden.«

Wieder unterstreicht Schulz seine Worte mit den entsprechenden Stellen auf der Karte, ehe er das gesagte wirken lässt.

»Das Diep wird bei Moerdijk durch die fünf Kilometer lange Moerdijk-Brücke überspannt, die die wichtigste Verbindung nach Rotterdam darstellt. Sie ist damit die bedeutendste Landverbindung in die Festung Holland hinein und soll von den Kameraden des II. Bataillons genommen werden. Bei Rotterdam liegt aber ebenfalls der Flughafen Waalhaven. Dieser wiederum ist nun unser Ziel!«

Jeder der Offiziere bekommt eine Photographie ausgehändigt, auf der der Flugplatz bei Rotterdam im Großformat abgelichtet ist. Zu erkennen sind auch die einzelnen Flakstellungen, Geschützstände und auch Maschinengewehrnester. Alles in allem ist der Flugplatz gut geschützt. Ein kurzes Raunen geht durch die kleine Versammlung. Hauptmann Schulz räuspert sich und schlagartig wird es wieder ruhig.

»Zusammen mit diesem Ziel ist die Wegnahme der Maasinsel in Rotterdam selbst und das Niederkämpfen der Flugabwehr am Boden unsere Aufgabe, so dass die nachfolgenden Heereseinheiten unter Oberstleutnant von Choltitz unbehindert anlanden können.«

Es werden noch einzelne Aufgaben an die verschiedenen Kompanien verteilt und Fragen geklärt. Für die anwesenden Offiziere wird es eine lange Nacht.

Max Jansen bekommt von all den Vorbereitungen an höherer Stelle nichts mit. Er und seine Kameraden wurden auf den Flugplatz Handorf bei Münster verlegt. Kurz darauf werden die jungen Männer von ihren Vorgesetzten über das geplante Unternehmen unterrichtet und in ihre Aufgaben eingewiesen. Nun herrscht im Morgengrauen des 10. Mai 1940 auch auf diesem Flugplatz Hochbetrieb. Die jungen Fallschirmjäger stehen neben den Junkers-Transportmaschinen, legen ihre Fallschirme an und bereiten sich auf den Sprung ins Ungewisse vor. Fünf Minuten später stehen sie einsatzbereit in kleinen Gruppen zusammen und die meisten genehmigen sich eine letzte Zigarette, bevor es ernst wird. Die leichten Waffen der Gruppen werden in den Waffenbehältern verstaut und in die engen Bäuche der dreimotorigen Junkers gestopft. Max Jansen beobachtet das Treiben unruhig.

»Mensch Hans, was meinst du, ob das alles wohl ausreicht?« Der Angesprochene wiegt seinen Kopf nachdenklich hin und her.

»Na ja, mit Freudenböllern werden uns die Holländer bestimmt nicht empfangen, aber lange werden wir ja nicht an unseren Schirmen baumeln. Vergiss nicht, die Absprunghöhe beträgt dieses Mal bloß 140 Meter … da sind wir so schnell unten, da kommen die gar nicht richtig zur Besinnung. Wird schon schiefgehen!«

»Dein Wort in Gottes Ohr.«

Sie besteigen die Maschinen; die Piloten starten die Motoren. Die 600 PS starken BMW-Triebwerke brüllen auf. Flammen schlagen aus den Auspuffstutzen und die Maschinen beginnt im Rhythmus der Triebwerke zu vibrieren. Auch der Start klappt ohne Zwischenfälle. Wenige Minuten später sind die Maschinen der Rotterdam-Gruppe auf Kurs. Als Begleitschutz gesellen sich schnittige Messerschmitt Me 109 zu den behäbigen Transportmaschinen. Noch einmal brüllt Jansens Gruppenführer gegen den Lärm einige Erläuterungen: »Also Männer, ihr wisst Bescheid! Alles so wie auf unserer Übung in Mecklenburg. Ihr springt nicht zu schnell hintereinander, aber auch nicht zu weit auseinanderziehen lassen! Schön auf meine Befehle achten und dann wird das schon.«

Die besonnene und ruhig Art wirkt sich ebenfalls beruhigend auf die Männer aus. Dennoch ist den meisten recht mulmig zumute. Kurz bevor der Verband das befohlene Ziel erreicht, heulen die Stukas ausgewählten Punktzielen entgegen und belegen sie mit ihren Bomben. Der Reihe nach stürzen sich die Ju 87 auf erkannte Flugabwehrgeschütze, Flugzeughallen und die abgestellten niederländischen Maschinen. Die Erde bebt unter den Einschlägen der 250- und 500-Kilogramm-Bomben.

Kurz nachdem die letzte Ju 87 ihr Bomben ausgeklinkt hat, erreichen die Transportmaschinen den Einsatzraum. Von vorn ruft der Bordfunker: »Noch drei Minuten!«

Der Verband fliegt dicht aufgeschlossen, doch wird er nicht von den feindlichen Flugabwehrgeschützen beschossen. Jansens Vorgesetzter steht auf und begibt sich zur Tür.

»Fertigmachen, die genauen Abstände einhalten und vorn bei mir sammeln!«

Obgleich man seiner Stimme auch jetzt nichts anmerkt, ist Jansen sich sicher, dass es nun auch seinem Gruppenführer sprichwörtlich dünn durch die Hose geht, denn so wie sie alle springt auch er das erste Mal im ernsthaften Einsatz ab – und dies unterscheidet diesen Sprung von jedem zurückliegenden. Die Junkers geht noch tiefer – es sind vielleicht noch 150 Meter. Dies kann den Fallschirmjägern jedoch nur recht sein, denn je tiefer sie sind, desto kürzer ist auch die Fallzeit und umso geringer ist die Gefahr, in der Luft wehrlos am Schirm hängend erschossen zu werden.

»In einer Minute ist es so weit!«

Oberjäger Steinbach öffnet die Tür. Rauschend schießt der Fahrtwind in den Transportraum herein. Nach und nach springen die Fallschirmjäger in die Tiefe. Auch Max Jansen stürzt sich, wie hundertmal geübt, ins Ungewisse. Er spürt, wie ihn das Gewicht seiner Ausrüstung nach unten reißt. Sein Atem setzt aus. Er hört den Fallwind pfeifend in seinen Ohren. Plötzlich trifft ihn der harte Schlag des Entfaltungsstoßes mit voller Wucht. Er spreizt die Beine und die ausgebreitete Seidenglocke des Fallschirms donnert wie ein Segel im Wind. Seine Nervosität ist dahin. Angespannt blickt er nach unten. Eine Baumgruppe wandert in sein Blickfeld, doch erleichtert stellt er fest, dass er darüber weggleiten wird. Er sieht unter sich nun den brennenden Flugplatz, sieht, wie Mündungsfeuer der feindlichen Maschinengewehre aufblitzen, hört die sirrenden und zischenden Geschossgarben an sich vorbeijaulen. Das erste Mal in seinem Leben macht Jansen nun die schrecklichen Sekunden durch, wenn der eigentliche Sprung geglückt ist und man nun hilflos am Schirm hängt, während der Feind einem Tod und Verderben entgegenschleudert. In diesem kurzen Moment muss sich der junge Fallschirmer eingestehen, dass er sich diese Situation nicht so schrecklich vorgestellt hat. Am meisten fürchtet er sich vor der Aussicht, von einer Kugel in den Bauch getroffen zu werden. Laut Aussagen des Sanitätsunteroffiziers blüht in diesem Fall ein langsamer, qualvoller Tod.

Obschon Jansen genau weiß, dass er nur kurz in der Luft schwebt, überkommt ihn das Gefühl, dass er bereits eine Ewigkeit hilflos am Schirm hängt. Vielleicht 50 Meter neben dem jungen Obergefreiten baumelt ein Kamerad ebenfalls am Schirm. Jansen sieht, wie er wie wild mit den Beinen strampelt und versucht, dadurch die Fallrichtung zu verändern. Erst ist er etwas verwundert über diese Bemühungen, doch dann erkennt er mit Schrecken, dass der Kamerad genau auf eine Maschinengewehrstellung zutreibt. Da entsinnt sich der andere Fallschirmjäger anscheinend, dass er eine Eierhandgranate in der Hüfttasche seines grau-grünen Knochensacks hat. Mit fahrigen Handbewegungen fingert er den Sprengkörper heraus und lässt ihn fallen. Jansen sieht, wie der kleine dunkle Punkt nahe der MG-Stellung hinunterfällt. Kurz bevor die Handgranate auf die Erde aufprallt, explodiert sie. Die Niederländer spritzen auseinander und suchen neue Deckung.

In diesem Moment bemerkt Jansen, dass er selbst nur noch wenige Meter vom Boden entfernt ist. Automatisch zieht er die Beine an und da schlägt er auch schon auf dem Rollfeld auf. Er rollt sich ab und liegt erst einmal still. Doch nach kürzester Zeit ist er wieder voll da. Mit hundertfach geübten Handgriffen löst er den Schirm von den Gurten. Dieser wird von einer Windböe erfasst und flattert über das offene Gelände.

»Hierher! 1. Gruppe hierher!«, hört er seinen Gruppenführer ganz in der Nähe schreien. Er hockt hinter einer verlassenen Sandsackstellung, in der vor kurzem wohl noch ein feindliches MG stand. Max Jansen sieht zu seiner Erleichterung sechs weitere Kameraden heranhasten. Sie sammeln sich beim Oberjäger. Mit ausgestrecktem Arm deutet er auf ein MG-Nest, welches fortlaufend die Kameraden, welche noch in der Luft an den Fallschirmen hängen, unter Feuer nimmt. Durch den Lärm verstehen die Fallschirmjäger nur Bruchstücke der kurzen Befehle, doch auch so wissen sie, was zu tun ist. Die Gruppe stürmt mit lautem Hurra gegen die Feindstellung.

Die niederländische MG-Bedienung erkennt die Gefahr zu spät. Bevor der Schütze seine Waffe herumreißen und auf die deutschen Fallschirmjäger richten kann, feuern die Männer bereits im Sturmlauf auf die Feindsoldaten. Diese sacken getroffen über der Waffe oder im sandigen Boden zusammen. Schnell werden die gefallenen Soldaten in eine Ecke gelegt und ein Fallschirmjäger klemmt sich hinter das MG, um es gegen seine ehemaligen Besitzer einzusetzen. Ein weiterer Luftwaffensoldat reicht die Munition. Der Rest der Gruppe geht weiter gegen die übrigen Widerstandsnester vor. Handgranaten fliegen durch die Luft. Maschinengewehrsalven fetzen hin und her. Getroffene Soldaten beider Seiten schreien ihr Leid aus voller Kehle.

Gerade wollen Jansen und seine Kameraden ein Flugabwehrgeschütz angehen, da sehen sie voller Entsetzen, wie eine Ju 52 die ihr anvertrauten Fallschirmer viel zu nah bei einer lichterloh brennenden Flugzeughalle absetzt. Der Obergefreite Peter Aigner, ein urbayrischer Bauernsohn aus der Gegend von Landshut, brüllt entrüstet: »Jo mai, wos ist dös den vor a Rindviech von a Fliega!«

Die Fallschirmjäger sind nicht mehr zu retten. Der Hitzesog der Halle zieht die Fallschirme wie magnetisch an. Die ausgestrahlte Hitze ist so stark, dass die seidenen Fallschirme bereits in der Nähe der Halle Feuer fangen. Die Männer, welche hilflos daran baumeln, stürzen schreiend in die Tiefe. Entweder brechen sie sich beim Aufschlagen auf dem Erdengrund das Genick oder sie verbrennen elendig bei lebendigem Leib. Dieses Unglück lähmt für kurze Zeit den Sturmlauf der deutschen Angreifer. Doch schon bald fordert der Augenblick und die Nähe der unmittelbaren Gefahr erneut die volle Aufmerksamkeit. Die Niederländer verteidigen sich mit Verbissenheit und äußerstem Mut. Zu allem Überfluss liegt der Platz nun auch noch unter starkem Granatwerferfeuer. Überall steigen die Sprengpilze aus dem staubigen Boden, zischen Splitter durch die Luft. So mancher Fallschirmjäger wird verwundet, doch die meisten können den Kampf fortführen. Den einzelnen Zugführern ist es mittlerweile gelungen, ihre Männer um sich zu sammeln und Ordnung in die jeweiligen Aktionen zu bringen. Die feindlichen Widerstandsnester werden mehr und mehr unter konzentrisches Feuer genommen. Die Verteidiger sind voll und ganz damit beschäftigt, die Angreifer in Schach zu halten. Genau dies sieht der deutsche Angriffsplan auch vor. Die Fallschirmjäger sollen die Aufmerksamkeit des Gegners komplett auf sich ziehen, so dass der nächste Akt der Eroberung des Flugplatzes beginnen kann.

Fallschirmjäger und Niederländer sind in verbissene Gefechte verwickelt, und so merken die Verteidiger erst viel zu spät, dass weitere Transportmaschinen herannahen. Diese Ju 52 bringen zwei Züge der 9. Kompanie des Infanterie-Regiments 16 heran. Die Junkers schweben planmäßig ein und die ersten Maschinen setzen bereits zur Landung an. Erst da realisieren die Niederländer die neue Gefahr. Die ersten leichten Flak schwenken auf den neuen Gegner ein. Die heranfliegenden Transporter sind eine einzige riesige Zielscheibe für die Maschinengewehre und Flugabwehrgeschütze der Flugplatzverteidigung und können von diesen eigentlich gar nicht verfehlt werden. Eine der ersten Junkers, welche auf der sandigen Piste aufsetzt und ausrollt, wird von einem Feuerstoß aus einer leichten Flak am Seitenleitwerk erfasst. Wie gestanzt sehen die Löcher aus; Metallfetzen fliegen davon. Ein zweiter Feuerstoß erfasst die rechte Tragfläche und erwischt anscheinend den Tank oder eine Zufuhrleitung. Benzin spritzt auf und entzündet sich an den kleinkalibrigen Granaten und dem heißen Motor. Rasend schnell verteilt sich der brennende Treibstoff. Noch im Rollen werden die Luken der Maschine geöffnet und die Infanteristen springen aus dem Transporter, welcher sich mehr und mehr in einen Feuerball verwandelt. Sofort werden die Neuankömmlinge von den niederländischen MG-Schützen begrüßt – und festgenagelt.

Trotz des Abwehrfeuers robben sie langsam, aber sicher aus dem Gefahrenbereich der mittlerweile lichterloh brennenden Junkers. Auch eine zweite Maschine wird von der Bodenabwehr in Brand geschossen. Es gelingt den Landsern nur mit Mühe und Not, dem Flammeninferno zu entkommen. Die anderen Maschinen, welche trotz des starken Abwehrfeuers landen, kommen besser weg. Zwar erhalten auch sie zahlreiche Treffer an Rumpf, Tragflächen und Leitwerk, doch sie geraten glücklicherweise nicht in Brand.

Jansens Gruppe, geführt vom Oberjäger, geht zum Angriff gegen eine Flakstellung über. Wieder wird mit lautem Hurra gestürmt und im Laufen geschossen, was die Waffen hergeben. Nach kurzer Gegenwehr geraten die feindlichen Soldaten anscheinend in Panik und verlassen ihre Stellung.

Indes gelingt es der 9. Kompanie des Infanterie-Regiments 16, das Zentrum des Flugplatzes zu säubern. Nun fächern die Infanteristen auf und treiben damit die Verteidiger genau auf die von außen nach innen vorstoßenden Fallschirmjägern zu. Auf diese Weise werden die niederländischen Soldaten von den deutschen Kräften in die Zange genommen. Von beiden Seiten unter Druck geraten, erlahmt der Widerstand der Verteidiger langsam, aber sicher. Immer mehr Niederländer strecken die Waffen und heben die Arme, um sich den Deutschen zu ergeben. Wenn sie auch den Angriff der Fallschirmjäger noch standgehalten haben, so wurden sie offenbar durch das schneidige Ein- und Angreifen der deutschen Schützen endgültig demoralisiert.

Nachdem der Widerstand mehr und mehr zusammengebrochen ist und nur noch vereinzelte Gefechte geführt werden, riegeln die deutschen Kräfte die wichtigsten Zufahrtsstraßen zum Flugplatzgelände ab. Auch Max Jansen und seine Kameraden, von denen einige mehr oder minder verwundet sind, die dennoch bei ihren Kameraden bleiben, gehen an einer Straße in Stellung. Jansen selbst hat bei den Kämpfen einige Verwundungen davongetragen: einen Streifschuss an der rechten Schulter, außerdem einen Durchschuss im rechten Oberschenkel. Durch einen Kameraden notdürftig verbunden, kämpft er weiter. Schnell wird unter Ausnutzung von vorhandenen Sandsäcken, erbeuteten MG und anderem Material eine halbwegs ansehnliche Barrikade errichtet.

Wenige Minuten später hören die Fallschirmjäger ein Motorrad heranbrausen. Ungläubig blickt Jansen mit staubverkrustetem Gesicht an der Barrikade vorbei. Dann taxiert er seinen Kameraden Aigner.

»Peter, schau mal. Sag mal, spinn ich, oder kommt da tatsächlich ein Krad angefahren?«

Ohne etwas zu erwidern, legt Aigner mit dem Karabiner an und feuert auf den Kradfahrer. Erschrocken bremst dieser abrupt ab, kommt ins Schlingern, kann die Maschine aber gerade so halten. Er beeilt sich umzudrehen und braust davon. Jansens Gruppenführer, welcher von einer kurzen Besprechung mit einem weiteren Gruppenführer zurückgeeilt kommt, schickt dem Niederländer noch ein paar Kugeln mit der MPi nach, trifft ihn aber nicht mehr.

Bei seinen Männern angelangt, brüllt er wütend: »Verdammt Aigner, was sollte der Blödsinn? Das war mit Sicherheit ein Melder. Den hätten wir bequem hopsnehmen können!«

Der Angesprochene senkt betreten den Kopf, erwidert aber nichts. Nur Augenblicke später hören die Fallschirmjäger das Rauschen und Pfeifen schwerer Kaliber über ihre Köpfe hinweg und dann schlägt es auch schon mitten auf der Rollbahn ein. Erdbrocken werden durch die Luft geschleudert, als ob sie nichts wiegen würden. Eine Junkers-Transportmaschine wird herumgerissen und in einen Schrotthaufen verwandelt. Eine weitere schwere Granate drückt einen aufgegebenen Unterstand ein. Eine Gruppe Fallschirmjäger, die sich in der Nähe gesammelt hat, wird nach allen Seiten hinweggeschleudert. Es gibt Verluste. Das niederländische Feuer richtet unter den deutschen Soldaten aber vor allem Verwirrung an. Da das Steilfeuer nach wenigen Minuten wieder abebbt, ändert es nichts an der Tatsache, dass sich der Flugplatz Waalhaven nun unter deutscher Kontrolle befindet.

Kaum ist das letzte Widerstandsnest der Niederländer ausgeschaltet, schweben erneut deutsche Transportmaschinen heran. Diesmal sind es Infanteristen des III. Bataillons vom Infanterie-Regiment 16, welche aus den Junkers springen. Mit der Landung dieser Kräfte ist das Unternehmen gegen den Flugplatz Waalhaven beendet. Schnell bringen die Zug- und Kompanieführer Ordnung in ihre Einheiten, so dass der eigentliche Angriff beginnen kann. Die Luftlandung gegen den Flughafen ist nämlich nur eine Teiloperation, der andere Teil widmet sich der Eroberung der Maas-Brücken im Süden von Rotterdam.

Unter Zurücklassung einer kleinen Sicherungsgruppe zur Bewachung der Gefangenen, zu der auch Max Jansen zählt, da er mit seinen Verwundungen nicht mehr marsch- und kampffähig ist, machen sich die restlichen Fallschirmjäger und Infanteristen auf dem Weg. Bis zu den Maas-Brücken sind es aber gut und gern drei Kilometer durch Vororte und verwinkelte Straßenzüge, in denen sich die Niederländer teilweise zur Verteidigung eingerichtet haben. Von den sich dort bald entfaltenden Kämpfen bekommt Jansen aber nichts mehr mit. So gut es geht, setzt er mit seinen Kameraden die Verteidigungsanlagen des Flugplatzes wieder instand. Auch die Gefangenen werden für diese Arbeiten herangezogen.

Nach und nach treffen weitere Teile der 7. Flieger-Division auf dem Flugplatz Waalhaven ein und unterstützen die mit dem Gegner fechtenden Kameraden bei Rotterdam. Für den Gefreiten Max Jansen geht allerdings nun in ein Heimatlazarett, da sich die Verwundung am Oberschenkel verschlimmert hat und dringend ärztliche Behandlung benötigt.

Die Fallschirmjäger erreichen im Westfeldzug alle gesteckten Ziele, wenn auch unter hohen Verlusten; sie tragen somit wesentlich zum schnellen Erfolg der Wehrmacht über die Streitkräfte Belgiens, der Niederlande, Frankreichs und des britischen Expeditionskorps bei. Die einsatzbereiten Teile des Fallschirmjäger-Regiments 1 werden nach der Schlacht um die Festung Holland nach Narvik verbracht, wo sie unter General Dietl gegen eine vielfache Übermacht die Stellung halten. Nach diesen Operationen tritt für die Fallschirmjägertruppe eine längere Zeit der Pause und Regeneration ein.

 

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Max Jansen erhält für seine beiden Verwundungen das Verwundetenabzeichen in Schwarz. Im Lazarett lernt er zudem die junge Rotkreuzschwester Annette Buschwitz kennen. Sympathisch ist sie ihm vom ersten Augenblick an, doch gibt sie sich ihm gegenüber bis zum Ende seines Aufenthalts zwar freundlich, doch stets unnahbar. Zu seiner grenzenlosen Überraschung steckt sie ihm an seinem letzten Tag ohne große Worte ihre Adresse zu. So erhält der Lazarettaufenthalt für Max Jansen einen sehr freudigen Nebeneffekt.

Nach der Ausheilung seiner Wunden wird ihm eine Woche Genesungsurlaub zugesprochen, welchen er natürlich bei seinen Eltern im Norden des Großdeutschen Reiches verbringt. Doch schon bald geht es für Jansen wieder zurück zur Truppe. Viele neue Gesichter sind zu sehen, andere hingegen werden schmerzlich vermisst. Einige von Jansens Kameraden sind nun mit dem Eisernen Kreuz Erster oder Zweiter Klasse dekoriert und präsentieren die Orden mit sichtlichem Stolz. Von den jungen Kameraden, die zurzeit ihre Sprungausbildung absolvieren, werden die Veteranen des Verbandes mit Ehrfurcht und Hochachtung angehimmelt.

Nach und nach kehrt wieder der gewohnte Alltag ein. Immer wieder werden Absprünge und Angriffsoperationen geübt. Innerlich bereiten sich die Fallschirmjäger auf den zu erwartenden Waffengang gegen die britische Insel vor. Nach der Niederwerfung Frankreichs ist dies der letzte Gegner, der dem Reich noch Paroli bietet. Von daher ist für die jungen Soldaten die Invasion Großbritanniens nur folgerichtig.

Als der September ins Land zieht, ohne dass die Luftwaffensoldaten alarmiert werden, zweifeln die Ersten, dass Berlin wirklich den Befehl zum Angriff auf Großbritannien erteilen werde. Schlussendlich wird ihnen bekannt gegeben, dass eine mögliche Invasion vorerst unwahrscheinlich sei. Da schlägt die Nachricht über die italienische Invasion Griechenlands ein wie eine Bombe. Ein Blick auf die Landkarte verrät selbst dem letzten Landser, was diese Entwicklung im schlechtesten Fall bedeuten kann; völlig überraschend gibt es nun eine offene Südflanke in Europa. Fraglich, ob die Briten sich diese Einladung entgehen lassen werden …

Auch Jansen und seine Kameraden diskutieren über die neue strategische Großwetterlage. Einige beschwichtigen; sie sagen, dass sich die Italiener ihr Vorhaben reichlich überlegt hätten. Die Vorgesetzten halten sich bei diesem Thema auffällig zurück. Die offiziellen Nachrichten aber klingen positiv, so dass alsbald wieder Ruhe in den Kasernen der Fallschirmjäger einkehrt. Ohne sonderliche Änderungen geht der Dienst, die Aus- und Weiterbildung der Fallschirmjägertruppe, weiter.

Der Jahreswechsel geht für Jansen und seine Kameraden ruhig vonstatten. Im neuen Jahr hingegen verdichten sich die Anzeichen, dass die Wehrmacht dem italienischen Bündnispartner sowohl in Afrika als auch in Griechenland unter die Arme greifen muss. Nachrichten von den Fronten der Italiener sprechen jedenfalls eine eindeutige Sprache. Bereits im Februar werden die ersten deutschen Einheiten nach Nordafrika geschickt. Dort formieren sie sich unter dem Kommando von Generalleutnant Erwin Rommel zum Deutschen Afrikakorps. Die bloße Präsenz und der Angriffsgeist der im Grunde schwachen deutschen Kräfte verfehl seine Wirkung nicht.

Zwei Monate später greifen auch in Griechenland deutsche Soldaten in die Kämpfe ein, um eine vernichtende Niederlage der italienischen Armee abzuwenden. Das Eingreifen in den italienischen Griechenlandfeldzug wird mit der Invasion des Königreichs Jugoslawien verbunden. Dort wurde nach einem Putsch eine pro-britische Regierung installiert, die eine zusätzliche Gefahr für die deutsche Südflanke darstellt. Der gesamte Feldzug wird trotz tapferer Gegenwehr vor allem der Griechen innerhalb von vier Wochen erfolgreich abgeschlossen. Jugoslawien wird zerschlagen und das griechische Festland von der Wehrmacht besetzt. Das britische Expeditionsheer, welches zur Unterstützung der griechischen Armee entsandt wurde, wird vom Balken gefegt.

Die Masse der britischen Truppen zieht sich auf die griechische Insel Kreta zurück. Der »Vater« der deutschen Fallschirmtruppe, General der Flieger Kurt Student, seines Zeichens kommandierender General des XI. Fliegerkorps, schlägt dem Oberkommando der Luftwaffe bereits am 20. April die Landung seiner Fallschirmjäger auf der Insel vor. Schon am nächsten Tag hält General Student zusammen mit dem Generalstabschef der Luftwaffe, dem General der Flieger Hans Jeschonnek, einen entsprechenden Vortrag im Führerhauptquartier. Adolf Hitler begeistert sich sofort für den Invasionsplan und befiehlt noch am selben Tag die Ausarbeitung in Zusammenarbeit mit Heer und Kriegsmarine.

Die Vorbereitungen für die geplante Luftlandung auf Kreta laufen in den letzten Aprilwochen bereits auf Hochtouren. Die Luftwaffe setzt hierzu das XI. Fliegerkorps mit der 7. Flieger-Division, dem Luftlanderegiment und sonstigen greifbaren Fallschirmtruppen ein. Das Heer bestimmt die 5. Gebirgs-Division unter Generalmajor Julius Ringel für das Unternehmen.

Von der Kriegsmarine werden durch den Admiral Südost zwei Dampferstaffeln zum Transport von Soldaten und Material bereitgestellt.

 

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In Jansens Einheit gehen die wildesten Gerüchte um. Seit dem Vorabend gilt strengste Ausgangssperre – ohne Sondergenehmigung darf kein Soldat den Fliegerhorst verlassen. Auch anderweitige Kontaktaufnahmen mit Personen außerhalb des Stützpunktes sind tabu. Auch am 1. Mai, dem Nationalfeiertag im Deutschen Reich mit Truppenparaden, Umzügen und flammenden Reden wird kein Ausgang gestattet. Die Fallschirmjäger verfluchen den Umstand, der es ihnen verwehrt, an den Feierlichkeiten teilzunehmen. So müssen sie sich die Zeit mit anderen Dingen vertreiben, denn der Dienstplan bleibt am 1. Mai leer. Jansen und einige Kameraden nutzen die Zeit für ein ausgiebiges Fußballspiel auf dem Feld des Fliegerhorstes. Zu gern hätte er sich von seiner Bekanntschaft, der jungen Rotkreuzschwester Annette, verabschiedet. Doch er nimmt sich fest vor, noch einen langen, ausführlichen Brief zu schreiben. Zur Mittagsstunde gibt es in der Kantine Suppe, Schweinsbraten, Kartoffeln und Soße, dazu eine Art on Puddingcreme. Die Männer vertilgen das gute Essen nur missmutig. Danach setzen sich die Fallschirmer in lockeren Runden im Mannschaftsheim oder dem Kantinensaal zusammen. Einige gehen auch wieder sportlichen Betätigungen nach.

Jansen begibt sich zu seinen Kameraden ins Mannschaftsheim. Sie bilden eine Runde von sechs Mann und lassen es hoch hergehen. Regelmäßig werden die leeren Gläser durch volle getauscht. Witze werden erzählt und lautes Gelächter ist zu hören. Man kann den Männern anmerken, dass diejenigen, die bereits gemeinsam im Pulverdampf gestanden hatten, nun unzertrennlich sind. Ihre Kameradschaft wurde mit Blut zusammengeschweißt.

---ENDE DER LESEPROBE---