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Er ist der beste Freund ihres Bruders. Ihre größte Versuchung. Ihr Untergang.
Als der beste Freund ihres Bruders in ihr Nachbarhaus zieht, ändert sich Ava Chens Leben von Grund auf. Alex Volkov sieht aus wie die Sünde und ist kalt wie Eis. Aber Ava schafft es, seine Mauern Stein um Stein einzureißen, und je besser sie den Multimillionär kennenlernt, desto weniger kann sie sich seiner Anziehungskraft entziehen. Schon bald kann auch Alex die ungewohnten Gefühle nicht länger leugnen. Doch er hat eine dunkle Vergangenheit, der er nicht entfliehen kann und die eine Liebe zwischen ihnen unmöglich macht ...
"Mit TWISTED DREAMS hat Ana Huang einen grandiosen Auftakt der Twisted-Reihe geschrieben. Eine Enemies-to-Lovers-Geschichte mit unerwarteten Wendungen, die einen nur so durch die Seiten fliegen lässt." JASMIN von ABEAUTIFULBOOKBLOG_
Auftakt der prickelnden und romantischen TWISTED-Reihe von Bestseller-Autorin Ana Huang
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Seitenzahl: 502
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
Widmung
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Ana Huang bei LYX
Impressum
Ana Huang
Twisted Dreams
Roman
Ins Deutsche übertragen von Maike Hallmann
Als Ava Chens Bruder Josh für ein Jahr ins Ausland geht, beschließt er, dass während seiner Abwesenheit jemand ein Auge auf seine jüngere Schwester haben sollte. Deshalb bittet er Alex Volkov, seinen besten Freund, auf Ava aufzupassen. Wie alles in seinem Leben nimmt der zielstrebige Multimillionär auch diese Aufgabe sehr ernst – und zieht prompt in Joshs Haus ein, das direkt neben Avas liegt. Sie könnten gegensätzlicher nicht sein: der verschlossene Einzelgänger, der alle Menschen auf Abstand hält, und die lebensfrohe Studentin, die in jedem das Gute sieht. Aber beide leiden unter ihrer schwierigen Vergangenheit: Alex, der sich an zu viel erinnert, und Ava, der viele Erinnerungen an ihre Kindheit fehlen. Und obwohl sich Alex ihr gegenüber sehr abweisend verhält, bemüht sich die junge Frau, hinter seine kalte Fassade zu schauen. Mit ihrer sonnigen Art gelingt es ihr Stück für Stück, den Eisblock um sein Herz zum Schmelzen zu bringen. Schon bald kann auch Alex die ungewohnten Gefühle nicht länger leugnen. Doch er hat eine dunkle Vergangenheit, der er nicht entfliehen kann und die eine Liebe zwischen ihnen unmöglich macht …
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
Für meine Mutter, die mich all die Jahre so unermüdlich unterstützt und ermutigt hat.
Mama, wenn du das hier liest, hör sofort damit auf. Einige der Szenen in diesem Buch würden dich für dein ganzes Leben traumatisieren.
Twisted – MISSIO
Ice Box – Omarion
Feel Again – OneRepublic
Dusk Till Dawn – ZAYN & Sia
Set Fire to the Rain – Adele
Burn – Ellie Goulding
My Kind of Love – Emeli Sandé
Writing’s on the Wall – Sam Smith
Ghost – Ella Henderson
Stronger (What Doesn’t Kill You) – Kelly Clarkson
Wide Awake – Katy Perry
You Sang to Me – Marc Anthony
Es gibt Schlimmeres, als mitten im Nirgendwo in einer fremden Stadt zu stranden, während der Regen nur so vom Himmel prasselt.
Zum Beispiel hätte ich ja auch gerade auf der Flucht vor einem tollwütigen Bären sein können, der mich so dringend zerfleischen will, dass er niemals aufgeben würde. Oder ich könnte an einen Stuhl gefesselt in einem dunklen Keller sitzen und gezwungen sein, so lange Barbie Girl von Aqua zu hören, bis ich mir lieber den Arm abnage, als den Refrain noch einmal anhören zu müssen.
Aber dass es noch schlimmer sein könnte, heißt nicht, es wäre nicht auch so schon schlimm genug.
Hör jetzt auf damit. Denk positiv.
»Ein Auto wird auftauchen … jetzt.« Ich starrte auf mein Handy und rang die aufsteigende Frustration nieder, als die App mir weiterhin versicherte, dass sie »eine Mitfahrgelegenheit für mich findet« … so wie sie es schon seit einer halben Stunde versprach.
Normalerweise hätte mich die Situation nicht so sehr gestresst, denn immerhin hatte ich ein funktionierendes Handy dabei, und unter dem Dach der Bushaltestelle war ich einigermaßen geschützt vor dem strömenden Regen. Aber Joshs Abschiedsparty begann in einer Stunde, ich musste noch seinen Überraschungskuchen aus der Bäckerei abholen, und bald würde es dunkel werden. Und ich war zwar eher vom Typ »halb volles Glas«, aber ich war keine Idiotin. Niemand – und schon gar nicht ein Collegemädchen ohne nennenswerte Kampferfahrung – wollte nach Einbruch der Dunkelheit allein im Nirgendwo herumstehen.
Ich hätte diesen Selbstverteidigungskurs mit Jules machen sollen, als sie es mir vorgeschlagen hatte.
In Gedanken ging ich meine begrenzten Möglichkeiten durch. Der Bus, der hier hielt, fuhr am Wochenende nicht, und kaum einer meiner Freunde besaß ein Auto. Bridget hatte einen Fahrdienst, aber sie war bis sieben Uhr auf einer Veranstaltung in der Botschaft. Meine Mitfahrgelegenheit-App war gerade keine Hilfe, und ich hatte seit Beginn des Regens kein einziges Auto vorbeifahren sehen. Nicht dass ich wirklich trampen würde – ich hatte genügend Horrorfilme gesehen, vielen Dank.
Ich hatte nur noch eine Möglichkeit. Sie gefiel mir gar nicht, aber Bittsteller konnten es sich nun mal nicht leisten, wählerisch zu sein.
Ich scrollte durch meine Kontaktliste, sprach ein stilles Gebet und drückte die Anruftaste.
Ein Klingeln. Ein zweites Klingeln. Ein drittes.
Komm schon, nimm ab. Oder auch nicht. Ich war mir nicht sicher, was schlimmer wäre – ermordet zu werden oder mich mit meinem Bruder auseinandersetzen zu müssen. Natürlich bestand auch noch die Möglichkeit, dass besagter Bruder mich eigenhändig umbrachte, weil ich mich in eine solche Situation gebracht hatte, aber das war ein Thema für später.
»Was ist passiert?«
Bei dieser Begrüßung rümpfte ich die Nase. »Selber Hallo, liebster Bruder. Wie kommst du darauf, dass irgendwas passiert ist?«
Josh schnaubte. »Äh, du hast mich angerufen. Du rufst nie an, es sei denn, du steckst in Schwierigkeiten.«
Das stimmte. Wir zogen es vor, SMS zu schreiben, und da wir nebeneinander wohnten – was übrigens nicht meine Idee gewesen war –, mussten wir uns nur selten Nachrichten schicken.
»Ich würde nicht sagen, dass ich in Schwierigkeiten bin«, wehrte ich ab. »Ich bin eher … gestrandet. Öffentliche Verkehrsmittel fahren hier nicht, und ich finde auch keine Mitfahrgelegenheit.«
»Mein Gott, Ava. Wo bist du?«
Ich sagte es ihm.
»Was zum Teufel machst du da? Das ist eine Stunde vom Campus entfernt!«
»Jetzt reg dich nicht so auf. Ich hab bei einer Verlobung fotografiert, und die Fahrt dauert nur dreißig Minuten. Fünfundvierzig, wenn viel Verkehr ist.« Ein Donnerschlag ließ die Äste der Bäume ringsum erzittern. Ich zuckte zusammen und zog mich noch weiter in den Unterstand zurück, auch wenn mir das wenig half. Der Regen prasselte von der Seite auf mich ein, die Tropfen so schwer und hart, dass meine Haut brannte.
Am anderen Ende der Leitung raschelte es, gefolgt von einem leisen Stöhnen.
Ich hielt inne, sicher, dass ich mich verhört hatte … aber nein, da war es wieder.
Ein Stöhnen.
Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Habt ihr etwa gerade Sex?« Ich flüsterte, obwohl niemand in der Nähe war.
Das Sandwich, das ich vor dem Fotoshooting heruntergeschlungen hatte, drohte mir wieder hochzukommen. Es gibt nichts – ich wiederhole: nichts! – Schlimmeres, als einem Verwandten zuzuhören, der gerade mittendrin beim Koitus ist. Bei dem bloßen Gedanken musste ich würgen.
»Technisch gesehen, nein.« Josh klang nicht besonders schuldbewusst.
Das Wort »technisch« sagte alles.
Man musste kein Genie sein, um die richtigen Schlüsse aus Joshs vager Antwort zu ziehen. Er war vielleicht nicht gerade mittendrin, aber irgendetwas war da los, und ich wollte gar nicht genauer wissen, was dieses »etwas« war.
»Josh Chen.«
»Hey, du hast mich angerufen.« Anscheinend bedeckte er das Handy mit der Hand, denn was er als Nächstes sagte, hörte ich nur gedämpft. Dann vernahm ich das leise Lachen einer Frau, gefolgt von einem Quietschen, und am liebsten hätte ich mir Bleichmittel in die Ohren, in die Augen und in den Verstand gekippt. »Einer der Jungs ist mit meinem Wagen unterwegs, um mehr Eiswürfel zu besorgen«, sagte Josh, und jetzt war seine Stimme wieder klar zu verstehen. »Aber keine Sorge, ich kümmere mich drum. Schick mir deinen Standort und lass das Handy eingeschaltet. Hast du noch das Pfefferspray, das ich dir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt habe?«
»Ja. Danke dafür, übrigens.« Ich hatte mir eine neue Kameratasche gewünscht, aber Josh hatte mir stattdessen eine Achterpackung Pfefferspray gekauft. Ich hatte nie etwas davon benutzt, was bedeutete, dass alle acht Dosen – okay, bis auf die eine, die in meiner Handtasche steckte – gemütlich hinten in meinem Schrank aufgereiht standen.
Der Sarkasmus war an meinen Bruder völlig verschwendet. Für einen Medizinstudenten mit lauter Einsern konnte er ziemlich begriffsstutzig sein. »Nichts zu danken. Bleib, wo du bist, er holt dich gleich ab. Über deinen Mangel an Selbsterhaltungstrieb reden wir später.«
»Ich bin wohl selbsterhalterisch«, protestierte ich. Sagt man das überhaupt so? »Es ist nicht meine Schuld, dass es keine – warte, wen meinst du mit er? Josh!«
Zu spät. Er hatte bereits aufgelegt.
Tja. Da wollte ich einmal wirklich, dass er mir beistand, und zack, musste ich hinter einem seiner Betthäschen zurückstehen. Eigentlich verblüffend, denn immerhin war Josh quasi das personifizierte »Über« in »überfürsorglich«. Seit dem »Vorfall« betrachtete er es als seine Aufgabe, auf mich aufzupassen, als wäre er mein Bruder und mein Bodyguard in einer Person. Ich konnte es ihm nicht verübeln – unsere Kindheit war ziemlich verkorkst gewesen, zumindest hatte man mir das gesagt –, und ich liebte ihn über alles, aber seine ständige Besorgnis war manchmal erdrückend.
Ich setzte mich auf die Bank und drückte meine Tasche an mich, damit das rissige Leder meine Haut wärmte, während ich darauf wartete, dass der geheimnisvolle »Er« auftauchte. Es konnte praktisch jeder sein, Josh mangelte es nicht an Freunden. Er war immer Mr Superbeliebt gewesen – Basketballspieler, Präsident der Studentenschaft und Homecoming King in der Highschool; auf dem College dann Mitglied der Sigma-Bruderschaft und der absolute Goldjunge des Campus.
Ich hingegen war sein genaues Gegenteil. Ich war zwar nicht direkt unbeliebt, aber ich scheute das Rampenlicht und hatte lieber eine kleine Gruppe enger Freunde als eine große Gruppe charmanter Bekannter. Während Josh der Mittelpunkt jeder Party war, saß ich in der Ecke und träumte von all den Orten, die ich gerne bereisen, aber wahrscheinlich niemals mit eigenen Augen sehen würde. Nicht, solange meine Phobie etwas zu sagen hatte.
Meine verdammte Phobie. Ich wusste, dass es rein psychisch war, aber es fühlte sich vollkommen real und körperlich an. Die Übelkeit, das Herzrasen, die lähmende Angst, die meine Gliedmaßen in nutzlose, gefrorene Gegenstände verwandelte …
Das Gute daran war, dass ich wenigstens vor Regen keine Angst hatte. Meere, Seen und Pools konnte ich meiden, aber Regen … tja, das wäre schwierig gewesen.
Ich hätte nicht sagen können, wie lange ich in dem winzigen Buswartehäuschen gekauert und meine mangelnde Voraussicht verflucht hatte. Die Graysons hatten mir angeboten, mich nach dem Shooting zurück in die Stadt zu fahren, aber ich hatte ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten wollen und mir gedacht, ich könnte mir eine Mitfahrgelegenheit raussuchen und wäre in einer halben Stunde auf dem Thayer-Campus. Doch gleich nach dem Aufbruch des Paars hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet, und, na ja … hier war ich jetzt also.
Es wurde dunkel. Gedämpftes Grau floss mit dem kühlen Blau der Dämmerung zusammen, und in mir stieg die leise Sorge auf, dass der mysteriöse »Er« nicht auftauchen würde. Aber Josh hatte mich noch nie im Stich gelassen. Wenn einer seiner Freunde mich nicht abholen würde wie versprochen, hätte er morgen keine funktionierenden Beine mehr. Josh war Medizinstudent, aber er hatte keinerlei Hemmungen, Gewalt anzuwenden, wenn die Umstände es verlangten – vor allem, wenn es um mich ging.
Hell gleißte Scheinwerferlicht durch den Regen. Ich blinzelte, und mein Herz klopfte vor Erwartung und Argwohn. War dies das Auto meiner Mitfahrgelegenheit, oder saß ein potenzieller Verrückter darin? Dieser Teil von Maryland war zwar ziemlich sicher, aber man konnte nie wissen.
Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sackte ich vor Erleichterung zusammen, nur um gleich darauf wieder zu erstarren.
Die gute Nachricht: Ich erkannte den schnittigen schwarzen Aston Martin. Er gehörte einem von Joshs Freunden, was bedeutete, dass ich heute Abend nicht in den Lokalnachrichten landen würde.
Die schlechte Nachricht: Der Fahrer des Aston Martin war der Allerletzte, von dem ich abgeholt werden wollte – oder von dem ich es überhaupt erwartet hätte. Er war absolut nicht der Typ »Ich tu meinem Kumpel einen Gefallen und rette seine gestrandete kleine Schwester«. Nein, er war eher der Typ »Ein falscher Blick, und ich vernichte dich und alle, die dir etwas bedeuten«, war dabei aber so gelassen und so umwerfend, dass man gar nicht merken würde, wie die Welt ringsum in Flammen aufging, ehe man ein Häufchen Asche zu seinen in Tom-Ford-Schuhen steckenden Füßen war.
Ich befeuchtete mir mit der Zungenspitze die trockenen Lippen. Der Wagen hielt vor mir an, und das Beifahrerfenster fuhr runter.
»Steig ein.«
Er erhob seine Stimme nicht – das tat er nie –, aber ich hörte ihn trotzdem laut und deutlich über das Prasseln des Regens hinweg.
Alex Volkov war wie eine Naturgewalt, und ich fand die Vorstellung, dass selbst das Wetter sich vor ihm verneigte, keineswegs undenkbar.
»Ich hoffe, du wartest nicht darauf, dass ich dir die Tür öffne«, sagte er, als ich mich nicht rührte. Er klang, als wäre er von der Situation genauso wenig begeistert wie ich.
Was für ein Gentleman.
Ich presste die Lippen zusammen und verkniff mir eine sarkastische Antwort, erhob mich und stieg in den Wagen. Es roch kühl und teuer, nach würzigem Eau de Cologne und feinem italienischen Leder. Ich hatte kein Handtuch oder etwas anderes Trockenes dabei, um es auf den Sitz unter mir zu legen, also konnte ich nur beten, dass ich die teure Innenausstattung nicht beschädigte.
»Danke, dass du mich abholst, das weiß ich zu schätzen«, sagte ich, um das eisige Schweigen zu brechen.
Der Versuch scheiterte kläglich.
Alex reagierte nicht, sah mich nicht einmal an, während er den Wagen über die kurvenreichen, regenglatten Straßen zum Campus zurücksteuerte. Er fuhr so, wie er ging, sprach und atmete – ruhig und kontrolliert, mit einer unterschwelligen Aura von Gefahr, die jeden, der überlegte, ihm dumm zu kommen, davor warnte, dass dies sein Todesurteil wäre.
Er war das genaue Gegenteil von Josh, und ich staunte fast täglich darüber, dass sie beste Freunde waren. Ich persönlich hielt Alex für ein Arschloch. Ich war sicher, dass er seine Gründe hatte; dass ihn irgendein Trauma zu dem gefühllosen Roboter hatte werden lassen, der er heute war. Den wenigen Informationsschnipseln nach, die ich von Josh aufgeschnappt hatte, war Alex’ Kindheit noch schlimmer gewesen als unsere – Details hatte ich aus meinem Bruder allerdings nie herausbekommen. Ich wusste nur, dass Alex’ Eltern gestorben waren, als er noch klein war, und ihm einen Haufen Geld hinterlassen hatten. Mit achtzehn hatte er das Erbe angetreten und es seitdem vervierfacht. Nicht dass er es nötig gehabt hätte … er hatte in der Highschool eine neue Software zur Finanzmodellierung entwickelt, die ihn zum Multimillionär machte, bevor er wählen konnte.
Mit einem IQ von hundertsechzig war Alex Volkov ein Genie, oder zumindest nahe dran. Er war der bisher Einzige in der Thayer-Geschichte, der das fünfjährige Bachelor-/MBA-Programm in drei Jahren abschloss, und im Alter von sechsundzwanzig Jahren war er der COO einer der erfolgreichsten Immobilienentwicklungsfirmen des Landes. Er war eine Legende, und das war ihm sehr bewusst.
Ich hingegen fand, dass ich mein Leben ganz gut auf die Reihe bekam, wenn es mir gelang, regelmäßig zu essen, während ich Seminare, außerschulische Aktivitäten und zwei Jobs jonglierte – den Empfangsdienst in der McCann-Galerie und den freiberuflichen Nebenjob als Fotografin. Abschlussfeiern, Verlobungen, Geburtstagsfeiern für Hunde – ich hatte schon alles fotografiert.
»Gehst du zu Joshs Party?«, versuchte ich es noch mal mit Small Talk. Die Stille machte mich fertig.
Alex und Josh waren beste Freunde, seit sie vor acht Jahren am College Zimmergenossen gewesen waren, und Alex hatte seither jedes Jahr Thanksgiving und diverse andere Feiertage bei meiner Familie verbracht, aber ich kannte ihn immer noch nicht. Wir sprachen nie miteinander, es sei denn, es ging um Josh oder darum, beim Abendessen die Kartoffeln rüberzureichen oder so.
»Ja.«
Na gut, dann halt nicht. Mit Small Talk kam ich offensichtlich nicht weiter.
Meine Gedanken schweiften ab zu den tausend Aufgaben, die ich dieses Wochenende noch zu erledigen hatte. Die Fotos vom Shooting der Graysons nachbearbeiten, meine Bewerbung für das Stipendium an der World Youth Photography fertig machen, Josh beim Packen helfen für …
So ein Mist! Ich hatte seinen Kuchen vergessen.
Ich hatte ihn schon vor zwei Wochen bestellt, die maximale Vorlaufzeit bei Crumble & Bake. Es war Joshs Lieblingsdessert: ein dreilagiger dunkler Schokokuchen mit Karamellglasur und Schokoladenpuddingfüllung. Er gönnte ihn sich nur an seinem Geburtstag, aber da er für ein Jahr das Land verlassen würde, fand ich, dass er seine Nur-einmal-im-Jahr-Regel ruhig mal brechen könnte.
»Tja …« Ich setzte mein breitestes, strahlendstes Lächeln auf. »Bring mich nicht um, aber wir müssen leider noch einen Abstecher zu Crumble & Bake machen.«
»Nein. Wir sind schon spät dran.« Alex hielt an einer roten Ampel. Wir hatten es zurück in die Zivilisation geschafft, und ich erkannte die verschwommenen Umrisse eines Starbucks und einer Panera-Filiale hinter den regennassen Scheiben.
Mein Lächeln geriet nicht ins Wanken. »Es ist nur ein kleiner Umweg. Dauert höchstens fünfzehn Minuten. Ich muss ganz kurz Joshs Kuchen abholen. Du weißt schon, Death by Chocolate – der Kuchen, den er so sehr mag. Er geht für ein Jahr nach Mittelamerika, dort gibt es keine C&B-Filialen, und er reist schon in zwei Tagen ab, also …«
»Stopp.« Alex’ Finger schlossen sich fest ums Lenkrad, und mein verrückter, hormongetrübter Verstand kam plötzlich nicht mehr darüber hinweg, wie schön sie waren. Das klang verrückt, denn wer hat schon schöne Finger? Aber seine waren schön. Körperlich war alles an ihm wunderschön. Die jadegrünen Augen, die unter dunklen Brauen hervorblitzten, als wären sie aus einem Gletscher gehauen; die scharfe Kieferlinie und die elegant geschnittenen Wangenknochen; die schlanke Statur und das dichte hellbraune Haar, das irgendwie zugleich zerzaust und perfekt frisiert wirkte. Er sah aus wie eine lebendig gewordene Statue aus einem italienischen Museum.
Mich überkam der heftige Drang, sein Haar zu zerzausen wie bei einem Kind, nur damit er aufhörte, so perfekt auszusehen, denn für uns Normalsterbliche war diese Perfektion ziemlich irritierend. Aber ich hegte keine Todessehnsucht, also ließ ich die Hände im Schoß.
»Wenn ich dich zu Crumble & Bake fahre, hörst du dann auf zu reden?« Zweifellos bereute er es schon, mich eingesammelt zu haben.
Mein Lächeln wurde breiter. »Wenn du das möchtest?«
Er presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. »Na dann.«
Ja!
Ava Chen: Eins.
Alex Volkov: Null.
Als wir bei der Bäckerei ankamen, löste ich meinen Gurt und war schon halb aus der Tür, da packte mich Alex am Arm und zog mich zurück. Zu meiner Überraschung war seine Berührung nicht kalt, sondern glühend heiß. Die Hitze brannte sich durch Haut und Muskeln, bis ich sie in der Magengrube spürte.
Ich schluckte schwer. Blöde Hormone. »Was ist? Wir sind schon spät dran, und der Laden schließt gleich.«
»So kannst du nicht rausgehen.« Seine Mundwinkel zuckten missbilligend, fast unmerklich.
»Wieso nicht?«, fragte ich verwirrt. Ich trug Jeans und T-Shirt, nichts Skandalöses.
Alex deutete mit einem Nicken auf meine Brust. Ich blickte nach unten und stieß einen entsetzten Schrei aus. Denn mein T-Shirt? Es war weiß. Nass. Durchsichtig. Nicht ein bisschen durchsichtig, sodass man bei genauem Hinsehen den Umriss meines BHs erahnen konnte, nein, es war völlig durchsichtig. Roter Spitzen-BH, harte Brustwarzen – danke, Klimaanlage –, das volle Programm.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, und mein Gesicht nahm die gleiche Farbe an wie mein BH. »War das schon die ganze Zeit so?«
»Ja.«
»Du hättest es mir ja ruhig mal sagen können.«
»Ich habe es dir gesagt. Gerade eben.«
Manchmal hätte ich ihn gern erwürgt. Wirklich gern. Und ich war kein gewalttätiger Mensch. Im Gegenteil – ich hatte jahrelang keine Lebkuchenmänner gegessen, nachdem ich Shrek gesehen hatte, weil mir zumute war, als würde ich die Familienmitglieder des armen Lebkuchenmännchens essen oder, schlimmer noch, es selbst. Aber irgendetwas an Alex rief meine dunkle Seite auf den Plan.
Ich atmete scharf aus und ließ die Arme sinken, hatte kurz mein durchsichtiges T-Shirt vergessen, doch da wanderte Alex’ Blick wieder zu meiner Brust hinunter.
Meine Wangen wurden brennend heiß, doch ich hatte es satt, hier zu sitzen und mit ihm zu streiten. Crumble & Bake schloss in zehn Minuten, und die Uhr tickte.
Ob es nun an diesem Mann lag, am Wetter oder an den anderthalb Stunden, die ich in einem Buswartehäuschen verbracht hatte, aber mein Ärger entlud sich, bevor ich mich bremsen konnte. »Könntest du mir vielleicht einfach deine Jacke leihen, statt mir wie ein Arschloch auf die Brüste zu glotzen? Ich möchte nämlich unbedingt diesen Kuchen abholen und meinen Bruder, deinen besten Freund, stilvoll verabschieden, bevor er das Land verlässt.«
Meine Worte hingen zwischen uns in der Luft, und ich presste mir vor Schreck die Hand vor den Mund. Hatte ich gerade Alex Volkov gegenüber das Wort »Brüste« ausgesprochen und ihn beschuldigt, mich zu begaffen? Und ihn ein Arschloch genannt?
Lieber Gott, wenn du mich jetzt mit einem Blitz erschlägst, nehme ich es dir nicht übel. Versprochen.
Alex’ Augen verengten sich um eine Winzigkeit, was eine der fünf emotionalsten Reaktionen war, die ich ihm in den letzten acht Jahren entlockt hatte, also war es durchaus bemerkenswert.
»Glaub mir, ich habe dir nicht auf die Brüste gestarrt«, sagte er, und seine Stimme war so kalt, dass die verbliebenen Regentropfen auf meiner Haut zu Eis gefroren. »Du wärst auch dann nicht mein Typ, wenn du nicht Joshs Schwester wärst.«
Autsch. Ich war ebenfalls nicht an Alex interessiert, aber kein Mädchen wird gern von einem Angehörigen des anderen Geschlechts so rundheraus abserviert.
»Wie auch immer. Jedenfalls gibt es keinen Grund, sich wie ein Idiot zu benehmen«, murmelte ich. »Hör zu, C&B schließt in zwei Minuten. Leih mir einfach deine Jacke, dann können wir hier verschwinden.«
Ich hatte im Voraus online bezahlt und musste den Kuchen nur noch abholen.
An seinem Kiefer zuckte ein Muskel. »Ich erledige das. So gehst du nicht aus dem Auto, auch nicht mit meiner Jacke.« Er holte einen Regenschirm unter dem Fahrersitz hervor und stieg mit einer einzigen fließenden Bewegung aus dem Auto. Er bewegte sich wie ein Panther, mit kraftvoller Anmut und der Präzision eines Lasers. Wenn er wollte, hätte er als Laufstegmodel ein Vermögen machen können; allerdings bezweifelte ich, dass er jemals etwas so »Gewöhnliches« tun würde.
Keine fünf Minuten später kam er zurück, die typische rosa-mintgrüne Kuchenschachtel von Crumble & Bake unter dem Arm. Er warf sie mir in den Schoß, klappte seinen Regenschirm zu und fuhr rückwärts aus der Parklücke, ohne auch nur zu blinzeln.
»Lächelst du eigentlich jemals?«, fragte ich und warf einen Blick in die Schachtel, um mich zu vergewissern, dass sie die Bestellung nicht durcheinandergebracht hatten. Nope – ein Death by Chocolate, hundertprozentig tödlich. »Das könnte gegen deine Krankheit helfen.«
»Welche Krankheit?« Alex klang gelangweilt.
»Stockimarscheritis.« Ich hatte den Mann bereits ein Arschloch genannt, also kam es auf eine weitere Beleidigung jetzt auch nicht mehr an.
Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich glaubte zu sehen, wie seine Mundwinkel zuckten, bevor er ausdruckslos antwortete: »Nein. Die Krankheit ist chronisch.«
Meine Hände erstarrten, und mir fiel fast die Kinnlade auf die Knie. »Hast du gerade einen Witz gemacht?«
»Erklär mir, was du da draußen überhaupt getrieben hast«, wich Alex meiner Frage aus; ein so schneller Themenwechsel, dass ich fast ein Schleudertrauma bekam.
Er hat einen Witz gemacht. Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre.
»Ich hatte ein Fotoshooting mit Kunden. Es gibt einen schönen See in …«
»Erspar mir die Details. Interessiert mich nicht.«
Ein leises Knurren entrang sich meiner Kehle. »Warum bist du hier? Ich hätte dich jetzt nicht unbedingt für jemanden gehalten, der den Chauffeur spielt.«
»Ich war gerade in der Gegend, und du bist Joshs kleine Schwester. Wenn du sterben würdest, wäre es bestimmt eine ganze Weile lang kein besonderer Spaß, mit ihm abzuhängen.« Alex hielt vor meinem Haus. Nebenan, also in Joshs Haus, brannte Licht, und durch die Fenster sah ich tanzende, lachende Leute.
»Josh hat einen echt miesen Geschmack, was seine Freunde angeht«, stieß ich hervor. »Ich weiß nicht, was er an dir findet. Ich hoffe, der Stock in deinem Arsch perforiert ein lebenswichtiges Organ.« Und weil ich eine gute Erziehung genossen hatte, fügte ich hinzu: »Danke fürs Abholen.«
Rasch stieg ich aus dem Wagen. Aus dem heftigen Regenschauer war inzwischen Nieselregen geworden, und ich roch feuchte Erde und die Hortensien, die in einem Topf neben der Haustür standen. Ich würde duschen, mich umziehen und mir dann die letzte Hälfte von Joshs Party ansehen. Hoffentlich würde er mir nicht die Hölle heißmachen, weil ich unterwegs gestrandet war und zu spät kam. Dafür war ich echt nicht in Stimmung.
Ich war nie lange wütend, aber jetzt gerade kochte mein Blut, und am liebsten hätte ich Alex Volkov ins Gesicht geschlagen. Er war so kalt und arrogant und … und … so er. Er machte mich fuchsteufelswild.
Wenigstens hatte ich nicht oft mit ihm zu tun. Josh und er trieben sich normalerweise irgendwo in der Stadt rum, und am Thayer-College ließ sich Alex nie blicken, obwohl er selbst dort studiert hatte.
Gott sei Dank. Wenn ich Alex mehr als ein paar Mal im Jahr sehen müsste, würde ich verrückt werden.
»Wir sollten das an einem etwas … privateren Ort besprechen.« Die Blondine strich mit den Fingerspitzen über meinen Arm, ihre haselnussbraunen Augen leuchteten einladend, und sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Oder auch nicht. Worauf auch immer du stehst.«
Ich verzog die Lippen – nicht genug, um es als Lächeln zu bezeichnen, aber es reichte, um auszudrücken, was ich dachte: Du kannst nicht damit umgehen, worauf ich stehe.
Trotz ihres kurzen, engen Kleids und ihrer Anzüglichkeit sah sie aus wie eine Frau, die liebenswürdige Nettigkeiten im Bett erwartete. Die Liebe machen wollte.
Ich hatte es nicht so mit liebenswürdigen Nettigkeiten. Ich machte keine Liebe.
Ich vögelte auf eine bestimmte Art und Weise, und nur ein bestimmter Typ Frau stand auf diesen Scheiß. Kein Hardcore-BDSM, aber auch nicht soft. Kein Küssen, überhaupt keine Berührungen im Gesicht. Viele Frauen erklärten sich damit einverstanden und versuchten dann auf halbem Weg doch noch, mich umzustimmen, woraufhin ich sofort abbrach und ihnen die Tür wies. Für Leute, die sich nicht mal an die einfachste Abmachung halten konnten, hatte ich nichts übrig.
Deshalb hielt ich mich, wenn ich Erleichterung brauchte, an einige erprobte Bekannte; dann wussten beide Seiten genau, was sie zu erwarten hatten.
Die Blondine würde es nicht auf meine Liste schaffen.
»Nicht heute Abend.« Ich wirbelte das Eis in meinem Glas umher. »Es ist die Abschiedsparty meines Freundes.« Ich sah zu Josh hinüber, der sich in geballter weiblicher Aufmerksamkeit sonnte. Er lag auf dem Sofa, einem der wenigen verbliebenen Möbelstücke, die er vor seinem Auslandsjahr nicht eingelagert hatte, und grinste die drei Frauen an, die ihn anhimmelten. Er war schon immer der Charmante von uns beiden gewesen. Ich machte die Leute nervös, in seiner Gegenwart hingegen fühlten sie sich wohl, und sein Umgang mit dem schönen Geschlecht war das genaue Gegenteil von meinem. Je mehr, desto besser, pflegte Josh zu sagen. Er hatte wahrscheinlich schon die Hälfte der weiblichen Bevölkerung im Großraum D. C. gevögelt.
»Er kann auch mitmachen.« Die Blondine rückte näher, bis ihre Brüste meinen Arm streiften. »Das wäre kein Problem für mich.«
»Für mich auch nicht«, meldete sich ihre Freundin zu Wort, eine zierliche Brünette, die bisher nichts gesagt hatte, mich aber seit meiner Ankunft hungrig beäugte wie ein saftiges Steak. »Lyss und ich machen alles zusammen.«
Die Anspielung hätte selbst dann nicht deutlicher sein können, wenn sie sich die Worte auf ihr entblößtes Dekolleté tätowiert hätte.
Die meisten Männer hätten die Gelegenheit sofort beim Schopf gepackt, aber mich langweilte das Gespräch bereits. Nichts turnte mich mehr ab, als wenn jemand mehr nach Verzweiflung roch als nach Parfum.
Ich machte mir nicht die Mühe zu antworten. Stattdessen suchte ich den Raum nach etwas Interessanterem ab, das meine Aufmerksamkeit verdiente. Wenn es nicht Joshs Party gewesen wäre, wäre ich gar nicht erst aufgekreuzt. Mit meinem Job als COO der Archer Group und meinem … Nebenprojekt hatte ich schon genug um die Ohren, ohne zwischendurch an sinnlosen gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Aber Josh war mein bester Freund – einer der wenigen Menschen, deren Gesellschaft ich länger als eine Stunde am Stück ertragen konnte –, und er reiste am Montag ab, um ein Freiwilliges Medizinisches Jahr in Mittelamerika zu absolvieren. Also war ich hier und versuchte den Eindruck zu erwecken, als wäre ich es gern.
Ein silberhelles Lachen schallte durch die Luft und lenkte meinen Blick auf seine Quelle.
Ava. Natürlich.
Joshs kleine Schwester war so süß und sonnig, dass ich fast erwartet hätte, dass in ihren Fußspuren Blumen sprossen und eine Schar singender Waldtiere hinter ihr herhüpfte, während sie über Wiesen schlenderte oder was Mädchen wie sie sonst so machten.
Sie stand mit ihren Freundinnen in einer Ecke, und als sie über etwas lachte, das eine der anderen gesagt hatte, leuchtete ihr lebhaftes Gesicht auf. Ich fragte mich, ob es ein echtes Lachen war oder ein falsches. Die meisten Lacher – verdammt, die meisten Menschen – waren nicht authentisch. Die Leute setzten morgens gleich nach dem Aufwachen eine Maske auf, je nachdem, was sie an diesem Tag vorhatten und wen sie der Welt präsentieren wollten. Sie lächelten Leute an, die sie hassten, lachten über Witze, die nicht lustig waren, und küssten die Ärsche derer, die sie insgeheim zu entthronen hofften.
Ich verurteilte das gar nicht. Wie jeder andere trug auch ich meine Masken, und ich besaß davon eine ganze Menge. Aber im Gegensatz zu anderen Leuten hatte ich genauso viel Interesse an Arschkriecherei und Small Talk wie daran, mir Bleichmittel in die Venen zu spritzen.
Wie ich Ava kannte, war ihr Lachen echt.
Armes Mädchen. Die Welt würde sie bei lebendigem Leib auffressen, sobald sie die Thayer-Blase verließ.
Nicht mein Problem.
»Yo.« Josh erschien neben mir, das Haar zerzaust, der Mund zu einem breiten Grinsen verzogen. Seine Groupies waren nirgends zu sehen – halt, nein. Da waren sie ja; sie tanzten zu einem Lied von Beyoncé, als würden sie sich für einen Auftritt im Strip Angel bewerben, umringt von Männern, die ihnen mit heraushängender Zunge zusahen. Männer. Mein Geschlecht könnte meinetwegen gern ein bisschen mehr Niveau an den Tag legen und dafür ein bisschen weniger mit dem Zipfel zwischen ihren Beinen denken. »Danke, dass du gekommen bist, Mann. Tut mir leid, dass ich bis jetzt nicht Hallo gesagt habe. Ich war … beschäftigt.«
»Hab ich gesehen.« Mit hochgezogener Braue musterte ich den verschmierten Lippenstiftabdruck in seinem Mundwinkel. »Du hast da was im Gesicht.«
Sein Grinsen wurde breiter. »Ein Ehrenabzeichen. Wo wir gerade dabei sind … ich störe doch nicht, oder?«
Ich warf einen Blick auf die Blondine und die Brünette, die, nachdem sie mein Interesse nicht geweckt hatten, nun miteinander rummachten.
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Hundert Dollar, dass du kein ganzes Jahr in der Einöde überlebst. Keine Frauen, keine Partys. Du bist noch vor Halloween wieder zurück.«
»Oh, du Kleingeist. Natürlich gibt es auch dort Frauen, und die Party ist immer da, wo ich bin.« Josh nahm sich ein Bier aus einer Kühlbox und öffnete es. »Darüber wollte ich übrigens mit dir reden. Über die Zeit, in der ich weg bin.«
»Sag mir nicht, dass du jetzt sentimental wirst. Wenn du uns Freundschaftsarmbänder besorgt hast, bin ich raus.«
»Fick dich, Alter.« Er lachte. »Ich würde dir nicht mal Schmuck kaufen, wenn du mich dafür bezahlst. Nein, es geht um Ava.«
Mein Glas hielt einen Zentimeter vor meinen Lippen inne, ehe ich es dann doch ansetzte und das süße Brennen des Whiskeys meine Kehle hinunterfloss. Ich hasste Bier. Es schmeckte wie Pisse. Da es auf Joshs Partys der Drink du jour war, brachte ich mir immer eine Flasche Macallan mit.
»Was ist mit ihr?«
Josh und seine Schwester standen sich nahe, auch wenn sie sich manchmal so sehr zankten, dass ich ihnen am liebsten den Mund zugeklebt hätte. So waren Geschwister eben – eine Erfahrung, die ich nie gemacht hatte.
Auf einmal schmeckte der Whiskey bitter, und ich zog eine Grimasse und ließ das Glas sinken.
»Ich mache mir Sorgen um sie.« Josh rieb sich mit einer Hand über den Kiefer, seine Miene wurde ernst. »Ich weiß, dass sie ein großes Mädchen ist und auf sich selbst aufpassen kann – es sei denn, sie ist mitten im verdammten Nirgendwo gestrandet; danke übrigens, dass du sie abgeholt hast –, aber sie war noch nie so lange auf sich allein gestellt, und manchmal ist sie ein wenig zu … vertrauensselig.«
Ich ahnte, worauf Josh hinauswollte, und es gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht. »Sie wird nicht allein sein. Sie hat ihre Freundinnen.« Ich deutete mit einem Nicken auf besagte Freundinnen. Eine von ihnen, eine kurvige Rothaarige in einem goldenen Rock, in dem sie wie eine Discokugel aussah, hüpfte just in diesem Moment auf den Tisch und wackelte mit dem Hintern zu dem Rap-Song, der aus den Lautsprechern dröhnte.
Josh schnaubte. »Jules? Sie ist ein schlechter Einfluss, keine Hilfe. Stella ist genauso vertrauensselig wie Ava, und Bridget … na ja, sie hat Sicherheitspersonal, aber sie ist nicht so oft da.«
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Thayer ist sicher, die Kriminalitätsrate hier geht gegen null.«
»Ja, aber ich würde mich besser fühlen, wenn jemand, dem ich vertraue, ein Auge auf sie hat, verstehst du?«
Scheiße. Der Zug fuhr direkt auf die Klippe zu, und ich konnte nichts tun, um ihn aufzuhalten.
»Ich würde dich normalerweise nicht darum bitten – ich weiß, dass du eine Menge um die Ohren hast –, aber sie hat sich vor ein paar Wochen von ihrem Freund getrennt, und er lässt sie nicht in Ruhe. Ich wusste immer, dass er ein kleiner Scheißer ist, aber sie wollte nicht auf mich hören. Wie dem auch sei – würdest du bitte ein bisschen auf sie achtgeben? Nur um sicherzugehen, dass sie nicht umgebracht oder entführt wird? Ich wäre dir dafür echt was schuldig.«
»Du bist mir eh schon was dafür schuldig, dass ich dir so oft den Arsch gerettet habe«, sagte ich trocken.
»Ach, dabei hattest du doch auch deinen Spaß. Du bist manchmal einfach zu zugeknöpft.« Josh grinste. »Also, war das ein Ja?«
Ich sah wieder zu Ava rüber. Musterte sie. Sie war zweiundzwanzig, vier Jahre jünger als Josh und ich, und sie schaffte es, zugleich jünger und älter zu wirken, als sie war. Aus irgendeinem Grund kam es mir vor, als hätte sie alles schon gesehen – das Schöne, das Hässliche, sogar das himmelschreiend Grauenhafte –, und dennoch glaubte sie noch immer an das Gute.
Das war ebenso dumm wie bewundernswert.
Sie musste gespürt haben, dass ich sie anstarrte, denn sie unterbrach ihr Gespräch und blickte mich direkt an. Unter meinem unverwandten Blick errötete sie. Sie hatte Jeans und T-Shirt gegen ein lilafarbenes Kleid getauscht, das ihr bis zu den Knien reichte.
Zu schade. Das Kleid war schön, aber ich musste unwillkürlich an unsere Autofahrt denken. Das feuchte T-Shirt hatte wie eine zweite Haut an ihr geklebt, die Brustwarzen hatten sich unter der dekadenten roten Spitze ihres BHs deutlich abgezeichnet. Es war mein Ernst gewesen, als ich sagte, sie sei nicht mein Typ, aber den Anblick hatte ich trotzdem genossen. Hatte praktisch vor mir sehen können, wie ich das Shirt hochschob, ihren BH mit den Zähnen beiseitezog und die Lippen um diese süßen, harten Spitzen schloss.
Hastig riss ich mich von dieser unerwarteten Fantasie los. Was zum Teufel war mit mir los? Das war Joshs Schwester. Unschuldig, rehäugig und so süß, dass ich kotzen könnte. Das komplette Gegenteil der kultivierten, abgeklärten Frauen, die ich normalerweise bevorzugte, im Bett und auch generell. Bei denen brauchte ich mir keine Gedanken über Gefühle zu machen; sie wussten, dass es sich nicht lohnte, welche für mich zu entwickeln. Ava hingegen war das reinste Gefühlsbündel, nichts als Gefühle und ein Hauch Frechheit.
Der Anflug eines Lächelns huschte über meine Lippen, als ich mich an ihren Spruch vorhin erinnerte: Ich hoffe, der Stock in deinem Arsch perforiert ein lebenswichtiges Organ.
Es war nicht das Schlimmste, was je zu mir gesagt worden war, bei Weitem nicht, aber von ihr hätte ich so etwas nicht erwartet. Ich hatte sie noch nie ein böses Wort zu oder auch über jemanden sagen hören. Es bereitete mir ein gewisses Vergnügen, dass ich sie so reizen konnte.
»Alex«, drängte Josh.
»Ich weiß nicht, Mann.« Ich riss den Blick von Ava und ihrem lila Kleid los. »Ich bin kein guter Babysitter.«
»Na, dann ist es ja gut, dass sie kein Baby ist«, witzelte er. »Hör zu, ich weiß, das ist eine große Bitte, aber du bist der einzige Mensch, bei dem ich darauf vertraue, dass er sie nicht …«
»Sie nicht ficken will?«
»Mensch, Alter.« Josh sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Nicht dieses Wort im Zusammenhang mit meiner Schwester, das ist ja widerlich. Aber … ja. Ich meine, wir wissen beide, dass sie nicht dein Typ ist, und selbst wenn sie es wäre, würdest du nichts in die Richtung unternehmen.«
Leise Schuldgefühle durchzuckten mich, als ich an meine unangemessene Fantasie von eben dachte. Wenn ich ausgerechnet von Ava Chen fantasierte, war es wohl an der Zeit, dass ich jemanden von meiner Liste anrief.
»Aber es ist mehr als das«, fuhr Josh fort. »Du bist der einzige Mensch, dem ich vertraue, abgesehen von meiner Familie. Und du weißt, was für Sorgen ich mir um Ava mache, vor allem nach der Sache mit ihrem Ex.« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Ich schwöre, wenn mir dieser Wichser jemals über den Weg läuft …«
Ich seufzte. »Ich kümmere mich um sie. Mach dir keine Sorgen.«
Das würde ich garantiert bereuen. Ich wusste es jetzt schon, und doch stand ich hier und gab mein Leben auf … zumindest für das nächste Jahr. Ich versprach selten etwas, aber wenn, dann war darauf Verlass. Es war kein Versprechen für mich, es war eine Verpflichtung. Josh zu versprechen, dass ich mich um Ava kümmerte, bedeutete, dass ich mich verdammt noch mal um sie kümmern würde, und damit meinte ich nicht, dass ich mich alle zwei Wochen per SMS mal bei ihr melden würde.
Sie stand jetzt unter meinem Schutz.
Eine vertraute, dunkle Ahnung stieg in mir auf. Mir war, als würde sich eine Schlinge um meinen Hals legen und sich immer fester zuziehen, bis der Sauerstoff knapp wurde und winzige Lichter vor meinen Augen tanzten.
Blut. Überall. Auf meinen Händen. Auf meiner Kleidung. Auf dem cremefarbenen Teppich, den sie so sehr geliebt, den sie von ihrer letzten Reise aus Europa mitgebracht hatte.
Mich packte ein unsinniger Drang, den Teppich zu schrubben und die blutigen weichen Fasern herauszureißen, eine nach der anderen, aber ich war nicht imstande, mich zu rühren.
Ich konnte nur stumm dastehen und auf die groteske Szene in meinem Wohnzimmer starren – einem Zimmer, das keine halbe Stunde zuvor noch von Wärme, Lachen und Liebe erfüllt gewesen war. Jetzt aber war es so kalt und leblos wie die drei Leichen zu meinen Füßen.
Ich blinzelte, und die Vision verschwand – das Licht, die Erinnerungen, die Schlinge um meinen Hals.
Aber das alles würde zurückkommen. So wie immer.
»Du bist der Beste«, sagte Josh, der wieder grinste, nachdem ich zugestimmt hatte, eine Rolle zu übernehmen, die meinem Wesen zutiefst widersprach. Ich war kein Beschützer, ich war ein Zerstörer. Ich brach Herzen, ruinierte Geschäftspartner und scherte mich nicht um die Folgen. Wenn jemand dumm genug war, sich in mich zu verlieben oder mir in die Quere zu kommen – und vor beidem warnte ich die Leute ausdrücklich –, dann hatte er es nicht anders verdient. »Ich bring dir was mit, und zwar – verdammt, keine Ahnung. Kaffee. Schokolade. Ein Pfund von allem, was da unten was taugt. Und ich schulde dir einen großen, fetten Gefallen.«
Ich zwang mich zu einem Lächeln. Bevor ich antworten konnte, klingelte mein Handy, und ich hob einen Finger. »Moment, da muss ich rangehen.«
»Lass dir Zeit, Mann.« Josh wurde längst von der Blondine und der Brünetten abgelenkt, die mich vorhin angemacht hatten und in meinem besten Freund ein viel willigeres Publikum fanden. Als ich in den Hinterhof trat und meinen Anruf entgegennahm, hatten sie bereits ihre Hände unter seinem Hemd.
»Djadko«, sagte ich – der ukrainische Ausdruck für Onkel.
»Alex.« Die Stimme meines Onkels rasselte durch die Leitung, heiser von jahrzehntelangem Zigarettenkonsum und dem Alter. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Nein.« Durch die Glasschiebetür beobachtete ich das bunte Treiben im Haus. Josh lebte schon seit seinem Studium in diesem zweistöckigen Haus in der Nähe des Thayer-Campus. Wir hatten zusammengewohnt, bis ich nach meinem Abschluss nach D. C. gezogen war, um näher an meinem Büro zu sein und den Horden grölender, betrunkener Studierender zu entkommen, die Nacht für Nacht über den Campus und durch die umliegenden Stadtteile zogen.
Alle waren zu Joshs Abschiedsparty gekommen, und mit alle meine ich die Hälfte der Einwohner von Hazelburg, Maryland. Er war in der Stadt sehr beliebt, und ich vermutete, dass die Leute seine Partys ebenso sehr vermissen würden wie ihn selbst.
Für jemanden, der immer behauptete, in der Büffelei zu ertrinken, fand er eine Menge Zeit für Alkohol und Sex. Nicht dass es seinen akademischen Leistungen Abbruch getan hätte. Der Bastard fuhr immer nur Bestnoten ein.
»Hast du dich um das Problem gekümmert?«, fragte mein Onkel.
Ich hörte, wie eine Schublade geöffnet und geschlossen wurde, gefolgt vom leisen Klicken eines Feuerzeugs. Ich hatte ihn unzählige Male bekniet, mit dem Rauchen aufzuhören, aber ich drang nicht zu ihm durch. Alte Gewohnheiten ließen sich nur schwer ablegen, alte schlechte Gewohnheiten waren besonders hartnäckig, und Ivan Volkov hatte inzwischen ein Alter erreicht, in dem er sich nicht mehr ändern wollte.
»Noch nicht.« Der Mond stand tief am Himmel und warf Fäden aus Licht in den ansonsten tiefdunklen Hinterhof. Licht und Schatten. Zwei Seiten der gleichen Münze. »Aber bald. Wir sind nah dran.«
An der Gerechtigkeit. Rache. Erlösung.
Seit sechzehn Jahren strebte ich danach. Ich dachte in meinen Tagräumen daran und in meinen Albträumen. Es war mein Lebenssinn. Trotz aller Ablenkungen – das ewige Schachspiel der Unternehmenspolitik, das flüchtige Vergnügen, wenn ich mich in der engen Wärme eines willigen Körpers vergrub – lauerte dieser Drang beständig in den dunklen Winkeln meines Bewusstseins und trieb mich zu immer größerem Ehrgeiz an, zu immer größerer Rücksichtslosigkeit.
Sechzehn Jahre mögen wie eine halbe Ewigkeit erscheinen, aber ich hatte einen langen Atem. Es war mir gleichgültig, wie viele Jahre ich warten musste, solange das Ende es wert war.
Und das Ende des Mannes, der meine Familie zerstört hatte? Es würde ein glorreicher Moment sein.
»Gut.« Mein Onkel hustete, und ich presste die Lippen zusammen.
Eines Tages würde ich ihn davon überzeugen, mit dem Rauchen aufzuhören. Das Leben hatte mir schon lange jegliche Sentimentalität ausgetrieben, aber Ivan war mein einziger noch lebender Verwandter. Er hatte mich aufgenommen, mich wie sein eigenes Kind aufgezogen und zu mir gehalten, all die steinigen, harten Jahre hindurch, während ich auf Rache sann. Wenigstens so viel war ich ihm also schuldig.
»Deine Familie wird bald Frieden finden«, sagte er.
Vielleicht. Ob das für mich galt … nun, das wusste ich heute noch nicht.
»Nächste Woche findet eine Vorstandssitzung statt«, wechselte ich das Thema. »Ich bin den ganzen Tag über in der Stadt.« Mein Onkel war der offizielle Vorstandsvorsitzende der Archer Group, der Immobiliengesellschaft, die er vor einem Jahrzehnt unter meiner Anleitung gegründet hatte. Schon als Teenager hatte ich ein Händchen für Geschäfte gehabt.
Der Hauptsitz der Archer Group befand sich in Philadelphia, aber das Unternehmen hatte Niederlassungen im ganzen Land. Da ich in Washington lebte, befand sich dort das eigentliche Machtzentrum des Unternehmens, auch wenn die Vorstandssitzungen weiterhin in der Zentrale stattfanden.
Ich hätte den Posten des CEO schon vor Jahren übernehmen können, so wie es mein Onkel und ich bei der Unternehmensgründung vereinbart hatten, aber die Position des COO bot mir mehr Flexibilität, und die brauchte ich derzeit noch. Außerdem wusste sowieso jeder, dass ich es war, der hinter dem Thron stand und die Fäden in der Hand hielt. Ivan war ein guter CEO, aber es waren meine Strategien, die das Unternehmen nach nur einem Jahrzehnt in die Fortune 500 katapultiert hatten.
Mein Onkel und ich sprachen noch eine Weile über Geschäftliches, bevor ich auflegte und mich wieder der Party zuwandte. Die Zahnräder in meinem Kopf rotierten, während ich die Entwicklungen des Abends Revue passieren ließ – mein Versprechen an Josh, der Anstoß meines Onkels wegen des kleinen Rückschlags in meinem Racheplan. Jetzt musste ich ein Jahr lang beide Aufgaben unter einen Hut bringen.
Ich ordnete das, was ich zu tun hatte, mental in verschiedenen Mustern neu an, spielte diverse Szenarien bis zum Ende durch, erwog die Vor- und Nachteile und mögliche Schwierigkeiten, bis ich schließlich zu einer Entscheidung kam.
»Alles gut bei dir?«, rief Josh vom Sofa aus. Die Blondine küsste gerade seinen Nacken, während die Hände der Brünetten intime Bekanntschaft mit der Region unterhalb seines Gürtels machten.
»Ja.« Mit Unmut erwischte ich mich dabei, wie ich zu Ava hinübersah. Sie stand in der Küche über den halb aufgegessenen Kuchen von Crumble & Bake gebeugt. Ihre gebräunte Haut war nach dem Tanzen mit einem leichten Schweißfilm bedeckt und glänzte, und eine Wolke rabenschwarzen Haars umspielte ihr Gesicht. »Was deine Bitte von vorhin angeht … ich hab da eine Idee.«
»Ich hoffe, du weißt zu schätzen, was für eine gute Freundin ich bin.« Jules gähnte, während wir durch den Vorgarten auf Joshs Haus zustapften. »Immerhin bin ich in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um deinem Bruder beim Putzen und Packen zu helfen, obwohl ich den Kerl nicht mal leiden kann.«
Ich lachte und hakte mich bei ihr unter. »Ich lad dich nachher zu einem Karamell-Mokka von The Morning Roast ein. Versprochen.«
»Na schön.« Sie gähnte noch mal. »Groß und mit extra Knusper-Topping?«
»Unbedingt.«
»Gut.« Jules gähnte erneut. »Das macht es so halbwegs wieder gut.«
Jules und Josh waren nicht gerade Fans voneinander. Das hatte ich schon immer seltsam gefunden angesichts ihrer großen Ähnlichkeit. Sie waren beide aufgeschlossen, charmant, verdammt klug und absolute Herzensbrecher.
Jules war eine menschliche Ausgabe von Jessica Rabbit mit ihrem leuchtend roten Haar, der hellen Haut und Kurven, angesichts derer ich meinen eigenen Körper mit einem tiefen Seufzer betrachtete.
Im Großen und Ganzen war ich mit meinem Aussehen zufrieden, aber als Mitglied des Itty-Bitty-Titty-Komitees wünschte ich mir ein oder zwei Körbchengrößen mehr, ohne dafür auf plastische Chirurgie zurückgreifen zu müssen.
Ironischerweise beschwerte sich Jules manchmal über ihre Doppel-Ds und sagte, sie bekäme von dem Gewicht Rückenschmerzen. Es sollte eine App für Brüste geben, die es Frauen ermöglichte, Körbchengrößen mit einem Knopfdruck anzupassen.
Wie ich schon sagte, war ich die meiste Zeit über mit meinem Aussehen zufrieden, aber niemand war gegen Unsicherheiten gefeit – nicht einmal Supermodels oder Filmstars.
Bis auf die Klagen über ihre Brüste war Jules die selbstbewussteste Person, die ich je kennengelernt hatte – abgesehen von meinem Bruder, dessen Ego so groß war, dass ungefähr die gesamte Ostküste der Vereinigten Staaten hineinpassen würde und Texas noch obendrein. Ich nehme an, er hatte auch allen Grund dazu – er war schon immer der reinste Goldjunge gewesen, und obwohl ich es nur unter Schmerzen zugab, weil er mein Bruder war, sah er auch wirklich gar nicht übel aus. Gute einsneunzig mit dichtem schwarzem Haar und einem phänomenalen Körperbau, was ihm sehr wohl bewusst war. Ich war überzeugt, dass Josh eine Skulptur von sich selbst in Auftrag geben und sie in seinem Vorgarten aufstellen würde, wenn er könnte.
Jules und Josh hatten mir nie verraten, warum sie sich so wenig leiden konnten, aber ich hatte den Verdacht, dass es daran lag, dass sie sich schlicht zu ähnlich waren.
Die Haustür stand offen, also klopften wir nicht an.
Zu meiner Überraschung war es drinnen ziemlich sauber. Josh hatte die meisten Möbel schon letzte Woche ins Lager gebracht, übrig waren nur das Sofa (das später jemand abholen würde), ein paar verstreute Küchenutensilien und das seltsame abstrakte Gemälde im Wohnzimmer.
»Josh?« Meine Stimme hallte in dem großen, leeren Raum wider, während Jules sich mit mürrischer Miene auf den Boden setzte und die Knie an die Brust zog. Nein, sie war eindeutig kein Morgenmensch. »Wo bist du?«
»Schlafzimmer!« Ich hörte ein lautes Klopfen von oben, gefolgt von einem gedämpften Fluch. Im nächsten Moment kam Josh die Treppe herunter, einen großen Pappkarton in den Armen. »Den Scheiß hier spende ich«, verkündete er und stellte den Karton auf den Küchentisch.
Ich rümpfte die Nase. »Zieh dir ein Hemd an. Bitte.«
»Ich soll JR ihres morgendlichen Augenschmauses berauben?« Josh grinste. »So grausam bin ich nicht.«
Ich war nicht die Einzige, die fand, dass Jules wie Jessica Rabbit aussah; Josh bezeichnete sie immer mit den Initialen der Zeichentrickfigur, was sie maßlos ärgerte. Andererseits war sie ohnehin von allem genervt, was Josh tat.
Jules hob den Kopf und starrte ihn finster an. »Bitte. Ich hab im Fitnessstudio auf dem Campus schon imposantere Bauchmuskeln gesehen. Hör auf Ava und zieh dir ein Hemd an, bevor mir das Abendessen von gestern wieder hochkommt.«
»Mich deucht, die Dame protestiert ein bisschen zu viel«, sagte Josh und klopfte sich aufs Sixpack. »Das Einzige, was hier hochkommen könnte, ist …«
»Okay.« Ich wedelte mit beiden Armen durch die Luft, um ihr Gespräch zu unterbrechen, bevor ich davon noch ein Trauma fürs Leben davontrug. »Genug geplaudert. Lasst uns packen, bevor du am Ende noch deinen Flug verpasst.«
Glücklicherweise verhielten sich Josh und Jules in den nächsten anderthalb Stunden einigermaßen brav. Wir packten die restlichen Sachen zusammen und luden sie in den Geländewagen, den er für den Umzug gemietet hatte.
Schließlich war nur noch das Gemälde übrig.
»Sag mir bitte, dass du das auch spendest.« Ich beäugte die riesige Leinwand. »Ich weiß nicht mal, wie wir das Ding ins Auto kriegen sollen.«
»Nein, lass es dort. Es gefällt ihm.«
»Wem denn?« Soweit ich wusste, hatte bisher noch niemand Joshs Mietvertrag übernommen. Aber es war erst Juli, und die Wohnung würde kurz vor Semesterbeginn sicherlich schnell weg sein.
»Das wirst du schon sehen.«
Sein Lächeln gefiel mir nicht. Kein bisschen.
Das leise Schnurren eines leistungsstarken Motors erfüllte die Luft.
Joshs Lächeln wurde breiter. »Ja, gleich werdet ihr es sehen.«
Jules und ich blickten einander an, liefen zur Haustür und stießen sie auf.
In der Einfahrt stand ein vertrauter Aston Martin. Die Tür öffnete sich, und Alex stieg aus. In Jeans, Pilotenbrille und dem schwarzen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln sah er verboten umwerfend aus.
Er nahm die Sonnenbrille ab und musterte uns mit kühlem Blick, völlig unbeeindruckt von dem kleinen Begrüßungskomitee auf der Treppe.
Nach einer Begrüßung war mir allerdings nicht zumute. »Aber … aber das ist Alex«, stammelte ich.
»Der mächtig gut aussieht, wenn ich das mal so am Rande erwähnen darf.« Jules stupste mich in die Rippen, und ich starrte sie finster an. Wen interessierte schon, ob er heiß war? Er war ein Idiot.
»Hey, Kumpel.« Josh und Alex klatschten einander zur Begrüßung ab. »Wo sind deine Sachen?«
»Das Umzugsunternehmen bringt sie nachher.« Alex streifte Jules mit einem flüchtigen Blick, wohingegen sie ihn begutachtete wie ein glänzendes neues Spielzeug. Abgesehen von Josh war Alex der Einzige, der ihrem Charme noch nie verfallen war, was sie nur umso mehr faszinierte. Sie hatte eine Schwäche für Herausforderungen … wahrscheinlich, weil die meisten Männer ihr zu Füßen lagen, bevor sie überhaupt den Mund aufmachte.
»Warte.« Ich hob meine Hand, mein Herz schlug in einem panischen Rhythmus gegen meinen Brustkorb. »Umzugsuntern… Aber du ziehst ja wohl nicht hierher?«
»Doch, das tut er.« Josh legte mir den Arm um die Schultern, seine Augen funkelten schelmisch. »Schwesterchen, vor dir steht dein neuer Nachbar.«
Mein Blick wanderte hin und her zwischen ihm und Alex, der unmöglich noch gelangweilter hätte wirken können.
»Nein.« Es gab nur einen möglichen Grund, der Alex Volkov dazu veranlassen könnte, sein gemütliches Penthouse in D. C. zu verlassen und wieder nach Hazelburg zu ziehen, und ich hätte meine neue Kamera darauf verwettet, dass dieser Entschluss nichts mit nostalgischen Gefühlen für seine Collegezeit zu tun hatte. »Nein, nein, nein, nein, nein.«
»Ja, ja, ja, ja, ja.«
Ich starrte meinen Bruder an. »Ich brauche keinen Babysitter. Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt.«
»Wer hat denn was von Babysitten gesagt?« Josh zuckte mit den Schultern. »Er kümmert sich während meiner Abwesenheit ums Haus. Wenn ich nächstes Jahr zurückkomme, ziehe ich wieder ein, es ist eine völlig vernünftige Entscheidung.«
»Blödsinn. Du willst, dass er mich im Blick behält.«
»Das ist nur ein Bonus.« Joshs Gesicht wurde weicher. »Es schadet nichts, wenn du während meiner Abwesenheit jemanden hast, auf den du dich verlassen kannst, vor allem nach der Sache mit Liam.«
Bei der Erwähnung meines Ex-Freundes zuckte ich zusammen. Seit ich ihn vor anderthalb Monaten beim Fremdgehen erwischt hatte, ließ Liam mein Telefon förmlich glühen. Er war sogar ein paarmal in der Galerie aufgetaucht, in der ich arbeitete, und hatte um eine neue Chance gebettelt. Für mich war die Trennung nicht allzu schlimm gewesen. Wir waren nur ein paar Monate zusammen gewesen, und ich hatte ihn nicht wirklich geliebt. Die Situation an sich jedoch verunsicherte mich. Josh machte sich Sorgen, dass Liam durchdrehen könnte, aber ganz ehrlich: Liam war ein Treuhandfonds-Baby, das Polo spielte und in Brooks-Brothers-Klamotten herumlief. Ich bezweifelte, dass er je etwas tun würde, was sein perfekt gegeltes Haar durcheinanderbringen könnte.
Ich schämte mich mehr dafür, überhaupt mal mit ihm ausgegangen zu sein, als dass ich mir Sorgen um meine körperliche Sicherheit machte.
»Ich kann auf mich selbst aufpassen.« Ich schüttelte Joshs Arm ab. »Ruf die Umzugsfirma an und sag ab«, forderte ich Alex auf, der uns die ganze Zeit ignoriert und auf seinem Handy herumgescrollt hatte. »Du musst wirklich nicht herziehen. Hast du denn nicht … Angelegenheiten in D. C. zu erledigen?«
»D. C. ist nur zwanzig Minuten entfernt«, sagte er, ohne aufzusehen.
»Nur fürs Protokoll, ich bin absolut dafür, dass du nebenan einziehst«, mischte sich Jules ein. Verräterin. »Mähst du den Rasen oben ohne? Könnte ich nur wärmstens empfehlen.«
Alex und Josh runzelten synchron die Stirn.
»Du.« Josh zeigte auf sie. »Mach keinen Blödsinn, während ich weg bin.«
»Glaubst du etwa, du hättest ein Mitspracherecht in meinem Leben? Niedlich.«
»Es ist mir scheißegal, was du mit deinem Leben anstellst. Aber es gefällt mir überhaupt nicht, wenn du Ava in deine Dummheiten mit reinziehst.«
»Newsflash: Du hast Ava auch nichts zu sagen. Sie kann selbst über sich bestimmen.«
»Sie ist meine Schwester …«
»Sie ist meine beste Freundin …«
»Weißt du noch, als sie deinetwegen fast verhaftet worden wäre?«
»Lass das endlich mal hinter dir. Das ist drei Jahre her …«
»Leute!« Ich presste die Fingerspitzen an meine Schläfen. Josh und Jules waren oft die reinsten Kleinkinder. »Hört auf zu streiten. Josh, versuch gefälligst nicht ständig, mein Leben zu kontrollieren. Jules, hör auf, ihn zu provozieren.«
Josh verschränkte die Arme vor der Brust. »Als dein großer Bruder ist es meine Aufgabe, dich zu beschützen und dafür zu sorgen, dass jemand ein Auge auf dich hat, wenn ich nicht da bin.«
Ich war mit ihm aufgewachsen; ich kannte diesen Blick: Er würde keinen Millimeter nachgeben.
»Dann ist Alex also quasi deine Vertretung?«, fragte ich resigniert.
»Ich vertrete hier nichts und niemanden«, sagte Alex eisig. »Mach einfach keine Dummheiten, dann kommen wir prima klar.«
Mit einem Stöhnen barg ich das Gesicht in beiden Händen.
Das würde ein verdammt langes Jahr werden.
Zwei Tage später war Josh in Mittelamerika, und Alex war bereits eingezogen. Ich hatte beobachtet, wie die Möbelpacker einen riesigen Flachbildfernseher und Kisten unterschiedlichster Größe in das Haus nebenan schleppten, und Alex’ Aston Martin war nun ein alltäglicher Anblick.
Da Schmollen mir auch nicht helfen würde, beschloss ich, aus den Zitronen Limonade zu machen.
Da die Galerie über den Sommer dienstags geschlossen war und ich keine Termine für Fotosessions hatte, verbrachte ich den Nachmittag damit, Red Velvet Cookies zu backen – meine Spezialität.
Ich hatte sie gerade in ein niedliches kleines Körbchen gepackt, da hörte ich das unverkennbare Dröhnen von Alex’ Auto, das in die Einfahrt fuhr, gefolgt vom Zuschlagen der Wagentür.
Scheiße. Okay, ich war bereit. Wirklich.
Ich wischte mir die verschwitzten Handflächen an den Oberschenkeln ab. Warum um Himmels willen machte es mich so nervös, dem Mann Kekse rüberzubringen? Alex hatte in den gesamten letzten acht Jahren mit an unserem Thanksgiving-Tisch gesessen, und trotz all seines Geldes und seines guten Aussehens war er auch nur ein Mensch. Ein einschüchternder Mensch, aber dennoch ein Mensch.
Außerdem sollte er auf mich aufpassen … und mir den Kopf abzureißen wäre mit diesem Auftrag nicht vereinbar, richtig?
Mit dieser beruhigenden Gewissheit im Hinterkopf schnappte ich mir das Körbchen, meine Schlüssel und mein Handy und marschierte rüber. Gott sei Dank war Jules gerade bei ihrem Jura-Praktikum. Wenn ich mir noch einmal anhören musste, wie heiß Alex war, würde ich schreien.
Ich hielt es für möglich, dass sie das behauptete, um mich zu ärgern, aber ich machte mir auch Sorgen, dass sie tatsächlich an ihm interessiert war. Wenn meine beste Freundin sich mit dem besten Freund meines Bruders einließe … nein. Ich verbot mir den bloßen Gedanken, er war einfach zu schrecklich.
Ich klingelte drüben an der Tür, wartete und versuchte, mein rasendes Herz dazu zu zwingen, langsamer zu schlagen. Am liebsten hätte ich die Cookies auf die Treppe geworfen und wäre nach Hause gerannt, aber das wäre feige gewesen, und ich war kein Feigling. Meistens jedenfalls nicht.
Eine Minute verging.
Ich klingelte erneut.
Endlich hörte ich leise Schritte, die immer lauter wurden, bis die Tür aufschwang und ich Alex gegenüberstand. Er hatte sein Jackett ausgezogen, aber ansonsten trug er immer noch sein Arbeitsoutfit – weißes Thomas-Pink-Hemd, Armani-Hose und -Schuhe, blaue Brioni-Krawatte.
Sein Blick glitt über mein Haar (zu einem Dutt hochgesteckt), mein Gesicht (ohne erkennbaren Grund so glühend heiß wie sonnenverbrannter Sand) und meinen Körper (ich trug meine Lieblingskombi, bestehend aus Tanktop und Shorts), bevor er das Körbchen musterte. Seine Miene blieb die ganze Zeit über undeutbar.
»Die sind für dich.« Ich hielt ihm das Körbchen entgegen. »Es sind Kekse«, fügte ich hinzu – völlig unnötigerweise, denn er hatte schließlich Augen und konnte das selbst sehen. »Ein nachbarschaftliches Willkommensgeschenk.«
»Ein nachbarschaftliches Willkommensgeschenk«, wiederholte er.
»Ja. Weil du ja schließlich … neu bist. In der Nachbarschaft.« Ich klang wie ein Trottel. »Ich weiß, dass du genauso wenig hier sein willst, wie ich dich hier haben will …« Mist, das klang jetzt echt falsch. »Aber da wir jetzt Nachbarn sind, sollten wir vielleicht Waffenstillstand schließen.«
Alex zog eine Braue hoch. »Mir war gar nicht bewusst, dass ein Waffenstillstand notwendig ist. Wir sind doch nicht im Krieg.«
»Nein, aber …« Frustriert stieß ich die Luft aus. Es war ja eigentlich klar gewesen, dass er es mir schwer machen würde. »Ich versuche nur, nett zu sein, okay? Wir sind für das nächste Jahr Nachbarn, also will ich es uns ein bisschen erleichtern. Nimm einfach die verdammten Kekse. Du kannst sie essen, wegwerfen, an deine Schlange Nagini verfüttern oder was auch immer damit anstellen.«
Sein Mundwinkel zuckte. »Hast du mich gerade mit Voldemort verglichen?«
»Was? Nein!« Na schön, vielleicht doch. »Die Schlange war nur ein Beispiel. Du scheinst mir nicht der Typ Mensch zu sein, der ein pelziges Haustier hat.«
»Da hast du recht. Aber eine Schlange habe ich auch nicht.« Er nahm mir das Körbchen aus der Hand. »Danke.«
Ich blinzelte. Blinzelte erneut. Hatte Alex Volkov mir gerade gedankt? Ich hatte eigentlich eher erwartet, dass er die Kekse nehmen und mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde. Er hatte sich noch nie für irgendwas bei mir bedankt. Außer vielleicht damals, als ich ihm beim Abendessen das Kartoffelpüree gereicht hatte, aber da war ich betrunken gewesen, und die Erinnerung war nebulös.
Ich war immer noch wie erstarrt vor Schreck, da fragte er: »Willst du reinkommen?«
Das war ein Traum. Es musste einer sein. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Alex mich wirklich in sein Haus einlud, war geringer als die, dass ich eine quadratische Gleichung im Kopf löste.
Ich zwickte mich. Aua. Okay, kein Traum. Nur eine unglaublich surreale Situation.
Ich fragte mich, ob Außerirdische den echten Alex auf seinem Heimweg entführt und durch einen netteren, höflicheren Fake-Alex ersetzt hatten.
»Klar«, sagte ich, denn ich war neugierig. Ich war noch nie bei ihm zu Hause gewesen und wollte wissen, was er aus Joshs Haus gemacht hatte.