Ur- Christen - Frank Viola - E-Book

Ur- Christen E-Book

Frank Viola

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Beschreibung

Die Geschichte der ersten Christen im Zusammenhang Das Neue Testament ist nicht chronologisch geordnet, weshalb manches darin missverstanden wird. Ur-Christen legt die Zusammenhänge der verschiedenen Bücher des NT offen und verbindet diese miteinander, sodass daraus eine einzigartige, fortlaufende Geschichte entsteht. Das Buch spannt einen Bogen von der Geburt Jesu bis zur Offenbarung, und wir erhalten insbesondere einen tiefen Einblick in das praktische, pulsierende Gemeindeleben der ersten Christen: Wie haben Paulus, Petrus, Jakobus und Johannes wirklich gelebt und gewirkt? Mit welchen Problematiken mussten sie sich auf ihren Reisen und in den von ihnen gegründeten Gemeinden auseinandersetzen? Weshalb werden in ihren Briefen bestimmte Themen behandelt? Geschichtliche, politische und soziologische Daten, Landkarten und Hintergrundinformationen runden das Bild von der damaligen Situation ab und lassen uns unser Neues Testament in Zukunft mit ganz anderen Augen lesen.

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Frank Viola

Ur-Christen

Eine außergewöhnliche Chronologie der Ereignisse des Neuen Testaments

GloryWorld-Medien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2004 Frank Viola

Originally published in English under the title „The Untold Story of the New Testament Church“ by Destiny Image, 167 Walnut Bottom Rd., Shippensburg PA, 17257-0310, USA.

All rights reserved.

1. E-Book-Auflage 2017

© der deutschen Ausgabe 2011 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany; www.gloryworld.de

Alle Rechte vorbehalten

Bibelzitate sind der Elberfelder Bibel, Rev. Fassung von 1985, entnommen.

Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.

Übersetzung: Andreas KröllLektorat / Satz: Manfred und Janet MayerUmschlaggestaltung: Kerstin & Karl Gerd Striepecke, www.vision-c.deFoto: istockphoto

Karten: H.H. Rowley: Atlas zur Bibel © 1997 SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

ISBN (epub): 978-3-95578-152-1

ISBN (Druck): 978-3-936322-52-1

 

 

Stimmen zum Buch

Frank Viola gibt uns mit seinem Buch eine neue Art von „Kirchengeschichte“ an die Hand: Es ist nicht die Geschichte einer Institution, sondern die eines Leibes. Er legt den Schwerpunkt auf die Nachfolger Jesu und deren Kämpfe. Wir erfahren mehr über Paulus und seine Konvertiten, Feinde, Jünger und Freunde oder über Petrus und Johannes und die Gemeinden, die sie gegründet und aufgebaut haben. Das Buch stellt heraus, was die Gläubigen unternommen haben, um ewige Werte zu erzeugen, und weniger, was politisch ablief, um die Kirche der folgenden Jahrhunderte zu schaffen. Der Großteil geschichtlicher Literatur wurde von den Siegern geschrieben, um ihren Sieg zu rechtfertigen, doch Ur-Christen erzählt die Geschichte der ersten Gemeinden als Gottes eigenes Volk, ob sie nun siegreich waren oder in Bedrängnis.

Hal Miller, Autor

 

Viele unter uns wurden schon durch die ersten Bücher von Frank herausgefordert, in denen er das Gemeindeleben und die Gemeindepraxis der ersten Christen unter die Lupe genommen hat. Dieses Buch nun gibt einen Überblick über die chronologische Entwicklung der Gemeinde des ersten Jahrhunderts und ist damit eine große Hilfe, die verschiedenen Bücher des Neuen Testaments besser zu verstehen. Wenn man erkennt, vor welchem Hintergrund die Briefe von Petrus, Paulus und Johannes usw. entstanden sind, wird nicht nur viel klarer, weshalb sie die Briefe geschrieben haben, sondern auch, wie die Inhalte zu verstehen sind. Lesen Sie dieses Buch am Stück, und Sie werden darüber staunen, wie sich die Geschichte der frühen Gemeinde vor Ihren Augen entfaltet.

Tony Dale, Autor und Gemeinde-Praktiker

 

Mit diesem Buch werden zum ersten Mal viele wichtige und notwendige Informationen über die ersten Christen zusammengefasst. Lesen Sie es wie ich mit einem Textmarker in der Hand. Danke, Frank, dass du dich vom Herrn gebrauchen lässt, diese Informationen uns allen zur Verfügung zu stellen.

Ralph W. Neighbour Jr., Gemeindeaufbauexperte

Frank hat einen hilfreichen und fesselnden Bericht über die neutestamentliche Gemeinde geschrieben. Er stellt die vorkommenden Menschen und Ereignisse in einen hilfreichen Zusammenhang. Über manche Details der geschichtlichen Rekonstruktion und theologischen Interpretation kann man zwar geteilter Meinung sein, doch lässt sich das bei einer solchen Aufgabe auch gar nicht vermeiden. Dennoch hilft uns dieses Buch, die erstaunliche Dynamik unserer frühesten christlichen Vorfahren viel stärker wertzuschätzen.

Howard A. SnyderAutor u. a. von „The Community of the King“

 

Frank Viola ist es wieder einmal gelungen. Dieses Mal nimmt er die einzelnen Bücher des Neuen Testaments und webt sie zu einer einzigen chronologischen Geschichte zusammen. Das gefällt mir. Ich werde das Buch bekanntmachen und es an unsere Freunde verschenken.

Nate KruppAutor von „God’s Simple Plan for His Church“

 

Frank Viola hat der Welt einen riesigen Gefallen getan. Er hat sozusagen das Neue Testament für uns „geradegebogen“! Die Bibel, die wir heute haben, ist zwar vollständig inspiriert, aber die Briefe im Neuen Testament sind statt in zeitlicher Reihenfolge der Länge nach angeordnet!

Sie werden zum ersten Mal das „epische Drama“ mitverfolgen können, wie der ewige Gott seinen Gesamtplan für alle Zeitalter entfaltet. Direkt vor Ihren Augen werden die Menschen und Ereignisse aus dem Strudel des ersten Jahrhunderts ihren Platz einnehmen und Sie werden stark ermutigt werden. Warum? Weil das Drama noch nicht vorbei ist. Heute sind Sie und ich erneut aufgerufen zu vollenden, was unsere Brüder und Schwestern im ersten Jahrhundert begonnen haben: Jesus Christus in offenen, rettenden und heilenden Gemeinschaften, die das Reich Gottes bauen, sichtbar zu machen und zum Ausdruck zu bringen.

James H. Rutz, Autor von „Megashift“

 

 

Inhalt

Vorbemerkung

Einleitung

Prolog

1 Erster Akt: Gott in der ewigen Vergangenheit

2 Zweiter Akt: Der Sohn wird auf die Erde gesandt

3 Die Nazareth-Chronik

4 Die Galiläa-Chronik

5 Golgatha – der Dreh- und Angelpunkt des Dramas

6 Dritter Akt: Die Gemeinde wird geboren

7 Die Jerusalem-Chronik

8 Die Antiochia-Chronik

9 Die Galatien-Chronik

10 Die Griechenland-Chronik

11 Die Ephesus-Chronik

12 Die Rom-Chronik

13 Die Chronik der Zeit nach der Gefangenschaft

14 Vierter Akt: Der Sohn kehrt auf die Erde zurück

15 Letzter Akt: Gott in der ewigen Zukunft

Nachwort

Anhang: Verzeichnis der neutestamentlichen Bücher

Literaturverzeichnis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In tiefer Liebe und Wertschätzung

für einen auf Erden lebenden Engel:

meine Mutter Jeanette.

 

 

 

 

 

 

 

Man kann immer eine beliebige Bedeutung in einen Vers der Bibel hineinlesen. Aber wer verstanden hat, dass die Bücher des Neuen Testaments vor fast 2000 Jahren an ganz bestimmte Menschen an ganz bestimmten Orten geschrieben wurden, der weiß, dass das keine gute Idee ist.Wenn nämlich die Texte des Neuen Testaments geschrieben wurden, um für Menschen im ersten Jahrhundert Sinn zu machen, dann müssen wir versuchen, uns in ihre Situation hineinzuversetzen. Nur so können wir herausfinden, was die Verfasser der Schriften des Neuen Testaments ihren Lesern wirklich vermitteln wollten.Wenn wir allerdings versuchen, die Bibel zu verstehen, ohne etwas über die Menschen zu wissen, die sie geschrieben und gelesen haben, und über die Gesellschaft, in der sie gelebt haben, dann werden wir immer dazu neigen, die Werte und Vorstellungen unserer eigenen Gesellschaft in die Schrift hineinzulesen.Das wäre ein großer Fehler, denn unsere Kultur unterscheidet sich völlig von derjenigen der alten Römer.1

 

1 James Jeffers, The Greco-Roman World of the New Testament Era: Exploring the Background of Early Christianity (Downers Grove: InterVarsity Press, 1999), Seite 11.

Vorbemerkung

Die folgenden Seiten entfalten das spannende Geschehen der neutestamentlichen Gemeinde in chronologischer Abfolge. Ein großer Teil dieses Dramas basiert auf den Berichten von Lukas. Lukas ist der Autor eines zweibändigen Werkes, das wir als Lukas/Apostelgeschichte kennen. Der erste Band, das Lukasevangelium, erzählt die Geschichte von Jesus in den Tagen, als er auf der Erde wandelte, von Galiläa bis Jerusalem. Der zweite Band, die Apostelgeschichte, erzählt die Geschichte von Jesus – der jetzt im Geist durch seinen Leib wirkt – von Jerusalem bis Rom.1

Ur-Christen ist insofern einzigartig, dass es den Bericht der Apostelgeschichte mit dem Rest des Neuen Testaments zusammenführt und so einen ununterbrochenen Erzählfluss herstellt. Weiter führt es den Leser in zeitlicher Abfolge durch alle Briefe des Neuen Testaments und gibt ihm dabei jeweils den geschichtlichen Hintergrund an die Hand, vor welchem der Brief geschrieben wurde. Insofern ist das Buch eine Mischung zwischen einem erzählenden Kommentar und einem Bibel-Handbuch.

Nun könnte man meinen, die Geschichte der Christen im ersten Jahrhundert sei bei all denen, die ihre Bibel lesen und studieren, allgemein bekannt. Doch das ist nicht der Fall. Noch schlimmer: Die große Mehrheit der Pastoren, Bibellehrer und Theologieprofessoren haben praktisch keinerlei Wissen darüber. Die Ursache dafür hat mit der Art und Weise zu tun, wie moderne „Geistliche“ heute ausgebildet werden. Dies bedarf der Erklärung.

Auf einem normalen theologischen Seminar oder einer Bibelschule besteht eine grundsätzliche Trennung zwischen Kirchengeschichte und den Briefen des Neuen Testaments. Der Student befasst sich mit den Ereignissen, die in der Apostelgeschichte erwähnt werden, im Fach „Kirchengeschichte“. Dann erlernt er Exegese (Interpretation und Auslegung) der neutestamentlichen Briefe in einem Fach „Exegese des Neuen Testaments“ oder ähnlich. Im Ergebnis hat der Mensch wieder getrennt, was Gott zusammengeführt hat.2 Was in diesem Bildungsplan bedauerlicherweise völlig fehlt, ist der geschichtliche Erzählstrang, welcher die Erzählung der Apostelgeschichte mit den Briefen des Neuen Testaments zusammenführt.

Eine wertvolle Fähigkeit, die den Studierenden vermittelt wird, ist die Fähigkeit zur Auslegung der Schrift. Auf diese Weise werden sie zu Meistern in der Analyse der einzelnen Bücher der Bibel. Sie sind wie Ökologen, die den Aufbau eines Baumes analysieren. Sie sind dafür ausgebildet, die Rinde abzulösen, den Pflanzensaft zu untersuchen, die Wurzel unters Mikroskop zu legen und die Blätter zu sezieren. Aber sie verlieren dabei vor lauter Details den Blick für das Gesamte, in diesem Fall den Wald!

Wenn sie dagegen ein paar Schritte zurücktreten und den ganzen Wald betrachten, dann sind sie auch in der Lage zu erkennen, wie jeder einzelne Baum entstanden ist, an welcher Stelle im Wald er gepflanzt ist und in welcher Beziehung er zu den anderen Bäumen steht. Genauso ist es, wenn wir im Folgenden die ganzeGeschichte der Gemeinde des Neuen Testaments kennenlernen: Es wird uns eine viel umfassendere Perspektive ermöglichen.3

Bitte bedenken Sie beim Lesen der folgenden Seiten, dass die Wissenschaftler sich über den Ursprung und die Abfassungszeit einiger Bücher des Neuen Testaments nicht einig sind. In dieser Hinsicht habe ich mich größtenteils an die Erkenntnisse und Folgerungen von F. F. Bruce, Donald Guthrie und John A. T. Robinson angelehnt. In der zeitlichen Reihenfolge und Datierung der Ereignisse im Neuen Testament orientiere ich mich größtenteils an der Chronologie der Berkeley Version of the New Testament sowie an dem Werk von Ben Witherington: The Acts of the Apostles: A Socio-Rhetorical Commentary.

Das Buch ist in fünf Teile gegliedert. Jeder Teil repräsentiert einen bestimmten „Akt“, den Gott unternommen hat, um seinen ewigen Ratschluss zu erfüllen. Dies sind die fünf Teile:

• Erster Akt: In der ewigen Vergangenheit fasst Gott einen ewigen Ratschluss.

• Zweiter Akt: Gott sendet seinen Sohn auf die Erde, um das Fundament für seinen ewigen Ratschluss zu legen. In Galiläa geben Jesus und die Zwölf einen ersten Eindruck von Gottes ewigem Ratschluss.

• Dritter Akt: Die Gemeinde wird geboren, und Gottes ewiger Ratschluss findet sichtbaren Ausdruck auf der Erde. Die Kapitel 6–8 sind größtenteils eine Nacherzählung von Apostelgeschichte 1–12. In Kapitel neun kommt das Buch richtig in Schwung, ab hier entfaltet sich der Hintergrund jedes einzelnen Briefes im Neuen Testament.

• Vierter Akt: Gott sendet seinen Sohn zurück auf die Erde, um seinen ewigen Plan zu vollenden.

• Letzter Akt: Gottes ewiger Ratschluss wird in der Ewigkeit fortgeführt.4

Alle Quellen, die ich bei der Zusammenstellung der Geschichte verwendet habe, finden Sie im Literaturverzeichnis am Ende des Buches. Auch habe ich mich entschlossen, den Umfang der soziologischen und geschichtlichen Details zu beschränken, damit Sie als Leser nicht vom eigentlichen Fluss der Geschichte abgelenkt werden. Wer Interesse an mehr Details hat oder meine Schlussfolgerungen überprüfen möchte, dem sollte das Literaturverzeichnis weiterhelfen. Die Fußnoten enthalten wichtige biblische und historische Verweise, die meine Schlussfolgerungen sowohl ergänzen als auch stützen. Wichtige Informationen über jeden einzelnen Brief des Neuen Testaments, die apostolischen Reisen des Paulus und das gesellschaftliche Umfeld im ersten Jahrhundert erscheinen grau hinterlegt. Diese Informationen sind ein wichtiger Teil der Geschichte.

Beachten Sie bitte auch, dass, wenn in diesem Buch das Wort „Gemeinde“ vorkommt, damit nicht eine Denomination, ein Gebäude oder ein religiöser Gottesdienst gemeint ist. Das Wort „Gemeinde“ im Neuen Testament ist die Übersetzung des griechischen Wortes ekklesia und bedeutet die Versammlung (oder Zusammenkunft) der Mitglieder einer Gemeinschaft. Anders ausgedrückt: Die Gemeinde (auch Kirche genannt) ist die Gemeinschaft derer, die an Jesus Christus glauben und sich versammeln, um ihn zum Ausdruck zu bringen. Dies ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes und auch diejenige, die in diesem Buch gebraucht wird.

Abschließend möchte ich erwähnen, wie sehr ich Gene Edwards dafür zu Dank verpflichtet bin, dass er mich inspiriert und herausgefordert hat, ein ganzheitliches Modell der frühen Gemeinde zu erarbeiten. Seine Pionierarbeit in der Forschung und sein tiefer Einblick in diesen allzu vergessenen Bereich bildet ein festes Fundament, auf das meine Arbeit und die anderer aufbaut.5 Auch F. F. Bruce, Donald Guthrie und Ben Witherington möchte ich für ihr herausragendes Fachwissen und ihre sorgfältige Analyse der Geschichte der frühen Gemeinde danken. Ein besonderer Dank geht auch an Frank Valdez und Mike Biggerstaff für ihre Lektorats­arbeit.

Ich schreibe dieses Buch in der Hoffnung, dass der Herr es gebrauchen möge, um seinem Volk einen neuen und wirkungsvollen Einblick in die Geschichte der frühen Gemeinde zu schenken … die ja in Wirklichkeit seine Geschichte ist.

Frank Viola

 

 

 

Die Briefe des Paulus im Neuen Testament sind fast alle der Länge nach angeordnet. Ordnet man sie dagegen chronologisch und stellt sie so weit wie möglich in ihren Zusammenhang mit der Apostelgeschichte, geben sie plötzlich ihre Schätze viel leichter preis. Sie werden dann viel stärker selbsterklärend, als wenn man diesen Hintergrund ignoriert.6

 

1 Das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte umfassen eine Zeit von etwa 32 Jahren (das Lukasevangelium etwa von 4 v. Chr. bis 30 n. Chr., die Apostelgeschichte von 30–62 n. Chr.). Beide Bände sind etwa gleich lang. Die Geschichtsschreiber in der griechischen Tradition haben versucht, die verschiedenen Bände einer historischen Serie, die sie schrieben, etwa gleich lang zu halten. Interessanterweise geben die letzten 23 % des Lukasevangeliums die Ereignisse wieder, die zur Verurteilung und Hinrichtung von Jesus führten. Die letzten 24 % der Apostelgeschichte beschreiben die Ereignisse, die zur Verurteilung und Inhaftierung des Paulus führten.

2 Die Apostelgeschichte und die Briefe sind Teile desselben Kanons des Neuen Testaments. Daher sollten wir die Informationen in den Briefen nutzen, um die Lücken in der Apostelgeschichte zu füllen; in gleicher Weise sollte die Apostelgeschichte genutzt werden, um Licht auf die Briefe zu werfen. Dieses Buch versucht beides zu erreichen.

3 Für eine Diskussion der (erschütternden!) praktischen Folgen dieser Geschichte siehe auch die anderen Titel meiner Buchreihe über grundlegende Gemeindereform: Heidnisches Christentum?, Ur-Gemeinde, Ur-Schrei, Ur-Praxis. Näheres S. 218.

4 In der deutschen Übersetzung haben wir mit Zustimmung des Autors als Anhang einen Index der neutestamentlichen Briefe sowie der im NT erwähnten Gemeinden hinzugefügt, um das Buch zusätzlich zu einem praktischen Nachschlagewerk und einer Hilfe für das Bibelstudium zu machen (Anm. des Herausgebers).

5 Gene Edwards hat eine Buchreihe mit dem Titel „First Century Diaries“ (SeedSowers) verfasst, welche die Geschichte der Gemeinde des ersten Jahrhunderts in Romanform erzählt. Seine Bücher sprechen die rechte Gehirnhälfte an, während das vorliegende Buch auf die linke Gehirnhälfte abzielt.

6 G. C. D. Howley in „The Letters of Paul“, New International Bible Commentary (Grand Rapids: Zondervan, 1979), Seite 1095.

Einleitung

Haben Sie jemals in der Bibel gelesen, ohne wirklich genau zu verstehen, was Sie da lasen? Haben Sie sich schon einmal in einen der Paulus-Briefe vertieft und sich dabei gefragt: Was wollte Paulus damit sagen, als er diesen Vers schrieb? An wen genau war dieser Brief gerichtet? Wo befand sich Paulus, als er den Brief schrieb, und was bewegte ihn dabei? Was waren das für Menschen, an die er schrieb? Welche Umstände brachten Paulus eigentlich dazu, diesen Brief zu schreiben?

Haben Sie schon einmal die Apostelgeschichte gelesen und sich gefragt: Wann genau fanden diese Ereignisse statt? Zu welchem Zeitpunkt in diesem fesselnden Epos schrieben Paulus, Petrus, Jakobus, Johannes und Judas ihre Briefe? Wie passen die Bücher des Neuen Testaments eigentlich zusammen? Welche besonderen historischen Ereignisse fanden im ersten Jahrhundert statt und welchen Einfluss hatten sie auf die frühe Gemeinde?

Dieses Buch beantwortet diese und viele ähnliche Fragen. Es beinhaltet eine chronologisch-soziologisch-historische Zusammenfassung des gesamten Neuen Testaments. Mein Ziel ist, einen panoramaartigen Blick auf die Gemeinde des ersten Jahrhunderts mit ihrem zeitlichen und sozio-historischen Hintergrund zu ermöglichen. Der Wert eines solchen Überblicks ist kaum zu ermessen!

Zunächst einmal werden Sie, wenn Sie die Geschichte der neutestamentlichen Gemeinde verstehen, auch jeden einzelnen Brief des Neuen Testaments viel besser verstehen. Sie kennen dann die genauen Details und werden geradewegs in die lebendige Atmosphäre unter den Christen des ersten Jahrhunderts hineinversetzt. Sie können nachempfinden, was im Herzen der einzelnen Autoren vor sich ging, als sie ihre Briefe zu Papier brachten. Es wird deutlich, welche Umstände sie dabei ansprachen. Auch die Menschen, an die sie schrieben, werden für Sie als Leser plötzlich wie lebendig werden.

Sie werden die Briefe nicht mehr länger als eine sterile und komplizierte Lektüre betrachten. Stattdessen werden sie zu lebendigen Stimmen, die Teil einer ebenso lebendigen und spannenden Geschichte sind. Das Resultat? Sie werden das Neue Testament verstehen können, wie niemals zuvor!

Der neutestamentliche Gelehrte F. F. Bruce stellte einst fest, dass wir beim Lesen der Paulusbriefe in einer ähnlichen Lage sind, als wenn wir nur eine Seite eines Telefongesprächs mithören. Dieses Buch rekonstruiert sozusagen die „andere Seite“.

Als Zweites wird das Verständnis der Geschichte Ihnen dabei helfen, das „größere Bild“ zu sehen, welches hinter den Ereignissen bei der Entstehung der ersten Gemeinde und ihrem darauffolgenden Wachstum liegt. Dieses „größere Bild“ zeigt als zentrales Thema ein durchgängiges Muster von Gottes Handeln. Und dieses Muster spiegelt Gottes eigentliches Ziel wider: eine Gemeinschaft von Heiligen auf dieser Erde zu haben, die sein Wesen und seinen Charakter auf sichtbare Weise widerspiegelt. Dieses Thema einer von Gott eingesetzten Gemeinschaft bildet den roten Faden, der sich durch die gesamte Bibel vom ersten Buch Mose bis zur Offenbarung zieht. Daher wird das Lesen dieses Buches nicht allein zu einem besseren Verständnis des Neuen Testaments führen, sondern es wird Ihnen auch einen ganz neuen Einblick in Gottes ewigen Plan ermöglichen – also auf das, was Seinem Herzen am nächsten liegt.

Drittens wird Ihnen die Kenntnis der Geschichte der neutestamentlichen Gemeinde den korrekten historischen Hintergrund vermitteln, der Sie dazu befähigt, die Schrift in richtiger Weise auf Ihr eigenes Leben anzuwenden. Viele Christen reißen gewohnheitsmäßig Verse aus dem Zusammenhang und wenden sie dann in ihrem täglichen Leben völlig falsch an. Wenn Sie die Schrift dagegen im richtigen historischen Kontext sehen, kann Sie das vor diesem leider allzu verbreiteten Fehler bewahren.

Als Viertes wird die Kenntnis der ganzen Geschichte Sie vor dem „Kopieren-und-Einfügen“-Ansatz beim Bibelstudium befreien, der das evangelikale Denken heute weithin beherrscht. Was meine ich mit „Kopieren-und-Einfügen“-Ansatz? Damit ist die verbreitete Praxis gemeint, wie mit Schere und Klebstoff an das Neue Testament heranzugehen: Man schneidet einzelne unzusammenhängende Sätze (Verse) aus Büchern – deren Abfassung zeitlich oft mehrere Jahrzehnte auseinanderliegt – heraus und reiht sie anschließend einfach aneinander.

Dieser „Kopieren-und-Einfügen“-Ansatz hat eine Fülle von geistlichen Gefahren hervorgebracht. Eine davon ist die populäre Praxis, einfach irgendwelche Verse aneinanderzuklatschen und daraus bestimmte Lehrmeinungen abzuleiten. Ein anderes ist der Versuch, mit Hilfe von „Beweis-Versen“ theologische Streitgespräche zu „gewinnen“. Eine große Mehrheit in der westlichen Christenheit führt sich auf, als würde das bloße Zitieren von zufälligen und aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelversen jede Diskussion über praktisch jedes denkbare Thema beenden.

Im Mittelalter nannte man diese Methode des „Kopieren-und-Einfügens“ übrigens „Perlenkette“: Man nimmt einen Text, sucht irgendeine entfernte metaphorische Verbindung zu einem anderen Text, und schon ist eine in Stein gemeißelte Lehrmeinung geboren! Aber dies ist in Wirklichkeit ein armseliger Ansatz, die Bibel verstehen zu wollen. Er ist zwar großartig dazu geeignet, die eigenen Vorurteile in den Text hineinzulesen, aber katastrophal, wenn es darum geht, die Intention der biblischen Autoren zu verstehen.

Es stimmt: Reißt man Bibelverse aus dem Zusammenhang, kann man damit im Grunde alles beweisen. Lassen Sie mich mit einem kurzen Beispiel demonstrieren, wie man „biblisch“ beweisen kann, dass es Gottes Wille für jeden Gläubigen ist, Selbstmord zu begehen. Man muss dazu nur zwei aus dem historischen Zusammenhang gerissene Verse nehmen und zusammenfügen:

Und er (Judas) … ging hin … und erhängte sich (Mt 27,5).

Und Jesus sprach: … Geh hin und tue desgleichen (Lk 10,37b).

Auch wenn dies ein übertriebenes Beispiel für den „Kopieren-und-Einfügen“-Ansatz sein mag, so wird doch eines klar: Ohne den historischen Kontext des Neuen Testaments wirklich zu verstehen, haben Christen es geschafft, Lehrgebäude aufzubauen und Praktiken zu erfinden, die den Leib Christi in Tausende von Denominationen aufgespalten haben. Zu verstehen, wie die Bücher des Neuen Testaments zeitlich aufeinander folgen und welcher sozio-historische Hintergrund eine Rolle spielt, stellt einen Teil zur Lösung dieses Problems dar.1

Ich habe nun viele Gründe genannt, weshalb die Wiederentdeckung der Geschichte des Neuen Testaments aller Mühe wert ist. Doch es gibt noch einen weiteren: Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dadurch Ihr Leben als Christ und Ihre Beziehung zu Ihrem Herrn völlig verändert wird!

 

 

Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass ein Autor versucht, seiner Leserschaft etwas von Bedeutung zu vermitteln. Deshalb versuchen wir, herauszufinden, wer einen bestimmten Text geschrieben hat, wann er geschrieben wurde und welche damals aktuellen Themen der Text ansprechen wollte. Nur wenn wir die historische Situation von Autor und Leserkreis erfasst haben, können wir erhoffen, dass wir die mitgeteilte Botschaft verstehen.2

1 Die Bücher des Neuen Testaments sind zum großen Teil völlig willkürlich angeordnet. Als der Kanon des Neuen Testaments im zweiten Jahrhundert zusammengestellt wurde, wurden die Briefe des Paulus nach ihrer Länge sortiert, anstatt nach der Zeit der Abfassung. Die Unterteilung in Kapitel wurde im Jahr 1227 hinzugefügt und die Verseinteilungen im Jahr 1551. In meinem Buch „Heidnisches Christentum? Über die Hintergründe mancher unserer vermeintlich biblischen Gemeindetraditionen“ wird in Kapitel 11 detailliert ausgeführt, wie dies geschah und welche Folgen es hatte.

2 David L. Barr, An Introduction: New Testament Story (New York: Wadsworth Publishing Company, 1995), S. 6.

 

Prolog

Wir sind nun bereit, uns auf den Weg zu machen. Suchen Sie sich einen bequemen Platz und legen Sie Ihre bevorzugte Übersetzung des Neuen Testaments bereit. Ich möchte Ihnen nun die bemerkenswerteste Geschichte der Welt vorstellen – die nie erzählte Geschichte der Gemeinde des ersten Jahrhunderts.

Die Geschichte beginnt in der zeitlosen Vergangenheit …

 

Kapitel 1: Erster Akt: Gott in der ewigen Vergangenheit

Damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie eins seien, wie wir eins sind – ich in ihnen und du in mir –, dass sie in eins vollendet seien, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast (Joh 17,21-23).

… um ans Licht zu bringen, was die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her in Gott, der alle Dinge geschaffen hat, verborgen war; damit jetzt den Gewalten und Mächten in der Himmelswelt durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes zu erkennen gegeben werde, nach dem ewigen Vorsatz, den er verwirklicht hat in Christus Jesus, unserem Herrn (Eph 3,9-11).

… in der Hoffnung des ewigen Lebens – das Gott, der nicht lügt, vor ewigen Zeiten verheißen hat (Tit 1,2).

Dies ist eine Zeit vor aller Zeit. Es existiert nichts außer der Gemeinschaft der Dreieinigkeit: Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist. Gott ist alles. Unter den drei Personen der Gottheit1 besteht mittels des Heiligen Geistes eine ununterbrochene Gemeinschaft zwischen dem Vater und dem Sohn. Die drei beraten sich miteinander. Gott fasst einen Plan. Er hüllt den Plan in ein Geheimnis und verbirgt es im Sohn. Der Plan wird zu einer festgesetzten Zeit weit in der Zukunft enthüllt werden. Paulus von Tarsus wird diesen zeitlosen Plan später den „ewigen Ratschluss“2 und „das Geheimnis“3 nennen.

Worin besteht nun dieser Plan? Darin: Noch vor Beginn aller Zeit legt sich die Gottheit fest, ihre Gemeinschaft eines Tages auf ein Volk auszuweiten, das noch nicht erschaffen ist. Anders ausgedrückt: Gott fasst den Entschluss, auf der Erde eine Gemeinschaft zu schaffen, welche die Gemeinschaft widerspiegelt, die zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist besteht.4

Gott, der schon von Anfang an das Ende sieht, unternimmt nun den ersten Schritt zur Verwirklichung seines Planes. In dem ewigen Sohn sind diejenigen bereits verborgen, die Gott auserwählt hat, Teil seiner beabsichtigten Gemeinschaft zu werden.5 Die Namen dieser noch Verborgenen sind in einem ewigen Buch niedergeschrieben, welches das „Buch des Lebens“ genannt wird.6

Innerhalb der Gottheit gibt es ein Lamm. Dieses Lamm ist Gott, der Sohn. Zu einem zukünftigen Zeitpunkt wird Gott ein Tier erschaffen, das dieses Lamm symbolisiert und denselben Namen erhalten wird. Das (eigentliche) Lamm existiert bereits – in der ewigen Vergangenheit – und es ist geschlachtet.7 Gott bringt bereits alles zur Vollendung, noch bevor er alle Dinge erschafft.8

Gottes „ewiger Ratschluss“ ist der Anlass, dass er ein Universum und die Erde erschafft. In seine Schöpfung lässt er Bilder und Symbole seines Sohnes und der noch zukünftigen Gemeinschaft einfließen, welche einmal sein Wesen zum Ausdruck bringen wird. Dann erwählt Gott ein Volk für sich: die Nation Israel. Israels gesamte Existenz und Geschichte ist eine „Vorschattung“ der geistlichen Gemeinschaft, die eines Tages das ewige Wesen Gottes auf der Erde widerspiegeln wird.9

 

1 „Gottheit“ ist der biblische und theologische Begriff für das, was wir allgemein als die „Dreieinigkeit“ kennen – den Vater, den Sohn, und den Heiligen Geist. Vgl. Apg 17,29; Röm 1,20; Kol 2,9.

2 Eph 1,11; 3,11; 2 Tim 1,9.

3 Röm 16,25; Eph 1,9; 3,3-9; Kol 1,26; 2,2.

4 Vgl. auch: Milt Rodriguez, Dreieinig – Gottes gemeinschaftliches Leben: Vorbild für die Gemeinde und alle Beziehungen, GloryWorld-Medien 2011.

5 Eph 1,4.

6 Offb 17,8; 20,12; 21,27.

7 1 Petr 1,19-20; Offb 13,8.

8 Hebr 4,3.

9 Apg 7,38; Röm 2,28-29; 1 Kor 10,1 ff.; Gal 6,16; Kol 2;16; Hebr 10,1 ff.

Kapitel 2: Zweiter Akt: Der Sohn wird auf die Erde gesandt

Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter dem Gesetz (Gal 4,4).

Die festgesetzte Zeit ist gekommen. Gott der Vater sendet den ewigen Sohn auf die Erde. Der Sohn wird die Verwirklichung all dessen sein, was in der Schöpfung bereits symbolhaft enthalten ist. Er wird auch all das zur Erfüllung bringen, was das Volk Israel „vorgeschattet“ hat.1

Der Sohn wird auf die Erde kommen, um Gottes ewigen Plan für die Menschheit zu offenbaren und in sich zu verkörpern. Er wird auch für die Sünden der Welt sterben und als das Haupt eines neuen Geschlechts (od. einer neuen Rasse) auferweckt werden – eines Geschlechts, das schon vor Grundlegung der Welt auserwählt war – eines Geschlechts, das sowohl Juden als auch Heiden umfasst.2

Der Sohn wird in die Welt kommen, um die Gemeinschaft ins Leben zu rufen, die Gott schon vor Beginn der Zeit beschlossen hat.3

 

1 Hos 11,1; Mt 2,15; Kol 2,16-17; Hebr 6–10.

2 Kol 1,2; Eph 1-3; 1 Korinther 10,32. Die Christen des zweiten Jahrhunderts nannten sich selbst das „dritte Geschlecht“ (mit Juden und Heiden als den ersten beiden Geschlechtern).

3 Mt 16,18; Eph 5,25-27.

Kapitel 3: Die Nazareth-Chronik

4 v. Chr. bis 28 n. Chr

Und sie wird einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von seinen Sünden. Dies alles geschah aber, damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, der spricht: „Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emmanuel nennen“, was übersetzt heißt: Gott mit uns (Mt 1,21-23).

Gott nimmt Menschengestalt an. Maria wird durch den Heiligen Geist schwanger mit dem Sohn Gottes. Dieser kommt in Bethlehem zur Welt. Er wächst in der verrufenen Stadt Nazareth1 auf und wird später als „Jesus von Nazareth“ bekannt. In Nazareth erlebt Jesus die Gemeinschaft mit seinem himmlischen Vater – genauso, wie er es schon vor aller Zeit kannte. Jesus erlernt den Beruf eines Baumeisters2. Er lebt dreißig Jahre auf dieser Erde, bevor er seinen irdischen Dienst beginnt.3

Die Gemeinschaft der Dreieinigkeit ist auch in der menschlichen Gestalt unseres Herrn gegenwärtig, und er bleibt durch den innewohnenden Geist mit seinem Vater in Verbindung. Die Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Geistes wohnt in ihm.4 Die ewige Gemeinschaft innerhalb der Gottheit besteht ungebrochen weiter. Sie kommt einfach aus den Himmeln auf die Erde, wo Jesus Wohnung genommen hat.

 

1 Vgl. die Reaktion des Nathanael in Joh 1,46.

2 Im griechischen Grundtext steht hier das Wort „tekton“. Wenn man den normalen Sprachgebrauch der damaligen Zeit betrachtet, ist ein „tekton“ ein „Häuserbauer“ – was in mittelalterlicher Zeit zwar gleichbedeutend mit „Zimmermann“ war (damals gab es fast nur Fachwerkhäuser), zu biblischen Zeiten aber eher die Tätigkeit eines Steinmetzen oder Maurers beschrieb (Anm. d. Übersetzers).

3 Mt 1–3; Mk 6; Lk 1–4.

4 Kol 2,9.

Kapitel 4: Die Galiläa-Chronik

28–30 n. Chr.

Und er steigt auf den Berg und ruft zu sich, die er wollte. Und sie kamen zu ihm; und er berief zwölf, damit sie bei ihm seien und damit er sie aussende, zu predigen (Mk 3,14).

In Galiläa beruft Jesus zwölf Männer, drei Jahre lang mit ihm zu leben.1 Er bildet sie dafür aus, einmal seinen Platz einzunehmen, wenn er die Erde wieder verlassen hat. Die zwölf Männer sind: 2

• Andreas, der Bruder des Petrus

• Bartholomäus, auch Nathanael genannt

• Jakobus, Sohn des Zebedäus

• Jakobus, Sohn des Alphäus

• Johannes, Sohn des Zebedäus

• Judas Iskariot

• Judas (Sohn des Jakobus), auch Lebbäus genannt, mit dem Beinamen Thaddäus

• Matthäus, auch Levi genannt

• Petrus (aramäisch „Kephas“), auch Simon genannt

• Philippus

• Simon der Zelot3

• Thomas, auch genannt Didymos (griechisch für „Zwilling“)

Drei Jahre lang führt der Herr Jesus die Zwölf in genau dieselbe Erfahrung hinein, die er selbst in Nazareth kannte:4 So, wie der Sohn Gemeinschaft mit seinem Vater hat, lernen die Zwölf nun, Gemeinschaft mit dem Sohn zu haben.

Er führt die Zwölf auch in eine Vorab-Erfahrung der Gemeinschaft, die Gott auf dieser Erde haben möchte. Die Zwölf werden der einfache „Embryo“ dieser Gemeinschaft sein. Sie haben informelle, einfache Treffen um Jesus herum, wobei er selbst im Mittelpunkt steht und Ziel der Anbetung und Gemeinschaft ist.

 

1 Mk 3,13 ff.

2 Mt 10,2-4; Mk 3,14-19; Lk 6,13-16.

3 Die Zeloten waren eine Gruppe von jüdischen Revolutionären, die mit Gewalt gegen die römische Fremdherrschaft in Palästina kämpften. Dieser militante Flügel der jüdischen Unabhängigkeitsbewegung führte später, im Jahr 66 n. Chr., den Aufstand gegen Rom an.

4 Lk 6–23.

Kapitel 5: Golgatha – der Dreh- und Angelpunkt des Dramas

30 n. Chr.

Denn ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe: dass Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften; und dass er begraben wurde und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften; und dass er Kephas erschienen ist, dann den Zwölfen. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten bis jetzt übriggeblieben, einige aber auch entschlafen sind (1 Kor 15,3-6).

Frühjahr 30 n. Chr.

Es sind noch vier Tage bis zum Passahfest.1 Jede israelitische Familie hat ein makelloses Lamm bereitgestellt. Die Lämmer werden für eine viertägige Zeit der Vorbereitung abgesondert. An eben diesem Tag betritt Jesus, der Christus (Messias), die Stadt Jerusalem.2

Freitag, 7. April 30 n. Chr.3

Von 12 Uhr bis 15 Uhr ist Jerusalem vom Schreien der makellosen Lämmer erfüllt, die für das Passahfest geschlachtet werden. Zur selben Zeit wird auch Jesus Christus (= Messias) – das wahre Lamm Gottes – gekreuzigt.4

Als Jesus seinen letzten Atemzug tut, erschüttert ein Erdbeben das Land, und der Vorhang, der das Allerheiligste im Tempel verhüllt, reißt entzwei – von oben nach unten.5 Dies deutet darauf hin, dass der Weg in die erfahrbare Gemeinschaft mit dem Vater nun für alle Menschen offen ist.6

Durch seinen Tod löst Jesus das gesamte Problem des Sündenfalls und der Rebellion Satans.7 Joseph von Arimathäa, ein wohlhabendes Mitglied des Sanhedrins und ein Jünger Jesu, bringt den Leichnam Christi in ein neues und noch unbenutztes Grab.8

Sonntag, 9. April 30 n. Chr.

Das Fest der Schwingopfer der ersten Garbe ist gekommen. Einer der Israeliten geht mit einem Schnittmesser aufs Feld und sucht das erste reife Gerstenbüschel. Das Schnittmesser zeigt, dass nun die Ernte bevorsteht. Der Israelit schneidet das Büschel ab, bindet es zu einer Garbe und bringt diese zu einem Priester. Der Priester schwingt die Gersten-Garbe im Tempel als Opfer vor dem Herrn. In diesem Augenblick verlässt der Herr Jesus Christus das Grab – als die Erstlingsfrucht all derer, die von den Toten auferstehen werden.9

Jesus war wie ein Weizenkorn in die Erde gelegt worden und hatte ganz allein den Tod erlitten. Aber an diesem Morgen ist er als ein neues, keimendes Korn auferstanden – und viele werden ihm folgen.10

Nach seiner Auferstehung zeigt sich Jesus den Jüngern und haucht den Heiligen Geist in sie hinein.11 Jesus Christus wohnt nun in den Zwölf, genau wie sein Vater in ihm wohnte.

Jesus bleibt weitere vierzig Tage auf der Erde und erscheint in dieser Zeit immer wieder den Jüngern. Er zeigt sich auch weiteren 500 seiner Nachfolger. Wann immer er auftaucht, spricht er zu ihnen über das Reich Gottes.12

Als die vierzig Tage vollendet sind, trifft sich Jesus mit den Jüngern auf dem Ölberg. Er sendet sie aus, das Evangelium zu predigen und seine Gemeinde zu gründen.13 Allerdings sollen sie in Jerusalem bleiben, bis ihre Sendung „aktiviert“ wird: Er befiehlt ihnen, auf den verheißenen Geist zu warten.14

19. Mai 30 n. Chr.