Verbrannte Spuren – Ein Kriminalroman - Wolfgang Menge - E-Book

Verbrannte Spuren – Ein Kriminalroman E-Book

Wolfgang Menge

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Beschreibung

In dem beschaulichen Ort Pritzin brennt lichterloh eine Scheune. Nach den Löscharbeiten findet man unter den Trümmern eine bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Frauenleiche. Schnell glaubt man nicht an ein Unglücksfall. Doch wer diese Frau ist und warum sie sterben musste, diese Fragen lassen sich nicht so schnell beantworten. Kommissar Strobel, Chef der Mordkommission Rendsburg, nimmt die mühsamen Ermittlungen in einem nahezu aussichtslosen Fall auf. Kann er Antworten finden, die ihn schließlich zum Mörder der Frau führen, oder war es am Ende doch ein Unglück …

Diese Geschichte ist wahr. Sie hat sich so zugetragen, wie sie hier aufgezeichnet wurde.
Deshalb werden Sie auch keinen Detektiven von übermenschlichen Gaben begegnen, sondern Schritt für Schritt mit den Beamten der Mordkommission einer Stadt in Schleswig-Holstein die Aufklärung eines Verbrechens verfolgen. Es ist nur aufgeschrieben worden, was die Ermittlungen der Beamten tatsächlich ergeben haben. Nur die Namen von Personen und Orten wurden geändert, um überlebende Zeugen und Unschuldige zu schützen.
Sie lesen kein Erzeugnis der Fantasie, sondern einen dramatischen Bericht von der Arbeit der Polizei.

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Wolfgang Menge

 

 

Verbrannte Spuren

 

 

 

Ein Kriminalroman

 

aus der Reihe »Im Netz des Verbrechens« 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

Weitere Romane von Wolfgang Menge sind ebenfalls erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung 

 

Das Buch

 

 

 

In dem beschaulichen Ort Pritzin brennt lichterloh eine Scheune. Nach den Löscharbeiten findet man unter den Trümmern eine bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Frauenleiche. Schnell glaubt man nicht an ein Unglücksfall. Doch wer diese Frau ist und warum sie sterben musste, diese Fragen lassen sich nicht so schnell beantworten. Kommissar Strobel, Chef der Mordkommission Rendsburg, nimmt die mühsamen Ermittlungen in einem nahezu aussichtslosen Fall auf. Kann er Antworten finden, die ihn schließlich zum Mörder der Frau führen, oder war es am Ende doch ein Unglück …

 

 

***

 

 

***

 

 

Der Autor Wolfgang Menge

 

Wolfgang Menge wurde 1924 in Berlin geboren. Er war Journalist und Drehbuchautor. Zwischen 1958 und 1968 schrieb er nahezu alle Drehbücher für die legendäre Fernseh-Krimiserie STAHLNETZ, die oft zu sogenannten »Straßenfegern« wurden. Einige davon wurden auch als Kriminalromane publiziert, wie dieser hier vorliegende. 

Weiterhin schrieb er zahlreiche TATORT-Drehbücher. Aus seiner Feder stammt auch die satirische Familienserie EIN HERZ UND EINE SEELE mit Heinz Schubert als »Ekel« Alfred Tetzlaff in der Hauptrolle, welche deutsche Fernsehgeschichte schrieb. Er war bis ins hohe Alter tätig, bevor er 2012 in Berlin verstarb.

 

Die Edition Bärenklau legt einen Teil aus dem Nachlass des Autors neu auf und veröffentlicht seine Werke als eBook sowie als Printausgabe.

 

 

***

 

 

Diese Geschichte ist wahr. Sie hat sich so zugetragen, wie sie hier aufgezeichnet wurde.

Deshalb werden Sie auch keinen Detektiven von übermenschlichen Gaben begegnen, sondern Schritt für Schritt mit den Beamten der Mordkommission einer rheinischen Großstadt die Aufklärung eines Verbrechens verfolgen. Es ist nur aufgeschrieben worden, was die Ermittlungen der Beamten tatsächlich ergeben haben. Nur die Namen von Personen und Orten wurden geändert, um überlebende Zeugen und Unschuldige zu schützen.

Sie lesen kein Erzeugnis der Fantasie, sondern einen dramatischen Bericht von der Arbeit Ihrer Polizei.

 

Ihr Wolfgang Menge

 

 

 

1. Kapitel

 

 

Als das Feuer entdeckt wurde, brannte bereits das Dach. Es war nur eine Scheune, und sie stand etwas abseits vom Dorf auf dem Feld, immerhin noch so dicht hinter der Schule, dass man das Knistern im Dorf hören konnte. Vielleicht hätte der Brand einige Minuten früher entdeckt werden können. Doch jetzt, am Abend, war niemand auf der Straße, keiner mehr auf den Feldern – keiner jedenfalls, der ruhigen Gewissens das Unglück hätte melden können. Freilich hätte ein Alarm, ein paar Minuten eher, auch nichts genützt. So eine Scheune brennt in einer Viertelstunde herunter, dann schwelt es noch vierzehn Tage. Zu löschen war also nicht mehr viel. Doch musste es selbstverständlich versucht werden. Vielleicht war Vieh in der Scheune. Der Bauer Hugo Cohrs, dem die Scheune gehörte, ließ manchmal seine Pferde da, auf alle Fälle standen seine Drillmaschine in der Scheune und sein Trecker.

Carstensen, der Brandmeister, der jetzt einsam über den aufgeweichten Seitenweg rannte, auf das Spritzenhaus zu, wusste, dass es vielleicht noch etwas zu retten gab. Die Wehr musste auf alle Fälle alarmiert werden, die Nachbargemeinden auch. Nachher setzten Funken noch das Schulhaus in Brand.

Beim Laufen schon versuchte Carstensen die Richtung des Windes auszumachen. Er hob schnuppernd die Nase hoch in die Luft, mit dem Erfolg, dass er einen Hustenanfall bekam und wütend stehen bleiben musste. Tränen stiegen ihm in die Augen, endlich konnte er weiter.

Er stöhnte, schwitzte und schrie dabei unaufhörlich: »Feuer! Feuer! Feuer!« Aber er achtete nicht darauf, ob er gehört wurde oder nicht. Er fürchtete sich nur vor einem neuen Hustenanfall.

In der »Silbernen Lotte«, dem Gasthof im Mittelpunkt des Ortes, wurde Skat gespielt. Nebenan im Herrenhaus, das durch Efeu, drei große Kastanien, zwei Pappeln und eine Rotbuche verdeckt wurde, obendrein noch vierzig Meter von der gepflasterten Durchgangsstraße entfernt stand, setzte sich gerade die Familie von Altmann an den Tisch, um mit dem Abendessen zu beginnen: Friedrich von Altmann, seine Frau Amalie und die achtzehnjährige sonnenblonde Tochter Beate. Die Haushälterin, Frau Bertram, brachte die Suppe, da sprang Beate von ihrem Sitz auf und wollte ans Fenster laufen. Aber ihr Vater brauchte sie nur anzublicken, da wusste sie, dass sie sitzenzubleiben hatte.

»Ich dachte, da ruft jemand«, entschuldigte sie sich leise. »Wir sind beim Essen, mein Kind«, sagte Frau Amalie vorwurfsvoll, warf einen ängstlichen Blick zu ihrem Mann, als müsse sie sich diese Bemerkung nachträglich genehmigen lassen.

Das Abendessen galt von jeher als heiliger Familiendienst; seit jedoch das Fernsehgerät angeschafft worden war, kam eine Note Nervosität und Hast in diese sonst so ruhige und besinnliche Abendstunde. Von Altmann wollte es nie zugeben, aber das Essen musste jetzt stets pünktlich um acht Uhr beendet sein, damit er die Nachrichten und die Tagesschau nicht versäume. »Deshalb habe ich mir die teuflische Maschine überhaupt angeschafft; damit ihr endlich einmal erfahrt, was in der Welt passiert«, sagte er manchmal. Seine Frau glaubte es auch, obwohl, soweit es sie betraf, der Zweck dann keineswegs erfüllt wurde. Wohl saß sie ab acht Uhr brav vor dem flimmernden Bildschirm; aber ihre Gedanken waren bei so vielen Dingen, nur nicht bei dem, was da gezeigt und gesagt wurde.

Ihr Mann ertappte sie manchmal beim Träumen. Doch sagte er nicht viel, denn im Grunde wollte er allein den Apparat haben. Sich selbst machte er da nichts vor. Ohne sich darüber im Klaren zu werden, stand er damit in einer Phalanx von Millionen Fernsehbesitzern, denen der Besitz eines solchen Apparates noch immer ein wenig peinlich war, besonders denjenigen, die sich zur Intelligenz rechneten.

Beate löffelte unruhig, immer wieder hob sie den Kopf, um nach draußen zu lauschen. Ihr war, als höre sie wirklich aufgeregtes Rufen und Schreien. Seit sie aus dem Internat zurück war, seit einem halben Jahr also, langweilte sie sich hier in Pritzin zu Tode.

Wohl gab es Abwechslungen, sie konnte reiten, Hechte angeln, ihrem Vater gehörte ein riesiger Teich mit einer kleinen Insel, auf dem Großvater Altmann sogar ein Teehaus in japanischem Stil errichtet hatte, dort lag ein Motorboot mit Wasserskiern.

Aber was nützte das alles, wenn man allein war. Sie wurde von vielen ihrer Freundinnen beneidet. Beate tat auch alles, um diesen Neid zu schüren und wachzuhalten; sie schwärmte von den morgendlichen Ritten am kühlen Meeresufer, das in der Nähe lag, versuchte aber in Wirklichkeit, keinen Morgen vor zehn Uhr aufzustehen.

Manchmal nahm ihr Vater sie mit nach Hamburg, dann konnte sie den Tag über spazieren gehen, konnte ihre Freundinnen besuchen, von denen die meisten freilich erst am Abend Zeit hatten; aber am Abend musste sie schon wieder mit ihrem Vater zurückfahren. Heute war ihr Vater sogar ohne sie in der Stadt gewesen. Er war erst kurz vor dem Essen nach Hause gekommen, hatte sich nur schnell die Hände gewaschen und saß nun in seinem staubigen, weißen Stadthemd am Tisch.

Da heulte plötzlich die Sirene los.

Jetzt sprang Beate auf. »Es brennt!« Triumphierend blickte sie auf ihren Vater, der ärgerlich neben sie ans Fenster getreten war und die Gardine beiseiteschob. »Die Feldscheune von Cohrs«, sagte er nur.

Dann ging er an den Tisch, wischte sich stehend den Mund ab und verließ das Zimmer.

 

*

 

Die Sirene jaulte, sie war eine Erinnerung an den Krieg.

Als Luftschutzsirene eingebaut, hatte man sie als Feueralarmsirene behalten. Ebenso stammte das für ein so kleines Dorf sehr moderne Löschgerät aus dieser Zeit. Von Altmann hatte einige standardisierte Bemerkungen, von denen er sich einen Heiterkeitserfolg versprach, diese gehörte dazu: »Hitler hat nicht nur die Autobahnen gebaut, er hat auch dafür gesorgt, dass Pritzin und viele andere Dörfer besser gegen Brände gesichert sind.« Noch nie hatte er sich darüber gewundert, dass kein Mensch darüber lachte.

Die Feuerwehr von Pritzin war bereits an der Scheune. Wegen des Wassers hatte man gottlob keine Sorgen. Rund fünfzig Meter von der Scheune entfernt lag eine Viehtränke. Die Schläuche waren schnell fertig und in einem dicken, strammen Strahl knallte das Wasser gegen die Flammen.

Der Brandmeister Carstensen hatte seinen Husten vergessen. In der »Silbernen Lotte« lagen Skatkarten offen auf dem Tisch. Nur der Gendarm Otto Blume quälte sich in seine Stiefel. Er stand bereits an der offenen Haustür, seine Frau versuchte unbeholfen, ihm das Koppel zu schließen und murrte: »Beeil’ dich. Du als Gendarm kommst natürlich wieder als Letzter!«

Blume antwortete nicht. Er war lange genug verheiratet, um zu wissen, dass es sinnlos war, sich in einer solchen Situation auf eine Auseinandersetzung mit einer Frau einzulassen. Als Gendarm brauchte er nicht als Eerster am Brandplatz zu sein. Er gehörte nicht zur Feuerwehr, er hatte andere Aufgaben. Er musste nur dafür sorgen, dass die Brandermittlungskommission schnell alarmiert wurde und dass die Brandstätte von dieser Kommission untersucht werden konnte.

Er wusste, wie viel Milliarden Mark Schaden jährlich durch Brände entstehen, er wusste aber auch, wie viel von diesen Bränden kein Zufall, kein Unglücksfall, sondern fahrlässig oder absichtlich entstanden waren.

Das hatte die Kommission zu klären.

Als Gendarm Blume endlich an der Scheune eintraf, waren schon vier auswärtige Wehren da. Doch sie konnten nicht mehr viel ausrichten. Die Wände waren bereits eingebrochen, das Dach schon eingefallen, bevor die Wehr von Pritzin erschienen war.

Hugo Cohrs, der Besitzer, stand mit rotem Gesicht dicht an der Scheune. Er hatte versucht, mit Eimern gegen die Flammen vorzugehen, doch Carstensen hatte ihn hustend weggeschickt.

»Ist Vieh drin?«, fragte ihn Blume.

Cohrs schüttelte den Kopf: »Aber ein Trecker.«

Blume wollte ihn beruhigen: »Das war doch der alte 12PS?«

»Mir hat er gereicht. Außerdem …«

Doch Gendarm Blume hörte nicht mehr, was Hugo Cohrs noch außerdem an seinem Trecker schätzte, oder ob er außerdem noch anderen Besitz in der Scheune gelagert hatte.

Beate von Altmann war neugierig von hinten in die schwelenden Trümmer gegangen. Blume hatte sie rechtzeitig entdeckt und riss sie nun zurück: »Da dürfen Sie nicht hin. Da kann ja noch was explodieren.«

Beate wollte ärgerlich etwas antworten, aber im Augenblick fiel ihr nichts ein. Vielleicht konnte tatsächlich etwas explodieren. Sie konnte sich nur nicht vorstellen, was das sein sollte.

Carstensen ging jetzt auf den Gendarm zu: »’n Abend Otto.« Der Gendarm nickte nur.

»Wir haben alles getan, was wir konnten.«

»Das glaub’ ich.«

»Aber die Dinger brennen ab wie Zunder. Da kann man nichts machen.«

»Wohl kaum.«

»Wir haben das ja bei diesen Scheunen fast immer.«

»Ich weiß.«

»Und jetzt haben wir so viel Wasser drauf, dass das Zeug noch zwei oder drei Wochen glimmt.«

Aber auch das wusste der Gendarm. Er nickte nur: »Lass nur eine Brandwache hier, die nicht einschläft.«

»Heute Nacht werd’ ich selbst hierbleiben«, meinte Carstensen.

»Ich auch, ich muss warten, bis die Kommission kommt.«

»Hast du denn schon telefoniert?«

»Nein, aber meine Frau.«

Die Schläuche waren jetzt abgelegt worden. In einem kleinen Rinnsal lief immer noch etwas Wasser. Es versickerte langsam in dem schon feuchten Boden.

»Dann wollen wir mal«, sagte Blume und ging mit großen Schritten auf die Scheune zu.

Carstensen marschierte hinter ihm her.

»Vorsichtig«, rief ihm Blume zu, »wir müssen alles so lassen, wie es ist. Du weißt ja. Vor allem müssen die Schichten der Rückstände erhalten bleiben.«

Carstensen ärgerte sich über diese Bemerkung. Schließlich glaubte er mehr von Bränden zu verstehen als der Gendarm. Er würde sich schon vorsehen. Natürlich machte sich keiner der beiden eine richtige Vorstellung davon, wie verzwickt die Untersuchungsmethoden von Brandexperten sind und wie diese Methoden ständig verbessert werden. Nicht nur die Brandstifter hecken nämlich immer neue Methoden aus, auch die Wissenschaftler auf der Seite der Polizei.

Beinahe wäre Blume gestolpert, er war gegen etwas Weiches gestoßen. Seine Taschenlampe, deren Strahl immer einige Meter vor ihm den Boden erleuchtete, erhellte nun einen Gegenstand, der hier in der Scheune eigentlich nichts zu suchen hatte. Blume wusste nicht sofort, was es war. Er bückte sich und schrak zusammen, erhob sich wieder und ging mit ausgebreiteten Armen zurück ins Freie und schob den verdutzten Brandmeister wieder mit auf das Feld.

»Keiner betritt die Brandstätte«, rief er heiser.

Wenn es hell gewesen wäre, würde man erkannt haben, dass der brave Gendarm bleich geworden war.

»Was ist denn los?«, fragte Carstensen unruhig. »Wir müssen doch rein und sehen, ob irgendwo noch ein Herd ist.«

Doch Blume schüttelte den Kopf. »Das geht jetzt nicht. Erst muss Rendsburg angerufen werden. Es muss die Mordkommission benachrichtigt werden.«

»Die Mord …« Carstensen hatte das Gefühl, nicht richtig verstanden zu haben.

»Eine verbrannte Leiche liegt gleich vorn neben der Tür.«

 

 

 

2. Kapitel

 

 

Etwas mühsam kroch die Dämmerung am nächsten Morgen über die Felder. Weite Teile des Landes waren noch hinter flachen Nebelwolken versteckt. Kommissar Ahrberg schüttelte sich ein bisschen, er hatte in der Eile seinen Regenmantel angezogen. Doch Kommissar Strobel fror selbst in seinem dicken Wintermantel, dessen Kragen er hochgestellt hatte.

Ahrberg war der Brandexperte, Strobel der Chef der schnell zusammengestellten Mordkommission. Das heißt, dieses Mal war es keine echte Mordkommission; man hatte eine Sonderkommission eingerichtet, die aus Beamten der Mordkommission und der Brandermittlungskommission bestand.

Auch Friedrich von Altmann hatte die Nacht an der Scheune verbracht. Einen besonderen Grund gab es dafür eigentlich nicht. Doch hatte sich niemand darüber gewundert. Vor vierzig Jahren hatte das ganze Dorf Pritzin und noch die umliegenden Dörfer bis zu vierzehn Kilometern entfernt den von Altmanns gehört.

Ein Teil war bereits nach dem ersten Weltkrieg verkauft worden, ein anderer Teil wurde auch verkauft, freilich mit energischer Unterstützung des Staates, während der großen Bodenreform nach dem zweiten Krieg.

Aber wenn auch die Wirklichkeit das patriarchalische Prinzip nicht mehr kannte, das Gefühl dafür hatte sich erhalten. In den äußeren Formen des Zusammenlebens war von Altmann noch immer der Herr, sein Wohnhaus noch immer das Herrenhaus. Vielleicht würde es sich in der nächsten Generation ändern, aber das war noch nicht sicher. Manches deutete darauf hin, schon die Musikbox in der »Silbernen Lotte« war eine Konzession an die jungen Bauernsöhne und die Landarbeiter, die sich von ihren Altersgenossen in den Großstädten schon längst nicht mehr so unterschieden, wie es ihre Väter noch getan hatten.

Von Altmann machte sich freilich darüber keine Gedanken; worüber er sich überhaupt Gedanken machte, wusste keiner genau. Sicher war nur, dass er sich um seine Pferde sorgte, die in langen barackenähnlichen Ställen auf ihre sportliche Zukunft vorbereitet wurden. Gendarm Blume hatte von Altmann und Kommissar Strobel schon miteinander bekannt gemacht. Ahrberg turnte noch in der Scheune umher, er passte auf, dass seine Mitarbeiter an den richtigen und wichtigen Stellen ihre Proben einsammelten.

Der Erkennungsdienst hatte ebenfalls seine Spuren gesichert. Die Beamten mussten, so gut es ging, ihre Arbeit aufeinander abstimmen. Noch wusste niemand, ob es wichtiger war, die Ursache des Brandes zu ermitteln oder die Ursache des Todes des dort aufgefundenen Menschen.

Strobel deutete auf Ahrberg und sagte zu von Altmann: »Das ist Kommissar Ahrberg. Er ist der Chef der Brandermittlungskommission, ein cleverer Experte.«

Von Altmann wunderte sich: »Ich hatte den Eindruck, Sie wären der Chef.«

Strobel lächelte sanft: »Ich kümmere mich um den Toten.« Er sagte das, als wäre er ein Vertreter eines Bestattungsinstitutes; ein Beruf übrigens, der seinem Aussehen entsprochen hätte.

Strobel hatte mehr als dreißig Dienstjahre auf dem Buckel. Nach dem Kriege war er nach Schleswig-Holstein versetzt worden. Vorher hatte er in Pommern seinen Dienst versehen. Er hatte schon in fast jeder Abteilung der Kriminalpolizei gearbeitet. Das war auch sehr nützlich, denn in einer Großstadt konnte man sich wohl spezialisieren, da musste man sich sogar auf ein bestimmtes, eng abgegrenztes Gebiet beschränken, doch hier auf dem Lande musste man von allem etwas verstehen. Fast so, wie der Dorfschmied, der auch Autos reparieren kann und nach wie vor Pferde beschlagen muss.

Von Altmann hatte interessiert seinen Hals gereckt, um Ahrberg bei der Arbeit über die Schulter zu sehen; aber er konnte dabei nichts Erregendes entdecken, so wandte er sich wieder an Strobel: »Was meinen Sie damit, dass Sie sich um den Toten kümmern?«

»Ich leite einen Teil der Kommission, der sich gewöhnlich Mordkommission nennt.«

»Mord?« Von Altmann machte ein ernstes Gesicht, als wäre es eine Zumutung, in seinem Ort von einem Mord zu sprechen.

»Glauben Sie im Ernst, dass hier ein Mord vorliegt?«

Strobel lächelte wieder freundlich: »Das kann man noch nicht sagen. Auf keinen Fall kann man das jetzt schon sagen. Dafür liegen ja noch gar keine Hinweise vor. Das muss erst mal untersucht werden.«

»Aber wie können Sie dann von einer Mordkommission sprechen? Das hört sich ja schlimm an.«

»Ja, das gebe ich zu. Aber wir nennen es nun einmal so. Und wir sind zuständig, wann auch immer ein Todesfall gemeldet wird und die Todesursache nicht eindeutig als natürlich festgestellt worden ist. Und das ist ja hier der Fall.«

Jetzt mischte sich der Gendarm ein, als müsse er den Herrn von Altmann beruhigen: »Ich glaube nicht an ein Verbrechen, Herr Kommissar. Ich tippe auf einen Unglücksfall. Denken Sie mal an den Brand letztes Jahr in Schloberdingen. Da war ein Landstreicher, hat sich Schnaps gekauft, vollgesoffen und dann ist er in die Scheune reingeschlichen und eingepennt.

---ENDE DER LESEPROBE---