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Verhängnisvolle Strömung E-Book

Luise Klein

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Beschreibung

Kaum ist Nathan Scott zurück in Sharpewood, verschwindet eine Gruppe Jugendlicher während eines Kanuausflugs auf dem Valleyfield River. Sofort beginnen die Ranger des Nationalparks mit der Suche nach den Vermissten. Zur gleichen Zeit erfährt Beth Mitchell, dass ihre Nichte Alice zu der Gruppe gehört, die verschwunden ist. Obwohl das Verhältnis zu ihrer Schwester nicht einfach ist, tut Beth alles, um bei der Suchaktion helfen zu können. Allerdings muss sie dafür ausgerechnet Nathan Scott, ihren Ex-Freund, um Hilfe bitten. Als ein Teil der Jugendlichen gefunden wird, will niemand darüber sprechen, was auf dem Fluss geschehen ist. Die Zeit wird knapp und von zwei Jungen fehlt weiterhin jede Spur. Die Sorge um die Vermissten verbindet Beth und Nathan. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, doch während sie sich näherkommen, steht noch immer die Zurückweisung aus der Vergangenheit zwischen ihnen. Hat ihre Liebe trotzdem eine Chance? Ein Kanuausflug in einem Nationalpark in Kanada. Ein spannender Vermisstenfall. Eine große Portion Freundschaft und Liebe. Der dritte Band der Sharpewood Valley Reihe. Der Roman ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Büchern der Reihe gelesen werden.

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Inhalt

 

Kaum ist Nathan Scott zurück in Sharpewood, verschwindet eine Gruppe Jugendlicher während eines Kanuausflugs auf dem Valleyfield River. Sofort beginnen die Ranger des Nationalparks mit der Suche nach den Vermissten.

 

Zur gleichen Zeit erfährt Beth Mitchell, dass ihre Nichte Alice zu der Gruppe gehört, die verschwunden ist. Obwohl das Verhältnis zu ihrer Schwester nicht einfach ist, tut Beth alles, um bei der Suchaktion helfen zu können. Allerdings muss sie dafür ausgerechnet Nathan Scott, ihren Ex-Freund, um Hilfe bitten.

 

Als ein Teil der Jugendlichen gefunden wird, will niemand darüber sprechen, was auf dem Fluss geschehen ist. Die Zeit wird knapp und von zwei Jungen fehlt weiterhin jede Spur.

 

Die Sorge um die Vermissten verbindet Beth und Nathan. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, doch während sie sich näherkommen, steht noch immer die Zurückweisung aus der Vergangenheit zwischen ihnen. Hat ihre Liebe trotzdem eine Chance?

 

»Verhängnisvolle Strömung« ist der dritte Band der Sharpewood Valley Reihe.

 

Der Roman ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Büchern der Reihe gelesen werden.

Über die Autorin

 

Luise Klein lebt in Süddeutschland. Zwischen der Begeisterung für die Berge und dem Sehnsuchtsort Meer hin- und hergerissen ist eine ihrer Leidenschaften das Reisen. Als begeisterte Leserin hat sie schließlich angefangen, ihre eigenen Geschichten zu schreiben. Da sie selbst ihre Zeit gerne draußen verbringt, spielen ihre Romane oftmals an interessanten Orten in der Natur.

 

Am liebsten schreibt sie spannende Liebesromane mit großem Wohlfühlfaktor, humorvollen Dialogen und skurrilen Bewohnern einer Kleinstadt.

 

 

Bereits erschienen:»Sommer der Gewissheit« »Verborgene Gefahr« (Sharpewood Valley Band 1) »Verräterische Stille« (Sharpewood Valley Band 2) »Verhängnisvolle Strömung« (Sharpewood Valley Band 3) »Verschneite Weihnachten in Sharpewood Valley« (Sharpewood Valley Band 4) »Maple Love – Ganz viel Glück mit dir« (Maple Love Band 1) »Maple Love – Ganz viel Liebe für uns« (Maple Love Band 2) »Maple Love – Ganz viel Sehnsucht nach dir« (Maple Love Band 3)

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2022 Luise Klein

Coverdesign: Christin Giessel, Giessel Design,

www.giessel-design.de

Korrektorat: SW Korrekturen e.U.

 

Luise Klein

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

E-Mail: [email protected]

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf ohne Zustimmung der Autorin nicht wiedergegeben, kopiert, nachgedruckt oder oder anderweitig verwendet werden.

 

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

DANKSAGUNG

WEITERE BÜCHER DER AUTORIN

 

Kapitel 1

 

Kleine Äste zerbrachen unter seinen robusten Wanderstiefeln, als Nathan Scott aus dem Wald trat. Er warf einen kurzen Blick zu seinen Füßen und vergewisserte sich, dass sein Hund noch bei ihm war. Scottie, der Golden Retriever, wandte sich ihm zu, bevor er mit großen Sätzen auf die freie Fläche vor ihnen sprang. Lächelnd folgte er dem Tier. Er hatte beinahe ebenso gute Laune und freute sich, wieder zu Hause zu sein. Die letzten Monate hatte er aufgrund eines Austauschprogrammes in einer anderen Gegend verbracht. Sein Hund hatte ihn begleiten dürfen, und auch die Arbeit in einem neuen Team hatte ihm Spaß gemacht. Er hatte viele Erfahrungen gesammelt und sich in der fremden Umgebung gut eingelebt. Doch nach einer Weile hatte er angefangen, die Kleinstadt Sharpewood und den Nationalpark zu vermissen. Seit er als Jugendlicher mit seiner Familie zurück in die Heimat seiner Mutter gezogen war, war dies sein Zuhause. Er hatte sich damals im Gegensatz zu seinen Brüdern gefreut, aus der Großstadt wegzuziehen. In der weiten und rauen Natur Kanadas war er in seinem Element. Das war auch der Grund gewesen, wieso er sich für eine Ausbildung zum Ranger entschieden hatte.

Jetzt war der Austausch beendet, und er war froh, zurück in seinem gewohnten Umfeld zu sein. Er hatte seine Familie vermisst und freute sich, wieder bei ihnen sein zu können. Nathan hielt inne, als er nur noch wenige Schritte von dem Rand des Felsplateaus entfernt war. Mit einem kurzen Pfiff rief er Scottie zu sich, damit der Hund nicht zu nah an den Abgrund lief. Gehorsam folgte der Golden Retriever seiner Anweisung und legte sich neben ihn auf den Boden. Er zog seinen Rucksack von den Schultern und versuchte, auf dem harten Gestein eine möglichst bequeme Sitzposition zu finden. Eine Weile saß er ruhig da und genoss die Aussicht. Auch wenn er schon oft in der Gegend gewesen war, beeindruckte ihn der Anblick jedes Mal aufs Neue wieder. Außer ihm war niemand in diesem Teil des Parks unterwegs, und er fühlte, wie er langsam zur Ruhe kam. So gern er in der Gesellschaft von anderen Menschen war, manchmal wurde es ihm einfach zu viel, und er war froh, wenn er Zeit allein verbringen konnte.

Mit der Hand fuhr er durch Scotties warmes Fell. Es war ein schöner Frühlingstag und die Sonne hatte sich über den Tag verteilt immer wieder blicken lassen. Die kalten Wintermonate waren endgültig vorbei und die Natur blühte erneut auf. Zufrieden saß er da, als plötzlich jemand versuchte, ihn auf dem Funkgerät zu erreichen. Nathan griff nach dem Rucksack und holte das Gerät aus einer Seitentasche. Er lauschte auf die Worte seines Kollegen, doch mit jedem Satz verspannten sich seine Schultern mehr. Nachdem er die Nachricht bestätigt hatte, stand er auf und schulterte seinen Rucksack. Seine Pause würde heute ausfallen müssen, jetzt gab es eine dringlichere Angelegenheit. Der Hund bemerkte die plötzliche Aufregung und sprang auf die Füße. Nach einem letzten Blick zur Schlucht wandte Nathan sich ab und vergewisserte sich, dass der Golden Retriever ihm folgte. Mit großen Schritten lief er zum Wald zurück, Scottie dicht auf den Fersen.

In Gedanken war er bereits damit beschäftigt, die neuen Informationen zu verarbeiten. Der zuständige Koordinator hatte alle verfügbaren Parkranger aufgefordert, sich am Hauptquartier einzufinden. Ihre Aufgaben für den heutigen Tag würden warten müssen. Vor wenigen Minuten war ein Notruf abgesetzt worden, der die Ranger in Alarmbereitschaft versetzt hatte. Eine Gruppe Jugendlicher war auf einem Ausflug in Schwierigkeiten geraten. Die Details würde Nathan erst vor Ort erfahren, doch er wusste, dass die Personen seit zwei Stunden vermisst wurden. Er musste sich beeilen, um schnellstmöglich zu seinem Fahrzeug zu gelangen. Er hatte das Auto in einiger Entfernung am Straßenrand abgestellt, bevor er die restliche Strecke zu Fuß zurückgelegt hatte. Das Gebiet des Nationalparks war weitläufig und sein heutiger Einsatzort lag eine knappe Stunde Fahrzeit vom Hauptgebäude der Parkranger entfernt.

Zielstrebig bahnte er sich den Weg durch das Unterholz, während Scottie dicht hinter ihm herlief. Die Hauptsaison hatte noch nicht begonnen, doch schon jetzt waren einige Touristen im Nationalpark unterwegs. Das Wetter war für diese Jahreszeit ungewöhnlich warm, und die Leute strömten nach dem kalten Winter hinaus in die Natur, um die ersten Sonnenstrahlen zu genießen. Dadurch war in den letzten Tagen viel los gewesen. Die Ranger hatten neben ihren Verpflichtungen stets ein Auge auf die Besucher, aber es war aufgrund der Größe des Geländes unmöglich, über alle Vorkommnisse informiert zu sein. Die Campingplätze wurden von der Parkverwaltung überwacht, doch manche Gebiete waren zu abgelegen und für das Betreten von geschützten Bereichen war eine Genehmigung der Ranger erforderlich. Leider gab es immer wieder Menschen, die diese Regeln missachteten. Für unerfahrene Touristen konnte die Natur schnell zur Gefahr werden. Viele Leute überschätzten ihre eigenen Fähigkeiten und waren sich der Herausforderungen nicht bewusst, die der Aufenthalt im Freien und die Begegnung mit Wildtieren darstellen konnten. Dass es bei dem Notruf um eine Gruppe von Jugendlichen ging, beunruhigte ihn besonders. Jede Gefahrenmeldung löste ein Gefühl der Besorgnis aus, doch sobald es sich um Kinder oder junge Erwachsene handelte, war die Anspannung noch um einiges größer.

 

An dem Gebäude angekommen parkte er den Wagen zwischen den anderen Fahrzeugen. Der Parkplatz war gut gefüllt, offenbar war ein Großteil der Ranger bereits eingetroffen. Nathan stieg aus und öffnete die Kofferraumtür, sodass Scottie ebenfalls aussteigen konnte. Gemeinsam betraten sie den geräumigen Versammlungsraum, aus dem ihnen ein wildes Durcheinander von Stimmen entgegenschlug. Anscheinend hatte das Briefing noch nicht angefangen. Er nickte einigen Kollegen zu und suchte sich einen Platz am Rand, damit niemand über seinen Hund stolperte. Als er sich setzte, seufzte er unwillkürlich auf. Er hatte schon immer das Bedürfnis gehabt zu helfen, doch sobald ein Notruf einging, bei dem die Ranger hinzugezogen wurden, breitete sich sofort ein schlechtes Gefühl in seiner Magengegend aus. Einen Beruf, in dem er tagtäglich mit dem Leid anderer Menschen konfrontiert wurde, würde er vermutlich nicht lange aushalten. Umso mehr bewunderte er seinen kleinen Bruder, der als Arzt arbeitete und mit Ärzte ohne Grenzen einige Male auf Einsätzen in Katastrophengebieten unterwegs gewesen war.

Sein Vorgesetzter betrat den Raum und sofort wurde es still. Alle Augen richteten sich auf den groß gewachsenen Mann, als er nach vorn trat und sich räusperte. Sein Blick glitt über die Anwesenden und Nathan setzte sich unwillkürlich auf seinem Stuhl auf. Er empfand großen Respekt für Bob Haines, der seit dem Tod seines eigenen Vaters die Rolle der väterlichen Bezugsperson übernommen hatte. Als Nathan mit seiner Familie in den Nationalpark gezogen war, hatte Bob dem Jungen aus der Großstadt eine Chance gegeben und ihn in das Ausbildungsprogramm der Parkranger aufgenommen. Seitdem waren einige Jahre vergangen, und mittlerweile war er nicht mehr nur sein Chef, sondern auch zu einem guten Freund geworden, den Nathan sehr schätzte.

»Danke, dass ihr alle so schnell gekommen seid«, ergriff Bob Haines das Wort. »Wir sind zwar noch nicht vollzählig, aber ich möchte keine weitere Zeit verlieren, weshalb ich euch kurz von der aktuellen Lage berichten werde.« Er hob einen Zettel in die Höhe, auf dem einige Notizen standen. »Zurzeit befindet sich eine Gruppe Jugendlicher im Nationalpark. Gemeinsam mit ihren Betreuern Jennifer Leith und Michael Burridge sind zwölf Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren im Rahmen eines Feriencamps für ein paar Tage in den Park gekommen. Sie hatten diverse Aktivitäten geplant, unter anderem auch eine Kanutour den Valleyfield River entlang. Heute früh, gegen 10 Uhr, sind sie aufgebrochen. Die Betreuer haben sich aufgeteilt und jeweils fünf Jugendliche auf unterschiedlichen Routen begleitet. Zwei Kinder hatten das Camp wegen gesundheitlichen Gründen bereits vorzeitig verlassen. Aufgrund eines Zwischenfalls mit einem der Kanus, in dem die Betreuerin Jennifer Leith saß, hat sie den Anschluss an die restlichen vier Gruppenmitglieder verloren. Sie musste sich um die Person kümmern, die mit ihr im Kanu saß, das unglücklich gekentert ist. Die beiden sind vollkommen durchnässt, aber unverletzt am vereinbarten Treffpunkt angekommen und haben dort vergeblich auf den Rest ihrer Gruppe gewartet. Durch die Verzögerung hätten die Jugendlichen bereits lange vor ihnen eintreffen müssen. Das ist jedoch nicht geschehen.« Er schaute prüfend auf, ob alle ihm folgen konnten, bevor er fortfuhr. »Kurze Zeit später ist der männliche Betreuer Michael Burridge mit seiner Gruppe zu ihnen gestoßen. Hier waren die Personen vollständig, doch er wusste ebenfalls nichts über den Verbleib der vermissten Jugendlichen. Nachdem sie noch eine Weile gewartet haben, ging der Notruf bei uns in der Zentrale ein. Vielleicht haben die Kinder versehentlich eine Abzweigung genommen oder sind an der falschen Stelle an Land gegangen. Nichtsdestotrotz sind sie bereits seit Stunden überfällig. Ich halte es daher für notwendig sofort eine Suchaktion zu starten. Im besten Fall haben wir die vier vermissten Personen schnell gefunden. Zumindest wissen wir, auf welcher Strecke sie unterwegs waren, und können das Suchgebiet somit gut eingrenzen.« Er griff nach einem Blatt Papier und pinnte es an die Wand. »Wir haben die Gegend in Abschnitte unterteilt und euch die GPS-Daten zur Verfügung gestellt, damit es zu keinen Verwechslungen kommen kann. Auf der Liste erfahrt ihr auch, mit wem ihr in einem Suchteam seid. Aufgrund der überschaubaren Größe des Gebiets haben wir uns für Zweier-Teams entschieden. Falls ihr unterwegs Fragen habt, wendet euch an die Zentrale. Sobald es Hinweise auf den Verbleib der Jugendlichen gibt, geht die Meldung sofort an mich.« Ein letztes Mal blickte er in die Runde. »Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass die Polizei ebenfalls informiert wurde. Wir können in dieser Situation kein Risiko eingehen, auch wenn wir hoffen, dass die Vermissten schnell gefunden werden.«

Nathan rutschte nervös auf seinem Stuhl umher. Er wollte endlich nach draußen und mit der Suche beginnen. Anhand der aufkommenden Unruhe konnte er spüren, dass es seinen Kollegen ähnlich ging. Schließlich gab Bob Haines das Zeichen, dass das Briefing beendet war, und Nathan sprang erleichtert auf. Scottie erhob sich ebenfalls und streckte sich ausgiebig. Er hatte den Großteil der Besprechung verschlafen und war jetzt wieder bereit für einen weiteren Ausflug.

Vor der Liste hatten sich schon einige Leute versammelt, und Nathan hatte Schwierigkeiten, über die Köpfe hinweg etwas zu erkennen. Er gab es auf, als Stacie Walters neben ihn trat und ihn am Ärmel seiner Jacke packte.

»Wir bilden ein Team«, klärte sie ihn auf. »Die Koordinaten habe ich bereits. Am besten, wir verlieren keine Zeit und fahren gleich los.« Sie tätschelte Scottie aufmunternd das Fell, bevor sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, nach draußen eilte.

Verblüfft schaute Nathan ihr hinterher, bis er sich einen Ruck gab und ihr zum Ausgang folgte. Auf dem Parkplatz blickte er sich um, bis er Stacie bei einem der Fahrzeuge entdeckte.

»Wenn du nicht überall Hundehaare haben möchtest, sollten wir besser mit meinem Wagen fahren«, rief er ihr zu.

Sie zuckte mit den Achseln. »Du hast einen Golden Retriever, wie viele Haare kann er schon verlieren? So viel Fell hat er schließlich nicht.«

»Oh, du hast ja keine Ahnung.« Nathan grinste und blickte zu seinem Hund, der ihm jedoch keine Beachtung schenkte.

»Er kommt doch ohnehin in den Kofferraum. Du willst gar nicht wissen, was ich dort in den letzten Tagen alles transportiert habe. Vermutlich muss sich Scottie mehr Sorgen um sein goldenes Fell machen.«

»In Ordnung. Auf deine Verantwortung.« Nathan öffnete die Kofferraumklappe, und Scottie folgte der Aufforderung, ohne zu zögern. Sobald der Hund drin war, schloss er sorgsam die Tür und setzte sich neben Stacie auf den Beifahrersitz.

Die neue Kollegin war ein paar Jahre jünger als er und erst vor Kurzem zu ihrem Team dazugestoßen. Da Nathan die vergangenen Monate nicht vor Ort gewesen war, hatte er bisher keine Möglichkeit gehabt, sie näher kennenzulernen. Er wusste lediglich, dass sie eine Polizistin war und im Nationalpark eine Zusatzausbildung als Parkrangerin absolvierte. Sie war für ein neu geplantes Projekt ausgewählt worden, bei dem eine Gruppe von Polizisten in Zukunft eine Sondereinheit bilden sollten, die die Parkranger unterstützen würde. In den letzten Jahren war es immer häufiger zu Zwischenfällen der verschiedensten Art gekommen, wodurch die ohnehin unterbesetzte Polizeibehörde noch stärker überlastet wurde. Das Gebiet, für das die ortsansässigen Polizisten zuständig sind, war flächenmäßig zu groß, und es dauerte im Notfall zu lange, bis sie im Nationalpark eintrafen. Nathan hatte dem Projekt anfangs skeptisch gegenübergestanden, doch mittlerweile war er neugierig, wie es sich in der Zukunft entwickeln würde. Falls sie dadurch eine Entlastung bekamen und sich wieder vermehrt auf ihre eigentliche Arbeit als Ranger konzentrieren konnten, wäre das für sie alle ein Gewinn.

»Kannst du mir etwas über die Gegend berichten, in der unser Suchgebiet liegt? Ich denke nicht, dass ich schon einmal dort war, deshalb wäre es gut, mehr Hintergrundinfos zu haben«, sagte Stacie.

»Ja, natürlich.« Er drehte den Oberkörper ein Stück in ihre Richtung, um sie besser sehen zu können. Ihre Augen waren fest auf die Straße vor ihnen gerichtet. »Der Valleyfield River, auf dem die Jugendlichen unterwegs waren, ist breit und gut befahrbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Flüssen in der Umgebung ist die Strömung vergleichsweise gering. Trotzdem sollte man das Wasser nie unterschätzen. An manchen Stellen gibt es gefährliche Felsen, und man muss aufpassen, dass man nicht am Schwemmholz hängen bleibt oder das Kanu zum Kentern bringt.« Er überlegte einen Moment. »Die meiste Zeit werden wir parallel zum Fluss laufen können, aber vermutlich wird nicht die gesamte Strecke begehbar sein.«

»Immerhin ist das Wetter gut«, entgegnete Stacie. »Bei Dauerregen wäre es eine deutlich schwierigere Angelegenheit. Nach Angaben der Betreuerin haben die Jugendlichen Sicherheitswesten getragen. Dadurch sollten sie gut sichtbar sein, und falls sie mit dem Kanu gekentert sind, haben sie eine zusätzliche Sicherheit.«

Nathan runzelte die Stirn. »Das Wasser ist um diese Jahreszeit noch eiskalt. Viele Flüsse werden aus den Gletschern gespeist. Wenn sie tatsächlich reingefallen sind, müssen sie schnellstmöglich aus dem Wasser, um ihre Körpertemperatur aufzuwärmen. Eine Unterkühlung kann schlimme Folgen haben.«

Stacie fuhr von der befestigten Straße auf einen Waldweg. Der Wagen rumpelte über den unebenen Boden, und sie verringerte die Geschwindigkeit, damit sie nicht alle im Fahrzeug umhergeschleudert wurden. »Ich frage mich, wie es passieren konnte, dass die Betreuerin die Jugendlichen aus den Augen verloren hat. Wieso hat die Gruppe nicht auf sie gewartet? Sie müssen doch gemerkt haben, dass es Schwierigkeiten gab und das Kanu gekentert ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte ungern an Jennifer Leiths Stelle sein. Immerhin ist sie für das Wohlergehen der Kinder verantwortlich und jetzt ist ein Teil von ihnen verschwunden.«

»Hoffen wir einfach, dass wir die Vermissten schnell finden werden.«

Aus dem Kofferraum erklang ein dumpfes Bellen. Offenbar war Scottie ganz seiner Meinung.

Kapitel 2

 

»Wieso geht er nicht an sein verfluchtes Telefon?« Frustriert schaute Beth auf das Display. Sie hatte bereits zum dritten Mal versucht, Nathan zu erreichen, doch er antwortete nicht.

Mit einem scheppernden Geräusch stellte ihre Angestellte Meggie das Blech mit frischen Croissants auf die Theke. Beth beobachtete die Frau dabei, wie sie die Gebäckstücke in die Auslage räumte.

Anschließend richtete Meggie sich wieder auf. »Vermutlich hat er schlechten Empfang.« Sie überlegte einen Moment. »Oder sie haben bereits mit der Suche angefangen, und er hat keine Zeit, ans Telefon zu gehen.«

»In der Zentrale habe ich es ebenfalls probiert, aber da ist andauernd besetzt. Wahrscheinlich ist die Leitung durch die vielen Anrufer komplett überlastet.« Beth seufzte. »Ich kann unmöglich hier herumsitzen und auf Antworten warten. Meine Schwester verlässt sich auf mich. Sie ist ohnehin schon vollkommen hysterisch. Wenn sie jetzt noch das Gefühl hat, dass ich nicht alles Mögliche unternehme, dreht sie völlig durch.«

»Ist sie bereits auf dem Weg hierher?«

Unruhig strich Beth sich eine lose Haarsträhne aus der Stirn, bevor sie ihre Bemühungen aufgab und frustriert an dem Haargummi zog, um sich einen neuen Pferdeschwanz zu binden. Eigentlich liebte sie ihren lockigen Haarschopf, doch an Tagen wie heute, an denen sie besonders schwer zu bändigen waren, wünschte sie sich die seidig glatten Haare ihrer Freundin Amelia. »Ja, meine Schwester und ihr Mann wollten sofort losfahren. Vorher müssen sie allerdings ihren Sohn zu seiner Großmutter bringen. Sie wird erst mal auf ihn aufpassen. Er ist noch zu klein und versteht nicht so ganz, was überhaupt los ist.«

»Ist das nicht ein wenig übereilt? Wahrscheinlich dauert es nicht mehr lange und die Jugendlichen tauchen wieder auf. Besonders weit können sie schließlich nicht gekommen sein. Wenn ich daran denke, was mein Sohn in dem Alter alles angestellt hat.« Meggie zuckte mit den Schultern.

»Hoffentlich hast du recht, aber ich kann verstehen, wieso Gabby sich Sorgen macht. Die Kinder sind zum ersten Mal im Nationalpark, und wie wir alle wissen, kann es in der Natur schnell gefährlich werden, wenn man sich nicht auskennt.« Erneut blickte Beth auf das Display ihres Smartphones. »So weit ist es jetzt also schon gekommen. Ich ergreife Partei für meine Schwester. Das hat es auch lange nicht mehr gegeben.«

»Ihr habt kein gutes Verhältnis?«

»Nein, nicht besonders. Wir sind sehr verschieden, und seit ich denken kann, gab es immer Meinungsverschiedenheiten. Ich hatte die Hoffnung, dass es sich ändern würde, sobald wir älter sind, aber eigentlich hat es das nur noch schlimmer gemacht.« Beth zuckte unwillkürlich zusammen, als das Telefon plötzlich klingelte. Erstaunt blickte sie auf die Anruferkennung und hätte das Gerät in ihrer Eile, den Anruf entgegenzunehmen, beinahe fallen gelassen. Als sie es endlich geschafft hatte, erklang verzerrt Nathans Stimme. Doch egal wie sehr sie sich bemühte, mehr als ein paar unzusammenhängende Wortfetzen waren nicht zu verstehen. Frustriert gab sie es schließlich auf.

»Jetzt weißt du immerhin, dass er tatsächlich schlechten Empfang hat. Er ist also bereits draußen und sie suchen nach den Kindern«, versuchte Meggie sie zu beruhigen. Sie strich ihr aufmunternd über den Arm, bevor sie einen Kunden bediente.

In solchen Momenten war Beth besonders froh, dass sie Meggie eingestellt hatte. Sie war eine große Hilfe und schon jetzt nicht mehr aus der Bäckerei wegzudenken. Vor allem, seit Beth das Gebäude umgebaut und ein zusätzliches Café eröffnet hatte. Dadurch war das Arbeitspensum immer umfangreicher geworden. Als sie Jahre zuvor das Geschäft übernommen hatte, hatte sie buchstäblich alles auf den Kopf gestellt. Es war ein Wagnis gewesen, und sie war froh, dass sich all die Anstrengungen gelohnt hatten. Trotzdem war es jeden Tag aufs Neue eine Menge Arbeit, und sie war dankbar, sich mittlerweile eine Unterstützung leisten zu können, um wieder mehr Freizeit zu haben. Sie liebte ihre Bäckerei, doch ab und zu brauchte jeder eine Pause.

Beth überlegte einen Moment, bevor sie kurz entschlossen nach ihrem Wollmantel griff. Nachdem sie den weichen Stoff übergestreift hatte, verstaute sie das Smartphone und ihre Schlüssel in der Jackentasche. Sie wartete, bis Meggie den Kunden bedient hatte, und trat anschließend neben sie. »Kommst du die restlichen Stunden bis zum Feierabend ohne meine Hilfe zurecht?« Es war nicht allzu viel los, doch sie hatte ein schlechtes Gewissen, ihre Kollegin mit der Arbeit alleinzulassen.

»Ja, das schaffe ich schon. Wo willst du denn hin?« Meggie blickte sie überrascht an.

»Es macht mich verrückt, einfach abzuwarten. Wenn ich Nathan nicht erreichen kann, will ich zumindest zum Hauptquartier der Ranger fahren. Vielleicht bekomme ich vor Ort mehr Informationen. Bis meine Schwester das nächste Mal anruft, möchte ich wenigstens etwas unternommen haben.«

»In Ordnung. Mach dir keine Sorgen, ich habe den Laden im Griff.«

Dankbar lächelte sie Meggie zu und verabschiedete sich mit einem Winken von ihr. Vor dem Gebäude blieb sie auf dem Gehsteig stehen und suchte nach ihrem Autoschlüssel, als ein Wagen vor ihr einparkte. Als sie aufblickte, erkannte sie Frank Harris, der gerade aus dem Auto stieg.

»Werde ich als langjähriger Stammkunde jetzt von der Chefin persönlich an der Tür begrüßt? Vielleicht sollte ich mir langsam Gedanken machen, ob ich nicht zu häufig in die Bäckerei komme. Es wurde vor Kurzem sogar behauptet, dass ich einen Bauch angesetzt habe. In meinem Alter muss man offenbar darüber nachdenken, was man den Tag über isst.« Grinsend blickte er sie an.

Unwillkürlich musste Beth lächeln. Frank löste stets das Gefühl aus, dass man sich in seiner Gegenwart wohlfühlte. In der letzten Zeit war er tatsächlich auffallend oft im Geschäft vorbeigekommen. Sie hoffte sehr, dass ihre Verkupplungsversuche erfolgreich waren und er in Wahrheit Meggie besuchen wollte. Doch bei Frank konnte man sich nie ganz sicher sein. Dafür war seine Begeisterung für süße Backwaren einfach zu groß.

»Du kommst gerade richtig. Ich habe vorhin noch eine frische Ladung Croissants in den Ofen geschoben. Die sind vor ein paar Minuten fertig geworden. Wenn du nett fragst, wird Meggie dir bestimmt eine Tüte zurechtmachen. Ich habe es leider eilig, ansonsten wäre ich noch mal mit reingekommen.«

»Was ist denn los?« Frank betrachtete sie aufmerksam.

In wenigen Sätzen berichtete sie ihm, was geschehen war, während sie unruhig von einem Bein auf das andere trat.

»Und eines der verschwundenen Kinder ist deine Nichte?«

Beth nickte. »Es werden zwei Jungen und zwei Mädchen vermisst. Alle in einer ähnlichen Altersgruppe zwischen 16 und 17 Jahre alt.«

»Okay, dann steig ein, ich werde dich fahren. Vielleicht kann ich vor Ort ebenfalls unterstützen oder bei der Suche helfen. Wenn die Kinder nicht bald gefunden werden, muss sowieso eine groß angelegte Suchaktion organisiert werden.«

»Dafür hast du etwas gut bei mir.« Sie umarmte ihn kurz, bevor sie auf die andere Seite des Wagens lief.

Während der Fahrt berichtete sie Frank, was sie von Gabby an Informationen bekommen hatte, doch es war leider nicht viel.

»Es muss schlimm für deine Schwester gewesen sein, einen solchen Anruf zu erhalten. War es denn überhaupt notwendig, die Eltern der vermissten Kinder so früh zu informieren? Sorgt man damit nicht unweigerlich für Panik? Vielleicht wurden sie mittlerweile schon gefunden und alle haben sich umsonst Sorgen gemacht.«

Beth zuckte mit den Schultern. »Wenn es mein Kind wäre, würde ich sofort wissen wollen, falls etwas nicht stimmt. Sollte es sich dann als Fehlalarm rausstellen, habe ich mir lieber umsonst ein paar Stunden lang Sorgen gemacht, statt zu spät davon zu erfahren. Auch wenn man in dem Moment nichts ausrichten kann.«

»Ja, wahrscheinlich hast du damit recht. Ich kann mich manchmal schwer in die Lage von Eltern hineinversetzen, da ich selbst nie Kinder hatte.«

»Hast du es je bereut? Ich hätte sehr gerne Kinder, aber bisher hat sich leider nicht der passende Mann gefunden.«

Frank warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und grinste sie an. »Ach, ich habe das Gefühl, dass du den richtigen Partner bereits gefunden hast. Er hat nur die schlechte Angewohnheit, immer wieder wegzulaufen.«

»Frank.« Erstaunt schnappte sie nach Luft. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, entgegnete sie ausweichend.

»Schon gut. Es war nicht böse gemeint. Du brauchst kein Geheimnis daraus zu machen. Der ganze Ort weiß von deinen Gefühlen für Nathan.«

Beth schüttelte entsetzt den Kopf, sagte jedoch nichts mehr. Sie kannte den Ort nur zu gut und wusste, wie schnell sich Informationen verbreiteten. Besonders solche, die man lieber für sich behalten hätte.

»Aber um deine Frage zu beantworten: Nein, ich habe es nie bereut. Manchmal denke ich darüber nach, wie das Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich Kinder gehabt hätte. Ich hatte eine wundervolle Partnerin an meiner Seite, die allerdings viel zu früh gestorben ist. Danach hatte ich nie das Bedürfnis, noch einmal den Versuch zu starten, eine Familie zu gründen. Und wie sich herausgestellt hat, bin ich zufrieden mit dem Junggesellendasein. Deshalb habe ich auch nie daran gedacht, etwas zu verändern. Ich kann meine Zeit so verbringen, wie ich es für richtig halte, und habe sehr gute Freunde gefunden, die für mich zu einer Familie geworden sind. Es ist alles gut so, wie es ist.«

Beth schluckte und spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Sie wurde einfach viel zu schnell emotional, doch es kam nicht oft vor, dass Frank sich auf diese Weise öffnete. Hektisch blinzelnd versuchte sie die Feuchtigkeit aus ihren Augenwinkeln zu vertreiben, bevor er etwas bemerkte. Wenn sie jetzt anfing zu weinen, würde er sich ihr so schnell nicht mehr anvertrauen, davon war sie überzeugt.

»Da wir gerade von Freunden reden, kommt mir eine Idee.« Nach einem prüfenden Blick in den Rückspiegel fuhr Frank den Wagen an den Straßenrand. Aus seiner Jackentasche zog er ein zerkratztes Telefon hervor, das schon bessere Zeiten gesehen hatte. »Ich werde versuchen, Bob zu erreichen. Vielleicht habe ich Glück und er nimmt den Anruf entgegen, wenn er sieht, dass ich es bin.« Während er auf das Freizeichen lauschte, beugte Beth sich unwillkürlich näher zu ihm heran.

»Du meinst Bob Haines, den Leiter der Parkranger?« Erwartungsvoll richtete sie sich auf.

»Ja, richtig. Bob und ich sind alte Freunde und gehen regelmäßig gemeinsam angeln.«

Plötzlich erklang dumpf eine weitere Stimme. Bob Haines hatte den Anruf tatsächlich angenommen. Ungeduldig saß sie da und versuchte, etwas von der Unterhaltung mitzubekommen, doch Frank hielt das Gerät abgewandt an sein linkes Ohr, sodass sie kaum was verstehen konnte. Das Gespräch war kurz, und sobald er aufgelegt hatte, startete er eilig den Motor.

»Ich habe ihn wohl falsch eingeschätzt. Bob hat sofort geahnt, weshalb ich anrufe. Er hat mir erst mal den Kopf gewaschen, dass ich ihn nicht bei der Arbeit stören und die Füße stillhalten soll. Danach hat er mir jedoch verraten, wo wir hinmüssen.« Frank grinste sie triumphierend an.

»Das ist großartig. Dann lass uns schnell hinfahren.«

Nach zwanzig Minuten Fahrzeit waren sie an ihrem Ziel angekommen. Es war nicht zu verfehlen, da an der letzten Parkmöglichkeit einige Autos der Ranger standen. Die Reifen knirschten auf dem Kies, als Frank sein Fahrzeug daneben parkte. Gemeinsam stiegen sie aus und schauten sich um.

»Ich kann den Fluss schon hören«, sagte Beth erstaunt. »Die Strömung scheint ziemlich stark zu sein. Die Jugendlichen haben doch bestimmt nicht genug Erfahrung, um ein solches Gewässer mit dem Kanu zu befahren.«

»Wir sind auch noch nicht an der richtigen Stelle. Aber die restliche Strecke müssen wir zu Fuß gehen und erst die Brücke überqueren, bevor wir auf der anderen Seite zu dem Nebenfluss kommen, auf dem sie unterwegs waren.« Frank setzte seine Basecap auf und deutete anschließend zweifelnd auf ihr Outfit. »Bist du dir sicher, dass du die passende Kleidung anhast?«

Beth zuckte mit den Schultern. »Etwas Besseres habe ich nicht. Ich habe schließlich nicht damit gerechnet, heute noch durch die Wildnis stapfen zu müssen. Ich bin für einen Arbeitstag im Café angezogen. Aber wenigstens habe ich bequeme Schuhe an, mit denen ich auch sonst den ganzen Tag auf den Beinen bin. Solange es nicht anfängt zu regnen, wird es schon gehen. Außerdem ist es durch die Sonne warm genug.«

»Wie du meinst. Ich kann dir zumindest versichern, dass wir nicht durch die Wildnis kriechen werden. Die Gegend ist sehr beliebt bei den Touristen und überall befinden sich Wanderwege. Das Terrain sollte also nicht allzu schwierig werden.«

Nachdem Frank seinen Rucksack aufgesetzt und zwei Getränkeflaschen darin verstaut hatte, machten sie sich auf den Weg. Sie folgten dem Pfad, bis sie bei der stabilen Holzbrücke angekommen waren.

Beth blieb stehen und schaute unbehaglich auf das schäumende Weißwasser unter ihnen. »Das Wasser hat eine enorme Kraft«, rief sie Frank beunruhigt zu.

»Du solltest den Fluss sehen, wenn es ein paar Tage lang geregnet hat. In der letzten Zeit war es trocken, doch durch die warmen Temperaturen ist viel Gletscherwasser dazugekommen. Man muss einiges an Erfahrung haben, wenn man sich mit dem Kanu in solche Strömungen wagt. Aber der Valleyfield River, auf dem die Kinder unterwegs waren, ist wesentlich ruhiger und auf jeden Fall anfängertauglich«, versicherte er ihr.

Während Frank zielstrebig die Brücke betrat, folgte sie ihm deutlich langsamer. Sie fühlte sich unwohl, als sie durch die Ritzen zwischen den breiten Holzbrettern die schäumende Masse unter ihren Füßen vorbeirauschen sah. Das Holz machte einen stabilen Eindruck, trotzdem setzte sie nur vorsichtig einen Fuß vor den anderen und tastete sich zögerlich vorwärts.

»Ist alles in Ordnung?« Frank war bereits auf der gegenüberliegenden Uferseite angekommen, doch sie befand sich noch immer im ersten Drittel, und er musste schreien, damit sie ihn verstehen konnte.

Sie wollte ihm zuwinken, um zu zeigen, dass alles in Ordnung war, konnte jedoch ihre Hand nicht von dem Geländer lösen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, so fest klammerte sie sich an das Holz. Sie spürte die leichten Vibrationen an den Schuhsohlen, als Frank zu ihr zurückkam. Die Bretter knarrten, als er neben ihr stehen blieb und nach ihrem freien Arm griff. Entschlossen hakte er sie unter.

»Schau geradeaus zu den Bäumen und versuch, größere Schritte zu machen, dann hast du das Ende gleich erreicht.«

Sie folgte seiner Anweisung und nach einem kurzen Moment der Überwindung löste sie ihre Umklammerung von dem Geländer. Frank zog sie mit leichtem Druck mit sich, und es dauerte nicht lange, bis sie auf der anderen Seite angekommen war und wieder Erde unter ihren Sohlen spürte. Zittrig atmete sie aus.

»Siehst du, wir haben es geschafft. Sehr gut gemacht«, sagte Frank aufmunternd.

»Danke für die Unterstützung. Ohne deine Hilfe würde ich vermutlich noch immer dort stehen«, entgegnete sie verlegen.

»Nicht dafür«, meinte er unbekümmert und reichte ihr eine Wasserflasche. »Trink einen Schluck, bevor wir weitergehen.«

Nachdem sie getrunken hatte, gab sie ihm die Flasche zurück. »Sag mir bitte, dass das die einzige Brücke war, die wir überqueren müssen.«

Frank lachte. »Ja, es ist die einzige. Dir ist allerdings schon bewusst, dass wir die Brücke auf dem Rückweg zwangsläufig noch einmal betreten müssen. Es sei denn, du willst lieber schwimmen, aber bei der starken Strömung würde ich dir davon abraten.«

»Über den Rückweg mache ich mir Gedanken, wenn es so weit ist. Erst mal möchte ich jetzt diesen Fluss finden.«

Kapitel 3

 

»Pass auf, hier ist die Erde ziemlich rutschig«, warnte Nathan, bevor er die Böschung hinabstieg. Stacie war dicht hinter ihm und folgte seiner Spur. Am Uferrand angekommen blickte er sich in alle Richtungen um. Sie standen auf einem schmalen Kiesbett, das den Abhang vom Fluss trennte. Sie mussten aufpassen, dass sie nicht unabsichtlich zur Seite traten und im Wasser landeten. Obwohl die Temperaturen angenehm frühlingshaft warm waren, hatte Nathan kein Bedürfnis auf ein unfreiwilliges Bad im eiskalten Fluss. Zumindest floss die Strömung sanft flussabwärts und war nicht vergleichbar mit dem breiten Hauptfluss, der eine ganz andere Herausforderung darstellte. Auf der gegenüberliegenden Flussseite sah er zwei Kollegen, die parallel zu ihnen das Ufer absuchten. Doch bisher hatte niemand etwas entdecken können. Je mehr Zeit verstrich, desto unruhiger wurde Nathan.

Hinter ihm knackte das Unterholz, als Scottie mit einiger Verspätung ebenfalls den Hang hinunterrutschte. Dabei war er allerdings deutlich weniger vorsichtig als sein Besitzer.

»Langsam, Junge«, rief er seinem Hund zu.

Scottie begrüßte ihn freudig, als hätte er ihn seit Stunden nicht mehr gesehen. Er hatte seine eigene Spur verfolgt, sich währenddessen aber nie weit von ihnen entfernt. Doch auch der Golden Retriever hatte bislang nichts gefunden. Obwohl er kein ausgebildeter Suchhund war, hatte er sich schon öfter als hilfreich erwiesen.

---ENDE DER LESEPROBE---