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"Vom Himmel hoch, da komm ich her …" So beginnt eines unserer bekanntesten Weihnachtslieder. Martin Luther schrieb es. Ihm war Weihnachten wichtig. Was ist Weihnachten für uns? Einfach ein Fest der Familie oder des Friedens, wie es in der DDR hieß? Oder nur "Happy seasons" (Glückliche Jahrestage), wie es neuerdings scheinbar politisch korrekt in bestimmten Kreisen der USA heißt? Für Christen ist Weihnachten das Fest der Geburt Jesu Christi, in dem Gott Mensch wurde. Die Geschichte Gottes mit seiner Schöpfung findet hier ihren Ausdruck als Liebesgeschichte. Darum sind Weihnachtsgeschichten in der Regel froh machend und versöhnlich. Dieses Buch vereint solche Geschichten – und auch einige eher nachdenkliche Erzählungen – von neuen Autoren wie altbekannten Dichtern. Sie wollen gelesen, vorgelesen und weitererzählt werden. Tun Sie es! Mit Erzählungen von Annemarie Albert, Zsusa Bánk, Thomas Begrich, Heinrich Böll, Wolfgang Borchert, Bertolt Brecht, Hans Fallada, Johann Wolfgang von Goethe, Dietrich Mendt, Ursula Ott, Tilman Winkler und anderen.
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Seitenzahl: 223
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THOMAS BEGRICH (HRSG.)
Geschichten und Lieder zuAdvent und Weihnachten
MIT ILLUSTRATIONEN VON KRISTINA HELDMANN
Thomas Begrich, OKR i.R., 1950 in Halberstadt geboren und in Erfurt aufgewachsen, setzte sich als Finanzdezernent der damaligen Kirchenprovinz Sachsen und als Finanzabteilungsleiter im Kirchenamt der EKD nachhaltig für ein ein modernes kirchliches Finanzwesen und für kirchliche Strukturreformen ein. Dabei war und ist ihm eine lebendige, lebensnahe Kirche stets ein Herzensanliegen.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2019 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Gesamtgestaltung: Ulrike Vetter, Leipzig
Coverillustration: Kristina Heldmann, Berlin
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2019
ISBN 978-3-374-06101-3
www.eva-leipzig.de
»Vom Himmel hoch, da komm ich her …« So beginnt eines unserer bekanntesten Weihnachtslieder. Martin Luther schrieb es. Ihm war Weihnachten nicht nur wichtig, sondern Lebensgrundlage. Wie wichtig ist Weihnachten uns?
Vor etlichen Jahren erzählte mir ein Pfarrer von einer Christvesper des Jahres 1989 in einem altmärkischen Städtchen. Gerade nachdem das erste Weihnachtslied verklungen war – eben dieses wunderbare, froh stimmende »Vom Himmel hoch« –, hätte die Kirchentür noch einmal vernehmlich geknarrt. »Natürlich«, sagte er, »wandten die Leute die Köpfe. Fast alle kannten die Zuspätkommenden: den als ziemlich kirchenfeindlich bekannten Ersten Sekretär der SED-Kreisleitung mit seiner Familie. Etwas unsicher stand der bis vor kurzem noch mächtigste Mann der Region ganz hinten unter der Orgelempore, denn es war kein Sitzplatz mehr frei. Da war die Christvesper gelaufen! Alle drehten sich immer wieder nach ihm um, statt nach vorn zu sehen … Aber das Schlimmste war«, fuhr der Pfarrer fort: »Bei der nächsten Gemeindekirchenratssitzung sagten einige von den Ältesten: ›Herr Pastor, wenn der jetzt kommt, kommen wir nicht mehr …‹« Da wäre er doch etwas ratlos gewesen und hätte gefragt: »Ist denn die Weihnachtsbotschaft nicht für alle Menschen bestimmt? Wer will schon beurteilen, aus welchen Motiven heraus jemand in den Gottesdienst kommt? Das kann doch nur einer!«
So ist es. Das Weihnachtsfest ist für alle da. Was aber feiern wir heute zu Weihnachten? Das Fest der Familie? Ein Fest des Friedens, wie es in der DDR hieß? Oder nur »Happy seasons« (Glückliche Jahrestage) wie es neuerdings scheinbar politisch korrekt in den USA in bestimmten Kreisen gebräuchlich wird? Nur ja nicht anstößig sein! Nur ja nicht religiös. Und das »Merry Christmas«, das man allenthalben in den Schaufenstern liest, ist meist auch nicht ernst gemeint.
Gewiss, man darf das alles tun. Aber man muss dazu wissen: Weihnachten ist für Christen das Fest der Geburt des Herrn. Zu Weihnachten wird Gott in Jesus Christus Mensch! Darum heißt Weihnachten im Englischen »Christmas«. Und darum gibt es zu Weinachten in den Kirchen nachmittags Christvespern und nachts oder am 1. Christtag frühmorgens Christmetten. »Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsre Nacht nicht traurig sein«, bezeugt ein sehr bekannter Choral (Dieter Trautwein, 1963). Wir haben Grund zur Freude und zur Dankbarkeit. Das zieht sich durch jedes Weihnachtslied – und das prägt den Charakter des Weihnachtsfestes für alle, ob sie nun glauben oder nicht: Je nach Mentalität feiern wir besinnlich bis fröhlich im Kreis der uns liebsten Menschen. Dazu aber gehören Lieder und Geschichten.
Weihnachtsgeschichten sind in der Regel froh machend, fröhlich und versöhnlich. Sie gehen fast immer gut aus. Dieses Buch vereint solche Geschichten. Aber auch einige eher nachdenkliche Erzählungen fehlen nicht. Das Leben ist nicht immer nur ein Fest. Die hier versammelten Geschichten von neuen Autoren wie von altbekannten Dichtern unterstreichen das. Sie wollen gelesen, vorgelesen und weitererzählt werden. Tun Sie es!
Frohe Weihnachten!
Ihr Thomas Begrich
Cover
Titel
Über den Autor
Impressum
Vorwort
Vom Himmel hoch, da komm ich her
Vom Himmel hoch, da komm ich her
Das Weihnachtsevangelium
Hört, der Engel helle Lieder
Ich bring euch gute neue Mär
O Bethlehem, du kleine Stadt
Rudolf Otto WiemerWie das Stroh in die Krippe kam
Max BolligerKönig, Bauer und Knecht
Karl Heinrich WaggerlWorüber das Christkind lächeln musste
Stanislav LahodnyBethlehemer Apokryph
Thomas BegrichJosef
Wisst ihr noch, wie es geschehen?
Der will euch führn aus aller Not
Weil Gott in tiefster Nacht erschienen
Bertolt BrechtDas Paket des lieben Gottes
Wolfgang BorchertDie drei dunklen Könige
Heinrich BöllKrippenfeier
Thomas BegrichDoch mehr als grau
Uwe KirstDie Reise
Tilman WinklerParkhausweihnachten
Ludwig SchumannKornwicht
Tanja Müller-JonakDer Engel auf der Brücke
O komm, o komm, du Morgenstern
Davon ich singn und sagen will
Die Nacht ist vorgedrungen
Johann Wolfgang von GoetheWeihnachtsbrief
Ursula OttErledigt
Zsuzsa BánkDer Schwarzwaldsepp
Doris BewernitzÜberraschungen
Rainer MeuselKlimbim
Martin WolfHeiligabend
Gerhard BegrichDie Überraschung
Annemarie AlbertDie Liebe Gottes
Hans BartoschDer Segen
Es ist ein Ros entsprungen
Des lasst uns alle fröhlich sein
Fröhlich soll mein Herze springen
Hans FalladaLieber Hoppelpoppel – wo bist du?
Ludwig SchumannSternchen
Dietrich MendtFahndung nach St. Nikolaus
Rainer MeuselDie Weihnachtskrippe
Gabriele HerbstFlugblätter
Christoph KleemannDer Engel von unten
Thomas BegrichDer Weihnachtsmann ist empört
Nun singet und seid froh
Das hat also gefallen dir
Autorinnen und Autoren
Quellen
Weitere Bücher
Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär,der guten Mär bring ich so viel, davon ich singn und sagen will.
(EG 24)
Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich singn und sagen will.
Euch ist ein Kindlein heut geborn
von einer Jungfrau auserkorn,
ein Kindelein, so zart und fein,
das soll eu’r Freud und Wonne sein.
Es ist der Herr Christ, unser Gott,
der will euch führn aus aller Not,
er will eu’r Heiland selber sein,
von allen Sünden machen rein.
Er bringt euch alle Seligkeit,
die Gott der Vater hat bereit’,
dass ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht:
die Krippe, Windelein so schlecht,
da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.
Des lasst uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehn, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.
Merk auf, mein Herz, und sieh dorthin;
was liegt dort in dem Krippelein?
Wes ist das schöne Kindelein?
Es ist das liebe Jesulein.
Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
und kommst ins Elend her zu mir:
wie soll ich immer danken dir?
Ach, Herr, du Schöpfer aller Ding,
wie bist du worden so gering,
dass du da liegst auf dürrem Gras,
davon ein Rind und Esel aß!
Und wär die Welt vielmal so weit,
von Edelstein und Gold bereit’,
so wär sie doch dir viel zu klein,
zu sein ein enges Wiegelein.
Der Sammet und die Seide dein,
das ist grob Heu und Windelein,
darauf du König groß und reich
herprangst, als wär’s dein Himmelreich.
Das hat also gefallen dir,
die Wahrheit anzuzeigen mir,
wie aller Welt Macht, Ehr und Gut
vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.
Ach mein herzliebes Jesulein,
mach dir ein rein, sanft Bettelein,
zu ruhen in meins Herzens Schrein,
dass ich nimmer vergesse dein.
Davon ich allzeit fröhlich sei,
zu springen, singen immer frei
das rechte Susaninne schön,
mit Herzenslust den süßen Ton.
Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
der uns schenkt seinen ein’gen Sohn.
Des freuen sich der Engel Schar
und singet uns solch neues Jahr.
Martin Luther, 1535
Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach:
Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!
Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das?
Und der Engel sprach zu ihr:
Fürchte dich nicht, Maria! Du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
Da sprach Maria zu dem Engel:
Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Manne weiß?
Der Engel antwortete und sprach zu ihr:
Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, sie, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.
Maria aber sprach:
Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.
Und der Engel schied von ihr.
Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach:
Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! Und wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe.
Ja, selig ist, die da geglaubt hat! Denn es wird vollendet werden, was ihr gesagt ist von dem Herrn.
Und Maria sprach:
Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist
freuet sich Gottes, meines Heilandes;
denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich
selig preisen alle Kindeskinder.
Denn er hat große Dinge an mir getan,
der da mächtig ist
und dessen Name heilig ist.
Und seine Barmherzigkeit währet für und für
bei denen, die ihn fürchten.
Er übt Gewalt mit seinem Arm
und zerstreut, die hoffärtig sind
in ihres Herzens Sinn.
Er stößt die Gewaltigen vom Thron
und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllt er mit Gütern
und lässt die Reichen leer ausgehen.
Er gedenkt der Barmherzigkeit
und hilft seinem Diener Israel auf,
wie er geredet hat zu unsern Vätern,
Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit.
Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist. Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen. Als er noch so dachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach:
Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.
Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14): »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns.
Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen:
»Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige
euch große Freude, die allem Volk widerfahren
wird; denn euch ist heute der Heiland geboren,
welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt
Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet
finden das Kind in Windeln gewickelt und in
einer Krippe liegen.«
Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
»Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
bei den Menschen seines Wohlgefallens.«
Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.
Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:
»Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten.«
Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm:
»In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten: Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.«
Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach: »Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete.«
Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.
(EG 54)
Hört, der Engel helle Lieder,
klingen weit das Feld entlang,
und die Berge hallen wider
von des Himmels Lobgesang.
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Hirten, warum wird gesungen?
Sagt uns eures Jubels Grund!
Was hat hier so hell geklungen?
Was tat euch der Engel kund?
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Gott hat Freude uns beschieden
durch ein neugebornes Kind.
Es bringt allen Menschen Frieden,
welche guten Willens sind.
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Gloria, Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo.
Otto Abel, 1954 nach dem französischen
»Les anges dans nos campagnes«, 18. Jh.
© Verlag Merseburger, Kassel, www.merseburger.de
Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel, davon ich singn und sagen will.
(EG 55)
O Bethlehem, du kleine Stadt, wie stille liegst du hier,
du schläfst, und goldne Sternelein ziehn leise über dir.
Doch in den dunklen Gassen das ewge Licht heut scheint
für alle, die da traurig sind und die zuvor geweint.
Des Herren heilige Geburt verkündet hell der Stern,
ein ewger Friede sei beschert den Menschen nah und fern;
denn Christus ist geboren, und Engel halten Wacht,
dieweil die Menschen schlafen die ganze dunkle Nacht.
O heilig Kind von Bethlehem, in unsre Herzen komm,
wirf alle unsre Sünden fort und mach uns frei und fromm!
Die Weihnachtsengel singen die frohe Botschaft hell:
Komm auch zu uns und bleib bei uns, o Herr Immanuel.
Helmut Barbe, 1954 nach dem englischen
»O Little Town of Bethlehem« von Phillips Brooks, 1868
© Verlag Merseburger, Kassel, www.merseburger.de
RUDOLF OTTO WIEMER
Das geschah damals, als ich noch der Räuber Kolle Kunkel war und dem Bauern Rott das Haus anzünden wollte. Ja, ich gestehe es, ich bin ein böser Kerl gewesen. Die Menschen im Land hatten Angst vor mir, und erst die Kinder! Ich sah ja auch furchterregend aus: Einen schwarzen, zottigen Bart hatte ich, die Haut war von Sonne und Frost gegerbt wie Leder, und meine Stimme klang rau, als knarre ein Stück Astholz im Wind. Meine Fäuste taten viel Böses, sie raubten, schlugen und stahlen.
Bald lief die Kunde von meinen Untaten durch das Land, und wenn der Sturm an den Fensterläden rüttelte, sagten die Mütter: »Hört ihr? Der böse Kolle Kunkel geht um!«
Es war damals ein harter Winter, der Schnee lag hoch in den Mulden, und das Räuberhandwerk gedieh schlecht. So oft der Hunger mich trieb, verließ ich die Höhle im Wald, stutzte den Bart, wusch Gesicht und Hände und zog einen langen, laubgrünen Mantel an, den die Frau des Bauern Rott, eine mitleidige Seele, mir vor Jahr und Tag geschenkt hatte. Ich brach einen Knotenstock ab und befestigte den Stern darauf, einen gelben, glänzenden Stern aus Blech. Ich dachte: Wer den Stern anguckt, der schaut nicht auf den Räuber Kolle Kunkel, denn das Blech glitzerte und funkelte, sobald das Sonnenlicht oder der Schein der Hauslaternen darauf fiel. So zog ich von Hof zu Hof, klopfte an den Türen und sang. Schön war meine Stimme nicht, eher heiser und rau, aber ich hatte einen guten, demütigen Augenaufschlag und wusste mich schwach und zittrig zu stellen, so dass jedermann Mitleid empfand.
Alle gaben mir ein Stück Brot oder einen Zipfel Wurst, oder sie ließen mich einen Becher voll Milch trinken, nur der Bauer Rott nicht. Der war geizig und misstrauisch. Womöglich hatte ich eine Dummheit gemacht, bei Rott anzuklopfen, wo ich doch seinen langen, laubgrünen Mantel trug, den sein Weib mir geschenkt hatte. So kam es, dass Rott mich groß anstarrte und den Knechten befahl, mir den Mantel, den ich gewiss gestohlen hätte, von der Schulter zu reißen. Es half nichts, dass die Bäuerin für mich eintrat. Der Bauer schrie noch zorniger, die Knechte nahmen mir Mantel und Stern fort und hetzten die Hunde hinter mir her. Deshalb wollte ich jetzt dem Bauern das Haus anzünden. Ich tat einen Feuerbrand in den Krug, nahm ein Bündel Stroh unter den Arm und machte mich auf den Weg nach Bethlehem, wo der reiche und jähzornige Rott wohnte.
Am Grenzstein, hinter den Birken, traf ich Reineke Fuchs und fragte: »Bruder Fuchs, wohin?« Er habe es auf Rotts Hahn abgesehen, antwortete der Fuchs, weil er ihn jedes Mal verriet, so oft er in die Nähe der Höfe schlich.
»Da haben wir den gleichen Weg«, sagte ich und dachte, es könne nur von Nutzen sein, wenn der wachsame und listige Fuchs mich begleitete. Es war eine dunkle, mondlose Nacht. Als wir zu den Schafhürden kamen, sagte Reineke, wir sollten lieber einen Umweg machen, da er kein Freund von Hunden sei, am wenigsten von großen, zähnefletschenden Hirtenhunden.
Wir überquerten den Bach. Auf einmal blieb Reineke stehen: »Was ist das? Es wird ja taghell!«
Wahrhaftig, der Schnee glänzte wie Linnen, und das Eis des Baches strahlte, als wäre es aus Silber gemacht. Ich blickte nach Bethlehem, wo dicht über den Dächern ein mächtiger Stern stand, wie ich noch nie einen gesehen hatte. »Die Welt geht unter«, sagte der Fuchs erschrocken. »Wir müssen uns beeilen, wenn wir vorher unseren Schnitt machen wollen.«
Als wir die Talsenke beim schwarzen Moorloch überquerten, blieb Reineke wiederum stehen. Er hob den Kopf und spitzte die Ohren. »Hörst du die Musik?«, fragte er, indem er sich auf die Hinterpfoten reckte, als wollte er tanzen. »Die Katzen können es nicht sein, dazu ist es zu kalt.«
»Das ist Engelmusik«, behauptete ich. Ja, der Gesang war noch süßer als Honig, noch kräftiger als weißer Branntwein. Wenn man ihn hörte, zitterte das Herz im Leib vor Furcht und Freude zugleich, es ging bis in die innersten Knochen. »Marsch«, sagte der Fuchs, »wir sind gleich da. Siehst du das Haus vom Bauern Rott? Das wird eine lustige Fackel geben!« Wir pirschten uns vorsichtig näher, im Schatten der Straßenlaterne. Dann kamen die hohe Planke und das Hoftor.
»Mach schon«, sagte der Fuchs, der nichts lieber sah, als wenn es lichterloh brannte.
Ich tauchte das Bündel Stroh in den Krug, der mit roter Glut zur Hälfte gefüllt war. Mit dem flammenden Stroh wollte ich die Schindeln, die brüchig und trocken waren und weit herabreichten, in Brand stecken. Der Fuchs schlich inzwischen auf die Seite, um die Fenster des Hauses im Auge zu behalten. Ich starrte in den Krug. Zum Teufel, wollte das Stroh nicht Feuer fangen?
»Beeil dich«, rief der Fuchs. »Ich glaube, Jochen Früh, der Trompeter, ist wach.« Damit meinte er den Hahn, der gerade jetzt zum ersten Mal krähte.
Ich zog das Strohbündel aus der Glut und betrachtete entsetzt die gelben, unversehrten Halme.
Hatte man so etwas in der Welt schon gesehen? Stroh, das im Feuer nicht verglühte? Der Fuchs rannte ungeduldig herbei. »Was ist? Hast du dich anders besonnen?«
Ich schüttelte den Kopf und steckte das Bündel wiederum in den Krug. »Her mit dem Stroh!«, rief der Fuchs. »Wenn die Scheune erst flackert, wird das Hühnergesindel mir nicht entkommen!« »Da«, sagte ich, »hast du den Brandl.« Ich hielt Reineke Fuchs das Stroh unter die Nase. Er wich zurück, den Schwanz vor Entsetzen eingeklemmt. Nie habe ich ein dümmeres Fuchsgesicht gesehen. Wäre mir nicht selbst jämmerlich zumute gewesen, ich hätte laut gelacht und mir die Schenkel geklopft, so verstört sah Reineke aus.
Da hörten wir über uns eine helle Stimme. »Gebt euch keine Mühe«, sagte die Stimme, »heute Nacht bringt ihr nichts Böses zustande.« »Warum nicht?«, fragte der Fuchs. »Weil dies eine besondere Nacht ist, darum krähe ich. Und ich werde es gleich noch einmal tun, um die Bauersleute zu wecken. Sie sollen aufstehen und den Herrn der Welt anbeten, der in dieser Nacht geboren ist.«
»Wecken? Das wirst du nicht tun«, sagte der Fuchs drohend. Der Hahn, der bisher auf dem Firstbalken gesessen hatte, schlug die Flügel laut klatschend gegeneinander und flatterte herab.
»O gewiss werde ich krähen«, entgegnete er sanft, »und ihr beiden Räuber werdet froh sein, wenn ihr uns zum Stall begleiten dürft.«
Reineke Fuchs knirschte vor Zorn: »Ehe du krähst, beiße ich dir den Hals ab!« Er warf sich mit einem schnellen Satz auf den Hahn und packte ihn an der Gurgel.
Doch so groß seine Gier war, er konnte nicht zubeißen, die Zähne gehorchten ihm nicht. Verdutzt ließ er von Jochen Frühs schöner, geringelter Halskrause ab.
Der Hahn bewegte wieder die Flügel. »Siehst du«, sagte er, ohne zu triumphieren, »nicht eine einzige Feder habe ich verloren.« Danach reckte er den Hals und schmetterte wie eine helle Trompete den Weckruf über den Schnee. Es hallte weit in die Gassen von Bethlehem, im Haus wurden die Lichter angesteckt.
Reineke Fuchs, der bis dahin wie erstarrt gestanden hatte, machte linksum kehrt. »Warte doch, Bruder Reineke«, rief der Hahn, »wir gehen zusammen!«
Der Fuchs hielt im Laufen ein, er wendete den spitzen Kopf. Womöglich dachte er das Gleiche wie ich: Wo ein großer Herr auf die Welt kommt, wird für unsereinen gewiss eine Kleinigkeit abfallen.
»Wir gehen«, sagte ich kurz, »ist es weit?« »Nur ein paar Schritte«, trompetete der Hahn. Der Fuchs spitzte die Ohren. »Ich höre Gekläff«, sagte er misstrauisch.
»Das sind die Hirtenhunde«, antwortete der Hahn, »die mit ihren Herren zum Stall gehen, um dem neugeborenen Kind etwas zu schenken.«
»Ich habe kein Geschenk«, sagte der Fuchs kleinlaut, »Nimm das Stroh«, sagte der Hahn, »das ist besser als gar nichts.«
Reineke ergriff das Strohbündel mit den Zähnen. Ich trug den Feuerkrug, so machten wir uns auf den Weg. Und ich wunderte mich, weil der Fuchs keine Angst mehr vor den Hirtenhunden hatte.
Als wir zum Stall kamen, blickten wir uns ratlos um. Nirgends ein Schatten, darin man hätte verschwinden mögen. Der große Stern stand genau über dem Dach und funkelte in alle Ecken und Winkel.
»Dort ist die Tür«, sagte der Hahn.
Ich stolperte über die Schwelle. Fast hätte ich die Glut aus dem Krug verloren.
»Wie gut, dass ihr kommt«, sagte da eine helle, zarte Stimme. Ich sah eine junge Frau auf dem Hauklotz hocken, die hatte ein Gesicht wie Milch und Blut, und wenn sie lachte, zeigten sich obendrein winzige Grübchen auf ihren Wangen. Das war ein wunderschöner Anblick, ich hätte sie unentwegt anschauen mögen, tat es aber nicht, weil ich doch ein Räuber war.
Sie kraulte Reineke das Fell und bedankte sich für das schöne, trockene Stroh. »Ein sehr nützliches Geschenk«, sagte sie und breitete die Halme in die Krippe. Der Graubart, der neben ihr stand und der zuerst argwöhnisch die Eindringlinge gemustert hatte, half ihr, unwirsch brummend.
Ich erschrak. Das Kind hatte wahrhaftig auf dem nackten Holz gelegen!
»Komm näher«, sagte die helle Stimme wiederum, »ja, dich meine ich, Kolle Kunkel.«
Ich hob die Augen und sagte, dass ich nichts zu schenken hätte, die Herrschaften möchten es nicht krummnehmen. »O doch«, sagte die junge Mutter, »du hast einen Feuerbrand im Krug.«
Ich blickte auf die Glut und wunderte mich, dass jetzt Funken heraussprangen wie Sternchen.
»Wenn ihr den Brand haben wollt …«, brummte ich.