Vom Kopf zum Herz und wieder zurück - Jakobus Richter - E-Book

Vom Kopf zum Herz und wieder zurück E-Book

Jakobus Richter

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Beschreibung

52 Wochen = ein ganzes Jahr der Ermutigung! Ermutigung ist das große Thema unserer Zeit. Jakobus Richter ermutigt uns durch das Wort Gottes – ohne Moralpredigt oder erhobenen Zeigefinger. Die Texte sprechen zunächst den Kopf an und werden dann unmittelbar zum Herzen befördert. Danach kehren sie zum Kopf zurück und ermutigen den Leser, eine Entscheidung zu treffen. Auch im geistlichen Leben geht es nicht weiter, wenn wir nicht bereit sind, unseren Teil zu einem glücklichen Leben beizutragen. In jeder der 52 Wochen können Sie einen Text nehmen und ihn in Kopf und Herz bewegen. Gönnen Sie sich diese Zeit! Dann können Sie mutige Herzensentscheidungen treffen, und der Kopf kann sagen: Ich versuche es!

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Seitenzahl: 201

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Jakobus Richter

Vom Kopf zum Herzund wieder zurück

52 ermutigende Textefür gute und schlechte Tage

GloryWorld-Medien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. E-Book-Auflage 2019

© 2019 Jakobus Richter

© 2019 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany, www.gloryworld.de

Alle Rechte vorbehalten

Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Luther Bibel (Ausgabe 2017) entnommen.

Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.

Lektorat/Satz: Manfred MayerUmschlaggestaltung: Marc Benseler, Ludwigsburg, www.benseler-design.deFoto: Shutterstock

ISBN (pdf): 978-3-95578-552-9

ISBN (Druck): 978-3-95578-352-5

 

 

INHALT

Vorwort

1 Fünftausend werden satt – und ich?

2 Die Geschichte von Wycliffe, dem jungen Mann aus Uganda, der zum Ziel kam

3 Die Einmaligkeit des Augenblicks

4 Terror ist keine Lösung

5 Ort der Hoffnung in Tororo

6 Die Sünderin

7 Lieber Joseph

8 Tsunami

9 Der Vogel im Käfig

10 Hunderte Autos brennen, Anschlag auf Moschee

11 Advent ist immer, jeden Tag

12 Wo die Seele atmet

13 Die Last eines Segens für Generationen

14 Hast du ein Ziel für dein Leben?

15 Dreimal Liebe

16 Die Bedürfnisse der anderen Seite

17 Die leere Colaflasche

18 Weihnachtslicht

19 Gibt es einen Zusammenhang zwischen Frühstück und Christsein?

20 Grenzerweiterung

21 Liebe und Erkenntnis, Teil 1

22 Liebe und Erkenntnis, Teil 2

23 Berührt – Lass Gott für deine Sorgen sorgen

24 Mitten hindurch

25 Bei Gott ist nichts unmöglich

26 Liebe ist mehr als Müll

27 Schoah

28 Geständnis eines Suchenden

29 Weihnachten bin ich zu Hause

30 Angekettet

31 Zukunft gestalten

32 Akzeptanz

33 Vom Tröster getröstet werden

34 Veränderung

35 Mein Bett steht im Tempel

36 Über den Horizont schauen

37 Vater und Mutter ehren, Teil 1

38 Vater und Mutter ehren, Teil 2

39 Vater und Mutter ehren, Teil 3

40 Das Geheimnis vom Windrad

41 Um richtig zu leben, braucht es das rechte Maß

42 In der Ruhe liegt die Kraft

43 Was ein Mensch von einem Cello lernen kann, Teil 1

44 Was ein Mensch von einem Cello lernen kann, Teil 2

45 Das Richtige tun

46 Wenn nach einer langen dunklen Nacht die Sonne wieder scheint

47 Warum manche Männer karierte Hemden tragen. Oder von der Freiheit der Kinder Gottes

48 Wenn man weiterkommen will, muss man gehen und nach vorne schauen!

49 Gott ist gegenwärtig

50 Wie man den Himmel erreichen kann

51 Quidquid reciptur, reciptur ad modum recipientis

52 Nicht, was wir wissen, ist das Leben

Über den Autor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für meine beiden FreundeWerner Kretzschmar und Werner BerrimRat der Weisen

 

Vorwort

Vom Kopf zum Herz und wieder zurück!

Das Buch liefert, was der Titel verspricht. Jakobus Richter erzählt fesselnd von Begegnungen in Afrika und Israel, in Deutschland, England und den USA. Vor allem berichtet er von dem, was sein Herz bewegt. Die 52 Impulse treffen Kopf und Herz und öffnen den Blick auf die Welt um uns herum. Und noch mehr: Jakobus lässt uns einen Blick in sein eigenes Herz tun, in seine Kämpfe und Siege, in seine Erlebnisse und Erfahrungen.

Und vor allem öffnet er uns den Blick in das Herz des himmlischen Vaters, der jedes seiner Geschöpfe unendlich liebt. Und der uns herausruft aus Bindungen und Langeweile, aus Gewohnheiten und Gewöhnlichkeiten, in die „herrliche Freiheit der Kinder Gottes“, wie der Apostel Paulus es einmal ausdrückt.

Ein anregendes Buch, das man am besten portionsweise liest. Ich empfehle es ausdrücklich, weil wir Anteil bekommen am Denken und Fühlen, Beten und Lieben eines Mannes, der ganz auf Gott setzt und sich seit Jahrzehnten ihm und deshalb den Menschen zur Verfügung stellt.

Dr. Dr. Roland Werner, Marburg

1. Woche

Wir haben hier nichts als fünf Brote und zwei Fische.

Matthäus 14,17

Fünftausend werden satt – und ich?

Als wäre ich dabei gewesen …

Es ist Abend geworden. Einige schlafen schon. Der Ansturm an diesem Tag war hoch und es gab kaum Zeit zum Essen, geschweige denn, sich auszuruhen. Gut, dass es bei uns keine Abenddämmerung gibt. Nach Sonnenuntergang wird es schnell dunkel. Und da wir mit dem ersten Licht den Tag beginnen, ist der Tag bei Sonnenuntergang lang genug.

Ich selber gehöre jetzt seit einem guten Jahr zu diesen Männern. Wir haben Hoffnung, haben einen Blick für die Zukunft bekommen und lernen jeden Tag dazu. Einmal sind es die Kranken, die geheilt werden, dann sind es die geschickten und weisen Auseinandersetzungen mit den geistlichen Topleuten des Landes. Bisher hat er sie immer ins Staunen versetzt und dadurch ihre Hilflosigkeit geoffenbart. Auch der König scheint interessiert zu sein. Und nun dies. Eben kam einer unserer Vertrauten und hat uns mitgeteilt, dass man Johannes, Jesu Cousin, den Kopf abgeschlagen hat. Furchtbar. Was hat er denn getan?

Er hat die Wahrheit gesagt. Einem Tyrannen Vorwürfe zu machen, ist gefährlich. Na ja, wenn ich ehrlich bin, mögen wir die Wahrheit auch nicht immer. Vor allen Dingen dann nicht, wenn sie unsere verborgenen Leidenschaften entlarvt.

Ich wollte mich gerade zum Schlafen hinlegen, aber nun ist es aus mit dem Schlaf. Ich habe es gleich geahnt, dass Jesus diese Nachricht nicht so einfach hinnimmt. Glücklicherweise ist genug Mondlicht da. Wir steigen in das Boot und bringen Jesus, auf seinen Wunsch hin, an einen ziemlich öden Ort. Solche Orte sucht er gerne auf, wenn der Wirrwarr des Lebens und der Umstände überhandnimmt. Erstmal allein sein. Not braucht Raum zum Verarbeiten. In solchen Situationen braucht er nichts um sich herum. Es ist, als kehre er an den Ort des Ursprungs zurück, um von hier aus das Leben neu zu gestalten. Das macht er am liebsten in der Nacht, dann, wenn der Himmel mit seinen Sternen die Erde beleuchtet. Um seine Beziehung zum Vater kann man ihn nur beneiden. Sie ist so innig, so herzlich, ehrlich und liebevoll. Nur wenige Augenblicke braucht er, um wieder klar zu sehen. Vielleicht, das habe ich mich schon öfter gefragt, ist das der Grund, warum er es im Gebet zum Vater so lange aushält.

Wir fahren nicht allzu weit vom Ufer entfernt über den See. Ich behalte das Ufer im Auge, sage aber nichts von dem, was ich da sehe. Es wird früh genug sichtbar werden. Wir brauchen etwa eine Stunde, dann bricht das Chaos aus.

Plötzlich ist Jesus mitten unter diesen erbarmungswürdigen Leuten. Er heilt. Er hört hin und legt die Hände auf. Es sind so viele. Er schaut uns an und in seinem Blick ruft er nach Hilfe. Wir lernen von ihm und helfen mit. Ich fasse es nicht. Ich bete mit einem Mann um Heilung und er spaziert geheilt davon. Ich schaue zu Jesus und er lächelt. Wow!

Die Menge rührt sich. Am Anfang ist kaum Bewegung. Das Leid herrscht vor. Mehr und mehr werden geheilt und dann ist Party angesagt. Die Geheilten fallen ihren Begleitern um den Hals. Sie können es nicht fassen. Beide nicht. Es ist für beide die Erlösung, Hoffnung für die Zukunft auf ein besseres Leben.

Wie oft habe ich im Tempel und in unserer Synagoge schon vom heilenden Gott gehört. Das gehörte eben dazu. Das tat auch der Seele gut. Passiert ist nichts, fast nichts. Hier ist es ganz anders. Jesus predigt nicht, obschon seine Worte verändernde Wirkung haben. Er handelt, und sein Handeln erlaubt uns, mit ihm zu handeln. Eine ganz neue Dimension der Gottesgegenwart wird spürbar, der sich keiner von uns entziehen kann. Immer mehr werden es, die befreit, geheilt und sich ausgelassen der Freude des neuen Lebens hingeben. Es ist der größte Tag meines Lebens. So was habe ich noch nicht erlebt.

Plötzlich ist der Tag vorbei. Ich sehe ein paar von meinen Freunden, wie sie zusammenstehen und miteinander reden. Irgendetwas Wichtiges scheint es zu geben. Ich gehe zu ihnen. Klar, der Tag geht vorbei und die Leute sind noch hier. Petrus sieht das Problem am Deutlichsten und geht uns voran zu Jesus. „Herr, der Ort ist öde und die Zeit ist schon vorüber. Schick die Menschen nach Hause oder in die Ortschaften, damit sie sich was zu essen kaufen können.“

Ich denke ich höre nicht richtig. Ich sehe etwa 5000 Männer, sehe ihre Frauen und Kinder, die ausgelassen und voller Freude den Ort nicht verlassen wollen, und Jesus sagt: „Sie brauchen nicht fortzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!“

Das ist nicht lustig! Du musst nur in die Augen Jesu sehen, dann weißt du, dass er es ernst meint.

Wir haben nichts, im Angesicht der Massen gar nichts. Weniger als nichts. Und Jesus sagt, dass sie nicht fortgehen müssen. Wir sollen ihnen zu Essen geben.

Aber wovon denn? Wir hätten nicht einmal das Essen herbeischaffen können, wenn wir es früher gewusst hätten. Klar, wir hätten ein paar Frauen bitten können, Mehl und Öl mitzubringen, und ein paar Männer, etwas Holz mitzunehmen. Aber jetzt? Gleich wird es dunkel werden und dann kommt die Nacht. Mit hungrigen Mägen wird es schwer werden, eine ruhige Nacht zu finden.

Wir sollen ihnen zu Essen geben? Wir schauen uns verzweifelt an. Keiner weiß Rat, aber wir können den Augen Jesu nicht ausweichen. Petrus übernimmt die Verantwortung und sagt für uns alle: „Wir haben nichts hier als fünf Brote und zwei Fische.“ Sonst sagt er nichts. Was wir alle denken, kann ich hier ja ruhig sagen: Da werden nicht einmal wir dreizehn satt davon. Das reicht vorne und hinten nicht und auch für uns wird es Zeit, ins nächste Dorf zu gehen, wenn wir diese Nacht nicht hungrig am Feuer sitzen wollen.

„Bringt sie mir her!“, ruft Jesus uns zu, und dabei entlässt er nicht unsere fragenden Blicke. Dann geschieht das Unfassbare!

Er lässt die unüberschaubare Menge sich ins Gras lagern, nimmt die fünf Brote und die zwei Fische, blickt zum Himmel auf, spricht das Dankgebet darüber, bricht die Brote und gibt sie uns zurück. Wir konnten gar nicht anders, als sie der Menge zu verteilen. Es war fantastisch. Wir nahmen aus den Körben und es reichte, solange wir austeilten.

Und was machen wir jetzt mit den zwölf übrig gebliebenen Körben voller Brot?

Wir werden sie an die verteilen, die jetzt nach Hause gehen. Wenn das Wunder der Brotvermehrung jetzt weitergeht, werden wir hier nie fertig. Es ist beeindruckend, wie die Leute auf die Brote reagiert haben. Sie haben sie gerne genommen.

Anregung für diese Woche

Von diesem Brot kannst du übrigens noch immer essen. Du darfst zugreifen. Jesus hat ein einladendes Wort zu den Menschen gesagt, die hungrig nach dem Leben sind:

Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten (Johannes 6,35).

2. Woche

Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Römer 5,5

Die Geschichte von Wycliffe, dem jungen Mann aus Uganda, der zum Ziel kam.

Da ich ihn persönlich gut kenne, hat er mir seine Geschichte anvertraut:

Ich bin als Wycliffe Ondego in Westkenia in Mbale, Vihiga geboren. Ich bin das fünfte von sieben Kindern. Ich war ein Wunschkind meiner Eltern. Das änderte leider nichts daran, dass ich eine schwere Kindheit hatte. Als ich drei Monate alt war litt ich an Blutverlust und benötigte mehrere Bluttransfusionen.

Ich bin Gott sehr dankbar, dass ich nicht gestorben bin und bis heute leben darf.

Ich kam in meinem Dorf in den Kindergarten. Wie alle Kinder kam ich danach in die Primary School (erweiterte Grundschule), die ich mit Erfolg abgeschlossen habe.

Das Leben in unserem Dorf war nicht einfach. Meine Mutter war Hausfrau und mein Vater Tagelöhner ohne Arbeit. Er versuchte, uns mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Folge dieser Not war, dass meine Geschwister und ich schon als kleine Kinder arbeiten mussten, damit wir etwas zu Essen hatten.

In Uganda tragen die Kinder Schuluniformen. Um sie und das Schulmaterial kaufen zu können, mussten wir auf dem Bau arbeiten. Die Armut war der Grund, dass meine Geschwister nur den Abschluss der Grundschule haben. Mit der siebten Schulklasse war für sie die Schulzeit vorbei. Danach mussten sie sich Arbeit suchen, um überleben zu können.

Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen ich tagelang nichts zu essen hatte. Wasser war das Einzige, womit ich meinen Hunger ein wenig stillen konnte. Unser Leben war unerträglich und hart. Ich verlor jede Hoffnung, jemals auf eine weiterführende Schule gehen zu können. Im Jahr nach meinem Abschluss der Grundschule starb mein Vater, und damit wurde alles noch viel schlimmer. Er fiel einfach um und war tot. Wir fanden ihn in der Küche auf dem Boden liegen.

Ich liebte meinen Vater. Sein Tod war für uns alle ein Schock und ein dramatisches Erlebnis. Jetzt musste ich noch mehr arbeiten. Wir brauchten etwas zu essen und wir brauchten Kleidung. Für meine eigenen Bedürfnisse blieb nichts übrig. Mein Traum, jemals auf eine weiterführende Schule gehen zu können, schien unerreichbar. Trotzdem war in meinem Herzen die tiefe Sehnsucht, eines Tages studieren zu können.

Es war meine Mutter, die mit mir über die Möglichkeit, auf die High School (Gymnasium) zu gehen, sprach. Sie wollte unbedingt, dass ich weiter zur Schule gehe. Durch unsere Umstände war ich aber so entmutigt, dass ich zuerst nicht dazu bereit war.

Ich wollte auf keinen Fall etwas beginnen das ich nicht zu Ende bringen konnte. Uns fehlten schlicht und einfach die finanziellen Mittel dazu. Das machte mir Angst, verwirrte mich und deshalb war ich nicht bereit dazu. Dieser Zustand dauerte einen Monat, dann ging ich zu meiner Mutter und sagte ihr, ich könne es ja mal probieren.

Im Februar des gleichen Jahres zog ich in ein weit entferntes Dorf, um dort in eine weiterführende Schule zu gehen. Meine Cousinen kannten den Schulleiter dieser Schule und verhandelten mit ihm. Ich wurde aufgenommen und musste kein Schulgeld bezahlen. Der Deal mit dem Schulleiter war, dass wir innerhalb eines Monats eine Kaution hinterlegen mussten. Das war nicht einfach, aber vielleicht möglich. Wohnen konnte ich bei meiner Tante.

Jeden Morgen lief ich etwa 8 km zur Schule und abends wieder nach Hause zurück. Geld für das Internat hatten wir nicht. Mein Schultag begann morgens um 6 Uhr und ging bis abends um 6 Uhr. Während dieser Zeit hatte ich wie so oft wieder nichts zu essen. Vier Jahre lang lief ich täglich die 16 Kilometer. Aber das war nicht alles.

Morgens um 4 Uhr musste ich aufstehen. Ich holte Wasser an der zwei km entfernten Quelle. Danach ging ich die Kuh melken und band sie irgendwo an, damit sie fressen konnte. Anschließend machte ich mich auf den Schulweg. Am Abend nach meiner Rückkehr von der Schule holte ich Gras für die Kuh, melkte sie und musste noch einige andere Aufgaben für die Familie erledigen. Während der Trockenzeit hatten alle, die eine Kuh hatten, es sehr schwer, eine Weide für die Tiere zu finden.

Ich habe diese Arbeit gerne getan. Mein Onkel war glücklich, weil ich ihm die schwere Arbeit abgenommen habe. Dafür hat er für mich gebetet und mich gesegnet. Ich war der Junge, den man überall hinschicken konnte. Es machte mir Freude zu arbeiten und fleißig zu sein. Oft habe ich bei der Arbeit gelacht.

Gott hat mir eine schnelle Auffassungsgabe gegeben. Auch deswegen liebten meine Tante und mein Onkel mich. Sie liebten mich wie ihren eigenen Sohn. Ich habe nie geklagt. Sätze wie „Ich kann das nicht, ich will das nicht“ kamen nie über meine Lippen. Mein Ziel war der Schulabschluss, und das motivierte mich. Für dieses Ziel war ich bereit, alles zu geben und alle Regeln einzuhalten.

Mein Motto war: „Ich werde tun, was und wie es kommt.“ So wurden es trotz der Mühsal vier gute Jahre.

Die Schule hat es mir nicht leicht gemacht, mein Ziel zu erreichen. Ich konnte das Schulgeld nicht mehr bezahlen und musste für drei Monate zu Hause bleiben. Trotzdem ging ich zur Prüfung. Ich wollte nicht aufgeben und suchte mir in dieser Zeit überall Arbeit im Dorf. Ich fuhr Fahrradtaxi, um Geld zu verdienen. Mit meiner Mutter habe ich bei fremden Leuten den Garten umgegraben. Das Geld, das meine Mutter verdiente, gab sie mir. Das war hart für sie. Sie konnte sich kein Essen kaufen und musste hungern. Es war ihr so wichtig, dass ich weiter zur Schule gehen konnte.

Als ich in die zweite Klasse der Secundary School kam, wurde es noch schwieriger für mich, Geld zu verdienen. Ich habe wirklich alles versucht, aber es gab kein Geld. Ich musste die Schule verlassen.

Inzwischen hatten meine Mutter und ich ein Stipendium für mich bei der Regierung beantragt. Wir hatten den richtigen Zeitpunkt für den Antrag verpasst, und so war es zu spät. Gott schenkte Gnade und ich hatte Glück und bekam das Stipendium für das darauffolgende Jahr. Meine Mutter hatte für mich gekämpft und ging zur Schulverwaltung der Schule, in der ich das Schulgeld nicht bezahlen konnte. Sie bat für mich, man möge mich doch nehmen. Es gelang ihr und ich durfte wieder zur Schule gehen. Ich kam auf Bewährung in die dritte Klasse der Secundary School, weil ich die Abschluss­prüfung für die 2. Klasse nicht mitmachen konnte. Dafür war ich dem Schulleiter sehr dankbar.

Dieser Kampf um das Geld dauerte die ganzen vier Jahre an. Immer wieder musste ich meine Brüder und Schwestern um Geld bitten, aber es reichte maximal jeden Monat nur für drei Wochen. Das bedeutete, dass ich in 12 Wochen nur 7 Wochen in die Schule gehen konnte. Den Rest der Woche war ich zu Hause und suchte Arbeit, um Geld zu verdienen.

Ich war kein schlechter Schüler. Aber durch den Kampf um das Schulgeld und die finanziellen Probleme blieb ich in meinen Leistungen zurück. So wurde ich in dieser Zeit einer der schlechtesten Schüler meines Jahrgangs.

Als ich in die vierte Klasse der Secundary School kam, ging es bergauf und ich hatte mehr Zeit, mich um meine schulischen Leistungen zu kümmern. Ich verzichtete auf die Mahlzeiten und lernte unentwegt. Besonders im 2. und 3. Unterrichtszeitraum verbesserte ich meine Leistungen und wurde der Sechstbeste von 33 Schülern. Das freute unseren Schulleiter. Er wurde nachsichtiger mit mir und drückte ein Auge zu, wenn es um das Schulgeld ging. Dann kamen die Prüfungen und ich schnitt als Viertbester ab. Das gab mir die Möglichkeit, auf ein College gehen zu können. Aber wieder reichte das Geld nicht.

Also fuhr ich wieder Fahrradtaxi. Ich beschloss zu sparen, um auf ein College gehen zu können. Aber die vielen Verpflichtungen und finanziellen Probleme in der Familie machten es schier unmöglich. Aus diesem Grund habe ich mich nach einiger Zeit entschlossen, mein eigentliches Ziel, auf die Universität zu gehen, aufzugeben und zur nationalen Polizei von Kenia zu gehen. Die Anforderungen bei der Polizei waren enorm hoch. Glücklicherweise fand ich jemanden, der bereit war, mich zu trainieren. Die Bedingung war, dass ich ihm etwas Geld bezahle, sobald ich beginne, selber Geld zu verdienen. Das sollte nach etwa drei Monaten der Fall sein.

Aber Gott wollte nicht, dass ich zur Polizei gehe. Und dann geschah das Unglaubliche.

Drei Tage, nachdem wir angefangen hatten, für die Aufnahme bei der Polizei zu trainieren, kam mein Bruder Aggrey zu mir. Er arbeitete in dieser Zeit für Cor und Grace Koellewijn, die Gründer von „Heart for Children Uganda“ in Tororo. Tororo ist die Distrikt-Hauptstadt im Osten von Uganda, nahe der kenianischen Grenze. Aggrey sagte mir, dass es dort Arbeit für mich gibt. Wenn ich auf ein College gehen wolle, würde er mit mir dafür sparen. Ich war verwirrt und unentschlossen. Nach einem Tag sagte ich ihm zu und war bereit, mit ihm nach Uganda zu gehen, um dort erneut mein Glück zu versuchen. In Tororo bekam ich den Auftrag, Ziegen zu hüten und im Garten zu arbeiten. War es das, was ich mit meinem erweiterten Realschulabschluss machen wollte? Ich war drauf und dran aufzugeben. Trotzdem beschloss ich, hart zu arbeiten. Ich verdiente 50.000 Uganda-Schillinge pro Monat. (Das waren etwa 14 Euro.) Wenn ich nur 20.000 für mich verwendete, könnte ich 30.000 UGX jeden Monat sparen. Ich arbeitete eineinhalb Jahre lang mit all meiner Kraft im Garten und beschwerte mich nicht. Dann starb meine Großmutter in Kenia und ich musste das ersparte Geld für die Bestattung ausgeben. Ein schwerer Schlag gegen meine Zukunftspläne. Innerlich begrub ich meinen College-Traum.

In dieser Zeit meiner inneren Verzweiflung haben Grace und ihre Schwester sich entschlossen, mir zu helfen, dass mein Traum, aufs College zu gehen, doch noch möglich wird. Ich durfte auf das Gymnasium in Tororo gehen, wo ich das Abitur machte. Es war ein Fest, weil ich mit diesem Abschluss auf die renommierteste Universität in Ost-Afrika, die Makerere-Universität in Kampala gehen konnte. Ich schrieb mich in die Fakultät für Bildungswissenschaften ein und wurde zugelassen. Hier absolvierte ich den Bachelor of Arts in Bildung, mit Schwerpunkt Pädagogik, Geschichte und Wirtschaft.

Nun bin ich Lehrer und der Direktor für Studien an der Kimbilio-Highschool in Tororo, deren Träger „Heart for Children Uganda“ ist.

Was Gott in meinem Leben getan hat, ist ein großes Zeugnis der Fürsorge Gottes. Es bewegt mich zutiefst. Grace und Cor gehören zu diesem Wunder. Sie lieben mich wie ihr eigenes Kind. Grace, die selber an der Makerere-Universität Pädagogik studiert hat, hilft mir, ein guter Lehrer zu werden. Mein Selbstwertgefühl ist durch das Studium und die erfahrene Liebe besser geworden. Ich bin mir sicher, dass Gott einen Plan für mein Leben hat. Ich weiß nicht, wie er aussieht, auch nicht, wie es endgültig weitergeht, aber ich weiß: Gott liebt mich und führt mich in eine gute Zukunft. Satt werden mit dem Brot, das auf dem Feld wächst, ist etwas Wunderbares. Satt werden mit dem Brot des Lebens, ist etwas, was mir Hoffnung und Zuversicht, Kraft und Würde gibt.

Anregung für diese Woche

Dankbarkeit für das eigene Leben ist ein Schlüssel zur Freude und ein „Nährstoff für die Seele“1

1 Jakobus Richter, Der Elefant und das Trampolin, Seite 39.

3. Woche

Gib mir, mein Sohn, dein Herz und lass deinen Augen meine Wege wohl gefallen.

Sprüche 23,26

Die Einmaligkeit des Augenblicks

Sonnenuntergang. Abendstimmung.

Ich erinnere mich an einen Irlandaufenthalt. Wir fuhren mit unserem Auto auf den Ring of Beara. Blauer Himmel. Die Halbinsel Beara ist der Regenwald von Irland. Durch den Golfstrom, der das warme Klima erzeugt, hat sich dort eine üppige Pflanzenpracht entwickelt. Man mag im Sommer gar nicht glauben, dass man in Irland ist. Wenn es regnet und warm ist, ist die Luftfeuchtigkeit so hoch, dass man denken könnte, man sei im Tropischen Regenwald.

Im Auto lief die dazu passende Musik von Clannad, einer irischen Folk-Band. Nach einer Fahrt mit sehr schönen Aussichten, kamen wir ganz oben auf der höchsten Erhebung an. 1000 Meter über dem Meeresspiegel. Auf der einen Seite die sanften Hügel mit ungezählten Schafen, auf der anderen Seite der atlantische Ozean, und wir mittendrin. Dieser Augenblick war einer von jenen, die man unbedingt festhalten möchte. Es ist diese Einmaligkeit des Augenblicks, in dem Geist, Seele und Leib harmonisch ineinanderfließen. Alles um uns herum scheint perfekt zu sein und es gräbt sich tief ins Bewusstsein und in das Innere der Seele ein. Dazu braucht man keine Kamera und keinen Camcorder. Die Seele nimmt alles auf, hält es fest und gibt es wieder her, wenn man sich erinnern möchte.

Szenenwechsel. Auch das liegt weit zurück. Ich kam gerade aus Israel zurück und suchte meinen Weg, wie ich mein Leben in Deutschland fortsetzen könnte. Eine Zeit des inneren Umbruchs, geprägt von Hilflosigkeit, Trauer und dem festen Willen, Gottes Willen zu tun. Ich saß den ganzen Tag auf dem Rasenmäher. Sollte das meine Zukunft sein? Am Abend fand ich eine Postkarte, die mir jemand aus Amerika geschickt hatte. Vorne stand ein Gotteswort drauf:

Gib mir, mein Sohn, dein Herz und lass deinen Augen meine Wege wohl gefallen.

Keine Anweisung für den nächsten Schritt, aber ich spürte, dass in diesem Wort eine Botschaft für mich war. Eine Liebeserklärung an einen suchenden Menschen, der die Wege Gottes gehen wollte. Ich werde dieses Wort und diesen Augenblick nicht vergessen.

Neben all den Medien, die wir heute zur Konservierung von Eindrücken zur Verfügung haben, brauchen wir wieder das Bewusstsein über die Einmaligkeit des Augenblicks. Wir müssen uns von dem Zwang befreien, alles auf der elektronischen Festplatte festhalten zu wollen.