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Kommen Sie zur Ruhe – und genießen Sie Weihnachten mit diesen wunderbaren Klassikern der Literatur! Wenn das Jahr sich dem Ende zuneigt, die Tage dunkel bleiben und mit ein bisschen Glück der erste Schnee fällt, dann beginnt die Vorfreude auf das schönste aller Feste: Weihnachten. Allzu leicht aber vergessen wir – gefangen zwischen Wunschzetteln und hektischen Vorbereitungen – welchen besonderen Zauber diese Zeit haben kann. Dieses Buch gibt Ihnen und Ihren Lieben das Gefühl der guten alten Weihnacht zurück. Ein Geschenk zum Vor- und Selberlesen: Genießen Sie es mit offenem Herzen! Mit den schönsten Geschichten und Gedichten von Rainer Maria Rilke, Michael Praetorius, Adalbert Stifter, E.T.A. Hoffmann, Joseph von Eichendorff, Selma Lagerlöff, Eduard Mörike, Wilhelm Busch und vielen anderen.
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Seitenzahl: 274
Über dieses Buch:
Wenn das Jahr sich dem Ende zuneigt, die Tage dunkel bleiben und mit ein bisschen Glück der erste Schnee fällt, dann beginnt die Vorfreude auf das schönste aller Feste: Weihnachten. Allzu leicht aber vergessen wir – gefangen zwischen Wunschzetteln und hektischen Vorbereitungen – welchen besonderen Zauber diese Zeit haben kann. Dieses Buch gibt Ihnen und Ihren Lieben das Gefühl der guten alten Weihnacht zurück. Ein Geschenk zum Vor- und Selberlesen: Genießen Sie es mit offenem Herzen!
Mit den schönsten Geschichten und Gedichten von Rainer Maria Rilke, Michael Praetorius, Adalbert Stifter, E.T.A. Hoffmann, Joseph von Eichendorff, Selma Lagerlöff, Eduard Mörike, Wilhelm Busch und vielen anderen.
Über der Herausgeber:
Hans Christian Meiser ist promovierter Philosoph und Publizist. Als Herausgeber, Übersetzer und Autor veröffentlichte er mehr als 500 Werke. Zudem ist er als TV-Moderator und Filmemacher sowie als Herausgeber des monatlich erscheinenden Diners Club Magazin bekannt. Er lebt und arbeitet in München.
Bei dotbooks erschienen bereits Hans Christian Meisers meisterhaften Übersetzungen von Khalil Gibrans weltberühmten Werken Der Prophet und Im Garten des Propheten.
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Überarbeitete Neuausgabe November 2012
Dieses Buch erschien bereits 2006 im Knaur Taschenbuch.
Copyright © der Originalausgabe 2006 by Knaur Taschenbuch.
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2012 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München
Titelbildabbildung: © Jeanette Dietl – Fotolia.com
ISBN 978-3-95520-018-3
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Vom Zauber der WeihnachtDas Fest für die ganze Familie
herausgegeben von Hans Christian Meiser
dotbooks.
Vorwort
Lukas: Das Weihnachtsevangelium
Rainer Maria Rilke: Advent
Martin Luther: Vom Himmel hoch
Michael Praetorius: Es ist ein Ros entsprungen
Rezept 1: Omas Vanillekipferl
Adalbert Stifter: Weihnacht
Christian Fürchtegott Gellert: Weihnachtslied
Joachim August Zarnack: O Tannenbaum
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Der Traum
E.T.A. Hoffmann: Nußknacker und Mausekönig
Paul Gerhardt: Ich steh an deiner Krippe hier
Rezept 2: Kirchberger Honig-Leckerli
Friedrich von Spee: Zu Bethlehem geboren
Joseph von Eichendorff: Weihnachten
Selma Lagerlöf: Die heilige Nacht
Volkslied: Ihr Hirten erwacht
Clemens Brentano: Frieden
Rezept 3: Wiener Mokka-Plätzchen
Eduard Ebel: Leise rieselt der Schnee
Hermann Kletke: Am Weihnachtsbaum
Eduard Mörike: Die heilige Nacht
Johanna Spyri: Der Winter im Dörfli
Friedrich Silcher: Alle Jahre wieder
Rezept 4: Schönbrunner Lebkuchen
Theodor Storm: Weihnachtslied
Wilhelm Busch: Der Stern
Ludwig Richter: Christtag in Rom
Johannes Daniel Falk: O du fröhliche
Unbekannt: Laßt uns lauschen, heilige Engel
Rezept 5: Krampusbrot
Max von Schenkendorf: Weihnachtsabend
Wilhelm Raabe: Weihnachtsabend in der Sperlingsgasse
Conrad Ferdinand Meyer: Friede auf Erden
Manfred Kyber: Der verliebte Pfefferkuchen
Friedrich Nietzsche: Weihnachten
Rezept 6: Streuselkugeln
Rainer Maria Rilke: Geburt Christi
Franz von Pocci: So stunden wohl
Heinrich Noë: Auf der Goldzeche
Ernst Moritz Arndt: Erklinge Lied und werde Schall
Annette von Droste-Hülshoff: Am Weihnachtstag
Rezept 7: Mandelknusperchen
Rainer Maria Rilke: Es gibt so wunderweiße Nächte
Theodor Fontane: Weihnachten auf Hohen-Vietz
Rezept 8: Schoko-Busserl
Annette von Droste-Hülshoff: Am letzten Tage des Jahres
Volkslied: Süßer die Glocken nie klingen
Gustav Schwab: Die Legende von den heiligen drei Königen
Ludwig Ganghofer: Die vier Heiligen Dreikönige
Rezept 9: Äpfel mit Schlag
Josef Mohr: Stille Nacht, heilige Nacht
»Es begab sich aber …« Diese Anfangsworte der Weihnachtsgeschichte, wie sie uns vom Evangelisten Lukas erzählt wird, gehören zu jenen Zeilen des geschriebenen, gesprochenen und gehörten Worts, die unvergänglich sind. Es wohnt ihnen eine ganz besondere Magie inne, ein Zauber, der jeden, der sie empfängt, in eine erhabene Stimmung versetzt.
Wovon erzählt Lukas? Davon, daß Kaiser Augustus im Römischen Reich zu einer Volkszählung aufgerufen hatte. Er beginnt seinen Bericht jedoch nicht etwa mit »Es ereignete sich …«, sondern eben mit: »Es begab sich …« Schon in dieser Wortwahl steckt ein verborgener Hinweis darauf, daß etwas Ungewöhnliches, Noch-nie-Dagewesenes geschehen wird, ein Ereignis, das die Welt, so wie man sie vor 2000 Jahren kannte, für immer verändern sollte.
»Es begab sich aber …« Mit diesen Worten also wird die Geburt Jesu, des Heilands, das Erscheinen dessen, der einer heillosen Welt das Heil bringen soll, angekündigt. Es ist ein Kind, dem diese Aufgabe übertragen ist, nicht ein Erwachsener. Es ist nicht ein Kaiser oder ein König, sondern ein Kind, in bitterer Armut und in der Kälte der Nacht geboren. Einen Stall mußten sich seine Eltern als Zufluchtsstätte erwählen, die einzige Herberge, in der sie Platz fanden. Mit wenigen und ganz einfachen Worten, so als sei es das Natürlichste der Welt, schildert Lukas nun das Ereignis von Jesu Geburt. Und er berichtet von den Hirten am Felde, die als einzige Zeugen des Geschehens in der Nähe waren, und vom Engel des Herren, der ihnen zurief: »Fürchtet euch nicht!«
Freude ist das Gegenteil von Furcht. Und Freude sollen alle empfinden, die das Fest der Weihnacht begehen, um an das Geschehen, das der Welt das Licht brachte, zu erinnern. Deshalb wird Weihnachten mit Liedern, mit Speisen, mit Geschenken in Verbindung gebracht. Dadurch wird das Leben gefeiert, die Ankunft des Heilands, durch dessen Gegenwart wir keine Furcht mehr zu empfinden brauchen. Alles, was uns bisher ängstigte, hat seinen Schrecken verloren.
Wenn ich selbst an das Weihnachtsfest meiner Kindheitstage zurückdenke, so fällt mir zunächst ein goldener Lamettafaden ein, den ich auf dem Parkettboden liegen fand. »Ein Haar vom Christkind«, erzählten meine Eltern und ich war froh darüber, daß dieses seinen Weg offenbar auch in unser Haus gefunden hatte. Weiter tauchen in der Erinnerung der Tannenbaum auf, den wir mit selbstgebastelten Strohsternen, mit Äpfeln und mit Kerzen schmückten, die Krippe, die man voller Hingabe aufbaute, die Geschenke, die auf dem Gabentisch lagen, die Lieder, die gesunden wurden, die Kirche, die man vor oder nach der Bescherung besuchte, die dortige Freude am Lichterglanz und die Verzauberung, wenn die Gemeinde gemeinsam mit der gewaltigen Orgel das schönste und ergreifendste Lied der Welt, »Stille Nacht, heilige Nacht«, anstimmte.
Wieder zu Hause, durften endlich die Weihnachstleckereien, welche meine Mutter zubereitet hatte, gekostet werden, als allererstes stürzte ich mich dann auf die unvergleichlichen Vanillekipferl! Nach diesen war ich fast süchtig, wobei mir alles andere süße Naschwerk natürlich ebenso mundete – was kein Wunder ist, denn meine Mutter ist in Wien geboren. Um die Leser dieses Buches an ihrer Kunst teilhaben zu lassen, habe ich verschiedene ihrer Rezepte in dieses Buch mit eingestreut, zum Nachbacken und zum Nacherleben meiner kindlichen Weihnachtsfreude.
Ich hoffe, daß dem Leser die Auswahl der in diesem Buch versammelten Texte genauso munden wird, und bin sicher, daß er mit seiner Familie in ihnen das Wunder dieser Nacht erkennt und sich davon anleiten läßt, zu verstehen, weshalb jenes einmalige Weltereignis, das mit »Es begab sich aber …« begann, bis heute andauert. Auch wenn das Heil in unseren Tagen manchmal in weite Ferne gerückt zu sein scheint, so bleibt uns doch die Gewißheit, daß das Kind Jesu nicht müde werden wird, uns daran zu erinnern, daß jedes Kind die Hoffnung der Welt in sich trägt.
Hans Christian Meiser
Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste, und geschah zur Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum daß er von dem Hause und Geschlechte Davids war.
Auf daß er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, daß sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn, und wickelte ihn in Windeln, und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihrer Herde. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen! Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten unter einander: Laßt uns nun gehen gen Bethlehem, und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kund getan hat.
Und sie kamen eilend, und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kind gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte, und bewegte sie in ihrem Herzen.
Und die Hirten kehreten wieder um, preiseten und lobten Gott um alles, das sie gehöret und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird;
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
Vom Himmel hoch da komm ich her, ich bring euch gute neue Mär, der guten Mär bring ich so viel, davon ich sing’n und sagen will.
Euch ist ein Kindlein heut geborn von einer Jungfrau auserkorn, ein Kindelein so zart und fein, das soll eur Freud und Wonne sein.
Es ist der Herr Christ, unser Gott, der will euch führn aus aller Not. Er will eur Heiland selber sein, von allen Sünden machen rein.
Er bringt euch alle Seligkeit, die Gott, der Vater, hat bereit, daß ihr mit uns im Himmelreich sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht, die Krippen, Windelein so schlecht; da findet ihr das Kind gelegt, das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein und mit den Hirten gehn hinein, zu sehn, was Gott uns hat beschert, mit seinem lieben Sohn verehrt.
Merk auf, mein Herz, und sieh dort hin: was liegt doch in dem Krippelein? Wes ist das schöne Kindelein? Es ist das liebe Jesulein.
Bis willekomm, du ebler Gast, den Sünder nicht verschmähet hast und kommst ins Elend her zu mir: wie soll ich immer danken dir?
Ach Herr, du Schöpfer aller Ding, wie bist du worden so gering, daß du da liegst auf dürrem Gras, davon ein Rind und Esel aß.
Und wär die Welt vielmal so weit, von Edelstein und Gold bereit, so wär sie doch dir viel zu klein zu sein ein enges Wiegelein.
Der Sammet und die Seiden dein, das ist grob Heu und Windelein, darauf du, König groß und reich, herprangst, als wärs dein Himmelreich.
Das hat also gefallen dir, die Wahrheit anzuzeigen mir, wie aller Welt Macht, Ehr und Gut für dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.
Ach, mein herzliebes Jesulein, mach dir ein rein sanft Bettelein, zu ruhen in meins Herzens Schrein, daß ich nimmer vergesse dein.
Davon ich allzeit fröhlich sei, zu springen, singen immer frei das rechte Susannine schon, mit Herzenslust den süßen Ton.
Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron, der uns schenkt seinen eignen Sohn; des freuen sich der Engel Schar und singen uns solch neues Jahr.
Es ist ein Ros entsprungenaus einer Wurzel zart,als uns die Alten sungen:von Jesse kam die Artund hat ein Blümlein brachtmitten im kalten Winterwohl zu der halben Nacht.
Das Röslein, das ich meine,davon Jesaias sagt,ist Maria die reine,die uns das Blümlein bracht.Aus Gottes ewgem Rathat sie ein Kind geborenund blieb ein reine Magd.
Das Blümlein so kleinedas duftet uns so süß;mit seinem hellen Scheinevertreibts die Finsternis:wahr’ Mensch und wahrer Gott,hilft uns aus allem Leide,rettet von Sünd und Tod.
»O Jesu, bis zum Scheidenaus diesem Jammertallaß Dein Hilf uns geleitenhin in den Freudensaal,in Deines Vaters Reich,da wir Dich ewig loben.O Gott, uns das verleih.«
(ergibt ca. 60 Stück)
200 g Butter280 g Mehl100 g geriebene blanchierte Mandeln100 g Puderzucker2 Päckchen Vanillezucker250 g Puderzucker (zum Wälzen)
Mehl, Puderzucker und Mandeln mischen. Die Butter in Flocken einarbeiten, bis ein geschmierter Teig entsteht. Vier Rollen mit 2 cm Durchmesser formen und 1–2 Stunden kalt stellen. Danach in 1 cm dicke Scheiben schneiden. Diese zu Kipferl (Hörnchen) formen. Backblech mit Backpapier vorbereiten und die Kipferl einzeln darauflegen, ohne daß sie sich berühren.
Bei 125 Grad 15–20 Minuten im vorgeheizten Ofen backen. Dabei sollte der Teig hell bleiben. Vorsichtig vom Backpapier trennen und in noch heißem Zustand in einer Schüssel mit 250 g Puderzucker und 2 Päckchen Vanillezucker wälzen. Abgekühlt in einer Dose zusammen mit einer halben Vanilleschote aufbewahren.
Haltbarkeit: 2–3 Wochen
Und endlich kommt die Heilige Nacht. So kurz die Tage sind, so hat doch an diesem Tag die Nacht gar nicht kommen wollen, und immer und immer dauerte der Tag. Das Christkindl aber gibt die Gaben nur in der Nacht seiner Geburt. Und sie ist jetzt gar wirklich gekommen, diese Nacht. Die Lichter brennen schon in dem schönen Zimmer der Stadtleute, auf der Leuchte in der Stube der alten Waldhütte brennt der Kien, oder es brennt ein Span in seiner eisernen Zange auf einem hölzernen Gestelle. In dem Zimmer mit den Lichtern oder in der Stube mit dem brennenden Kien oder dem brennenden Span harren die Kinder. Da kommt die Mutter und sagt: »Das Christkindl ist schon dagewesen.«
Und nun öffnen sich die Flügeltüren und die Kinder und alle, welche gekommen sind, die Freude zu teilen, gehen in das verschwiegene Zimmer. Dort steht der Baum, der sonst nichts als grün gewesen ist. Jetzt sind unzählige flimmernde Lichter auf ihm und bunte Bänder und Gold und unbekannte Kostbarkeiten hängen von ihm nieder. Und der Gaben ist eine Fülle auf ihm, daß man sich kaum fassen kann. Die Kinder sehen ihre liebsten Wünsche erfüllt und selbst die Erwachsenen und selbst der Vater und die Mutter haben von dem Christkindlein Geschenke erhalten, weil sie Freunde der Kinder sind und die Kinder lieben. Die Bangigkeit der Erwartung geht jetzt in Jubel auf, und man kann nicht enden, sich zu zeigen, was gespendet worden ist. Man zeigt es sich immer wieder und immer wieder und freut sich, bis der Erregung die Ermattung folgt und der Schlummer die kleinen Augenlider schließt.
Und auch die Türe aus der Stube der Waldhütte öffnet sich in die Kammer hinaus, und die Kinder gehen durch die Tür, und auf einem Baume mit mehreren Lichtlein hängen wunderbare goldene Nüsse und goldene Pflaumen und Äpfel und Birnen und Backwerk und anderes Liebes, vielleicht ein hölzerner, schön bemalter Kuckuck oder ein Trompetchen oder zwei rote, unvergleichliche Schuhe. Und wenn kein Baum in der Kammer ist, so liegen diese Dinge auf einem weißen, reinen Tuche, und eine Talgkerze brennt dabei. Und die Dinge werden in die Stube hinausgetragen und die Talgkerze auch, und sie bleibt in der Heiligen Nacht brennen, bis die Kinder schlafen gehen. Und vor Freude und vor Entzücken gehen sie recht lange nicht schlafen und kosten auch noch von den gespendeten Dingen. Aber endlich bringt sie der Schlummer doch unter die Decke. Und manche Gabe geht mit in das Bett.
Selbst den Kindern in Hütten, wo nur eine Stube und gar keine verschwiegene Kammer ist, bringt das Christkindl Gaben. Sie dürfen nur in das Vorhaus, in den Stallgang oder wo immer hin auf einen Stein, darauf man sonst Garn klopft oder auf einen Stock oder auf einen Stuhl ein Tuch breiten und ein leeres Schüsselchen stellen, und wenn sie nach einer Zeit wieder nachsehen, ist das Schüsselchen gefüllt, mit Goldnüssen, Pflaumen, Birnen, Äpfeln, Honigkuchen und erwünschten Sachen.
Und zu solchen Kindern, damit sie wissen, daß das Schüsselchen gefüllt ist, sendet öfter das Christkindlein eines seiner goldenen Rößlein, mit denen es durch den Himmel fährt, und läßt die geschehene Begabung verkündigen. Und das Rößlein läutet vor der Türe mit seiner Glocke und tut ungebärdig, schlägt an die Türe, und wenn die Kinder hinauseilen, ist das Rößlein fort, und das gefüllte Schüsselchen steht da. Wir haben oft in längst vergessenen Christnächten im Walde an der jungen Moldau das goldene Rößlein läuten und toben gehört.
Und wenn die Millionen Kinder, welche in dieser Nacht beteilt worden sind, schon in ihren Bettchen schlummern und ihr Glück sich noch in manchem Traume nachspiegelt, und nun von dem hohen Turme des Domes in der großen Stadt die Schläge der zwölften Stunde der Nacht herabgetönt haben, so erschallt das Geläute der Glocken auf allen Kirchtürmen der Stadt, und das Geläute ruft die Menschen in die Kirchen zu mitternächtlichem Gottesdienst. Und von allen Seiten wandeln die Menschen in die heiligen Räume. Und in dem hohen gotischen Dome strahlt alles von einem Lichtermeer, und so groß das Lichtermeer ist, welches weit und breit in den unteren Räumen des Domes ausgegossen wird, so reicht es doch nicht in die Wölbung empor, in welcher die schlanken Säulen oben auseinandergehen, und in jenen Höhen wohnt erhabene Finsternis, welche den Dom noch erhabener macht. Der Hohepriester des Domes und die Priesterschaft des Domes feiern den Gottesdienst. Und so heilig ist das Fest, daß an diesem, und nur an diesem allein, jeder katholische Priester dreimal das heilige Meßopfer vollbringen darf. Und wenn schon die Baukunst in den zarten Riesengliedern des Domes dem Gottesdienst als Dienerin beigegeben ist, wenn die tiefe Pracht der kirchlichen Gewänder dem Feste Glanz gibt, so tönt auch die Musik in ihren vollen Wellen und in kirchlichem Ernst von dem Chore tadellos dargestellt hernieder. Und wenn die heilige Handlung vorüber ist, zerstreuen sich Priester und Laien, die Lichter werden ausgelöscht und der Dom ragt finster zu dem Monde, wenn er am Himmel erscheint, oder zu den Sternen, oder gegen die dunklen, schattenden Wolken.
Und wie in dem Dome, so wird in allen Kirchen der großen Stadt mit den Mitteln der Kirche das heilige Mitternachtsfest gefeiert, soweit die Mittel und der Eifer und die Andacht reichen. Und in jeder Kirche ist die gläubige Menge und feiert das Fest und sucht nach demselben seine Wohnung und seinen Nachmitternachtsschlummer. Aber auch, wie um Mitternacht in der Weihnacht die Glocken der großen Stadt zum Gottesdienst rufen, so rufen in derselben Stunde alle Kirchenglocken der kleineren Stadt, der kleinsten Stadt, des Marktfleckens, des Dorfes, es rufen die Glocken aller Kirchen zu dem heiligen Feste, in welchen Kirchen das Fest gefeiert wird. Und es sind Millionen Tempel, in denen man das Geburtsfest des heiligen Kindes begeht. Und wie die Mitternacht von Osten gegen Westen herüberrückt, so rückt das Geläute von Osten nach Westen, bis es an das Meer kommt. Dort macht es eine Pause und beginnt nach einigen Minuten jenseits des Ozeans.
Dies ist der Tag, den Gott gemacht;Sein werd in aller Welt gedacht!Ihn preise, was durch Jesum ChristIm Himmel und auf Erden ist!
Die Völker haben dein geharrt,Bis daß die Zeit erfüllet ward;Da sandte Gott von seinem ThronDas Heil der Welt, dich, seinen Sohn.
Wenn ich dies Wunder fassen will:So steht mein Geist vor Ehrfurcht still;Er betet an, und er ermißt,Daß Gottes Lieb unendlich ist.
Damit der Sünder Gnad erhält,Erniedrigst du dich, Herr der Welt,Nimmst selbst an unsrer Menschheit Theil,Erscheinst im Fleisch, und wirst uns Heil.
Dein König, Zion, kömmt zu dir.»Ich komm, im Buche steht von mir;Gott, deinen Willen thu ich gern.«Gelobt sey, der da kömmt im Herrn!
Herr, der du Mensch gebohren wirst,Immanuel und Friedefürst,Auf den die Väter hoffend sahn,Dich, Gott Messias, bet ich an.
Du unser Heil und höchstes Gut,Vereinest dich mit Fleisch und Blut,Wirst unser Freund und Bruder hier,Und Gottes Kinder werden wir.
Gedanke voller Majestät!Du bist es, der das Herz erhöht.Gedanke voller Seligkeit!Du bist es, der das Herz erfreut.
Durch Eines Sünde fiel die Welt.Ein Mittler ists, der sie erhält.Was zagt der Mensch, wenn der ihn schützt,Der in des Vaters Schooße sitzt?
Jauchzt, Himmel, die ihr ihn erfuhrt,Den Tag der heiligsten Geburt;Und Erde, die ihn heute sieht,Sing ihm, dem Herrn, ein neues Lied!
Dies ist der Tag, den Gott gemacht;Sein werd in aller Welt gedacht!Ihn preise, was durch Jesum ChristIm Himmel und auf Erden ist!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,wie grün sind deine Blätter!Du grünst nicht nur zur Sommerszeit,nein, auch im Winter, wenn es schneit.O Tannenbaum, o Tannenbaum,wie grün sind deine Blätter.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,du kannst mir sehr gefallen.Wie oft hat nicht zur Weihnachtszeitein Baum von dir mich hocherfreut.O Tannenbaum, o Tannenbaum,du kannst mir sehr gefallen.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,dein Kleid will mich was lehren:Die Hoffnung und Beständigkeitgibt Trost und Kraft zu jeder Zeit.O Tannenbaum, o Tannenbaum,dein Kleid will mich was lehren.
Ich lag und schlief, da träumte mirEin wunderschöner Traum:Es stand auf unserm Tisch vor mirEin hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,Die brannten rings umher,Die Zweige waren allzumalVon goldnen Äpfeln schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran:Das war mal eine Pracht!Da gab’s, was ich nur wünschen kannUnd was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sahUnd ganz verwundert stand,Nach einem Apfel griff ich da,Und alles, alles schwand.
Da wacht ich auf aus meinem Traum,Und dunkel war’s um mich.Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,Sag an, wo find’ ich dich?
Da war es just, als rief’ er mir:»Du darfst nur artig sein,Dann steh ich wiederum vor dir –Jetzt aber schlaf nur ein!
Und wenn du folgst und artig bist,Dann ist erfüllt dein Traum,Darin bringet dir der Heilge ChristDen schönsten Weihnachtsbaum.«
Der Weihnachtsabend
Im vierundzwanzigsten Dezember durften die Kinder des Medizinalrats Stahlbaum den ganzen Tag über durchaus nicht in die Mittelstube hinein, viel weniger in das daranstoßende Prunkzimmer. In einem Winkel des Hinterstübchens zusammengekauert, saßen Fritz und Marie, die tiefe Abenddämmerung war eingebrochen, und es wurde ihnen recht schaurig zumute, als man, wie es gewöhnlich an dem Tage geschah, kein Licht hereinbrachte. Fritz entdeckte ganz insgeheim wispernd der jüngern Schwester (sie war eben erst sieben Jahr alt worden), wie er schon seit frühmorgens es habe in den verschlossenen Stuben rauschen und rasseln und leise pochen hören. Auch sei nicht längst ein kleiner dunkler Mann mit einem großen Kasten unter dem Arm über den Flur geschlichen, er wisse aber wohl, daß es niemand anders gewesen als Pate Droßelmeier. Da schlug Marie die kleinen Händchen vor Freude zusammen und rief: »Ach, was wird nur Pate Droßelmeier für uns Schönes gemacht haben.«
Der Obergerichtsrat Droßelmeier war gar kein hübscher Mann, nur klein und mager, hatte viele Runzeln im Gesicht, statt des rechten Auges ein großes schwarzes Pflaster und auch gar keine Haare, weshalb er eine sehr schöne weiße Perücke trug, die war aber von Glas und ein künstliches Stück Arbeit. Überhaupt war der Pate selbst auch ein sehr künstlicher Mann, der sich sogar auf Uhren verstand und selbst welche machen konnte. Wenn daher eine von den schönen Uhren in Stahlbaums Hause krank war und nicht singen konnte, dann kam Pate Droßelmeier, nahm die Glasperücke ab, zog sein gelbes Röckchen aus, band eine blaue Schürze um und stach mit spitzigen Instrumenten in die Uhr hinein, so daß es der kleinen Marie ordentlich wehe tat, aber es verursachte der Uhr gar keinen Schaden, sondern sie wurde vielmehr wieder lebendig und fing gleich an recht lustig zu schnurren, zu schlagen und zu singen, worüber denn alles große Freude hatte. Immer trug er, wenn er kam, was Hübsches für die Kinder in der Tasche, bald ein Männlein, das die Augen verdrehte und Komplimente machte, welches komisch anzusehen war, bald eine Dose, aus der ein Vögelchen heraushüpfte, bald was anderes. Aber zu Weihnachten, da hatte er immer ein schönes künstliches Werk verfertigt, das ihm viel Mühe gekostet, weshalb es auch, nachdem es einbeschert worden, sehr sorglich von den Eltern aufbewahrt wurde. – »Ach, was wird nur Pate Droßelmeier für uns Schönes gemacht haben«, rief nun Marie; Fritz meinte aber, es könne wohl diesmal nichts anders sein, als eine Festung, in der allerlei sehr hübsche Soldaten auf- und abmarschierten und exerzierten, und dann müßten andere Soldaten kommen, die in die Festung hineinwollten, aber nun schössen die Soldaten von innen tapfer heraus mit Kanonen, daß es tüchtig brauste und knallte.
»Nein, nein«, unterbrach Marie den Fritz, »Pate Droßelmeier hat mir von einem schönen Garten erzählt, darin ist ein großer See, auf dem schwimmen sehr herrliche Schwäne mit goldnen Halsbändern herum und singen die hübschesten Lieder. Dann kommt ein kleines Mädchen aus dem Garten an den See und lockt die Schwäne heran und füttert sie mit süßem Marzipan.«
»Schwäne fressen keinen Marzipan«, fiel Fritz etwas rauh ein, »und einen ganzen Garten kann Pate Droßelmeier auch nicht machen. Eigentlich haben wir wenig von seinen Spielsachen; es wird uns ja alles gleich wieder weggenommen, da ist mir denn doch das viel lieber, was uns Papa und Mama einbescheren, wir behalten es fein und können damit machen, was wir wollen.«
Nun rieten die Kinder hin und her, was es wohl diesmal wieder geben könne. Marie meinte, daß Mamsell Trutchen (ihre große Puppe) sich sehr verändere, denn ungeschickter als jemals, fiele sie jeden Augenblick auf den Fußboden, welches ohne garstige Zeichen im Gesicht nicht abginge, und dann sei an Reinlichkeit in der Kleidung gar nicht mehr zu denken. Alles tüchtige Ausschelten helfe nichts. Auch habe Mama gelächelt, als sie sich über Gretchens kleinen Sonnenschirm so gefreut. Fritz versicherte dagegen, ein tüchtiger Fuchs fehle seinem Marstall durchaus so wie seinen Truppen gänzlich an Kavallerie, das sei dem Papa recht gut bekannt. – So wußten die Kinder wohl, daß die Eltern ihnen allerlei schöne Gaben eingekauft hatten, die sie nun aufstellten, es war ihnen aber auch gewiß, daß dabei der liebe Heilige Christ mit gar freundlichen frommen Kindesaugen hineinleuchte, und daß, wie von segenreicher Hand berührt, jede Weihnachtsgabe herrliche Lust bereite wie keine andere. Daran erinnerte die Kinder, die immerfort von den zu erwartenden Geschenken wisperten, ihre ältere Schwester Luise, hinzufügend, daß es nun aber auch der Heilige Christ sei, der durch die Hand der lieben Eltern den Kindern immer das beschere, was ihnen wahre Freude und Lust bereiten könne, das wisse er viel besser als die Kinder selbst, die müßten daher nicht allerlei wünschen und hoffen, sondern still und fromm erwarten, was ihnen beschert worden. Die kleine Marie wurde ganz nachdenklich, aber Fritz murmelte vor sich hin: »Einen Fuchs und Husaren hätt’ ich nun einmal gern.«
Es war ganz finster geworden. Fritz und Marie, fest aneinandergerückt, wagten kein Wort mehr zu reden, es war ihnen, als rausche es mit linden Flügeln um sie her und als ließe sich eine ganz ferne, aber sehr herrliche Musik vernehmen. Ein heller Schein streifte an der Wand hin, da wußten die Kinder, daß nun das Christkind auf glänzenden Wolken fortgeflogen zu andern glücklichen Kindern. In dem Augenblick ging es mit silberhellem Ton: Klingling, klingling, die Türen sprangen auf, und solch ein Glanz strahlte aus dem großen Zimmer hinein, daß die Kinder mit lautem Ausruf: »Ach! – Ach!« wie erstarrt auf der Schwelle stehen blieben. Aber Papa und Mama traten in die Türe, faßten die Kinder bei der Hand und sprachen: »Kommt doch nur, kommt doch nur, ihr lieben Kinder, und seht, was euch der Heilige Christ beschert hat.«
Die Gaben
Ich wende mich an dich selbst, sehr geneigter Leser oder Zuhörer Fritz – Theodor – Ernst – oder wie du sonst heißen magst, und bitte dich, daß du dir deinen letzten, mit schönen bunten Gaben reich geschmückten Weihnachtstisch recht lebhaft vor Augen bringen mögest, dann wirst du es dir wohl auch denken können, wie die Kinder mit glänzenden Augen ganz verstummt stehen blieben, wie erst nach einer Weile Marie mit einem tiefen Seufzer rief: »Ach, wie schön – ach, wie schön«, und Fritz einige Luftsprünge versuchte, die ihm überaus wohl gerieten. Aber die Kinder mußten auch das ganze Jahr über besonders artig und fromm gewesen sein, denn nie war ihnen so viel Schönes, Herrliches einbeschert worden, als dieses Mal. Der große Tannenbaum in der Mitte trug viele goldne und silberne Äpfel, und wie Knospen und Blüten keimten Zuckermandeln und bunte Bonbons und was es sonst noch für schönes Naschwerk gibt, aus allen Ästen.
Als das Schönste an dem Wunderbaum mußte aber wohl gerühmt werden, daß in seinen dunkeln Zweigen hundert kleine Lichter wie Sternlein funkelten und er selbst, in sich hinein- und herausleuchtend, die Kinder freundlich einlud, seine Blüten und Früchte zu pflücken. Um den Baum umher glänzte alles sehr bunt und herrlich – was es da alles für schöne Sachen gab – ja, wer das zu beschreiben vermöchte! Marie erblickte die zierlichsten Puppen, allerlei saubere kleine Gerätschaften, und was vor allem schön anzusehen war, ein seidenes Kleidchen, mit bunten Bändern zierlich geschmückt, hing an einem Gestell so der kleinen Marie vor Augen, daß sie es von allen Seiten betrachten konnte, und das tat sie denn auch, indem sie ein Mal über das andere ausrief: »Ach, das schöne, ach, das liebe – liebe Kleidchen; und das werde ich ganz gewiß – das werde ich wirklich anziehen dürfen!« – Fritz hatte indessen schon, drei- oder viermal um den Tisch herumgaloppierend und -trabend, den neuen Fuchs versucht, den er in der Tat am Tische angezäumt gefunden. Wieder absteigend, meinte er, es sei eine wilde Bestie, das täte aber nichts, er wolle ihn schon kriegen, und musterte die neue Schwadron Husaren, die sehr prächtig in Rot und Gold gekleidet waren, lauter silberne Waffen trugen und auf solchen weißglänzenden Pferden ritten, daß man beinahe hätte glauben sollen, auch diese seien von purem Silber.
Eben wollten die Kinder, etwas ruhiger geworden, über die Bilderbücher her, die aufgeschlagen waren, daß man allerlei sehr schöne Blumen und bunte Menschen, ja auch allerliebste spielende Kinder, so natürlich gemalt, als lebten und sprächen sie wirklich, gleich anschauen konnte. – Ja! eben wollten die Kinder über diese wunderbaren Bücher her, als nochmals geklingelt wurde. Sie wußten, daß nun der Pate Droßelmeier einbescheren würde, und liefen nach dem an der Wand stehenden Tisch. Schnell wurde der Schirm, hinter dem er so lange versteckt gewesen, weggenommen. Was erblickten da die Kinder! – Auf einem grünen, mit bunten Blumen geschmückten Rasenplatz stand ein sehr herrliches Schloß mit vielen Spiegelfenstern und goldnen Türmen. Ein Glockenspiel ließ sich hören, Türen und Fenster gingen auf, und man sah, wie sehr kleine, aber zierliche Herrn und Damen mit Federhüten und langen Schleppkleidern in den Sälen herumspazierten. In dem Mittelsaal, der ganz in Feuer zu stehen schien – so viel Lichterchen brannten an silbernen Kronleuchtern – tanzten Kinder in kurzen Wämschen und Röckchen nach dem Glockenspiel. Ein Herr in einem smaragdenen Mantel sah oft durch ein Fenster, winkte heraus und verschwand wieder, sowie auch Pate Droßelmeier selbst, aber kaum viel höher als Papas Daumen, zuweilen unten an der Tür des Schlosses stand und wieder hineinging. Fritz hatte mit auf den Tisch gestemmten Armen das schöne Schloß und die tanzenden und spazierenden Figürchen angesehen, dann sprach er: »Pate Droßelmeier! Laß mich mal hineingehen in dein Schloß!«
Der Obergerichtsrat bedeutete ihn, daß das nun ganz und gar nicht anginge. Er hatte auch recht, denn es war töricht von Fritzen, daß er in ein Schloß gehen wollte, welches überhaupt mitsamt seinen goldnen Türmen nicht so hoch war, als er selbst. Fritz sah das auch ein.
Nach einer Weile, als immerfort auf dieselbe Weise die Herrn und Damen hin und her spazierten, die Kinder tanzten, der smaragdene Mann zu demselben Fenster heraussah, Pate Droßelmeier vor die Türe trat, da rief Fritz ungeduldig: »Pate Droßelmeier, nun komm mal zu der andern Tür da drüben heraus.«
»Das geht nicht, liebes Fritzchen«, erwiderte der Oberberichtsrat.
»Nun so laß mal«, sprach Fritz weiter, »laß mal den grünen Mann, der so oft herauskuckt, mit den andern herumspazieren.«
»Das geht auch nicht«, erwiderte der Obergerichtsrat aufs neue.
»So sollen die Kinder herunterkommen«, rief Fritz, »ich will sie näher besehen.«
»Ei, das geht alles nicht«, sprach der Obergerichtsrat verdrießlich, »wie die Mechanik nun einmal gemacht ist, muß sie bleiben.«