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Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Old Nats Gesicht ist aschfahl geworden, seine Augen scheinen zu glühen. Dann richtet er sich langsam auf. »Du – du weigerst dich, das zu tun, was dir dein Vater sagt?« fragt er mit vibrierender Stimme. »Du zerbrichst meine Peitsche und wirfst sie mir… Mensch, ich schlage dich zusammen, du Teufelsbraten.« Als er die Fäuste hebt, sieht ihn sein Sohn Ray groß und furchtlos an. »Ich würd's nicht versuchen«, sagt er gepreßt. »Dad, ich warne dich: treibe es nicht zu weit! Schlägst du mich, werde ich mich wehren. Ich bin kein Hund, den du verprügeln kannst. Versuche es lieber nicht.« »Was – was?« Es sieht aus, als wolle der alte Thayer umfallen. Er taumelt tatsächlich zwei Schritte auf Ray zu, bleibt dann aber stehen und sieht seinen Sohn seltsam an. »Du willst die Hand gegen deinen Vater heben?« fragt er lauernd und ganz leise. »So, du willst es tun? Weißt du, was du bist?« »Kein Hund, den man treten kann, das weiß ich«
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Old Nats Gesicht ist aschfahl geworden, seine Augen scheinen zu glühen. Dann richtet er sich langsam auf.
»Du – du weigerst dich, das zu tun, was dir dein Vater sagt?« fragt er mit vibrierender Stimme. »Du zerbrichst meine Peitsche und wirfst sie mir… Mensch, ich schlage dich zusammen, du Teufelsbraten.«
Als er die Fäuste hebt, sieht ihn sein Sohn Ray groß und furchtlos an.
»Ich würd’s nicht versuchen«, sagt er gepreßt. »Dad, ich warne dich: treibe es nicht zu weit! Schlägst du mich, werde ich mich wehren. Ich bin kein Hund, den du verprügeln kannst. Versuche es lieber nicht.«
»Was – was?«
Es sieht aus, als wolle der alte Thayer umfallen. Er taumelt tatsächlich zwei Schritte auf Ray zu, bleibt dann aber stehen und sieht seinen Sohn seltsam an.
»Du willst die Hand gegen deinen Vater heben?« fragt er lauernd und ganz leise. »So, du willst es tun? Weißt du, was du bist?«
»Kein Hund, den man treten kann, das weiß ich«, antwortet Ray gallig. »Ich bin kein Sklave, Dad.«
»Du bist nicht mehr mein Sohn«, sagt der Alte voller Enttäuschung. »Geh, Ray, geh von meinem Land! Und komme nie wieder, solange ich lebe. Geh fort und denke immer daran, wenn es dir schlechtgeht: du hast es gewagt, gegen deinen Vater die Hand zu heben. Geh, oder ich bringe dich eigenhändig um, du Schurke, der seinen Vater nicht ehrt. Nimm dein Pferd, nimm deine Sachen und verschwinde für immer!«
Rays Gesicht scheint sich zu versteinern.
»Ja, ist gut«, sagt er dumpf. »Ich hoffe, du bedauerst es nie, deine Söhne so schändlich behandelt zu haben. – Tut mir leid, Cliff, ich gehe jetzt.«
»Ray!« stößt der kleine Cliff voller Entsetzen hervor. »Geh nicht! Er überlegt es sich noch, er kann dich doch nicht wegjagen, nur weil er…«
»Schweig!« brüllt der Alte da und wirbelt herum. »Du kannst gleich mit ihm verschwinden, wenn du zu ihm halten willst. Ich brauche niemanden. Ich habe mein ganzes Leben nie andere gebraucht, am wenigsten meine Söhne. Verschwinde, Ray, und komme nie wieder! Sonst, das schwöre ich dir, werde ich dich umbringen. Ich – ich verachte dich.«
Ray dreht sich um, geht schwerfällig zu seinem Pferd. Wenn der Alte etwas sagt, dann nimmt er es nie zurück, das weiß er nur zu genau. Langsam zieht sich Ray in den Sattel, sieht Cliff an.
Der ist leichenblaß und macht einen völlig verstörten Eindruck.
»Cliff, ich schreibe dir«, verspricht Ray. »Mach dir keine Sorgen um mich, Bruder, ich komme überall zurecht. Zwei Hände habe ich ja. So long, Dad!«
Der Alte gibt ihm keine Antwort, wendet ihm den Rücken zu, als das Pferd schnaubt, angeht und davonprescht.
*
Hundertmal ist er den Weg geritten, aber jetzt reitet er ihn zum letztenmal, das weiß Ray Thayer genau. Vor ihm liegt die Senke am Nueces River. Dann kommt die Brücke. Sie liegt auf dem Land des alten Jim Vance. Man kann den Weg abschneiden, wenn man über die Brücke reitet. Old Nat Thayer hat sich nie darum geschert, ob er sich einige hundert Yards weit auf dem Gebiet des alten Jim Vance befand.
Die Feindschaft zwischen ihnen ist so alt wie die erste Ranch in diesem Land. Es ist längst keine Feindschaft mehr, die offen ausgetragen wird. Das hat Jim Vance einmal versucht, als er vor zwanzig Jähren das Wasserloch am Turkey Creek mit seinen Rindern besetzen wollte. Damals machte Old Nat Thayer erst gar nicht den Umweg über Jim Vances Herdentreiber. Nat ging den geraden Weg. Er fing Vance vor dessen Ranch ab, holte ihn mit dem Lasso vom Wagen und »unterhielt« sich eine Viertelstunde mit ihm. Danach, so erzählten sich manche Leute in Uvalde, hätte Jim Vance vierzehn Tage im Bett gelegen und sich weitere vierzehn Tage nicht in der Stadt sehen lassen. Seine Leute aber trieben die Vance-Rinder schleunigst vom Gebiet des alten Nat und kamen auch nie wieder.
Ray Thayer gewinnt zwischen zwei Buschgruppen und Bäumen hindurch den Blick auf den Nueces und furcht die Brauen.
Rechts steht eine Palomino-Stute, und nicht weit von ihr ein großer, schlanker Rapphengst am Buschrand. Die Stute gehört Missis Wyatt O’Henry, die früher einmal mit dem Bruder des alten Jim Vance verheiratet war. Dann fiel Torsten Vance bei einer Schießerei zwischen Mexikanern und Rauhreitern in seinem eigenen Saloon einer verirrten Kugel zum Opfer. Seine Witwe heiratete John O’Henry, der jedoch aus dem Bürgerkrieg nicht nach Hause kam.
Sie ist immer noch, trotz ihrer vierzig Jahre, eine bildschöne Frau. Und man sagt, Jim Vance, seit Jahren Witwer, machte sich gewisse Hoffnungen auf Mabel O’Henry.
Jetzt steht ihr Pferd da unten an der Biegung, die meist seichtes Wasser führt. Neben der Stute rupft der Rapphengst von Howard Vance die Blätter von den Büschen. Howard Vance, so alt wie Ray, ist der einzige Sohn des alten Jim. Ist der Alte schon groß, dann ist Howard, sein prächtiger Nachfolger, noch eine ganze Meile länger. Yeah, Howard reicht mit dem Kopf in die Wolken – bildet er sich ein.
Sieh mal einer an, denkt Ray. Schön warm heute. Und Mabel O’Henry reitet manchmal hierher, wenn sie Zeit hat, und badet, weil das Wasser hier flach ist. Howard, du Halunke, sitzt du etwa zwischen den Büschen und beobachtest die Lady?
Ray lenkt sein Pferd herum. Langsam und vorsichtig nähert er sich, durch die Büsche gedeckt, den Bäumen und jener Buschgruppe. Kaum ist er auf dreißig Yards heran und noch hinter den Bäumen, als er jemanden lachen hört. Danach dringt eine helle, empörte Stimme durch dieses Gelächter. Ein Mädchen sagt wütend: »Howard, bring sofort unsere Kleider wieder her und verschwinde dann! Oh, du Schuft.«
»Hähä!« macht Howard und schwenkt schadenfroh einen Halbrock, ein Oberhemdchen und die anderen Sachen um den Kopf. »Komm nur heraus, meine liebe Sheila, komm doch, Cousine, ich tue euch bestimmt nichts.«
»Dieser Schuft!« sagt nun eine andere helle Stimme. »Sheila, und so ein Kerl ist dein Vetter.«
»Immerhin heiße ich nicht Vance, wie?« gibt Sheila O’Henry bissig zurück. »Ich bin ganz froh, daß ich nicht so heiße. Hörst du, Howard? Du bist ein ausgemachter Strolch. Man nimmt Mädchen nicht die Kleider weg und sieht ihnen beim Baden zu. Warte, ich sag’s deinem Vater, wenn er wieder mal zu uns kommt.«
»Hähä, da lacht er nur drüber. Was bekomme ich, wenn ich euch die Kleider hinlege und weggehe? Sheila, Rosy, wie wär’s, wenn ihr euch freikauft? Sagen wir – jeder zwei Küsse?«
»Du kannst zwei Backpfeifen bekommen, du verdammter Tunichtgut«, gibt Rosy Byrd, Tochter vom Schmied Byrd, wütend zurück. »Hol dir deine Küsse bei Eileen oder Carlotta, diesem Mexikanergirl. Hau ab und lege die Kleider hin, sonst werde ich es meinem Vater sagen.«
Ray ist abgestiegen, schleicht geduckt los, kriecht das letzte Stück. Dann richtet er sich langsam im hohen Gras auf und kann die beiden Girls sehen. Sheila ist achtzehn und Rosy siebzehn Jahre alt. Beide stecken bis zum Hals im Wasser.
»Ich denke nicht daran«, ruft Howard stur zurück. »Stellt euch nicht so an, kommt doch heraus, wenn ihr mutig seid.«
Howard schrickt zusammen, als dicht hinter ihm Ray Thayer grollend sagt: »Und du hast dafür eine verdammte Menge Mut, wie? Leg die Sachen hin, du Strolch.«
Howard wirbelt herum, sieht Ray vor sich stehen und stößt einen Fluch aus.
»Sieh an, der Thayer-Lümmel«, brummt er und streicht sich hastig das strohgelbe Haar zurück. »Hau ab, Mensch, ich kann dich hier nicht gebrauchen! Außerdem bist du auf unserem Land. Das Ufer hier gehört uns.«
»Was dir gehört, das kannst du gleich bekommen. Die Sachen weg! Und dann klemm dich auf deinen Gaul und hau ab, sonst mache ich dir Beine!«
Howard sieht ihn tückisch an. Er ist groß, aber sicher um zwanzig Pfund leichter als Ray. Wie fast jeder Mann in diesem Land, trägt auch Howard Vance einen Revolver. Er soll mit dem Ding verdammt schnell sein – so schnell wie mit Worten, wenn er ein Mädchen becircen will.
»Thayer, wenn hier einer verschwindet, dann bist du das, klar? Spiel dich nicht auf, du Drei-Kühe-Rancher-Lümmel.«
»Die Sachen weg, zum letzten Mal!« fordert Ray ihn auf. »Eins, zwei – drei!«
Howard Vance schleudert die Sachen Ray ins Gesicht. Und dann springt er ihn mit einem wütenden Schrei an.
Einen Moment hat Ray einen gestärkten und nach Sage riechenden Halbrock vor dem Gesicht. Doch springt er, von einer Vorahnung gepackt, blitzschnell zur Seite. Der Treffer macht Ray nicht viel aus. Er knirscht mit den Zähnen, dann hat er den Rock weggeschleudert und holt auch schon mit der rechten Hand aus. Seine Faust trifft Howard genau am Kopf, eher der herumkommen kann.
Howard stolpert, tritt auch noch auf Sheilas hochhackige Stiefel und schlägt hin.
»Lump!« sagt Howard angewidert. »Du nimmst keinem Girl mehr die Sachen weg.«
Ray beugt sich vor und kommt auf Howard zu liegen, nimmt ihm den Revolver ab, schmeißt ihn weg, und dreht sich. Dabei reißt er den jungen Vance mit und zieht die Beine an.
»Ab mit dir!« sagt er zornig. »Geh baden, Hundesohnl«
Als er die Beine streckt, fliegt Vance rücklings in das hochspritzende Wasser.
Howard Vance wird von Ray an den Haaren hochgezogen, er gurgelt, spuckt und schreit: »Dafür bringt mein Vater euch alle um, ich… Urrr!«
»Droht er auch noch mit seinem ziegenbärtigen Vater«, sagt Ray verächtlich. »Probiere mal, wie lange du es ohne Luft aushalten kannst, verdammter Schürzenjäger.«
Mit der linken Hand packt Ray Howards Rechte, mit der rechten Hand stößt er ihn wieder ins Wasser. Zwar strampelt er, aber seine Bewegungen werden immer schwächer. Dann erlahmen sie ganz.
»Um Gottes willen, Ray, du bringst ihn um!« kreischt Sheila O’Henry. »Zieh ihn raus, er erstickt sonst.«
»Könnte ihm nichts schaden«, antwortet Ray grimmig. »Der Kerl ist keinen Pfifferling wert. Wenn das alles stimmt, was man sich über ihn erzählt, dann sollte man ihn rechtzeitig zurechtstutzen. Raus mit dir, Hundesohn!«
Er packt ihn, stößt ihn an Land und watet ihm nach. Howard Vance bleibt sekundenlang auf dem Bauch liegen. Dann äugt er zu Ray hoch und wälzt sich herum, stemmt sich hoch.
»Du – du dreimal gehörnter Satan!« bringt Howard bissig heraus. »Daran denkst du noch, ich schwöre es dir.«
»Schwöre nie was, was du nicht halten kannst«, gibt Ray grimmig zurück. »Und jetzt ab! Keine Angst, ich gehe vor, du hast ein Gewehr im Sattel. Das werde ich vorsichtshalber behalten.«
Howard starrt ihn wütend an, preßt die Zähne zusammen und geht mit Ray durch die Büsche bis zu seinem Pferd. Dort nimmt Ray Howards Gewehr, deutet auf den Sattel und sagt kühl: »Hau ab, Mensch! Und vergiß nichts von dem, was ich dir gesagt habe!«
Vance steigt auf, reitet drei Längen und sieht sich dann um.
»Thayer, eines Tages bezahlst du es!« knirscht er wild. »Das vergesse ich dir nie.«
»In Ordnung«, sagt Ray gelassen. »Ich warte, du Strolch.«
Howard treibt sein Pferd an. Und Ray, der ihm folgt, sieht ihn in Nordrichtung verschwinden. Anscheinend reitet er direkt zur Ranch seines Vaters.
Ray kehrt um und sieht die beiden Girls mit nassen Haaren, aber angezogen an den Büschen stehen.
»Hallo, alles beisammen?« erkundigt er sich. »Keine Angst, daß sich der Bursche noch mal blicken läßt. Ich denke, er ist nach Hause geritten, um sich beim alten Jim auszuheulen.«
»Weshalb willst du schon fort?« fragt Sheila und sieht Ray mit offensichtlichem Wohlgefallen an. »Bleib doch ein wenig. Warum kommst du nie in die Stadt und hältst dich zum Wochenende mal im Saloon auf, wenn getanzt wird? Du bist nur einmal im Jahr da, am Unabhängigkeitstag. Ist es wahr, läßt euch euer Vater nicht zum Tanz in die Stadt reiten?«
Das ist ein prächtiges Girl, denkt Ray und sieht es forschend an. Die hellen Augen, der Mund… Nun ja, Sheila ist wirklich prächtig, wenn auch ein wenig ernst für ihr Alter.
»Irgendwann komme ich«, sagt Ray. »Kann nur einige Zeit dauern, bis ihr mich wiederseht. Nun, dann reite ich. Nehmt Howards Gewehr und Revolver mit, vergeßt es nicht!«
»Und du vergißt nicht, uns zu besuchen, Ray.«
*
Big Jim sagt kein Wort. Er geht zu seinem Schreibtisch, läßt sich in den Sessel fallen und greift nach einer Zigarre. Erst als sie brennt, sieht er seinen Sohn durchdringend an.
»Du kennst Raffaelo Flores?«
Was soll das denn? denkt Howard verstört.
»Antworte schon, überlege nicht lange! Also, du kennst ihn. Und den alten Juan Flores auch, ja?«
»Sicher, Dad.«
Ich werde verrückt, denkt Howard, was braut sich da zusammen?
»Und wie ist es mit Carlotta Flores, Sohn?«
»Ich kenne sie eben. Wieso, ist was?«
»Juan Flores war vorhin hier. Er wollte mich sprechen. Ich dachte erst, es sei wegen seiner Mühle, weil wir dort Getreide mahlen lassen. Du hast wohl, als du Mehl abholtest, auch gleich seine Tochter kennengelernt, oder?«
»Na und? Was ist schon dabei? Sie ist Mexikanerin.«
Der Alte steht langsam auf, kommt auf ihn zu und ist feuerrot.
»Was schon dabei ist? Du verdammter Taugenichts! Du hast nie was dabei, die Girls sind ja verrückt nach dir. Wonach sind sie es wirklich? Nach dir oder dem Geld, das noch immer mir gehört? Daß dich doch der Teufel holen soll, Mensch. Weißt du, was du angestellt hast? Dieses Mexikanergirl sitzt zu Hause und heult sich die Augen aus, ebenso ihre Mutter. Sie sind fromm, diese Leute. Ihre Tochter will dich heiraten.«
»Wa… was?« stottert Howard verstört. »Ist sie verrückt? Ich habe ihr nie etwas versprochen, das kannst du mir glauben.«
»Dafür bekommt sie jetzt ein Kind, du verdammter Tölpel«, brüllt der Alte, und es hört sich an wie ein Donnergrollen. »Von wem das ist, das darfst du dreimal raten. Heiraten will sie dich, damit das Kind auch den richtigen Vater bekommt. Der Spaß hat mich fünftausend Dollar gekostet.«
Er preßt die linke Hand auf die Herzgegend und knirscht mit den Zähnen.
Verdammt, denkt Howard verwirrt, das kann doch nicht wahr sein. Das hat gerade noch gefehlt. Ich und eine Mexikanerin?
»Fünftausend?« stammelt er. »Aber es ist doch nicht erwiesen, ob ich der Vater bin.«
»Noch einen Ton, dann knalle ich dir eins.«
Der Alte stampft auf und ab, während sich der Junge erschlagen in den nächsten Sessel fallen läßt. Das also ist es: Carlotta! Wäre ihr Sohn, der ja auch der Howards ist, im schlimmsten Fall der Erbe?
»So weit bringst du mich und dich«, knirscht der Alte. »Dieser Greaserhaufen hat genauso lange gewartet, bis nichts mehr an der Geschichte zu ändern war. Du weißt, wie gerissen die Flores sind, du kennst die Brüder von Carlotta. Sie sind berechnend und bilden sich schon ein, daß aus ihrer Sippe einmal der Nachfolger von Howard Vance kommen wird. Ich muß also einen Vorerben einsetzen. Und das werde ich tun, ganz gleich, was du dazu sagst. Das ist dein Preis für deinen Leichtsinn.«
»Und – nun?«
»Sie wird einen Mexikaner heiraten, deshalb die Geldforderung. Flores wußte genau, was er wollte. Kommt es noch mal vor, vererbe ich meinen Besitz sonstwem, aber dir keinen blanken Cent. Begriffen? Du läßt die Finger von den Girls! Und jetzt raus damit! Wie bist du zu der aufgeplatzten Lippe gekommen?«
Ich erzähl’s ihm, denkt Howard, er erfährt es ja doch.
Er redet. Der Alte stiert ihn an, tritt schließlich ans Fenster und blickt zum Hof hinaus.
»Er hätte dich noch schlimmer verdreschen müssen«, brummt Big Jim Vance von dort aus. »Wenn es nur nicht ausgerechnet wieder ein Thayer wäre, der es dir besorgt hat. Solange die da sind, werde ich nachts nicht ruhig schlafen können. Es ist ein Fehler, wenn man nie etwas vergessen kann. Ich dachte, ich käme mit den Jahren darüber hinweg, aber ich schaffe es nicht. Immer die Thayers.«
*
Der alte Nat sitzt ganz still, und er kommt sich wie ein Dieb vor, der irgendwo eingebrochen ist. Es ist Nacht, der Wind fegt heulend um die Ranch. Regen klatscht gegen die Scheiben.
Briefe liegen vor ihm, die Cliff in seinem Kasten unter dem Schrank hatte. Old Nat hat sie herausgenommen und gelesen.
Man kann etwas ein Leben lang ertragen, etwas vergessen. Vielleicht eine Niederlage, aber nie einen Sohn. So ist das, irgendwann, wenn man allein mit sich selbst ist, kommen die Gedanken.
Der Alte sieht hoch, hält das Bild in der Hand. Das ist er, sein Sohn Ray. Er steht vor einer Lokomotive, von Rindern umgeben. Auf der Rückseite des Fotos hat Ray hingekritzelt: Beim Auftrieb von zweitausend Rindern für viertausend hungrige Bahnarbeiter, Chinks und alle anderen Sorten von Menschen. Manitoba, 18. Juli 18…
Drei Jahre ist das schon her. Als der Junge wegging, da wurde er dreiundzwanzig. Jetzt würde er im kommenden Herbst neunundzwanzig. Im hohen Norden ist er gewesen, für die Armee ist er als Scout und Proviantboß geritten. Arm ist er nicht, das schreibt er in dem Brief, der vor einem halben Jahr ankam. Jetzt soll er irgendwo in Oregon sein. Da bauen sie eine neue Bahnlinie. Und wer verschafft den Chinesenarbeitern das Fleisch?
Ray Thayer.
Der Alte nimmt das letzte Bild hoch. Ray trägt darauf einen Schnurrbart, so ein dünnes Ding auf der Oberlippe. Sieht nicht einmal schlecht aus damit, der Lümmel.
Ich nehm’s weg, denkt der Alte, ich behalte es. Wird Cliff schon nicht auffallen. Ich packe alles wieder so in den Kasten, wie es gelegen hat. Hatte recht damals, der Ray, wirklich. Aber mir zu drohen – das hätte er nicht machen dürfen, das war zuviel.
Der Alte sieht sich verstohlen um, als er das Bild einsteckt und die Briefe und die anderen Bilder wieder an seinen Platz legt. Alles bringt er wieder in Ordnung. Dann geht er leise nach unten, setzt sich hin.
Ich schreibe ihm, denkt er, kramt im Schreibtisch, holt Tinte und Feder heraus. Dann schreibt er, wie schon zehnmal bisher. Nat Thayer schreibt seinem Sohn Ray einen richtigen Brief. Und als er damit fertig ist, packt er ihn säuberlich zu den anderen in den Holzkasten. Dort liegen sie nun alle. Er kann, wenn er nach Hause kommt und sein Vater schon längst tot ist, nachlesen, was der alte Mann gedacht und niedergeschrieben hat. Daß er seinen Jungen noch mal wiedersehen will, ehe er sterben muß. Und daß es ihm Kummer macht, wenn er den kleinen Cliff jeden Tag vor Augen hat – die Schulter schief, den Arm verkrüppelt, das linke Bein nachschleppend. Und so was muß ein Vater nun jeden Tag mitansehen.
Kann verdammt hart für einen alten Mann werden, der nach und nach feststellen mußte, daß er eine Menge Fehler gemacht hat. Aber ändern kann er nichts, das ist noch bitterer.