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'Egal, wo man hingeht, man nimmt sich selbst mit.' Authentisch, humorvoll und herzerfrischend offen beschreibt Susanne Seethaler, wie sie sich einen Traum erfüllt und ein Jahr lang versucht, ein 'besseres' Leben zu führen: auf einer Alm als Sennerin, als Küchenhilfe bei einem Zen-Meister, im buddhistischen Schweigeretreat und mit TV- und Internet-Abstinenz zu Hause. Sie lernt Menschen kennen, die ganz andere Lebensentwürfe haben als sie und ihre liebgewonnenen Gewohnheiten infrage stellen. Die Suche nach den Orten der Ruhe im Außen wird immer mehr zu einer Entdeckungsreise im Inneren – Erkenntnis mit Augenzwinkern garantiert!
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Seitenzahl: 291
Susanne Seethaler
Von einer, die auszog, ein besserer Mensch zu werden
Ein Jahr Auszeit
auf der Alm, im Zen-Kloster,
beim Entrümpeln …
Für Fischerhude und für Gangaji
Besuchen Sie uns im Internet unter
www.nymphenburger-verlag.de
www.susanneseethaler.de
© für die Originalausgabe und das eBook:
2012 nymphenburger in der
F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München.
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlag und Motiv: www.atelier-sanna.com, München
Satz und eBook-Produktion: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
www.Buch-Werkstatt.de
ISBN 978-3-485-06042-4
Inhalt
Wie alles begann
Prolog
Susanne sucht die Einsamkeit
Ohne Strom und fließend Wasser in den bayerischen Bergen
Susanne rettet Gemüse
Einfache Kocherfahrungen mit einem Zenmeister
Susanne melkt und buttert
Ein Sommer mit Schwester, Kühen und Federvieh auf der Alm
Susanne zappt und entrümpelt
Ein mühsamer Fernsehentzug und Nippesalarm im Wohnzimmer
Susanne schuftet
Achtsame Arbeitsmeditation mit emotionalen Hindernissen
Susanne wird ökologisch
Mit Waschnüssen, Tofu und Co. wie ein besserer Mensch leben
Susanne geht baden
Kein Surfen mehr im Internet!
Susanne schweigt
Im kalifornischen Meditationszentrum ganz entspannt im Hier und Jetzt
Susanne lebt einfach
Ein Fazit
Danke
Literatur
»Schwing dich aus allem heraus,
was dich beengt.«
Bettina von Arnim
Seit vielen Jahren spüre ich eine Art innere Sehnsucht, eine Hoffnung, die immer wieder aufs Neue genährt wird, dass es im Leben doch mehr geben muss als all die Oberflächlichkeiten, mit denen nicht nur ich mich tagtäglich mehr oder weniger herumschlage. Die Frage, ob es Wege gibt, die mich innerlich zufriedener machen könnten und in der Folge vielleicht auch die Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung ein bisschen glücklicher, beschäftigte mich schon als junge Frau. In den letzten Jahren verdichtete sich diese Suche nach dem »Sinn des Lebens«, um es mal salopp zu formulieren, und so wuchs in mir der Wunsch nach einem »besseren Leben«, das mich im besten Falle auch noch zu einem »besseren Menschen« im Umgang mit mir selbst und auch mit meiner Umwelt machen würde.
Um es gleich zu Beginn vorwegzunehmen, ich bin in der Tiefe meines Herzens kein schlechter Mensch, vermutlich genauso wenig wie Sie selbst! Wie die allermeisten versuche ich, jeden Tag mein Bestes zu geben, auch wenn der Schuss zuweilen nach hinten los geht, sich Gelassenheit so gar nicht einstellen will und ich mich und auch andere ungewollt verletze oder gar vor den Kopf stoße. Doch auch wenn ich eher zur unauffälligen Fraktion der Gattung Mensch gehöre und somit im Allgemeinen nicht mit rüpelhaftem Verhalten in der Öffentlichkeit auffalle, mich also zu benehmen weiß und eine überwiegend freundliche Zeitgenossin bin, existieren in mir, wie in jedem anderen Menschen vermutlich auch, Untiefen und dunkle Stellen, denen ein bisschen Licht nicht schaden könnten.
Auch meine äußere Lebensform böte durchaus genügend Potenzial, sich zu entwickeln, zu verbessern und zu verändern, um mir selbst und mit Sicherheit auch meiner Umwelt gutzutun. Es gibt in jeder Lebenslage die Möglichkeit, ein besserer Mensch zu werden, sei es nun durch einen umsichtigen Wasserverbrauch in den häuslichen vier Wänden, beim Einkaufen im Supermarkt oder durch einen liebevolleren Umgang mit sich selbst.
Parallel zu meiner eigenen Suche begannen mich andere Lebensentwürfe jenseits des gängigen Mainstreams und vor allem auch außergewöhnliche Menschen, denen ich nun vermehrt begegnete und die sich ein bewussteres Leben auf ihre Fahnen geschrieben hatten, zu faszinieren. Im Laufe der vergangenen Jahre und im Rahmen meiner Recherchen für das eine oder andere Buch hatte ich bereits immer wieder Menschen kennengelernt, die sich bewusst für ein einfaches und in ihren Augen auch »besseres« Leben entschieden hatten und deren Ausrichtung nicht bestimmt war von immer größer werdendem Druck, tagtäglicher Hektik und dem Anhäufen von mehr und mehr Besitztümern. Diese Menschen übten eine immer stärkere Anziehungskraft auf mich aus.
Angefangen bei meiner Schwester, die eines Tages uns, nämlich die gesamte Familie und ihren Freundeskreis, vor vollendete Tatsachen stellte, um allen mitzuteilen, dass sie fortan jeden Sommer auf einer Alm in den Bergen leben würde, um dort Kühe, Hühner und Schweine zu versorgen. Da unsere Eltern keinen Bauernhof und auch sonst mit Landwirtschaft nichts am Hut hatten, besuchte meine Schwester dazu extra– und ausgesprochen mutig, wie ich finde– einen Almlehrgang in der nächstgelegenen Stadt, um sich dann mit ihrem neu erworbenen Wissen bei einem jungen Bauern im Ort zu bewerben, von dem sie wusste, dass er auf der Suche nach einer Sennerin war. Und schon ging es mitsamt Wiederkäuern, der kleinen Sau Emma, die im Laufe der Sommermonate richtig dick werden würde, und einer Handvoll Federvieh erstmals hinauf in die Berge. Dass solch ein Leben auf der Alm nicht einfach, sehr anstrengend und im wahrsten Sinne des Wortes karg ist und dass dabei von romantischer Idylle oft weit und breit nichts zu spüren ist, das wurde meiner Schwester dann allerdings relativ schnell klar– und mir auch, als ich sie im letzten Jahr für mein Vorhaben, nämlich herauszufinden, ob ein einfaches Leben auch tatsächlich auch ein »besseres« Leben ist, ein paar Wochen lang dort oben begleiten durfte.
Trotz aller Widrigkeiten bleibt sie nach wie vor am Ball und behauptet sich mit jedem Almsommer neu, um sich den äußeren Herausforderungen und den oft sehr harten Bedingungen zu stellen. Parallel dazu entwickelte sie über die vielen Jahre hinweg, die sie nun schon als Sennerin ihre Frau steht, eine stille Zufriedenheit durch den täglichen Umgang mit ihren Tieren, die ihr Gesicht tief von innen heraus erstrahlen lässt. Ihr Mut, sich neu auszuprobieren, sich nicht mit den gegebenen Umständen zufriedenzugeben und aus der »normalen« Arbeitswelt auszusteigen, um– wenigstens auf Zeit– ein Leben in schlichter Einfachheit zu leben, imponieren mir nach wie vor sehr.
Inspiriert durch ihr Vorbild, reifte immer mehr der Entschluss in mir, mich eine Zeit lang auf die Suche nach der Einfachheit zu begeben, worunter ich mir zu Beginn des Experiments in der Tiefe recht wenig vorstellen konnte. In einem Zeitraum von ca. einem Jahr, das Ganze sollte doch in einem überschaubaren Rahmen bleiben, wollte ich das einfache Dasein und ein damit vielleicht einhergehendes besseres Leben, das bestimmt sein sollte von Liebe, Schlichtheit und Freundlichkeit– so oder so ähnlich stellte ich es mir jedenfalls vor–, sowohl im Innen wie im Äußeren ausprobieren und am eigenen Leib erfahren.
Ich wollte herausfinden, ob ich unter einfachsten Bedingungen leben konnte und wie es sich anfühlt, auf vieles, was für einen modernen Menschen zum Alltagsleben dazugehört und als zwingend notwendig erachtet wird, zu verzichten. Ich suchte zunächst die Einsamkeit ganz allein oben in den Bergen, um vollkommen auf mich gestellt in einer Hütte zu leben. Dann ging ich einem kalifornischen Zenmeister beim Kochen zur Hand. Ich brannte darauf, auf der Alm mit meiner Schwester die Butter fürs Brot selbst herzustellen und im Tal drunten den Versuch zu starten, meine eigenen vier Wände zu entrümpeln. Außerdem schrubbte ich achtsam Klos in einem Zenkloster in Frankreich. Ich begann, meine Wäsche mit indischen Waschnüssen zu waschen, und startete den zuweilen recht kläglichen, manchmal jedoch auch von Erfolg gekrönten Versuch, auf Auto, Fernseher, Handy und andere Annehmlichkeiten der Neuzeit zu verzichten. Dabei übte ich mich– zugegebenermaßen anfangs noch recht holprig– in Nächstenliebe, indem ich z.B. Dinge, an denen mein Herz sehr hing und die schon lange in meinem Besitz waren, an Freunde verschenkte. Außerdem meditierte ich vier Wochen lang ununterbrochen schweigend, also ohne auch nur ein einziges Wort von mir zu geben, in einem amerikanischen Meditationszentrum.
Über all dem schwebte stets die Frage: Ist dies für mich eine Möglichkeit, mich innerlich und auch in Bezug auf die äußeren Umstände meines Lebens freier und im Großen und Ganzen liebevoller zu fühlen?
Um es nun schon einmal kurz vorwegzunehmen: Allzu oft hat mir im Rahmen dieses zwölfmonatigen Selbstversuches mein innerer Schweinehund in Sachen Einfachheit und innerer Herzensöffnung leider ein Schnippchen geschlagen und ich bin wahrlich nicht selten gescheitert. Dennoch entdeckte ich auch ungeahnte Freiheiten, die bewusster Verzicht hier und da und ein einfacheres und natürlicheres Leben im Allgemeinen mit sich bringen können. Der Versuch, mein Leben schlichter und in Folge dessen gesünder, besser und in gewisser Weise sogar reicher und erfüllter zu gestalten, hat sich in jedem Fall gelohnt!
Ob ich nun aber wirklich ein besserer Mensch geworden bin, das mögen andere beurteilen. Es wäre schön, wenn ich bei meinen Mitmenschen zumindest manchmal diesen Eindruck hervorrufen könnte. Ein erster Schritt in diese Richtung ist durch dieses Experiment jedenfalls für mich getan. Es braucht zuweilen eine gehörige Portion Mut, um sich selbst und das Leben, das man gerade führt, in Frage zu stellen. Neugierde und Kampfgeist sind gefragt, um die eigenen Lebensgewohnheiten auf ihre Authentizität und Wahrheit hin zu überprüfen und den eingefahrenen, vielleicht sogar recht ungesunden Trott zu durchbrechen.
Mein persönlicher Tipp ist: Bewahren Sie sich auf alle Fälle Ihren Humor, falls Sie sich demnächst auch aufmachen wollen, ein besserer Mensch zu werden. Mit einem Lächeln auf den Lippen lebt sich’s in vielerlei Hinsicht einfach leichter und im wahrsten Sinne des Wortes auch besser.
Um mir den Einstieg in die Einfachheit etwas leichter zu gestalten, beschloss ich, zunächst einen Ort aufzusuchen, der mir von Kindheit an vertraut ist. Schon als kleines Mädchen stieg ich mit meinen Eltern und meiner Schwester regelmäßig hinauf in die Berge, um in einer kleinen Hütte die Ferien oder auch nur das Wochenende zu verbringen. In der Regel begleiteten uns Freunde und Spielkameraden mit hinauf und so war die Hütte immer bis unters Dach voll mit Menschen. Meine glücklichsten Kindheitserinnerungen sind mit diesen Sommern und Wintern in den Bergen verbunden. So lag es nahe, meinen Selbstversuch auch dort oben in vertrauter Umgebung zu starten.
Der Weg zur Hütte hinauf ist streckenweise recht steil und für Ungeübte zuweilen beschwerlich. Die kommenden zehn Tage allein auf mich gestellt und in Einfachheit zu verbringen, bedeutet also in erster Linie erst einmal eine riesige Schlepperei. Mit einem Rucksack auf den Schultern, der zweiundvierzig Liter fasst und der bis oben hin vollgestopft ist, quäle ich mich in die Höhe. Für mein Experiment habe ich mir vorgenommen, nur das Nötigste für die Zeit hier oben einzupacken. Aber was ist das Nötigste? Ist das nicht individuell sehr verschieden? Klar, Kleidung zum Wechseln und genügend Lebensmittel, damit ich nicht Hunger leide, das muss alles mit und gehört einfach zum Standard! Aber dann wird es schon schwieriger: Klopapier fürs Plumpsklo steckt ganz unten im Rucksack, denn obwohl ich schon zigmal in Indien gewesen bin und mit den Toilettengewohnheiten dort vertraut bin, habe ich immer noch Schwierigkeiten damit, lediglich die linke Hand und ein bisschen Wasser nach dem großen Geschäft zu benutzen. Andererseits nehmen die blöden Rollen auch ganz schön viel Platz weg.
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