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In seinem Roman 'Waldröschen - Die Rächerjagd rund um die Erde' entführt uns Karl May in eine faszinierende Welt voller Abenteuer und Gefahren. Mit seinem lebhaften Erzählstil und seiner detaillierten Beschreibung der Schauplätze entfaltet sich die Geschichte vor den Augen des Lesers wie ein spannender Film. Das Buch wurde im 19. Jahrhundert veröffentlicht und spiegelt die literarische Atmosphäre dieser Zeit wider, in der Abenteuerromane sehr beliebt waren. May greift in seinem Werk verschiedene Themen wie Freundschaft, Verrat und Rache auf und verwebt sie zu einem mitreißenden Plot.
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Seitenzahl: 5267
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Von den südlichen Ausläufern der Pyrenäen her trabte ein Reiter auf die altberühmte Stadt Manresa zu. Er ritt ein ungewöhnlich starkes Maulthier, und dies hatte seinen guten Grund, denn er selbst war von hoher, mächtiger Gestalt, und wer nur einen einzigen Blick auf ihn warf, der sah sofort, daß dieser riesige Reitersmann eine ganz ungewöhnliche Körperkraft besitzen müßte. Und wie man die Erfahrung macht, daß gerade solche Kraftgestalten das frömmste und friedfertigste Gemüth besitzen, so lag auch auf dem offenen und vertrauenerweckenden Gesichte, und in den treuen, grauen Augen dieses Mannes ein Ausdruck, der keinen Glauben an den Mißbrauch so außerordentlicher Körperstärke aufkommen ließ.
Sein blondes Haar und seine Züge ließen vermuthen, daß er kein Südländer sei; doch war sein Gesicht von der Sonne tief gebräunt und sein Auge hatte jenen scharfen, umfassenden und durchdringenden Blick, welchen man nur an Seeleuten, Präriejägern, oder sehr weit gereisten Männern zu beobachten pflegt.
Er mochte vielleicht sechsundzwanzig Jahre zählen, doch ging von ihm jene Ruhe, jener Hauch der Erfahrung und Gewißheit aus, welcher den Menschen älter erscheinen läßt, als er ist. Seine nach französischem Schnitte gefertigte Kleidung war aus feinen Stoffen, aber bequem gearbeitet, und hinter dem Sattel war ein Reitfelleisen befestigt, welches Dinge zu enthalten schien, die dem Reiter werthvoll waren, denn wie unwillkürlich fühlte er zuweilen daran, um sich zu überzeugen, daß es noch vorhanden sei.
Als er Manresa erreichte, war es bereits am späten Nachmittage. Er ritt durch die alten Mauern und engen Straßen, bis er die Plaza (Marktplatz) erreichte, wo er ein gebautes, hohes Haus bemerkte, über dessen Thür in goldenen Lettern zu lesen war »Hotel Rodriganda«. Der Schärfe seines Rittes nach war zu vermuthen, daß er gar nicht beabsichtigt hatte, in Manresa Einkehr zu nehmen, sobald er aber dieses Schild bemerkte, lenkte er sein Thier in einem kurzen, raschen Trabe nach dem Thore des Hotels, und stieg ab.
Jetzt erst, als sein Fuß die Erde berührte, konnte man seine imposante Erscheinung voll bewundern. Wenn im ersten Augenblicke das Herkulische seiner Figur auffällig erscheinen mußte, so war es doch sogleich die schöne Harmonie seines Gliederbaues, welche jenen Eindruck milderte und neben der Bewunderung und Achtung eine freundliche Zuneigung erwecken mußte.
Einige dienstbare Geister eilten herbei, um sich seiner und seines Thieres zu bemächtigen. Er überließ ihnen dieses, er selbst aber trat in den Raum, welcher für vornehmere Gäste reservirt zu sein schien. Dort befand sich nur ein einziger Mann, welcher sich bei seinem Eintritt höflich erhob.
»Buenas tardes - guten Abend!« grüßte der Fremde.
»Buenas tardes!« antwortete der Mann. »Ich bin der Wirth. Befehlen Eure Gnaden vielleicht eine Wohnung?«
»Nein, gebt einen Imbiß und eine Flasche Vino regio.«
Der Wirth ertheilte die betreffenden Befehle und fragte dann:
»So wollen Sie heute nicht in Manresa bleiben?«
»Ich reite noch bis Rodriganda. Wie weit ist es bis dahin?«
»Sie werden es in einer Stunde erreichen, Sennor. Es sah aus, als ob Sie erst die Absicht hätten, an meinem Hotel vorüberzureiten.«
»Allerdings,« antwortete der Fremde. »Ihre Firma hielt mich zurück. Warum nennen Sie Ihr Haus Hotel Rodriganda?«
»Weil ich längere Jahre Diener des Grafen war, und es seiner Güte verdanke, daß ich mir das Haus bauen konnte.«
»So kennen Sie die Verhältnisse des Grafen genau?«
»Sehr genau.«
»Ich bin Arzt und stehe im Begriffe, mich ihm vorzustellen. Es wäre mir lieb, mich orientieren zu können. Welches sind die Personen, die man auf Schloß Rodriganda trifft?«
Der Wirth schien, entgegengesetzt der spanischen Weise, ein menschenfreundlicher Mann zu sein, vielleicht war es ihm auch lieb, in der einsamen Nachmittagsstunde eine Unterhaltung zu finden. Er antwortete redselig:
»Ich bin gern bereit, Ihnen jede Auskunft zu ertheilen, Sennor. Ich höre an Ihrer Aussprache des Spanischen, daß Sie ein Ausländer sind. Jedenfalls sind Sie von dem kranken Grafen herbei gerufen worden?«
Der Fremde wiegte den Kopf leise hin und her, als sei er zweifelhaft, welche Antwort er geben solle, dann meinte er:
»Es ist so ähnlich, wie Sie es errathen. Ich bin ein Deutscher und heiße Sternau, war jedoch längere Zeit erster Assistenzarzt bei dem Professor Letourbier in Paris, und dort erhielt ich vor kurzem die Bitte, schleunigst nach Rodriganda zu kommen.«
»Ah so! Vielleicht finden Sie den Grafen gar nicht mehr am Leben.«
»Warum?«
»Er ist seit längeren Jahren blind, unheilbar blind, wie die Aerzte sagen, und seit letzter Zeit hat sich ein arges Steinleiden bei ihm entwickelt, welches neben seiner außerordentlichen Schmerzhaftigkeit schließlich lebensgefährlich wurde. Nur die Operation kann ihm helfen. Er war bereit sie vornehmen zu lassen, und ließ zu diesem Zwecke zwei der berühmtesten Chirurgen kommen, fand aber ganz unerwarteten Widerstand bei seiner einzigen Tochter, Contezza Rosa. Die Aerzte konnten jedoch nicht warten, und gestern hörte ich, daß heute der Schnitt vorgenommen werden solle.«
»O wehe, so komme ich zu spät!« rief der Fremde, indem er emporsprang. »Ich muß schleunigst fort. Vielleicht ist noch Zeit!«
»Schwerlich, Sennor. Einen solchen Schnitt unternimmt kein Arzt in der Stunde der Dämmerung. Wurde er heute unternommen, so ist er bereits vorüber. Uebrigens ist es möglich, daß man noch gewartet hat, da die gnädige Contezza die Operation von Tag zu Tag verschieben ließ, obgleich die Aerzte und auch der Graf selbst, ebenso wie sein Sohn, keinen Aufschub gelten lassen wollten.«
»Der Graf Emanuel de Rodriganda-Sevilla hat einen Sohn?«
»Ja, einen einzigen; der ist Graf Alfonzo, welcher eine lange Reihe von Jahren in Mexiko gewesen ist, wo der Graf höchst ausgedehnte und reiche Besitzungen hat. Er wurde jetzt nach Hause gerufen, um bei der Operation, welche ja den Tod zur Folge haben kann, gegenwärtig zu sein. Graf Emanuel hat natürlich vorher sein Testament gemacht.«
»Welche Personen sind außer dem Grafen und seinen beiden Kindern auf Schloß Rodriganda zu erwähnen?«
»Da ist zunächst Sennora Clarissa, eine sehr entfernte Verwandte des Hauses. Sie ist Oberin des Stiftes der Karmeliterinnen zu Saragossa und zugleich die Duenna der jungen Gräfin, da dieselbe keine Mutter mehr besitzt. Schwester Clarissa ist sehr fromm, wird aber von Contezza Rosa nicht geliebt. Ferner ist da Sennor Gasparino Cortejo, eigentlich Advokat und Notar hier in Manresa, der aber sehr viel auf Schloß Rodriganda verkehrt, weil er der Geschäftsführer des Grafen ist. Auch er ist sehr fromm und dabei außerordentlich stolz. Ich könnte auch noch erwähnen den guten Kastellan Juan Alimpo und seine Frau Elvira, sehr treue und brave Leute, die ich Ihnen empfehlen kann. Andere sind nicht zu nennen, da der Graf sehr einsam lebt.«
»Kennen Sie nicht den Namen Mindrello?«
»O, den kennt ein jedes Kind. Mindrello ist ein armer, ehrlicher Teufel, den man in Verdacht hat, daß er zuweilen ein wenig Schmuggel treibt; darum nennt man ihn gewöhnlich Mindrello, den Contrebandier. Aber Sie können ihm alles Vertrauen schenken. Er ist besser als mancher Andere, der ihn verachtet.«
»Ich danke, Sennor! Nach dem, was ich vernommen habe, darf ich mich nicht länger hier verweilen. Buenas noches - gute Nacht!«
»Buenas noches, Sennor! Ich wünsche, daß Sie nicht zu spät ankommen.«
Doktor Sternau bezahlte das Genossene, ließ sich sein Maulthier vorführen, schwang sich hinauf und ritt im Galopp davon.
Der Tag neigte sich bereits zu Ende, so daß Rodriganda vor Einbruch der Dunkelheit schwerlich zu erreichen war. Während das Maulthier leicht und flüchtig auf der Straße dahinjagte, griff der Reiter in die Tasche und zog ein zusammengefaltetes Papier hervor. Der abgegriffene Zustand desselben ließ vermuthen, daß Sternau die darauf enthaltenen Zeilen bereits sehr oft gelesen habe, dennoch faltete er es jetzt während des Reitens wieder auseinander und las zum hundertstenmale die von einer schönen, festen Frauenhand hingeschriebenen Worte:
Nachdem er das Schreiben gelesen hatte, faltete er es zusammen und barg es wieder in die Tasche. Er ritt jetzt durch einen dichten Eichenwald, aber er sah nicht die Eichen und nicht den Weg, den sie besäumten. Er dachte zurück an Paris und an die Stunde, in welcher er die Schreiberin dieses Briefes zum erstenmale gesehen hatte.
Das war im Jardin des Plantes gewesen. Er trat um ein Bosquet, um sich auf die daselbst stehende Bank niederzulassen, und fand dieselbe bereits besetzt. Er wich erstaunt und verwirrt zurück, verwirrt von dem Liebreize der jungen Dame, welche er in ihrer Einsamkeit gestört hatte. Auch sie erhob sich, und nun sah er sich einer Schönheit gegenüber, wie er sie in dieser Vollendung bisher gar nicht für möglich gehalten hatte. Er, der erfahrene Mann, der Arzt, fühlte, daß seine Pulse stehen blieben, um ihm dann mit zehnfacher Geschwindigkeit das Blut aus dem Herzen nach den Schläfen und in die Wangen zu treiben. Jene Stunde entschied über ihn und auch - über sie. Sie liebten einander unaussprechlich, aber auch ebenso unglücklich. Er durfte sie nur in jenem Garten treffen und sehen. Sie war, wie sie ihm mittheilte, Gesellschafterin der Contezza Rosa de Rodriganda, welche mit ihrem blinden Vater in Paris verweilte, und hatte aus Ursachen, welche sie ihm nicht mittheilen konnte, das Gelübde gethan, unverheirathet zu bleiben. Er fühlte sich hochbeglückt vor Wonne über ihre Gegenliebe, doch fast wahnsinnig vor Schmerz über ihren unerschütterlichen Entschluß, den er nicht zu fassen und zu begreifen vermochte. Er bat und flehte, er beschwor sie; sie weinte und blieb dennoch fest. Dann reiste sie ab und er mußte ihr versprechen, sich niemals nach ihr zu erkundigen. Sie wollten für dieses Leben scheiden, um sich in einer anderen Welt als Selige wiederzufinden. Nur ein einziges Mal hatte er sie an sein Herz ziehen und seinen Mund auf ihre Lippen pressen dürfen; aber diese Wonne wurde von dem Schmerze der Trennung überströmt, und seit jener Zeit hatte er wie ein Riese mit dem Leide gerungen, welches sein Herz durchwühlte und sein Leben umkrallte; allein er hatte es zu keinem Siege gebracht. Das herrliche Wesen, welches er besessen hatte, nur um es wieder zu verlieren, war der Gedanke seiner Tage und der Traum seiner Nächte, und wenn er auch hoffte, daß sein Herz einst noch zur Ruhe kommen werde, so wußte er doch, daß er diese späte Ruhe mit einem großen Theile seines Lebens bezahlt haben werde. Da plötzlich erhielt er diesen Brief. Er las ihn und fühlte all' seine Fibern beben. Ohne zu fragen und zu zagen, packte er sofort das Nöthige ein und folgte dem Rufe der Theuren. Obgleich nur eine Gesellschafterin, war sie ihm doch entgegengetreten wie ein holdes, überirdisches Wesen, wie eine jener Feen, deren Auge zuweilen über das arme Leben des Sterblichen hineinleuchtet, wie ein Blick aus Himmelsräumen. Als nun diese Fee gebot, so mußte er gehorchen. Er flog durch das ganze Frankreich; er eilte in rasender Hast über die Pyrenäen, und nun, nun endlich näherte er sich dem Ziele, wo er sie wiedersehen sollte, die Herrliche, die Unvergleichliche, der er zu eigen war mit Seele, Leib und Leben. Der Galopp des Maulthieres war ihm noch zu langsam; er trieb es zu vermehrter Eile, und eben als die Sonne hinter den westlichen Höhen niedertauchte, ritt er in das Dorf Rodriganda ein.
Es hatte ein weit besseres und freundlicheres Aussehen, als es gewöhnlich mit spanischen Dörfern der Fall zu sein pflegt. Die Straße war breit und sauber gehalten, und die Häuser des Ortes lugten mit ihren funkelnden Fensterscheiben ordentlich verführerisch aus den wohlgepflegten Blumengärten hervor. Dies war ein Zeichen, daß der Graf Emanuel de Rodriganda-Sevilla nicht nur ein Herr, sondern vielmehr ein Vater seiner Unterthanen sei, der Alles that, um ihr Glück und Wohl zu fördern.
Er fragte einen ihm Begegnenden nach der Wohnung Mindrello's und wurde nach dem letzten Häuschen des Dorfes gewiesen. Er sprang vor demselben von dem Thiere und trat ein. Die Familie befand sich soeben bei einer frugalen Abendmahlzeit. Sie bestand aus Mann, Frau, Schwiegervater und vier Kindern, deren helle Augen dem Fremden furchtlos und neugierig entgegenglänzten.
»Wohnt hier Mindrello?« fragte Sternau.
»Ja, Sennor, ich bin es,« antwortete der Mann, indem er sich vom Stuhle erhob.
Er war eine kräftige, untersetzte Gestalt, die jeder Strapaze gewachsen zu sein schien, und sein offenes Gesicht konnte ihm als die beste und zuverlässigste Empfehlung dienen.
»Kennen Sie die Gesellschafterin der Contezza de Rodriganda?«
»Wie heißt sie?« forschte der Spanier mit gespannter Miene.
»Rosetta.«
»Heilige Madonna von Cordova, so sind Sie wohl Sennor Sternau aus Paris?«
»Der bin ich.«
Da erhoben sich sämmtliche Mitglieder der Familie und streckten ihm mit einem freudigen Willkommen die Hände entgegen, sogar die Kinder wagten sich herbei, um ihm mit lachenden Gesichtern die kleinen Händchen entgegenzustrecken.
»Willkommen, herzlich willkommen!« rief Mindrello. »Sie kommen grad' noch zur rechten Zeit. Die gnädige Contezza - die schöne Juno, ich wollte sagen, die gute Sennora Rosetta ist in großer Angst gewesen. Ich werde sogleich nach ihr senden.«
»Wurde der Graf heute operirt?«
»Nein, noch nicht; die Contezza hat so lange gebeten und gefleht, bis man es noch einmal verschoben hat; aber morgen wird es sicher geschehen. Die Contezza ist ganz überzeugt, daß Sie kommen werden, Sennor.«
»So weiß sie von dem Briefe, den mir die Gesellschafterin, Sennora Rosetta, gesendet hat?«
»Ja, hm, natürlich weiß sie es,« antwortete der Spanier mit einiger Verlegenheit. »Aber, Sennor, wir haben Ihnen für heut' ein kleines Zimmerchen fertig gemacht, da oben im Giebel, wo die Blumen vor dem Fenster stehen. Ich werde Sie herauf führen und Ihnen sogleich ein Abendbrot geben, bevor die Sennora kommt.«
»Und mein Maulthier?«
»Das wird beim Nachbar einen Platz und auch Futter finden, bis Sie mit ihm in das Schloß ziehen. Wollen Sie mir folgen, Sennor?«
Er führte Sternau eine kleine Treppe empor in ein niedliches Gemach, dessen Decke der Arzt mit dem Kopfe erreichte, in welchem aber die allerhöchste Sauberkeit herrschte, in Spanien eine sehr große Seltenheit. Bald wurde das Mahl gebracht und während dessselben konnte Sternau durch das Fenster die herrlichste Aussicht auf das Schloß genießen.
Noch aus der Zeit der Mauren stammend, bildete es ein gewaltiges, durch malerisches Kuppelwerk gekröntes Viereck, welches trotz der Massenhaftigkeit seiner hoch und lang gestreckten Fronten so leicht und lieblich gegliedert zum Himmel strebte, als sei es aus leuchtenden Minarets (Thürmchen), mit Rosenblättern verziert, gebildet. Von diesem weithin schimmernden Bau stachen die ihn umgebenden dunklen Korkeichenwaldungen außerordentlich effectvoll ab, und wer ihn jetzt betrachtete, als das verglimmende Abendroth seine zauberischen Tinten über ihn warf, der konnte sich in jene Gegenden des Morgenlandes versetzt fühlen, wo aus dem ewigen Pflanzengrün die Bauwerke der Khalifen so weiß, rein und unbefleckt emporragen, als ob sie von den Händen der Engel und Seligen errichtet worden seien.
Der Tag schied aus dem Thale; die Dämmerung verschwand, und der Abend warf seine Schatten über Schloß und Dorf. Sternau brannte das Licht an und durchsah die Instrumente, welche ihm Mindrello herauf gebracht hatte, ehe er das Maulthier zum Nachbar schaffte. Da hörte er die Stiege leise knarren und dann klopfte es.
»Herein!« antwortete er.
Die Thür wurde geöffnet und - da stand sie unter derselben, von dem Lichte hell bestrahlt, sie, nach der er sich gesehnt hatte mit jedem Gedanken seines Herzens. Er öffnete die Arme und wollte ihr entgegeneilen; aber es ging ihm wie damals in Paris: Sie, die einfache Gesellschafterin, stand vor ihm so stolz, so hoch und hehr wie eine Königin; sein Fuß stockte, er wagte es nicht einmal, ihre Hand zu erfassen.
»Rosetta - - -!«
Dieses eine Wort war Alles, was er zu sagen vermochte; aber es lag in seinem Tone eine ganze Welt voll Entzücken und - Herzeleid.
Sie stand vor ihm, ebenso ergriffen wie er. Sie sah ihn erbleichen; sie sah, daß er mit der Hand nach seinem Herzen fuhr; sie sah, daß sein Auge größer und dunkler wurde, wie unter einer aufsteigenden Thränenfluth, und nun zitterte auch ihre Stimme, als sie fragte:
»Sennor Carlos, Sie haben mich noch immer nicht vergessen?!«
»Vergessen?« erwiderte er. »Verlangen Sie von mir Alles, aber verlangen Sie nicht, daß ich Sie jemals vergessen soll! Sie sind mein Denken und Empfinden, mein Leben und Leiden, und Sie vergessen, das heißt nichts Anderes, als sterben.«
»Und dennoch muß es sein! Heut aber dürfen wir uns noch sehen, und so will ich Ihnen danken, daß Sie gekommen sind!«
»O, Sennora, ich glaube, ich wäre gekommen und wenn ich auf dem Sterbebette gelegen hätte,« antwortete er in tiefster Bewegung.
»Fast möchte ich Ihnen das glauben, denn auch ich habe erfahren, wie allmächtig die Liebe ist. Aber lassen Sie uns von dem sprechen, was mich veranlaßte, Sie nach hier zu rufen!«
»Ihre Zeilen waren unbestimmt. Sie ließen nur vermuthen, daß der Graf sich in einer Gefahr befindet. Ich habe dann in Manresa gehört, daß er eine Operation erleiden soll?«
»Allerdings, aber es giebt noch andere Gründe, welche mir Besorgniß einflößen, Gründe, welche ich nur gegen Sie erwähnen kann, da ich zu Ihnen ein so unendliches Vertrauen besitze. Ich weiß nicht, sondern ich ahne nur, daß der Graf sich auch noch in einer anderen Gefahr befindet, als diejenige ist, welche seine Krankheit befürchten läßt; aber nun ich Sie hier bei uns weiß, bin ich ruhig. Es ist mir, als sei mit Ihrem Erscheinen jede Gefahr gewichen.«
Bei diesem Bekenntnisse leuchtete sein Auge auf; er streckte ihr beide Hände entgegen und frug mit bebender Stimme:
»So groß ist Ihr Vertrauen, Rosetta? O, dann ist es ja sicher, daß Sie mich noch lieben!«
Sie legte die Hände in die seinigen und antwortete:
»Ja, ich liebe Sie, Carlos, ich liebe Sie noch so innig, wie ich Sie bei unserem Scheiden liebte, und ich werde Sie so innig weiter lieben, bis ich einst diese Erde verlasse. Ich bin Ihnen bisher ein Räthsel gewesen, aber morgen werden Sie im Stande sein, dieses Räthsel zu lösen, und dann werden Sie begreifen, daß die Trennung unser einziges Schicksal ist.«
»Warum erst morgen? Warum nicht jetzt?« hauchte er.
»Weil meinem Munde das Wort zu schwer wird, was Sie morgen von der Wirklichkeit erfahren werden. Carlos, grollen wir dem Schicksale nicht, sondern suchen wir unser Glück in der reinen Freude darüber, daß unsere Herzen sich gehören, obgleich uns die Verhältnisse trennen. Lassen Sie uns ohne Leidenschaft sprechen, und zu dem Thema übergehen, welches mich zu ihnen führt!«
Ohne Leidenschaft! Welch ein Verlangen! Die mächtigsten Gefühle stürmten auf ihn ein, aber er zwang sich, ruhig zu sein und führte sie zum Sessel.
»Sie sollen hören, was ich von Ihnen wünsche,« begann sie. »Sie wissen, daß der Graf unheilbar blind ist. Zu diesem Leiden ist ein neues und höchst schmerzhaftes getreten; er leidet an einer sehr ausgebildeten Steinkrankheit, und die Aerzte, welche man zu Rathe zog, behaupten, daß nur die Operation sein Leben retten könne. Er hat sich für diese Operation entschieden und seinen Sohn, den Grafen Alfonzo, aus Mexico kommen lassen, um ihn noch einmal zu sehen, und damit der Erbe anwesend sei, wenn der Schnitt mißglücken sollte. O, das klingt so kalt und geschäftsmäßig, während es mir das Herz zerreißt. Ihr Männer spielt mit dem Tode und nennt dies Muth; mir aber schaudert vor einem solchen herzlosen Muthe. Contezza Rosa liebt den Vater; er war ihr einziger Freund bisher, und sie war seine Hand, die ihn, den Erblindeten, durch das Leben leitete. Sie betet Tag und Nacht zu Gott, daß er gerettet werde, aber sie fühlt eine fürchterliche Angst, daß man den falschen Weg eingeschlagen habe. Die Aerzte sind finstere, kaltherzige Männer, denen sie kein Vertrauen schenkt. Der Notar und Schwester Clarissa, welche den Grafen fast keinen Augenblick verlassen, gleichen unheilvollen Dämonen, welche nach des Kranken Blute lechzen, und Graf Alfonzo, der Sohn, ach, wie unglücklich, wie sehr unglücklich ist die Contezza!«
Sie legte das bleiche Gesicht in die Hände und weinte. Es war nicht jenes laute Weinen, welches das Herz von seiner Last erlöst, sondern jenes stille, unhörbare, welches keinen Laut, sondern nur Thränen, und immer wieder Thränen hat. Sternau konnte nicht zusehen, er kniete vor ihr nieder, zog ihr die Hände von den überströmenden Augen und bat mit flehender Stimme:
»Weinen Sie nicht, Sennora. Sehen Sie mich an: ich bin ein Riese, aber wenn ich weinen sehe, so muß ich vor Schmerz vergehen. Erleichtern Sie Ihr Herz, indem Sie mir Alles mittheilen.«
»Ich werde es thun,« antwortete sie, indem sie sich faßte und ihre Thränen trocknete. Dann fuhr sie fort: »Die Contezza war ein sehr kleines Mädchen, als sie den fortgehenden Bruder zum letzten Male sah. Es vergingen fast sechszehn Jahre, und nun freute sie sich aus vollstem Herzen über seine Wiederkehr. Er kam, und sie eilte ihm entgegen, um an seiner Brust zu liegen; aber nur einen einzigen Schritt, dann blieb sie halten mit vergebens ausgestreckten Armen. Der vor ihr stand, den durfte sie nicht berühren; sie wußte nicht warum, aber eine innere Scheu sagte es ihr. Das war nicht das Auge oder die Stimme eines Bruders; sein Angesicht war hart, und seine Worte klangen ohne Seele. Und dann, als sie ihn von Tag zu Tag beobachtete, gewahrte sie die Blicke, welche er auf seinen Vater warf. Ein jeder dieser Blicke sagte: »Ich laure nur auf Deinen Tod!« Es wurde ihr Angst; sie ahnte ein Geheimniß, oder ein verhängnißvolles Ereigniß, und in dieser Todesangst schrieb sie - - bat sie mich, an Sie zu schreiben, damit Sie kommen und helfen möchten.«
»Was ich thun kann, soll geschehen, wenn es angenommen wird!« versicherte er. »Die Operation soll morgen stattfinden?«
»Ja. Man wird sie auf keinen Fall länger hinausschieben.«
»Wann?«
»Ich hörte, daß sie um elf Uhr vorgenommen werden soll.«
»Werde ich vorher den Grafen sehen und sprechen dürfen?«
»Ja, wenn Sie sich bei der Contezza melden.«
»Wann wird sie mich empfangen?«
»Kommen Sie neun Uhr! Haben Sie bereits einmal den Stein operirt?«
Er lächelte ein wenig.
»Sehr oft, Sennora, Ich glaube sogar, daß man mich für eine Capacität auf diesem Felde hält.«
»Ist die Operation sehr gefährlich?«
»Um dies sagen zu können, muß man den Fall untersucht haben. Warten wir, bis dies geschehen ist!«
»Ja, warten wir! Ich habe zu Ihnen ein unerschütterliches Vertrauen. Nur Sie allein werden Rettung bringen, wenn Rettung möglich ist.«
Sie erhob sich und er frug traurig:
»Sie wollen gehen, Sennora?«
»Ja; ich werde sehr leicht vermißt. Also neun Uhr kommen Sie?«
»Ich komme! Darf ich Sie nicht jetzt begleiten, Sennora?«
Sie besann sich erröthend und antwortete dann:
»Es ist dunkel, und man wird uns nicht sehen. Ja, kommen Sie bis zum Schlosse mit!«
Sie verließen das Häuschen, und er reichte ihr den Arm. So hoch und stark er war, so war er doch kaum um einen halben Fuß länger als sie, und wer sie jetzt hätte so neben einander dahin schreiten sehen, der hätte sie jedenfalls für ein ganz auserlesenes Paar gehalten.
Sie legten ihren Weg unter dem tiefsten Schweigen zurück, aber desto lauter waren die Stimmen ihrer Herzen. Er fühlte ihren Arm auf dem seinigen liegen, und er hätte es nicht gewagt, ihn fester an sich heranzuziehen. Es war ihm, als wandele ein überirdisches, unendlich höheres Wesen neben ihm her, ein Wesen, zu dem er anbetend emporschauen müsse, und als sie endlich vor dem Parkthore standen, um Abschied zu nehmen, da zuckte es ihm zwar heiß und verlangend durch die Seele, aber seine Arme blieben gesunken, und als sie ihm die Hand entgegenstreckte, da zog er dieses kleine, warme Händchen wohl für eine ganz, ganz kurze Sekunde an seine Brust, wagte aber nicht, sie mit seinen Lippen zu berühren.
»Gute Nacht, Carlos,« sagte sie. »Ruhen Sie aus von Ihrer Reise!«
»Ausruhen?« fragte er. »Meine Seele ist ruhelos, bis sie die Ruhe des Grabes finden wird. Gute Nacht, Sennora!«
Er wollte gehen, da aber faßte sie ihn abermals bei der Hand, trat nahe, ganz nahe an ihn heran und lehnte ihr Köpfchen an seine Schulter. Er fühlte ihren warmen, vollen Busen an seinem Herzen sich heben und senken, und er hörte ihre leise gesprochene Bitte:
»Mein Carlos, vergieb mir, und sei nicht unglücklich!«
Da legte er doch die Arme um sie, zog sie innig an sich und flüsterte:
»Wie kann ich glücklich sein, wenn Du mir nicht aufgehen darfst, mein Licht, mein Stern, meine Sonne!«
»Nur unsere Körper werden getrennt sein, unsere Seelen aber haben sich gefunden und werden einander nie verlieren! Gott sei mit Dir!«
Sie trat von ihm zurück und schlüpfte in den Park. Er stand außen und lauschte, bis ihre leichten Schritte verklungen waren, dann aber blieb er noch lange an derselben Stelle. -
Gerade um dieselbe Zeit wurde in einem Zimmer des Schlosses ein Gespräch geführt, für dessen Belauschung Sternau jedenfalls sehr viel gegeben hätte. Es wurde von einem der beiden Chirurgen bewohnt, welche die Aufgabe hatten, unter Assistenz eines Arztes aus Manresa den Grafen von dem Stein zu befreien. Sennor Gasparino Cortejo, der Advokat, befand sich bei ihm. Er hatte sich soeben erhoben, um sich zu verabschieden, und meinte mit seiner kalten, scharfen Stimme:
»Also Sie glauben, daß die Operation absolut tödtlich ist?«
»Absolut!«
»Werden Ihre Kollegen nicht Einspruch erheben?«
»Sie werden nicht wagen, anderer Meinung als ich zu sein. Sie wissen, daß ich zu den Koryphäen der chirurgischen Operation gehöre,« war die stolze Antwort.
»Gut. Sie haben aber dem Grafen glauben lassen, daß er gerettet werde?«
»Natürlich.«
»So bleibt es bei unserer Besprechung. Die Operation findet, ohne der Contezza etwas wissen zu lassen, bereits früh acht Uhr statt. Ihr Honorar erhalten Sie in meiner Wohnung zu Manresa. Gute Nacht!«
»Gute Nacht!«
Die beiden Männer schüttelten sich mit einer Höflichkeit die Hände, als ob jeder den Anderen für einen vollkommenen Ehrenmann halte, dann schieden sie. Der Advokat suchte aber sein Zimmer nicht auf, sondern ließ sich bei der Stiftsdame melden, welche ihm so eilig bis in das Vorzimmer entgegen kam, daß er erkannte, wie sehnsuchtsvoll er von ihr erwartet worden war. Sie zogen sich in das Boudoir der frommen Dame zurück, wo sie die Thüre verriegelte, um vor einem jeden Lauscher sicher zu sein.
Der Notar trug nicht die spanische Nationaltracht, sondern er war ganz schwarz in Frack und Pantalons gekleidet. Die Bewegungen seiner langen, hageren und weit nach vorn gebeugten Gestalt hatten etwas Schleichendes, etwas heimlich Einbohrendes an sich und die Züge seines scharfen, aus einer hohen, steifen Halsbinde hervorragenden Gesichtes zeigten etwas so entschieden Raubvogel- oder Stößerartiges, daß es schwer hielt, diesen Mann nicht zu fürchten. Der Eindruck seines abstoßenden Gesichts wurde verstärkt durch den unstäten, lauernden Blick seiner Augen, welche sich bald hinter die Lider zurückzogen und dann wieder einen so plötzlich stechenden Blick hervorschossen, daß man sich des Gefühles nicht erwehren konnte, man stehe vor einem giftigen Polypen, dessen Fangarmen man rettungslos verfallen sei.
Auch die Stiftsdame trug gewöhnlich ihr schwarzes, häßliches Ordenskleid, jetzt aber hatte sie ein helles, üppiges Negligee angelegt, welches einer Tänzerin alle Ehre gemacht haben würde. Ihre Gestalt war stark und voll und die Züge ihres beinahe fünfzigjährigen Gesichtes waren grob und unweiblich, wozu noch der unschöne Umstand kam, daß das eine ihrer Augen etwas schielte.
»Willkommen, Sennor,« meinte sie, indem sie sich mit bodenlos häßlicher Koketterie in eine Sammetottomane fallen ließ. »Ich habe lange auf Sie warten müssen. Wie steht es?«
»Sehr gut,« antwortete er, indem er an ihrer Seite Platz nahm. »Der Chirurg ist auf meine Vorschläge eingegangen.«
»So hat Gott sein Herz gelenkt, damit wir die Früchte unserer langen Enthaltsamkeit endlich einmal genießen können. Wird der Schnitt tödtlich sein?«
»Absolut.«
»So können wir es nicht ändern,« meinte sie mit einem frommen Augenaufschlage. »Es Ist dem Grafen wohl zu gönnen, daß ihn der Herr von seinen Leiden erlöst. Aber wird die Contezza nicht abermals widerstreben?«
»Diesmal nicht, meine Liebe. Sie weiß nicht anders, als daß die Operation erst um elf Uhr vor sich gehen wird, während wir doch bereits um acht Uhr beginnen. Der Graf wird sein Leiden überstanden haben, wenn sie sich noch bei der Toilette befindet.«
»Und Graf Alfonzo?« fragte sie mit einem sehr impertinenten Zwinkern ihrer divergirenden, sich hin- und herbewegenden Augen.
»Er ist ganz der Mann dazu, unser Meisterstück zu krönen.«
»Ja, es war ein Meisterstück von uns, ein Meisterstück, von welchem diese böse Welt keine Ahnung hat und auch niemals eine Ahnung haben wird. Wir hatten uns lieb, mein alter Gasparino, aber wir konnten uns nicht haben, denn ich war die Tochter eines stolzen Hidalgo und Du warst ein armer, brodloser Schlucker. Wir hätten das Kind unserer heißen Liebe doch noch tödten müssen, wenn Du nicht auf den köstlichen Gedanken gekommen wärest, es an Stelle des kleinen Grafen Alfonzo mit dem Bruder des Grafen Emanuel nach Mexiko zu schicken. Nun sind wir die Eltern eines Grafen und werden bereits morgen über die Millionen der Familie Rodriganda gebieten. Komm, mache Dir es bequem und laß vergessen, daß ich nicht Dein Weib werden konnte!« -
An einer sehr frühen Stunde des nächsten Morgens verließ Contezza Rosa de Rodriganda ihre Gemächer, um einige Zeit im Parke zu lustwandeln. Sie trug weder die beengende Pariser Kleidung, noch irgend eine spanische Nationaltracht; die Gewandung, welche ihren schönen Körper umgab, war das Produkt einer sehr glücklichen Phantasieeingebung, eine sinnreiche Verschmelzung des duftig Maurischen mit dem gediegenen Nordischen.
Unter weiten, goldgestickten, weißseidenen Pantalons stak ein kinderhaftes, zart gebildetes Füßchen in einem glänzenden Prokatschuh, dessen Länge keinesfalls über die berühmte und von den Frauen so heiß ersehnte Nummer Null hinauskam. Ueber diese Pantalons war ein faltiges, rothseidenes Röckchen geschürzt, dessen nach unten ausgeschnittener Vordertheil den Schritt freigab und den herrlichen Gliederbau doch nur mehr ahnen als erblicken ließ. Dieses Röckchen wurde um die schlanke Taille von einem in Gold und Perlen reich verzierten Gürtel zusammengehalten, welcher die Weichheit, Fülle und schöne Rundung der Hüften trefflich hervorhob. Darüber schimmerte ein kurzes Jäckchen von der Farbe, welche den duftenden Rosen von Schiras abgelauscht zu sein scheint, und als Obergewand fiel an den Schultern ein oleanderblüthenfarbiger Manteau, welcher am Boden eine wallende Schleppe bildete und aus jenem schleierartigen, kostbaren Sammet gearbeitet war, welcher nur von den zarten Fingern der Frauen von Derbidschan gewebt werden kann und zu dessen Anfertigung eine solche Arbeiterin für eine einzelne Elle ein Vierteljahr gebraucht. Dieser köstliche Manteau ließ die vollen, herrlichen Arme frei, deren Schnee durch den Perlmutterglanz der weiten Schorabakschleier-Aermel entzückend hindurchschimmerte. Und auf dem Kopfe trug sie ein dunkles, polnisches Barett, mit Kolibri- und Paradiesvogelfedern ausgeputzt, unter welchem das dichte, rabenschwarze Haar in zwei langen, schweren Flechten fast bis über die Kniegegend herniedersanken. Ein einziger, aber desto kostbarerer Brillantring schmückte ihr zartes und doch so volles Kinderhändchen.
Die Züge dieses unvergleichlich schönen Wesens waren weder mit dem Pinsel, noch mit Worten zu beschreiben. In ihnen sprach sich die unentweihte Unschuld des Kindes ebenso, wie das ungestillte Sehnen der reifen Jungfrau aus; in ihnen vereinigte sich die reine Unberührtheit einer Rafael'schen Madonna mit der verheißungsvollen Gluth eines Frauenkopfes von Correggio, und wer in die großen, von dunklen Wimpern beschatteten Augen blickte, welche in einem vollen, tiefen Blau erglänzten, der mußte aus dem frappanten Kontraste dieses Blaues mit der Rabenschwärze des Haares ahnen, daß diese hinreißende Schönheit aus einer innigen Vermählung des maurischen Blutes mit dem westgothischen entstanden sei.
Sternau hatte nicht schlafen können. Die Begegnung mit dem heißgeliebten Mädchen hatte sein tiefstes Innerstes so aufgeregt, daß an eine Ruhe nicht zu denken war. Zwar kehrte er nach seinem Abschied von der Geliebten in seine Wohnung zurück, aber er wanderte während der ganzen Nacht ruhelos in dem kleinen Stübchen auf und ab, aber als er nach Anbruch des Tages bemerkte, daß der Nachbar bereits munter sei, ging er zu diesem hinüber, um sich sein Maulthier satteln zu lassen.
Er bestieg dasselbe und unternahm einen Morgenritt ohne Richtung und Ziel, nur um seinen Gedanken und Gefühlen Raum geben zu können. Endlich sah er Manresa vor sich und er bog in die nach Rodriganda führende Straße ein, welche er gestern gekommen war.
Dort stand eine Venta, ein einsames Wirthshäuschen, vor welchem ein gesatteltes Pferd angebunden war, ein Zeichen, daß sich schon ein Gast in dem Innern befinde. Auch Sternau stieg ab. Er hatte seit gestern Abend nichts zu sich genommen und wollte versuchen, ob er eine Tasse Kaffee erhalten könne. Er trat ein und sah einen nicht sehr fein gekleideten Herrn, vor dem ein chirurgisches Besteck lag, am Tische sitzen. Es war, ohne daß Sternau es ahnte, der Manresaer Arzt, welcher bei der Operation des Grafen assistiren sollte.
Der Wirth, welcher neben ihm saß, setzte, als er der Bestellung Sternau's Gehör gegeben hatte, das durch den Letzteren unterbrochene Gespräch fort:
»Also dem Grafen gilt Ihr Besuch, Sennor Doktor?«
»Wie ich bereits sagte,« antwortete dieser.
»Wird es heute endlich zum Schnitte kommen?«
»Sicher.«
»Wann?«
»Schon um acht Uhr.«
»Aber die Contezza wird es wieder nicht zugeben!«
»Sie wird nicht gefragt. Es ist ihr gesagt worden, daß wir die Operation erst um elf Uhr beginnen.«
»Denken Sie, daß der arme Graf genesen wird?«
»Ja - und - nein - wer weiß es!«
Jetzt erhielt Sternau seinen Kaffee. Er hatte genug gehört. Er trank schleunigst aus, bezahlte und verließ die Stube, ohne mit einem Worte erkennen zu geben, wie sehr er sich für die kurze Unterhaltung interessiren müsse. In gestrecktem Galopp ritt er heim, wo er eine halbe Stunde vor acht anlangte.
Nachdem er sein Maulthier dem Nachbar wieder übergeben hatte, holte er seine Instrumente und eilte nach dem Schlosse.
Es trieb ihn zu der Parkpforte, an welcher er gestern Abend von der Geliebten Abschied genommen hatte. Jene stand offen und er trat ein. Er wandte sich mit raschen Schritten der Richtung nach dem Schlosse zu, eilte durch einen langen Laubengang, und wollte nun einen kleinen, freigelassenen Platz betreten, als er plötzlich in höchster Ueberraschung halten blieb. Vor ihm stand Contezza Rosa. Sie hatte soeben den Gang betreten wollen.
Sein erschrockenes Auge hing an ihr wie an dem Bilde eines entzückenden Traumes, aber sein Herz pochte wie unter einer unglückseligen Erkenntniß. Konnte diese Dame eine Gesellschafterin sein?
»Rosetta!« rief er, die Hände halb verlangend, halb abwehrend nach der Herrlichen ausstreckend.
»Sennor Carlos!« antwortete sie. »Wie kommen Sie so früh in den Park?«
»O mein Gott, träume ich! Ich ahne das Entsetzliche. Sennora, Donna, Sie sind nicht Rosetta, die Gesellschafterin, sondern -«
»Sondern?« fragte sie. »Fahren Sie fort, Sennor!«
»Sie sind Contezza Rosa.«
»Ja, ich bin es; Sie haben richtig gerathen, Carlos,« erwiederte sie, indem sie ihm beide Hände entgegenstreckte. »Können Sie mir vergeben?«
»Vergeben! O mein Gott, wie traurig ist das! Ja, nun weiß ich, warum wir scheiden müssen. Warum haben Sie mir das gethan, warum, Donna Rosa?«
Sie senkte die Lieder und gestand mit zitternder Stimme:
»Weil ich Sie liebte und einige Augenblicke glücklich sein wollte. Das ist nun aus, und um so härter ist die Strafe. Mein Vater - aber ich sehe Ihr Besteck und Sie kommen so früh,« unterbrach sie sich erschrocken. »Hat dies einen Grund?«
»Einen Grund?« fragte er, immer noch wie halb im Traume. »Ach ja, ich vergesse ja das so furchtbar Wichtige. Gräfin, Ihr Vater befindet sich in höchster Gefahr!«
Ueber ihr schönes Antlitz zuckte ein tiefer Schreck.
»Mein Vater?« hauchte sie erbleichend. »In wiefern?«
Er zog die Uhr, warf einen Blick auf dieselbe und antwortete:
»Mein Gott, die Zeit ist bereits da! Sennora, man wird sogleich die Operation an Ihrem Vater beginnen.«
»Jetzt? Die wird ja erst um elf Uhr geschehen!«
»Nein, man hat Sie getäuscht. Es ist ohne Ihr Wissen bestimmt worden, daß der Schnitt um acht Uhr vorgenommen wird. Ich traf auf meinem Morgenritte den Arzt aus Manresa, von dem ich es erlauschte, ohne mich erkennen zu geben.«
»Heilige Madonna! Man verfolgt böse Absichten, sonst würde man mich nicht zu hintergehen suchen. Kommen Sie, Sennor, kommen Sie schnell; wir müssen diese That verhüten!«
Sie wandte sich und eilte in höchster Aufregung dem Schlosse zu; er folgte ihr.
Als sie den Eingang erreichten, war man gerade beschäftigt, ein Pferd in den Stall zu ziehen. Sternau erkannte es als dasjenige des Arztes aus Manresa, der sich sehr gesputet haben mußte, um so schnell in Rodriganda sein zu können.
»Eilen Sie, Sennora!« mahnte der Deutsche. »Die Operateurs sind bereits versammelt; wir haben nicht die mindeste Zeit zu verlieren.«
»Vorwärts! Schnell, schnell!« rief die Gräfin, indem sie die Freitreppe emporstieg und dann in einen mit kostbaren Teppichen belegten Corridor einbog, wo vor einer Thür ein Diener stand.
»Ist der Graf erwacht?« fragte sie diesen.
»Ja, gnädige Contezza,« lautete die Antwort.
»Ist er allein?«
»Nein. Die Aerzte sind bei ihm.«
»Wie lange?«
»Zehn Minuten.«
»Ah, so kommen wir vielleicht noch nicht zu spät! Hinein, Sennor!«
Sie wollte eintreten, doch der Diener trat ihr entgegen und erklärte in einem zwar sehr höflichen, aber doch entschiedenen Tone:
»Verzeihung, Contezza; ich habe den strengen Befehl, jedermann bis auf Weiteres den Zutritt zu verweigern!«
»Auch mir?«
»Besonders Ihnen.«
Ihr Gesicht nahm einen zornigen Ausdruck an. Sie warf das Köpfchen mit einer unnachahmlich stolzen Bewegung zurück und frug:
»Wer hat Ihnen diesen Befehl erteilt?«
»Graf Alfonzo, der mit zugegen ist.«
»Ah, also dieser! Machen Sie Platz!«
»Ich darf nicht! Verzeihung, Contezza; ich kann nicht anders, denn ich habe den Befehl - - -«
Er konnte nicht weiter sprechen, denn Sternau faßte ihn beim Arme, schob ihn wortlos, aber mit unwiderstehlicher Gewalt bei Seite und öffnete die Thür.
Diese führte in das Vorzimmer des Grafen, in welches sie eintraten. Der Diener folgte ihnen, wagte aber kein weiteres Wort des Widerspruches. Von hier aus ging eine Thür nach dem Empfangszimmer des Schloßherrn. Gräfin Rosa fand dieselbe verschlossen und klopfte in Folge dessen daran.
»Wer ist draußen?« fragte nach Wiederholung des Klopfens endlich eine Stimme, die sie als diejenige des Bruders erkannte.
»Ich selbst,« antwortete sie. »Oeffne schnell!«
»Du, Rosa?« klang es mißmuthig und überrascht zurück. »Wer hat Dich eingelassen?«
»Ich selbst.«
»War der Diener nicht auf seinem Posten?«
»Doch. Oeffne schnell, Alfonzo!«
»Ich bitte Dich, nach Deinem Zimmer zurückzugehen. Die Aerzte haben die Gegenwart Anderer sehr streng verboten!«
»Die Meinige laß ich mir nicht verbieten, wenigstens jetzt nicht. Es ist noch lange nicht elf Uhr.«
»Papa hat befohlen, daß die Operation bereits jetzt vorgenommen werde, und eine solche ist nicht für Damenaugen.«
»Ich muß noch vorher mit ihm sprechen!«
»Es geht nicht. Man beginnt bereits - -«
Diese letzten Worte hatten nicht mehr den rücksichtsvollen Klang wie die vorhergehenden. Sie hatten einen scharfen, ungeduldig abweisenden Ton, als meine der Bruder, die Angelegenheit hiermit beendet zu haben. Dies regte, anstatt abzuschrecken, die Gräfin nur noch mehr auf.
»Alfonzo,« rief sie streng, »ich verlange Zutritt, und den darfst Du mir nicht verwehren. Ich habe das Recht und die Pflicht, vorher den Vater zu sprechen!«
»Er wünscht es nicht. Uebrigens habe ich jetzt keine weitere Zeit zu einer Unterhaltung bei verschlossener Thür. Gehe fort, denn Dein Klopfen ist nutzlos!«
»So öffne ich selbst!«
»Versuche es!«
Diese beiden Worte wurden mit einem häßlichen Lachen gesprochen; dann hörte man, daß der Sprecher sich entfernte.
»Mein Gott, was soll ich thun?« fragte Rosa ihren Begleiter.
Er lächelte überlegen, zögerte aber, zu antworten, da er auf etwas zu horchen schien, was jetzt in den verschlossenen Räumen vor sich ging.
»Gnädige Contezza,« meinte der Diener, indem er in demüthiger Haltung näher trat, »ich bin überzeugt, daß man nicht öffnen wird. Haben Sie die Gnade, dieses Vorzimmer zu verlassen, da - - -«
»Schweigen Sie!« unterbrach sie ihn mit einer gebieterischen Handbewegung.
Sie hätte dieser Zurechtweisung des Lakaien vielleicht noch einige erregte Worte hinzugefügt, aber Sternau winkte ihr, das Ohr an die Thür zu halten. Sie that es und hörte wie aus der Ferne die Stimme ihres Vaters in regelmäßigen Zwischenräumen zählen:
»Fünf - sechs - sieben - acht - neun - zehn - elf - - -«
»Was ist das?« fragte sie noch mehr als vorhin erbleichend.
»Der Graf wird chloroformirt,« antwortete Sternau. »Sein Zählen soll das Fortschreiten der Betäubung markiren.«
»So wird man wirklich schneiden?«
»Allerdings.«
»Das darf nicht geschehen! das darf nicht geschehen!« rief sie in höchster, in entsetzlichster Angst. »Sennor, helfen Sie mir!«
»Geben Sie mir Erlaubniß zur Gewalt?« fragte er.
»Ja - aber handeln Sie sofort!«
Sternau trat an die Thür und erhob den Fuß; ein lautes Krachen erscholl, und der Eingang war frei. Der starke Mann hatte die feste, hohe Thür mit einem einzigen Fußtritte aus dem Schlosse getreten. Jetzt stand er mit der Gräfin im Empfangszimmer des Grafen. Dieses war leer, aber weiterhin ertönten laute Stimmen, und der nebenanliegende Raum wurde geöffnet. Graf Alfonzo und einer der Aerzte traten ein.
»Was ist das?« rief der Erstere. »Ich glaube gar, Du wagst es, Gewalt anzuwenden.«
Er übersah es in seiner zornigen Ueberraschung, daß Rosa nicht allein vor ihm stand. Wer ihn jetzt so erblickte, mit drohend blitzenden Augen und stark angeschwollenen Zornesadern an der zwar niedrigen, aber sehr breiten Stirn, der konnte ihn recht gut auch einer gewaltsamen That für fähig halten. Graf Alfonzo war nicht etwa ein häßlicher, abscheuerregender Mann, nein, ein jeder einzelne Theil seines Gesichtes und ein jeder Zug desselben war im Zustande der Ruhe vielleicht schön zu nennen, aber diese verschiedenen Einzelheiten gaben keine fesselnde, befriedigende Harmonie, und jetzt, als der Grimm ihn beherrschte, war der Eindruck, den er machte, nur ein abstoßender zu nennen. Er glich einem jener Satansbilder, bei denen der Meister den Teufel nicht mit Pferdefuß und Hörner darstellt, sondern das Diabolische dadurch zu erreichen sucht, daß er die an und für sich schönen Züge des bösen Geistes zu einander in Widerspruch erscheinen läßt.
»Wagen?« frug die Gräfin, indem sich ihr schönes Angesicht wieder röthete vor Indignation über den unhöflichen Empfang ihres Bruders. »Ich glaube, eine Gräfin Rodriganda-Sevilla hat zu jeder Zeit das Recht, sich den Zutritt in die Zimmer ihres Vaters zu verschaffen. Nicht auf meiner Seite liegt das Wagniß, sondern grad' ich selbst bin es, welche Rechenschaft darüber verlangt, daß man es wagt, eine lebensgefährliche Operation an dem Vater ohne mein Wissen vorzunehmen!«
»Wir haben es so beschlossen, und dabei bleibt es. Entferne Dich!«
»Nicht eher, als bis ich den Vater gesehen und gesprochen habe! Wo ist er?«
»Im Nebenzimmer. Dein unvorsichtiges Auftreten kann ihm das Leben kosten. Eine jede Aufregung, selbst die allergeringste, wird von unausbleiblichen Folgen für ihn sein. Ah, wer ist dieser Mensch hier?«
»Es ist Sennor Sternau, ein berühmter Arzt, den ich von Paris zu mir gebeten habe, um sein Gutachten über die Krankheit des Vaters zu vernehmen. Ich erwarte, daß die Anwesenheit auch Dir willkommen sein wird!«
Der mit eingetretene Arzt zog die kalte Stirn in halb mißmuthige und halb verächtliche Falten. Der Graf aber brauste auf:
»Ein Arzt? Wer hat Dir das erlaubt? Dies ist eine Eigenmächtigkeit sonder Gleichen! Ich hoffe, meinen Willen respektirt zu sehen! Du hast Dich augenblicklich zurückzuziehen und diesen Menschen zu entlassen!«
Bei dieser beleidigenden Rücksichtslosigkeit nahm das Angesicht der Gräfin die Blässe des Todes an, und sie mußte sich einige Augenblicke der Sammlung gönnen, ehe sie antworten konnte. Dann aber schien ihre herrliche Gestalt zu wachsen; sie streckte ihren schneeweißen Arm gebieterisch aus, und ihre Stimme klang hoheitsvoll, wie diejenige einer Königin, als sie entgegnete:
»Vergiß nicht, mit wem Du sprichst! Hier hat nur der Graf de Rodriganda zu gebieten, und wenn er daran verhindert sein sollte, so besitze ich ganz dasselbe Recht wie Du, an seiner Stelle zu befehlen. Die Operation wird nicht stattfinden, bevor dieser Sennor den Kranken genau untersucht hat; ich will es so und werde verstehen, diesem Willen Nachdruck zu verschaffen!«
Die Züge des jungen Grafen wurden schärfer; seine Stirnadern schwollen noch mehr, und seine Stimme erhielt einen geradezu heiseren Klang, als er, die Hand drohend erhoben, hart an sie herantrat, und ihr antwortete:
»Du, Du willst hier befehlen? Du, ein Mädchen? Pah! Die Operation findet statt, und Dich werde ich durch die Dienerschaft entfernen lassen, wenn Du nicht freiwillig gehst, und zwar augenblicklich. Ich bin gewohnt, nur das zu thun, was mir beliebt; das merke Dir!« Und sich an Sternau wendend, fuhr er diesen an:
»Wer hat diese Thür eingetreten?«
»Ich,« antwortete der Gefragte ruhig.
»Mit welchem Rechte, Unverschämter?«
»Mit dem Rechte, welches mir die verehrte Contezza Rodriganda gab. Mein Gehorsam ist also nicht im Mindesten eine Unverschämtheit gewesen, vielmehr erkläre ich sehr gern, sehr aufrichtig und auch zugleich sehr ernst, daß ich noch tausend Thüren eintreten würde, wenn sie, die Gräfin, es wünschen solltet«
Seine hohe, breite Gestalt schien sich bei diesen Worten noch zu vergrößern und seine großen, ehrlichen Augen maßen den Grafen mit einem so milden, nachsichtigen Blicke, als habe es der riesige Deutsche mit einem Schulknaben zu thun, mit dem man lind verfahren müsse. Das aber brachte diesen in noch höheren Grimm, er wandte sich von der Schwester ab, trat auf Sternau zu und drohte:
»Fort, sage ich! Oder soll ich Sie vom Schlosse hetzen lassen?«
Sternau lächelte überlegen.
»Ich bin auf den Ruf der Gräfin Rodriganda hier erschienen,« sagte er sehr gelassen, »um den Grafen, Ihren Herrn Vater, zu sehen. Das werde ich thun, trotz allen Widerspruches und trotz aller Hunde, welche man auf mich hetzen möchte. Ich verstehe ebensogut mit Hunden, wie mit Menschen umzugehen, und lasse es darauf ankommen, ob man mich zwingen wird, mich gegen Beide mit ganz der nämlichen Waffe zu vertheidigen.«
»Elender!« brüllte Alfonzo, indem er seine Faust wie zum Schlage erhob.
»Sennor de Rodriganda, sind Sie ein Graf? sind Sie ein Edelmann?«
Die Frage des Deutschen klang plötzlich so voll und scharf aus seiner mächtigen Brust hervor, und seine Augen schossen dabei einen so unwiderstehlichen Blick auf seinen Gegner, daß dieser unwillkürlich zurückwich. Dann wandte sich Sternau an die Gräfin:
»Sennora, ich bitte, mich diesem Herrn vorzustellen, welcher jedenfalls ein Kollege von mir ist.«
Er deutete dabei mit einem verbindlichen Lächeln auf den spanischen Arzt, welcher sich während des heftiger werdenden Wortwechsels vorsichtig in eine Fensternische zurückgezogen hatte. Die Komtesse nickte zustimmend mit dem Kopfe und folgte seinem Wunsche mit den Worten:
»Sennor Doktor Carlos Sternau, Oberarzt in der berühmten Klinik des Professors Letourbier in Paris - Doktor Francas aus Madrid - ah, da treten auch die anderen Herren herbei. Doktor Millanos aus Cordova und Doktor Cielli aus Manresa.«
Wirklich traten jetzt die beiden anderen Aerzte langsam aus dem Nebenzimmer, herbeigerufen durch den überlauten Wortwechsel und die so ungewöhnliche Störung ihrer Vorbereitungen. Sie verbeugten sich mit bedeutender Kälte vor dem Deutschen, aber der erst anwesende Arzt, Doktor Francas aus Madrid, wechselte die Farbe. Er war wohl der begabteste und unterrichtetste der Drei, und kannte jedenfalls den Namen des Professors Letourbier in Paris zu gut, um nicht zu wissen, daß er jetzt so ganz unerwartet und plötzlich einen Fachmann vor sich habe, dem vielleicht Keiner von ihnen gewachsen sei. Er sah augenscheinlich ein, daß hierin eine ebenso große Gefahr für sie selbst, wie für ihr finsteres Unternehmen liege, der man nur durch die strengste und stolzeste Abwehr des Fremden begegnen konnte; darum erklärte er mit seiner harten, schnarrenden stimme:
»Dieser Sennor ist mir unbekannt. Unsere Vorbereitungen sind beendet, wir bedürfen keiner anderen Beihilfe. Wir sind von unserem hohen Patienten beauftragt worden, die Operation an ihm vorzunehmen, und wenn ich dieselbe nicht sofort und ohne weitere, unberufene Einmischung vornehmen kann, so stehe ich für nichts.«
»Hörst Du?« sagte Graf Alfonzo zu seiner Schwester. »Entferne Dich augenblicklich und befreie uns zugleich von dem Anblicke eines Menschen, dem ich nicht erlauben werde, nur eine Minute länger auf Rodriganda zu verweilen!«
Sie wollte antworten, aber Sternau winkte Ihr, zu schweigen.
»Bitte, verehrteste Contezza,« sagte er, »gestatten Sie mir das Wort! Es ist meine Gegenwart, um welche es sich handelt, und darum will ich auch Derjenige sein, welcher die Antwort giebt. Ich bin Arzt und zugleich Ihr Gast, Contezza, und darum würde es von Seiten Ihres Herrn Bruders die einfachste Höflichkeit und Rücksicht, von Seiten der anderen Herren aber die gewöhnlichste Kollegialität gebieten, Ihren Wünschen Folge zu leisten. Man thut das aber nicht. So stehe ich also hier nicht als ein höflich Bittender, sondern als der Beauftragte und ärztlich Bevollmächtigte der Gräfin Rosa de Rodriganda-Sevilla und erkläre Folgendes: Da man eine so hochgefährliche Operation unter so verdächtigen Umständen vorzunehmen beabsichtigt, so habe ich den triftigsten Grund, zu glauben, daß man damit eine Absicht verfolge, welche das Licht des Tages und das Auge ehrlicher Zeugen zu scheuen braucht. Darum erhebe ich mein Veto dagegen. Ich erkläre einen jeden, der den Schnitt unternehmen sollte, ehe ich den Patienten gesehen und gesprochen habe, für einen leichtsinnigen oder gar vorbedachten Mörder, und werde, falls man darauf besteht, mich mit Gewalt zu entfernen, sofort polizeiliche Unterstützung herbeirufen, welche den Wünschen der Gräfin dann sicher denjenigen Nachdruck geben wird, den man uns jetzt verweigert!«
Wie ein Fürst, wie ein König stand er vor ihnen, mit hoch erhobenem, stolzem Nacken, und einem solchen machtvollen Blicke in seinen Augen, als sei er nicht ein unbekannter Fremder, sondern der Besitzer des Schlosses. Doctor Francas entfärbte sich zum zweitenmale, und zwar noch tiefer als bisher, und die beiden anderen Aerzte senkten ihren Blick unter verlegenem Erröthen zur Erde nieder. Auch der Graf fühlte sich wie von einem Keulenhiebe getroffen; aber er war nicht der Mann, ein bereits begonnenes Spiel wieder aufzugeben. Er versuchte, sich zu beherrschen, zuckte wie mitleidig mit der Achsel und meinte dann:
»Ein Wahnsinniger! Bei Gott, er ist nicht unverschämt, sondern nur wahnsinnig! Ich werde ihn den Dienern übergeben, damit sie ihn in das Irrenhaus bringen!«
Er trat schnell zum Glockenzuge und klingelte.
»Das wirst Du nicht thun!« rief die Gräfin, seine Hand erfassend.
Aber schon erschallte der laute Klang des Signales durch den Korridor, und da das ungewöhnliche Ereigniß die Dienerschaft bereits vorher bis an die Thüre des Vorzimmers herbeigezogen hatte, so stand sie jetzt sofort und zahlreich zur Verfügung.
»Schafft diesen Menschen fort!« gebot der Graf. »Er ist verrückt!«
Statt aller Antwort drehte sich Sternau nach den Domestiken um und schritt auf sie zu. Sie konnten nicht einmal dem bloßen Eindrucke seiner Gestalt und seiner Augen widerstehen; sie wichen vor ihm zurück bis hinaus auf den Korridor, alsdann er hinter ihnen die Thüre verschloß, den Schlüssel zu sich steckte und lächelnd zu den Gegnern zurückkehrte.
»Graf, Ihre Leute versagen Ihnen den Gehorsam,« bemerkte er sehr gleichmüthig. »Verlangen Sie es nicht anders von einem Fremden, den Sie ohne Grund zu beleidigen trachten, obgleich er nur in Ihrem eigenen Interesse an dieser Stelle steht und stets gewohnt gewesen ist, selbst von den höchsten und distinguirtesten Herrschaften mit Achtung behandelt zu werden.«
»Ich frage Sie, ob Sie mir gehorchen werden!« rief der Angeredete jetzt außer sich. »Geben Sie augenblicklich den Schlüssel heraus.«
»Gemach! er gehört einstweilen mir, denn ich bin gegenwärtig Herr der Situation!«
»Mensch, ich ohrfeige Dich!« schrie Alfonzo wüthend.
Er sprang auf den Arzt zu und erhob die Hand zum Schlage, stieß aber sofort einen gräßlichen Schrei des Schmerzes aus, denn Sternau hatte diese Hand ergriffen und mit einer so fürchterlichen Stärke zusammengepreßt, daß die Knochen prasselten und das Blut hervorspritzte.
Auf diesen Schrei öffnete sich langsam die Stubenthüre und es erschien eine Gestalt, die ganz wohl geeignet war, der Situation einen anderen Stempel aufzudrücken, Achtung und Mitleid zu regen.
Der Eintretende war blind, das sah man auf den ersten Blick, aber seine lichtlosen Augen schienen dennoch das Vermögen zu besitzen, die Umgebung zu beherrschen. Seine lange, jetzt durch Leiden abgehagerte Gestalt war in ein weißes Tuch gehüllt, welches wie ein Grabgewand von den Schultern bis auf den Boden herniederwallte. Sein edel gezeichnetes Angesicht war todtesbleich und seine an den Schläfen ergrauten Haare hingen wie gefesselte Schlangen in dichten Strähnen bis in den Nacken hernieder. Es war, als sei ein Geist aus der Gruft gestiegen, um den ruhestörenden Streit der Sterblichen zu bannen. Dieser Mann war der Graf Emanuel de Rodriganda-Sevilla. Die Chloroformirung war noch nicht vollendet gewesen. Er hatte das Bewußtsein wieder erlangt und den Streit vernommen; darum war er, sich fest in das Tuch hüllend, vom Operationstische herabgeglitten und hier eingetreten.
»Was giebt es da? Wer redet hier? Warum beginnt man nicht mit dem Werke?« fragte er, indem er seine todten Augen im Halbkreise herumgehen ließ.
Rosa eilte auf ihn zu und schlang in überströmender Zärtlichkeit die Arme um ihn.
»Mein Vater, mein theurer, lieber Vater!« rief sie. »Der heiligen Jungfrau sei Dank, daß man noch nicht begonnen hat! Nun darf man Dich nicht tödten!«
»Tödten? Wer wollte es denn thun, mein Kind?«
»O, Du wärst gestorben, sicher und gewiß; ich weiß es, ich ahne es, ich fühle es.«
»Die kindliche Liebe und die Angst sprechen aus Dir, meine liebe Tochter. Du hättest uns nicht stören sollen.«
»Recht so, Vater!« fiel hier der junge Graf ein. »Sie hat uns unterbrochen und zwar in welch' unglaublich auffälliger Weise! Ich will Dir nur sagen, daß sie sogar die Thüre hat einbrechen lassen. Sage selbst, ob dies einer Prinzessin Rodriganda würdig ist!«
»Hast Du dies wirklich gethan, mein Kind?« fragte der Graf mit einem milden, ungläubigen Lächeln.
»Ja, ich habe es allerdings gethan, Papa,« antwortete sie. Und dann fuhr sie in edler Aufrichtigkeit fort: »Dein Zustand erfordert die allerhöchste Vorsicht, und Dein theures Leben ist mir viel zu kostbar, als daß ich diese Vorsicht versäumen sollte. Du darfst nur von solchen Männern behandelt werden, zu denen ich Vertrauen habe; ich bemerke aber, daß man sich übereilt und Dein Leben nicht mit der nöthigen Sorgfalt behandelt. Ich starb fast vor Angst und Sorge. Ich schrieb nach Paris und erbat mir von Professor Letourbier einen Operateur, dem ich Dich anvertrauen kann, und nun derselbe heute gekommen ist, wollte man ihn nicht zu Dir lassen. Wirst Du Dich nun noch wundern, daß ich den Eintritt erzwungen habe?«
Er neigte lächelnd das müde Haupt und sagte:
»Meine Aerzte besitzen mein vollständiges Vertrauen, und wenn man Dir die Stunde der Operation verheimlichte, so geschah dies nur, um Dir und mir jede schädliche Aufregung zu ersparen. Wo befindet sich der Pariser Arzt?«
»Er steht hier. Es ist Doktor Carlos Sternau aus Magunzia (Mainz) in Deutschland.«
»Hier, in diesem Zimmer?«
»Ja,« antwortete Sternau jetzt selbst. »Ich bitte um Verzeihung, Graf, daß ich dem Rufe Ihres Kindes Folge leistete. Wenn es sich um das Leben eines Menschen, eines theuren Vaters handelt, kann nie genug geschehen.«
Diese Worte wurden mit einer festen Stimme gesprochen, deren Ton den Blinden sympathisch zu berühren schien.
»Haben Sie bereits einmal einer ähnlichen Operation beigewohnt, Sennor?« fragte dieser.
»Ja.«
Dies war ein einziges, sehr einfaches Wort, aber der Graf erhob den Kopf und sagte:
»Sennor, Sie haben einen sehr vielsagenden Ton. Sie sprachen da nur eine Sylbe, aber ich höre aus derselben, daß Sie bereits sehr vielen Operationen beigewohnt und diese sogar vielleicht geleitet haben -«
»Erlaucht haben recht gehört. Ich bin Oberarzt beim Professor Letourbier.«
»Ah, da mußte man Vertrauen zu Ihnen haben und durfte Sie nicht zurückweisen! Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind, Sennor! Wollen Sie meinen Zustand einer Prüfung unterwerfen?«
»Ich wünsche sehr, es thun zu dürfen, Erlaucht.«
»So treten Sie mit mir ein. Die Herren Aerzte werden uns begleiten; die Anderen aber ersuche ich, zurückzubleiben.«
»Halt!« rief da Alfonzo. »Vater, ich theile Dir mit, daß ich diesem Manne die Thür gewiesen habe. Willst Du meinen Befehl dementiren?«
»Mein Sohn, Du hast diesen Sennor beleidigt und ich bin ihm Genugthuung schuldig.«
»Er hat mir sogar die Hand verwundet!«
Da fiel Rosa ein:
»Alfonzo schlug nach Sennor Sternau und dieser hielt ihm nur die Hand fest; das ist Alles!«
Der Graf erschrak förmlich; dann meinte er mit trauriger Miene:
»Ist es möglich, daß ein Graf Rodriganda einen Menschen schlägt, einen Gast seiner Schwester! Das mag Sitte bei den Vaqueros (Kuhhirten) von Mexiko nach Texas sein, nicht aber in der Familie eines Granden von Spanien. Mein Sohn, Du hast mich sehr betrübt!«
Er kehrte in das andere Zimmer zurück; Sternau folgte ihm nebst den drei Aerzten. Alfonzo, welcher zurückbleiben mußte, raunte mit knirschenden Zähnen seiner Schwester entgegen:
»Das werde ich Dir nicht vergessen! Diesen Kuhhirten sollst Du mir bezahlen müssen!«
Er wollte die Gemächer seines Vaters verlassen, mußte aber bleiben, da Sternau vergessen hatte, die Schlüssel wieder abzugeben. Er trat an eines der Fenster; Rosa aber nahm in einem der Fauteuils Platz, ohne den Bruder weiter eines Blickes zu würdigen.
Das Zimmer, in welches der Graf getreten war, zeigte die ganze Vorbereitung, welche zu der Operation nöthig gewesen war. Ueber eine lange Tafel war eine Matratze gebreitet, welche dem Grafen hatte als Lager dienen sollen; daneben lagen allerlei Instrumente und auf dem Boden standen Gefäße, um die Folgen des Schnittes aufzunehmen.
Der Graf wandte sich an Sternau:
»Sennor, seit mir das Licht meiner Augen geraubt wurde, pflege ich den Menschen nach dem Ton seiner Stimme zu beurtheilen. Die Ihrige erweckt mein vollständiges Vertrauen. Bitte, untersuchen Sie mich!«
Der junge Mann hatte bereits schon viele Patienten behandelt, nie aber hatte er mit den Empfindungen, welche ihn jetzt beseelten, vor einem Kranken gestanden. Dieser Mann war der Vater der von ihm so heiß und hoffnungslos Geliebten, und unwillkürlich drängten sich seine Gefühle in einem lauten und tiefen Athemzuge nach oben. Der Graf vernahm denselben und fragte:
»Hegen Sie Sorge, Sennor?«
»Nein, Erlaucht,« klang die Antwort. »Was Sie hörten, war nicht ein Seufzer der Schwäche, sondern ein Gebet zu Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen, daß er es mir gelingen lassen möge, die Erwartungen von Contezza Rosa zu erfüllen. Meine Erfahrung ist reich und meine Hand ist sicher; aber ich erflehe mir immer auch Gottes Segen bei jedem Werke, welches ich unternehme, einem Menschen das verlorene Glück zurückzugeben.«
Da streckte ihm der Graf beide Hände entgegen und sagte:
»Sennor, ich danke Ihnen. Diese Ihre Worte sind ganz im Stande, mein Vertrauen zu Ihnen zu verzehnfachen. Wer trotz seiner Geschicklichkeit auch auf den Beistand Gottes rechnet, der wird leisten, was dem menschlichen Können möglich ist. Beginnen Sie!«
Sternau erkundigte sich in vielen und eingehenden Fragen nach Allem, was das Uebel betraf; dann mußte sich der Graf auf der Tafel ausstrecken, um auf das Allersorgfältigste untersucht zu werden. Die Gewandtheit, mit welcher dies geschah, ließ die drei spanischen Aerzte zu der Erkenntniß kommen, daß sie es hier mit einem weit überlegenen Geiste zu thun hatten. Endlich durfte sich der Patient wieder erheben; er frug den Deutschen nach dem Ergebnisse der Untersuchung, erhielt aber anstatt der erwarteten Antwort vorläufig nur die Frage:
»Erlaucht, Sie sind blind. Darf ich mir auch in Beziehung hierauf eine Erkundigung gestatten?«
»Fragen Sie getrost, Sennor.«
Auch hier waren eine große Menge von Fragen zu beantworten; dann brachte Sternau verschiedene Instrumente hervor, mit denen er die Augen beleuchtete, berührte, bewegte und untersuchte. Endlich war er auch damit zu Ende und wandte sich an die Spanier:
»Sennores, Ihr College Francas aus Madrid hat vorhin erklärt, daß er keine fremde Einmischung dulden werde; ich muß also auf eine discrete und collegialische Conferenz Verzicht leisten und sehe mich gezwungen, meine Ueberzeugung mit aller Aufrichtigkeit auszusprechen, ohne auf jemand Rücksicht nehmen zu müssen. Erlaucht, auf welche Weise sollte Ihnen der Stein entfernt werden?«
»Durch einen operativen Eingriff auf das Mittelfleisch,« antwortete der Gefragte.
Sternau erschrak auf das Heftigste.
»Das ist nicht möglich, Erlaucht,« rief er. »Entweder hat man Sie zu täuschen versucht, oder haben Sie falsch gehört! Aber zu einer Täuschung kann ich allerdings keine Veranlassung erkennen.«
»Es ist so, wie ich sagte,« erklärte der Graf. »Fragen Sie diese Sennores!«
Sternau warf einen Blick auf die Aerzte, von denen nur Francas in trotzigem Tone erklärte: