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Ratgeber zu einem innerlichen Leben gibt es viele – an der großen Reformatorin des Karmels Teresa von Ávila kommt man nicht vorbei. Im Weg der Vollkommenheit schenkte sie ihren Ordensschwestern mit viel pädagogischem Geschick eine Einführung in die Kontemplation. Die kommentierte Endfassung ermöglicht auch heute Christinnen und Christen, sich von Teresa faszinieren zu lassen und eigene spirituelle Lernthemen für sich zu entdecken. Die Anleitung zum inneren Beten verbindet Teresa gekonnt mit praktischen Beispielen und einer Auslegung des Vaterunsers. Ein Klassiker der geistlichen Literatur!
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Seitenzahl: 608
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Die Autorin
Impressum
Inhalt
Siglen und Abkürzungen
1. Schriften der hl. Teresa und des hl. Johannes vom Kreuz
2. Sonstige Abkürzungen
Einführung
1. Entstehungsgeschichte
1.1. Mündliche Unterweisungen
1.2. Die erste schriftliche Fassung (Manuskript von El Escorial)
1.3. Die zweite Fassung (Manuskript von Valladolid)
1.4. Beide Fassungen im Vergleich
1.5. Die Überschrift
1.6. Drucklegung
2. Das Hauptthema des Weges der Vollkommenheit: Das innere Beten
2.1. Frauen und inneres Beten
2.2. Inneres Beten: Gefahr oder Königsweg?
2.3. Mündliches und inneres Beten
2.4. Voraussetzungen für das innere Beten
2.5. Das Vaterunser
3. Aufbau und literarische Eigenart
3.1. Aufbau
3.2. Literarische Eigenart
4. Teresa als Pädagogin
Anmerkungen
Weg der Vollkommenheit
I H S
[Hauptthema des Buches]
Anmerkungen
Vorwort
Anmerkungen
Kapitel 1
Anmerkungen
Kapitel 2
Anmerkungen
Kapitel 3
Anmerkungen
Kapitel 4
Anmerkungen
Kapitel 5
Anmerkungen
Kapitel 6
Anmerkungen
Kapitel 7
Anmerkungen
Kapitel 8
Anmerkungen
Kapitel 9
Anmerkungen
Kapitel 10
Anmerkungen
Kapitel 11
Anmerkungen
Kapitel 12
Anmerkungen
Kapitel 13
Anmerkungen
Kapitel 14
Anmerkungen
Kapitel 15
Anmerkungen
Kapitel 16
Anmerkungen
Kapitel 17
Anmerkungen
Kapitel 18
Anmerkungen
Kapitel 19
Anmerkungen
Kapitel 20
Anmerkungen
Kapitel 21
Anmerkungen
Kapitel 22
Anmerkungen
Kapitel 23
Anmerkungen
Kapitel 24
Anmerkungen
Kapitel 25
Anmerkungen
Kapitel 26
Anmerkungen
Kapitel 27
Anmerkungen
Kapitel 28
Anmerkungen
Kapitel 29
Anmerkungen
Kapitel 30
Anmerkungen
Kapitel 31
Anmerkungen
Kapitel 32
Anmerkungen
Kapitel 33
Anmerkungen
Kapitel 34
Anmerkungen
Kapitel 35
Anmerkungen
Kapitel 36
Anmerkungen
Kapitel 37
Anmerkungen
Kapitel 38
Anmerkungen
Kapitel 39
Anmerkungen
Kapitel 40
Anmerkungen
Kapitel 41
Anmerkungen
Kapitel 42
Anmerkungen
Gutachten zum Weg der Vollkommenheit
Anmerkungen
Literatur
Glossar
Zu den Abbildungen
Text und Übersetzung der lateinischen Bildunterschriften
Teresa von Ávila
Weg der Vollkommenheit
Endfassung (Kodex von Valladolid)
Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet vonUlrich Dobhan OCDElisabeth Peeters OCD
Die Autorin
Teresa von Ávila (1515–1582), spanische Ordensgründerin und Mystikerin; durch ihr Wirken entstanden zahlreiche Klöster eines neuen Zweigs des Karmelitenordens (Teresianischer Karmel). Papst Paul VI. verlieh ihr 1970 als erster Frau den Titel „Kirchenlehrerin“. Teresa von Ávila ist Schutzpatronin der spanischen Schriftsteller, ihre Werke sind Klassiker der spanischen Sprache.
Die Herausgeber
P. Ulrich Dobhan OCD, Dr. theol., geb. 1944, Karmelit, Priesterweihe 1969, Provinzial der deutschen Provinz des Teresianischen Karmel.
Sr. Elisabeth Peeters OCD, geb. 1954, Karmelitin, studierte Anglistik und Theoretische Linguistik.
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2020Alle Rechte vorbehaltenwww.herder.deUmschlaggestaltung: Verlag Herder GmbH, FreiburgUmschlagmotiv: Revista Teresa de Jesús, ÁvilaSatz und PDF-E-Book: SatzWeise, Bad WünnenbergHerstellung: Těšínská Tiskárna a. s., Český TěšínPrinted in the Czech RepublicISBN Print 978-3-451-38750-0ISBN E-Book (PDF) 978-3-451-82750-1ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83750-0
Siglen und Abkürzungen
Einführung
1. Entstehungsgeschichte
1.1. Mündliche Unterweisungen
1.2. Die erste schriftliche Fassung (Manuskript von El Escorial)
1.3. Die zweite Fassung (Manuskript von Valladolid)
1.4. Beide Fassungen im Vergleich
1.5. Die Überschrift
1.6. Drucklegung
2. Das Hauptthema des Weges der Vollkommenheit: Das innere Beten
2.1. Frauen und inneres Beten
2.2. Inneres Beten: Gefahr oder „Königsweg“?
2.3. Mündliches und inneres Beten
2.4. Voraussetzungen für das innere Beten
2.5. Das Vaterunser
3. Aufbau und literarische Eigenart
3.1. Aufbau
3.2. Literarische Eigenart
4. Teresa als Pädagogin
Weg der Vollkommenheit
[Hauptthema des Buches]
Vorwort
Kap. 1: Über den Grund, der mich bewog, dieses Kloster in so großer Strenge zu gründen.
Kap. 2: Es handelt davon, wie man wegen der leiblichen Bedürfnisse unbekümmert sein soll, und vom Gut, das in der Armut liegt.
Kap. 3: Es setzt fort, was ich im ersten Kapitel darzulegen begann, und überredet die Schwestern, dass sie immer mit der Bitte an Gott beschäftigt sein sollten, dass er denen, die für die Kirche arbeiten, beistehe. Es endet mit einem Ausruf.
Kap. 4: In ihm dringt sie auf die Beobachtung der Ordensregel und auf drei Dinge, die für das geistliche Leben wichtig sind. Sie erklärt das erste dieser drei Dinge, nämlich die Nächstenliebe, und welchen Schaden Sonderfreundschaften anrichten.
Kap. 5: Sie macht mit den Beichtvätern weiter. Sie sagt, wie wichtig es ist, dass sie studiert sind.
Kap. 6: Sie kehrt zum Thema der vollkommenen Liebe, das sie angefangen hatte, zurück.
Kap. 7: In ihm spricht sie vom gleichen Thema der geistlichen Liebe und gibt einige Ratschläge, um sie zu gewinnen.
Kap. 8: Sie spricht über das große Gut, das im inneren und äußeren Loslassen von allem Geschaffenen liegt.
Kap. 9: Sie spricht vom großen Gut, das für die, die die Welt verlassen haben, darin besteht, den Verwandten zu entfliehen, und wie sie dann umso wahrere Freunde finden.
Kap. 10: Sie spricht davon, wie es nicht reicht, vom Erwähnten zu lassen, wenn wir uns selbst nicht loslassen, und wie diese Tugend mit der Demut zusammengeht.
Kap. 11: Es geht weiter mit der Einübung ins Ego-Sterben, und es ist die Rede vom Ego-Sterben, das sie in Krankheiten erwerben sollen.
Kap. 12: Für wie unbedeutend der wahre Liebhaber Gottes sein eigenes Leben halten muss, und auch sein Ansehen.
Kap. 13: Es geht weiter mit der Einübung ins Ego-Sterben und damit, wie man vor dem Prestigedenken und den Rechtsansprüchen der Welt fliehen soll, um zu seinem wahren Recht zu kommen.
Kap. 14: Es ist die Rede davon, wie wichtig es sei, keine zur Profess zuzulassen, deren Einstellung den genannten Punkten widerspricht.
Kap. 15: Es handelt davon, wie gut es ist, sich nicht zu rechtfertigen, selbst wenn man sieht, dass man ohne Schuld verurteilt wird.
Kap. 16: Über den Unterschied, der in der Vollkommenheit zwischen dem Leben der Kontemplativen und dem Leben derer bestehen muss, die sich mit innerem Beten begnügen; und darüber, wie es manchmal möglich ist, dass Gott eine zerstreute Seele zur vollkommenen Kontemplation erhebt, und was der Grund dafür ist. Dieses Kapitel und das, welches darauf folgt, sind sehr zu beachten.
Kap. 17: Dass nicht alle Seelen für Kontemplation geeignet sind, und dass manche erst spät dahin gelangen, und dass der wirklich Demütige zufrieden den Weg gehen soll, auf dem ihn der Herr führt.
Kap. 18: Sie fährt mit derselben Thematik fort und sagt, wie viel größer die Prüfungen der Kontemplativen als die der Aktiven sind. Das ist für diese ein großer Trost.
Kap. 19: Sie beginnt vom inneren Beten zu sprechen. Sie wendet sich an Seelen, die mit dem Verstand nicht diskursiv nachdenken können.
Kap. 20: Darin spricht sie davon, wie es auf dem Weg des Gebets nie an Tröstung fehlt, wenn auch auf unterschiedlichen Wegen, und sie rät den Schwestern, in allen ihren Gesprächen immer davon zu sprechen.
Kap. 21: In ihm sagt sie, wie wichtig es ist, mit großer Entschlossenheit mit dem inneren Beten zu beginnen und sich nichts aus den Hindernissen zu machen, die der Böse entgegenstellt.
Kap. 22: In ihm erklärt sie, was inneres Beten ist.
Kap. 23: Sie spricht davon, wie wichtig es ist, auf diesem Weg des inneren Betens nicht umzukehren, wenn man ihn einmal eingeschlagen hat, und kommt darauf zurück, wie viel daran gelegen ist, dass es mit Entschlossenheit geschieht.
Kap. 24: Darin spricht sie davon, wie man in Vollkommenheit mündlich beten soll, und wie sehr das betrachtende innere damit zusammengeht.
Kap. 25: Darin spricht sie von dem vielen, das eine Seele gewinnt, wenn sie mündliche Gebete vollkommen verrichtet, und wie es dazu kommt, dass Gott sie von da aus zu übernatürlichen Dingen erhebt.
Kap. 26: In ihm erklärt sie Schritt für Schritt das Vorgehen, um das Denken zu sammeln, und gibt Hilfestellungen dazu. Es ist ein sehr nützliches Kapitel für Anfänger.
Kap. 27: In ihm spricht sie von der großen Liebe, die der Herr uns in diesen ersten Worten des „Vaterunsers“ erwiesen hat, und wie wichtig es ist, dass diejenigen, die wirklich Gottes Töchter sein wollen, nichts auf ihre Abstammung geben.
Kap. 28: In ihm erklärt sie, was das Gebet der Sammlung ist; es werden ein paar Mittel angegeben, um sich daran zu gewöhnen.
Kap. 29: Sie gibt weiterhin Hilfsmittel für den Erwerb dieses Gebets der Sammlung an. Sie sagt, wie wenig es uns ausmachen sollte, bei den Oberen gut angesehen zu sein.
Kap. 30: Sie sagt, wie wichtig es ist, dass man versteht, was man im Gebet erbittet. Sie spricht von folgenden Worten des „Vaterunsers“: „Sanctificetur nomen tuum, adveniat Regnum tuum.“ Sie wendet sie auf das Gebet der Ruhe an und beginnt, dieses zu erklären.
Kap. 31: Es fährt mit derselben Thematik fort und erläutert, was das Gebet der Ruhe ist. Es werden einige Hinweise gegeben für die, die es halten. Es ist sehr beachtenswert.
Kap. 32: Es handelt von folgenden Worten des Vaterunsers: „Fiat voluntas tua, sicut in coelo et in terra“, und von dem vielen, das der tut, der diese Worte mit aller Entschlossenheit spricht, und wie gut es ihm der Herr vergilt.
Kap. 33: Darin spricht sie darüber, wie notwendig es für uns ist, dass uns der Herr gibt, worum wir mit den Worten des Vaterunsers bitten: „Panem nostrum quotidianum da nobis hodie.“
Kap. 34: Es fährt mit demselben Thema fort. Dies ist sehr geeignet für die Zeit nach dem Empfang des Allerheiligsten Sakraments.
Kap. 35: Sie beendet das angefangene Thema mit einem Aufschrei zum Ewigen Vater.
Kap. 36: Es handelt von diesen Worten des Vaterunsers: „Dimitte nobis debita nostra.“
Kap. 37: Es handelt von der Vortrefflichkeit dieses Gebets des „Paternosters“, und wie wir in ihm vielfältigen Trost finden.
Kap. 38: Es handelt von der großen Notwendigkeit, die wir haben, unseren ewigen Vater anzuflehen, dass er uns gewähre, worum wir mit diesen Worten bitten: „Et ne nos inducas in tentationem, sed libera nos a malo“, und erklärt einige Versuchungen, was beachtenswert ist.
Kap. 39: Es geht weiter mit derselben Thematik; sie erteilt Warnungen vor einigen Versuchungen unterschiedlicher Art, und gibt zwei Abhilfen an, um sich von ihnen befreien zu können.
Kap. 40: Sie sagt, wie wir bei so vielen Versuchungen sicher gehen, wenn wir uns immer bemühen, in Liebe und Gottesfurcht zu wandeln.
Kap. 41: Es spricht von der Gottesfurcht, und dass wir uns vor lässlichen Sünden hüten müssen.
Kap. 42: In ihm spricht sie über die letzten Worte des Vaterunsers „sed libera nos a malo. Amen – „sondern erlöse uns vom Bösen. Amen.“
Gutachten zum Weg der Vollkommenheit
Literatur
Glossar
Zu den Abbildungen
Einschübe Teresas stehen in runden Klammern, erklärende Einschübe der Übersetzer sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.
In den Anmerkungen werden für die Schriften der hl. Teresa folgende international gebräuchliche Siglen benutzt:
CC Geistliche Erfahrungsberichte (Cuentas de conciencia, in anderen Ausgaben: Relaciones, abgekürzt R)
CE Weg der Vollkommenheit (Camino de Perfección), Erstfassung (Ms. vom Escorial)
CV Weg der Vollkommenheit (Camino de Perfección), Endfassung (Ms. von Valladolid)
Cs Konstitutionen (Constituciones)
CT Weg der Vollkommenheit (Camino de Perfección, Ms. von Toledo)
Ct Briefe (Cartas)
De Geistlicher Wettstreit (Desafío espiritual, in anderen Ausgaben: Respuesta a un Desafío, abgekürzt RD)
E Ausrufe der Seele zu Gott (Exclamaciones del alma a Dios)
Es Lose Blätter (Escritos sueltos, in anderen Ausgaben unter die Memoriales y Apuntes eingereiht und MA abgekürzt)
F Buch der Gründungen (Fundaciones)
M Wohnungen der Inneren Burg (Moradas del Castillo Interior), kurz auch: Innere Burg oder Seelenburg
MC Gedanken zum Hohenlied (Meditaciones sobre los Cantares; in anderen Ausgaben: Gedanken über die Liebe Gottes [Conceptos del amor de Dios], abgekürzt Cp)
P Gedichte (Poesías)
V Leben (Vida)
VD Visitation der Unbeschuhten Schwestern (Visita de Descalzas, in anderen Ausgaben: Visitationsverfahren [Modo de visitar los conventos], abgekürzt Mo)
Ve Neckerei (Vejamen)
Siehe Teresa von Ávila, Werke und Briefe. Gesamtausgabe, herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von U. Dobhan und E. Peeters, 2 Bde. Freiburg – Basel – Wien 2015.
Für die in den Anmerkungen erwähnten Schriften des hl. Johannes vom Kreuz werden folgende in der Fachwelt gebräuchliche Siglen benutzt:
C Geistlicher Gesang (Cántico espiritual)
CA Geistlicher Gesang (Cántico espiritual), 1. Fassung
CB Geistlicher Gesang (Cántico espiritual), 2. Fassung
Ct Klugheitsregeln (Cautelas)
D Merksätze von Licht und Liebe (Dichos de Luz y Amor)
Dict Geistliche Leitsätze (Dictámenes de Espíritu)
Ep Briefe (Epistolario)
LB Lebendige Liebesflamme (Llama de amor viva), 2. Fassung
Mp Berg der Vollkommenheit (Monte de Perfección)
N Dunkle Nacht (Noche Oscura)
P Gedichte (Poesías)
S Aufstieg auf den Berg Karmel (Subida del Monte Carmelo)
4A Vier Anweisungen für einen Ordensmann (Cuatro avisos a un religioso)
Siehe die vollständige Neuübersetzung von U. Dobhan, E. Hense, E. Peeters. Freiburg – Basel – Wien 1996 ff. (5 Bde.).
Anm. Anmerkung
arg Absichtserklärung (argumento)
Bd(e). Band, Bände
Bl. Blatt
BMC Biblioteca Mística Carmelitana
B. S. Anmerkung von Dr. med. Britta Souvignier, Aachen
DA Diccionario de Autoridades
ebd. Ebenda
ed. Ausgabe (edición)
epíl Nachwort (epílogo)
ESGA Edith Stein, Gesamtausgabe
lib. Buch (liber)
LThK Lexikon für Theologie und Kirche
MHCT Monumenta Historica Carmeli Teresiani
Ms. Manuskript
par. und Parallelstellen
prep. ediert (preparado)
pról Vorwort (prólogo)
t. Band (tomo)
tít Überschrift (título)
v. Rückseite (verso)
vol. Band (volumen)
Vg Vulgata
„Wie viele Dinge kommen einem da, wenn man über diesen Weg zu sprechen beginnt! Wenn ich doch mit vielen Händen schreiben könnte, um über dem einen nicht schon wieder das andere zu vergessen!“ (CE 34,4; vgl. CV 20,6). Dieser Weg: damit ist der Weg des inneren Betens gemeint, über den Teresa nicht zum ersten Mal schreibt. Bereits in ihrem Erstlingswerk, der Vida, hatte sie dargestellt, wie der Weg des Betens ihr Leben ist.1 Beten ist für sie Leben in Beziehung, Freundschaft mit dem menschgewordenen Gott (V 8,5). Diese Sicht ihres Lebens und ihrer Person – der Sinn des Lebens für sie – ließ sie im großen Menschwerdungskloster zu Ávila, wo eine ganz andere Sicht vom geistlichen Leben vorherrschte, nicht in Frieden mit sich selbst leben, sondern nach einem Ausweg für sich suchen. Sie hatte erkannt, dass sie für sich eine andere Umgebung brauchte; die Gründe lagen zum Teil bei ihr, aber auch in ihrer Umgebung: „Für mich war der Nachteil dieses Ausgehens [aus dem Kloster] schon groß, auch wenn ich diejenige war, die davon am meisten Gebrauch machte, weil einige Personen, denen meine Oberen nicht absagen konnten, mich gern in ihrer Gesellschaft hatten, so dass sie, dazu gedrängt, es mir auftrugen“ (V 32,9). Darin liegt einer der Hauptgründe, weshalb sie im August 1562 ein eigene kleine Gemeinschaft, das Kloster San José in Ávila, gründete;2 hinzu kommen dann noch andere, eher wohl zweitrangige Gründe. So ist es von ihrer Biographie her geradezu selbstverständlich, dass dieses Leben in Beziehung – also das innere Beten – Hauptthema und Hauptinhalt ihres Lebens in San José werden sollte.
Im religiösen Kontext der damaligen Zeit war das nicht einfach selbstverständlich, da das geistliche Leben in den Klöstern weitgehend von außen diktiert und geprägt wurde, vor allem deshalb, weil die Schwestern auf Spenden von Wohltätern angewiesen waren; diese trugen den Schwestern zusammen mit den Spenden ihre Anliegen vor und forderten mitunter ein detailliertes Gebetspensum ein, so dass das geistliche Leben im Kloster oft völlig verzweckt wurde. Ein fernes Echo auf diese Situation scheinen folgende Worte Teresas zu sein: „Ich lache bei mir und gräme mich wegen der Dinge, mit denen man uns hier kommt und beauftragt, um sie von Gott zu erflehen und Seine Majestät um Renten und Geld zu bitten, und zwar von Personen, denen ich wünschte, sie würden Gott anflehen, das alles mit Füßen zu treten. Sie haben freilich gute Absichten, und man kann daran ihre Frömmigkeit sehen, auch wenn ich überzeugt bin, dass er bei diesen Dingen niemals auf mich hört“ (CV 1,5; vgl. CE 1,5).3
Doch Teresa behauptete sich gegenüber diesem religiösen und gesellschaftlichen Druck und bestimmte das zweckfreie innere Beten sowohl für sich selbst als auch für ihre Schwestern zum Sinn des Lebens. Es konnte nicht ausbleiben, dass diese Art zu beten dadurch sogar einen gesellschaftskritischen Aspekt angenommen hat. Im Weg der Vollkommenheit kommt dieser deutlich zum Tragen. Diesen existentiellen Hintergrund gilt es zu bedenken, wenn man diese zweite Schrift der großen Mystikerin liest, in der sie das Lebensprogramm ihres neuen Klosters – damit aber auch ihr spirituelles Lebensprogramm überhaupt – darlegt.
Wie ist der Weg der Vollkommenheit entstanden?
Den ersten Schritt bildeten wohl mündliche Unterweisungen für die Schwestern des neuen Klösterchens San José in Ávila, das Teresa am 24. August 1562 gegen massiven Widerstand der weltlichen und religiösen Autoritäten gegründet hatte. Nach der äußeren Errichtung und der Beruhigung der Gemüter in der Stadt4 war nun der innere Aufbau der Gemeinschaft wichtig – und die Gründerin hatte klare Vorstellungen von dem, was ihr als Ideal vorschwebte. Dieses für die damalige Zeit recht ungewöhnliche geistliche Programm, das nicht – wie die meisten damaligen Ordensreformen – auf Askese und äußere Bußstrenge setzte, sondern ganz auf das als Freundschaft mit Gott verstandene innere Beten abzielte, galt es nun auch den Gefährtinnen nahezubringen. Der Niederschrift dieses „Lebensprogramms“ im Weg der Vollkommenheit gingen also häufige mündliche Ansprachen und Belehrungen voraus, auf die sie vor allem in der Erstfassung auch mehrfach anspielt: „Ich sage es euch immer wieder, und jetzt schreibe ich es auch auf“ (CE 19,1); oder auch: „Obwohl ich euch [dies] oft und oft beibringe und ihr es durch die Güte Gottes auch verwirklicht“ (CE 22,1). Und es wird von dem langjährigen Vertrauten Teresas, Julián de Ávila, der ab 1563 Hausgeistlicher der jungen Klostergründung war und eine leibliche Schwester unter den ersten vier Kandidatinnen hatte,5 bestätigt: „Sobald sie zusammen mit ihren Schwestern eingeschlossen war und sah, dass sich der in der Absicht, das Kloster wieder aufzulösen, entfachte Sturm gelegt hatte, hielt sie ihren Schwestern eine Ansprache, in der sie ihnen nahebrachte, was ihre Intention bei der Errichtung dieser Klöster gewesen sei, damit sie dieselbe Intention hätten und mit ganzer Sorgfalt danach strebten, vom Herrn Hilfe für die vielen Seelen und die vielen Königreiche zu erlangen, die durch diese Häresien verloren gingen. Dabei sagte sie Folgendes: Meine Töchter, ich möchte euch sagen, was die Hauptabsicht ist, zu der uns der Herr in diesem Haus zusammengeführt hat!“6 Nahezu wortgleich drückt sich die Autorin zu Beginn des Weges (CE/CV 3,1) aus.
Wie kam es zur Niederschrift dieser Gedanken?
Zu ihrer unmittelbaren Motivation macht die Autorin im Vorwort folgende Angaben: „Wohl wissend, dass ich vom Präsentatus Fray Domingo Báñez aus dem Orden des glorreichen hl. Dominikus, der zur Zeit mein Beichtvater ist, die Erlaubnis habe, einiges über das innere Beten zu schreiben, wozu ich, wie es scheint, etwas Zutreffendes sagen könnte, weil ich mich mit vielen geistlichen und heiligmäßigen Personen besprochen habe, haben mich die Schwestern dieses Klosters San José so sehr bedrängt, ihnen darüber etwas zu sagen“ (CE/CV pról 1). Die diplomatische Formulierung sagt einiges über die schwierigen Bedingungen aus, unter denen Teresa als Frau lebte und ihre Werke schuf. Um den wahren Sinn dessen, was sie sagen will, zu erfassen, muss man daher das geschichtliche Umfeld kennen und zwischen den Zeilen lesen können.
Da ist einmal der ausdrückliche Hinweis auf die Erlaubnis des Beichtvaters als Vertreter der Kirche. War es im damaligen kulturellen und religiösen Kontext schon unerhört, dass eine Frau sich zur Lehrerin aufschwang, so galt es erst recht als Grenzüberschreitung, Bücher zu schreiben – noch dazu über geistliche Themen und in der Volkssprache, und das nur wenige Jahre nachdem nahezu alle geistlichen Werke in der Volkssprache durch den berüchtigten Index des Fernando de Valdés (1559) verboten worden waren. Ohne offizielle kirchliche Erlaubnis war das schlicht undenkbar. In einer schriftlichen Rechtfertigung vor dem Inquisitionsgericht, die sie 1576 (nach damaliger Gepflogenheit in der dritten Person) verfasste, beruft sich Teresa sogar auf einen direkten kirchlichen Auftrag: „Es war dieser Bericht (das Leben) derart gelungen, dass alle Studierten, die ihn zu Gesicht bekamen – und das waren ihre Beichtväter – sagten, er sei sehr nützlich, um sich über geistliche Dinge kundig zu machen; daher trugen sie ihr auf, ihn zu kopieren und ein weiteres Büchlein für ihre Töchter zu erstellen – sie war nämlich Priorin –, in dem sie ihnen einige Ratschläge gab“ (CC 53,8).
Aus demselben Grund spielt die Autorin ihre Kompetenz herunter: Sie könne nur etwas Zutreffendes sagen, „weil ich mich mit vielen geistlichen und heiligmäßigen Personen besprochen habe“. Die ständigen verdeckten Hinweise auf ihre Erfahrung, die sie nachher in ihr Werk einflicht,7 sprechen eine andere Sprache: In Wirklichkeit weiß sie sehr wohl um ihre Erfahrungskompetenz und bringt diese auch immer wieder geschickt ins Spiel. Doch es wäre unter den gegebenen Umständen unklug gewesen, von vornherein einen solchen Anspruch für sich zu erheben.
Sodann der Hinweis auf das Drängen der Schwestern ihres neuen Klosters San José, der sicher nicht nur rhetorisch gemeint ist. Den Weg der Vollkommenheit verdanken wir tatsächlich den ersten Schwestern von San José, die sich danach sehnten, die mündlichen Unterweisungen der Gründerin auch schriftlich zu haben, und außerdem um die Existenz des Lebens wussten, dessen Lektüre ihnen aber vorerst verwehrt war.8 Dass die Schwestern Teresa unter diesen Umständen drängten, ihnen doch ‚Ersatz‘ zu besorgen, erscheint nur natürlich. Auch darauf spielt das Vorwort an: „Vor wenigen Tagen habe ich einen gewissen Bericht über mein Leben geschrieben, in dem ich auch über einige Dinge des Betens gesprochen habe. Da es sein könnte, dass mein Beichtvater nicht will, dass ihr ihn zu Gesicht bekommt, werde ich hier manches von dem bringen, was dort gesagt wurde, aber auch andere Dinge, die mir dazu nötig erscheinen“ (CV pról 4; vgl. CE pról 4).
Was das Vorwort nicht so deutlich sagt, wovon wir aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgehen dürfen, ist schließlich: Dieser Wunsch der Schwestern dürfte Teresa sehr gelegen gekommen sein. So ist es eher ironisch gemeint, was sie zu Beginn des Weges schreibt: „Ich weiß, dass in mir weder die Liebe noch der Wunsch fehlt, um mitzuhelfen, soweit ich kann, dass die Seelen meiner Schwestern im Dienst des Herrn gut vorankommen; und diese Liebe könnte zusammen mit meinem Alter und der Erfahrung, die ich von manchen Klöstern habe, von Nutzen sein, dass ich in geringfügigen Dingen eher richtig liege als die Studierten, die von Dingen, die scheinbar nichts zu bedeuten haben, kein Aufheben machen, weil sie mit wichtigeren Aufgaben beschäftigt und starke Männer sind, während einem so schwachen Wesen, wie wir Frauen es sind, alles schaden kann“ (CE/CV pról 3).9 Die Selbstherabsetzung als Frau, die sie an dieser Stelle generell auf alle Frauen ausdehnt, ist als captatio benevolentiae zu verstehen, also als bewusste Strategie, um in einem Umfeld, das von Frauen Unterwürfigkeit erwartete, durch vorgetäuschte Demut ihre männlichen Zensoren wohlwollend zu stimmen.
Obwohl eine der ersten Kopistinnen der Erstfassung, die Novizin Isabel de Jesús (Jimena) aus Salamanca, angibt, sie hätte sie bereits im Jahr 1562 abgeschrieben, gehen die Experten heute davon aus, dass Teresa sie sehr wahrscheinlich erst Anfang 1566 erstellte. Wir wissen ja, dass Teresa den Weg erst schrieb, nachdem sie die endgültige Fassung des Lebens beendet hatte, was nicht vor Ende 1565 / Anfang 1566 der Fall war. Außerdem ist davon auszugehen, dass Domingo Báñez, von dem es im Vorwort heißt, er sei „zurzeit mein Beichtvater“ (CE/CV pról 1), diese Aufgabe erst Anfang 1566 übernahm. Schließlich geht der Weg eindeutig von einer Kommunität mit dreizehn Schwestern aus, deren Priorin Teresa ist, was so im Jahr 1562 noch gar nicht gegeben war.10
Die Adressatinnen der ersten Fassung sind eindeutig die Karmelitinnen des Klosters San José. Sie liest sich wie ein langer Brief an ihre Schwestern, den die Autorin spontan schreibt, wie es ihr in den Sinn kommt. Sie muss sich dabei weitgehend auf ihre eigene Lebenserfahrung verlassen Auch wenn sie sicher von der Erinnerung an manches zehrt, was sie früher gelesen hat – ihre Liebe zu geistlichen Büchern ist in ihrem Leben mehrfach bezeugt11 –, der unmittelbare Rückgriff auf die Werke anderer Autoren ist ihr inzwischen verwehrt, da die meisten volkssprachlichen geistlichen Werke – darunter gerade auch ihre Lieblingsautoren – seit 1559 auf dem Index verbotener Bücher stehen.
Der Plan, der ihr vor Augen steht, wenn sie zu schreiben beginnt, ist noch recht allgemein: „Ich denke, einige Hilfsmittel für Anfechtungen von Schwestern anzugeben, sowie auch die Absicht, die ich hatte, um dieses Haus zu beschaffen, ich meine, mit der Vollkommenheit,12 die man nun lebt, … aber auch das, was mir der Herr eindringlicher zu verstehen geben sollte, entsprechend dem, wie ich es nach und nach verstehen und mir in Erinnerung rufen sollte, was ich allerdings nicht der Reihe nach sagen kann (da ich nicht weiß, was es sein wird)“ (CE pról 2; vgl. CV pról 2). Das ändert nichts daran, dass das Werk durchaus einen klaren Aufbau hat. Sie schreibt zunächst ohne Kapiteleinteilung, teilt das Werk dann allerdings im zweiten Durchgang in 73 zumeist recht kurze Kapitel ein. Die Liste der Kapitelüberschriften am Schluss des Manuskripts ist zwar von Kopistenhand geschrieben, doch stammen die Überschriften mit Sicherheit von der Autorin.
Dass das Werk nach seiner Beendigung sofort der Zensur unterzogen wurde, ist für die damalige Zeit normal. Auch die Werke namhafter Theologen wurden geprüft; und im Vergleich zu dem, wie es manchen Autoren erging,13 ist die Zensur mit dem Weg sogar relativ wohlwollend umgegangen. Dennoch wurden eine Reihe von „zu kritischen“ bzw. „nicht ganz orthodoxen“ Stellen beanstandet. Als Zensor fungierte nicht, wie im Vorwort angekündigt, Domingo Báñez, sondern sein Mitbruder García de Toledo. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Pablo Maroto geht davon aus, dass Teresa wohl selbst auf die Prüfung durch Báñez verzichtet und das Manuskript stattdessen García de Toledo überreicht haben könnte, als ihr klar wurde, dass letzterer wohlwollender und weniger restriktiv über ihr Leben urteilte.14
Es steht außer Zweifel, dass Teresa den Weg der Vollkommenheit zweimal geschrieben hat; durch glückliche Fügung sind beide Autographen erhalten. Die Zweite Fassung, eine gründliche Bearbeitung der Erstfassung (siehe 1.4. Beide Fassungen im Vergleich), deren Autograph heute im Karmelitinnenkloster zu Valladolid aufbewahrt wird, bestand ursprünglich aus 44 zum Teil längeren Kapiteln; die meisten Ausgaben zählen jedoch nur 42 Kapitel, da die Autorin nachträglich das 4. und 5. Kapitel zusammengezogen und das 17. gänzlich gestrichen hat.
Warum schrieb Teresa ihr Werk ein zweites Mal? Da sie davon ausgehen musste, dass auch diese neue Fassung geprüft würde, reicht die Zensur als einzige Begründung nicht aus. Pablo Maroto rechnet mit der Möglichkeit, dass García de Toledo ihr selbst geraten haben könnte, den Weg noch einmal zu schreiben, diesmal für einen größeren Leserkreis.15 In der Tat legt so manche Stelle dieser Fassung nahe, dass Teresa jetzt nicht mehr nur ihre Mitschwestern im Kloster San José, sondern ein größeres Publikum vor Augen hat. Sie berücksichtigt selbstverständlich die Wünsche der Zensur, fügt aber auch noch andere Änderungen ein. Sie feilt da und dort an ihrer Ausdrucksweise und übt an zwei nicht beanstandeten Stellen Selbstzensur: Sie streicht den Vergleich mit dem Schachspiel in CE 24, der ihr im Hinblick auf einen größeren Leserkreis unpassend vorgekommen sein mag, und ändert ihre Meinung bezüglich der Vereinbarkeit von Sünde und Kontemplation, wohl weil sie sich inzwischen unter dem Einfluss des Juan de Ávila von der engen Sicht ihrer ersten Berater Francisco de Salcedo und Gaspar Daza in dieser Frage freigeschwommen hat (siehe CE 25,1/CV 16,2).
Das genaue Entstehungsdatum dieser Endfassung ist nach wie vor nicht ganz geklärt. Während man früher aufgrund einer Zeugenaussage von einem relativ späten Entstehungsdatum ausging (1569), nimmt man heute an, dass die Endfassung noch vor Herbst 1567 zustande kam, so dass zwischen beiden Fassungen wohl nur wenige Monate lagen. Als Argument gilt vor allem die Tatsache, dass Teresa offensichtlich nach wie vor nur von einer einzigen Klostergründung ausgeht (ihr zweites Kloster in Medina del Campo wurde im August 1567 gegründet) und auch mit keinem Wort auf die Heidenmission in der Neuen Welt anspielt, die nach dem Besuch des Franziskanermissionars Alonso Maldonado im Kloster San José im Herbst 1566 ganz neu in ihr Blickfeld treten und ihren apostolischen Elan um eine entscheidende Dimension erweitern sollte (F 1,7). Außerdem wissen wir, dass der Zensor dieser zweiten Fassung, García de Toledo, bereits im Sommer 1568 als Berater seines Cousins Francisco de Toledo, des Vizekönigs von Peru, in die Neue Welt aufbrach,16 so dass auf jeden Fall von einem früheren Entstehungsdatum als 1569 auszugehen ist.17
Auch diesmal war es also García de Toledo, dem die Aufgabe zufiel, die fertige Endfassung zu prüfen. Die Zensur fiel diesmal wesentlich strenger aus, vielleicht im Hinblick auf eine eventuell zu erfolgende Veröffentlichung für ein größeres Publikum. Die wichtigsten beanstandeten Themen werden unten aufgelistet.
Jahrhundertelang wurde nur die Endfassung des Weges der Vollkommenheit veröffentlicht. Auch heute noch gehen die meisten Experten davon aus, dass dies auch in Teresas Augen die endgültige Fassung ist, die sie verbreitet haben wollte. Die bis dahin im deutschen Sprachraum unbekannte Erstfassung wurde 2003 von uns als Band 2 der Taschenbuchausgabe der Gesammelten Werke Teresas im Herder-Verlag veröffentlicht. In Band 1 der 2015 erschienenen zweibändigen Gesamtausgabe wurden dann erstmals beide Fassungen angeboten. Im vorliegenden Einzelband finden Sie den Text der Endfassung; doch wird in den Anmerkungen immer wieder auf wichtige Unterschiede zwischen beiden Fassungen hingewiesen.
Der Unterschied ist einmal ein stilistischer: Die Fassung von El Escorial enthält eine Reihe von umgangssprachlichen, familiären Ausdrücken, die in der Fassung von Valladolid fehlen. Man hört die Autorin förmlich mit ihren Mitschwestern plaudern, was dem Werk einen besonderen Reiz verleiht. Der Ton ist insgesamt viel unbekümmerter, persönlicher und nicht selten wesentlich ironischer. Hier wagt Teresa noch zu sagen, was sie wirklich von manchen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft hält. Gerade die ironischen Bemerkungen über die „Studierten“ mit ihrer unangebrachten Angst vor allem, was nach innerem Beten und Kontemplation klingt, sind in der Endfassung häufig gestrichen oder wesentlich abgeschwächt worden.
Die inhaltlichen Unterschiede, die sich an erster Stelle aus den vielen Streichungen durch die zweimalige Zensur ergeben, zeigen immer wieder, was damals alles Anstoß erregte bzw. als häresieverdächtig galt – und wie unabhängig die Autorin in Wirklichkeit dachte. Zu den heiklen Themen, die auf diese Weise keinen Eingang in die Endfassung fanden, gehören vor allem Teresas mutige Kritik an der männlichen Dominanz in der damaligen Kirche und Gesellschaft und der frauenfeindlichen Haltung der Inquisitoren und ihr ebenso mutiges Eintreten für die betenden Frauen (CE 4,1); ihre Aussage, dass zur inneren Freiheit herangereifte Beter – also auch die Schwestern von San José! – souverän über alles Geschaffene herrschen, wie die Heiligen gezeigt hätten (CE 31,2); ihre Kritik an die Adresse der Inquisitoren wegen des Bücherverbots (CE 36,4); ihre ausschließlich eucharistische Deutung der Vaterunserbitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“, die mit ihrem Verständnis des ganzen Gebetes als Kontemplationsschule zusammenhängt (CE 60,2–3); ihr Bestehen darauf, dass Gott ihr ohne jede Vorleistung verzeiht, da sie niemandem etwas zu vergeben hätte, was in den Ohren des Zensors der lutherischen Lehre von der Rechtfertigung allein aus dem Glauben verdächtig ähnlich klang (CE 63,2; 65,4). Dies ist übrigens die einzige vom Zensor beanstandete Stelle, bei der die Autorin auch in der Endfassung auf ihrer Meinung beharrt; und sie wird prompt erneut gestrichen.
Die verschleierte Kritik an der Religionspolitik Philipps II. (CE/ CV 3,1), die dem Zensor in der ersten Fassung möglicherweise entgangen war, wird erst in der zweiten Fassung beanstandet. Im zweiten Durchgang streicht der Zensor auchTeresas Auffassungen über die rein geistliche Liebe (CV 4,13/CE 7,1) und zwingt sie, die diesbezügliche Stelle ein drittes Mal zu überarbeiten – vielleicht witterte er einen gewissen Einfluss der „Alumbrados“. Ähnlich ergeht es jetzt auch ihren Gedanken über die Gegenwart Gottes in der Seele als Quelle der inneren Freiheit (CV 28,11 f./ CE 48,3) und einzelnen „lutherisch“ anmutenden Bemerkungen über die Heilsgewissheit als Frucht des Glaubens und Vertrauens in den Schlusskapiteln des Werkes.
Auch das Thema der Stellung des Beichtvaters bzw. der Beziehung der einzelnen Schwestern und der Oberin zu ihm (CE 6–11) wird in der Erstfassung wesentlich unbekümmerter, das heißt, mit größerer innerer Freiheit angegangen. Und schließlich gibt es in der Erstfassung eine Reihe von einprägsamen und pädagogisch äußerst wirksamen Beispielen und Bildern, die in der Endfassung untergegangen sind. Das bekannteste ist der Vergleich der Demut mit der Königin im Schachspiel (CE 24); aber es gibt weitere wie das des Reiters, der sich der Lächerlichkeit preisgibt, weil er die Kontrolle über sein Pferd verliert (CE 30,2); das der Grube, in die einer stürzt, der mehr Tugenden zu haben glaubt, als er in Wirklichkeit besitzt (CE 66,3); oder das des Stierkampfs, dem man sich entweder in der Arena stellt oder von der sicheren Warte der Tribüne aus anschaut (CE 68,5) usw.
Selbstverständlich finden sich auch in der Endfassung neue Gedanken oder solche, die grundlegend überarbeitet und ergänzt wurden, so etwa eine stärkere Betonung der Liebenswürdigkeit und des Entgegenkommens im Umgang mit Besuchern, was prompt die Angst des Zensors auf den Plan rief, diese Frauen sollten im Sprechzimmer ja nicht als Lehrende auftreten (CV 41,7); eine Überarbeitung der Lehre vom Gebet der Sammlung, der Ruhe und der Gotteinung (CV 28–29); eine Neufassung der Gedanken über die Beichtväter (CV 4–7); weiterführende Gedanken zum Thema der Verzeihung von Beleidigungen und überhaupt zum Prestigedenken, das auch in der Erstfassung bereits einen breiten Raum einnimmt (CV 36,8–13), und zu weiteren Themen wie Versuchungen, Gottesliebe und Gottesfurcht (CV 38–42).
Die Autorin selbst gab ihrem Werk weder in der Erstfassung noch in der Endfassung eine Überschrift. Erst später spricht sie in der Absichtserklärung, die sie nachträglich der Endfassung voranstellt (und in der deswegen auch schon auf mehrere Klöster angespielt wird), von „Hinweisen und Ratschlägen“ (avisos y consejos): „Dieses Buch handelt von Hinweisen und Ratschlägen, die Teresa von Jesus Schwestern und Töchtern in den Klöstern gibt, die sie … nach der ersten Regel Unserer Lieben Frau vom Karmel gegründet hat“ (CV arg). In Briefen nennt sie das Werk einmal „das Buch vom Vaterunser“18 oder gelegentlich auch „das kleine Buch“19 bzw. „das Büchlein“20, um es vom „großen Buch“, dem Leben, zu unterscheiden. Erst später wurde von fremder Hand, die geschickt die Kalligraphie Teresas nachahmte, auf der Rückseite der ersten Seite des Autographs von Valladolid der Titel ergänzt, unter dem das Werk seitdem bekannt ist: Weg der Vollkommenheit. Dieser schließt nicht nur bei einer damals verbreiteten literarischen Gattung an, sondern auch bei Teresas eigenem Sprachgebrauch; hatte sie doch schon in ihrem Leben ein paarmal vom geistlichen Weg als dem „Weg der Vollkommenheit“ gesprochen.21 Auch wenn dieser Ausdruck so im Weg fehlt, wird doch jedem Leser sofort ins Auge springen, dass das Wegsymbol in diesem Werk eine überragende Rolle spielt und dem ganzen Werk Einheit verleiht.
Beide Fassungen des Camino de perfección sind in der Originalhandschrift erhalten. Bedingt durch die Entstehung neuer Klöster ließ Teresa vom sog. Kodex von Valladolid (CV), also der zweiten Fassung, Abschriften herstellen, die sie selbst korrigierte. Als sie daran dachte, die Schrift zu veröffentlichen, ließ sie eine Abschrift erstellen, die sie sorgfältig durchsah, der sog. Kodex von Toledo. 1578 entstand auf ihre Initiative hin eine weitere Abschrift, die sie an ihren Gönner, Teutonio de Braganza, den Erzbischof von Évora (Portugal), sandte, der die Schrift drucken lassen wollte. Doch die Inquisition von Lissabon verzögerte den Druck, der 1580 endlich approbiert wurde; dennoch erschien das Buch erst im Februar 1583, vier Monate nach Teresas Tod.22 Es war ein Büchlein von 143 Blättern, d. h. 286 Seiten. Neue Druckausgaben mit dem gleichen Titel besorgten 1585 Jerónimo Gracián in Salamanca, 1586 Juan de Ribera, Patriarch von Valencia, in seiner Bischofsstadt und schließlich Luis de León 1588 in der ersten Gesamtausgabe, mit Auszügen aus der Erstfassung (CE).
Die erste deutsche Übersetzung kam 1649 in der in der Einführung zum Buch meines Lebens bereits erwähnten Ausgabe Opera oder Alle Bücher und Schrifften heraus.23 In der Folgezeit wurde immer die zweite Fassung übersetzt, erst 2003 erschien zum ersten Mal der vollständige Text der ersten Fassung. In unserer Gesamtausgabe von 2015 bieten wir zum ersten Mal beide Fassungen in deutscher Übersetzung.
Beide Fassungen, CE und CV, haben verschiedene Faksimile-Ausgaben erlebt: Der Kodex von El Escorial (CE), also die erste Fassung, 1883 in Valladolid durch Francisco Herrero y Bayona sowie 2010 in Burgos durch Tomás Álvarez; die zweite Fassung, der Kodex von Valladolid (CV), 1965 in Rom durch Tomás Álvarez und Simeón de la Sagrada Familia (Tomás Fernández).
Was das Thema inneres Beten schon verpönt, so galt die Beschäftigung damit für Frauen geradezu als gefährlich. Teresa weiß sehr gut um diese Problematik. Gleich auf den ersten Seiten ihres Werkes verfasst sie eine scharfe Kritik an der frauenfeindlichen Umwelt. Diese Zeilen sind erst seit 30 bis 40 Jahren wieder ganz entziffert, da der Zensor seine Aufgabe gerade hier sehr gründlich erfüllt hatte: „Es scheint Verwegenheit, zu denken, dass ich irgendwie dazu beitragen könnte, um das zu erreichen. Ich vertraue, mein Herr, auf diese deine Dienerinnen, die hier leben, von denen ich weiß und erlebe, dass sie nichts anderes wollen und beabsichtigen, als dir Freude zu machen. Für dich haben sie das wenige, das sie besaßen, verlassen, und sie hätten gern mehr gehabt, um dir damit zu dienen. Denn du, mein Schöpfer, bist nicht undankbar, so dass ich denken müsste, du würdest weniger geben als das, worum sie dich bitten, im Gegenteil, eher mehr. Du, Herr meiner Seele, dir hat vor den Frauen nicht gegraut, als du durch diese Welt zogst, im Gegenteil, du hast sie immer mit großem Mitgefühl bevorzugt, und hast bei ihnen genauso viel Liebe und mehr Glauben gefunden als bei den Männern, denn es war da deine heiligste Mutter, durch deren Verdienste – und weil wir ihr Gewand tragen – wir das verdienen, was wir wegen unserer Schuld nicht verdient haben. Reicht es denn nicht, Herr, dass die Welt uns eingepfercht und für unfähig hält, in der Öffentlichkeit auch nur irgendetwas für dich zu tun, was etwas wert wäre, oder es nur zu wagen, ein paar Wahrheiten auszusprechen, über die wir im Verborgenen weinen, als dass du eine so gerechte Bitte von uns nicht erhörtest? Das glaube ich nicht, Herr, bei deiner Güte und Gerechtigkeit, denn du bist ein gerechter Richter, und nicht wie die Richter dieser Welt, für die, da sie Söhne Adams und schließlich lauter Männer sind, es keine Tugend einer Frau gibt, die sie nicht für verdächtig halten“ (CE 4,1). Dieser Text ist nicht etwa ein Ausrutscher Teresas, sondern er spiegelt ihre persönliche Situation wider, die es – wie bei der Vida – auch bei der Lektüre des Weges der Vollkommenheit immer mitzubedenken gilt. Es ist immer eine Frau, die da erlebt, empfindet und schließlich schreibt.
Deutlich wird das z. B. auch bei ihren Ausführungen über die Beichtväter (CE 7–8), auf die sie gerade bei ihrer Betonung des inneren Betens als geistliche Begleiter nicht verzichten kann, die sie aber gerade deshalb in ihrem Wirkungsbereich eingrenzt – ein unglaublicher Vorgang!
So schärft sie den einzelnen Schwestern gegenüber den Beichtvätern Vorsicht ein, möchte also nicht, dass sie ihnen blind ergeben sind: „Wenn ihr aber beim Beichtvater erkennt, dass er bei dem, was er euch sagt, auf irgendeine Eitelkeit aus ist, dann haltet alles für verdächtig und führt mit ihm auf keinen Fall Gespräche, auch wenn sie über das innere Beten oder Gott gingen, sondern nur kurz beichten und dann fertig. Am besten wäre es, der Mutter zu sagen, dass es eurer Seele bei ihm nicht gut geht, und ihn zu wechseln“ (CE 7,2).
Dann ihre kategorische Bestimmung, die für alle Klöster gilt: „Es soll niemals einen Vikar24 geben, der den Auftrag hat, ein- und auszugehen und Aufträge zu erteilen, noch einen Beichtvater, der Aufträge erteilt, vielmehr sollen sie dazu da sein, um über den guten Ruf des Hauses und die innere und äußere Zurückgezogenheit zu wachen, und dem Vorgesetzten Bescheid zu sagen, wenn es nicht so sein sollte, aber nicht, dass er Oberer wäre“ (CE 8,6/CV 5,6). Damit schaltet sie die Beichtväter von jeder Einmischung in die internen Angelegenheiten des Klosters aus, weist ihnen ihre ganz spezifische Aufgabe zu, nämlich die Beichte zu hören, und macht sie zu Garanten dafür, dass die „innere und äußere Zurückgezogenheit“ beobachtet wird, also jener Freiraum, der ihrer Meinung nach für das Leben nach ihrem Ideal – das innere Beten – nötig ist.
Die gleiche Funktion hat auch ihre Anweisung, dass die Schwestern die Freiheit der Wahl des Beichtvaters haben. Das möge der Bischof garantieren: „Und so bitte ich, um der Liebe des Herrn willen, den, der auch immer Bischof sein sollte, den Schwestern diese Freiheit zu lassen; er kann sicher sein, an ihnen mit Gottes Hilfe gute Untergebene zu haben; er nehme ihnen diese Personen nicht weg, sofern es solche sind, dass sie über Studien und Eignung verfügen (was man an einem so kleinen Ort bald erkennt); ja, er nehme sie ihnen nicht weg, so dass sie ab und zu bei ihnen beichten und sich über ihr Beten besprechen, auch wenn schon Beichtväter da sind“ (CE 8,5; vgl. CV 5,5). Sie weiß: Wenn mehrere konsultiert werden können, ist die Gefahr der Einengung vonseiten der Männer geringer. Wie sehr Teresa Recht hat, zeigt ein Vorfall, der sich im Kloster in Sevilla ereignete.25
Diese Frage stellt sich unwillkürlich, wenn man Teresas Anweisungen liest. In den Augen vieler Theologen galt es als gefährlich, vor allem aus einem Grund: Wer inneres Beten hielt, also so mit Gott umging, wie es seinem Bedürfnis entsprach, konnte innerlich wachsen und allmählich zu einem selbständig denkenden Menschen werden. In einer streng hierarchisch gegliederten Kirche und Gesellschaft war so etwas aber unerwünscht, nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft.26 Aufgrund ihres eigenen Weges war Teresa zu einem ganz anderen Schluss gekommen, und den verteidigt sie mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen. Das wird gerade in der ersten Fassung des Weges sehr deutlich, auch wenn viel davon der Zensur zum Opfer fiel. Hören wir einige dieser Stellen, in denen Teresas ganze Leidenschaft in die Feder geflossen ist: „Um nun aber zu denen zurückzukehren, die von diesem Wasser des Lebens trinken und den Weg gehen möchten, bis sie zur Quelle selbst vorstoßen, wie die also beginnen sollen, dazu sage ich …, dass viel, ja alles an einer großen und ganz entschlossenen Entschlossenheit gelegen ist, um nicht aufzuhören, bis man zur Quelle vorstößt, komme, was da kommen mag, passiere, was passieren mag, sei die Mühe so groß, wie sie sein mag, lästere, wer da lästern mag, mag ich dort ankommen, mag ich unterwegs sterben oder nicht beherzt genug sein für die Mühen, die es auf dem Weg gibt, ja mag die Welt untergehen; wie so oft, heißt es dann: ‚Da drohen Gefahren‘, ‚Lieschen Müller ist auf diesem Weg ins Verderben gestürzt‘, ‚Hinz ist einer Täuschung verfallen‘, ‚Kunz, der mündlich viel gebetet hat, ist gefallen‘, ‚das schadet der Tugend‘, ‚das ist nichts für Frauen, denn da kommen ihnen Illusionen‘, ‚die sollen lieber spinnen‘, ‚solche Leckerbissen brauchen die nicht‘, ‚es reicht das Vaterunser und das Avemaria‘“ (CE 35,2/CV 21,2). In diesen Worten spüren wir noch nach über 400 Jahren Teresas Leidenschaft und Eifer im Kampf um ihre Sache; „es sind die erregtesten des ganzen Buches“, sagt Tomás Álvarez.27 Die von Teresa immer wieder beschworene „entschlossene Entschlossenheit“ war also auch nötig, um gegen die misstrauischen, studierten Theologen gewappnet zu sein.
Ein Mittel zur Verteidigung ihrer Errungenschaft ist die Ironie: „Das wäre ja lustig, wenn ich einen Weg, auf dem so viele Räuber lagern, ohne Gefahren gehen und dabei einen großen Schatz erwerben wollte! Lustig ginge es in der Welt zu, wenn man ihn euch in Frieden in Besitz nehmen ließe, wo sie doch, wenn auch nur für einen Heller Eigeninteresse im Spiel ist, womöglich so weit gehen, dass sie nächtelang nicht schlafen und euch an Leib und Seele bedrängen“ (CE 36,1; vgl. CV 21,5).
Weiter ist Teresa natürlich nicht entgangen, dass sich die Gegner des inneren Betens selbst widersprechen: „Wenn sie euch schon sagen, dass da so viele Gefahren lauern, und euch so viele Ängste einflößen, sobald ihr euch dranmacht, ihn28 auf diesem Weg zu erwerben – oder zu stehlen, denn der Herr sagt ja, dass ihn die Gewaltsamen erwerben29 –, und dazu noch auf einem Königsweg, also auf einem sicheren Weg, den Christus, unser Herrscher, selbst ging und auf dem alle seine Erwählten und Heiligen gingen, in was für Gefahren werden dann wohl die geraten, die sich ihrer Meinung nach zum Erwerb dieses Gutes aufmachen, ohne dem Weg zu folgen?“ (CE 36,1/ CV 21,5). Die logische Folge ist, dass gerade die in Gefahren geraten und vom Weg abkommen, die sich nicht dem inneren Beten widmen.
Ein weiteres Argument für die Richtigkeit ihrer Meinung ist, dass inneres Beten „die Aufgabe der Ordensleute ist. Wer euch sagen sollte, dass das eine Gefahr ist, den haltet selbst für eine Gefahr und flieht vor ihm; und vergesst das nicht, denn vielleicht werdet ihr diesen Rat noch brauchen. Eine Gefahr wäre es, keine Demut noch andere Tugenden zu haben; aber dass der Weg des inneren Betens ein Weg voller Gefahr wäre, das möge Gott niemals wollen! Es sieht so aus, als habe es der Böse erfunden, diese Ängste einzuflößen, und so ist er geschickt genug gewesen, um den einen oder anderen, der diesen Weg ging, zu Fall zu bringen“ (CE 36,3/CV 21,7).
Schließlich appelliert sie noch an den gesunden Menschenverstand, wie schon beim Kampf gegen die Zerstreuungen,30 um zu beweisen, dass das innere Beten alles andere als eine Gefahr ist: „Wer solche Hilfen zur Verfügung hat oder in Anspruch nimmt, um sich frei zu machen, möge sich hüten; denn das Gute fliehen, um sich vom Bösen zu befreien, eine solche Erfindung habe ich noch nie erlebt; das sieht ganz dem Bösen ähnlich“ (CE 36,4; vgl. CV 21,8).
Die offizielle Meinung der Theologen kommt gut in der Zensur zum Ausdruck, die der damals sehr einflussreiche Theologe Melchor Cano OP zusammen mit Domingo de Cuevas OP am Katechismus des Erzbischofs von Toledo und Primas von Spanien, Bartolomé Carranza de Miranda OP, angebracht hat: „Die Erfahrung lehrt uns, dass es den Frauen und nicht-studierten Leuten sehr geschadet hat, wenn man ihnen die Hl. Schrift … in der Muttersprache in die Hände gibt … Das haben die Häretiker gemacht. Da sie die Deutschen gescheit machen wollten, indem sie ihnen die Augen öffneten, um das zu sehen, was ihre Vorfahren niemals sahen, begannen sie, die Irrtümer vorzubereiten und auszuarbeiten, die sie später dann ausgesät haben … So schön der Baum dieser theologischen Wissenschaft den Augen erscheinen und so schmeichelhaft er dem Geschmack sein mag, so sehr die Schlange versprechen mag, dem Volk mit dieser Frucht doch die Augen zu öffnen, und so sehr die Frauen mit unersättlichem Appetit danach verlangen, von dieser Frucht [der Hl. Schrift] zu essen, so notwendig ist es, sie zu verbieten und ein Flammenschwert aufzustellen, dass das Volk nicht daran kommt.“31 Hauptargument waren die aufsehenerregenden Fälle von Betrügereien einiger exaltierter Frauen, wie Magdalena de la Cruz und María de Santo Domingo, Beatin in Piedrahita. Teresa wusste darüber Bescheid.32 Von daher war jede Art von innerem oder betrachtendem Beten verdächtig. Die Devise für spirituelle Frauen lautete: „Die Frauen sollen ihren Spinnrocken und ihren Rosenkranz hernehmen und sich um sonst nichts kümmern“. Luis de Granada OP, dessen zahlreiche geistliche Schriften auch auf dem Index landeten, fasste die Meinung des Fernando de Valdés zu seinen Schriften in dem berühmt gewordenen Satz zusammen: „Betrachtungsbücher für Zimmermannsfrauen“.33 Daniel de Pablo Maroto spricht geradezu von einem „Bürgerkrieg“ zwischen den espirituales – Spirituellen und den intelectuales – Intellektuellen, also Theologen, „die sich hinter ihren Büchern verschanzten, unfrei, um die dynamische Kraft des Geistes zu vernehmen. Überwältigt von der Angst, ihren Kampf um Rechtspositionen zu verlieren, zogen sie es vor, sich an der Tradition festzubeißen, als dass sie sich der Suche nach neuen Wegen ausgesetzt hätten“.34
Dass Frauen nicht innerlich beten oder gar schriftstellerisch tätig sein, sondern an ihrem Spinnrocken sitzen sollen, wusste auch Teresa. Um sich vor Kritik zu schützen, führt sie als versierte Diplomatin sogar ins Feld, dass das „auftragsgemäße“ Schreiben sie am Spinnen hindere, obwohl sie in Wirklichkeit sehr gern schreibt.35 Im Gegensatz zu ihren Gegnern ist sie für Neues offen und geht deshalb auch gegen die Ängste an: „Also, Töchter, lasst diese Ängste fahren! Gebt in solchen Dingen nie etwas auf die Meinung der gemeinen Leute. Schaut, es sind dies keine Zeiten, um allen zu glauben, sondern nur denen, von denen ihr seht, dass sie mit dem Leben Christi übereinstimmen. Bemüht euch um ein reines Gewissen, um Demut, um Geringschätzung aller weltlichen Dinge und festen Glauben an das, was unsere Mutter, die Heilige Kirche, lehrt, dann werdet ihr ganz bestimmt einen guten Weg gehen. Lasst ab von Ängsten, wo es nichts zu befürchten gibt“ (CE 36,6; vgl. CV 21,10).
Und auch den Hinweis auf das Rosenkranzgebet greift sie auf, geradezu als gute Gelegenheit, um damit ihre These zu bekräftigen, dass mündliches Gebet ohne gleichzeitiges inneres Beten ein Unding sei: „Wer möchte denn behaupten, dass es falsch sei, beim Beten des Stundengebetes oder des Rosenkranzes mit dem Nachdenken darüber zu beginnen, mit wem er spricht und wer der ist, der spricht, um zu sehen, wie er mit ihm umgehen soll? Ich sage euch, Schwestern, wenn man das Viele, das in Bezug auf diese zwei Punkte zu tun wäre, gut täte, dann würdet ihr, bevor ihr mit dem mündlichen Beten – also mit dem Verrichten des Stundengebetes oder des Rosenkranzes – anfangt, viele Stunden im inneren Beten verbringen“ (CE 37,3; vgl. CV 22,3).
Mit den „zwei Punkten“, die sie erwähnt, meint sie die konkrete Struktur des Betens, nämlich einfach darüber nachzudenken: Wer bin ich, der da jetzt betet bzw. nachdenkt, in meiner ganz konkreten, persönlichen Situation? Und wer ist derjenige, an den ich mich wende, den ich anrede mit meinen Gebeten? Das ist für sie schon inneres Beten.36
Der unsinnigen Angst vor der Kontemplation begegnet sie mit dem Argument, dass schon Menschen, die ausschließlich mündlich gebetet haben, also das Vaterunser, zur höchsten Kontemplation gekommen seien, was sie mit einer Schwester beweist, „die nie zu etwas anderem als mündlichem Gebet fähig war, aber während sie sich daran festhielt, wurde ihr alles zuteil; tat sie das nicht, dann verlor sich ihr Verstand derart, dass sie es nicht ertragen konnte. Wenn nur alle ein solch inneres Beten hielten! … Sie war schon alt und hatte ihr Leben gut und fromm verbracht. Als ich sie fragte, was sie denn betete, erkannte ich an dem, was sie mir erzählte, dass der Herr sie, gestützt auf das Vaterunser, zum Gebet der Gotteinung erhob. Ich lobte den Herrn also und beneidete sie um ihr mündliches Gebet“. Und nun geht sie zum Angriff über, indem sie als Waffe wieder einmal ihre Ironie benutzt: „Ihr, die ihr den Kontemplativen feindlich gesonnen seid, dürft also nicht meinen, dass ihr davon verschont bleibt, selbst solche zu werden, wenn ihr eure mündlichen Gebete so betet, wie man sie beten sollte, sofern ihr ein reines Gewissen habt“ (CE 52,4; vgl. CV 30,7). Die Schlussfolgerung ist klar: Wer richtig mündlich betet, und das heißt, seinen Verstand bei dem hat, was er sagt, der muss auf der Hut sein, dass er nicht auch kontemplativ wird! Dem gleichen Zweck dient der Hinweis auf die Ordensregel, „die euch aufträgt, ohne Unterlass zu beten“ (CE 36,6/CV 21,10).
Und sie fährt fort: „Wenn man euch dann sagt, dass dies mündlich zu sein hat, fragt nach, ob Verstand und Herz bei dem sein sollen, was ihr sagt; wenn er Ja sagt (etwas anderes wird er nicht sagen können), dann sehr ihr, wie er euch eingesteht, dass ihr notgedrungen betrachtendes Beten halten müsst, und Kontemplation, wenn Gott sie euch schenken sollte“ (ebd.).
Doch bringt Teresa bei diesem heiklen, aber für sie unverzichtbaren Thema auch sich selbst ins Spiel, was zeigt, wie sehr es ihr am Herzen liegt: „Lass es also niemals in Ordnung sein, Herr, dass einer, der dich lobt und sich dranmacht, um mit dir zu sprechen, das nur mit dem Mund tut. Was ist denn los, ihr Christen? Versteht ihr euch selbst noch? Ich würde am liebsten laut aufschreien und – obwohl ich nur die bin, die ich bin – mit denen disputieren, die behaupten, dass betrachtendes Beten nicht erforderlich sei. Gewiss erkenne ich daran, dass ihr euch nicht auskennt und nicht wisst, was betrachtendes Beten ist, ja nicht einmal, wie man das mündliche zu verrichten hat, und auch nicht, was Kontemplation ist; denn wenn ihr das wüsstet, würdet ihr nicht einerseits verurteilen, was ihr andererseits lobt“ (CE 37,1 f.; vgl. CV 22,1 f.).
Die Folgerung, die sie aus allem zieht, ist deshalb auch sehr einsichtig: „Ich möchte betrachtendes Beten immer mit dem mündlichen verbinden – sofern ich mich daran erinnere –, damit sie euch nicht in Schrecken versetzen, Töchter, da ich weiß, wo diese Dinge hinführen, und ich möchte nicht, dass euch einer hin und her hetzt, denn es bringt nur Schaden, diesen Weg voller Angst zu gehen“ (CE 37,3; vgl. CV 22,3).
Angst ist nie ein guter Ratgeber, auch nicht für das Beten. In einer Gesellschaft und Kirche, in der es viel Angst gab, vor allem vor der allmächtigen Inquisition, haben diese Hinweise eine besondere Bedeutung.
Schließlich greift auch hier Teresa wieder zur Ironie, gerade gegenüber den studierten Theologen, die sie am meisten bedrängen, um ihre These zu verteidigen und die gegenteilige ad absurdum zu führen: „Es ist klar, dass wir auf das, was wir sagen, schauen müssen … Sie sollen nicht von uns sagen können, dass wir reden und uns nicht verstehen, es sei denn, ihr behauptet, das sei nicht nötig, da ihr es mit dem Brauch haltet, ‚es genüge, die Worte herzusagen‘. Ob das genügt oder nicht, da mische ich mich nicht ein. Das ist etwas für Studierte, die werden es denen schon sagen, denen Gott Licht geben möge, um sie danach fragen zu wollen, aber bei denen, die nicht unsere Lebensform haben, mische ich mich da nicht ein. Hier aber möchte ich, Töchter, dass wir uns damit nicht begnügen“37 (CE 40,1; vgl. CV 24,2). Ihr Anliegen ist: „Wenn ich Pater [Vater] sage, dann erscheint es mir als Liebespflicht, zu verstehen, wer dieser Vater ist. Auch wird es dann gut sein, dass wir zusehen, wer der Meister ist, der uns dieses Gebet lehrt“ (ebd.). Hier spürt man wieder Teresas sehr persönlich geprägte Gottesbeziehung.38 Ob es ausreicht, seine religiösen Verpflichtungen zu „persolvieren“, interessiert sie nicht, wichtig ist ihr, mit Gott in einer persönlichen Beziehung zu leben.
Oft werden im Zusammenhang mit dem Beten und geistlichen Leben überhaupt Voraussetzungen aufgezählt, die in der Geschichte der Frömmigkeit mit dem Namen „Aszese“ verbunden wurden, also mit Übungen, denn das meint das Wort Aszese, die der Mensch erbringen soll, um immer mehr ein geistlicher Mensch zu werden. In der Inneren Burg beklagt sie sich einmal ausdrücklich darüber: „Wir hören immer, wie gut das innere Beten sei, und laut Satzung sollen wir es so und so viele Stunden üben, doch man erklärt uns dazu nicht mehr als was wir selbst tun können; von den Dingen aber, die der Herr in einer Seele bewirkt, ich meine dem Übernatürlichen, wird nur wenig erklärt.“39 In einem Brief vom 19. November 1576 an P. Gracián beklagt sie sich über einen Visitator: „Das ist es, was ich für meine Schwestern befürchte: Dass da so manche bedrückende Oberen daherkommen, die sie bedrängen, und viel aufzuladen bedeutet, nichts zu machen. Seltsam, dass sie glauben, keine Visitation zu halten, wenn sie keine Bestimmungen erlassen.“40
Dennoch spricht auch Teresa im Weg von Erfordernissen, jedoch ganz anderen: „Glaubt nicht, meine Freundinnen und Schwestern, dass es viele Dinge sind, die ich euch aufbürden werde, denn Gott gebe, dass wir die voll verwirklichen, die unsere Vorfahren in der Regel und den Konstitutionen angeordnet haben, die die ganze Erfüllung der Tugend sind. Ich will nur drei Punkte, die den selben Konstitutionen entstammen, ausführlicher erklären, denn es ist sehr wichtig, die große Bedeutung zu ermessen, die es für uns hat, sie zu beachten, um innerlich und äußerlich den Frieden zu haben, den uns der Herr so sehr ans Herz legte. Der erste ist die gegenseitige Liebe, ein weiterer das Loslassen alles Geschaffenen, und noch ein weiterer wahre Demut, die der wichtigste ist und alle anderen umfasst, auch wenn ich sie an letzter Stelle nenne“ (CE 6,1; vgl. CV 4,4).
Das Erste, was an diesem fundamentalen Text auffällt, der als eine Kurzformel des teresianischen Charismas gelten darf, ist, dass sie ausdrücklich sagt, dass sie nicht „viele Dinge aufbürdet“. Auch bei der Einweisung des Johannes vom Kreuz in die neue Lebensweise durch Teresa im Sommer 1568 geht es nicht um Äußerlichkeiten. Als sie ihn „über unsere gesamte Vorgehensweise“ informierte, legte sie Wert darauf, „damit er alle Dinge gut verstanden hätte, sowohl bezüglich des Ego-Sterbens,41 als auch des schwesterlichen Umgangs und der Erholung, die wir gemeinsam halten. Alles geschieht mit Maßen, da es nur dazu dient zu erkennen, woran es den Schwestern fehlt, und uns ein bisschen Erleichterung zu verschaffen, um die Strenge der Regel auszuhalten“ (F 13,5).
Das Erste ist „die gegenseitige Liebe“: Darin spiegelt sich Teresas Erfahrung im Kloster der Menschwerdung wider, wo es aufgrund der großen Anzahl von Schwestern42 und der ganzen Struktur der Kommunität nicht möglich war, ein echtes Gemeinschaftsleben zu führen. Von daher ihre Forderung von nur 13 bzw. 12 Schwestern.43 So bedarf es auch keiner Sonderfreundschaften: „Von solchen Freundschaften wünschte ich mir viele, wo immer es sich um ein großes Kloster handelt, in San José (wo nicht mehr als dreizehn Schwestern sind und es auch nicht mehr sein sollen) aber keine einzige. Hier haben alle einander Freundinnen zu sein, alle einander zu lieben, alle sich zu mögen und alle sich zu helfen. Um der Liebe Gottes willen hüte man sich vor diesen Sonderfreundschaften, so heilig sie sein mögen, denn sogar unter Geschwistern sind sie gewöhnlich Gift (wer’s nicht glaubt, schaue sich Josef an).44 Ich sehe keinerlei Nutzen darin, und falls es Verwandte sind, ist es noch viel schlimmer, ist es eine Pest!“ (CE 6,4; vgl. CV 4,7). Dafür möchte sie umso mehr, dass zwischen den Schwestern eine „geistige Liebe“ bestehe, deren Kennzeichen folgende sind: Mitfühlen in den Nöten der anderen, seien diese physisch oder geistlich; jeweils das Beste für den anderen wünschen; dessen Fehler entschuldigen; sich am Guten und den Tugenden der anderen freuen usw. (CE 9–11/CV 6–7). Auf diese Weise gelingt es ihr auch, die Standesunterschiede auszumerzen, die die damalige Kirche und Gesellschaft zerrissen und auch Eingang in die Klöster gefunden hatten.
Es geschieht im Namen dieser neuen, evangeliumsgemäßen Geschwisterlichkeit, dass sie Prestigedenken, Standesunterschiede, Gegensätze zwischen Reich und Arm usw. ausschaltet. „Ich nenne hier keine Verfehlungen in Bezug auf Buße und Fasten; denn auch wenn das eine ist, so sind es doch keine Dinge, die solchen Schaden anrichten, wohl aber, wenn man Einstellungen an sich hat, dass man gern geschätzt und für wen gehalten werden möchte, und auf die Fehler der anderen zu schauen, ohne je die eigenen zu erkennen, und andere vergleichbare Dinge, die wirklich geringer Demut entspringen“ (CE 19,5, in CV gestrichen). Derartige Kriterien müssen auch bei der Auswahl und Aufnahme von Novizinnen angewendet werden, offensichtlich etwas Ungewohntes damals, denn sie sagt kategorisch: „Die Welt soll ein für allemal verstehen, dass ihr die Freiheit habt, sie wieder wegzuschicken“ (CE 21,2/CV 14,2). Diese Freiheit hat sie aber nur, weil sie sich sowohl bezüglich der Mitgift als auch aufgrund des armen Lebensstils unabhängig gehalten hat.
Das Zweite ist „das Loslassen alles Geschaffenen“. Das ist für Teresa kein Ziel in sich, und sie meint damit auch nicht an erster Stelle die materielle „Weltflucht“, die sich äußerlich im Rückzug in den geschützten klösterlichen Raum (Klausur) ausdrückt.45 Für Teresa ist desasimiento – Loslassen eine innere Haltung, die aus der persönlichen Beziehung mit Gott, also aus dem inneren Beten erwächst. Es geht ihr vor allem darum, Freiraum zu schaffen, damit sich die Gottesbeziehung frei entfalten kann.
An erster Stelle nennt sie die innere Loslösung von den Verwandten: Vor allem am Anfang soll man auf Distanz bedacht sein, „bis [man] frei ist und für sich gewonnen hat, denn dann kann [man] sie – meinen Glückwunsch dazu! – ab und zu mal treffen (sofern [man] es als Kreuz betrachtet), um ihnen ein wenig von Nutzen zu sein, denn dann wird [man] ihnen gewiss Nutzen bringen. Wenn [man] aber eigennützige Liebe zu ihnen empfindet, wenn ihre Leiden [einem] sehr zusetzen und [man] gern von ihrem Tun und Lassen in der Welt hört, dann soll [man] glauben, dass [man] sich schadet, ihnen jedoch keinen Nutzen bringt“ (CE 12,4; vgl. CV 8,4). Im Grundsatz hat Teresa damit bis heute Recht, denn wer sich auf ungesunde Weise an seine Verwandten hängt, verhindert damit seine eigene innere Reifung; damals aber verlangte der ständige finanzielle Notstand des Menschwerdungskloster diese Rückbindung an sie.46