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Eigentlich sind "Anleitung" und "Improvisation" ja Widersprüche. Ich habe jedoch immer wieder erlebt, daß man durch ein paar passende Worte Hindernisse aus dem Weg räumen und die Phantasie anregen kann. Dadurch kann es dann für den Betreffenden einfacher werden, auf einem Musik-Instrument zu improvisieren. Da es doch einige Menschen zu geben scheint, die gerne Musik improvisieren wollen, aber nicht so recht wissen, wie das gehen soll, habe ich diese "unterstützenden Worte" nun einmal aufgeschrieben. Viel Freude bei der Entdeckungsreise zur Improvisation!
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Seitenzahl: 45
1.
Improvisation, Variation, Tradition
2.
Wo wird improvisiert?
3.
Die Grundlagen der Improvisation
4.
Wege
5.
Handwerkzeug
6.
Anwendung
7.
Themen
8.
Variationen
9.
Komponieren
10.
Hilfen
11.
Improvisation in Systemen
12.
Zusammenfassung
Bücherverzeichnis
Die Improvisation ist im Kern ein unvorbereitetes Handeln, eine Entscheidung die im Augenblick gefällt wird, eine spontane Bewegung.
Natürlich hat auch eine Improvisation eine Vorgeschichte, einen Hintergrund und ein Fundament, da sich in der improvisierten Entscheidung und Bewegung eines Menschen dessen Werte, Ziele und Lebensumstände ausdrücken. Zudem werden in der Improvisation auch die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten benutzt.
Die Improvisation ist ungeplant – d.h. man hat hat kein fertiges Handlungsmuster, das man auf eine bestimmte Situation anwendet, sondern man schaut und entscheidet im Augenblick.
Im Improvisation ist im Wesentlichen das Ruhen im Hier und Jetzt und das Handeln aus dem Hier und Jetzt heraus – sozusagen „Taoismus“.
Bei der Variation gibt es ein Grundmuster, dem man folgt, das man jedoch der Situation entsprechend abändert. So können z.B. bei einem Tanz die Bein-Bewegungen festgelegt, aber die Arm-Bewegungen innerhalb eines gewissen Rahmens frei sein.
Die Variation kann auch nur in der Art der Bewegung liegen, also schneller oder langsamer, runder oder eckiger, fließender oder zackiger, kraftvoll oder entspannt usw. Diese Form der Variation würde man jedoch eher „Ausdruck“ nennen.
Schließlich gibt es noch die festgelegte Bewegung, die man Tradition, Vortrag, Aufführung usw. nennen kann. Hier ist alles geplant und festgelegt – man weiß im Voraus, wann was geschehen wird und was man wann machen wird.
Es gibt nicht nur die Planung, die einen Ablauf genau festlegt, sondern auch die Planung, die für bestimmte Situationen ein bestimmtes Verhalten vorschreibt.
Improvisation und Planung sind natürlich nicht scharf voneinander getrennt, sondern gehen fließend ineinander über – wobei die Variation ungefähr in der Mitte zwischen beiden steht.
So hält sich z.B. fast jeder, der frei tanzt, also seine Bewegungen improvisiert, dennoch weitgehend an den Takt und den Rhythmus der Musik – und auch jeder, der ein bestimmtes Musikstück aufführt, wird immer auch seinen persönlichen Ausdruck in die Aufführung des Musikstückes miteinbringen.
Trotz dieses fließenden Überganges zwischen Improvisation und Planung hat die Improvisation einen ganz bestimmten Charakter und ruht auf mehreren Fundamenten.
Das Wesen der Improvisation wird deutlicher, wenn man sich anschaut, wo überall improvisiert wird. Das wichtigste ist das Spiel – angefangen vom Burgenbauen im Sandkasten über das Bauen mit Lego-Steinen bis hin zum Liebesspiel. Alle diese Spiele können natürlich auch geplant werden und es gibt für viele Spiele feste Regeln (Fußball) und zusätzliche Abmachungen (Taktik bei einem bestimmten Fußballspiel), aber im Wesentlichen ist die Bewegung erst einmal frei.
Wenn man alleine spielt, ist man am Regel-unabhängigsten, d.h. man kann am freiesten improvisieren. Wenn man als Gruppe spielt, gibt es immer eine Grundlage von Regeln.
Man kann Improvisation auch beim Wandern, beim Kochen, beim Malen, beim Musikspielen, im Theater, auf Partys, beim Kennenlernen von Menschen usw. kennenlernen und benutzen.
Tendenziell ist Arbeit geplant und Freizeit improvisiert, aber das gilt natürlich auch nur in begrenzter Weise: Ein Vertreter, ein Berater oder ein Unternehmensleiter braucht auch die Fähigkeit der Improvisation, weil er ständig auf Situationen trifft, die neu für ihn sind – wenn er immer nur nach „Schema F“ vorgeht, wird er nicht sehr effektiv sein. Andererseits wird man sich auch beim Tennisspielen mit seinem Freund an die Tennis-Regeln halten – sonst wird man kaum einen Spielpartner finden.
Das Improvisieren tritt auch immer dann auf, wenn ein Plan durchgeführt werden soll, aber es auf einmal deutlich wird, daß der Plan und die Umstände nicht zueinander passen.
Der Plan ist eine übergeordnete Struktur – sozusagen der 2. Stock eines Hauses. Wenn er nicht funktioniert, geht man einen Schritt hinunter Richtung Basis in den 1. Stock des Hauses, wo sich die Variation befindet. Wenn auch das nicht weiterhilft, kehrt man zu der Improvisation im Erdgeschoss zurück, die etwas neu erfinden kann. Die Grundlage für alle drei Stockwerke sind die Bedürfnisse und Ziele im Keller dieses Hauses.
Das geplante Handeln ist weiter „oben“ in dem Haus „in Kopfnähe“ angesiedelt. Es ist effektiv, wenn es zu der Situation paßt, in der es angewendet werden soll. Es ist ein Aufbau in der Psyche oder in einer Gemeinschaft, der durch Regeln und Festlegungen die Effektivität erhöhen kann.
Die Improvisation ist einfacher und weiter „unten“ in dem Haus „in Bauchnähe“ – sie schaut nicht so weit in die Zukunft, sondern mehr auf den Augenblick.
Bei der Improvisation gibt es zwei Elemente, die eng miteinander verwandt sind: Die Improvisation ist selbstbestimmt und sie macht in der Regel Freude. Es gibt natürlich auch die Situation, daß man sich beim Wandern verlaufen hat und für die nächste Nacht improvisieren muß, und man muß auch in einer Gefahrensituation mit dem improvisieren, was man gerade zur Verfügung hat – spätestens, wenn man eigene Kinder hat, wird man des öfteren improvisieren müssen, weil die Dinge nicht so laufen, wie man sie geplant hat.
Improvisation ist also das Anstreben des bestmöglichen Ergebnisses aus dem Augenblick heraus und ohne vorherige Planung.
Planung geschieht aus dem Kopf heraus – Improvisation geschieht aus dem Herzen, dem Gefühl und der Situationswahrnehmung heraus. Für die Improvisation sind daher das „in sich Ruhen“ und eine möglichst große Präsenz notwendig. Ohne diese beiden Qualitäten kann man seinen Weg in der augenblicklichen Situation nicht finden …