Weihnachtsleidenschaft in Frost Creek - Margaux Navara - E-Book
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Weihnachtsleidenschaft in Frost Creek E-Book

Margaux Navara

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Beschreibung

In Frost Creek findest du Leidenschaft und Spannung und weihnachtliche Romance – gleich zwei Romane in einem Band! !! In diesem Frostmagie-Sammelband sind enthalten: Kalte Füße, heißes Blut - Lügen haben lange Beine und die Bonusgeschichte Die Magie von Weihnachten !! Kalte Füße, heißes Blut Smarter Police Officer trifft auf coole Trailerbraut - Spanking unterm Weihnachtsbaum nicht ausgeschlossen Lyn kommt nur knapp über die Runden. Der Dealer ihrer verstorbenen Mutter will ihr den Trailer unter dem Hintern weg verkaufen, dabei funktioniert nicht einmal mehr die Heizung. Und das im Dezember in Frost Creek. Wo bleibt da die Frostmagie? Selbst die Schneekugel, die sie im Laden bewundert, bringt ihr kein Glück. Stattdessen findet sie sich in den Fängen eines sehr unnachgiebigen, aber teuflisch attraktiven Police Officers wieder. Angus hat all seinen Kinks abgeschworen und sich an diesen Ort am Ende der Welt versetzen lassen. In Frost Creek herrschen Beschaulichkeit und Ordnung. Denkt er. Die junge Frau, die ihm den Mittelfinger zeigt, geht ihm nicht aus dem Kopf. Als er sie beim Klauen erwischt, bricht er seinen Schwur. Bei eben dieser einen Frau, die ihn wahnsinnig macht, helfen nur seine unkonventionellen Methoden. Ehe Lyn sich versieht, liegt sie über Angus‘ Knien. Lügen haben lange Beine Wenn Liebe Einsamkeit und Angst besiegt … Die YouTuberin Maisie ist stark und selbstbewusst. Sie ist die erfolgreiche Frau, die anderen Mut macht. Sobald die Kamera abgeschaltet wird, ist da nur noch Maddy, alleine im leeren Elternhaus, eine Frau, die Angst hat, dass wieder einmal jemand mit dem Finger auf sie zeigt. Dabei kann sie gar nichts für das, was ihr Dad getan hat! Ryan soll über Maisie eine Reportage machen und findet Maddy vor, verletzlich, widersprüchlich, wunderhübsch und mit endlos langen Beinen, die es ihm angetan haben. Durch einen Schneesturm, der das Leben in Frost Creek lahmlegt, müssen sie sich arrangieren. Ist es die erzwungene Nähe, die die Leidenschaft aufflammen lässt? Die magische Anziehung zwischen ihnen oder gar der Zauber der Frostmagie? Bonus-Kurzgeschichte: Die Magie von Weihnachten Maddy und Ryan kehren kurz vor Weihnachten zurück nach Frost Creek. Zu ihrem Erstaunen ist Maddys Haus beleuchtet – ihr Vater wurde entlassen. Kann das gutgehen? Kann Maddy ihm verzeihen? Und was sagen die Bewohner von Frost Creek dazu, dass ein früherer Verbrecher unter ihnen lebt?

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Table of Contents

Titel

Impressum

Frostmagie Band 1

Kalte Füße, heißes Blut

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Frostmagie Band 2

Lügen haben lange Beine

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Bonus: Die Magie von Weihnachten

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Über die Autorin

Wie wäre es mit ...

Danksagung

Weihnachtsleidenschaft

in

Frost Creek

Ein Frostmagie-Sammelband

Margaux Navara

 

Copyright © Margaux Navara 2020/2021/2023

Covergestaltung: coverandart - coverandart.jimdofree.com/

 

 

 

 

Margaux Navara

c/o easy-shop K. Mothes

Schloßstraße 20

06869 Coswig Anhalt

 

[email protected]

margauxnavara.com

 

Kalte Füße, heißes Blut

 

Smarter Police Officer trifft auf coole Trailerbraut - Spanking unterm Weihnachtsbaum nicht ausgeschlossen

 

 

Lyn kommt nur knapp über die Runden. Der Dealer ihrer verstorbenen Mutter will ihr den Trailer unter dem Hintern weg verkaufen, dabei funktioniert nicht einmal mehr die Heizung. Und das im Dezember in Frost Creek. Wo bleibt da die Frostmagie? Selbst die Schneekugel, die sie im Laden bewundert, bringt ihr kein Glück. Stattdessen findet sie sich in den Fängen eines sehr unnachgiebigen, aber teuflisch attraktiven Police Officers wieder.

Angus hat all seinen Kinks abgeschworen und sich an diesen Ort am Ende der Welt versetzen lassen. In Frost Creek herrschen Beschaulichkeit und Ordnung. Denkt er. Die junge Frau, die ihm den Mittelfinger zeigt, geht ihm nicht aus dem Kopf. Als er sie beim Klauen erwischt, bricht er seinen Schwur. Bei eben dieser einen Frau, die ihn wahnsinnig macht, helfen nur seine unkonventionellen Methoden.

Ehe Lyn sich versieht, liegt sie über Angus‘ Knien.

Kapitel 1

 

„Zeige Präsenz, damit ist die halbe Arbeit getan.“ Chief Parker brachte seinen Spruch mindestens einmal am Tag.

Also stand Angus in seiner Mittagspause vor dem Büro. Er war froh über die Überdachung, denn es regnete, was das Zeug hielt und er fror trotz seiner Jacke. Es war wohl doch Zeit, von dem kurzen Hemd auf die Winteruniform zu wechseln. Frost Creek würde also seinem Namen alle Ehre machen.

Er hatte heute Morgen den Wetterbericht abgerufen. Höchstens fünf Grad über Tag. In der Früh waren alle Pflanzen mit Frost überzogen, als er zur Arbeit gefahren war, und für die nächsten Tage war Schnee gemeldet.

Trotz dieser Kälte und dem jetzt in Bindfäden fallenden Regen kam sie wieder mit offenem Seitenfenster angefahren. Wäre sie sein, würde er sie dafür übers Knie legen.

Woho, wo kam dieser Gedanke her? Er war noch nie auf Brats abgefahren, viel lieber mochte er Frauen, die sich einem Mann gegenüber unterwürfig verhielten. Aber was wusste er schon? Er kannte solche Frauen nur aus Clubs in Boston. Sie mochten sich in den Clubs so verhalten, waren aber zu Hause womöglich extrem selbstbewusst und arrogant.

Sheriff Parker trat ebenfalls vor die Tür, gerade rechtzeitig, um den Mittelfinger zu sehen, den sie aus dem Fenster gereckt hatte. Das Biest!

„Der gehört einfach mal der Arsch versohlt!“

Dass Sheriff Parker genau seine Gedanken in Worte fasste, überraschte Angus. Wusste der etwas? Aber woher sollte er? Angus hatte das ganz gewiss niemandem in Frost Creek verraten.

Der Sheriff sah der klappernden Karre mit dem halb herabhängenden Auspuff nach. „Willst du sie dir vornehmen?“

Verdammt! Das war nun doch zu nah an dem, was er sich selbst vorgestellt hatte. Wie konnte der Sheriff das wissen? Angus hatte seine Vorliebe für Spanking und Bondage immer unter Verschluss gehalten, seit er hier war. Er war nicht einmal nach Boston gefahren, sondern hatte sich entschieden, sich in Zukunft mit Vanillasex zu begnügen. Eine selbst auferlegte Strafe und ein geringer Preis für ein ruhiges Leben und die Chance, dafür weiter seinen geliebten Job ausüben zu dürfen.

Der Sheriff sah ihn fragend an. „Ich überlasse sie dir, der Finger war eindeutig für dich gedacht. Anzeige oder Ansprache oder ignorieren. Was machst du?“

Angus fürchtete immer noch, dass der Sheriff ihn mit seinen Fragen auf Herz und Nieren prüfte. „Ich habe Mittagspause, war also quasi außer Dienst.“ Er hatte den Sheriff zwar als korrekt erlebt, aber nicht als Mann, der Recht und Gesetz mit Gewalt durchsetzen wollte. War die Antwort richtig? Oder hatte er sich gerade als Weichei dargestellt?

Parker gluckste. „Klar, aber vergiss nicht: Präsenz zeigen! Damit ist die halbe Arbeit getan!“

Angus stöhnte nur innerlich. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. Beim nächsten Mal war sie dran. Auch wenn er nicht ihre langen grünen Haare dabei um seine Faust wickeln würde.

Grün! Das sagte doch schon alles.

 

Kapitel 2

 

Lyn beobachtete den Mann in ihrem zersplitterten Rückspiegel. Er schaute ihr einfach hinterher.

Für einen verrückten Moment hatte sie gehofft, er würde sich in seinen Wagen werfen und ihr nachfahren, sie ausbremsen und ihr eine Ansprache halten, wie der Sheriff es schon oft getan hatte. ‚The Speech‘ nannte sie das, aber nur, solange er außer Hörweite war.

Immerhin sprach er dann mit ihr.

Fuck! Wie pathetisch war das denn?

Einem Bullen den Finger zu zeigen, nur damit er mit ihr sprach. Sie anschaute. Zur Kenntnis nahm. Sie wünschte sich zum tausendsten Mal, so doof zu sein, wie ihre Mutter es gewesen war. Dann wüsste sie wenigstens nicht, was sie da tat. Aber es zu verstehen und es dennoch zu tun, war vermutlich noch viel doofer.

Sie fror jämmerlich. Das Scheißfenster ließ sich nicht mehr schließen und es regnete in die Karre. Aber selbst wenn sie gleich zehn Dollar verdienen würde, wäre längst keine Jacke für sie drin.

Yay! Sie durfte die beiden Terrier ausführen wie vereinbart. Eine Stunde rennen, spielen, die Hunde auspowern. Dabei wurde ihr warm, ein angenehmer Nebeneffekt.

„Hast du keine Jacke, Lynette?“ Mrs Young schaute sie besorgt an.

Lyn wischte sich die nassen Haare aus der Stirn. „Nein, brauche ich nicht. Wie geht es Ihrem Fuß?“

„Es wird besser. Nächste Woche kommt der Gips ab. Mal sehen, ob ich dann wieder laufen kann.“

Lynette wünschte Mrs Y nichts Schlechtes, aber sie hoffte, dass die Rekonvaleszenz noch lange andauerte. Mrs Y war großzügig und ihr Unfall brachte Lyn extra Geld ein, das sie gut gebrauchen konnte.

„Mit etwas Glück kann ich auf dem Ball zumindest selbst ans Buffet gehen.“

Der Scheißball vor Scheißweihnachten. „Wenn Ihnen noch jemand einfällt, der an dem Tag einen Hundesitter braucht, denken Sie an mich, Mrs Y.“

„Klar doch, Lynette. Hier, dein Lohn. Und das hier ist für dich. Backen kann ich auch mit Gips am Bein. Kürbismuffins. Noch warm.“

Erst im Auto kontrollierte Lyn die Scheine. 20 Dollar statt zehn. Sie würde sich beim nächsten Mal noch mehr Mühe geben. Und vorher noch für einen Dollar Snacks kaufen für die Terrier. Fünf Prozent ihres Verdienstes für Sonderausgaben ging in Ordnung. Sie aß einen Muffin während der Fahrt zurück. Die anderen würden sie über den morgigen Tag bringen.

Der neue Bulle stand nicht mehr vor dem Office. Sie erinnerte sich an das erste Mal, dass sie ihn gesehen hatte. Ohne Jacke waren unter seinem schwarzen Uniformhemd starke Arme zu sehen. Aber auch ohne die hätte er ihr gefallen. Diese Uniform erinnerte sie an den Bullen, der nach dem Tod ihrer Mutter bei ihr geblieben war, bis die Leiche vom Bestatter abgeholt worden war. Er hatte Lyn nicht mal angefasst, nur ihr am Tisch gegenüber gesessen, ihren dünnen Kaffee getrunken und sie ermuntert, von früher zu erzählen. Von der Zeit, als sie noch in einem richtigen Haus gewohnt hatten, nicht im Trailer. Als Mom nur ab und an zu Drogen gegriffen hatte und Lyn sogar manchmal ein Frühstück zubereitet hatte aus Cornflakes und Milch, die noch nicht eklig roch.

Sie wischte die sentimentalen Gedanken weg. Viel wichtiger war die Frage, woher sie Geld bekommen würde. Außer dem Trailer hatte ihre Mutter ihr nur Schulden zurückgelassen. Die Rechnung bei Mrs Morgan im Laden war inzwischen bezahlt. Ob es richtig gewesen war, zuerst die auszugleichen, ehe sie die Schulden bei dem Kerl aus New York anging? Der rief sie ständig an und ließ ihr keine Ruhe.

Aber sie lebte nun mal in Frost Creek und sah keine Aussichten, daran etwas zu ändern. Wer würde jetzt, zu Beginn des Winters, einen Trailer kaufen, dessen Heizung defekt war?

Kapitel 3

 

Angus wanderte etwas ziellos durch die Straßen von Frost Creek. Manchmal wunderte er sich über den neuen Job. Wieso brauchte man für so ein verschlafenes Nest so viele Polizeibeamte? Natürlich würde er sich nicht beschweren. Aber er musste sich eben erst daran gewöhnen.

In Manchester, New Hampshire, war ständig etwas los gewesen. Erstaunlicherweise gab es in dem Städtchen eine ziemlich hohe Kriminalitätsrate, was wohl an der gemischten Herkunft der Bevölkerung lag. Eine Menge Irischstämmige, die auf Krawall aus waren. Leider war die Polizei dort kaum besser als die Verbrecher. Dieser Unterschied war ihm erst bewusst geworden, seit er hier unter Chief Parker arbeitete, einem absolut sauberen Polizisten, der garantiert keine Bestechung durchgehen ließ.

In Frost Creek wurden kleine Diebstähle sofort geahndet, wobei es auch keine großen gegeben hatte, seit er hier war. Schießereien schon gar nicht. Drogen? Ein Fremdwort. Na ja, nicht ganz. Ausgerechnet die Mutter der Kleinen, die ihn so faszinierte, war an Drogen gestorben. Bisher hatten sie nicht herausfinden können, wie sie sich die beschafft hatte, aber es war wahrscheinlich, dass es eine Verbindung nach Manchester gab. Concord, die nächste Stadt, war sauber.

Lynette, wie die Tochter hieß, wurde schon verdächtigt, aber man konnte ihr nichts nachweisen. Sie sollten sie im Auge behalten. Sie wurde ebenfalls verdächtigt, im Café Harriets gestohlen zu haben, als sie dort gearbeitet hatte. Auch das war nicht nachgewiesen, weswegen man es bei einer Befragung und Verwarnung belassen hatte.

Es wurde dunkel, und der Regen ging langsam in Schnee über. Ob er heute liegen bleiben würde? Ein sanftes Klingeln lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Laden von Ms Bianchi, the tiny snowdreams. Die Inhaberin verkaufte Schneekugeln. Ein wenig verrückt und ein wenig mystisch. Okay, woher dieser Gedanke kam, war ihm nicht ganz klar. Vielleicht lag es an der Stimmung. Durch den Schnee, der seit ein paar Tagen die Straße ganz zart weiß puderte, legte sich ein Zauber über alles. Die Geräusche wurden gedämpft, die Menschen zogen sich in die Häuser zurück, die Autos rollten langsamer vorbei. Weihnachten war nicht mehr fern, wie man an den Dekorationen und vor allem am ewigen Gedudel der Weihnachtssongs erkennen konnte.

Eine Figur stand vor dem Laden, schaute sich um. Eindeutig verdächtig. Angus hatte schon zu viele Diebe gesehen, er kannte ihre Art, sich umzusehen, sich möglichst kleinzumachen. Einzig die Tatsache, dass sie so lange vor dem Fenster des Ladens stehen blieb, um sich die ausgestellten Schneekugeln zu betrachten, störte ihn und verhinderte, dass er sofort zugriff.

Angus wartete ab. Ihm war, als kenne er die Gestalt, doch ihm fiel niemand ein, der dazu passte. Sehr dünn, nicht allzu groß. Irgendetwas stimmte an dem Bild nicht, doch er wusste nicht, was. Das Licht aus dem Laden war zu schwach, um mehr als die Umrisse zu erkennen.

Eine der Taschen der Jacke war übermäßig ausgebeult. Okay, Zeit für Angus, sich wieder an seinen Job zu erinnern.

„Stehenbleiben!“ Seine Cop-Stimme war ganz von alleine wieder gekommen, obwohl er sie hier noch nicht einmal benutzt hatte. Sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Die Gestalt erstarrte. Mit wenigen Schritten war Angus vor dem Laden angelangt. „Leeren Sie Ihre Taschen!“ Er zog die Taschenlampe aus seiner Koppel und strahlte seinem Gegenüber ins Gesicht.

Ah, deshalb war sie ihm bekannt vorgekommen. Das war Lynette Purvis, an die er eben noch gedacht hatte. Zugleich wurde ihm bewusst, was ihn an ihrem Anblick so gestört hatte. Sie trug keine vernünftige Winterjacke, sondern nur den dünnen Blouson, in dem er sie schon früher gesehen hatte. Da alle in dicke Steppjacken oder Mäntel gekleidet waren, fiel sie einfach auf. Er ließ den Schein der Lampe nach unten wandern, zu ihren Händen.

Sie hielt tatsächlich eine Schneekugel in der Hand. Unter den wirbelnden Flocken war nicht zu erkennen, was darin war. „Und was wolltest du damit machen?“

„Nichts.“ Sie klang wie ein ertapptes Kind, doch bei den nächsten Worten hatte sie sich im Griff. „Nur anschauen. Werd ich wohl dürfen, oder? Zumindest haben Sie mir das nicht zu verbieten, Mister!“

„Ich bin Polizist und du wirst mich mit Officer Calder ansprechen. Oder Sir.“ Verdammt. Sobald es um diese Frau ging, fielen ihm die seltsamsten Dinge ein. Sie musste ihn natürlich nicht mit Sir ansprechen, wieso auch? Er musste sich und sie von seinem Fauxpas ablenken. „Ich verbiete dir nicht, dir die Auslagen von Ms Bianchi anzusehen, aber ich verbiete dir, ihre Schneekugeln einzustecken.“

„Hab ich doch gar nicht!“

„Und was ist das in deiner Hand? Hast du die bezahlt? Soll ich Ms Bianchi dazu befragen?“

„Wieso sprechen Sie mich nicht mit Miss an? Bin ich etwa weniger wert als Ms Bianchi?“ Sie betonte den Namen der Ladenbesitzerin besonders. Ah, die Kleine war sauer, weil er sie nicht respektvoll genug behandelte.

„Respekt muss man sich verdienen, Lynette. Ein Mädchen, das mir den Mittelfinger rausstreckt, gehört nicht zu den Personen, die ich mit besonderer Höflichkeit behandle.“

„Fick dich doch ins Knie, ‚Sir‘! Ich bin kein Mädchen! Und ich habe genauso viele Scheißrechte wie Ms Bianchi!“

So so. Sie verriet ihm mit ihren Worten mehr als beabsichtigt. „Du hast die gleichen Rechte, das ist richtig. Aber ich lasse mich nicht von meiner Pflicht ablenken. Du wolltest etwas einstecken, was dir nicht gehört. Das ist Diebstahl. Soll ich dich mit aufs Revier nehmen? Wir können das dort klären. Vielleicht sollte ich dich durchsuchen? Wer weiß, was ich noch finde?“

Sie legte die Kugel äußerst vorsichtig zurück in einen Korb, der vor dem Laden stand, mit einem Schild mit der Aufschrift ‚Sale‘ versehen. „Machen Sie doch, Officer!“ Lynette streckte ihre viel zu dünnen Arme aus und stellte sich vor ihn wie Jesus am Kreuz.

Angus musste sich eines akuten Anfalls an Mitleid erwehren. Am liebsten hätte er sie in das Café um die Ecke geschleppt und ihr eine Riesenportion Essen bestellt. Aber das war keine gute Idee. Sie war dort nicht gerne gesehen, nachdem sie unter Verdacht stand, eine Kollegin bestohlen zu haben.

Doch ihre Aufsässigkeit sollte nicht ungestraft bleiben, das schien ihm nicht richtig. Sie deshalb gleich aufs Revier zu schleppen aber auch nicht. Eindeutig unverhältnismäßig.

Er schaute auf seine Uhr. Noch fünf Minuten bis Feierabend. Noch ein Grund, nicht jetzt eine Verdächtige aufzugreifen. Was das für einen Papierkram nach sich zog!

Doch den wahren Grund schob er ganz nach hinten in eine Kammer in seinem Hirn, die er nicht öffnen wollte. Lyn sollte nicht ins Gefängnis. Wenn jemand sie durchsuchen würde, dann er.

Ihm kam eine Idee. „Das werde ich tun, aber nicht hier. Du kommst mit.“ Er packte ihr Handgelenk und zerrte sie hinter sich her. Aber nicht ins Sheriffs Office, sondern zur Rückseite, wo sein Pick-up stand. Er schubste ihren viel zu dünnen Körper in den Wagen und verbot sich, seine Finger auch nur eine Sekunde länger als nötig auf ihr zu lassen. Es war wichtiger, ihr gegenüber den Cop rauszukehren. „Du wartest hier auf mich. Wag es nicht, irgendwas anzufassen!“

„Hey, das können Sie nicht machen, Officer!“ Ihre Empörung explodierte ihm ins Gesicht.

„Du wartest hier oder du verbringst die Nacht in der Zelle!“

Über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck, den er erst nicht erfassen konnte. Sie wirkte, als überlege sie ernsthaft, seinem Vorschlag mit der Zelle zu folgen, was ja wohl nicht sein konnte. Erst nach einem langen Augenblick ließ sie sich in das Polster sinken. „Na gut. Dann warte ich halt in Ihrem verfickten Scheißauto.“

Er schloss sie ein und hoffte, dass er sein Auto noch wiedererkennen würde, wenn er zurückkam. So schnell war er noch nie durch den Prozess gegangen, sich auszutragen, seine Waffe abzuliefern und in seine private Jacke zu schlüpfen. Den Rest der Uniform behielt er an. Wer wusste schon, was die Kleine gerade mit seinem Dienstwagen anstellte.

Kapitel 4

 

Sie war versucht, genau das zu tun, was er von ihr erwartete. Sein Auto zu zerlegen. Aber wozu? Er würde sie doch noch ins Revier schleppen und sie einfach verhaften. Eine Nacht in der Zelle hatte sich vorhin ganz verführerisch angehört, etwas, was sie bisher noch immer vermeiden konnte. Aber sie hatte von anderen gehört, dass es da drin nicht so toll war, jedenfalls auch nicht wärmer als in ihrem Trailer. Das wäre wirklich ein Argument gewesen.

Sie zitterte unkontrolliert. Das Auto hatte vermutlich den ganzen Tag hier gestanden und drinnen herrschte die gleiche Temperatur wie draußen. Scheißkalt also. Ihre Finger waren ganz steif, beinahe wäre ihr vorhin die Schneekugel aus den Fingern gerutscht.

Die hatte sie gar nicht klauen wollen. Die Kugel war eher unbewusst in ihre Jackentasche geraten. Wer würde schon eine Schneekugel vermissen, die eh niemand wollte?

Sie liebte diesen Laden, liebte jede einzelne Schneekugel. Ms Bianchi hatte das Schaufenster so fantastisch gestaltet, dass es wirkte, als lebten die Figuren in den Kugeln in einem Feenland. Die Feenlichter, die die Auslage beleuchteten, trugen ihren Teil dazu bei. Ein Feenland, in dem es ewig schneite, ohne dass es den Menschen darin kalt wurde. Natürlich wusste Lyn, dass das nicht stimmte. Man musste sie dauernd aufschütteln, wollte man, dass es schneite, wenn man sie kaufte. Oder klaute.

Warum dauerte das so lange? Mist verdammter. Sie würde in Zukunft besser aufpassen müssen. Der neue Cop, Angus Calder, wie sie eben auf seinem Namensschild gelesen hatte, war ihr schon mehrfach aufgefallen. Er schien sich an Chief Parkers Devise zu halten, ständig sichtbar zu bleiben. Wollte vermutlich aufsteigen. Sie hatte an den Streifen, oder besser an den nicht vorhandenen Streifen gesehen, dass er nur ein Officer war, auf der untersten Stufe der Rangfolge. Und das in seinem Alter? Sie schätzte ihn auf dreißig. Uralt. Der müsste schon längst einen höheren Rang haben. Vermutlich hatte er nichts im Kopf oder war fies zu kleinen Kindern.

Kein Polizist, wie er in der Schneekugel gewesen war. Sie hatte ganz automatisch nach genau dieser gegriffen. Sie mochte Männer in Uniform, da konnte auch ein Kerl wie dieser Klotz nichts dran ändern. Dass der Polizist in der Kugel auch noch ein Kind im Arm gehalten hatte, fand sie so süß, dass sie einfach nicht widerstehen konnte. Sie hätte beinahe geweint, weil sie diese Kugel nie besitzen würde. Bis sie endlich genug Geld beisammen hätte, um sich etwas derart Überflüssiges zu kaufen, war die längst weg.

Endlich kam er, betätigte die Fernbedienung und ging zur Fahrerseite. Sie könnte jetzt abhauen. Aber sie wollte nicht. Vielleicht war sie auch zu steif von der Kälte. Irgendwie war ihr Kampfgeist heute ziemlich gedämpft.

„Wo willst du mich hinbringen? Was hast du mit mir vor?“

„Respekt, Kleine. Wir sprachen vorhin davon.“

„Sie haben davon gesprochen. Und ich habe gesagt, dass ich auch von Ihnen Respekt erwarte.“ Das war längst nicht so aggressiv rausgekommen, wie sie es beabsichtigt hatte. Eher wie das Grummeln eines bockigen Kindes. Nicht die Art, wie sie rüberkommen wollte.

„Du kommst mit zu mir.“ Er sprach ganz ruhig, als hätte er nicht eben eine Handgranate geworfen.

„Was?“, explodierte sie. „Wohin?“

„Du hast mich genau verstanden, Mädchen.“ Als Kontrapunkt zu ihrem Ausbruch wurde er immer leiser. Sie musste fast auf seine Seite kriechen, um ihn zu verstehen. Mädchen? Was für ein Scheiß!

„Ich bin kein Scheißmädchen. Ich bin eine erwachsene Frau!“

„Bisher hast du dich nicht so benommen.“

„Fuck!“

„Genau das meine ich. Du fluchst wie eine Straßengöre. Eine echte Frau flucht nicht.“

„Stimmt doch gar nicht!“ Sie hatte schon viele Frauen fluchen hören.

„Nenn mir drei Frauen aus Frost Creek, die fluchen.“

„Klar. Ist doch einfach.“ Sie grübelte. „Die fluchen doch ständig.“ Verdammt, wieso fiel ihr keine ein? Ihre Mutter hatte geflucht, aber die lebte nicht mehr. Vielleicht die eiskalte Belle? Nein. Ihr fiel keine Einzige ein, also hielt sie einfach den Mund.

„Wir sind da. Warte, bis ich an deiner Tür bin.“

Hatte er etwa Angst, sie würde doch noch abhauen? Was sollte das jetzt noch nützen? Aber er fasste sie nicht grob an, wie sie es erwartet hatte, sondern half ihr aus der Kabine. Dabei achtete er darauf, dass sie nicht ausrutschte, indem er seine Hand ganz leicht an ihren Ellbogen legte. Die Hitze seiner Hand verbrannte sie. Hatte der einen Atomreaktor verschluckt? Wie konnte der Kerl so eine Hitze erzeugen?

„Hier lang.“ Er führte sie zum Eingang eines kleinen Häuschens. Sie kannte es, zumindest von außen. Hier hatte der alte Hemlock gewohnt, ehe er ins Seniorenheim kam. Danach war es renoviert und neu ausgestattet worden. Sie hatte gar nicht gewusst, dass der Bulle es gekauft hatte. Dabei wusste sie sonst sehr genau, wer wo wohnte. Aber gut, das war in der Zeit gewesen, als ihre Mom gestorben war. Danach hatte sie alle Hände voll zu tun mit Ämtern und dem Bestatter und ein paar neugierigen Damen der Nachbarschaftshilfe, die ihre Unterstützung aufdrängen wollten. Und mit diesem Arschloch, das behauptete, die Schulden ihrer Mutter seien nun auf sie übergegangen.

Im Haus war es warm. Na endlich!

„Halt!“ Diese dunkle Stimme, der sie nicht widerstehen konnte, hielt sie auf. Sie schaute zurück, schon mitten im Raum stehend, auf dem Weg zur Heizung unter dem Fenster an der gegenüberliegenden Wand.

„Zieh gefälligst die Schuhe aus.“

Lyn brummte und grummelte, aber sie tat, was er gesagt hatte. Sie hatte einfach nicht die Energie, sich mit ihm anzulegen. Die Spannung ließ sie außerdem vibrieren wie eine Zitterpappel bei einem lauen Lüftchen. Was hatte der Typ mit ihr vor?

Er selbst zog auch die Schuhe aus, nur zeigten seine Socken keine Löcher wie ihre. Seine Füße wirkten kräftig und ziemlich groß.

Lyn stellte den linken Fuß über den rechten, damit er nicht gleich das Loch sehen konnte. Sie spürte, dass die Ferse genauso durchgewetzt war, aber da stand sie ja drauf, das machte also nichts aus.

„Setz dich dahin.“ Er zeigte auf ein Sofa, das in der Nähe der Heizung stand.

Sie wählte die Seite, die am nächsten zur Wärmequelle lag. Ja, die Heizung funktionierte. Fuck! Endlich!

Er verschwand hinter einer der beiden Türen, die von dem Hauptraum ausgingen. Nach ein paar Sekunden kam er mit etwas Dunklem in der Hand zurück und ließ sich direkt vor Lyn auf ein Knie nieder. Was sollte das denn? Ein Heiratsantrag? Sie grinste schief, bis sie merkte, was er wollte. Er hielt zwei Paar Socken in den Händen, die er jetzt auseinanderzog. Dann griff er nach ihrem rechten Fußgelenk.

Lyn wehrte sich. Sie setzte ihre ganze Kraft ein, um nicht den Fuß heben zu müssen. Aber der Scheißkerl war stärker, seine Hand so fest, ohne sie zu quetschen, dass sie keine Chance hatte. Ihr Fuß mitsamt löchriger Socke landete direkt vor seiner Nase auf seinem Knie. Ein finsterer Blick warnte sie davor, ihn zurückzuziehen.

Fuck! Aber das sagte sie nicht laut. Seine Nähe wirkte einschüchternd. Und seine Hände auf ihr einfach zu gut.

Er streifte ihr die Socke ab. Sie war feucht, was er stirnrunzelnd registrierte.

Ihre Chucks waren halt nicht wasserdicht. Waren sie nie gewesen. Es waren auch keine echten Chucks. Sie hatte sie im Frühjahr aus einem Altkleidercontainer gefischt. Sie hatten fast die richtige Größe, nur ein kleines bisschen zu groß. Dass sie überhaupt so lange gehalten hatten, war schon ein Wunder.

„Hast du keine anderen Schuhe?“

Innerhalb eines Augenblicks loderte Wut in ihr auf. Sie funkelte ihn an, doch sie sprach kein Wort, weil in ihr ein Sturm tobte. Sag es! Sag mir, ich solle doch neue Schuhe kaufen. Sag es!

Aber er sagte es nicht. Er schaute sie nur ganz kurz an, dann beschäftigte er sich damit, ihr zwei Socken übereinander über den Fuß zu streifen. Das Gleiche wiederholte er mit dem anderen Fuß.

Ihre Wut verrauchte. Wie konnte sie auf einen Mann wütend sein, der ihre Füße aufwärmte, alleine indem er sie in seinen Händen hielt? So was machte eine Frau weich, nicht wütend. Viel zu weich. Sie fürchtete, er würde sie so matschig kochen wie die Kartoffeln, die ihre Mom mal gemacht hatte, bis sie ihm alle ihre Probleme erzählte. Ha, da konnte er lange warten!

Endlich stand er auf, warf ihr noch eine Decke zu, dann verschwand er in dem Bereich, der die Küche bildete. Eine lange Front von Küchenschränken entlang einer Wand des Raumes, abgetrennt von einer Theke mit Hockern davor. Sie hörte Wasser laufen, dann das Geräusch eines elektrischen Wasserkochers.

Was zum Teufel sollte das werden? „Was haben Sie mit mir vor, Officer? Was soll das werden, wenn es fertig ist?“

„Tee. Oder magst du lieber Kakao?“

Sie mochte Kakao, aber das würde sie nie zugeben. Sie war kein Kind mehr. „Das meine ich nicht. Was wollen Sie von mir?“

„Du hast etwas geklaut. Oder wolltest es klauen“, korrigierte er sich, als sie ihn wieder anfunkelte. „Das ist nicht in Ordnung. Aber ich finde auch, dass es nicht so schlimm ist, dass ich dich deswegen gleich einsperren muss. Also habe ich dich mitgenommen. Wir werden reden. Ach ja, und ich muss dich noch durchsuchen.“

Kapitel 5

 

Angus hätte beinahe gelacht, als er sah, wie sie sich aufplusterte, bereit, jederzeit zu explodieren. Eben noch hatte sie wie ein Kind gewirkt, wie sie sich mit den dicken Socken an den Füßen unter die Decke kuschelte. Er hatte genau gesehen, wie sie die Wärme suchte. Kein Wunder bei den Eisklötzen, die er aus den feuchten Socken geschält hatte. Aber jetzt war sie ganz Frau, feurige Frau, deren Ehre er beschmutzt hatte.

„Erstens: Ich habe nichts geklaut! Ich hielt es nur in meiner Scheißhand! Und zweitens: Ich lasse mich nicht von Ihnen durchsuchen, Officer!“

Die Art, wie sie seinen Rang sagte, war eine Beleidigung per se. Aber das würde er durchgehen lassen. Ihr Verhalten nicht. „Los, steh auf. Zieh deine Schuhe an, wir fahren aufs Revier. Ich werde die Anzeige ausfüllen. Du kannst vermutlich mit einer Nacht in einer Zelle rechnen. Chief Parker geht gegen alle Straftäter vor, weil er seine Stadt sauber halten will. Diebstahl ist ein Vergehen, keine leichte Sache wie ein Stinkefinger.“

Er stand neben der Tür, nahm den Autoschlüssel in die Hand und schaute sie herausfordernd an.

Wie erwartet gab sie klein bei. Sie schrumpfte zu der jungen Frau, die sie eigentlich war. Verunsichert, einsam, verfroren. „Nein.“

„Nein? Das heißt, dass ich dich durchsuchen darf?“

Sie atmete ein und aus, ein und aus. Dann hatte sie sich unter Kontrolle. Was er bewunderte. Sie war aufbrausend, aber sie war eindeutig intelligent genug, um eine Situation richtig einschätzen zu können.

Jetzt stellte sie sich mitten in den Raum, wie vorhin mit den Armen seitlich ausgestreckt. Sie wartete. Das Bild einer Frau, die völlig zu Unrecht Polizeigewalt erdulden musste.

Angus hatte längst seine Jacke ausgezogen, da ihm warm war, aber sie trug immer noch diesen dünnen Blouson. „Zieh die Jacke aus. Die prüfe ich extra.“

Das störte ihre leidende Haltung zwar, aber sie tat, was er sagte. Sie trug unter der Jacke nur ein Sweatshirt. Ob sie noch etwas darunter anhatte? Er hoffte es. Aber sie war so dünn! Auch groß, bestimmt einssiebzig. Der tief herabhängende Sweater ließ keine weitere Figur erkennen, er war viel zu groß und sackartig.

„Und jetzt den Pulli.“

„Nein!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Warum nicht?“ Ihr Protest erstaunte ihn, da sie doch eben noch so nachgiebig gewirkt hatte.

„Ich mach mich nicht nackig.“

Fuck. Sie trug also wirklich nichts darunter? Das würde er gleich herausfinden. Normalerweise mussten Frauen natürlich von einem weiblichen Officer abgetastet werden, außer im Notfall, wenn man befürchtete, sie würden Waffen tragen und keine Frau im Team war. Deshalb gab es auch dafür Regeln. Natürlich durfte er nicht ihre Brüste berühren und durfte beim Abtasten der Beine nicht so hoch greifen, dass er in die Nähe ihrer Schamregion kam.

Es kostete ihn Anstrengung, sich an die Vorgaben zu halten. Was ihn erstaunte.

In der Regel blieb er völlig kalt in solchen Situationen. Selbst bei sehr verführerischen Frauen, die ihre Reize gezielt einsetzten, war er nie in Versuchung geraten. Bei dieser jungen Frau, die gerade überhaupt keine Reize einsetzte, und von der er nicht einmal wusste, ob sie überhaupt über Reize verfügte, wollten seine Hände erfahren, wie sie unter den weiten Klamotten aussah. Und da er nicht nachschauen durfte, wollte er es am liebsten ertasten.

Knochig. Dünn. Aber nicht wie eine der Drogensüchtigen, die nur noch aus Haut und Knochen bestanden. Nein, sie hatte eine schmale Hüfte, aber ihre Schenkel fühlten sich normal an. Dünn halt. Nichts, was nicht mit regelmäßiger Nahrung zu verbessern wäre.

Nahrung. Genau. Er würde sie füttern.

„Sehen Sie, Officer: Nichts!“ Sie triumphierte.

Er schaute sie skeptisch an und griff nach der Jacke. Aus ihren weiten Taschen zog er einen Schlüssel und zwei kleine Tütchen mit je einer braunen Pille darin. Die Tüten ließen alle Warnlichter bei ihm aufflammen und brachten sein Blut in Wallung. Er fühlte sich unerklärlicherweise betrogen, nicht bestätigt. Ein Stich in den Rücken hätte nicht schmerzhafter sein können.

„Was ist das?“ Er hielt ihr das Zeug unter die Nase.

Sie plusterte sich erneut auf, Empörung in jeder Zelle. „Das geht Sie gar nichts an!“

„Wenn das Drogen sind, Miss, geht mich das sehr wohl was an! Los, rück raus, was ist das?“ Selbst wenn er es gewollt hätte, wäre seine Stimme nicht leiser geworden. Er war sauer. Richtig, richtig sauer. Am meisten über sich selbst.

Sie schrumpfte, aber ihre Antwort klang immer noch aufmüpfig. „Das sind keine Drogen!“

„Was dann? Was trägst du in kleinen Portionen mit dir herum? Hast du das gekauft, oder verkaufst du es?“

„Ich hab es gekauft! Nicht für mich! Für ...“ Sie drehte sich seitwärts, ein Bild von Schuld und schlechtem Gewissen.

„Für?“ Mit viel Mühe schaffte er es, seine persönlichen Gefühle abzulenken in Professionalität. Kein Wunder, sie war mit Drogen in ihrem Umfeld in Kontakt gekommen. Wie konnte sie da unberührt bleiben? Und dennoch ... Bisher hatte er sie für eine junge Frau gehalten, die sich erst ihren Platz suchen musste, aber er hatte sich wohl von ihrem Äußeren täuschen lassen. Was ihn erst recht erboste, weil er normalerweise nicht so sehr auf das Äußere achtete, sondern weitaus mehr auf das Verhalten eines Menschen.

Endlich rang sie sich zu einer Antwort durch, dabei nuschelte sie so leise, dass er die Worte kaum verstand. „Für die Hunde.“

Im ersten Moment ging er sein ganzes Vokabular durch, das er auf den Straßen gelernt hatte. Alle Wörter für Drogen, die er je gehört hatte. Aber Hunde war nicht dabei. Erst dann machte es klick. Für Hunde?

Er öffnete eine Tüte, roch daran. Tatsächlich. Der typische Geruch, der einem aus der Abteilung für Tiernahrung entgegen strömte. Hundefutter. „Warum zum Teufel trägst du Hundefutter mit dir herum? In winzigen Portionen, die wie Drogen aussehen?“ Ein schrecklicher Gedanke drängte sich auf. Ernährte sie sich davon? Weil sie so arm war? Das brachte ihn noch mehr in Rage. Es gab eine Menge Bewohner in Frost Creek, die dem Mädchen gerne etwas abgeben würden, und sie aß Hundefutter? Das reichte.

Er trat einen Schritt näher, bis er ganz dicht vor ihr stand. „Du bist unmöglich. Du gibst einem Polizeibeamten Widerworte, du beleidigst mich, du klaust, du streckst mir den Mittelfinger entgegen und du lässt mich im Glauben, du würdest mit Drogen handeln oder sie nehmen. Das reicht. Du hast eindeutig nichts anderes verdient.“

Seltsam, während er sie hochhob, sich hinsetzte und sie auf seinen Knien drapierte, sah er sich von außen und erschrak über diesen Mann, der so mit einer Fremden umging.

Trotzdem konnte er sich nicht davon abhalten. Es war wie ein Zwang. Und er wusste, warum. Diese Idee trug er jetzt schon Tage mit sich herum. Diese junge Frau, denn sie war eindeutig eine Frau, wie er bei dem Kontakt mit ihrem Körper feststellte, verlockte ihn wie eine Sirene, der er nicht widerstehen konnte. Seit Chief Parker diese Bemerkung gemacht hatte, träumte er davon, sie übers Knie zu legen.

Und nun lag sie genau da, wenn auch strampelnd und kreischend. Seine Hand hob sich, schlug zu, traf auf weiches Fleisch, das sich anspannte. Wenn er nur auf ihr nacktes Fleisch schlagen könnte, wäre er der glücklichste Mann der Welt, aber davon hielt ihn sein Verstand, ein letzter vernünftig denkender Rest zumindest, ab. Wieder schlug er zu und noch einmal. Legte seinen Frust in diese Schläge, die Enttäuschung, dass diese Göre ihn zu einer so verbotenen Handlung brachte, die ihn seinen Job kosten konnte. Schlug zu, weil es sich einfach zu gut anfühlte, wie sie über seinen Beinen lag. Schlug zu, weil der leichte Schmerz in seiner Handfläche beim Auftreffen etwas tief in ihm berührte, weil ihr Klagen und Schniefen sich so gut anhörte, dass es wie eine Droge bei ihm wirkte, obwohl er nie im Leben Drogen genommen hatte.

Jede Bewegung brachte Hitze, ließ sein Blut wie Lava durch die Adern schießen, ließ seinen Schwanz hart werden, bis er glaubte, zu platzen. Ließ Sehnsucht in ihm aufflammen nach genau dieser Reaktion, die sie zeigte. Nach den Geräuschen, die sie dabei machte. Danach, dass sie ihn um mehr anbettelte, dass sie genoss, was er austeilte.

Er hörte erst auf, als sie sich nicht mehr wehrte, sondern ganz weich über seinen Knien lag. Sie schniefte leise, was ihn weiter erhitzte und ihm zugleich das Herz brach.

Was tat er hier? „Fuck!“

Sein erster Impuls war, sie von seinen Knien zu schubsen und vor die Tür zu setzen, mehr um sie vor ihm zu schützen als umgekehrt, aber er war kein gefühlskalter Arsch. Nie gewesen. Stattdessen hob er sie auf, drehte sie in seinen Armen und setzte sie vorsichtig auf seinem Schoß ab. Sie wehrte sich halbherzig, aber nicht genug, um ihn daran zu hindern, sie mit seinen Armen zu umschließen und fest an sich zu drücken.

Was hatte er getan? Sich von seiner Lust übermannen lassen, mit seinem Schwanz gedacht anstatt mit dem Hirn. War ihm das schon jemals passiert? Nein. Definitiv nicht. Und es sollte auch nie wieder passieren. Warum war er dann auf Sex aus, warum kochte es in ihm, warum schlossen sich seine Arme so fest um sie, dass er jeden Knochen, jede Rundung, jede weibliche Form spürte?

Kapitel 6

 

Was für ein Arschloch! Der Kerl hatte sie geschlagen wie ein Kind, das man züchtigen musste. Dabei war sie nie geschlagen worden als Kind. Nicht so. Mal eine Backpfeife oder eine Kopfnuss, aber nicht übers Knie gelegt.

Wie demütigend das gewesen war! Nachdem alles Beschimpfen und Jammern nichts genutzt hatte, war sie weich geworden und hatte alles hingenommen. Gegen ihren Willen!

Wie konnte das sein, dass sie so auf ihn reagierte, auf das, was er mit ihr getan hatte? Sie wollte das nicht. Wollte nicht weich werden in seinen Armen, wollte nicht diese Wärme in sich spüren, die sich genauso anfühlte, wie dann, wenn sie sich zum Trösten mit den Fingern zu einem schnellen Orgasmus brachte. Wollte nicht diesem Arschloch zeigen, dass sich die Schläge gar nicht so schlecht angefühlt hatten. Immerhin hatte er sie ihr gegeben, weil er sie wahrnahm. Man schlug eine Frau nicht so, wenn sie einem nichts bedeutete, einem egal war. Ein Mann war auch nicht hart bei einer Frau, die ihn kalt ließ.

Moment. Hart?

Oh ja, er war hart, sie spürte die harte Länge unter ihrem Po. Sogar ein Zucken oder Pochen fühlte sie. Auch wenn sie nicht allzu viel Erfahrung mit Männern hatte, wusste sie, was das bedeutete.

Es hatte ihn angemacht, sie zu schlagen.

Das Schlimmste dabei war aber, dass sie selbst auch angemacht war.

Was er nie erfahren durfte. Er war ein Bulle, verdammt noch mal! Einer, der sie in den Knast sperren konnte für nichts! Alleine, weil sie in einem Trailer lebte, weil ihre Mutter drogensüchtig gewesen war. Immerhin hatte das sie in diese Lage gebracht. Bei jeder anderen Frau hätte er sofort auf Hundefutter geschlossen oder auf einen Snack oder was auch immer, aber bei ihr dachte er natürlich, sie würde Drogen verticken. Arschloch!

Sie wollte sich gegen diese Umarmung wehren. Die war doch nur seinem schlechten Gewissen geschuldet. Aber sie fühlte sich so verdammt gut an, verlockend wie ein Stück Cheesecake auf einem Teller ganz allein auf einem einsamen Tisch. Warum nicht einfach genießen, solange niemand schrie, sie solle die Finger davon lassen? So hatte sie es bisher immer gehalten. Wenn jemand ihr etwas vor die Nase hielt, griff sie zu.

Und seine Arme bedeuteten, dass er sie wahrnahm. Sie fühlte. So wie sie ihn fühlte. Seinen harten Körper, denn nicht nur diese eine Stelle war hart, sondern er fühlte sich überall so an. Seine Brust, die Muskeln in seinen Armen und Oberschenkeln. Das hatte sich auch unter ihrem Bauch gut angefühlt, sie hatte jede Bewegung genossen, wie sie es genossen hatte, so fest an ihn gedrückt zu werden, die Hand in ihrem Rücken zu spüren, die sie unbeweglich hielt. Sie wäre noch viel länger da liegengeblieben. Auch das unechte Schniefen hatte sich langsam aber sicher in ein echtes verwandelt, nicht wegen des Schmerzes, sondern nur, weil es sich so gut anfühlte. Ach fuck! Sie drehte sich im Kreis, konnte nur noch diesen einen Gedanken fassen. Gut. Fühlen. So gut.

Gott, sie war so pathetisch! Da versohlte ein Mann ihr den Arsch und sie glaubte, das sei ein Zeichen von Zuneigung! So ein Blödsinn. Na endlich kam sie wieder zu Verstand. Dabei sollte man meinen, dass sie von den ganzen Besuchern im Trailer gelernt hatte, dass Bonbons und gute Worte keine guten Absichten bedeuteten. Oder lag es genau daran? Meinte sie, dass dieser Mann, der ihr nicht mit Schmeicheln und ekligem Süßholz kam, ihr wirkliche Zuneigung entgegenbrachte und ihr nicht nur an die Wäsche wollte?

Jetzt kämpfte sie darum, von seinem Schoß zu kommen. Er hielt sie eine Weile gegen ihren Willen fest, aber er ließ sie los, als sie ihre Ellbogen einsetzte.

„Ganz schön spitz!“ Der Cop rieb sich seine Rippen.

Lyn war zu Boden gerutscht in dem Gerangel, oder vielleicht hatte er sie genau dort abgesetzt. „Du Arschloch! Wieso glaubst du eigentlich, du könntest das mit mir machen?“

Seine Augen waren nicht zu lesen, wie auch seine Miene ganz steinern wirkte, was sie verunsicherte.

Erst nach einem Moment antwortete er. „Du hast es gebraucht. Und ich auch. Jetzt, wo wir das aus dem Weg haben, könntest du mir helfen, etwas zu essen auf den Tisch zu bekommen.“ Damit stand er auf, ging an ihr vorbei schnurstracks in die Küche. Sein Hemd hing ein Stück aus dem Hosenbund und seine Haare standen wild ab, was ihn viel lockerer und ein wenig verwegen aussehen ließ. Ganz ungewohnt. Beinahe nett.

Sie hörte das Klappern von Töpfen, dann Wasser aus dem Wasserhahn und dass er etwas aus dem Kühlschrank holte. Erst danach fragte sie sich, warum sie immer noch auf dem Boden hockte und nicht längst abgehauen war. Sie wusste keine Antwort darauf.

„Ich habe dich gebeten, mir zu helfen. Los, mach was!“ Seine Stimme klang hart und unnachgiebig.

Lyn beeilte sich, aufzustehen. Sie stand für ein paar Sekunden unschlüssig da, aber als er ihr zwei Teller hinhielt, ging sie auf ihn zu und nahm sie ihm ab.

„Deck wenigstens den Tisch. Gläser sind in dem Schrank da drüben. Hier steht der Wasserkrug.“

Sie deckte den Tisch. Suchte Besteck in der Schublade, auf die er sie mit einem Kopfnicken hinwies, stellte die gefüllte Karaffe dazu. Es roch verführerisch und Lyns Magen meldete sich mit einem lauten Knurren. Fuck!

„Ist gleich fertig. Nur noch einen Moment. Du kannst dir schon mal die Hände waschen.“

Als sie vom Bad zurückkehrte, wirkte er wieder wie der Cop, den sie vom Vorbeifahren kannte, nicht mehr so zerzaust und derangiert wie vorher.

„Setz dich!“

Ah, der Cop-Ton war wieder zurück. Sie hatte ihn schon mehrfach mit anderen sprechen gehört, dabei hatte er sich nie so hart angehört wie mit ihr. Was für ein Arsch!

Ihr hartes Urteil wurde abgeschwächt, als er ihr eine riesige Portion Spaghetti auf den Teller lud, dann eine dicke, sahnige Sauce darüber kippte und zuletzt noch Käse aus einer Dose obenauf streute, der köstlich roch. Nein, alles roch köstlich, da gab es nichts zu meckern.

„Iss!“

Sie ahmte ihn tonlos nach. Iss! Fuck! Warum redete er so mit ihr? Oder besser: Warum behandelte er sie so? Aber wollte sie das wirklich wissen, solange er sie fütterte? Sie hielt die Klappe und schob sich lieber eine Gabel voll Nudeln in den Mund und saugte die herabhängenden mit einem lauten Schlürfen ein.

„Mach das noch mal und du liegst wieder über meinen Knien.“ Er funkelte sie an und wirkte richtig böse. So böse hatte sie ihn noch gar nicht gesehen, selbst vorhin nicht, als er glaubte, sie würde Drogen verticken.

Lyn schluckte und starrte abwechselnd auf ihren Teller und zu ihm. Diese Scheißnudeln blieben aber nicht auf der Gabel! Wie sonst sollte sie das machen? Sie konnte fühlen, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Was für ein Scheiß! Sie hatte eben nicht geweint, aber sie vergoss Tränen, weil sie das hier nicht einfach in sich reinschaufeln durfte?

„Schau her.“ Nicht mehr so maulig, fast schon ein normaler Tonfall.

Lyn schaute ihm zu, wie er seine Gabel mehrfach im Teller drehte, bis die Nudeln sich ganz darum gewickelt hatten. Die erste Portion gelang ihr zwar, aber sie schaffte es nicht, die ganze Gabel voll in den Mund zu stecken. Ihr wurde heiß, als sie seinen Blick sah. Fuck!

Beim nächsten Mal wählte sie genau drei Nudeln. Das klappte. Also gut, es durften vermutlich vier oder fünf sein, aber auf keinen Fall mehr. Sie linste zu ihm. War das okay so?

Er schaute immer noch ernst, aber er nickte ihr zu. „Gut gemacht.“

Warum wurde ihr so warm? Nicht peinlich warm, sondern wohlig warm. Schnell senkte sie ihren Blick wieder auf den Teller und schob das warme Gefühl in ihrem Bauch auf das Essen. Wann hatte sie das letzte Mal etwas so Köstliches gegessen? Sie ernährte sich in der Regel von Toastbrot und Peanutbutter. Die hatte viele Kalorien und war preiswert. Zumindest, wenn sie im Angebot war. Dann deckte Lyn sich ein mit einem Vorrat für das nächste halbe Jahr.

Quatsch. Sie wollte sich am liebsten damit eindecken, aber meistens reichte es nur für zwei oder drei Gläser. Wie sonst sollte sie die Schulden jemals abbezahlen?

„Warum trägst du Hundefutter mit dir herum? Hast du einen Hund?“

Sie schüttelte den Kopf und kratzte mit der Gabel den Rest Sauce zusammen. „Nein.“

Der Cop hielt ihr einen Löffel unter die Nase. „Warum dann? Isst du das Zeug?“

„Quatsch! Das ist für die beiden Hunde von Mrs Young. Sie hat mir was extra gegeben, davon habe ich was für die beiden geholt. Immerhin hab ich das denen zu verdanken.“

„Und warum sind die Snacks verpackt wie Drogen?“

Sie funkelte ihn an. „Sind sie nicht. War ja keine Alufolie, oder? Mrs Morgan vom By Belle macht das extra für mich. Sie verpackt sie in kleine Portionen. Was soll ich mit einer ganzen Packung?“

„Wie viel verlangt sie dafür?“

„Einen Dollar für zwei.“ Sie linste zu ihm hin. Warum wollte er das alles wissen? Seine Miene wurde wieder finsterer. Was hatte sie jetzt schon wieder falsch gemacht?

Kapitel 7

 

Angus erfuhr eine Menge über Lyn, sicher mehr, als sie ihm sagen wollte. Dass sie wusste, wie Drogen normalerweise verpackt waren. Und dass Mrs Morgan sie abzockte. Mit der würde er mal ein ernstes Wörtchen reden.

Lyn hatte eindeutig Hunger. Sie besaß keine Schuhe, die wasserdicht waren, erst recht nicht passend für das kalte Wetter und den Schnee. Ihre Jacke war erbärmlich dünn und sie trug nicht mal ein T-Shirt unter dem Sweater. Der war bei dem Spanking nämlich hochgerutscht und hatte ein Stück nackte Haut über dem Hosenbund offenbart, sodass er sich selbst überzeugen konnte, dass sie tatsächlich nackt gewesen wäre, hätte er sie gezwungen, das Ding auszuziehen.

Das Spanking! Was war er für ein Arsch, dass er einfach eine Frau von der Straße holte und sie versohlte? Das passte überhaupt nicht zu ihm. Normalerweise verhandelte er mit den Frauen, klärte ihre Vorlieben ab und ließ sich klipp und klar über ihre Grenzen belehren. Niemals würde er weiter gehen als erlaubt. BDSM war eine ernste Sache und beruhte nach seiner Sicht auf festen Prinzipien. Hielt man sich nicht daran, überschritt man schnell die Grenze zu Misshandlung oder gar Missbrauch, Straftaten, die er sich nicht zuschulden kommen lassen wollte. Auf keinen Fall. Er war Cop geworden, weil er das Gesetz achtete, nicht weil er es brechen wollte.

Einer seiner Grundsätze lautete dementsprechend, dass man BDSM nur mit jemandem ausübte, der es auch wollte. Er hatte auch Dates mit Frauen gehabt, die damit nichts am Hut hatten. Kein Thema, dann war es eben bei einem normalen Fick geblieben, keine Schläge, keine Fixierung, keine Machtspiele.

Ausgerechnet mit diesem Persönchen, die manchmal fast wie ein Kind wirkte, war er seinen Vorsätzen abtrünnig geworden. War sie am Ende noch Jungfrau? Fuck!

Jetzt färbte ihre Flucherei schon auf ihn ab. Schlecht, ganz schlecht. Er würde sie in Zukunft ignorieren, es sei denn, sie versuchte wieder, etwas zu klauen.

Aber das würde ihm schwerfallen, das gestand er sich ein. Warum? Sie wollte nicht geschlagen werden. Was sollte er also mit ihr? Oder hatte sie es doch gewollt? Das hätte er nur herausfinden können, wenn er sie gefingert hätte, und so weit würde er nun doch nicht gehen, selbst wenn es ihn in den Fingern gejuckt hatte.

Warm wurde ihm bei der Erinnerung an den Blick, als er sie gelobt hatte. Wenn er den von einer Sub bekommen hätte, wäre er sehr glücklich damit gewesen. Es hatte so viel Demut darin gelegen, so viel Glück über sein Lob, wie es nur eine Frau empfand, die gefallen wollte.

Redete er sich das ein? Keine Ahnung. Überhaupt ... keine gute Idee, dass er sich mit der Tochter einer Drogensüchtigen einließ, wenn er in seinem Job weiterkommen wollte. Nach der Sache in Manchester hatte er sich freiwillig vom Sergeant zum Officer zurückstufen lassen. Dabei musste er sich ganz schön was einfallen lassen, um das zu begründen. Das bedeutete aber nicht, dass er nicht wieder aufsteigen wollte.

Sie hörte nicht eher auf zu essen, bis beide Töpfe leer waren. Immerhin schlürfte sie die Spaghetti nicht mehr lautstark ein. Sie konnte sich also benehmen und verstand vor allen Dingen, was er ihr hatte sagen wollen. Überhaupt schien sie nicht dumm zu sein. Ungebildet vielleicht.

„Sag mal, womit verdienst du eigentlich dein Geld?“ Bitte sag nicht Drogenhandel, fügte er in Gedanken an.

„Mal so, mal so.“

„Und was soll das bitte heißen?“ War sie doch eine Diebin und Gaunerin?

„Ich mache alles, was ich finden kann. Vor allem Hunde ausführen.“

„Gibt es keinen anderen Job für dich? Welche Schulbildung hast du?“

Sie wurde knallrot, was ihre grünen Haare noch mehr leuchten ließ. Als sie die Lider senkte, fielen ihm diese unmöglich langen und dichten Wimpern auf.

„Ich war in der High School.“

Etwas an der Formulierung ließ ihn aufhorchen. „Etwas genauer bitte.“

Sie schob den Teller weg und gleichzeitig den Stuhl ein Stück zurück, als wollte sie aufspringen und gehen. Aber sie blieb sitzen. Vorerst. Sie wirkte angespannt, als bereite sie sich auf Ärger vor. Wovor hatte sie Angst? Vor Kritik? Spott? „Ich war auf der High School. Aber nicht bis zum Ende.“

Ah, ein Dropout. „Wie lange warst du dort?“

„Ich habe das letzte Jahr nicht zu Ende gebracht.“

Oh ja, das vorgeschobene Kinn und die blitzenden Augen forderten ihn geradezu heraus, dazu etwas Abwertendes zu sagen. Was er natürlich nicht tun würde.

„Welche Noten?“

Wieder flammte das Rot auf ihren Wangen auf, das sich eben ein wenig gelegt hatte. War sie wirklich so schlecht gewesen?

„Ist doch scheißegal. Jedenfalls habe ich keinen verfickten Abschluss.“

„Was hättest du mit einem Abschluss gemacht?“ Es erschien ihm weise, nicht auf den Gründen für ihren Abbruch herumzureiten. Bei ihrem sozialen Hintergrund hatte er fast nichts anderes erwartet.

Sie schaute zu Boden, verschränkte die Arme in einer defensiven Geste, die ihn rührte, dann hob sie den Blick wieder. „Ich wäre Kindergärtnerin geworden.“

Aus jedem Ton war ihre Aufforderung zu hören, sie endlich dafür zu verspotten. Was hatte sie dazu gebracht, so zu werden? Angus ließ sich nicht provozieren. „Das ist ein toller Job. Leider braucht man dazu einen High School-Abschluss.“

Sie wartete einen Moment, in dem sie ihn prüfend und skeptisch ansah. „Ja.“ Mehr kam nicht, und das eine Wort sagte alles. Sie wusste das. Kannte alle Schwierigkeiten. Hatte akzeptiert, niemals das werden zu können, was sie wollte.

Lyn stand abrupt auf. „Ich muss los. Danke fürs Essen.“

Sie streifte schon die Socken ab, die er ihr gegeben hatte, und griff nach ihren vermutlich immer noch feuchten Fetzen. „Lass nur, du kannst sie behalten.“

Sofort brauste sie auf. „Ich brauche keine Wohltaten! Du kannst deine Scheißbullensocken behalten!“

Er schaltete wieder auf seine Dom-Stimme um, anscheinend brauchte sie das. „Du wirst sie mitnehmen. Wenn du sie mir zurückgeben willst, dann nur gewaschen.“

Sie wirkte überrascht, aber sie gehorchte, steckte die nassen Dinger in ihre Jackentasche und wollte verschwinden.

„Ich fahre dich nach Hause. Ich habe dich hergebracht, also bringe ich dich auch zurück.“

Kapitel 8

 

Das war so ziemlich das Letzte, was sie wollte, aber er ließ sich nicht davon abbringen. Sie dirigierte ihn zu ihrem Auto, doch das reichte ihm noch nicht. Er folgte ihr bis zum Trailer. Immerhin drehte er dort und bestand nicht darauf, mit reinzukommen. Das wäre mal ein Schock gewesen für den Herrn Officer. Vielleicht hätte sie ihn doch einladen sollen.

Insgeheim hatte sie etwas ganz anderes erwartet, aber auch da hatte er sie enttäuscht.

Shit, wie kam sie auf enttäuscht? Wieso sollte es sie enttäuschen, dass er keinen Sex von ihr wollte? Damit hatte sie nämlich fest gerechnet. Essen gegen Sex. Wärme gegen Sex. Das war ihr schon so oft angeboten worden. Und manchmal hatte sie es angenommen. Aber dieser Cop hatte nichts verlangt. Nur gegeben. Na ja, dafür hatte er ihr auch Schläge gegeben. Sie verhauen, als sei sie ein kleines Kind. So eine Scheiße! Wofür hielt der Arsch sich eigentlich?

Sie war so aufgewühlt, nachdem er endlich davongefahren war und sie alleine in dem scheißkalten Trailer hockte, alle Decken über sich, die sie hatte, und noch ein paar Kleidungsstücke dazu. Von ihrer Mutter waren noch ein paar Kleider übrig, die niemand hatte haben wollen. Immerhin waren sie hier von Nutzen. Sie träumte davon, sich davon eines Tages eine Decke zu nähen, wie sie es im Nähkurs in der Schule gesehen hatte. Das wäre eine schöne Decke, denn ihre Mutter hatte bunte Farben gemocht. Vier Kleider waren es, die übrig geblieben waren. Altmodisch im Schnitt, aber sie erinnerten an Sommer und Kindheit, an einen Vater, an eine Familie. Albern, sich daran festzuklammern, aber so, wenn sie sie zum Zudecken nutzte, waren sie zumindest nicht völlig nutzlos.

Dieser Cop hatte sie an all das erinnert, was hätte sein können und sie damit ganz verrückt gemacht. High School, fuck! Das lag schon so lange zurück, dass sie sich kaum noch erinnern konnte.

Was nicht stimmte. Sie war gut gewesen. In Mathematik, Marketing, Buchhaltung, aber auch in Psychologie und Soziologie hatte sie nur beste Noten bekommen. Bis ihre Mutter komplett abgerutscht war und sich nicht einmal mehr um Sozialhilfe gekümmert hatte. Bis immer mehr Männer mit kleinen Tütchen gekommen waren, die alleine mit der Mutter im Trailer bleiben wollten oder versuchten, Lyn zum Mitmachen zu bewegen. Sie war abgehauen, hatte sich versteckt, hatte sich mit Gleichaltrigen rumgetrieben, die längst nicht mehr zur Schule gingen und schon mal etwas klauten oder Gras rauchten. Aber das wollte sie auch nicht mitmachen. Eine Scheißzeit war das gewesen. Jedenfalls keine, in der man lernen konnte oder auch nur regelmäßig zur Schule kam.

Dann war alles rapide den Bach runtergegangen. Die Mutter hatte sich um nichts mehr gekümmert als um den nächsten Schuss, die Männer waren immer unverschämter geworden. Bis Mom vor einem halben Jahr nicht mehr aufwachte und der letzte Freier – denn genau das war er gewesen – sich mit halb offenem Hosenstall von dannen gemacht hatte.

Seitdem versuchte sie, über die Runden zu kommen. Und sie würde es schaffen. Egal was, aber sie würde es schaffen.

Allerdings brauchte sie noch mehr Jobs als nur das Hundesitten. Sie würde es in den nächsten Tagen noch mal versuchen. Vielleicht bei Mrs Scott, der Tierärztin. Die hatte einen Hund und möglicherweise nicht genug Zeit, mit ihm regelmäßig rauszugehen.

Am Morgen fand sie eine Tüte mit Essen vor ihrer Tür, aber das brachte sie nur ein paar Tage über die Runden.

 

 

Wieder hatte sie bei ihrer Jobsuche kein Glück. Der Gedanke, dass vor Weihnachten vielleicht im By Belle eine Hilfe gebraucht wurde, schien ganz falsch. Mrs Morgan schaute sie sehr böse an und ehe sie überhaupt fragen konnte, blaffte sie Lyn an. „Ich verkaufe keine Portionen mehr. Du musst eine ganze Packung kaufen, wenn du was für die Hunde haben willst.“

„Mrs Morgan, ich brauche aber immer nur eine kleine Portion.“ Wieso war die so schlecht drauf?

„Ich zahle wegen dir keine Strafe.“ Sie grummelte vor sich hin, doch leider verstand Lyn sie nicht. „Ach verdammt. Hier. Schenk ich dir! Aber sag dem Kerl das, ja? Sag ihm, dass ich dir die Packung geschenkt habe, dass ich nichts dafür verlangt habe. Keinen Cent. Und nun scher dich fort.“

Mist. Natürlich bot sie ihr keinen Job an. Sie ahnte, wem sie das zu verdanken hatte.

Ihr lief der Weihnachtsmann über den Weg. Der Kerl war doch viel zu jung und zu schlank und zu groß, um als Weihnachtsmann durchzugehen. Na ja, immerhin hatte er eisblaue Augen, als käme er direkt vom Nordpol.

Wenn der so unpassend aussah und dafür Geld bekam, könnte sie das auch tun. Sie stellte sich vor, wie sie im Kostüm des Weihnachtsmannes im Pavillon saß, Kinder auf den Schoß nahm und Bilder von sich machen ließ.

Aber das machte dieser Mann ja schon. Sie hatte ihn am letzten Wochenende am Pavillon im Stadtpark gesehen und das Schild, das besagte, dass er ab jetzt jeden Freitag und Samstag dort zu finden wäre. Nein, der machte das so gut, dass sie keine Chance hatte.

Außerdem war es nicht mehr lange bis Weihnachten. Wer würde jetzt noch einen Weihnachtsmann suchen?

Höchstens eine Elfe. Sie könnte das mal ausprobieren. Und einfach ein Trinkgeld einstreichen für Fotos. Sie lächelte bei der Idee. Sie hatte mal in der Grundschule einen Weihnachtself gespielt. Okay, sie wollte morgen schauen, ob sie etwas Passendes finden konnte. Vorzugsweise, ohne dass es etwas kostete.

Mrs Scott brauchte keinen Hundesitter.

---ENDE DER LESEPROBE---