Wenn du dich erinnerst... - Sandro Hübner - E-Book

Wenn du dich erinnerst... E-Book

Sandro Hübner

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Beschreibung

Wenn du dich erinnerst... Dieser Roman erzählt von Liebe bis zum Tod alles. Aus Liebe wird dann plötzlicher Tod und Eifersucht. Es liegt daran herauszufinden, was wirklich passiert ist. Es bleibt sehr spannend bis zur letzten Seite in diesem Krimi. Grandios geschrieben und verfasst wie ein Profi. > Süddeutsche Zeitung <

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Seitenzahl: 92

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Über den Autor:

Sandro Hübner, wurde 1991 in Görlitz geboren. Besuchte erfolgreich die Schule und widmete sich mit 10 Jahren Kurzgeschichten, Gedichten und Vorträgen, die sehr umfangreich verfasst waren. Als er 17 Jahre alt war und sich als Schriftsteller die Zeit, für seinen Ersten Roman: SAD SONG - Trauriges Lied - nahm, machte ihm das Schreiben sehr großen Spaß. Sandro Hübner lebt in Berlin und arbeitet bereits an seinem nächsten Roman. Er hat mittlerweile Bestseller geschrieben.

Vom Autor bereits erschienen: www.sandrohuebner.de

Für dich Mama, Papa Oma, Opa und Ur-Oma

Alle Geschichten, wenn man sie

bis zum Ende erzählt,

hören mit dem Tode auf.

Wer Ihnen das vorenthält,

ist kein guter Erzähler.

E. Hemingway

Wenn du dich erinnerst…

„Es liegt in der Natur des Menschen, nach Fehlern zu suchen.“

Etwas verwundert sah Robert sie an.

„Wie meinst du das?“ fragte er.

Sie zuckte die Schultern und richtete ihren Blick wieder auf das Buch, das aufgeschlagen in ihrem Schoß lag.

Er kannte sie schon lange genug, um ihr Verhalten einschätzen zu können, deswegen fragte er nicht weiter, sondern sah sie schweigend an.

Nach etwa einer Viertelstunde wurde sein Schweigen belohnt.

Sie sah zwar immer noch in das Buch, sagte aber: „Die Menschen sagen immer, dass sie glücklich sein wollen. Sie sagen, dass sie Harmonie haben wollen. Und wenn sie es sagen, dann glauben sie es sogar. Das ist das Verrückte daran. Verstehst du?“

„Die Menschen wollen also gar nicht glücklich sein?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Wie kommst du darauf?“ fragte er interessiert.

„Wenn sie mal glücklich sind, dann zerstören sie dieses Glück.

Alles ist perfekt. Und was tun sie? Sie suchen nach etwas, dass nicht perfekt ist. Sie kämpfen sich durch ihr ganzes Leben auf der verzweifelten Suche nach etwas, dass die Harmonie stört.

Und wenn sie dann endlich etwas gefunden haben, beklagen sie sich darüber, dass sie nie glücklich sein können.“

„Du übertreibst etwas.“ meinte Robin.

Mit einer entschlossenen Geste schlug sie das Buch zu und stand auf. Ihr Blick war kalt geworden. Ihre Stimme hätte Eisen durchschneiden können, als sie sagte: „Warte nur ab. Irgendwann wirst du auch glücklich sein und dann beginnt deine Suche nach Problemen.“

An dieses Gespräch erinnerte sich Robin, als er sich in dem verlassenen Wohnzimmer umsah, in dem er seine Jugend verbracht hatte. Zusammen mit Carrie. Aber diesmal war Carrie nicht da. Sie würde nie wieder mit ihm auf dem Sofa sitzen, Kaffee trinken und über unheimliche Dinge sprechen.

„Robin?“

Er zuckte zusammen und fuhr herum. Hinter ihm stand David.

„Ist alles in Ordnung? Du siehst blass aus.“

„Mir geht es gut. Mir ist nur gerade etwas eingefallen...“

Neugierig sah David ihn an.

„Ich habe mich an ein Gespräch erinnert, dass ich hier

mal geführt habe.“ antwortete er widerstrebend.

„Mit Carrie?“ fragte er und versuchte, beiläufig zu klingen.

Aber seine Augen verrieten, wie gespannt er war.

„Ja.“ antwortete Robin einsilbig und wandte sich ab.

Er hatte keine Lust, mit David über Carrie zu sprechen.

Natürlich war David sein Freund. Vielleicht war er sogar sein einziger Freund. Aber das mit Carrie war etwas, dass niemanden etwas anging. Seine Erinnerungen an sie waren etwas Heiliges und Besonderes geworden. Besonders, seit sie nicht mehr da war.

Robin ging aus dem Wohnzimmer in die große Halle, die im Laufe der Jahre viel von ihrem Glanz verloren hatte. Vielleicht hatte sich aber auch nur seine Sichtweise geändert. Er war kein Teenager mehr, der sich durch Geld und Materialismus beeindrucken ließ. Er war ein erwachsener Mann, der ins Haus seiner Jugend zurückgekehrt war, um...

Warum eigentlich?

Bekannten gegenüber hatte er behauptet, er wolle seine alten Sachen ausräumen, um das Haus verkaufen zu können. Aber stimmte das? War es nicht viel eher so, dass er Carries alte Sachen holen wollte? Dass er hoffte, sie wieder besser spüren zu können, wenn er Dinge, die einst ihr gehörten, in der Hand hielt?

Vermutlich war es das.

Er wollte gar nicht zu genau über seine Beweggründe nachdenken. Es wäre zwar nicht unmoralisch gewesen (seit zwei Jahren war er geschieden) aber trotzdem.

Mit langsamen Schritten ging er die Treppe hinauf, die ächzende Geräusche von sich gab. Oben angekommen zögerte er allerdings, weiterzugehen.

Sollte er das wirklich tun?

Wäre es nicht viel einfacher, wenn er wieder runtergehen, in sein Auto steigen und nach Hause fahren würde?

Er könnte sich an seinen Schreibtisch setzen, einen neuen Roman anfangen und wie besessen daran schreiben, bis er fertig war. Aber was dann?

Es würde so kommen, wie schon bei den letzten drei Romanen, die er geschrieben hatte. Er würde sich alles noch mal durchlesen und sich schlecht fühlen, weil er die ganzen Gefühle, die er in seiner Geschichte beschrieb, nicht empfinden konnte.

Und damit war er mit seinen Überlegungen wieder an dem Punkt angelangt, warum er überhaupt hier war. Empfindung war das Stichwort. Er wollte wieder empfinden. Und sollte es auch nur der Schmerz sein, weil er sie diesmal nicht retten konnte.

Entschlossen steuerte er auf die Tür zu, die ganz am Ende des Ganges lag, und drückte auf die Klinke. Nichts geschah.

Er versuchte es noch einmal, aber wieder ließ sie sich nicht öffnen. Sie musste wohl abgeschlossen sein.

Aber wieso?

Und vor allem: Wer hatte diese Tür abgeschlossen?

Ihm gehörte dieses Haus, seit seine Eltern gestorben waren und er konnte sich nicht irgendwie erinnern, dass er jemals Carries Tür abgeschlossen hatte.

Stirnrunzelnd wandte er sich an die Tür daneben und stellte fest, dass diese offen war. Er betrat einen kleinen muffigen Raum, in dem nur ein Bett und ein Schreibtisch standen.

Er wollte es nicht tun, aber irgendetwas zwang ihn, zu dem Bett zu gehen und die Matratze umzudrehen. Dabei wirbelte er einen Haufen Staub auf und kriegte einen Hustenanfall.

„Robin?“

Diesmal drehte er sich noch schneller um als vorhin. David stand im Türrahmen und musterte ihn besorgt.

„Was tust du da?“ fragte er und ging zu ihm.

„Ich drehe die Matratze um.“ antwortete er.

David warf ihm einen merkwürdigen Blick zu und sah dann auf die Matratze.

„Was ist das?“ fragte er und deutete auf den braunen Fleck, der sich deutlich von dem schmutzig gelben weiß abhob.

Robin sah jetzt ebenfalls darauf und eine erneute Erinnerung überflutete ihn.

„Ich habe Angst.“ flüsterte Carrie.

„Ich bin doch da.“ flüsterte Robin zurück. Sie presste sich noch enger an ihn und er spürte ihren heißen Atem in seinem Gesicht.

Beruhigend strich er über ihren Rücken, der eiskalt war.

„Es wird wieder gut.“ murmelte er.

„Ich sterbe, oder?“ schluchzte sie.

Ihre Fingernägel krallten sich in seine Haut. Er unterdrückte einen Schmerzenslaut und zog stattdessen die Bettdecke noch enger um ihren zitternden Körper.

„Du stirbst nicht. Ich passe auf dich. Es kann dir nichts passieren.“ sagte er, obwohl er sich da selbst nicht so sicher war.

„Was ist, wenn sie kommen? Sie werden mich holen, oder? Und dann werden sie mich...“ Der Rest des Satzes ging in einem erneuten Schluchzen unter.

„Ich werde es nicht zulassen, dass sie dich holen.“

„Aber ich...“

Sie brach ab. Mit einem Schlag hörte sie auf zu Zittern und es schien ihm, als würde sie auch kurz mit Atmen aufhören.

„Was ist los?“ fragte er und spürte, wie Panik in ihm aufstieg.

Statt zu antworten richtete sie sich langsam auf und schlug die Decke zurück.

Da es vollkommen dunkel war, konnte er nicht erkennen, was los war.

„Mach den Vorhang auf.“ sagte sie tonlos.

Er rannte förmlich zum Fenster und riss den schweren Stoffvorhang weg. Ihm nun einflutenden Mondlicht konnte er etwas Dunkles erkennen. Mit wackligen Beinen ging er zurück zum Bett und folgte ihrem Blick auf die Stelle zwischen ihren Beinen. Ihr weißer Slip war vollkommen rot, genau wie ihre Schenkel. Einen Moment wusste er nicht, was los war, dann begriff er.

Es war Blut!

Carrie schien es im selben Moment zu begreifen, denn sie begann zu schreien. Ein Schrei, der durch Mark und Bein ging und ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

„Ich verblute! Sie sind gekommen und lassen mich verbluten!“

Er wusste zwar nicht genau, was er tat, aber er wusste, dass er etwas tun musste. Kurzerhand packte er sie und trug sie ins angrenzende Badezimmer.

Sie schrie immer noch, als er sie in die Badewanne setzte und anfing, Wasser auf ihre Beine zu spritzen, um das Blut wegzuwischen. Nach kurzer Zeit musste er allerdings merken, dass das sinnlos war, denn es kam immer neues Blut. Noch dazu war der Stöpsel im Ausguss und Carrie saß in einer Wanne voller rotem Wasser, was sie nicht gerade beruhigte.

Dieses Bild von ihr, wie sie in der halbvollen Wanne saß und alles um sie herum rot war, brannte sich in seinen Verstand ein.

Besonders, weil er dasselbe Bild Jahre später noch mal sehen würde. Nur, dass sie dann nicht sitzen, sondern liegen würde.

„Ist das Blut?“

Davids Stimme holte Robin aus seinen Erinnerungen zurück.

„Was?“ fragte er, während er immer noch das Bild vor Augen hatte.

„Ob das Blut ist.“ wiederholte David seine Frage.

„Ja.“ sagte er, hatte aber nicht vor, weiter darauf einzugehen.

Natürlich könnte er David die ganze Geschichte erzählen.

Aber dann würden Fragen auftauchen. Zum Beispiel, ob Carrie und Robin damals nicht schon etwas zu alt gewesen waren, um zusammen in einem Bett zu schlafen. Und warum sie überhaupt in diesem Zimmer gewesen waren, wenn doch Jeder von ihnen ein eigenes hatte. Er könnte dann antworten, wegen den Langoliers.

Und genau an diesem Punkt wäre es dann zu Ende mit der vernünftigen Unterhaltung. Denn David würde nie verstehen können, welche Angst die Langoliers Carrie gemacht hatten.

„Ist irgendwas? Du machst den Eindruck, als wärst du sehr schlecht drauf.“ meinte David.

„Ich bin nur müde.“ log Robin und flüchtete vor weiteren Fragen in den nächsten Raum. In seinen ehemaligen Raum.

Es sah alles noch genauso aus wie damals, als er ausgezogen war. Seine Eltern hatten nichts verändert. Er wusste nicht, ob er ihnen dafür dankbar sein sollte.

Sicher war es nett die kleinen Pokale zu sehen, die ordentlich aufgereiht auf dem Regal standen. Und es war auch schön, die Poster von seinen Lieblingsstars zu sehen. Was er damals doch für einen Geschmack gehabt hatte! Es war einfach unglaublich!

Aber es war eben auch so, dass nicht alles, was sich in seinem Zimmer befand, ihm Freude bereitete, wenn er es ansah. Besonders wenn sein Blick das Fenster streifte, und den Balkon, der dahinter lag, krampfte sich sein Herz zusammen. Zweifel stiegen langsam in ihm hoch. War es so eine gute Idee gewesen, hierher zu kommen? Hätte er nicht lieber vorhin, als er an der Treppe zögerte, schon gehen sollen?

Er wollte seine Erinnerungen an Carrie wieder auffrischen, aber doch nicht auf so eine Weise! Und trotz seines Widerstandes gingen seine Augen immer wieder zum Balkon, bis er nicht mehr wegschauen konnte. Und je länger er seinen Blick auf die braunen Fließen und das braune Geländer gerichtet hatte, desto intensiver wurde die Erinnerung...

„Und? Wie war es in der Schule?“ fragte seine Mutter ihn.