Wer mit Gott geht... - Leonard Heffels - E-Book

Wer mit Gott geht... E-Book

Leonard Heffels

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Beschreibung

So wurden Bibelgeschichten noch niemals erzählt! Gefasst im Versmaß der Epen, fließt eine jede Erzählung dahin, wie ein Strom ohne Anfang und Ende. Zeitlos erscheinen die großen Geschichten am Grunde des jüdischen, christlichen ebenso wie des islamischen Glaubens. Zeitlos nicht nur, weil sie jenseits von Moden und Strömungen wertvoll geblieben sind. Stetig getragen vom Rhythmus der nichtreimenden Verse, erklingen sie selbst wie von jenseits der Zeitläufte eingeflossen in atmende Form. Denn das ist das Wesen der epischen Weise: Es reihen sich fortlaufend Verse im Ganzen zum Ganzen. Liest man sie, hört man sie. Hört man sie, taucht man hinein in den Fluss ihrer wortgewordenen Bilder. Gleich wie das Pochen des Herzens erinnert ihr Tönen daran, dass ununterbrochen ein maßvolles Wort uns begleitet.

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Leonard Heffels studierte Kunst in Maastricht und Pädagogik in Amsterdam. In seinem literarischen Werk setzt er sich immer wieder mit biblischen Themen auseinander. Dabei bewegt er sich im Grenzbereich zwischen Lyrik und Prosa. Auch seine Novellen „Hiobs Freunde“ und „Marthas Geschick“ sind geprägt von einem lyrischen Sprachstil, der eine große atmosphärische Dichte schafft. Gleichzeitig werfen sie ein neues Licht auf ihre Protagonisten, die einfühlsam und tiefsinnig dargestellt werden. Bei TWENTYSIX erschien von ihm ferner der historische Roman „Daniels Vermächtnis“.

Inhalt

Noah

Jakob

Moses

Gideon

Simson

Ruth

Elia

Jona

Noah

1 Mose 6-9

Fünfhundert Jahre geworden ist Noah, Methusalahs Enkel, Sohn des Lamech, da zeugt er die späteren Väter der Völker. Sem wird genannt deren Erster, Jafet der Name des Zweiten. Ham ist der Jüngste der Söhne, ehrbare Stützen des Vaters. Überall mehren derweil sich die Menschen stetig auf Erden, söhnen sich aus mit dem Schicksal heimatvertriebener Kinder, lernen zu tragen die Mühen schuldig gewordener Seelen. Weil sie Besitz von der Erde ergreifen, werden sie selber zunehmend irdisch, schön an Gestalt wie Getier und Gewächse.

Diese so reizvolle Schönheit erkennen die Nachkommen Gottes. Ihnen gefallen die wohl gewachsenen Töchter der Menschen überaus gut und sie nehmen zur Frau sich die Schönsten von ihnen. Ewig, sagt Gott, soll mein Geist dem Menschen im Leibe nicht bleiben, sterblich ist schließlich sein Fleisch, der Herrschaft der Zeit unterworfen. Einhundertzwanzig natürliche Jahre sollen des Menschen Tage von nun an betragen. Dann aber gibt es auch Riesen, Helden, gewaltige, ruhmreiche Männer, gezeugt noch von Gottes lichtvollen Söhnen, als diese sich nahmen Töchter der Menschen.

Gott aber sieht, dass groß ist die Bosheit im Denken und Wollen, Sinnen und Suchen des Menschen, immer und gleich, wo er hinschaut. Deshalb bereut er geschaffen zu haben ihn, den Verderbten. Jahwe, dem Wesen nach Liebe, trifft dieses lieblose Treiben seiner verirrten Geschöpfe tief und es schmerzt ihn im Innern. Deshalb entscheidet der Herr von der Erde zu tilgen den Menschen. Auch will er sämtliche Herden gleichfalls vom Erdboden wischen, auslöschen jedes der Kriechtiere, ja, noch die Vögel am Himmel. So, wie sie heute sich zeigt, hat er niemals gedacht seine Schöpfung. Wie sie geworden am Ende, kann er zutiefst nur bereuen.

Noah als Einziger aber findet noch Gnade vor Jahwe. Auch in den Augen anderer Menschen gerecht und wahrhaftig, lebt er beständig mit Gott, Gewissen und Herz ohne Schatten. Aber die Erde, ganz kreatürlich geworden, verliert sich angstvoll und hungrig im Dunkel leiblicher Nöte und Zwänge. Also spricht Jahwe zu Noah: Siehe die Taten der Menschen, höre den Klang ihrer Reden, prüfe den Sinn ihrer Worte, schaue den Grund ihres Wollens! – Überall wirst du erkennen Hass und Gewalt, die schließlich verdarben die Schöpfung als Ganze. Neu will ich daher beginnen, wegschwemmen alles Verderbte völlig vom Antlitz der Erde, Menschen genau so wie Tiere, Würmer wie Vögel, denn voll ist dank ihnen die Erde von Frevel.

Du aber fürchte dich nicht, denn dir will ich’s Leben gewähren. Auch deine Söhne, alle die deinigen will ich verschonen. Ihr werdet sein wie die Samen, wenn endlich bereit ist der Acker, neu zu empfangen die Aussaat des Herrn am Morgen der Menschheit. Mache nun Folgendes: Fälle zunächst eine Reihe von Tannen, nimm dann ihr Holz und baue daraus eine stattliche Arche. Teile sie ein in mehrere Kammern und dichte sie innen ebenso ab wie von außen mit Pech, sie gründlich zu rüsten für eine längere Fahrt in tiefen, bewegten Gewässern! Dreihundert Ellen genau sei die Länge des bergenden Bootes, fünfzig die Breite und dreißig die Höhe, aber nur eine einzige Elle soll groß sein das Fenster unter dem Dachrand. Setze zudem eine Tür in die Mitte der länglichen Seite. Böden benötigt die Arche drei an der Zahl, so errichte einen im unteren, einen im mittleren, einen am Ende oben im Boot. Beginne %u bauen den Kasten noch heute. Anschwellen lasse ich bald gewaltige Wasser auf Erden mächtige Massen, die wegspülen werden gleich einer Sintflut alles was Fleisch hat und atmet, Menschen genauso wie Tiere.

Doch einen Bund will ich schließen mit dir, zum Wohle der Nachwelt. Du sollst besteigen die Arche, auch deine Frau, deine Söhne ebenso deren ergebene Frauen, Mütter der Zukunft. Nehme des Weiteren auf in den Kasten paarweise Tiere so dass auch sie überleben, Vögel und Vieh, Kreaturen jeglicher Art, aus dem Boden die Würmer, wie aus den Höhlen alles, was kriecht oder krabbelt, immer ein Männchen und Weibchen. Lege für diese und deine Familie jeweils mit passenden Speisen ausreichend Vorräte an um alle versorgen zu können. Mächtig erschrocken vom Urteil und Auftrag des einzigen Gottes macht der Erwählte sich gleich an die Arbeit, stille gehorchend.

Als schließlich fertig die Arche, wendet der Herr sich an Noah: Gehe hinein in den Kasten, du, den ich dazu erkoren. Nirgends fand ich außer dir je einen zweiten Gerechten. Du und die deinigen sollen den Fluten deshalb entkommen. Nimm von den Tieren, die rein sind, Männchen und Weibchen je sieben. Doch von den Unreinen nimmst du nur jeweils ein einzelnes Pärchen. so dass sich später die Arten auf Erden wieder vermehren um zu erhalten jede der Arten die Chance zur Vermehrung. Bloß eine Woche noch, dann setzen ein die heftigsten Regen. Vierzig verdunkelte Tage und ebenso strömende Nächte gießt es dann ununterbrochen hinab aus himmlischen Schleusen. Alles von mir auf der Erde Erschaffene wird darin enden.

Also tut Noah, wie ihm befohlen der Herr, sein Gebieter. Sechshundert Jahre ist alt der Verbündete Gottes geworden, als die erwartete Flut über die Erde hereinbricht. Noah betrachtet plötzlich erschaudernd das Fluten der Erde. Niemals zuvor sahen menschliche Augen Schrecken wie diese. Furcht und Entsetzen erfassen ihn jählings, lassen ihn wanken. Um ihn herum versinkt in den Wellen die Welt, die er kannte. Bald nimmt das Wasser ihm weg den Felsen noch unter den Füßen. Wie soll ein Mensch überleben ohne den Halt seiner Heimat? Eilig betreten die Arche er, seine Frau, seine Söhne wie auch die Frauen der Söhne, Schutz vor dem Wasser erlangend. Reines wie unreines Vieh, auch Vögel und Kriechtiere folgen, paarweise, immer ein Männchen und Weibchen, ihnen nach innen. Sechshundert Jahre hat Noah gelebt, als die Schleusen des Himmels nun, im zweiten der Monde am siebzehnten Tage sich öffnen. Sämtliche Quellen der Tiefe können die Massen nicht bergen, brechen dann auf und fluten die weithin gesättigten Böden. Dies ist der Tag, an dem Noah samt seinen Söhnen und Frauen, seine sowohl wie die ihren, schwinden sieht Zeit und Geschichte. Gleichzeitig traben und trampeln, kriechen und krabbeln die Tiere, segeln die Vögel und schleichen die Würmer jeweils in Paaren Noah entgegen, alle hinein in die hölzerne Höhle.

Dann, als geborgen sie sind, verriegelt der Herr ihre Türe. Höher und höher steigen die Wasser beängstigend weiter, heben empor das versiegelte Boot und tragen’s hinüber. Rasch sind nun Bäche und Flüsse, Weiher und Seen verschmolzen. Schon ein gewaltiges Meer erstreckt sich von Osten nach Westen über die Erde, weither von Norden bis tief in den Süden. Täler wie Berge verschwinden bis auf die Spitzen der Höchsten. Dann übersteigen die Wasser auch diese und türmen sogar noch fünfzehn weitere Ellen erdrückender Masse über die Gipfel. Unter der Last dieser Flut, mit Wucht in die Tiefe gerissen, gehen zu Grunde ausnahmslos sämtliche atmenden Wesen. Alles, was lebt auf dem Festland, findet den Tod in den Strömen. Harmloses Herdenvieh stirbt genau so wie reißende Jäger, kleine wie große Geschöpfe, schnelle nicht anders als träge. Gleich ob sie schwer oder leicht sind, hoffnungslos sinken sie alle. Vögel verenden, ihr Futter ganz unter Wasser verschwunden. Ohne Geäst oder Felsen stürzen die meisten am Ende hungrig und heillos entkräftet ab in die endlose Weite. Manche erhaschen noch Nahrung und Platz, die Flügel zu falten, einsam auf einem der vielen Kadaver schwimmend im Meere. Aber als diese die Tiefe auch noch verschluckt, bleibt der Himmel endgültig leer und unheimlich still über finsteren Wogen. Auf diesen Wellen des Schicksals schwimmt das Gehäuse des Noah ruder- und richtungslos, einzig geführt von den Absichten Gottes. Hundertundfünfzig sich gleichende Tage hält sich das Wasser.

Dann aber denkt der Gebieter an Noahs rettende Arche, weiterhin treibend auf offenem Meer, in das sich geflüchtet wenige Menschen und Tiere, die lange bereits sich gedulden. Kraft seines Geistes bewegt der Allmächtige über dem Wasser stehende Lüfte, entfacht einen Wind, den Stillstand zu lösen. Umgehend fängt nun der Pegel des Meeres an sich zu senken. Gottes Gedanken versiegeln gleichfalls die Quellen der Tiefe. Ebenso schließen sie wirksam sämtliche Schleusen des Himmels. Weiter und weiter verläuft sich die Masse bewegter Gewässer. Während der Tage der Flut, jener hundertundfünfzig im Ganzen, zieht sich das Wasser allmählich zurück, zuerst aus dem Bergland. Endlich, am siebzehnten Tage des siebenten Monats geschieht es: Aufsetzt am Berg Ararat die Arche der stillen Getreuen. Nun ist das Bangen der Menschen endlich Gewissheit gewichen. Aber noch immer müssen die Träger des Neuen verharren Noch bleibt verdeckt unter dunklen Wassern die Erde von Morgen. Später, am ersten des Zehnten der Monde tauchen auf einmal auf aus dem finsteren Meer die glänzenden Spitzen der Berge.

Vierzig zermürbende Tage danach entscheidet sich Noah, öffnet das einzige Fenster der Arche, oben am Dachrand, lässt einen Raben hinaus und verfolgt gespannt dessen Flüge. Hin und zurück immer wieder fliegt das gefiederte Wesen lange, bis endlich getrocknet sämtliche Berge und Breiten. Dann aber lässt eine Taube hinaus der Bauherr des Bootes. Nirgends im sumpfigen Lande findet der emsige Vogel trockene Plätze zum Ruhen, kehrt wieder ein in die Arche. Noah sieht kommen das Tier, hält hin seinen Arm dem Erschöpften. Sieben Tage noch hängt das gestrandete Boot am Gebirge Dann schickt erneut eine Taube Noah nach außen auf Kundschaft. Abends erscheint sie, im Schnabel noch frisch das Blatt der Olive. Er aber sieht’s und erkennt: Das Wasser ist endlich gefallen. Los schickt er nach einer weiteren Woche nochmals die Taube. Diesmal jedoch kehrt der Vogel nicht mehr zurück in die Bleibe.

Noah, im Alter von sechshunderteins, entfernt von der Arche endlich am ersten des ersten der Monde Dach und Verdunklung, schaut in die Ferne rings um den Kasten, der Luft sich erfreuend. Nirgendwo steht auf der Erde noch Wasser, doch ganz ist sie trocken erst am siebenundzwanzigsten Tag des zweiten der Monde. Als nun nach oben geöffnet die Arche, lässt sich vernehmen Jahwe, der Noah ermuntert: Geht und verlasset das Obdach, du, deine Frau, deine Söhne ihrerseits samt ihren Frauen! Ebenso setzet die Tiere, welche das Boot mit euch teilten, aus auf der weiten, gründlich gereinigten Erde noch heute! Rege und fruchtbar sollen sie sein und alsbald sich vermehren.

Also betreten erneuerte Erde Menschen und Tiere. Ähnlich wie Atem, der lange verharrte, tief in den Lungen, dann aber plötzlich erleichtert findet den Weg in die Freiheit, ebenso strömt nun hinaus aus den dunklen Tiefen der Arche Freiheit ersehnendes Leben, Räume für sich zu ergreifen. Oder wie Saatgut, das lang in der Erde den Durchbruch erhoffte, austreibt und sprießt, erreicht es das Licht und die Wärme der Sonne, schwärmen jetzt aus gefiederte Tiere in endlosen Paaren hoch in den lauteren Himmel über der Reinheit des Morgens. Leise die einen und brüllend die andern streben ins Freie ungestüm viele Geschöpfe des Herrn, getrieben und drängend. Manche dagegen verlassen den Kasten langsam, fast zögernd, so als verstünden die Tiere Segen und Sinn des Momentes.

Noah errichtet den ersten Altar auf schuldloser Erde Jahwe, dem gnädigen Herrn und Bewahrer menschlichen Lebens. Ihm will er opfern reine Geschöpfe und Vögel im Feuer. Also ergreift er von diesen einige prachtvollen Tiere, richtet sie hin, übergibt sie den Flammen, Jahwe zu preisen. Dieser erblickt es, riecht dann die lieblichen Düfte des Rauches, sieht und verspricht im gleichen Moment mit der Klarheit des Geistes: Ich will hinfort nicht verfluchen wegen des Menschen die Erde Wohl ist das Dichten des menschlichen Herzens von Jugend auf böse. Ich aber werde kein zweites Mal auslöschen irdisches Leben. Wisset, von nun an, so lange die Erde besteht, soll nicht enden Aussaat und Ernte, Hitze und Frost, weder Sommer noch Winter, Helle des Tages ebenso wenig wie nächtliches Dunkel.

Daraufhin segnet er Noah, anschließend auch seine Söhne:

Mehrt euch, bevölkert erfolgreich die Erde, seid fürderhin fruchtbar! Sämtliche Tiere des Bodens, unter dem Himmel die Vögel, auch die Bewohner der Meere – alle sind euch jetzt gegeben. Schrecken und Furcht werdet ihr unter ihnen dauernd verbreiten. Alles, was lebt und sich regt, es dient euch im Leben als Speise neben den essbaren Pflanzen, den Wurzeln, Blättern und Früchten. Nur esset niemals vom Fleisch, getränkt noch vom lebenden Blute! Heilig sei euch euer eigenes Blut, vergießt es mitnichten! Immerfort wache ich strengstens darüber, hüte es weise, fordere ein, was vergossen – sei es vom Tier oder Menschen – wieder am Ende der Tage. Rechenschaft müsst ihr dann geben. Der, der das Blut seines Bruders vergießt, durch Menschen vergossen werde sein Blut, denn der Mensch ist gemacht zum Ebenbild Gottes. Gehet nun hin und seid fruchtbar, dass viele ihr werdet auf Erden.

Siehe, ich richte mit euch und allen, die einst euch beerben, auf einen Bund, der ebenso einschließt die Tiere der Arche. Nie werde ich, seid versichert, wieder das Leben vernichten. Nie wird die Erde noch einmal heimsuchen flutendes Wasser. Dies ist der Bund zwischen mir und den Menschen samt Kreaturen, welche, geborgen im Boote, ich übers Wasser getragen. Dauerhaft gilt mein Versprechen, auch für die Nachkommen aller. Sehet am Himmel den farbigen Bogen zwischen den Wolken, Er ist Symbol für den Bund mit der Erde, heute geschlossen. Immer wenn zukünftig über den Feldern Wolken sich türmen, soll dieser Bogen des Lichtes zwischen den Welten erscheinen. Leuchtet er auf, so denke ich stets an den Bund mit den Seelen, unfrei in irdischen Körpern, Leiden und Lust unterworfen. Schauet in ihm, der sich aufspannt am Himmel, stets mein Versprechen, euch und den andern Geschöpfen Sintfluten nie mehr zu senden. Er ist das Zeichen des gültigen Bundes, Ausdruck des Friedens, nunmehr von mir mit der Schöpfung geschlossen, dieser zum Wohle.

Glücklich verlassen die Arche mit Noah seine drei Söhne Jafet, Sem sowie Ham, der spätere Stammvater Kanaans. Sämtliche Völker der Erde stammen von diesen drei Brüdern ab. Noah beginnt das Land zu bestellen und pflanzt einen Weinberg. Prächtig gedeihen die Reben, schwer wird der Wein nach der Lese. Reichlich genießt er ihn, liegt gar am Ende betrunken im Zelte. Unruhig schläft er im Rausch, entblößt sich dabei aus Versehen. Dann kommt herein ins Zelt seines Vaters der Jüngste der Söhne. Ham findet Noah im Schlafe ohne Gewand oder Decke, sieht ihn benebelt vom Wein, gewahrt dessen Blöße mit Neugier, wendet nicht ab vom nackten Gemächt seine schamlosen Augen. Nun ist der Vater dem Sohne nicht länger Träger des Lichtes Abbild des Herrn, den Kindern ein Sinnbild für geistiger Größe. Vielmehr erscheint er nun gleich einem Tier mit dunklen Begierden, ganz Kreatur mit krauser Behaarung und faltigem Fleische. Ham sieht sich nunmehr alleine als Leib aus dem Samen des Leibes. Draußen erzählt er den Brüdern, was er soeben erkannt hat. Jafet und Sem aber hängen ein Kleid sich zwischen den Schultern, treten so rückwärts ins Zelt, die Augen beharrlich nach vorne. Ohne des schlafenden Vaters Nacktheit mit Blicken zu streifen, decken sie fürsorglich zu dem Ernährer Glieder und Lenden.

Als dann erwacht aus dem Schlummer der Vater, hört er betroffen, wie beschämend sein Jüngster sich ihm gegenüber verhalten. Aufgebracht bricht er den Stab über Ham und all seine Erben. Also verkündet er: Kanaan sei nun verflucht und geknechtet. Stets wird er seinen Geschwistern mehr nicht als niedrigster Knecht sein. Jahwe jedoch sei gepriesen, der Gott, den Sem stets verehrte. Er möge wohnen fortan in den Zelten des ältesten Sohnes. Einkehren möge er gleichfalls zu Jafet, hüten auch diesen. Kanaan aber sei Sklave von Jafet wie Sem für immer. Nach dieser Flut lebt dreihundertfünfzig gedeihliche Jahre Noah noch weiter, von Jahwe reichlich mit Nachwuchs gesegnet. Neunhundertfünfzig der Jahre gesammelt, entschläft er in Frieden.

Jakob

1 Mose 29-35

Kanaan, Heimat und Land seiner Sippe, liegt nun schon lange jenseits der Kimmung im Westen, wo er es eilig verlassen. Letztlich dem Drängen der Mutter nachgebend, ostwärts zu ziehen, floh er den Zorn seines Bruders, des wenig nur älteren Esau. Nahe dem oberen Lauf jener brüderlich strömenden Flüsse Euphrat und Tigris wohnt in der Ortschaft Haran, der geliebte Bruder Rebekkas, der Mutter des Flüchtenden. Ihn will ersuchen Jakob um Aufnahme, Arbeit und Brot – die Hilfe Verwandter. Wochen schon wandert der jüngere Sohn mit dem Segen des Vaters Isaaks, des Abraham spät noch geborenen Erben, gen Osten. Wohl hat betrogen er zweimal den Bruder, ihm seine Rechte listig genommen, getäuscht seinen Vater, gehorchend der Mutter. Aber hat Jahwe nicht kürzlich wirksam im Traum ihm versichert, er sei erwählt zu bevölkern das Land, das Gottes Gesandten einst dem staunenden Großvater zeigten, und hieß es nicht gleichfalls, wieder zurück würde er von der Flucht in das selbige kehren?

Hoch steht die Sonne am Himmel bereits, als Jakob nach langem Fußweg durchs bergige Land erblickt einen größeren Brunnen, mitten im freien Gelände, den in der Hitze umlagern durstende Schafe und Ziegen in drei gesonderten Herden. Hier an der Quelle tränken die Hirten gewöhnlich die Tiere, doch eine Platte aus Stein bedeckt noch die Öffnung des Brunnens. Erst als die Herden beisammen sind, wälzt man den Stein auf die Seite, tränkt alles Kleinvieh und wuchtet den Deckel erneut auf die Grube. Durstig, sein Vorrat an Wasser geht schon bedenklich zur Neige, nähert sich Jakob den Hirten, ringsum die Quelle versammelt. „Wo seid ihr her, meine Brüder?“, fragt er die wartenden Männer, als sie erwidern freundlich im Ton die Begrüßung des Fremden. „Unweit von hier ist Haran“, erzählt ihm ein älterer Hüter, „dort sind wir her.“ „Dann kennt ihr womöglich Laban, meinen Onkel, Sohn des Nahor, erkundigt sich weiter der Wanderer, plötzlich nahe dem Ziel seines Weges, hoffend auf baldige Einkehr. „Freilich, Laban ist hier jedem bekannt“, bestätigt der Alte, „ihm geht es gut“, zerstreut er die heimlichen Sorgen des Neffen. „Seht, gerade dort drüben kommt Rahel, sie ist die jüngste Tochter Labans, und leitet die Herde des Vaters zur Tränke.“ „Mittag, ihr Hirten, ist eben vorbei“, so wundert sich Jakob, „tränkt doch die Tiere und lasst sie weiter den Tag über weiden!“ „Das“, sagt man ihm, „geht erst dann, wenn eintrifft die letzte der Herden. Bis alle da sind, harren wir aus am geschlossenen Brunnen“.

Nun kommt herbei die von weitem gesichtete jüngere Base. Kaum hat sie Jakob gesehen, geht er zum Brunnen hinüber, wälzt den gewaltigen Stein von der Öffnung, tränkt seines Onkels Herde und küsst die Erstaunte, hemmungslos weinend vor Freude. „Rachel, verzeih’ mir die Tränen, die stürmische Art der Begrüßung, aber kein Fremder hat ohne Respekt sich deiner genähert. Jakob bin ich, deiner Tante Rebekkas und Isaaks Jüngster, Neffe somit deines Vaters, erfreuter Cousin seiner Tochter.“ Als die Kusine begriffen hat, wer aus der Ferne gekommen, eilt sie nach Hause, dem Vater vom nahenden Gast zu berichten. Diesen erfüllt der Besuch seines Neffen restlos mit Freude. Prompt läuft er los, dem noch fremden Verwandten zügig entgegen. Wie es der Sitte des Landes entspricht, begrüßt er den Neffen herzlich als wäre gekommen ein Sohn zum eigenen Vater. „Tritt in mein Haus und erzähl von Rebekka mir, ihrem Bruder“, fordert der Onkel ihn auf und geht ihm voran durch die Siedlung. Während die beiden ein festliches Mahl zu Ehren des Gastes reichlich genießen, bittet Laban seinen Neffen zu sagen, wie es der Schwester in Kanaan geht, und dieser berichtet, lässt aber unerwähnt, was ihn genötigt, der Heimat zu fliehen. Also betritt der aus Beerscheba Kommende, froh und erleichtert, erstmalig Haus und Gehöft des Laban, bestimmt seine Heimat schließlich für mehrere Jahre zu werden, um hier erst zu finden Gottes geheiligten Plänen gemäß, des Lebens Erfüllung.

Schon in den folgenden Wochen packt Jakob an um zu helfen draußen beim Weiden der Tiere, gleichfalls beim Melken und Scheren. „Ohne Bezahlung“, erklärt ihm Laban, „soll niemand mir dienen, auch nicht mein eigener Neffe, nenne den Lohn, den du möchtest!“ Lang muss der Tüchtige nicht überlegen, ihm hat seit Anfang gefallen Rahel, die jüngere Tochter Labans, und so fordert er diese, seine Kusine als Preis, anstatt ihrer älteren Schwester. Stumpf sind die Augen der Lea, schön aber alles an Rahel. „Gib mir zur Frau deine Jüngste!“, erwidert beherzt der Gefragte. „Sieben ergiebige Jahre im Tausch will ich dir dafür dienen.“ Inniglich liebt auch Laban diese Tochter – der Sohn seiner Schwester wäre gewiss ein geeigneter Bräutigam, mehr als ein Fremder.

Da sich die Männer verständigen, bleibt der Bewunderer Rahels sieben versprochene Jahre am Ort, im Dienste des Onkels. Seine Geliebte beständig vor Augen, Zierde des Lebens, scheint diese Zeit ihm nicht länger als wenige Tage zu dauern. Als dann vorbei das Jahrsiebt, ersucht der geduldige Neffe stolz und zufrieden, Laban, zur Frau ihm die reizende Tochter endlich zu geben. Nun ist gekommen die Zeit, zu erfüllen Gottes Gebot und zu mehren Israels Volk in der Fremde. Bald lädt Laban die Bewohner des Ortes ein um zu feiern Jakobs Vermählung in seinem Zuhause mit einer der Töchter. Ausgiebig feiern die Hochzeit zahlreiche Gäste am Tage. Alle Besucher erfreut der Anblick des glücklichen Paares.

Abends im Schutze der Dunkelheit führt ins Gemach seines Neffen Lea der Onkel jedoch, seine Älteste, Jakob betrügend. Dieser vom Wein und der Lust zu berauscht, bemerkt die Verwechslung nicht für die Dauer der Nacht, vollzieht mit der Falschen die Ehe. Da sie ihn heimlich schon lange begehrt, lässt Lea erliegen Jakob dem nächtlichen Irrtum, durchaus im Sinne des Vaters. Aber als morgens das Dämmerlicht aufdeckt Wortbruch und Schande, stellt der Getäuschte den Oheim wütend und fordernd zur Rede. „Rahel hast du mir versprochen, ins Bett aber legst du mir Lea. Was ist dein Wort denn noch wert, betrügst du sogar den Verwandten? Hast du die Schmach je bedacht, die du mir, doch auch deiner Jüngsten vor den Bewohnern Harans mit dieser Gemeinheit bereitest?“

„Höre mein Junge, beruhige dich“, beginnt der Bedrängte, „üblicherweise vergibt man die Jüngste hier in der Gegend nie vor der Älteren, solch eine Sitte muss ich beachten. Deswegen fühle dich nicht hintergangen, hier ist mein Vorschlag: Bleibe bei Lea, verbringe mit ihr die Woche der Hochzeit! Anschließend geb’ ich zur Frau dir ebenso Rahel, die Schöne. Abermals sieben erduldete Jahre löhnst du mit Arbeit mir für die Hand deiner zweiten Gemahlin, diesmal im Anschluss.“ Kann der gerade Vermählte sich wirklich frei und vernünftig für oder gegen die Liebe entscheiden, harrt er doch ihrer lange bereits und so nahe davor, da kann er nicht gehen. „Gut“, sagt er also, der Neffe, „ich willige ein noch zu bleiben.“ Sieben vereinbarte Tage und Nächte bleibt der Geprüfte treu an der Seite der wenig Begehrten, Rahel zu Liebe. Dann gibt Laban seine jüngere Tochter ihm, seinem Neffen endlich zur Frau und mit ihr den schwelenden Neid der Geschwister.

Einmal mit Jakob verheiratet, teilt auch Rahel sein Lager. Schon nach der ersten gemeinsamen Nacht ist sie ihm die Liebste. Just aber Lea, die wenig Geliebte, segnet, macht fruchtbar Gott, der Gerechte, und bald schon bringt sie zur Welt einen Jungen. Nun, da der Herr ihr erlaubt ihrem Mann den Erben zu schenken, sie nur zur Mutter des Erstlings gütig geruhte zu machen, hofft die Vertauschte endlich zur Vorliebe Jakobs zu werden, bleibt doch der Schoß ihrer glanzvollen Schwester weiterhin fruchtlos. „Gott hat gesehn meinen Kummer“, zeigt überzeugt sich baldigst nach der Geburt die Beglückte, deswegen heißt sie ihn Ruben. Wenige Monate später wird die gesegnete Gattin schwanger erneut und gebärt einen weiteren Sohn ihrem Manne. „Gott hat gehört, dass mein Mann mich nicht liebt und gibt mir den Jungen“, fühlt sich gemeint die Gebärende, Simeon nennt sie den Kleinen. Als sie im Jahre darauf den Dritten der Söhne geboren, zweifelt sie nicht, dass Jakob mit ihr sich nun endlich verbündet. Aus diesem Grunde beschließt sie Levi den Dritten zu nennen. Doch mit dem Namen des Vierten der Reihe männlicher Kinder wollte die Dankbare Jahwe schlicht für den Nachkommen preisen: Juda heißt dieser, ihr vorläufig letzter für längere Dauer.

Rahel bekommt all die Jahre der Ehe gar keine Kinder. Schwer muss die Schöne am Los der fehlenden Fruchtbarkeit tragen. Lea zu sehen, die vierfache Mutter, bohrt ihr mitunter tiefer ins traurige Herz den Stachel des bittersten Neides. Not und Verzweiflung erheben die Stimme, als Rahel am Ende anherrscht den Gatten: „Sorge dafür, dass ich Kinder bekomme!“ „Glaubst du ich wäre wie Gott?“, entgegnet ihr Jakob verärgert, „letztlich hat Er doch entschieden, Mutterschaft dir zu versagen.“ Tief fühlt die Arme vor allen Frauen Harans sich erniedrigt. Klar ist, sie kann mit der Schmach des fruchtlosen Daseins nicht leben, legt in der Nacht ihre Dienerin Bilha Jakob aufs Lager, fordert ihn auf mit der Sklavin alsbald ein Kind ihr zu zeugen. „Bringt sie ihr Kind dann bei mir auf dem Schoß“, erklärt die Gemahlin, „sitzend zur Welt, wird es sein wie mein eigenes, schlafe mit dieser!“ Bald in der Tat wird sie schwanger, die Sklavin, bringt auf den Knien Rahels, der Herrin, zur Welt einen Sohn, den Fünften des Jakob. Über die Maßen erleichtert zeigt die Beschenkte sich sicher: „Gott hat mir endlich verschafft mein Recht und erhört meine Bitten. Darum soll heißen der Junge Dan, eine Schenkung des Himmels. Stolz geht sie rüber zu Jakob, legt ihm den Sohn in die Arme. Lange dauert’s nicht, dass sich abermals wölbt der Leib jener Sklavin. Wieder gebärt einen Sohn dem Mann ihrer Herrin die Beifrau. Rahel frohlockt: „Einen Gotteskampf fochten wir Schwester zu Ende. Ich hab’ gesiegt und Naftali heißen soll dieser, mein Zweiter.“

Auch seiner älteren Tochter hatte Laban eine Sklavin mit in die Ehe gegeben, Silpa der Dienerin Name. Diese gibt Lea dem Jakob zur Frau, bekommt doch die Herrin selbst offensichtlich weitere Kinder nicht mehr, die Gereifte. Silpa gebärt nach Verlauf eines Jahres auch einen Jungen. Glück kommt zu Lea mit ihm und Gad wird entsprechend sein Name. Schenkt ihr die Sklavin erneut einen Sohn, erfreut es sie mehr noch: „Mich werden preisen glücklich die Frauen, den Sohn nenn’ ich Ascher.“ Während der Ernte des Weizens findet im Feld eines Tages Ruben, der Älteste Leas, Alraunfrüchte, schenkt sie der Mutter. Rahel, die’s sieht, hätte gern diese Äpfel der Liebe und bittet: „Würdest du, Lea, davon, was Ruben gefunden, mir geben?“ „Reicht es dir nicht“, empört sich die Altere wegen der Frage, „mir meinen Gatten zu nehmen, willst du jetzt auch noch erbetteln Äpfel der Liebe von Ruben?“ „Gibst du sie mir“, sagt ihr Rahel, „möge hernach bei dir liegen, Jakob, der Mann, den wir teilen.“ Als dann ihr Gatte am Abend vom Feld kommt, geht ihm entgegen Lea und sagt triumphierend: „Du musst bei mir heute Abend liegen, ich habe erkauft meinen Mann mit den Früchten des Sohnes.“ Also umarmt in der Nacht wie verhandelt Jakob die Lea.

Wieder erhört ihre Bitte Jahwe und lässt sie empfangen noch einen Sohn. Belohnung des Herrn für den Einsatz der Silpa, heißt sie ihn Issachar. Als sie im folgenden Jahr einen sechsten Jungen sogar noch bekommt, nennt Sebulon diesen die Mutter. Nur eine einzige Tochter kann Lea dem sohnreichen Mann übergeben. Dina wird diese genannt. Danach erst entsinnt sich der Rahel Jahwe, erfüllt ihren sehnlichsten Wunsch und öffnet der Schönen endlich den Mutterschoß, – nun wird auch Jakobs Bevorzugte schwanger. „Weg hat genommen“, sagt sich die Glückliche, „Gott meine Schande. Josef soll heißen der Sohn, der wohl meines Ehemanns Elfter, aber sein Erster von mir ist. Gott möge gnädigerweise mir einen weiteren Sohn, der sich lange Geduldenden, geben.

Kaum ist ihm Josef geschenkt, entscheidet sich Jakob zufrieden wieder zurück in die Heimat zu ziehen, bittet den Vater Leas und Rachels, Laban: „Entlasse mich, gib mir die Frauen, lass mir die Kinder, Lohn meiner Arbeit, mit der ich dir diente. Du weißt sehr wohl, was der Mann deiner Töchter über die Jahre fleißig geleistet hat, stets deinen Wohlstand ehrlich im Sinne.“ „Gibt es denn nichts“, erwidert betrübt der erschrockene Oheim, „das deinen Wunsch noch zu ändern vermag und halten dich könnte? Gott, so erfuhr ich durch Wahrsagung, segnete nur wegen einem mich und mein Haus: wegen dir, dem Sohn meiner Schwester Rebekka.“ „So muss es sein“, zeigt sich Jakob gewiss, „denn bei all meinen Schritten, hier in Haran, hat dich Jahwe gesegnet, dir Reichtum gestattet. Denk, was du hattest an Vieh, bevor ich begann dir zu helfen! Konnt’ ich nicht dir diese ärmliche Herde mächtig vergrößern? Ohne mich jemals zu schonen, gab ich dir immer mein Bestes. Nun ist es Zeit, um meine Familie mehr mich zu kümmern.“

Da sieht Laban, des Schwiegersohns Wille lässt sich nicht beugen. „Sag’, was verlangst du als Lohn?“, besinnt er sich seiner Verpflichtung. „Geben, Laban“, spricht der Neffe, „musst du mir nichts, doch erlaube mir zu erwählen wenige Tiere der Herde des Hauses. All jene dunkel gefleckten und dunkel gesprenkelten Schafe, auch alle heller gefleckten und heller gesprenkelten Ziegen werd’ ich noch heut’ als Entlohnung aus deiner Herde mir holen. Morgen komm’ raus, überprüfe, dass redlich die Tiere ich wählte.“ Wieder verspricht ihm Laban, vereinbarten Lohn zu bezahlen. Diesmal erneut will er Jakob listig und schäbig betrügen. Eher als dieser noch holt er und bringt die beschriebenen Tiere schnell seinen Söhnen und flüchtet mit ihnen drei lange Tage. Während er weidet jedoch das restliche Vieh seines Onkels, schneidet sich Jakob von Pappeln, Platanen und Mandelgehölzen Zweige und schält von der saftigen Rinde längliche Streifen legt in die Tränkrinnen dann das helldunkel gestreifte Gezweige. Als nun die trinkenden Tiere sich, brünstig geworden, bespringen, werfen sie lauter gestreifte, gefleckte, gesprenkelte Junge. All diese Lämmer trennt er vom anderen Kleinvieh, der Züchter, bildet sich zielstrebig so wie gewünscht die eigene Herde. Nur für die kräftigen Tiere legt in der Rinne die Stäbe schlau unterscheidend der Hirte, schafft einen kräftigen Stamm sich, lässt aber schwächliche Lämmer übrig dem ehrlosen Alten, welcher genommen dem treuesten Helfer Vieh und Vertrauen.

Dadurch wird reicher und reicher Jakob und schließlich besitzt er sehr viele Schafe und Ziegen, Kamele und Esel dazu noch, außerdem Sklaven und Sklavinnen, ihm ergeben zu Dienste. Wo aber Reichtum sich häuft, sind nahe die Neider und Hasser. Jakob erfährt, dass die Söhne Labans Gerüchte verbreiten, bald, nachdem Jahwe ihm den gerechten Verdienst übergeben. Er soll auf Kosten Labans, des Guten, bereichert sich haben. Was er besitze, gehöre in Wirklichkeit diesem und ihnen. Auch der angeblich Bestohlene selbst begegnet inzwischen weniger herzlich als früher ihm, dem erfolgreichen Neffen.

Jahwe gebietet deshalb, er solle ins Land seiner Väter ziehen, nach Hause zurück, und dort werde Er ihn beschützen. Rahel und Lea lässt Jakob rufen zu sich auf die Weide, ihnen zu sagen, was Gott in der Nacht seinem Diener befohlen. „Wohl kann ich sehen im Blick meines Oheims, ich bin ihm nahe länger nicht mehr, doch der Gott meiner Väter steht mir zur Seite. Jahre hindurch gab ich her meine Kraft fürs Wohl eures Vaters, er aber täuschte mich, änderte zehnmal den Lohn meiner Leistung. Gott, mein Beschützer jedoch erlaubte ihm nie mir zu schaden, auch wenn Laban mir so oft überlassen Ungunst und Übel. Sagte der Onkel zu mir: Gesprenkeltes Vieh darfst du nehmen, wurden von da an gesprenkelte Tiere nur noch geboren. Sagte er dann aber: Nein, die Gestreiften sind deine Bezahlung, warf wenig später die Herde komplett nur Lämmer mit Streifen. Gott war’s, der wegnahm das Vieh eures Vaters, ich hab’s erhalten. Er ist allmächtig, wollte von Anbeginn Wohlstand mir geben. Während der Brunstzeit der Tiere sah ich im nächtlichen Traume, dass die begattenden Böcke scheckig, gestreift sind und sprenklig. Höre und schau genau hin, verlangte ein Bote des Himmels. Sieh’ dir die Böcke nur überall an, die die Tiere bespringen! Siehst du, dass ausnahmslos alle gestreift sind, gescheckt und gesprenkelt? Ich hab’ gesehen das Unrecht Labans, das dir widerfahren. Ich bin der Gott, welcher dir in Bet-El schon begegnet, nächtens, während du schliefst, du salbtest den Stein, der das Haupt dir getragen. Damals gelobtest du, stets zu befolgen göttlichen Willen. Brich nunmehr auf, verlass’ dieses Land und bewohne die Heimat! Kaum hat ihr Gatte zu Ende erzählt, erwidern Rahel und Lea: „Haben denn wir überhaupt noch Teil am Vermächtnis des Vaters? Hat er nicht schändlicherweise uns fast wie Fremde behandelt? Mehr noch, verkauft hat er uns, für sich dann die Gelder genommen! Sämtliche Güter, unserem Vater von Jahwe entzogen, uns und den Kindern stehen sie zu – so gehorche dem Engel!

Also setzt Jakob Frauen und Nachkommen auf die Kamele, führt all sein Vieh, seine Güter fort aus der Gattinnen Heimat. Selbst jene Tiere, die Jakob im Land der zwei Ströme erworben, nimmt der Vermögende außerdem mit auf die Reise gen Westen. Kurz vor dem Aufbruch begibt sich Rahel ins Haus ihres Vaters, wissend, dass dieser für längere Zeit zur Schafsschur gegangen. Aus seinen Räumen entwendet den Hausgott heimlich die Tochter. Jakob dagegen bestiehlt’s aramäische Herz seines Onkels, als er die Heimat des Alten verlässt ohne Abschied zu nehmen. Rasch überquert er den Euphrat, fliehend in Gileads Bergland.

Drei Tage später, zurück von der Weide, erfährt der Enttäuschte erst von der Flucht seines Neffen samt seiner Frauen und Kinder. Gleich lässt er satteln für sich und die Söhne frische Kamele, reitet hinaus in die Nacht, zu stellen den Dieb seines Götzen. Nach einer Woche erreicht er Jakob in Gileads Bergen. Doch da erscheint ihm im Traum der Gott des Verfolgten und mahnt ihn: „Nimm dich in Acht bloß und rede mit Jakob immerzu freundlich!“ Nahe den Zelten des Neffen baut nun der Oheim sein Lager. Höflich begrüßen die Männer sich, wie es der Anstand erfordert. Dann aber kommt der Verfolger unmissverständlich zur Sache: „Jakob, du stiehlst mir das Herz und verschleppst, Gefangenen gleich, heimlich und still meine Töchter, sag mir, warum du so handelst! Wie kannst du mir deine Absicht verschweigen, übel mich täuschen? Hätt’ ich gewusst, dass du auswandern wolltest, wäret ihr festlich aus meinem Lande geleitet: Tamburinklänge und Zithern, Lieder des Abschieds, voll Wehmut und Wärme, wären erklungen. Selbst meine Töchter und Enkel, die ich für immer verliere für, durfte ich nicht einmal küssen und segnen“, beklagt sich der Alte. „Gut überlegt war das nicht, ich wäre durchaus in der Lage dich zu bestrafen, um der Familie Ehre zu retten. Nur: Der Gott deiner Vorfahren warnte mich gestern im Traume.

Hüte dich, sprach er zu mir, mit Jakob gehässig zu reden!

Gut, ich verstehe, dich trieb die Sehnsucht zu deinen Verwandten. Aber weshalb hast du mir meinen Hausgott auch noch gestohlen?“ „Mich trieb die Angst“, erwidert ihm Jakob, „dass du deine Töchter mir, dem angeblichen Dieb, am Ende noch wegnehmen würdest. Der allerdings, bei dem du den gestohlenen Götzen entdeckst, nicht mehr erleben soll er den Abend des heutigen Tages.“

Jakob, zu Unrecht beschuldigt, fordert ihn auf zu durchsuchen all seine Sachen und Zelte im Beisein seiner Verwandte. Ihm ist nicht klar, dass Rahel den Hausgott dem Vater entwendet. Also durchsucht alle Zelte Laban, erst Jakobs und Leas. Anschließend schaut in der Sklavinnen Zelte nach der Gereizte. Nirgendwo findet Laban das Gesuchte. Endlich betritt er Rahels, der schweigsamen Tochter Gezelt, doch die trägt den Götzen unterm Gesäß in der Tasche des Sattels ihres Kameles. Vollständig tastet er ab das Zelt der Erstarrten, die draußen auf dem Kamelsrücken wartet. Wieder nicht fündig geworden, tritt nun der Vater dem Tier an die Flanke, doch Rahel bedauert: Aufstehen könne sie nicht, denn sie plage zu sehr ihre Blutung. Als der Verfolger durchsucht hat Zelte und Lasten, lodert in Jakob die Wut des Entehrten auf und er streitet heftig und laut mit Laban: „Erklär’ mir, was hab’ ich verbrochen! Was tat ich dir, dass du so sehr mich jagst, verbissen und wütend. „Hast du nicht all meine Sachen durchwühlt? Mit welchem Ergebnis? Lege hierher zu den Füßen deiner und meiner Verwandte jedes der Dinge, gefunden bei mir, das du nennst dein Eigen. Die, hier versammelt, entscheiden, wer von uns beiden im Recht ist. Zwanzig gedeihliche Jahre blieb ich bei dir als dein Helfer. Nie hat ein Schaf deiner Herde, noch eine Ziege verloren Lamm oder Zicklein beim Werfen, während ich hütete diese. Nicht einen einzigen Schafbock hab’ für mich selbst ich geschlachtet. Wurde ein Stück mal zerfleischt von rasenden Tieren, ich durfte keinesfalls dir damit kommen, musste es vielmehr ersetzen, gleich, ob’s bei Tag oder Nacht den Räubern zum Opfer gefallen. Tagsüber briet mich die Hitze, nachts aber fror ich erbärmlich. Zwanzig ermüdende Jahre nahm ich das ohne zu klagen insgesamt auf mich, vierzehn als Preis für die Hände der Töchter, weitere sechs für die Herde. Was hab’ ich dafür bekommen? Zehn mal hast du im Lauf dieser Zeit den Lohn mir geändert.“

„Töchter und Enkel, auch Tiere“, spricht jetzt Laban um sich weisend, „alles, mein Schwestersohn, was du hier siehst, entstammt meinem Hause. Für meine Töchter und Enkel, dabei dieses Land zu verlassen, bleibt mir nun nichts mehr zu tun, kann weder sie fördern, noch schützen. Lasst uns besiegeln die Freundschaft deiner und meiner Verwandte also mit einem Vertrag, zu schützen und sichern den Frieden.“ Darauf stemmt Jakob hoch einen Stein als der Einigung Zeichen. Er soll bezeugen für kommende Zeiten Grenze und Bindung. Dann bittet Jakob die Töchter und Kinder weitere Steine aufzulesen um damit sogleich einen Hügel zu bauen. Gal-Ed nennt Jakob das Denkmal, sieht diesen Hügel als Zeuge. Mizpa bezeichnet Laban ihn zudem, was Wachtturm bedeutet. „Jahwe“, erklärt dies der Oheim, „möge ein wachsames Auge auf die Familien hüben und drüben der Anhöhe haben. Jetzt, da wir uns aus den Augen verlieren, ist Gott unser Zeuge. Wehe, du kränkst meine Töchter, nimmst dir noch weitere Frauen! Also, Gedenkstein und Hügel, ich schwör’ es vor unseren Göttern, sollen bezeugen, dass keiner von uns in feindlicher Absicht über die Höhe hinaus zum anderen zieht – und bestrafen möge sein eigener Gott gleich den, der die Regel gebrochen. Ernst leistet Jakob den fälligen Eid beim wahren Gebieter, schlachtet ein Tier aus der Herde sodann als Opfer für diesen, lädt die Familie ein mit ihm auf dem Berge zu speisen. Anschließend bleiben sie alle die Nacht über dort auf den Steinen.

Als in der Frühe am folgenden Tage aufbricht der Onkel, küsst er und segnet zum Abschied feierlich Töchter und Enkel. Ohne besondere Eile reiten Laban und die Söhne los in die Röte des Morgens, heim in das Land der zwei Ströme. Wenig danach zieht auch Jakob weiter mit seinem Gefolge. Als sie sich nähern Heimat und Herkunft, begegnen ihm plötzlich Engel des Herrn und da weiß er: Hier ist der Lagerplatz Gottes. Mahanajim soll er heißen, der Ort: das doppelte Lager. Nun schickt er Esau, dem Bruder, einst in Eile verlassen, Boten ins Bergland von Sed’r, weit drüben in Edoms Gefilde. Ihnen befiehlt er dem Bruder zu sagen: „Jakob, dein Diener möchte gewinnen das Wohlwollen Esaus, seines Gebieters. Jahre lang hielt ich mich auf beim Onkel Laban in der Ferne. Rinder und Esel, auch Kleinvieh konnte ich zahlreich erwerben, außerdem Sklaven und Sklavinnen, treue Bedienstete alle. Das lass’ ich ausrichten dir zur Besänftigung deines Gemütes.“

Als jene Boten wieder im Lager, wo Jakob schon wartet, eintreffen, melden sie, Esau wäre mit vierhundert Männern schon unterwegs, entgegen zu ziehen dem jüngeren Bruder. Jakob hört’s sichtlich erschrocken, fürchtet sogleich einen Angriff. Um seine Habe zu schützen, teilt er sein Lager in zweien: weit von einander entfernt befiehlt er die beiden zu bauen. Sollte sein Bruder eines erreichen und alles zerschlagen, könnte das andere rasch noch dem Wüten des Rächers entkommen. Während ihm nichts bleibt zu tun außer warten, betet er ängstlich: „Jahwe, Gott meines Vaters und Großvaters, hör’ meine Bitte! Du trugst mir auf zu Kanaans Weidegrund wiederzukehren, wolltest auch dort für mich sorgen, mich und die meinen beschützen. Deine Barmherzigkeit, Gott, deine Treue, hat dieser dein Sklave wohl nicht verdient, denn über den Jordan mit bloß einem Stecken zog ich, bewaffnet allein mit dem Glauben, nun ist geteilt unser Lager. Stehe mir bei, denn ich legte mein Schicksal dir in die Hände! Rette mich, Jahwe, vor Esau, könnt’ er doch kommen und töten all meine Kinder, auch deren Mütter, mein ganzes Gefolge. Mir hast du schließlich versprochen, zahllos wie Sand an der Küste würden die Nachkommen meiner Familie einmal noch werden.“

Jakob durchwacht diese Nacht und stellt ein Geschenk aus der Herde für seinen Bruder zusammen: Ziegen und Schafe, je zweihundert weibliche Tiere und männliche zwanzig, von den Kamelen dreißig gewaltige Stuten samt ihren Jungen und vierzig kräftige Kühe, auch noch zehn Stiere und zehn seiner Esel, schließlich die doppelte Zahl Eselinnen, gibt jede Herde je einem anderen seiner Getreuen, die er beauftragt: „Ziehet voraus und lasst zwischen den Herden größere Lücken!“ Umsichtig trägt er dem Vorderen auf, was dieser zu tun hat: „Kommt dir mein Bruder entgegen geritten, wird er dich fragen: Wo bist du her, sag’ mir, wo gehst du hin und wer nennt sein eigen all diese Tiere? Antworte: Alles gehört deinem Diener Jakob, und der möchte’s dir, seinem Herrn, als Geschenk überreichen. Hinter uns her kommt er selbst um euch zu erweisen die Ehre.“ Solch einen Auftrag gibt er dem zweiten und dritten der Hirten ebenfalls, fordert sogar die anderen hinter den Herden auf, seinem fragenden Bruder stets diese Worte zu sagen: „Jakob, dein Diener, kommt hinter uns her um dich zu begrüßen.“ Dank solcher Esau lange im Voraus geschickten Geschenke hofft der verängstigte Jakob diesen vorab zu versöhnen. Tritt er im Anschluss daran dem Kräftigen unter die Augen, zeigt sich vielleicht der Beschenkte ihm gegenüber besänftigt.

Während die Hirten die Gaben für Esau ihm überbringen, bleibt der von Sorgen Gequälte nächtens im wartenden Lager. Mitternacht aber erhebt er sich plötzlich, holt seine Frauen, auch beide Sklavinnen, ebenso all seine Söhne zusammen, zieht mit den Lieben rasch an die Furt, um den Jabbok zu queren. Auch seine Herden und sämtliche Güter bringt er hinüber. Einzig er selbst bleibt zurück, getrennt von den irdischen Dingen. Dort an den Ufern des Jabbok kämpft bis zum Morgen ein Fremdling standhaft und heftig mit ihm, doch Jakob ist kräftig, am Ende schafft es der Angreifer nicht seinen Gegner niederzuringen. Als dieser Fremde bemerkt, dass er Jakob besiegen nicht könne, schlägt er so fest ihm aufs Hüftgelenk, dass es sich ausrenkt, „Komm, lass mich los“, sagt der Kämpfer, „zieht doch herauf an der Kimmung leuchtend die Röte zu künden bereits den Anfang des Tages. Jakob erwidert jedoch: „Ich lasse dich weiter nicht ziehen, außer du segnetest mich“, verstärkt seinen Griff zum Beweise.

„Wie ist dein Name?“, begehrt der Bedrängte nunmehr zu wissen. Als er von Jakob die Antwort erhalten, spricht er zu diesem: „Du sollst vom heutigen Tag an Jakob nicht länger mehr heißen. Israel, Kämpfer des Herrn ist der Name, den ich dir gebe, da du mit Gott und den Menschen gekämpft und letztlich gesiegt hast.“ Nun bittet Jakob den andern ihm seinen Namen zu sagen. Der aber wundert sich, fragt, warum er verlangt ihn zu kennen? Erst als er Jakob gesegnet, sieht dieser, wem er begegnet. „Ich habe heute geschaut in Gottes Gesicht, und ich lebe weiterhin, so will Pnuel diesen Ort ich sinngemäß nennen. Auf steigt die Sonne bereits, als Jakob verlässt diese Stätte. Hüftversehrt hinkt er von dannen, heute noch weigern zu essen Israels Stämme den auf der Hüfte gelegenen Muskel, wurde ihr Ahnherr von Gott doch an dortiger Stelle geschlagen.