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Eine unerwartete Liebe in der Ära des Regency England, 1811: Nach neun Jahren im Ausland darf Julie endlich nach Downfield Hall zurückkehren. Doch nichts ist mehr, wie es war. Das Haus, in dem einst ihre Familie lebte, wirkt leer. Ihr Bruder ist tot, und dem Wiedersehen mit ihrem Stiefbruder Grant kann sie nichts abgewinnen. Schließlich hat er sie damals fortgeschickt und ihr all die Jahre lang nicht eine einzige Nachricht zukommen lassen. Doch als Grant dann vor ihr steht, muss sie sich eingestehen, dass er sich verändert hat. Aus dem schlaksigen Jungen ist ein attraktiver Mann geworden und das berauschende Gefühl, das Julie in seiner Nähe empfindet, kann nicht richtig sein – schließlich ist er ihr Stiefbruder! Die aufkeimende Beziehung zwischen den beiden wird überschattet von der dunklen Familienfehde, die ihre Eltern das Leben kostete. Denn der Mörder gibt noch immer keine Ruhe … Stimmen zum Buch: "Eine starke Frau, ein tolles Jahrhundert und ein Hauch Jane Austen und Sherlock Holmes. Wunderbar erzählt und eine tolle Geschichte." (Cosima G. auf NetGalley)
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Seitenzahl: 675
Wiedersehen auf Downfield Hall
Selina Wilhelm, geboren am 10.04.1989 in Emmendingen, wuchs zusammen mit ihren drei jüngeren Geschwister im pfälzischen Limburgerhof auf. Heute lebt die gelernte Wirtschaftsfachwirtin zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in Ettlingen bei Karlsruhe. Ihr Herz als Leserin und Autorin schlägt für historische und fantastische Liebesromane.
Eine unerwartete Liebe in der Ära des Regency
England, 1811: Nach neun Jahren im Ausland darf Julie endlich nach Downfield Hall zurückkehren. Doch nichts ist mehr, wie es war. Das Haus, in dem einst ihre Familie lebte, wirkt leer. Ihr Bruder ist tot, und dem Wiedersehen mit ihrem Stiefbruder Grant kann sie nichts abgewinnen. Schließlich hat er sie damals fortgeschickt und ihr all die Jahre lang nicht eine einzige Nachricht zukommen lassen. Doch als Grant dann vor ihr steht, muss sie sich eingestehen, dass er sich verändert hat. Aus dem schlaksigen Jungen ist ein attraktiver Mann geworden und das berauschende Gefühl, das Julie in seiner Nähe empfindet, kann nicht richtig sein – schließlich ist er ihr Stiefbruder! Die aufkeimende Beziehung zwischen den beiden wird überschattet von der dunklen Familienfehde, die ihre Eltern das Leben kostete. Denn der Mörder gibt noch immer keine Ruhe …
Selina Wilhelm
Historischer Roman
Forever by Ullsteinforever.ullstein.de
Originalausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinJuni 2019 (1)
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: ©privatE-Book powered by pepyrus.com
ISBN 978-3-95818-438-1
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Titelei
Die Autorin / Das Buch
Titelseite
Impressum
Prolog
Teil 1
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Teil 2
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Epilog
Anhang
Leseprobe: Die Braut von Bärenfels
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Cover
Titelseite
Inhalt
Prolog
Downfield Hall, England 1800
»Ich habe Angst.«
»Was sage ich immer zu dir, wenn du dich fürchtest?«
»Ich fürchte mich …« Sie hielt inne und blickte mit einem bangen Gefühl im Magen die Einfahrt hinauf.
»Ich fürchte mich nicht …?«
»Ich fürchte mich nicht vor dem, was kommt. Die verstorbenen Liebsten wachen als Engel über mich. Und wenn ich sie nicht sehen kann, sie sehen und beschützen mich.«
»Und? Glaubst du an Engel?«
»Ja, ich denke schon.« In Wahrheit wusste Julie nicht recht, ob sie das tat. Denn würde es sie geben, davon war sie überzeugt, hätte ihre verstorbene Mutter ihr in der ein oder anderen unangenehmen Lage geholfen. Zum Beispiel, wenn sie sich des Nachts fürchtete, nachdem Andrew ihr eine seiner gruseligen Geschichten erzählt hatte.
»Geht es dir jetzt besser?«, fragte dieser. Eine Sorgenfalte hatte sich auf seine blasse Stirn gelegt.
»Ja«, erwiderte sie hastig, auch wenn sie nicht sicher war, ob ihre Antwort der Wahrheit entsprach. Aber sie wollte nicht, dass sich ihr Bruder sorgte.
»Gut, dann bist du bereit unsere neue Mutter kennenzulernen?«
Julies Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. In wenigen Augenblicken würde sie die neue Frau im Leben ihres Vaters treffen. Davor fürchtete sie sich mehr als vor den Gruselgestalten aus den Geschichten ihres Bruders.
»Was ist, wenn sie mich nicht mag?«, sprach sie ihre Zweifel laut aus und verbarg ihre unruhigen Finger hinter ihrem Rücken. Sie war nicht wie die meisten Mädchen ihres Alters und Standes. Mit hübschen Kleidern, eleganten Frisuren und einstudierter Konversation konnte sie recht wenig anfangen. Und das fehlende Durchhaltevermögen, was das kerzengerade Sitzen während der Teestunden anging, brachte ihre Gouvernante Betty noch heute zum Verzweifeln. Es bereitete ihr mehr Vergnügen, mit Freddy, dem Sohn des Butlers, im Garten herumzutollen und mit ihrem Bruder Andrew über die Wiesen zu galoppieren. Ihr Vater hatte sie dafür bisher nie gerügt oder versucht, ihr Interesse an der feinen Welt der Damen zu wecken. Worin womöglich das Problem begraben lag. Nicht oft genug betonte er gegenüber der Gouvernante, dass er seiner Tochter eine glückliche Kindheit bescheren wollte. Und jetzt musste Julie sich fragen, ob seine neue Frau das ebenso dulden würde. Sie kam aus der Stadt, verkehrte in den angesehensten Kreisen und war das Landleben nicht gewohnt.
»Sie wird dich lieben. Jeder der dich kennenlernt, liebt dich, Schwesterchen.« Andrew zwinkerte ihr zu und sie brachte den Mut auf, ihm noch eine Frage zu stellen, die sie seit geraumer Zeit beschäftigte.
»Wird Mama böse auf Papa sein, dass er jetzt eine andere Frau hat?«
Andrew lächelte ihr zu, konnte aber den traurigen Schimmer in seinen Augen nicht vor ihr verbergen. Er hatte das Glück gehabt, ihre Mutter fünf Jahre länger zu kennen.
»Aber nein, sie hätte gewollt, dass Papa wieder glücklich wird.«
»Liebt Papa sie?«, wollte Julie wissen.
»Du meinst Lady Rogers?«
Sie nickte.
Vor wenigen Wochen war ihr Vater aus der Stadt zurückgekehrt und hatte die Neuigkeit verkündet, dass es bald zwei neue Gäste auf Downfield Hall geben würde. Lady Elise Rogers, in die er sich während eines Aufenthaltes in London unsterblich verliebt hatte, und ihren Sohn Grant.
»Ja, ich denke schon«, antwortete Andrew. Gedankenverloren schaute er auf die Einfahrt hinauf. Julie tat es ihm gleich. Jeden Moment würde die Kutsche angefahren kommen, die die beiden herbrachte. Hierher nach Downfield Hall, in ihr Zuhause, in ihr Leben.
»Warum heiratet er sie nicht?««, fragte sie, weniger aus Interesse, als um sich von ihren beängstigenden Gedanken abzulenken.
»Du stellst viele Fragen für eine Zwölfjährige.« Lachend streichelte er ihr über die Haare.
»Ich will es wissen. Müssen Paare denn nicht heiraten, um gemeinsam leben zu dürfen?«
Ihre Gouvernante Betty war regelrecht bestürzt gewesen, als sie erfahren hatte, dass der Herr des Hauses eine Frau bei sich einziehen ließ, die er nicht zu ehelichen gedachte.
»Er möchte sie ja heiraten, bloß nicht jetzt. Es stimmt, in der Regel schreibt das der Anstand vor. Aber du weißt ja, dass Papa es nicht sonderlich mit den gesellschaftlichen Regeln hat. Lady Elise ist seit zwei Jahren Witwe. Die Trauerzeit ist vorbei, aber Vater sagt, dass sie es wünscht, noch eine Zeit zu warten, bevor sie wieder heiratet.« Seine Lippen verzogen sich zu einem schelmischen Grinsen. »Bis es soweit ist, werden sie und ihr Sohn als Gäste bei uns wohnen.«
Julie biss sich auf die Unterlippe, um sich das Wort Mätresse zu verkneifen.
»Das wird einen Skandal geben, nicht wahr?«
Ihr Bruder schmunzelte. »Man wird sich den Mund darüber zerreißen.«
»Du meinst das Maul.« Entsetzt hielt sie sich die Hand vor den Mund. Das hätte sie sich besser ebenfalls verkniffen. Das war eines der Wörter, die Damen nicht zu sagen pflegten.
»Aber, aber, solche Ausdrücke gehören sich nicht für eine junge Dame.« Ihr Vater, Edward Whitfield, gesellte sich zu ihnen auf die Stufen vor dem Haupteingang und legte seiner Tochter eine Hand auf die Schulter.
»Bitte verzeih, Vater«, murmelte sie beschämt. Ihr Vater ließ ihr viel durchgehen. Jedoch legte er großen Wert auf Höflichkeit und eine angemessene Ausdrucksweise. Eine Eigenschaft, an der sie noch zu feilen hatte.
Ihr Vater lächelte gutmütig. Es war der liebevolle Ausdruck auf seinem bärtigen Gesicht, den er stets hatte, wenn er seine Tochter betrachtete.
»Dass du mir achtgibst, vor Lady Elise solche Worte nicht in den Mund zu nehmen. Sie könnte dem Glauben unterliegen, ich hätte bei der Erziehung meiner Tochter versagt.«
Sie gluckste auf und ohne es recht zu bemerken, vergaß sie für einen Augenblick ihre Befürchtungen.
»Wie könnte sie so etwas denken, da du doch der beste Vater auf der Welt bist.« Sie strahlte ihren Vater an, mit einem Lächeln, das jeden liebenden Vater in die Knie gezwungen hätte. Er beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Schmeichle mir nicht, mein Kind. So schaffst du es, dass ich niemals wütend auf dich bin.«
Das Geräusch von Hufschlägen auf dem Kies ließ sie alle die Einfahrt hinaufblicken.
Downfield, 1802
Ein Grollen ertönte und gleich darauf erhellte das grelle Licht des Blitzes Julies Zimmer. Mit über den Kopf gezogener Decke lauschte sie dem Regen, der gegen die Fensterscheiben prasselte, bis der nächste Knall ihren Körper zusammenzucken ließ.
Ausgerechnet heute hatte ihr Andrew die Geschichte von den Riesen erzählt. Das waren menschenfressende Ungetüme, die auf der Suche nach frischem Fleisch jenseits der Städte ihr Unwesen trieben und jene zu fassen bekamen, die sich bei Unwetter nicht rechtzeitig in Sicherheit brachten.
»Die Riesen nutzen das Grollen des Donnerschlages, um sich den Kindern unbemerkt zu nähern«, hatte ihr Bruder ihr mit unheilvoller Stimme ins Ohr geflüstert. »Weißt du, dass sie besonders gerne kleine Mädchen zum Abendessen verschlingen?« Mit drohender Gebärde hatte er seine Hand erhoben, um nach ihr zu schnappen. Schreckhaft wie sie war, hatte sie aufgeschrien. Und er hatte sie so lange gekitzelt, bis sie keine Luft mehr bekam. Am Mittag hatte sie die Geschichte wunderbar aufregend gefunden, doch jetzt, wo es dunkel geworden war und sie im Bett lag, ganz allein, jetzt hatte sie furchtbare Angst.
Dabei war sie vierzehn Jahre alt und fest davon überzeugt, dass ein Mädchen, nein, eine junge Frau, keine Angst mehr vor den Geschichten ihres Bruders haben durfte. Ihr war sehr wohl klar, dass da draußen nicht wirklich ein Riese sein Unwesen trieb, der sie am liebsten fressen wollte. Doch aus einem ihr nicht ersichtlichen Grund wollte ihr Verstand ihr Herz nicht erreichen. Und ihr Herz pochte wie das eines in die Ecke gedrängten Lammes, das zur Schlachtbank geführt werden sollte.
Wieder wurde das Zimmer von einem Blitz in Licht gehüllt. Das darauffolgende Rumpeln ertönte lauter als zuvor.
Das halte ich nicht aus, dachte sie, schlug die Decke beiseite und sprang aus dem Bett. Flink huschte sie zur Tür und flüchtete in den Korridor hinaus.
Auf Zehenspitzen schlich sie den Gang entlang. Es war stockfinster, bis auf ein flackerndes Licht am Ende des Korridors, das den Weg hinunter in die Eingangshalle wies.
Zwei Zimmer weiter blieb sie stehen und verharrte. Der Teppich, der den Korridor bis zur Treppe säumte, reichte nicht an die Wände heran. Sie musste mit ihren nackten Füßen auf die kalten Marmorplatten treten, um die Tür vor ihr öffnen zu können. Vielleicht hätte sie sich doch die Zeit nehmen sollen, ihre Pantoffeln anzuziehen. Jetzt war es zu spät und unter keinen Umständen käme ihr der Gedanke, zurückkehren.
Zaghaft klopfte sie an die Tür ihres Bruders. Sie wollte ihn nicht wecken, sollte er schon zu Bett gegangen sein.
»Andrew«, flüsterte sie, als auf ihr Klopfen keine Reaktion folgte.
Ungeduldig hob sie nacheinander die Beine an, um nicht gleichzeitig mit beiden Füßen auf dem kalten Fußboden stehen zu müssen. Alle bewohnten Zimmer waren um diese Jahreszeit beheizt. Selbst in der Küche brannte die Nacht über ein Feuer. Die Flure aber waren kalt und zugig.
»Andrew, bist du da?« Auf die Gefahr hin, dass sie ihn nun doch wecken könnte, drückte sie langsam die Türklinke hinunter und trat ein.
Das Zimmer ihres Bruders lag im Dunkeln. Nur das bescheidene Licht des Halbmondes, den die Regenwolken für einen Augenblick freigaben, gewährte Sicht auf die Umrisse der im Zimmer stehenden Möbelstücke und das Bett. Es war gerade hell genug, um erkennen zu können, dass niemand darin lag.
Ihr fiel ein, dass er am Nachmittag in die Stadt geritten war. Er hatte noch einige Besorgungen für den kommenden Tag zu erledigen. Das große Ereignis stand an: die Hochzeit ihres Vaters mit Elise Rogers.
Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass er die Nacht in einer Pension verbrachte. Von Downfield in die Stadt musste er über fünf Meilen mit dem Pferd zurücklegen. Und bei diesem Unwetter würde er gewiss nicht versuchen zurückzureiten.
Enttäuscht trat Julie in den Flur zurück und zog die Tür wieder ins Schloss. Für einige Augenblicke verharrte sie im Gang. Sie wagte es noch immer nicht, in ihr Zimmer zurückzukehren.
Kurzerhand entschied sie, einen Ausflug in die Küche zu machen. Ein Schluck warme Milch und einer von Mrs Burtons Schokoladenkeksen würden ihr sicherlich dabei helfen, Mut zu sammeln und diese grausige Nacht zu überstehen.
Sie war schon auf dem halben Weg nach unten in die Empfangshalle, als die Stimme ihres Vaters an ihr Ohr drang. Der Grund, weshalb sie stehenblieb und aufmerksam lauschte, war nicht etwa der, dass sie sich fürchten musste, er könnte sie antreffen und für ihren nächtlichen Ausflug schelten. Es war vielmehr der besorgte Unterton in seiner Stimme, der Julie innehalten ließ. Auch wenn sie seine Stimme erkannte, so war es ihr doch unmöglich, aus ihrer jetzigen Position mehr als nur Bruchstücke von dem Gesagten zu verstehen. Am Ende der Treppe, auf der letzten Stufe verharrend, haderte sie mit sich, ob sie zu der Tür huschen sollte, die in den Speisesalon führte. Der Klang von Elises Stimme ließ ihre Neugierde siegen. Auf Zehenspitzen schlich sie durch die Halle und lugte durch den Spalt.
Ihr Vater kniete auf dem Boden, vor einem mit Blumen bestickten Sessel. Er hielt die Hand der Dame, die auf besagter Sitzgelegenheit Platz genommen hatte und drückte sie sanft.
»Liebling. Bitte«, hörte sie ihn in flehendem Ton sagen. »dir wird nichts geschehen, das versichere ich dir.«
Die zierliche Gestalt, zu der er sprach, war niemand anderes als Elise Rogers, seine zukünftige Ehefrau.
Elise war eine schlanke Frau mittleren Alters. Manch einer hätte sie als dürr bezeichnet, möglicherweise auch als schwächlich. Für Julie aber war sie die hübscheste und vornehmste Frau, die sie kannte. Mit ihrer elfenbeinfarbigen Haut, der weichen Stimme und ihrer sanftmütigen Art, war sie für Julie das Ebenbild einer Feengestalt.
»Ich mache mir doch keine Sorgen um meinetwillen«, erwiderte Elise bebend. «Ich fürchte mich um deine Sicherheit. Um die unserer Kinder.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Niemals könnte ich es mir verzeihen, wenn einem von euch etwas zustieße.«
Julie konnte das Gesicht ihres Vaters nicht sehen. Er war mit dem Rücken zur Tür gewandt. Die blasse Miene von Elise konnte sie dafür gut erkennen. Ihre Augen glänzten glasig, als hätte sie geweint.
»Wir werden einen Ausweg finden. Wir lassen nicht zu, dass dieser Mann unser Leben zerstört. Du wirst sehen, es wird alles gut werden. Für uns alle.«
Es rührte sie, zuzusehen, wie ihr Vater Elises Hände an seine Lippen hob und ihr einen sanften Kuss darauf hauchte.
Einzelne Tränen liefen über die Wange seiner Verlobten und sie schluchzte kaum hörbar.
»Morgen werden wir beide heiraten. Und du wirst mich zum glücklichsten Mann auf Erden machen.« Mit seinen Worten schaffte er es, ihr ein zaghaftes Lächeln auf ihr Antlitz zu zaubern.
Ihr Vater wandte sich ins Profil und Julie sah das Strahlen in seinem Gesicht. »Na siehst du. So gefällst du mir schon besser«, sagte er und drückte einen weiteren Kuss auf Elises Handrücken.
»Was würde ich nur ohne dich tun, mein liebster Edward.« Liebevoll strich sie über seine linke Wange.
Jeder, der die Zuneigung zwischen den beiden nicht sofort erkannte, musste blind sein. Es war ihr kaum mehr vorstellbar, dass sie einst Angst davor gehabt hatte, Elise kennenzulernen. Vom ersten Moment an hatte sie ihre neue Mutter ins Herz geschlossen. Elise hatte keine leibliche Tochter. Aus erster Ehe brachte sie nur ihren Sohn Grant mit.
Genau in dem Moment, als sie an ihn dachte, hörte sie seine erregte Stimme. »Sollte es nötig sein, werde ich diesen Bastard mit meinen bloßen Händen zerquetschen.«
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie Grants Anwesenheit nicht wahrgenommen. Jetzt trat er in ihr Blickfeld und stellte sich hinter seine Mutter. Seine linke Hand war zu einer Faust geballt und die Augen funkelten voller Zorn.
Elise drehte sich im Sessel zu ihrem Sohn herum. »An so etwas darfst du nicht einmal denken, Grant Rogers«, tadelte sie ihn.
Julies Vater ergriff das Wort. »Grant, bitte rege deine Mutter nicht noch weiter auf. Sie hat heute Abend schon genug durchstehen müssen«, mahnte er.
»Entschuldige, Mutter. Es lag nicht in meiner Absicht, dich zu bekümmern.« Er legte seiner Mutter die Hand auf die Schulter. Sie schenkte ihm ein müdes Lächeln.
Julie war überrascht von Grants Verhalten. Sonst war er eher der Besonnene, wenn sie ihn mit ihrem Bruder Andrew verglich, der schneller aus der Ruhe zu bringen war.
Und auch so konnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Äußerlich sowie auch in Bezug auf ihre Charaktereigenschaften. Andrew war von seiner Statur her etwas korpulenter, Grant dagegen hatte eine schlanke, eher schlaksige Figur. Während Grant die Geschäfte seines verstorbenen Vaters verwaltete und zeitweilen mehrere Wochen auf den Ländereien unterwegs war, zog es Andrew vor mit Freddy, dem dreizehnjährigen Sohn des Butlers Mr Burton, auszureiten oder jagen zu gehen.
Wobei sie ihm zugestehen musste, dass er mit seinen siebzehn Jahren sechs Jahre jünger war als Grant. Ihr Vater machte ihm häufig Vorhaltungen darüber, dass er sich doch mehr wie Grant ins Zeug legen müsse. Andrew hasste es, wenn er ihn mit Grant verglich. Die beiden stritten oft. Für Julies Geschmack zu oft. Erst vergangene Woche hatte Andrew ihrem Vater erklärt, dass er nächstes Jahr der Marine beitreten wolle. Das Gespräch war schnell in eine hitzige Diskussion ausgeartet.
Im Nachhinein, als sich die Wogen zwischen Vater und Sohn dank dem warmherzigen Eingreifen von Elise wieder geglättet hatten, war auch Julie klargeworden, dass der Ausfall ihres Vaters nichts anderes zu bedeuten hatte als Furcht. Furcht davor, er könne seinen Sohn an das Meer oder in einem Gefecht verlieren.
In Gedanken versunken kam sie der Tür zu nahe und es geschah, was sie hatte vermeiden wollen.
Die Tür glitt auf.
Es war kein unangenehmes Quietschen oder Knarren zu hören, Mr Burton sorgte stets dafür, dass alle Türen auf Downfield ausreichend geölt wurden, doch die Bewegung der Tür weckte Elises Aufmerksamkeit. Um flink in Deckung zu gehen, war es zu spät. Ein leises »Oh« entfuhr Elise, als sie Julie in der Tür erblickte.
Ihr Vater wandte sich daraufhin zu ihr um. »Liebes, was machst du denn noch so spät hier unten?«, verlangte er zu wissen. Er klang nicht zornig, eher überrascht. Seine Absicht erkennend, reichte Grant ihm den dunklen Gehstock, der hinter ihm an einem Wandschrank lehnte. Ihr Vater hatte sich im Krieg das Bein verletzt und konnte seitdem nur noch unter höchster Anstrengung und Schmerzen ohne Stock gehen.
Langsam richtete er sich damit auf und kam auf sie zu.
»Es tut mir leid, Vater«, gab sie beschämt von sich. »Ich wollte nicht lauschen«, gestand sie kleinlaut.
Doch entgegen ihrer Befürchtung machte ihr Vater nicht den Eindruck, dass er böse auf sie sei, oder schlimmer, enttäuscht von ihr. Im Gegenteil, als er sich vor sie stellte, erhellte ein Lächeln sein betrübtes Gesicht.
Erleichtert atmete sie auf.
»Das weiß ich doch, mein Kind. Kannst du nicht schlafen bei dem grausigen Wetter?«
Das Unwetter hatte sie vollkommen vergessen.
Sie erinnerte sich an ihre Albträume und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte mich so sehr, als Abendessen zu enden«, gestand sie leise, sodass es nur ihr Vater hören konnte. Sie wollte nicht, dass Grant von ihr dachte, sie wäre ein ängstliches kleines Mädchen.
»Als Abendessen?« Ihr Vater hob irritiert eine seiner buschigen Augenbrauen und stützte sich auf seinem Gehstock auf.
»Na von den Riesen«, erwiderte Julie. Wie konnte er denn nicht wissen, wovon sie sprach?
»Den Riesen?«, entfuhr es ihm. »Um Himmels Willen, Kind, was redest du denn da?« Im nächsten Moment erhellte sich sein Gesicht, nur um sich kurz darauf in grimmige Falten zu legen. »Diesen Humbug hast du von deinem Bruder, nicht wahr?«
Oje, sie hätte das mit den Riesen doch nicht erwähnen dürfen. Verlegen schaute sie zu Boden und wippte mit beiden Füßen auf und ab. Eine lästige Angewohnheit von ihr, der sie immer verfiel, wenn sie sich höchst unwohl fühlte. Sie hatte nicht gewollt, dass ihr Vater böse auf Andrew wurde.
»Wenn er morgen zurückkommt, werde ich ein ernstes Wörtchen mit ihm reden müssen«, grollte dieser.
»Aber er kann doch nichts dafür«, begann sie zu protestieren. »Ich zwinge ihn ja eigentlich dazu, mir diese Geschichten zu erzählen. Bitte schimpf nicht mit ihm.« Sie liebte seine Geschichten. Andrew konnte nichts dafür, wenn sie nicht in der Lage war ihre Fantasie im Zaun zu halten.
Als ihr Vater seine Arme ausstreckte, musste sie nicht lange überlegen. Sie lief auf ihn zu und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sanft drückte er sie an seine Brust.
»Versprich mir, dass du dir von ihm keine Mären mehr erzählen lässt, die dir solch eine Angst einjagen.«
»Versprochen, Papa«, schniefte sie und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. Der für ihn typische Geruch von Tabak stieg ihr in die Nase. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte er es sich zur Angewohnheit werden lassen, abends noch eine Zigarre zu rauchen. Als sie noch ein paar Jahre jünger war, hatte sie den Geruch von kaltem Rauch als abscheulich empfunden, doch mit der Zeit hatte sie sich daran gewöhnt. Er war ihr mittlerweile so vertraut, dass er ihr ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermittelte.
»Grant, bist du so lieb und begleitest Julie in die Küche. Ein Glas Milch beruhigt sie bestimmt.« Elise erhob sich aus ihrem Sessel und trat an die beiden heran.
»Nun gut, ein Glas. Aber dann geht es rasch wieder ins Bett«, sagte ihr Vater und drückte ihr zum Abschied sanft einen Kuss auf die Stirn.
Grant trat vor. »Komm.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter und führte sie zur Tür.
Nachdem sie außer Hörweite ihrer Eltern waren, schaute sie zu ihm auf. »Was ist mit deiner Mutter? Sie wirkte ängstlich.«
Er kniff die Lippen zusammen und sah besorgt aus, als sein Blick zurück zur Tür fiel. Als er sie wieder ansah, war die Besorgnis aus seinem Gesicht verschwunden und einem Lächeln gewichen. »Weißt du, sie ist aufgeregt wegen der Hochzeit morgen und macht sich mehr Sorgen als nötig.«
Julie war nicht bereit, sich mit dieser Ausrede zufriedenzugeben. Er gab sich offensichtlich Mühe, ihr gegenüber gelassen zu wirken, doch die Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen hatte er nicht vor ihr verbergen können. »Wer ist dieser Mann, von dem du gesprochen hast? Der, dem du den Hals umdrehen möchtest«, bohrte sie nach. Sie war jetzt vierzehn Jahre alt und bald eine Frau. Sie empfand es nicht mehr als nötig, dass Dinge vor ihr verheimlicht wurden aus Sorge um sie. Leider musste sie zu ihrem Missfallen immer wieder feststellen, dass jeder versuchte sie in Watte zu packen, und ging es bloß darum auszureiten. Außer Andrew, der behandelte sie nicht wie ein rohes Ei. Manchmal, früh am Morgen, wenn ihr Vater noch schlief, kam er in ihr Zimmer und holte sie ab. Sie schlichen sich hinunter und rannten zu den Ställen, um auszureiten. Sie kehrten immer zurück, ehe ihr Vater etwas davon bemerkte.
In Gedanken verloren stolperte sie in Grant hinein, der vor der Tür zur Küche stehen geblieben war. Er drehte sich zu ihr herum, seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln geformt.
»Du hast schon eine Weile gelauscht«, stellte er fest.
Verflixt. Verlegen blickte sie zur Seite. »Nun, ja, vielleicht ein wenig«, gestand sie.
Er runzelte die Stirn. »Julie, du bist in der Tat der neugierigste Mensch, den ich kenne.«
»Findest du, dass das eine lästige Angewohnheit von mir ist?«, wollte sie wissen. Es war ihr wichtig, was er von ihr dachte. Sie beschloss, ihn nicht weiter zu bedrängen, da er anscheinend nicht vorhatte, ihr zu verraten, worum es bei dem Gespräch gegangen war. Wahrscheinlich war das genauso eine Erwachsenensache, dachte sie leidvoll. So sehr sie Grant auch mochte, er war in dieser Hinsicht genau wie ihr Vater.
Sie verzog grimmig den Mund. Es fiel ihr schwer, nicht weiter nachzubohren, aber sie wusste, dass es bei Grant keinen Zweck hatte.
Er lächelte sie warm an und ihr Missmut gegen ihn schwand. »So wie du bist, habe ich dich am liebsten«, sagte er und zwinkerte ihr zu.
Sie zog die Nase kraus. »Aber du kennst mich doch nur so.«
Lachend fuhr er mit seinen Händen durch ihre Haare und zerzauste sie. »Ja, und es gefällt mir, wie du bist.«
»Das ist nett von dir.« Sie konnte nicht verhindern, dass sie ihn jetzt anstrahlte.
»Wenn du möchtest, erzähle ich dir gleich noch eine Geschichte, die nicht gruselig ist, damit du die andere schneller vergessen kannst.«
»O ja« quiekte sie erfreut. »Eine über Elfen und Feen, ja?« Peinlich, jetzt hörte sie sich in der Tat an wie ein kleines Mädchen. Aber sie konnte eben nichts dagegen tun, sie liebte Geschichten von Elfen und Feen und verwunschenen Wäldern. Bloß das mit den Riesen, das musste nicht sein.
Jetzt war es an ihm das Gesicht zu verziehen. »Ich kenne mich nicht sonderlich gut aus mit Feen und Elfen.«
Sie unterdrückte ein Lachen. »Dann eben etwas anderes, etwas Schönes zum Träumen. Kennst du dich mit Prinzen aus?«
Er schien zu überlegen. »Da lässt sich etwas machen«, sagte er und zwinkerte ihr zu, ehe er die Tür öffnete und sie gemeinsam die Küche betraten.
Sie sah ihm zu, wie er eine Tasse aus einem der Schränke holte und kurz im Vorratsraum verschwand, um mit einer Karaffe Milch zurückzukommen. Das war eins der Dinge, die sie an ihm mochte. Er fand sich auch in der Küche zurecht und verzichtete darauf, nachts das Personal wach zu läuten, wenn er etwas benötigte.
»Du, Grant?«
»Hm?« Er machte sich daran, ihr Milch einzuschenken.
»Ich freue mich darauf, morgen deine Schwester zu werden.« Sie freute sich wirklich sehr, einen zweiten Bruder zu bekommen.
Er lächelte sie liebevoll an. »Und ich freue mich darauf, dein Bruder zu werden.«
»Wenn ich in vier Jahren in die Gesellschaft eingeführt werde, suche ich mir einen Mann, der so ist wie du.«
Wieder lachte er und überreichte ihr das Glas. »Bist du dir sicher? Ich denke nicht, dass Männer wie ich gute Ehegatten abgeben.«
Sie trank die Tasse aus. »Wieso nicht? Du bist klug, liebevoll und, nicht zu vergessen, ziemlich gutaussehend.«
Er schmunzelte. »Du bist nicht bloß das neugierigste, sondern auch das zauberhafteste Wesen, das ich kenne.« Er nahm ihr Kinn zwischen seine Finger und wischte ihr mit dem Daumen den Milchbart von der Oberlippe. »Ich fürchte, kein Mann wird je gut genug für dich sein, kleiner Engel.«
»Das ist Unsinn. Es gibt viele ehrbare Männer da draußen.«
»Leider gibt es auf jeden ehrbaren Mann mindestens zwei, die es nicht sind.«
»Dafür habe ich dich. Du hilfst mir dann, einen ehrbaren Mann zu finden, ja? Ich weiß nicht, wie ich den einen von dem anderen unterscheiden kann.«
Er nahm ihr die Tasse aus der Hand. »Darauf kannst du zählen. Und jetzt ab ins Bett mit dir, morgen ist für unsere Eltern ein wichtiger Tag.«
Es war früh am Morgen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als Julie von einem heftigen Hustenanfall geweckt wurde. Keuchend und vom Schlaf benommen, setzte sie sich auf und griff nach dem Glas Wasser, das auf ihrer Nachttischkommode stand. Erst nachdem sie es zur Hälfte geleert und wieder auf den Tisch zurückgestellt hatte, bemerkte sie die dunklen Rauchschwaden, die durch den unteren Spalt ihrer Zimmertür quollen.
Es brennt.
Sofort war sie hellwach. Hastig sprang sie aus ihrem Bett und lief zur Tür, nicht, ohne vorher daran zu denken, sich eines ihrer Tücher vor die Nase und den Mund zu drücken.
Draußen im Flur waren der Nebel und der Brandgeruch deutlich stärker. Der Rauch trieb ihr die Tränen in die Augen.
Wieder musste sie husten.
»Papa«, rief sie, doch die Stimme blieb ihr krächzend im Halse stecken. Panisch blickte sie sich nach beiden Seiten um und versuchte, etwas durch die dichten Rauchschwaden hindurch zu erkennen.
Wo waren alle hin? Warum war sie keiner wecken gekommen? Hatte man sie etwa vergessen?
Sie verdrängte diese Fragen und schob sich vorsichtig den Flur entlang, bis sie zu der geschwungenen Treppe kam, die hinunterführte.
Ein Schrei, dann ein ohrenbetäubender Knall, wie aus einer Pistole. Vor Schreck erstarrt blieb sie auf der ersten Stufe stehen. Die verrauchte Luft machte es ihr unmöglich etwas zu erkennen. Aber die Geräusche kamen eindeutig von unten.
Angestrengt horchte sie auf. Es war wieder still. Nur das schnelle Schlagen ihres Herzens, das gegen ihren Brustkorb hämmerte und das Knistern von Feuer waren zu hören. Es musste irgendwo im Erdgeschoss seinen Ursprung haben.
Bald wagte sie es, vorsichtig ein Bein vor das andere zu setzen und tastete sich an der Wand entlang die Treppenstufen hinunter.
Je weiter sie hinabstieg, desto dichter wurde der Rauch. Sie musste das Tuch fester auf ihr Gesicht drücken, um nicht Gefahr zu laufen an dem Qualm zu ersticken.
Sie hatte die letzte Stufe erreicht und wollte sich schleunigst auf den Weg zur Eingangstür machen, als die Stimme ihres Vaters an ihr Ohr drang. Seine Laute kamen einem Flehen gleich.
Sie hielt inne.
Die Haustür war ganz nah, sie musste nur die wenigen Meter geradeaus laufen und sie wäre im Freien und in Sicherheit.
Doch es war ihr unmöglich das Haus zu verlassen, ohne nach ihrem Vater gesehen zu haben. Niemals hätte ihr Vater sie zurückgelassen. Es sei denn, er konnte nicht anders.
Er ist verletzt, schoss es ihr durch den Kopf. Womöglich war er gestürzt und konnte wegen seines schwachen Beines nicht aufstehen.
Sie kämpfte sich durch die verqualmte Eingangshalle. Ein helles Flackern, das unter der Tür des Salons hervorleuchtete, gab ihr den Hinweis, wo sie langgehen musste.
Der Türknauf war glühend heiß.
Sie drückte ihn hinunter.
Heiße Luft schlug ihr entgegen und brannte in ihrem Gesicht. Sie hatte den Ursprungsort des Feuers gefunden. Die bodenlangen Vorhänge an den französischen Fenstern standen lichterloh in Flammen und Funken tanzten wie brennende Glühwürmchen durch das Zimmer
Sie ignorierte den Schmerz in ihren Lungen, denn sie hatte ihren Vater entdeckt, der mitten im Raum auf dem Boden kniete.
Er bemerkte sie nicht. Seine Aufmerksamkeit war ganz auf das gerichtet, was er in den Armen hielt.
Entsetzt erkannte Julie, dass es Elise war.
Elise rührte sich nicht. Ihr Körper lag schlaff in seinen Armen. Julies Vater beugte sich zu Elise hinunter und küsste ihre Wange.
Julies Magen zog sich schmerzlich zusammen.
»Papa«, rief sie und ging auf ihn zu. Vielleicht war Elise verletzt und er konnte sie nicht alleine hinausbringen. Er hatte ja ein kaputtes Bein. Wie sollte er sie denn auch tragen können? Sie musste ihm helfen sie zu retten.
»Papa«, rief sie noch einmal, diesmal lauter, und kämpfte sich gleichzeitig durch den Rauch.
Dann schien Mr Whitfield sich der Anwesenheit seiner Tochter bewusst zu werden und er sah sie entsetzt an.
Im selben Augenblick bemerkte Julie, dass sich ihr von rechts jemand näherte.
»Liebes, lauf!« Sein Schrei ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. »Lauf!«
Ein ohrenbetäubender Knall erfüllte den Raum. Dann sank ihr Vater über Elise zu Boden.
Der dunkle Schatten, dem Julie bisher kaum Beachtung geschenkt hatte, stellte sich vor sie und verbarg den Blick auf ihren Vater.
Julies Augen wanderten über die dunkel gekleidete Gestalt und verharrten auf einem Antlitz, das zu niemand anderem gehören konnte als dem Teufel persönlich. Seine Haut glitzerte unnatürlich im Schein des Feuers und die eiskalten blauen Augen waren direkt auf sie gerichtet und bohrten sich tief in ihr Inneres.
Der linke Mundwinkel hob sich zu einem bösartigen Grinsen und brachte blitzweiße Zähne zum Vorschein.
Eiskalt lief es ihr den Rücken hinunter. Das war nicht der Teufel. Das war ein Mensch.
Ehe sie ihren Gedankengang vollenden konnte, wurde ihr der Lauf einer Pistole an die Stirn gedrückt. Das kalte Metall bohrte sich schmerzhaft in ihre Schläfe.
»Julie!« Grants Stimme riss sie aus ihrer Starre. Der Mann, der ihr noch immer die Pistole auf die Stirn drückte, blickte erschrocken über ihren Kopf hinweg zur Tür.
»Julie« hörte sie ein weiteres Mal Grant rufen. Er war nun deutlich näher bei ihnen.
Der Druck auf ihrer Schläfe löste sich und der Mann ließ die Pistole sinken. Dann verschwand er in den dichten Rauchschwaden.
Aus der Schreckstarre erlöst, wollte Julie zu ihrem Vater eilen, doch der Boden unter ihren Füßen begann sich zu drehen, gar ganz zu verschwinden, bis sich unter ihr ein schwarzes Loch auftat. Sie war zu schwach, um zu verhindern, hineingezogen zu werden. Die Welt, die sie umgab, die brennenden Vorhänge, die tanzenden Glühwürmchen, ihr Vater, alles verschwand. Zurück blieb die Dunkelheit.
Der lauwarme Frühlingswind strich ihr durch die offenen Haare. Sie saß zusammen mit Andrew und Grant auf einer Picknickdecke am See, der im hinteren Teil von Downfield an einen dichten Wald grenzte. Die milde Aprilluft streifte ihr Gesicht, und der herrliche Duft von Maiglöckchen kitzelte ihr in der Nase.
Sie beobachtete die beiden bei einer Partie Schach. Ihr Bruder hatte das Schachbrett aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters entwendet. Jetzt stand es mitten auf der blauen Quiltdecke und die beiden jungen Männer beugten sich nachdenklich über ihre gesetzten Figuren.
Grant war an der Reihe und zog, offenbar in Gedanken versunken, das Gesicht kraus, was Julie an sich selbst erinnerte, wenn sie gezwungen war sich zwischen einem Stück Apfelkuchen oder dem warmen Schokoladenkuchen von Mrs Burton zu entscheiden. Grant jedenfalls schien jeden erdenklichen Zug genauestens in Betracht zu ziehen, ehe er den entscheidenden nächsten Schritt tat. Währenddessen tippte Andrew ungeduldig mit den Fingern auf seinem Oberschenkel herum.
Julies Blick schweifte ab in Richtung einer Bank aus Holz, die inmitten der Schilflandschaft stand, die sich um den See herum erstreckte.
Elises herzliches Lachen war zu hören und vermischte sich mit der ausgelassenen Stimme ihres Vaters. Sie konnte die beiden nicht sehen. Nur das rote Musselinkleid von Elise blitzte zwischen dem hohen Gras hindurch. Die beiden küssen sich bestimmt. Julie verzog das Gesicht. Oft hatte sie sich die Frage gestellt, was die Erwachsenen so spektakulär daran fanden. Die Vorstellung, jemals einen Jungen auf den Mund zu küssen, daran konnte sie nichts Gewinnendes finden.
Seufzend drehte sie sich auf der Decke herum und streckte genüsslich alle viere von sich. Sie ließ ihren Blick über den Horizont zu dem strahlend blauen Himmel gleiten. Was für ein schöner Tag zum Träumen. Sie schloss die Augen und lauschte dem Zwitschern der Vögel und dem Brummen der Bienen, die über ihren Kopf hinwegflogen.
Plötzlich wurde ihr Haar von einer heftigen Windbö erfasst. Als sie die Augen öffnete, zogen dunkle Wolken vor den azurblauen Himmel. Die Äste der Bäume begannen im Wind zu tanzen und die Blätter wirbelten durch die Luft und fielen wie Regenschauer auf sie hinunter.
Die Vögel hatten aufgehört ihre fröhlichen Lieder zu zwitschern und es war unheimlich still geworden.
Andrew und Grant waren verschwunden. Das Schachbrett lag vereinsamt am anderen Ende der Decke, die Figuren vom Wind in alle Richtungen zerstreut.
Sie schaute sich nach ihrem Vater um.
Heiße Flammen schlugen ihr entgegen. Das Schilf brannte lichterloh und stieß schwarze Rauchsäulen gegen den Himmel. Die Hitze des Feuers brannte ihr in den Augen, es fühlte sich an, als verschlinge es sie bei lebendigem Leibe.
Ein markerschütternder Schrei durchbrach die Stille.
Der schrille Klang hallte in ihren Ohren nach und sie erschrak, als sie erkannte, dass es ihr Schrei war.
»Sie kommt zu sich.«
Wie durch einen Schleicher drang die Stimme ihres Bruders zu ihr durch. Benommen öffnete sie die Augen. Ihr Körper fühlte sich an wie aus Blei gegossen. Erst spürte sie Andrews Hand, die ihre umschloss und sanft drückte, dann wurde auch sein verschwommenes Gesicht klarer. Seine dunkelblonden Haare waren zerzaust. Sein Gesicht war mit Rußflecken verschmiert und vor Kummer verzogen. Noch nie hatte sie ihn so traurig gesehen.
Sie erkannte seinen Versuch, ein Lächeln aufzusetzen. Langsam wurde ihr gewahr, dass sie in ihrem Bett lag und er auf der Bettkante bei ihr saß.
»Was ist …« Ein Hustenanfall, hinderte sie daran, ihre Frage zu Ende zu stellen. Andrew griff nach einem Glas Wasser und hielt es ihr an den Mund. Das kühle Glas schmerzte an ihren Lippen und sie verzog das Gesicht, als sie mit ihrer Zungenspitze über ihre aufgerissene Unterlippe fuhr.
»Trink! Du musst trinken«, sagte er sanft und strich ihr liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht, während sie gierig einen Schluck trank.
»Was ist passiert?«, fragte sie. Andrew nahm ihr das Glas aus den zittrigen Händen. »Wo ist Papa?«
In ihrer Erinnerung klaffte ein Loch. Es war ein dumpfes Gefühl in ihrer Brust, das sie erahnen ließ, dass etwas Schreckliches passiert sein musste, und das Gesicht ihres Bruders sprach Bände.
Seine Wangen, die sonst immer einen rosigen Schimmer aufwiesen, waren kalkweiß.
Er antwortete nicht.
Furchtbare Angst packte sie. Wo war ihr Vater? Er wich nie von ihrer Seite, wenn sie krank war.
Vor ihren Augen tauchte das Flammenmeer aus ihrem Traum auf. Sie versuchte die Bilder wegzublinzeln.
Grant trat ans Fußende des Bettes. Er sah weitaus mitgenommener aus als Andrew. Seine Kniehosen waren durchlöchert, das weißes Baumwollhemd verdreckt und zerrissen und die kurzen Haare angesengt. Auf seiner Stirn klaffte eine Wunde, die sich bis über die rechte Augenbraue zog und noch immer blutete. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht die Wunde zu reinigen oder gar zu verbinden.
»Grant«, wimmerte sie. »Wo ist Papa?« Sie hörte, wie brüchig ihre Worte klangen.
Seine Lippen bewegten sich. Er hielt mitten in der Bewegung inne und schloss den Mund wieder. Dann presste er die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und ballte die Fäuste, bis die Knöchel unter der Haut weiß hervortraten.
Plötzlich brachen die verlorengegangenen Erinnerungen wie ein Wolkenbruch über sie hinein: die brennenden Vorhänge, der schwarze Qualm, der verzweifelte Ausdruck auf dem Gesicht ihres Vaters. Die Tränen in seinen Augen. Elise. Das Gesicht des Monsters, das voller Verachtung auf sie herabblickte. Die Pistole an ihrem Kopf.
Ein erstickter Laut entrann ihrer Kehle. Der Schuss hallte in ihren Ohren und sie erinnerte sich, wie ihr Vater neben Elises leblosem Körper zusammensackte.
Ein noch nie dagewesener Schmerz ergriff sie und nahm ihr den Atem. Sie begann zu wimmern und schlug sich die Hände vor das Gesicht. Heiße Tränen ergossen sich über ihre Wangen.
Als sie die Hände schließlich von ihrem Gesicht nahm, war die Welt durch ihre Tränen verschwommen. »Sie sind tot«, schluchzte sie und vergrub die Finger in der Bettdecke. »Sie sind tot.«
Schweigen.
Sie griff nach Andrews Arm und rüttelte verzweifelt daran. »Bitte, Andrew, sag, dass das nicht wahr ist. Sag, dass ich das nur geträumt habe.«
Seine Augen waren glasig. »Es tut mir so leid, Julie.« Seine Stimme glich einem kratzigen Flüstern.
Andrew schlug die Arme um ihren zitternden Körper und drückte sie an seine Brust. »Ich danke Gott dafür, dass er mir dich nicht auch noch genommen hat.«
Sie spürte seine Tränen auf ihre Stirn tropfen.
»Warum hat er das getan? Papa hat das nicht verdient.«
Der Körper ihres Bruders versteifte sich. Er packte sie behutsam an den Oberarmen und schob sie von sich weg, sodass sie ihn ansehen musste.
»Du hast gesehen, wer das war?«
Sie nickte.
Grant kam um das Bett herum und stellte sich neben Andrew. »Du hast ihn gesehen?« Etwas in seiner Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut.
»Wer Julie, wer hat das getan?«, wiederholte Andrew. Als sie nicht antwortete, sah er sie eindringlich an. »Julie, du musst es uns sagen. Wer war es?«
Von Neuem traten ihr Tränen in die Augen.
»Erst habe ich gedacht, ein Monster steht vor mir, oder der Teufel«, begann sie mit zitternder Stimme. »Aber es war ein Mann.« Sie konnte sein Antlitz genau vor sich sehen. »Er hat Papa erschossen.« Sie schlug die Hände erneut vor das Gesicht, als könne sie die Erinnerungen damit vergraben.
»Wer?« Ihr Bruder rang sichtlich um Fassung.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kenne seinen Namen nicht.«
Andrew stieß einen Fluch aus, schüttelte dann voller Bedauern den Kopf. »Ich begreife es nicht. Mir fällt niemand ein, der unseren Eltern hätte schaden wollen.«
»Denk nach, Julie«, sagte er sanft und drückte ihre Hand. »Kanntest du den Mann wirklich nicht?«
Sie rief sich seinen Anblick in Erinnerung, den sie niemals wieder vergessen würde. Das makellose Gesicht mit den hasserfüllten Augen, in denen sich das Feuer gespiegelt hatte und das schwarze Haar, das offen über seine Schultern geflossen war wie flüssiges Pech. Aber nein, sie hatte ihn nie zuvor in ihrem Leben gesehen. Sie schüttelte den Kopf.
»Das spielt keine Rolle!« Beide schauten zu Grant hinauf. Er sah so unendlich müde aus. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen und ließen ihn etliche Jahre älter wirken. »Ich weiß, wer das getan hat.«
»Was?«, keuchte Andrew entsetzt. »Wer?«
»Der Mann…«, flüsterte Julie, ehe Grant antworten konnte, »… vor dem deine Mama so furchtbare Angst hatte, habe ich recht?«
Sein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass sie richtig lag.
»Was für ein Mann? Wovon spricht Julie da?«
Grant legte eine Hand auf Andrews Schulter. »Das erkläre ich dir gleich«, sagte er mit düsterer Miene. »Julie–«, sie sah zu ihm auf »–hat er dich gesehen?«
Sie erinnerte sich an den eiskalten Blick, der sie durchbohrt hatte wie ein Dolch, und die Pistole, deren Lauf er an ihren Kopf gedrückt hatte.
Sie nickte und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter. »Er wollte mich erschießen, so wie Papa. Aber dann hat er dich rufen gehört und ist verschwunden«, sagte sie schluchzend.
Andrew sog entsetzt den Atem ein.
»Dieser Bastard«, schrie Grant und schlug mit der Faust auf den Nachttisch. Das darauf stehende Glas fiel zu Boden und zerbrach.
Julie und ihr Bruder starrten ihn an und warteten darauf, dass er etwas sagte.
»Andrew«, fuhr Grant nach einigen Sekunden in ruhigerem Ton fort, »hol Mrs Burton her, damit sie bei Julie bleibt, wir beide müssen uns unterhalten.«
Wie zähe Nebelschleier zogen die kommenden Tage an Julie vorbei. Sie fühlte sich wie in einem Traum gefangen und sie schaffte es nicht, sich daraus zu befreien.
Die Beerdigung von Elise und ihrem Vater fand in kleinem Kreise statt. Die Worte des Pfarrers hallten bloß gedämpft zu ihr hindurch, während sie die beiden Särge betrachtete, die vor ihnen aufgebahrt und liebevoll mit Blumen bestückt worden waren.
Es grenzte an ein Wunder, dass niemand weiteres bei dem Brand ums Leben gekommen war. Als das Feuer ausbrach, hatte sich Grant mit einigen Angestellten im Stall aufgehalten, um bei der Geburt eines Fohlens zu helfen. Die anderen, die im Diensttrakt zur Nachtruhe lagen, waren erst wach geworden, nachdem alles vorbei war.
Grant nahm Julie das Versprechen ab, niemandem zu erzählen, dass der Tod ihrer Eltern kein Unfall war. Sie verstand nicht warum, aber sie tat, was er verlangte.
Einen Tag nach der Beerdigung führten beide sie zu einer wartenden Kutsche.
»Ich will nicht fortgehen«, sagte sie flehend.
»Es ist nicht für lange«, versuchte ihr Bruder sie zu beruhigen. »Aber bis die Sache geklärt ist, ist es sicherer für dich.«
»Ich möchte bei euch bleiben.« Nein, sie wollte nicht fort von Andrew und Grant. Sie verstand den Grund, weshalb die beiden sie fortschickten, aber akzeptieren wollte sie es dennoch nicht. Sie hatte den Mann gesehen, der ihre Eltern ermordet hatte, und nun war zu befürchten, dass er die einzige Zeugin der Tat zum Schweigen bringen wollte. Mehrmals hatte sie versucht, die beiden umzustimmen, oder wenigstens zu erfahren, wer dieser Mann gewesen war. Beide aber hüllten sich hartnäckig in Schweigen, bis sie schließlich aufgab, danach zu fragen.
»Ich erkenne ihn und dann kann er festgenommen werden«, hatte sie als Argument, um bleiben zu können, hervorgebracht.
Grant hatte daraufhin den Kopf geschüttelt. »Ich muss erst herausfinden, ob deine Aussage etwas bewirken würde.«
»Aber ich habe ihn doch ganz genau gesehen.«
»Es ist nicht so einfach, Kleines«, hatte Andrew gesagt.
»Aber er hat Papa getötet, die müssen ihn doch dafür bestrafen und wenn wir das mit meiner Hilfe–« Grant unterbrach sie: »Dieser Mann verfügt über sehr viel Einfluss. Wir halten es für sicherer, wenn du erst einmal untertauchst.«
Mit untertauchen meinten sie eine lange Fahrt nach Deutschland zu ihrer Tante Isabelle Obenauf. Sie war die ältere Schwester ihrer Mutter, der sie noch nie zuvor begegnet war. Lediglich ein Brief, den sie ihr mitgaben, erklärte den Grund ihres plötzlichen Aufenthaltes und enthielt eine Entschuldigung dafür, dass keine Zeit geblieben war, die Dame vorab in Kenntnis zu setzen. Die arme Frau würde in wenigen Tagen vor vollendete Tatsachen gestellt werden, indem man ihr ohne die geringste Vorwarnung ein halbes Kind aufdrückte.
Downfield Hall, 20. April 1811
Liebste Schwester,
Du magst dir nicht vorstellen, wie oft ich begonnen habe, diesen Brief zu schreiben und ihn zerknüllt in die Ecke warf. Nach zwei Dutzend verschwendeten Briefbögen und einem Tag vergeudeter Zeit kam mir in den Sinn, dass es sinnvoll wäre, ihn mit einer Erinnerung zu beginnen.
Heute saß ich am See bis die Sonne untergegangen ist und Grant mich auf mein Zimmer brachte. Ich habe am Ufer gesessen und auf das Wasser hinabgesehen. Es lag still da. Kein Insekt wagte es, die Wasseroberfläche zu berühren. Ich habe mir herbeigesehnt, dass das Wasser unter der erdrückenden Hitze lebendig würde, dass irgendetwas es aufwühlte. Wie früher, wenn wir es durch unser Plantschen aufgewirbelt haben. Noch heute höre ich dein freudiges Lachen. Ich sehe dein glückliches Gesicht, als stündest du vor mir.
Jetzt bin ich wütend und ich habe Angst. Es kostet mich unbändige Kraft, dir mitzuteilen, dass dies der letzte Brief sein wird, den ich schreibe. Ich möchte dir sagen, dass du mir schrecklich fehlst und dass ich alles dafür gegeben hätte, dich noch ein letztes Mal zu sehen.
Es gibt keine schonenden Worte. Aus diesem Grund wähle ich sie geradeheraus und hoffe, dass du mir verzeihen kannst, was ich dir jetzt mitteilen muss.
Ich werde sterben.
In wenigen Tagen wird mein Körper gegen das Fieber, das mich dahinrafft, nicht länger ankämpfen können.
Ein rostiger Nagel bohrte sich in mein Bein, als ich vom Pferd stürzte. Es war mein Fehler, ich habe Maya selbst satteln wollen und den Gurt nicht richtig zugezogen. Er ist zur Seite gerutscht, als ich über einen Zaun gesprungen bin. Die Wunde hat sich entzündet und der Arzt sagt, dass er nichts mehr für mich tun kann als die Schmerzen zu lindern. Wenn ich daran denke, muss ich beinahe lachen. Getötet von einem rostigen, alten Nagel. Dann wieder überfällt mich eine unbändige Wut. Ich bin wütend auf die Welt.
Doch ich habe es verdient. Erst habe ich mich feige verhalten und nun habe ich etwas Unverzeihliches getan. Ich verspüre keine Reue für das was ich getan habe, nur eine innere Leere, die mich wie das Fieber auffrisst.
Ich bin davon überzeugt, dass das die Bestrafung für meine Tat ist, auch wenn ich den Glauben an Gott seit langer Zeit verloren habe. Falls es ihn dennoch gibt, so bitte ich jedoch nicht ihn mir zu vergeben. Ich bitte dich um Vergebung. Bitte vergib mir, dass ich dich im Stich gelassen und dich nicht vor dem Unheil bewahren konnte, was dir widerfahren ist.
Das Schicksal stand bisher nicht auf unserer Seite. Für mich ist es ein Geschenk, dass du endlich heimkehren kannst. Du gehörst hierher. Auch wenn ich nicht mehr da sein werde, wenn du auf Downfield eintriffst, in deinem Herzen bin ich bei dir und ich hoffe, dass du dich hier an all die schönen Dinge erinnern wirst, die wir gemeinsam erlebt haben. Dir wird es hier an nichts fehlen. Grant wird unser Erbe verwalten, bis du verheiratet bist. Dann geht das Vermögen unseres Vaters als Mitgift in deine Ehe. So habe ich es mit ihm vereinbart. Er wird dein Vormund sein, bis du einen Ehemann gefunden hast. Heirate den Mann, in den du dich eines Tages verlieben wirst, ob vermögend oder bettelarm. Ich wünsche mir nur, dass du glücklich wirst.
Bitte sei nicht traurig, wenn du diesen Brief liest. Halt mich als den Bruder in Erinnerung, der ich einst war und vergiss nicht, du bist nicht allein.
In Liebe, Dein Andrew
Julie faltete den Brief zusammen und wischte mit dem Handrücken eine Träne von ihrer Wange, ehe diese auf den Brief tropfen konnte. Dieses Stück Papier war alles, was ihr von ihrem Bruder blieb, und sie wollte diese letzten Zeilen von ihm bewahren wie den teuersten Schatz.
Als sie den Brief zum ersten Mal las, hatte sie mit Isabelle im Salon gegessen und wie jeden Morgen eine Tasse Tee getrunken. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass so bald Post aus England eintreffen würde. Ihr Bruder schrieb ihr einmal im Jahr, und der letzte Brief war kaum ein halbes Jahr her. Umso erstaunter und voller freudiger Aufregung war sie, als ihr eines der Hausmädchen den Brief hereinbrachte und sie das Siegel ihrer Familie darauf erkannte.
Sie erinnerte sich an den warmherzigen Ausdruck auf Isabelles Gesicht. Daran, dass sie vor lauter Aufregung die Luft angehalten hatte, während sie mit zittrigen Fingern hastig den Briefumschlag öffnete. Das Gefühl, das sie beim Lesen der Zeilen ergriffen hatte, stieg erneut in ihr hoch und ihr Magen krampfte sich zusammen.
Ihre Tante hatte ihr später erzählt, dass sie erstarrt war, wie die Bronzestatue auf dem Kaminsims. Sie hatte gar vergessen zu atmen, was Isabelle beinahe dazu veranlasst hatte nach dem Arzt zu schicken.
Der Brief war aus ihren Händen zu Boden geflattert. Isabelle hatte ihn aufgehoben und gelesen. Kurz darauf hatte sie erschüttert aufgeschluchzt und Julie in ihre Arme genommen. Sie drückte sie so lange an ihre Brust, bis sie sich wieder rühren konnte und schließlich so viele Tränen vergoss, wie ihr Körper sie aufbringen konnte.
Seitdem hatte sie nicht mehr geweint. Stattdessen war ihre Trauer einem dumpfen Gefühl gewichen, das nur von der Wut auf Grant Rogers unterbrochen wurde. Dass sie jetzt eine Träne vergoss, war das erste Mal seit jenem Tag.
Sie wischte sich eine weitere Träne aus dem Gesicht und öffnete den Vorhang des Kutschenfensters, um auf andere Gedanken zu kommen.
Sie beobachtete, wie die Felder an ihr vorbeizogen. Hin und wieder fuhren sie an ein paar Bauernhäusern vorbei oder passierten einen Waldabschnitt.
Es war ein warmer Frühsommertag. Die Sonne hatte das Innere der Kutsche so stickig werden lassen, dass das Kleid unangenehm an Julies Rücken klebte. Der frische Wind, der über ihre Wangen und ihre lose hochgesteckten Haare glitt, tat gut und milderte die Kopfschmerzen, die sie, seitdem sie heute früh aufgebrochen war, gequält hatten.
Eine Woche war vergangen, seit sie aufgebrochen war. Seitdem saß sie jeden Tag zwölf Stunden in einer Kutsche. Vor zwei Tagen hatte sie zum ersten Mal seit neun Jahren wieder einen Fuß auf englischen Boden gesetzt. Sie sehnte sich danach, dass diese Reise ein Ende nahm. Auf der anderen Seite hatte sie sich noch nie zuvor in ihrem Leben so sehr vor etwas gefürchtet wie vor der Ankunft auf Downfield.
Unweigerlich musste sie an ihre Tante denken, der es beinahe das Herz gebrochen hatte, sie gehen zu lassen. Isabelle war ihr in den letzten Jahren zu dem Halt geworden, den sie in England verloren hatte. Sie war die ältere Schwester ihrer leiblichen Mutter. Sie war kinderlos und hatte niemals in ihrem Leben geheiratet.
Sie lebte nicht ansatzweise so wohlhabend wie es ihr Vater ihrer Mutter ermöglicht hatte. Dennoch kam sie aus einem Mittelstand, der ihr erlaubte, ein Haus mit acht Zimmern und einem mittelgroßen Salon zu bewohnen und von vier Angestellte bewirtschaften zu lassen. Es gab zwei Hausmädchen, eine Köchin und einen Gutsverwalter.
Dass sie keine teuren Kleider mehr tragen konnte, hatte Julie nicht gestört. Ebenso wenig, dass ihr Zimmer nur noch ein Bruchteil der Größe aufwies wie das auf Downfield. Im Gegenteil, sie liebte dieses Haus, die Geräusche und Düfte, die von ihm ausgingen, die Lebendigkeit und Geschäftigkeit, die es umgaben, die kleinen verwinkelten Zimmer und schmalen Flure und die Rufe des Hahnes am frühen Morgen, noch ehe die Sonne aufging.
All das hatte ihr geholfen über den Verlust ihres Vaters hinwegzukommen und sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden.
Außerdem war immer ausreichend für Unterhaltung gesorgt. Mehrmals in der Woche empfing Isabelle Besucher. Oft kam ihre beste Freundin, mir der sie jeden Klatsch teilte und bis ins kleinste Detail diskutierte. Julie hörte ihren Gesprächen amüsiert zu. Sie erfreute sich daran, wie Isabelles etwas dickliche Freundin sich über Banalitäten ausließ, die ihrer Meinung nach nicht verdienten, erwähnt zu werden. Und nicht zu vergessen das Schokoladengebäck, das sie immer für sie mitbrachte. Julies liebster Zeitvertreib aber war es gewesen, in der Küche zu verweilen und mit der Köchin und den Hausmädchen zu plappern.
Die Hufschläge der vorgespannten Pferde holten sie in die Gegenwart zurück, und während die Welt draußen an ihr vorbeizog, verstärkte sich ihr Wunsch, wieder umzukehren.
All die Jahre, die sie fort war, hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht als endlich heimkehren zu können. Doch jetzt, wo es soweit war, hatte sie das Gefühl in eine fremde Welt zu reisen. Eine Welt, in der sie vollkommen allein sein würde.
Das Leben, das sie einst in England gelebt hatte, war über die Jahre in eine Ferne gerückt, die für sie kaum mehr greifbar war. Einmal im Jahr hatte sie von Andrew einen Brief bekommen. Es wäre schön gewesen, hätte er ihr öfter geschrieben oder hätte sie ihm wenigstens antworten dürfen. Doch er und Grant hatten ihr strikt verboten ihnen zu schreiben. Zu gefährlich sei es, dass man so herausfand, wo sie sich aufhielt.
Wie gerne hätte sie ihm mitgeteilt, wie es ihr ging, was sie fühlte und dass sie hier ein gutes Leben führte. Vor allem, dass er sich keine Sorgen um sie machen brauchte
Aber ihr war keine Wahl geblieben und sie hatte sich mit dem einseitigen Briefwechsel abgefunden. Was schließlich dazu führte, dass sich mit den Jahren eine Distanz zu ihrem Bruder aufbaute, und noch stärker bei Grant. Der Mann, den sie so liebgewonnen und wie einen eigenen Bruder betrachtet hatte. In all den Jahren hatte er ihr keinen einzigen Brief geschrieben oder ihr über Andrew etwas ausrichten lassen.
Sie war schnell überzeugt davon, dass sie ihm egal geworden war.
Das nächste Mal, als Julie aus dem Kutschenfenster sah, konnte sie die Zinnen von Downfield Hall in der Ferne erblicken. Der Anblick der Dachspitzen, die hinter den Baumkronen hervorlugten, weckte Erinnerungen, die sie bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich verdrängt hatte. Das beklemmende Gefühl in ihrem Magen verstärkte sich.
Auch wenn er der Letzte war, an den sie einen Gedanken verschwenden wollte, drängte sich in ihr die Frage auf, ob Grant sich doch ein wenig über ihre Rückkehr freute.
Wie es sein wird, ihn nach all diesen Jahren wiederzusehen? Ob er sich sehr verändert hat?
Ach, was interessiert mich das schon, schalt sie sich und aufgeregt begann sie, die in ihrem Schoß liegenden Hände zu kneten. Für sie war Grant Rogers gestorben.
Während der Reise hatte sie genügend Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie ihr weiteres Leben aussehen sollte. Und sie war zu dem Entschluss gekommen, nicht länger als nötig mit eben Erwähntem unter einem Dach zu verbringen.
Er hatte entschieden sie fortzuschicken. Er hatte versprochen sie schnellstmöglich zurückzuholen. Jetzt waren über neun Jahre vergangen. Andrew war tot und er war schuld daran, dass sie ihren geliebten Bruder nicht noch einmal hatte sehen können.
Wenn der Mörder ihrer Eltern nicht zufällig zur gleichen Zeit schwer erkrankt und gestorben wäre, hätte sie womöglich erst Monate später von Andrews Tod erfahren – oder überhaupt nicht.
War Grant womöglich auch ein wenig froh darüber gewesen, einen Grund zu haben, sie fortschicken zu können, damit er sich nicht um ein kleines Mädchen kümmern musste?
Oh, wie sehr hatte sie sich in ihm getäuscht. Sie hatte geglaubt, dass er sie wie eine eigene Schwester liebte.
Jetzt verabscheute sie ihn aus tiefstem Herzen.
Die Kutsche fuhr durch eine dichte Allee und passierte den runden Steinbogen, der das Anwesen von Downfield Hall ankündigte.
Während die Kutsche den großzügig ausgelegten Kiesweg entlangrollte, ließ Julie ihren Blick über die imposante Fassade mit den unzähligen Fenstern schweifen. Downfield Hall bestand aus drei Stockwerken. Nicht mitgezählt der Dachboden mit den vielen Giebelfenstern, in denen die Dienerschaft ihre Unterkünfte bezog.
Auf dem Platz vor dem Eingang war ein runder Brunnen, in dessen Mitte eine Marmorstatue auf einem Sockel angebracht worden war. Sie hatte die Form eines weiblichen Engels, dessen Flügel sich zu den Seiten ausbreiteten, als wolle er jeden Moment davonfliegen, und aus seinem zu einem O-geformten Mund plätscherte das Wasser.
Kaum zu glauben, dass dies einst ihr Zuhause gewesen war und es wieder sein sollte, zumindest für eine Weile.
Zu dem beklemmenden Gefühl in ihrem Magen mischte sich eine Spur Panik, als die Kutsche langsamer wurde und zum Stehen kam.
Nur einen kurzen Augenblick später wurde die Tür von außen geöffnet und der Kutscher reichte ihr seine Hand.
»Wir sind da, Miss«, verkündete er. Dem Mann war anzusehen, dass er sichtlich erleichtert war, nach stundenlangem Herumsitzen auf dem Kutschbock am Ziel angelangt zu sein.
Sie nahm seine Hilfe an und trat in die Tür. Die Sonne blendete ihr in den Augen, als sie ins Freie trat. Es dauerte daher einen Moment, ehe sie die vier Gestalten wahrnahm, die sich auf den Treppenstufen zum Eingang versammelt hatten.
Julies Blick fiel zuerst auf eine junge Frau in Hausmädchenkleidung. Ihrem Aussehen nach zu urteilen, konnte sie nicht viel älter als sie selbst sein. Sie trug ihr Haar in einem strengen Knoten nach hinten gebunden und sie war recht klein, was noch drastischer dadurch betont wurde, dass sie auf der untersten Treppenstufe stand.
Aber das, was Julies Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hatte, waren nicht ihre schwarzen Haare oder das schlichte dunkelblaue Kleid mit weißer Schürze, sondern die weiße Katze, die sich genüsslich an ihre Beine schmiegte. Die Frau schenkte Julie ein schüchternes Lächeln und versuchte dabei, das lästige Geschöpf mit leichten Stupsern loszuwerden.
Der nächste in der Reihe war ein junger Mann. Sein kurzes Haar schimmerte rötlich in der Sonne und die etwas üppig geratene Nase war mit Sommersprossen überzogen, die sich bis über die Wangen ausbreiteten. Er war recht groß, schlaksig und nach seiner Kleidung zu schließen, die aus knielangen, dunkelbraunen Stiefeln und unter anderem einem hellbraunen Leinenhemd bestand, auf dem hier und da lose Strohhalme klebten, war anzunehmen, dass es sich um den Stallburschen handelte. Der Groschen fiel, als Julie die beiden anderen Menschen weiter oben auf der Treppe betrachtete: Ein älterer Herr, dessen Haare ebenfalls einen rötlichen Schimmer aufwiesen und eine mollige Frau mittleren Alters.
Diese beiden erkannte Julie auf Anhieb. Es waren Mr und Mrs Burton, die Köchin und gute Seele von Downfield und ihr Ehemann, der langjährige Butler des Anwesens. Mrs Burton sah noch immer aus wie damals, nur ihr dunkelbraunes Haar war inzwischen leicht ergraut.
Der Stallbursche musste demnach Freddy sein, der Sohn der beiden. Schon seit Julie zu denken vermochte, arbeitete die Familie Burton für die Whitfields. Sie erinnerte sich, wie gerne sie früher mit Freddy fangen und verstecken gespielt hatte. Er war nur wenige Jahre älter als sie, und auch wenn sie als Kinder viel Zeit miteinander verbracht hatten, hätte sie ihn fast nicht erkannt.
Sie hatte damit gerechnet, dass die Burtons Downfield nach dem Unglück verlassen hatten.
»Unsere kleine Miss Whitfield!« Mrs Burton schlug ihre Hände ineinander und betrachtete Julie begeistert. »Es ist so schön und aufregend, Sie wieder hier auf Downfield willkommen zu heißen. Und wie hübsch Sie geworden sind«, füge sie hinzu und ließ einen Seufzer hören.