Wiener Wortgeschichten - Robert Sedlaczek - E-Book

Wiener Wortgeschichten E-Book

Robert Sedlaczek

4,9

Beschreibung

Das Wienerische zum Schmökern und Schmunzeln: Robert Sedlaczek und Reinhardt Badegruber erzählen Unterhaltsames und Wissenswertes über wienerische Ausdrücke und Wendungen - von ihrer Herkunft, ihrer Verwendung, ihrer genauen Bedeutung und ihrem Eingang in den Sprachgebrauch. Zitate aus Wienerliedern, Kabarettprogrammen und Kinofilmen sowie zahlreiche Anekdoten tragen nicht nur zum besseren Verständnis des Wienerischen bei, sondern zeigen auch, wie heiter die Beschäftigung mit Sprache sein kann. Mit Illustrationen von Reinhilde Becker.

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Seitenzahl: 216

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Titel

Robert Sedlaczek

Reinhardt Badegruber

Wiener Wortgeschichten

Von Pflasterhirschen und Winterschwalben

In Zusammenarbeit mit Melita Sedlaczek

Mit Zeichnungen von Reinhilde Becker

Warum dieses Buch?

Wenn wir uns mit der Sprache beschäftigen und ein Buch mit hundert Wortgeschichten aus dem Wienerischen vorlegen, dann verfolgen wir damit vor allem ein Ziel: Die Lektüre soll den Leserinnen und Lesern Spaß machen – wie es auch uns Spaß gemacht hat, diese Texte zu schreiben.

Wir schildern, warum bestimmte Wörter bei uns Jugenderinnerungen wecken (z. B. bei Robert Sedlaczek die Wendung auf Lepschi gehen, bei Reinhardt Badegruber das Wort Binkerl), und wir illustrieren Ausdrücke des Wienerischen anhand von Wienerliedern, Popsongs, Fernsehserien und Kabaretttexten – bei der Auswahl ist es uns darum gegangen, für kurzweiligen Lesestoff zu sorgen.

Viele mundartliche Wendungen sind ja wirklich amüsant. Arik Brauer hat einmal gemeint, der Satz A Haaße mit an Bugl und an Sechzehnerblech sei ein surreales Kunstwerk. Der Wiener scheint das Surreale zu lieben, das zeigen auch Ausdrücke wie Winter­schwalbe. Könnte man das Herannahen der kalten Jahreszeit treffender beschreiben?

Wenn wir uns mit der Herkunft der Wörter befassen und sehen, welche Wandlungen ein Ausdruck im Laufe der Jahrhunderte durchgemacht hat, reiben wir uns manchmal verwundert die Augen. Pflasterhirsch war zunächst einmal ein kleines Fuhrwerk, das im städtischen Bereich unterwegs war, heute hat der Ausdruck Bedeutungen, die mit dem ursprünglichen Wortsinn nichts mehr zu tun haben.

Sie halten nun ein Buch in Händen, das einerseits wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird, anderer­seits auch persönliche Erlebnisse der Autoren ein­fließen lässt. Der eine schreibt wöchentlich eine Sprach­kolumne in der „Wiener Zeitung“ und hat einige Bücher zum Thema Sprache verfasst, der andere ist der Sprachexperte von Radio Wien und hat zwei Jahre hindurch das Quiz „Sprechen Sie Wienerisch?“ ge­leitet.

Beide schildern in ihren Beiträgen, wie schwierig, aber auch interessant die Interaktion mit der Leserschaft bzw. mit der Hörerschaft sein kann. Über Wörter wie Zizibe lässt sich offensichtlich gründlich streiten. Letztlich fühlt sich ja ein jeder in Sachen Sprache als Experte – wir alle produzieren täglich unzählige Sätze in mündlicher oder in schriftlicher Form. Andererseits führt die Interaktion mit dem Publikum manchmal auch zu neuen Erkenntnissen: Lesen Sie den Beitrag über das Wort Quiqui – wie verschlungen doch manchmal die Diskussionen über die Sprache sein können!

Obwohl wir die Freude an der Beschäftigung mit der Sprache in den Vordergrund rücken, wollen wir uns von Spaßbüchern wie „Das pfiffigste Schimpfwörterlexikon aller Zeiten“ scharf abgrenzen. Die Erkenntnisse unseres Buches sind mit den führenden Wissenschaftern der jeweiligen Spezialgebiete abgeklärt, wir folgen dem aktuellen Stand der Wissenschaft. In einigen Fällen, zum Beispiel bei Wörtern wie Netsch und Tschusch oder bei der Wendung I bin ned dei Teschek, können wir sogar Anstöße für neue, plausiblere Ableitungen liefern. Diese werden wahrscheinlich bald Teil der Lehrmeinung sein.

Es ärgert uns, wenn wir von Etymologien lesen, die völlig aus der Luft gegriffen sind. Wie kann man behaupten, dass das Wort Tschapperl von einem tschechischen Wort für „kleiner Storch“ abstammt, ohne irgendeinen Beleg dafür zu haben? Was nicht heißen soll, dass wir alle endgültigen Wahrheiten für uns in Anspruch nehmen. Aber wenn eine Ableitung nicht gesichert ist, dann muss man sie als Spekulation ausweisen, man darf sich auch nicht scheuen, zwei unterschiedliche Lehrmeinungen, wie beispielsweise beim Wort Schmäh, anzuführen. Vielleicht werden wir eines Tages wissen, wer recht gehabt hat – jene, die eine Ableitung von jiddisch schma favorisieren, oder jene, die an eine Herkunft von „schmähen“ glauben.

Einige Wörter stammen aus einer Zeit, als von Gleichberechtigung und von Political Correctness noch nicht die Rede war. Mozarts Briefe zeigen, dass die Alltagssprache früher derber war als heute, es war üblich, über das Weib in einer Form herzuziehen, die heute geächtet ist.

Aber was können die Wörter dafür, dass sie in den Dreck gezogen werden? Im Beitrag über Brunzbuschen referieren wir eine Auseinandersetzung zwischen den Brüdern Grimm und Christoph Adelung über das Wort brunzen. Wir sehen es ähnlich wie die Brüder Grimm: Es wäre nicht sinnvoll, so zu tun, als ob es Wörter dieser Art gar nicht gäbe.

Unsere Beiträge sind aber nur ein Teil des Ganzen. Genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, erscheinen uns die Illustrationen von Reinhilde Becker. Viele kennen und schätzen ihre Zeichnungen, die sie regelmäßig für das Ö1-Magazin „gehört“ anfertigt.

Reinhilde Becker überträgt die Surrealitäten des Wienerischen perfekt ins Bildhafte, viele ihrer Zeichnungen sind ebenso doppelbödig wie das Wienerische. Wir sind stolz, dass wir diese Künstlerin für eine Mitarbeit gewinnen konnten – ohne ihre Illustrationen wäre dieses Buch nicht das geworden, was es ist.

Das Wienerische ist ein Traurigkeitskiller, im Wort tickt die Lachbombe. Allerdings lacht man sich an den Sätzen nicht kaputt, sondern gesund. Nicht selten begleitet eine Wendung ein hintergründiges Lächeln, so dass sich der Angesprochene verunsichert fragt: „Wie war das eigentlich gemeint? So? Oder doch anders?“

Dieses Sich-nicht-Auskennen bereitet dem Wiener Spaß. Und wenn es dann ein Verunsicherter genau wissen will und fragt: „Wie hast das jetzt gemeint?“, dann kann der Sprachakrobat ruhig antworten: „Genau so, wie du es nicht verstanden haben willst!“

åbschmieren

Die ORF-Fernsehserie „Das Match“ war ein Quotenhit. Hans Krankl bemühte sich, aus prominenten Hobbyfußballern ein schlagkräftiges Fußballteam zu formen. Am 5. Juni 2008 stand ein Spiel gegen die Schweiz am Programm.

In der Vorbesprechung weist Krankl seine Spieler an, ein Auge auf den gefährlichsten Stürmer der Schweiz zu haben: „Zu zweit schmierts eam å, und wånns eam ned zu zweit åschmiern kennts, dann miaßts eam z’dritt åschmiern!“

Nein, das ist keine Aufforderung, gegnerische Spieler zu bestechen. Das Zeitwort åbschmieren gehört zu Schmier bzw. Schmiere. Im Rotwelschen bedeutet Schmier so viel wie Polizei, dieses Wort geht auf hebräisch schemirá (= Wacht, Wächter, Bewachung) zurück.

Interessant ist, dass das Wort sowohl für Verbrecher als auch für Polizisten verwendet wird. Erstes Beispiel: Bei einem Einbruch leistet ein Komplize Aufpasserdienste. Er steht Schmier(e). Zweites Beispiel: Als zu­fällig ein Polizist vorbeikommt, warnt der Aufpasser seine Kumpanen: „Die Schmier kummt!“ In der Gauner­sprache wird ein Polizist auch als der Gschmierte be­zeichnet.

Zurück zum Fußball. Hans Krankl wollte mindestens zwei Österreicher auf den gefährlichen Schweizer ansetzen – wenn es sein musste, auch drei. Ihre Aufgabe sollte es sein, ihn zu observieren – und ihn sofort zu attackieren, wenn er in den Besitz des Balles kommt.

Åchtadreißger Wågen, der

Eines der beliebtesten Wienerlieder dokumentiert auf eindrucksvolle Weise, dass der Wiener einzelnen Straßen­bahnlinien einen symbolhaften Charakter verleiht. In diesem Fall geht es um eine Fahrt zum Heurigen nach Grinzing, dort ist die Endstation der Linie 38. „Wås is denn heut nur los, / wås is denn heut nur gschegn, / heut san so überfüllt, / die Åchtadreißger Wägn …“

Das Lied stammt aus einer Zeit, als es noch Schaffner aus Fleisch und Blut gab, und keine eisernen Fahrscheinautomaten. Sie riefen: „Bitte rückwärts einsteigen“, und ihre Aufgabe war es, die Fahrkarten zu verkaufen und zu zwicken. In dem Lied gibt ein vor Überlastung stöhnender Schaffner die Antwort, warum die Garnituren der Linie 38 so überfüllt sind: „Heut kommen d’Engerln auf Urlaub nach Wean …“

Der große Volksdichter H. C. Artmann (1921–2000) hat neben dem 38er noch andere symbolträchtige Verkehrslinien beim Namen genannt: den 47er und den 71er.

Sein Gedicht trägt die schlichte Überschrift „Lied“. „da r ochtadreiska / da simafiazka / da r anasibzka / (…) / heit / sogt da r easchte / draa ma r auf! / mocht s / sogt da zweite / es dial auf! / Schit s / sogt da drite / a r eadn drauf …“

Der 47er fährt nach Steinhof, womit sich die Nebenbedeutung „ins Irrenhaus kommen“ konstruieren lässt. Der 71er hält bei allen vier Toren des Zentralfriedhofs, im Volksmund ➛Zenträu genannt. Wenn du jemanden mit dieser Linie besuchen fährst, dann liegt er schon unter der Erde.

Im Gedicht also wird in Grinzing ausgelassen ge­feiert, auf der Baumgartner Höhe sperrt man die Narren weg, am Zentralfriedhof decken die Pompfünebrer einen Sarg mit Erde zu. Willi Resetarits singt eine von Stefan Schubert vertonte Version des Gedichts, sie zählt zu den besten Artmann-Interpretationen überhaupt.

Früher waren alle drei Linien – der 38er, der 47er und der 71er – Straßenbahnen. Im Jahr 1962 ist die Straßenbahnlinie 47 eingestellt worden, seither fährt der Bus 47A zur Baumgartner Höhe (genauso der 48A).

Artmanns Dichterkollege Ernst Kein (1928–1985) – wir begegnen ihm später beim Stichwort ➛Rauchfångtauben – verarbeitet die Symbolik der Wiener Linien so: „Sog nii / dasd min simafiazga foast / weu do glaubt a jeda / du bisd a noa // sog nii / dasd min anasibzga foast / weu do glaubt a jeda / du losd de scho begrom // sog ollaweu / dasd min a-ka foast / weu daun waas ka mensch /obsd ind oopa geesd / oda in broda owe.“

Die letzte Strophe ist eine Anspielung auf die damalige Straßenbahnlinie Ak. Die Garnituren der Ak fuhren den Ring entlang und machten auch bei der Staatsoper halt, anschließend fuhren sie zum Praterstern. Vom Praterstern ist es nicht weit zum Wurschtlprater. Zu den Attraktionen dieses Vergnügungsparks zählen nicht nur Riesenrad und Hochschaubahn, sondern auch Glücksspielhallen mit Automaten, Langos-Standln und Schnapsbuden. Der ➛Nobelpråter ist in diesem Gedicht wohl nicht gemeint.

Ågråselschmäh, der

Als Kind musste ich in unserem Schrebergarten in Neulengbach jedes Jahr bei der Agraselernte mithelfen. Für mich war diese Arbeit nicht nur nervtötend, sondern auch unergiebig. Stachelbeeren, besonders die weißen, sind ja ziemlich sauer. Das Pflücken hat aber nur dann seinen Reiz, wenn man hin und wieder eine Frucht in den Mund statt ins Körberl wandern lässt. Von den Ågråseln ist alles im Körberl gelandet. Mir war dieses Obst zu sauer, ich habe es mit dem Argument „Då ziagt’s da ois zsamm …“ kategorisch abgelehnt.

Aus etymologischer Sicht ist das Wort Ågråsel recht treffend. Es geht zurück auf das mittelhochdeutsche agra (= saure Brühe), dieses leitet sich von altprovenzalisch agras (= unreife Traube) ab. Das Herkunftswort ist letztlich lateinisch acer (= sauer).

Manche meinen, die Ågråsel wäre nicht zu retten. Deshalb hat man sie mit der schwarzen Ribisel (= Johannisbeere) gekreuzt. Das Ergebnis ist die weitaus gefälligere Rigatze oder Jogelbeere. Aus ihr macht man Marmeladen und Säfte, neuerdings findet man sie in den so beliebten aromatisierten Mineralwässern. Am Etikett steht dann meist „Jostabeere“, eine Kombination aus den Wortanfängen von Johannisbeere (Jo) und Stachelbeere (Sta).

In Zusammensetzungen mit Substantiven drückt Ågråsel- aus, dass etwas besonders schlecht oder minderwertig ist. Wenn eine Fußballmannschaft dauernd unter schmählichen Umständen verliert, dann haben wir es mit einem Ågråselverein zu tun. Ein besonders schlechter ➛Schmäh ist ein Ågråselschmäh. Auch hier gilt: „Då ziagt’s da ois zsamm …“

ånblåsen sein

Hans Hauenstein und Raimund Brettner haben das Wienerlied „Wann d’Schrammeln ånblåsen sån“ ge­schrieben. Der Text suggeriert, dass Schrammelmusiker dann am besten spielen, wenn sie einen Schwips haben. „Dånn spielen s, dass an jeden das Herz roglert wird, / und jeden Påtschåchter zur Dummheit verführt. /Die Quetschen, die zaubert a Orgel uns vor, / die Fiedel, die schmeichelt uns heimlich ins Ohr, die Klåmpfen, die zupft nåch n Altweana ➛Schan. / Åber nur dånn, åber nur dånn, wenn s ålle ånblåsen san.“

Das Zeitwort blåsen bedeutet im Wienerischen so viel wie trinken. Wenn die Schrammeln ånblåsen san, dann haben sie also über den Durst getrunken.

In den Kriminalromanen von Ernst Hinterberger (1931–2012) kommt häufig der Begriff Blåshütten vor – auch in den Verfilmungen der Trautmann-Krimis. Mit Blåshütten, der Wiener sagt Blåshittn, war ursprünglich ein Lokal gemeint, in dem man sich mit billigem Schnaps und mit anderen harten Getränken betrinken konnte. Erst in zweiter Linie ist jene Bedeutung entstanden, die mit der Praxis der Fellatio etwas zu tun hat.

bagschierlich

„Was ist Ihr Lieblingswort?“ Oft wurde mir diese Frage von Journalisten gestellt. Eigentlich müsste ich antworten: „Wenn man ein Wörterbuch des Wienerischen mit 3.000 Eintragungen schreibt, dann sind einem alle Wörter gleich lieb.“ Diese Antwort ist für den Interviewer offenbar wenig befriedigend. Meist insistiert er deshalb auch noch: „Sie müssen doch ein Lieblingswort haben!“

Die Frage nach dem Lieblingswort ist auch aus einem zweiten Grund nicht leicht zu beantworten. Es lässt sich ein Wort ja nicht von seiner Bedeutung trennen. Der Interviewer – und mit ihm auch der Leser, Hörer oder Zuseher – würde sich schön wundern, wenn ich beispielsweise schiach zu meinem Lieblingswort erklären würde. Dabei ließe sich ins Treffen führen, dass es sich um ein altes Wort mit einer interessanten Geschichte handelt, also um ein Wort, das es verdient, genannt zu werden. Es geht auf schiech zurückgeht, gesprochen schi-ech, mit einem Diphthong. Die ursprüngliche Bedeutung war „scheu, verzagt, ab­scheulich“. Weil das Verständnis für den Diphthong „i-e“ verloren gegangen und an dessen Stellen ein „i-a“ getreten ist, glauben viele, dass in dem Wort ein „r“ steckt. Denn wenn wir schirch schreiben, müssen wir zwangsläufig schiach sprechen. Schriftbild und Lautform passen dann zusammen. Ich könnte auch mit folgendem Argument schiach zu meinem Lieblingswort erklären: Es klingt hässlich und es bedeutet hässlich. Aber das sind subjektive Empfindungen.

Eines Tages ist es mir zu dumm geworden. Ich habe mir gedacht: Wenn alle von mir ein Lieblingswort hören wollen, dann tue ich ihnen den Gefallen. Es soll ein Wort sein, das schön klingt und etwas Schönes bedeutet. Meine Frau hat mir dann das Wort bagschierlich vorgeschlagen. „Wenn ich den Satz ‚Sie ist bagschierlich!‘ höre, dann habe ich eine ganz bestimmte Vorstellung von einem jungen Mädchen. Es ist herzig, entzückend, niedlich. Wenn eine junge Frau bagschierlich ist, dann ist sie auf eine natürliche Weise hübsch. Sie darf aber nicht zu dünn sein. Wer ausschaut wie eine Bohnenstange, der kann nicht bagschierlich sein.“

Ich habe mich auch im privaten Kreis einige Male klar deklariert: Bagschierlich ist mein Lieblingswort. Bis ich eines Tages auf Adalbert gestoßen bin, einen waschechten Steirer. Er hat mich angesehen, als ob ich gleich in den 47er einsteigen würde. „Wie kannst du ein Wort mit einer derart unguten Bedeutung zu deinem Lieblingswort machen? Bagschierlich heißt doch ‚streitsüchtig, grob, unzugänglich‘. ‚Sei nicht so bagschierlich!‘ – Diesen Satz habe ich als Bub gehört, wenn ich schlecht drauf war.“

Bagschierlich ist also als Lieblingswort nicht unproblematisch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier zwei Ausdrücke unterschiedlicher Herkunft lautlich zusammengefallen sind.

Für die Herleitung des wienerischen bagschierlich gibt es zwei Ansätze. Die einen meinen, es müsse sich um eine Weiterentwicklung eines nicht mehr verwendeten patschierlich handeln – abgleitet von patschen. Die anderen leiten das Wort von beigeschirrig ab – zweites, kleines Zugtier im Geschirr eines Wagens.

Bagschierlich im steirischen Sinn steht wohl mit mittelhochdeutsch bagen (= laut schreien, streiten) in einem Zusammenhang. Vielleicht hat es im Mittelalter das Wort bagesgirig (= streitsüchtig) gegeben, Belege konnte ich allerdings nicht finden.

Immerhin habe ich jetzt eine Erklärung dafür, warum die Steirer kein Verständnis dafür haben, wenn man bagschierlich zu seinem Lieblingswort erklärt.

Bankl, das; a Bankl reißen

Roland Joseph Leopold Neuwirth ist ein Bewahrer und gleichzeitig ein Erneuerer des Wienerliedes. Er hat alte Volksweisen dokumentiert und arrangiert, außerdem zahlreiche neue Stücke geschrieben und selbst interpretiert. Im Verlag Zsolnay ist sein Buch „Das Wienerlied“ erschienen – eine beeindruckende Werkschau.

Viele Lieder Neuwirths legen Zeugnis davon ab, dass sich der Autor mit der wienerischen Mundart intensiv beschäftigt hat. Sein Lied „Der Wiener Konjunktiv“ befasst sich mit einem interessanten Phänomen des österreichisch-bairischen Mundartraums: mit altertümlichen Varianten der Möglichkeitsform. „Mia kamert’n von wissen S’ eh, mia wa’n jetzt quasi da … Liegert ’leicht was an?“

Außerdem illustriert Neuwirth mit dem Lied auch gleich, warum der Wiener den Konjunktiv so gern hat: Er hält ihn für eine besonders höf­liche Ausdrucksweise. Wenn der Fernseh­kieberer Trautmann einen Ganoven verhaftet, dann sagt er nicht: „Ich verhafte Sie!“, sondern: „I hättert no a poa Fragen …“

Da das Sterben im Wienerlied eine große Rolle spielt, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, das Zeitwort „sterben“ zu umschreiben. Neuwirth hat alle Synonyme, die ihm eingefallen sind, aufgeschrieben und „Ein echtes Wienerlied“ daraus gemacht, ja genau: „Ein echtes Wienerlied“ – so lautet der Titel.

„Er hat an Abgang gmacht, / er hat die Patschen gstreckt, / er hat a Bankl grissn, / hat si niederglegt, / er hat si d’Erdäpfeln von unt’ angschaut, / er hat si sozusogn ins Holzpyjama ghaut. / Er hat de Bock aufgstellt, / er hat an Wurf angsagt, / er hat si d’Schleifen gebn, / er hat die Stuf’n packt, / er is ummegstandn, / er hats ummebogn, / er is als arme Seel zum Petrus auffe­gflogn. / Er hat si owelossn, wie des so sche haßt, / er is nachschaun gangan, ob der Deckel paßt. / Zerscht hams eam aussetragn, / mit die Fiaß voran, / jetzt locht er si statts d’Madln drunt de Würmer an. / (…) / jetzt tuat eam, bei meiner Seel, / ka Baa mehr weh.“

A Bankl reißen ist eine im Wienerischen äußerst beliebte Redewendung für „sterben“. Allerdings wird sie meist falsch abgeleitet, und zwar von „eine Bank niederreißen, eine Bank umreißen“. Auch der Kabarettist und Buchautor Peter Wehle hat das geglaubt.

In Wahrheit geht es um eine alte Verwendung von reißen. Das Zeitwort hat ursprünglich „ritzen“ bedeutet, dann auch „Runenzeichen ritzen“ und später „zeichnen, entwerfen“. In Wörtern wie Reißbrett und Reißblei ist dies noch sichtbar, auch in Aufriss, Schattenriss usw.

Und Bankl? Damit ist die Totenbank gemeint. Hier spielt also die Vorstellung eine Rolle, dass die Zeichnung auf den Zustand des Zeichners schließen lässt. Oder anders formuliert: Wenn ich sage, dass sich jemand eine Totenbank aufgezeichnet hat, dann meine ich: Er ist gestorben.

Wer a Barön reißt, der ist etwas besser dran. Er ist zwar gestürzt, aber er lebt noch. Barön ist nämlich eine wienerische Verballhornung von italienisch barella mit der Bedeutung „Tragbahre“, hier zum Abtransport von Verletzten.

Auch andere Redewendungen bringen zum Ausdruck, dass jemand gestürzt ist: A Brezen reißen bedeutet eigentlich „nach einem Sturz wie eine Brezen am Boden liegen“, a Kipferl reißen bedeutet „wie ein ➛Kipferl daliegen“.

In beiden Fällen ist die Form eines Gebäcks ausschlaggebend. Die Brezen geht auf mittelhochdeutsch preze zurück, dieses auf klosterlateinisch brachitum. Schon damals war ein Gebäck in Form verschlungener Arme gemeint. Das Herkunftswort ist lateinisch brachium, was „Arme“ bedeutet. ➛Kipferl ist von mittelhochdeutsch kipfe, althochdeutsch kipfo abzuleiten. So hat man die leicht gebogene Stemmleiste am bäuerlichen Wagen bezeichnet.

Schnell erklärt ist auch die Wendung an Stern reißen. Damit ist gemeint, dass der Gestürzte sternförmig, d. h. mit ausgestreckten Armen und Beinen, daliegt.

So unterschiedlich die Herkunft dieser Wendungen auch sein mag, sie bedeuten ein und dasselbe: stürzen und hinfallen. Wie der Gestürzte am Boden liegt, ist nicht entscheidend. Es muss auch nicht unbedingt die Rettung kommen und den Verletzen auf einer Bahre abtransportieren. Das wäre eine I-Tüpferlreiterei.

Bärenfut, die

Nein, das ist kein unanständiges Wort. Bärenfut ist der Name einer Kopfbedeckung, nämlich der Winterkopfbedeckung beim Bundesheer, der Kappe II, auch Zwaara­kappl genannt. Oder ganz allgemein: einer Pelzhaube mit Ohrlappen. Die Lappen können entweder oben am Kopf oder unten am Kinn zusammengebunden werden. Kombiniert mit einem Gesichtsschutz bewahrt eine Bärenfut einen auch vor den Folgen extremer Kälte.

Der zweite Wortbestandteil, Fut, ist der österreichische Ausdruck für das weibliche Genital, im Mittel­hochdeutschen vut. Ursprünglich dürfte das Wort so viel wie „Hintern“ bedeutet haben, davon zeugt das alemannische Füdler (= Arsch). Reinhold Bilgeri und Michael Köhlmeier besingen diesen Körperteil in einem Scherzlied. Es ist das Lied eines Mannes, der sich ob seiner sexuellen Neigungen Sorgen macht. „Herr Psychiater, sag wie nennt man des, / die Luscht nach einem Frauengesäß?“ / „Sie sind ein Füdler…, / Sie sind ein Füdler…, / Sie sind ein Füdlerfetischist …“

Auch der erste Wortbestandteil von Bärenfut ist rasch enträtselt. In einer Luxusversion ist wohl ein Bärenfell zur Herstellung dieser Kopfbedeckung verwendet worden. Heute handelt es sich eher um Webpelz, Plüsch oder ähnliche Materialien. Das Zwaarerkappl heißt offiziell „Plüschkappe“.

Als Bärenfut bezeichnet man außerdem ein unrasiertes weibliches Geschlechtsteil. Für Präsenzdiener, die den sexuellen Gelüsten mit Frauen entwöhnt sind, ist es offensichtlich eine Genugtuung, dass sie wenigstens am Kopf das tragen, was sie sich ganz anderswo ersehnen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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