Wish you were here - Elke Wollinski - E-Book

Wish you were here E-Book

Elke Wollinski

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Beschreibung

Als Stella umziehen muss, bricht für sie eine Welt zusammen, denn alles was sie liebt, muss sie zurück lassen. Nur schwer kommt sie in ihrem neuen Leben zurecht und lässt niemanden an sich heran. Nicht einmal der äußerst attraktive Dylan, der neben ihr wohnt, hat eine Chance, obwohl er sich sehr um sie bemüht. Stella flüchtet sich in die Welt der Bücher um ihren Schmerz zu verstecken. Als sie in ihrem neuen Haus ein seltsames Buch findet, gerät ihr Leben völlig aus den Fugen. Merkwürdige Dinge geschehen, je weiter sie im Buch liest. Die Geschichte berührt sie so sehr, dass sie sich wünscht, die Hauptfigur Colin wäre echt. Und dann steht er tatsächlich vor ihr und bittet sie um Hilfe...

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Bisher erschienen

Magic World Series

Soulcatchers of Blackland ( überarbeítete Neuauflage von Fire Hearts) auch als e book

Son of Neptun

auch als e book

The Reversal Die Umkehrung der Welt

auch als e book

Wish you were here

( überarbeitete Neuauflage von come into my world come into my heart) auch als e book

Love Adventure Series

Wenn Träume lügen Gefunden.

auch als e book

Wenn Träume lügen Verloren

auch als e book

Free Die Welt gehört uns wenn du bei mir bist

auch als e book

Free Ohne dich hört die Welt auf sich zu drehen

auch als e book

Damn Love Diese verdammte Liebe zu dir

auch als e book

Wish you were here

Als die 17 jährige Stella mit ihren Eltern umzieht, bricht für sie eine Welt zusammen. Alles was sie liebt muss sie zurück lassen. Auch ihren Freund Danny. Nur schwer findet sie sich in ihrer neuen Umgebung zurecht und kapselt sich von allem ab.

Einzig ihr neuer Nachbar Dylan, der etwas älter als Stella ist, bringt ihr Herz manchmal ganz schön zum Stolpern. Da Stella aber noch nicht bereit ist, sich auf etwas Neues einzulassen, verkriecht sie sich in die Welt der Bücher. Eines Tages findet sie ein Buch auf dem Dachboden ihres neuen Hauses. Die Geschichte in dem Buch fasziniert sie so sehr, dass sie jede freie Minute mit Lesen verbringt. Nicht einmal Dylan, der sich sehr um sie bemüht, kann sie auf andere Gedanken bringen.

Stella fühlt mit der Romanfigur Colin Tanner und wünscht sich dass es ihn wirklich gibt, da er anscheinend fast das Gleiche erlebt wie sie selbst. Merkwürdige Dinge geschehen, je weiter Stella im Buch liest. Das Buch beginnt sich zu verändern. Sie hört Stimmen und plötzlich taucht Colin tatsächlich bei ihr auf und bittet sie um Hilfe. Schnell ist klar. dass ihr gefundenes Buch mehr als nur ein Buch ist, als Colin sie mit in seine Welt nimmt.

Und ausgerechnet Dylan will ihr helfen, das Geheimnis um das magische Buch zu lüften.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Stella

Kapitel 2

Stella

Kapitel 3

Stella

Kapitel 4

Stella

Kapitel 5

Stella

Kapitel 6

Stella

Kapitel 7

Stella

Kapitel 8

Stella

Kapitel 9

Stella

Kapitel 10

Stella

Kapitel 11

Stella

Kapitel 12

Stella

Kapitel 13

Colin

Kapitel 14

Stella

Kapitel 15

Colin

Stella

Kapitel 16

Colin

Stella

Kapitel 17

Colin

Stella

Kapitel 18

Colin

Stella

Kapitel 19

Colin

Stella

Kapitel 20

Colin

Stella

Kapitel 21

Colin

Stella

Kapitel 22

Colin

Stella

Kapitel 23

Stella

Kapitel 24

Colin

Stella

Colin

Kapitel 25

Stella

Kapitel 26

Stella

Kapitel 27

Colin

Stella

Kapitel 28

Stella

Kapitel 29

Dylan

Kapitel 30

Stella

Dylan

Kapitel 31

Stella

Kapitel 32

Dylan

Kapitel 33

Stella

Kapitel 34

Dylan

Kapitel 35

Stella

Kapitel 36

Dylan

Kapitel 37

Stella

Kapitel 38

Dylan

Kapitel 39

Stella

Kapitel 40

Dylan

Kapitel 41

Stella

Kapitel 42

Dylan

Kapitel 43

Stella

Kapitel 44

Dylan

Kapitel 45

Stella

Kapitel 46

Dylan

Kapitel 47

Stella

Kapitel 48

Dylan

Kapitel 49

Stella

Kapitel 50

Dylan

Kapitel 51

Stella

Kapitel 52

Dylan

Kapitel 53

Stella

Kapitel 54

Dylan

Kapitel 55

Stella

Kapitel 56

Dylan

Kapitel 57

Stella

Kapitel 58

Dylan

Kapitel 59

Stella

Kapitel 60

Dylan

Kapitel 61

Stella

Kapitel 62

Dylan

Kapitel 63

Stella

Kapitel 64

Dylan

Kapitel 65

Stella

Kapitel 66

Dylan

Kapitel 67

Stella

Kapitel 68

Dylan

Kapitel 69

Kapitel 70

Dylan

Kapitel 71

Stella

Kapitel 72

Dylan

Kapitel 72

Stella

Kapitel 73

Dylan

Kapitel 74

Stella

Kapitel 75

Dylan

Kapitel 76

Stella

Kapitel 77

Stella

Kapitel 78

Stella

Kapitel 79

Stella

Kapitel 80

Stella

Kapitel 81

Stella

Kapitel 82

Stella

Wenn Träume lügen Gefunden

Wenn Träume lügen Verloren

Soulcatchers of Blackland

Free Die Welt gehört uns wenn du bei mir bist

Free Ohne dich hört die Welt auf sich zu drehen

That damn Love to you Diese verdammte Liebe zu dir

Son of Neptun

The Reversal Die Umkehrung der Welt

1

Stella

„Stella, beeile dich. Dad sitzt schon im Taxi.Wir haben eine lange Reise vor uns. Der Flieger wartet nicht“

„Ich komme Mom.“

Meine Mutter drängt mich. Ich will hier nicht weg. Ich dachte, dass hier mein Zuhause ist. Ich habe Freunde hier und lasse sie alle zurück: meinen Freund Danny, meine beste Freundin Christine, genannt Chris und Blake, der neben uns wohnt.

„Stella, nun komm doch endlich.“

„Jaaaa, verdammt. Lass mich doch wenigstens einen Moment Abschied nehmen.“

Ich stehe vor unserem Haus und sehe zur Wohnung hinauf.

Am Fenster der Nachbarwohnung sehe ich Blake. Er winkt mir zu und ich glaube, dass auch er mit den Tränen kämpft.

Ich schicke ein Zeichen, dass wir bald telefonieren und er nickt. Der Taxifahrer trommelt ungeduldig mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Ich muss jetzt los, ob ich nun will oder nicht. Als ich im Taxi sitze, meldet sich mein Handy.

Eine Nachricht von Danny.

Ich lese:

Hallo mein Schatz. Es tut mir leid, dass ich nicht bei dir bin um Abschied zu nehmen. Ich werde dich besuchen. Bitte gib uns nicht auf. Ich liebe dich.

Für immer. In Liebe Danny.

Stunden später setzen wir in New Orleans auf.

Ich schreibe Danny, dass ich gut angekommen bin.

In der Ferne sehe ich alles Grün. Der Fluss schlängelt sich durch die Landschaft. Ich muss zugeben, dass es hier doch sehr hübsch ist. Trotzdem, ich will nach Hause. Abrupt bleibt der Wagen stehen und ich sehe ein großes weißes Haus.

Mein Vater steht schon an der Tür und schließt auf. Ich bleibe einfach stehen und versuche zu akzeptieren, dass mein altes Leben vorbei ist. In einigen Metern Entfernung steht ein baugleiches Haus. Oh, wir haben wenigstens Nachbarn.

„Stella, komm doch bitte rein. Du musst dir das ansehen.“

„Klar“, nuschele ich und folge meinen Eltern in das Haus.

Ich stiere die Treppe an und beschließe, mir die Sache einmal genauer anzusehen. Ich erreiche den oberen Flur und suche die Tür zu meinem neuen Reich. Und schon stehe ich in meinem Zimmer. Ein großes Himmelbett steht dort. Meine Kisten mit meinen Büchern stehen daneben.

Es klopft an meiner Turmtür:

„Stella? Darf ich reinkommen?“, fragt meine Mutter, während sie die Tür schon öffnet.

„Sicher. Komm rein.“

„Ist es okay für dich wenn ich kurz mit deinem Vater in die Stadt zum Einkaufen fahre? Es dauert auch nicht lange.“

„Nein, alles gut. Ich werde meine Sachen auspacken und versuchen mich heimisch zu fühlen“, ätze ich sie an. Meine Mutter verlässt das Zimmer und ich schicke Chris ein Foto von diesem. Meine Eltern fahren vom Grundstück und ich bin allein. Ich wandere durch das Haus. Und dann entdecke ich etwas. Neben meinem Zimmer ist eine alte Holztür. Dahinter eine steile Treppe, die hinauf zum Dachboden führt. Oben gibt es noch eine Tür. Sie sieht unheimlich aus und knarrt als ich sie öffne. Es ist sehr staubig hier oben und ich glaube meine Eltern fanden diesen Raum nicht so wichtig, denn hier wurde nichts renoviert. Überall stehen alte Möbel herum. An den Wänden befinden sich Regale, voll gestopft mit Büchern. Zaghaft streiche ich über die Buchrücken. Alle verstaubt und vergilbt, außer einem. Es steht mitten drin und sieht beinahe neu aus.Vorsichtig ziehe ich das Exemplar aus dem Regal. Das Buchcover zeigt ein Paar. Ein blonder junger Mann mit umwerfenden blauen Augen umarmt eine hübsche dunkelhaarige junge Frau. Ich denke es handelt sich um eine Liebesgeschichte. Aber der Titel ist komisch The Story, steht auf dem Buch. Merkwürdiger Titel für eine Liebesgeschichte.

Aber so wie das Cover gestaltet ist muss es eine sein.

Natürlich. Schon denke ich wieder an Danny.

Ich beschließe das Buch mitzunehmen.

Ich beginne zu lesen:

Hi. Ich bin Colin. Colin Tanner. Mein Leben ist scheiße.

Ich bin neu hier. Und meine Leben ändert sich wieder.

Da haben wir ja was gemeinsam, denke ich.

Ich bin am Ende der Welt ohne Familie, Freunde, alleine. Ich musste weg. Weg von zuhause. Sie wollen mich fangen und einsperren. Mein Leben in Chicago ist Geschichte. Es gibt keinen Weg zurück für mich. Ich bin auf mich alleine gestellt.

„Amber, geht es dir gut? Ich wollte das nicht. Ich liebe dich noch immer. Aber niemand glaubt mir. Du auch nicht, oder?“

Ich bin verrückt. Ich rede mit mir selbst weil ich niemanden mehr habe. Nur mich und meinen alten Vagabundenhund Hunter. Ihn habe ich unterwegs aufgelesen. Er ist mir gefolgt.

Keine Ahnung warum, aber ich mag den schmuddeligen Mischmasch. Ich habe ihn Hunter getauft. Passt irgendwie.

Das Tier ist mein einziger Freund. Treu und loyal. Und er glaubt mir. Ich habe es nicht getan. Ich habe niemanden umgebracht. Die Beweise sprechen gegen mich. Ich bin abgehauen. Und nun lebe ich auf der Straße. Kein Weg zurück.

Mein Weg war weit und bin schon ziemlich lange unterwegs.

Für den Moment fühle ich mich sicher. Aber ich vermisse mein altes Leben .Ich hatte alles schon genau geplant. Mein Leben mit Amber. Ein schönes Leben auf der Sonnenseite. Und jetzt das. Verdammte Scheiße. Vor zwei Wochen bin ich in Florida angekommen. Ich bin in Fort Lauderdale untergetaucht. Weit weg von Chicago. Ich bin getrampt, vor meinem Leben davon gelaufen.Und ich habe Amber zurück gelassen.

Vielleicht handelt es sich hier auch um eine Art Tagebuch.

Keine Ahnung, mal sehen.

Ich habe kein Geld, keine Zukunft. Und ich will mit Amber mein Leben verbringen. Sie ist die Liebe meines Lebens. Ich hoffe, dass ich das für sie auch bin. Alles hat gepasst. Aber jetzt? Jetzt ist alles aus. Nichts passt mehr. Sie denkt, ich hätte Jackson im Suff getötet. Dabei habe ich mich nur gewehrt.

Jackson hat den ganzen Abend herumgestänkert. Er wollte mein Mädchen. Und ich wollte sie nicht hergeben. Da habe ich ihn geschubst und er ist böse gestürzt. Jackson lag am Boden.

Er regte sich nicht, aber er hatte noch Puls und Herzschlag.

Er war nicht tot. Ich habe den Notarzt gerufen. Da lebte Jackson noch. Er ist im Krankenhaus gestorben. Aber nicht an den Verletzungen, die ich ihm beigebracht habe. Man glaubt mir nicht. Zeugen haben gesehen was ich getan habe. Ich glaube, dass Jackson an etwas anderem gestorben ist.

Nun sitze ich hier und mein Leben ist keines mehr.

Das Buch scheint gut zu sein. Ich lese weiter.

Seit vier Wochen bin ich unterwegs. Zuerst bin ich durch die Stadt gerannt. Ohne Ziel, ohne Geld. Nur mit einem kleinen Rucksack habe ich mich nachts aus dem Haus geschlichen.

Keiner weiß wo ich bin. Nur mein bester Freund. Von irgendwo habe ich ihn angerufen und ihn gebeten den Mund zu halten.

Ich vertraue ihm. Wir kennen uns schon ewig. Mein Freund wird mich nicht verraten. Niemals. Irgendwann werde ich zurück kommen. Wir werden saufen und feiern bis wir nicht mehr können. Und ich werde Amber zurück bekommen. Es muss so sein. Ein Lächeln huscht über mein verdrecktes Gesicht wenn ich an sie denke. Sie hat so ein wunderbares Lächeln. Amber, ich hoffe es geht dir gut. Sie ist so weit weg.

Sie ist da und ich? No Future. No Way. Ich bin getrampt. Bis zur Bahnlinie. Dann bin ich einfach auf den Zug gesprungen, habe mich versteckt. Alles ist gut gegangen. Aber jetzt weiß ich nicht mehr weiter. An der Landesgrenze zu Florida habe ich Hunter gefunden. Er ist genau so beschissen dran wie ich.

Geschunden, halb verhungert, lag er auf dem Weg. Armer Kerl.

Jetzt haben wir uns. Wir kämpfen ums nackte Überleben. Wir liefen immer weiter nach Süden. Soweit uns unsere Füße getragen haben. Und jetzt bin ich hier. Ich habe mir ein Boot geklaut. Es schaukelte verlassen am Ufer herum. Da habe ich es gestohlen. Mittlerweile bin ich bis zu den Keys gekommen.

Ich habe es ins Schilf geschoben, versteckt vor der Welt. Hier lebe ich. Ein altes Fischerboot ist jetzt meine Wohnung.

Heilige Scheiße, der Typ ist ja echt beschissen dran, denke ich und blättere um. Draußen beginnt es schon zu dämmern. Ich lege mich bequem hin und ziehe mir die Decke bis ans Kinn.

Dann lese ich weiter:

Die Menschen sollen mich nicht finden. Ich kämpfe ums Überleben. Und ich will Gerechtigkeit. Meine Unschuld beweisen. Aber wie? Ich habe nur die Sachen, die ich am Leib trage. Mein kleines Bündel mit einigen Habseligkeiten habe ich am Bahnhof in einem Schließfach deponiert. Ich brauche Geld, einen Job. Und mir geht es schlecht. Ich bin gerade zwanzig geworden. Wenn man mich findet wandere ich in den Knast.

Meine Fingerabdrücke waren überall. Klar, ich war ja in der Bar. Um zu trinken. Weil ich Streit mit Amber hatte. Amber und Jackson. Ich hatte sie zusammen gesehen.

„Stella, wir sind zurück. Es gibt gleich Essen.“

„Ich komme gleich.“

Widerwillig lege ich das Buch zur Seite. Es ist echt spannend.

Ob es eine wahre Geschichte ist? Gibt, oder gab es Colin wirklich? Die Autorin kenne ich nicht. Ich habe viele Bücher, aber keines wurde von dieser Autorin verfasst.

Isabell Flame. Keine Ahnung.

Schweigend sitzen wir am Tisch und hängen unseren Gedanken nach. Ich muss wissen wie es mit Colin weitergeht. Schnell schaufel ich das Essen in mich hinein, denn ich will schnell in mein Zimmer zurück. Da klingelt es an der Tür.

2

Stella

Mein Vater steht auf und öffnet. Vier Personen stehen davor.

„Hallo. Sie sind neu hier eingezogen? Ich bin Ken. Ken Durban, und das ist meine Frau Fran, Dylan und Darcy, unsere Kinder ...“ Bla bla Und schon steht mein Vater mit der ganzen Nachbarsfamilie in der Küche. Ich sehe verstohlen von meinem Teller auf und starre die Leute heimlich an. Wow, dieser Dylan ist … einfach Wahnsinn.

„Stella, sei doch nicht so unhöflich.“

„Entschuldige, Dad.“

Ich reiße mich von Dylans hübschem Gesicht los und reiche allen nach der Reihe die Hand. Dylan hält meine Hand etwas länger fest. Warum muss er mich so ansehen? Seine Augen sind der Hammer. Dann fragt ihn Ken etwas und Dylan dreht sich kurz von mir weg. Trotzdem glotze ich ihn noch immer an.

Seine wunderschönen blauen Augen funkeln mich frech an.

Ich frage mich was ich gerade hier mache und spüre mein Handy in der Gesäßtasche. Ich muss jetzt hier weg.

„Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss kurz telefonieren.“

Dylan bringt mich irgendwie aus dem Konzept. In meine Zimmer angekommen sehe ich das Buch. Es scheint mich magisch anzuziehen. Das Bild des vermeintlichen Colin und seiner Freundin ist schön. Ich will seine Geschichte kennen.

Irgendwie kommt er mir wie ein Leidensgenosse vor. Er ist einsam, so wie ich. Noch immer höre ich Stimmen aus dem Esszimmer.

„Stella?“

Ich verhalte mich ruhig, nehme lieber das Buch und verschwinde wieder in Colins Geschichte:

Jackson hatte seinen Arm um sie gelegt. Und ich habe es gesehen. Da bin ich sauer geworden. Und am nächsten Tag habe ich Klartext gesprochen. Amber und ich gehören zusammen. Und Jackson ist ein arrogantes Arschloch gewesen.

Teamchef der Footballmannschaft, Mitglied eines Boxclubs, steinreich. Und ich bin der Sohn eines Bürokaufmanns. Nicht reich. Aber ich liebe dieses Mädchen und wollte versuchen ihr alles zu geben. Doch anscheinend bin ich nicht genug. Jetzt sitze ich hier und denke nach wie ich den nächsten Tag überlebe. Ich bin auf der Flucht, obwohl es keinen Grund dazu gibt.

Irgendwie fühle ich mit ihm. Es ist ja nur eine Geschichte. Aber sie fesselt mich. Unten machen sich die Nachbarn auf den Heimweg. Ich lege das Buch weg und stelle mich ans Fenster.

Heimlich erhasche ich noch einen Blick auf Dylan. Sein Körper ist echt eine Sünde wert. Und überhaupt sieht er einfach fantastisch aus. Ich sehe wie er sich umdreht und direkt in mein Fenster starrt und ich sehe ihm mit klopfendem Herzen hinterher. Mein Bett wartet auf mich und dann übermannt mich der Schlaf. Ich träume von Colin. Da stimmt doch was nicht mit mir. Ich wache erschrocken auf. Diese Person ist eine fiktive Person. Also sollte ich mich beruhigen. Ich schleiche zum Fenster. Im Nachbarhaus brennt noch Licht. Dann sehe ich einen nackten Oberkörper am Fenster entlang gehen. Dylan.

Seine muskulöse Figur bringt mich völlig durcheinander. Und diese schwarzen langen Linien, die sich über seine Brust ziehen.

Es ist schon zwei Uhr nachts.

Was treibt der denn so spät noch? Ich weigere mich der Versuchung zu unterliegen weiterhin hinüber zu starren.

Statt dessen nehme ich das Buch.

Hunter und ich haben die kalte Nacht überstanden. Es ist ziemlich windig heute. Die Sonne steht zwar schon sehr hoch, aber mir ist noch immer kalt. Hunter schaut mich an und ich kraule ihm sein verfilztes Köpfchen. Ich bin froh nicht alleine zu sein. Ich gehe in die Stadt und werde auf dem Markt etwas stehlen. Hunter und ich, wir haben solchen Hunger. Drüben ist der Metzgerstand. Vielleicht kann ich was für den Hund bekommen. Super, der Metzger stellt den Müll raus.

Sicher finde ich für Hunter einen Knochen. Wir hocken uns hinter einen Busch und warten den richtigen Moment ab.

Ich schleiche mich in die Nähe der Mülltonnen. Hoffentlich bemerkt mich keiner. Ich kann echt keinen Ärger mehr gebrauchen. Schon habe ich was für Hunter organisiert. Ein dicker Knochen und ein Stück Wurst. Ich eile zurück zu meinem einzigen Freund und bin froh, wenigstens etwas für ihn zu haben.

Das ist doch Wahnsinn. Irgendwie glaube ich nicht, dass Colin böse ist. Sonst wäre ihm doch der Hund egal. Ich spüre wie sich meine Augen mit Wasser füllen wollen. Die beiden tun mir so leid. Ich ziehe meine Beine eng an meinen Körper und lese weiter:

Ich erreiche den äußersten Stand des Marktes. Der Typ am Apfelsinentisch ist beschäftigt. Hunter kommt hervor und zeigt sich von seiner besten Seite. Er legt sich auf die Seite, genau vor die Füße einer jungen Frau und sieht niedlich aus.

Alle Augen sind auf ihn gerichtet. Die des Obstverkäufers auch. Meine Chance. In einem Leinenbeutel verstecke ich einige Äpfel und Bananen. Dann verschwinde ich wieder. Als ich außer Sichtweite bin, kommt Hunter hinterher. Wir gehen zügig weiter, stadtauswärts. Ich brauche noch was zu trinken.

Hinter der Kneipe stehen Bierkästen, die noch nicht in den Laden geräumt wurden. Ich lasse einfach zwei Flaschen Bier und eine alte Schüssel mitgehen. Dann suche ich das Weite. Ich krieche unter meine Plane in mein Wohnboot. Es ist jämmerlich. Was ist aus mir geworden? Ich hatte so viel vor, aber jetzt ist alles vorbei. Ich werde elend verrecken oder in einer Scheiß Zelle verrotten. Und ich werde allein sein.

Mein Handy ist auch weg. Ich habe es verloren, als ich auf den Zug aufgesprungen bin. Ich muss mein Leben in den Griff kriegen.

Es treibt mir jetzt doch die Tränen in die Augen. Ich kann Colin da voll verstehen. Ich schaffe es heute nicht mehr weiter zu lesen. Mal sehen was der morgige Tag so bringt.

3

Stella

In der Küche lärmen meine Eltern herum und ich habe beschissen geschlafen. Aber es ist ein schöner Tag und ich denke, ich sollte meine neue Heimat erkunden. Das Buch nehme ich mit. Ich trete aus dem Haus und schaue in die Ferne.

Ich sehe das Flussufer. Da hinten unter dem Baum werde ich es mir gemütlich machen. Ich breite meine Decke aus und schließe meine Augen, lausche der Musik, die aus meinen Kopfhörern erklingt. I´ll be there for you, von Bon Jovi. Ich konzentriere mich auf das Lied und nehme nur ganz wage ein Platschen im Fluss wahr. Dann erreichen mich plötzlich eiskalte Wassertropfen, mitten auf meinen Bauch. Erschrocken öffne ich die Augen. Dylan. Er steht grinsend neben meinem Liegeplatz und schüttelt sich wie ein Hund. Sofort rappele ich mich auf und starre ihn nur an.

„Hey Stella. Du erinnerst dich noch? Ich bin´s Dylan, von nebenan.“

Er grinst mich frech an, während das Wasser von seinem Körper abperlt.

„Klar. Hallo Dylan. Was machst du hier?“

„Ich war schwimmen. Im Fluss. Und da habe ich dich hier gesehen. Und was machst du hier?“

„Ähm, nichts. Ich höre Musik.“

„Lass mal hören.“

Er reißt mir die Kopfhörer aus der Hand und steckt sie in seine Ohren.

„Bon Jovi. Die mag ich auch.“

„Ach!“

„Ja, tatsächlich. Coole Typen. Ich war mal in Chicago bei einem Konzert von ihnen. War echt cool.“

„Chicago? Wegen eines Konzerts? Ist doch ziemlich weit weg von hier.“

„Ja. Ich habe Familie dort. Meinen Onkel. Manchmal penne ich da für ein paar Tage.“

„Oh.“

„Und was liest du da?“

Er versucht mir das Buch aus der Hand zu nehmen, was ich zu verhindern weiß. Ganz schön frech, dieser Kerl.

„Nun zeig schon.“

„Nein. Hab ich auf dem alten Dachboden in unserem Haus gefunden. Scheint gut zu sein.“

„Bei Euch im Haus? Oh!“

„Warum?“

„Nur so. Hat ewig niemand mehr gewohnt. Das Haus stand lange leer. Ich dachte man nimmt seine Sachen mit, wenn man umzieht.“

Ich schweige lieber und starre ihn verstohlen an.Worüber soll ich mich auch mit ihm unterhalten? Ich kenne ihn doch gar nicht. Schweigend starren wir eine Weile aufs Wasser. Dann lege ich mich zurück und schließe die Augen. Die Sonne brennt. Superwetter. Herrlich. Und Dylan so nah bedeutet 10° mehr als sowieso schon. Plötzlich rennt er einfach los zum Flussufer. Ich vernehme ein Platschen und sehe in die Richtung aus der das Geräusch kam.

„Komm doch auch rein, es ist herrlich. Ich liebe den Mississippi.“

„Lieber nicht.“

Ich widme mich wieder meinem Buch, doch da steht er schon wieder neben der Decke und schaut mich an.

„Was?“

„Ich lese auch manchmal. Aber nur im Winter. Jetzt bin ich lieber draußen. Bin ein Naturbursche, weißt du?“

Oh ganz sicher bei diesem Körper.

„Darf ich mich zu dir setzen?“

Ohne eine Antwort abzuwarten sitzt er auch schon neben mir.

Mein Herz rast schon wieder. Dieser Typ sieht aber auch gefährlich gut aus.

„Was ist los mit dir? Du bist ja so still. Bin ich dir etwa unangenehm?“

Er grinst schon wieder und ich stelle fest, dass er sehr schöne Zähne hat.

„Nein, ist schon okay“, stammele ich. Dann schweige ich lieber und Dylan schnappt sich doch noch mein Buch. Er beginnt darin zu lesen.

„The Story? Worum geht es?“

„Ey, Hallo. Gib her.“

„Nein, ich bin neugierig was dich so fesselt.“

„Ist sicher nicht dein Thema“, sage ich.

„Oh, keine Ahnung. Ich bin für alles offen. Auch für Schnulzen.“

„Ich denke nicht, dass es eine Schnulze ist. Ich mag den Typen.

Irgendwie ist er wie ich.“

„Warum?“

„Weil wir beide alles verloren haben was wir lieben.Wir sind einsam.“

„Oh, das glaube ich nicht. Ich bin doch da. Und ich glaube wir könnten eine Menge Spaß miteinander haben.“

Wie meint er das denn nun wieder?

„Wir werden sehen.“

4

Stella

„Eigentlich ist es hier gar nicht so schlecht. Es ist nicht Washington, aber man kann auch hier eine Menge coole Dinge tun.“

Dylan lehnt sich zurück und hält sein Gesicht in die Sonne. Er hat schöne lange dichte Wimpern für einen Mann. Seine Augen sind leicht geschlossen und ich kann nicht damit aufhören ihn anzustarren. Jetzt kann ich die schwarzen Linien bestaunen, die sich von seiner rechten Brust abwärts bis in die gefährlichen Regionen ziehen. Ich sehe, dass es Flammen sind und ein schwarzer dunkler Reiter hindurch reitet. Ein düsteres Bild, aber wunderschön.

„Ein herrlicher Tag, findest du nicht?“, sagt Dylan mit ganz verträumter Stimme.

„Ja, da hast du recht“, antworte ich schnell. Hoffentlich hat er mein Geglotze nicht bemerkt.

„Und wie gefällt die dein neues Zuhause?“

Er blinzelt mich mit einem Auge von der Seite an.

„Ich weiß es nicht. Bin ja kaum erst hier. Ich habe noch nicht so viel gesehen.“

„Das können wir ändern. Nur wenn du willst natürlich. Ich zeige dir gern wo hier was los ist und vieles mehr.“

Er grinst mich an und ich denke, dass er ganz okay ist.

Trotzdem habe ich das Gefühl, Danny zu betrügen wenn ich hier so mit Dylan sitze. Deshalb werde ich jetzt besser gehen.

„Tut mir leid, Dylan. Ich muss los.Wir sehen uns sicher noch.“

Etwas enttäuscht erhebt er sich von meiner Decke.

„Das ist aber schade. Bis bald mal wieder.“

Dann springt er einfach in den Mississippi und lässt mich stehen. Ich raffe meine Klamotten zusammen und mache mich auf den Heimweg. Das Buch lauert mich aus meiner Strandtasche an.

„Ach Colin, du würdest mich verstehen“, sage ich zu einer Romanfigur. Ich bin echt daneben gerade. Jetzt liege ich schon wieder hier und verschwinde in Colins erfundenem Leben.

Ich lese weiter:

Ich schäle meine geklauten Bananen und saufe mein Bier. Es geht mir scheiße. Hunter liegt eng an mich gedrückt. Sein Fell ist warm und sein gleichmäßiges Atmen beruhigt mich. Ich habe doch nur ihn. Ich wickele meine Jacke fest um mich und versuche etwas Schlaf zu finden. Es ist unbequem und kalt hier.

Aber immerhin habe ich ein Dach über dem Kopf. Meine Glieder schmerzen und meine Gedanken driften ab zu jenem Tag an dem alles begann. Hunter schreckt hoch und lauscht.

Da sind Schritte. Ich drücke den Hund an mich und rege mich nicht. Alles aus. Ich bin tot. Die Schritte kommen näher und ich höre das Laden einer Waffe. Es knallt regelrecht in meinen Ohren.

„Hey du. Ich weiß, dass du da bist. Komm da raus.“

Wer ist denn das? Ich war mir so sicher, dass uns niemand gesehen hat. Ruhig bleiben. Scheiße.Was soll ich nur tun?

Mich ergeben? Mich ruhig verhalten? Wer ist da hinter mir her? Ich habe doch nichts Böses getan.

„Komm da raus. Mach schon. Ich werde dir dein Hirn raus pusten.“

Mein Herz hängt mir in den Schuhen. Warum ist mein Leben so kompliziert? Ich krieche unter der Plane hervor.

Hunter knurrt den Typen an. Wenn er den Typen beißt bin ich erst recht tot. Ich komme unter der Plane hervor.

„Du schon wieder. Ich habe dich schon öfter im Dorf gesehen.

Wer bist du und warum bist du nicht bei deinen Eltern?“

„Weil ich keine mehr habe“, lüge ich. Ich will meine Eltern da nicht mit reinziehen.

„Hebe deine Hände, so dass ich sie sehen kann. Und jetzt komm näher.“

Die Flinte, die der Typ in der Hand hält, zeigt direkt auf meine Brust. Ich will nicht sterben wegen ein paar dummen Früchte.

Hunter knurrt noch immer.

„Bitte tun sie uns nichts. Mein Hund will mir nur helfen.“

„Diese elende Straßentöle. Treibt sich schon seit Wochen hier rum. Hat sicher Davids Hühner gerissen, was?“

„Nein, ich ... Ich habe welche gestohlen“, lüge ich um Hunter zu retten. Er darf meinen Freund nicht töten.

„So ist das also. Hab ich ja einen dicken Fisch gefangen.“

Ich komme mir vor wie ein erbärmlicher Jammerlappen, aber ich habe Todesangst. Er wird mich töten und ich werde Amber nie wieder sehen.

„Los geh voran. Lass die Hände oben. Ich werde sehen was ich für dich tun kann.“

Brutal schiebt der Kerl mich vor sich her. Wir erreichen den Stadtrand. Das Büro des Sheriffs. Der Typ schubst mich zur Tür hinein. Unsanft lande ich in einem kleinen Käfig. Hunter muss draußen bleiben. Er bellt und jault Herz zerreißend.

Schöne Scheiße. Das hätte ich auch in Chicago haben können.

Langsam rappele ich mich wieder auf.

„Wo ist mein Hund?“

„Tiere haben hier nichts zu suchen. Und jetzt halt´s Maul.“

„Hunter, komm her mein Junge.“

„Nix da. Raus mit dir. Dreckiges Mistvieh.“

Der Typ schiebt den Hund hinaus. Das können die doch nicht machen. Ich höre das Tier vor dem Gitterfenster winseln. Sie dürfen ihm nichts antun. Ich werfe mich auf die unbequeme Pritsche und starre an die Decke. Mein Leben ist so verkorkst.

Die Geschichte ist echt … traurig. Ach könnte ich ihm nur helfen. Ich weiß, dass er kein schlechter Mensch ist. Es ist nur ein Buch. Ich muss mich selbst in den Hintern treten. Wie kann ich mich nur so in einer Geschichte verlieren, während ein Haus weiter der geilste Typ im Ort wohnt.

Trotzdem lese ich weiter:

„Wie heißt du Junge? Woher kommst du?“

„Colin. Colin Tanner. Ich komme aus Chicago. Warum wollen sie das wissen?“

„Weil ich gerne informiert bin, wer in meinen Zellen haust.

Also, Junge? Bist du abgehauen, oder was?“

„Ja.“

„Wie alt bist du, Junge.“

„Zwanzig. Und nennen sie mich nicht immer Junge. Mann.“

„Hey, hey, nicht so bissig, Kleiner. Hier herrscht Ordnung und wir sind es gewohnt unsere Waren zu bezahlen. In Chicago läuft das wohl anders, was?“

„Ich werde es bezahlen. Ich brauche aber einen Job. Wenn ich hier fest sitze wird nichts daraus, mir einen zu suchen.“

„Das sehe ich genau so.Weißt du, irgendwie glaube ich dir.“

„Schön. Und was jetzt?“

„Ich kann dir eventuell was auf dem Bau verschaffen. Im Knast wird die Außenmauer erneuert. Und falls du doch auf dunkle Gedanken kommen solltest, bist du gleich an der richtigen Adresse. Wie ist das?“

„Ich bin dort als Arbeiter, richtig?“

„Ja, Junge. Deine Chance, die EINZIGE. Weil ich glaube, dass du ein guter Kerl bist.“

„Okay. Bin dabei. Aber darf ich sie um einen kleinen Gefallen bitten?“

„Was hast du vor, Junge?“

„Mein Hund. Hunter. Können sie ihn zu mir bringen?“

Der Typ kratzt sich am Kinn und guckt mich blöde an.

„Nun ja, eigentlich ...“

„Es ist doch nur ein Hund. Bitte. Ich mach auch alles was sie verlangen.“

„Okay. Aber die Sache mit dem Job steht!“

„Ja Sir. Und danke.“

„Schon gut. Dann hole ich dich morgen früh ab. Mit 5 Dollar die Stunde wirst du zwar nicht reich, aber es reicht deine Schulden auf dem Markt zu bezahlen. Danach wirst du das gestohlene Boot abarbeiten. Haben wir uns verstanden?“

„Klar Sir.“

Er lässt Hunter in die Zelle und es geht mir etwas besser.

Was? Mit fünf Dollar soll er auskommen? Ich würde dir Geld leihen. Du könntest hier bleiben. Ich würde dir helfen.

Ich glaube an dich Colin.

„Mit wem redest du, Stella?“

„Was? Ich … nein ist nur das Fernsehen.“

„Ich dachte Dylan sei bei dir. Entschuldige.“

„Kein Problem Mom.“

Was zum Teufel ist nur mit mir los? Ich rede mit einer Figur aus einem Buch. Dieses Nest nagt echt an meinem Verstand.

Ich schließe meine Augen und streichele Hunters verfilztes Fell. Wie lange soll das noch so weitergehen? Ich rechne mir aus wie lange ich schuften muss um alles zu begleichen und denke, dass ich eine Weile hier fest sitze. Aber ich werde es machen. Was bleibt mir übrig? Vielleicht kehre ich auch nach Chicago zurück. Vielleicht kann ich mit Amber reden. Ich hoffe sie liebt mich noch immer so wie ich sie liebe.

„Sie muss. Ich würde es tun“, schluchze ich.

„Was würdest du tun?“

Ich zucke zusammen. Was war das denn für eine Stimme?

Als ich meinen Kopf vom Buch hebe sehe ich ...

„Dylan? Wie kommst du denn hier her?“

„Deine Mutter hat mich reingelassen. Sie meinte du brauchst mal jemanden zum Reden. Und wie ich das sehe, stimmt das wohl.“

Er grinst mich amüsiert an, während sich mein Gesicht rosa färbt. Habe ich gerade tatsächlich mit einem Buch gesprochen?

„Ich, ach nichts. Ich habe … ich meine.Vergiss es, okay?“

„Klar. Wollen wir zusammen etwas unternehmen, oder möchtest du lieber wieder in dein Buch kriechen?“

„Ich ... na ja. Was möchtest du denn machen?“

„Keine Ahnung. Dich auf andere Gedanken bringen vielleicht.“

„Und wie wäre da der Plan?“

„Nun es gibt so eine Erfindung, die sich Kino nennt, oder eine andere nennt sich Eisdiele.Was auch immer. Hast du Lust?“

Warum nicht?, denke ich. Hab doch eh nichts Besseres zu tun.

Zögerlich nehme ich Dylans Hand, die er mir hin hält. Mein Herz ist schon wieder nach unten unterwegs.

„Ist es weit von hier?“

„Nein, ca.15 Minuten mit dem Auto.“

„Hast du denn eins?“

„Was? Ein Auto? Klar.“

„Okay“, bringe ich hervor.

„Viel Spaß euch beiden“, ruft meine Mutter aus der Küche.

Verdammt. Muss sie denn alles mitkriegen? Wir steigen in Dylans knallgelben Jeep. Schweigend fahren wir eine Weile in der Gegend herum. Immer wieder ertappe ich mich dabei wie ich meinen Nachbarn verstohlen anschaue.

„Was starrst du mich so an?“

Mist. Ich spüre wie mir das Blut nach oben schießt und drehe mich zum Fenster um. Dylan kichert amüsiert. Ich denke er weiß genau welche Wirkung er auf das weibliche Geschlecht hat.Wir erreichen das Kino und studieren die Plakate.

„Aktion? Komödie, was magst du?“

„Was du magst.“

„Echt jetzt? Du magst Männerfilme?“

„Was ist denn ein Männerfilm? Hauptsache es ist spannend. Ich liebe Mazerunner.“

„Okay. Ein Mädchen, das nicht in der letzten Reihe bei einem Liebesfilm schmusen und weinen will. Respekt.“

„Dylan!“

Sein Grinsen ist einfach unverschämt „Warte kurz.“

Er stellt sich an der Kasse an und ich male mir die nächsten Stunden im Kopf aus. Vielleicht ist es hier ja doch nicht so schlecht. Dylan kommt zurück und greift nach meiner Hand.

Oh. Mein. Gott.Wir betreten den Kinosaal.

„Alles okay?“

„Klar.“

Dylan zieht mich hinter sich her. Ich spüre Blicke in meinem Rücken. Dylan scheint der begehrteste Typ des Ortes zu sein.War ja klar. Sicher malen sich die Mädchen gerade wer weiß was aus, was zwischen ihm und mir ist.

„Wer sind die alle und warum glotzen sie mich an als sei ich ein Tier im Zoo?“

„Ach, das sind Chelsea und ihre Cheerleaderinnen. Chelsea steht auf mich, ich aber nicht auf sie. Ich finde, dass Frauen nicht nur eine hübsche Fassade brauchen, sondern ein wenig Hirn ist nicht verkehrt. Leider hat man diesen Baustein bei Chelsea vergessen. Also steh über den Dingen, okay? Du bist heute meine Begleitung. Damit muss sie klarkommen.“

Er grinst mich an und mein Herz kullert in meiner Brust hin und her. Er ist echt süß.

Wir suchen uns einen Platz in der letzten Reihe.

Ich glaube ich habe was von - „Wer ist die Schlampe?“, gehört.

Ich starre auf die Leinwand.

„Alles klar?“, flüstert er mir zu.

„Bis auf die blöden Sprüche der Hupfdohlen da hinten, ja.“

„Hör nicht hin, okay?“

Ich konzentriere mich weiter auf den Film. Also ich versuche es. Ich fühle mich nicht wohl, aber ich werde einen Scheiß tun, sie weiter zu ermutigen, auf meinem Selbstwertgefühl herum zu trampeln. Also kuschele ich mich betont an Dylan und lausche den bedrohlichen Geräuschen der Griewer. Dylan scheint das nicht zu stören. Und mich eigentlich auch nicht.

Zum ersten Mal fühle ich mich richtig wohl, seit ich in Louisiana angekommen bin.

„War echt cool. Der Film, meine ich.“

„Oh, nur der Film?“, grinst Dylan.

„Nein, natürlich nicht. Es war ein schöner Abend. Danke.“

„Wusste ich es doch. Ich hole dich schon noch raus aus deinem Schneckenhaus. Wir sollten uns nochmal treffen. Nur wenn du magst natürlich.“

„Gerne.“

Hand in Hand schlendern wir zum Ausgang des Kinos.

„Hey Schlampe, lass deine verdammten Griffel von Dylan.“

Hä? Meint diese Stimme etwa mich? Gut, dann spiele ich mit.

„Was? Mit wem sprichst du gerade, Miss Piggi?“

„Pass auf was du sagst, Rotschopf.“

„Uuuuhh. Ich mach mir gleich in die Hose. Hau jetzt lieber ab.

Du versperrst mir die Sicht auf diesen süßen Typen hier neben mir.“

Oh, habe ich das gerade echt gesagt? Mist.

„Hau ab, Chelsea. Du machst mich echt krank“, schaltet sich jetzt Dylan ein.

„Seit wann stehst du auf rothaarige?“

„Seit Gott diese schönen Wesen nicht nur mit rotem Haar, sondern auch mit Hirn versorgt hat. Jetzt geh mir aus dem Sichtfeld.“

„Wir sehen uns noch. Ist ja nicht zu fassen.“

Ich sehe Chelsea davon stapfen. Dylans Hand hält meine noch immer ganz fest.

„Wow, der hast du es aber gegeben“, raunt er mir ins Ohr.

„Oh, manchmal kann ich einfach nicht anders. Ich bin eine Zicke, oder?“

„Vielleicht, aber das gefällt mir. Eine Frau mit Charakter.“

„Echt jetzt?“

„Klar.“

Er drückt meine Hand und wir stiefeln erhobenen Hauptes an Chelsea und ihrer Gang vorbei. Ich höre noch leise Flüche ihrerseits, was mich aber nicht sonderlich belastet.

„Und was machen wir jetzt?“, frage ich.

„Was immer du magst. Mir würde da eine Menge einfallen.“

Schon wieder diese unverschämte Grinsen.Wir steuern auf Dylans Wagen zu und steigen ein. Er fährt los und ich frage mich was er vorhat. Wir erreichen eine Eisdiele und suchen uns eine gemütliche Nische. Dylan bestellt einen Riesenbecher für uns und ich bin froh nicht allein zu sein. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ihn schon ewig kennen würde.

Dann bringt Dylan mich sofort zurück nach Hause.

„Ich werde dann mal lieber gehen. Ich möchte keinen Ärger mit deinen Eltern oder so haben.“

„Ach Blödsinn. Die mögen dich. Bis bald. Und danke noch mal für alles. Gute Nacht, Dylan.“

„Kein Ding. Bis bald, Stella.“

Dylan drückt mir einen leichten Kuss auf die Wange. Dann geht er rüber in sein Wohnhaus. Mir ist etwas seltsam zumute.

Der Abend mit ihm hat mir gut gefallen.Vielleicht kann ich ja irgendwann doch glücklich hier leben. Meine Eltern liegen schon längst im Bett. Ich will sie nicht wecken und schleiche mich in mein Zimmer. Auf dem Nachttisch liegt Colins Leben und ich kann nicht anders. Ich muss wissen was passiert:

5

Stella

Ich liege hier in meiner Zelle und versuche meine Gedanken zu ordnen. Ich werde tun was man von mir verlangt. Der Bulle hockt vor seinem Schreibtisch und liest die Sportnachrichten.

Und ich will meine Liebe zurück. Amber wird mir vergeben.

Ich habe es schon längst getan. Sie und Jackson, das wäre nie gut gegangen. Dieser Angeber. Geldsack. Und dabei kommt die Kohle doch von seinem Dad. Der Inhaber des größten Luxusautohauses in ganz Chicago. Ich mochte Jackson nicht besonders, aber getötet hätte ich nie. Er hätte ihr was bieten können. Und ich kann das nicht. Ich bin ein Niemand. Und unschuldig. Ich bedauere zutiefst was passiert ist. Aber es bringt Jackson nicht zurück. Ich hätte mich unter Kontrolle haben müssen. Und meine Flucht war wohl auch nicht die beste Idee. Mir ist aber nichts anderes eingefallen als zu verschwinden. Was die Liebe mit den Menschen macht kann man nicht erklären.

Das stimmt mein Freund. Liebt mich Danny noch? Habe ich mich schon von ihm getrennt, bevor ich hierher kam? Und was macht mein Herz mit mir wenn ich Dylan sehe, oder in deinem Leben verschwinde. Ich glaube, ich könnte mich sogar in dich verlieben, Colin. Bist ein guter Typ, denke ich.

Ich sehe Amber vor mir und das Ende unseres gemeinsamen Weges scheint gekommen. Ron wird auf sie achten. Bald wird Jackson zu Grabe getragen. Sobald die Gerichtsmediziner seinen Leichnam freigeben. Und ich bin hier, werde nicht da sein, um seinen Eltern beizustehen. Sie würden mir ja doch kein Wort glauben. Für sie bin ich ein Mörder, werde gesucht.

Keine Ahnung was sie mit mir machen, wenn sie mich kriegen.

Morgen beginnt der Höllentrip im Knast. Aber da muss ich durch. Es ist eine Chance. Die EINZIGE. Und die will ich nutzen. Ich will mein Leben zurück. Ich bin echt froh, dass der Bulle Hunter zu mir gelassen hat. Der Hund gibt mir Trost und das Gefühl jemandem etwas zu bedeuten.

Wir haben vieles gemeinsam, Colin und ich. Ich habe das Gefühl, dass wir seelenverwandt sind.

„Sir, darf ich mal telefonieren?“

„Um diese Zeit? Junge, was führst du im Schilde?“

„Nichts, ich will nur meine Freundin sprechen. Will wissen ob es ihr gut geht. Haben sie eine Frau?“

„Nein, nicht mehr. Die Weiber verarschen einen doch nur alle.

Das merkst du wenn du einmal älter bist. Aber bitte. Einem Telefonat ist nichts entgegenzusetzen. Hier.“

Er reicht mir das Telefon und ich wähle Ambers Nummer.

Es klingelt ewig.

„Amber, ich wollte nur wissen wie es dir geht?“ ----„Was heißt das? Los sag was. Ich höre es doch an deiner Stimme, dass da was nicht so ist wie es sein sollte.“-----

„Ron und Du? Aber ich bin doch erst vier Wochen weg. Ich bin im Gefängnis. Ron sollte auf dich aufpassen bis ich zurück bin.

Ich....“ -----„Das kann nicht sein. Wir lieben uns doch noch, oder nicht?“

Ich kann es nicht hören. Amber und Ron? Die beiden Menschen, denen ich am meisten vertraue, haben mich hintergangen.

Oh nein. Ich bin den Tränen nahe. Es berührt mich als wäre es echt. Ich verschwinde in Colins erfundenem Leben und bin völlig fertig. Es könnte meine eigene Geschichte sein. Nein, Danny würde mir das nie antun.Wir gehören zusammen.

Nichts konnte uns aufhalten. Mein Telefon klingelt.

„Hallo!“

„Stella, Danny hier.“

„Danny, hast dich ja ewig nicht gemeldet.Was geht bei dir?“

„Ich … es ist … na ja. Chad und ich waren viel draußen. Und es ist etwas passiert.“

„Geht es dir gut? Seid ihr noch in Florida?“

„Wir fliegen morgen Abend zurück.“

„Kommst du mich bald besuchen? Du fehlst mir.“

„Hör zu, Stella. Ich liebe dich. Das habe ich immer getan.“

„Was heißt das?“

„Ich meine, sind wir realistisch.Worauf sollen wir warten? Wir sind meilenweit voneinander entfernt. Du fehlst mir. Keine Frage. Aber wie sieht unsere Zukunft aus? Gibt es überhaupt eine? Ich meine eine gemeinsame Zukunft. Unsere Pläne.Was wird aus unseren Plänen?“

„Wie meinst du das?“

„Ich denke, wir sollten … na ja, es ist nicht einfach. Und es hat ja nichts mit dir zu tun. Ich ...“

„Danny? Was?“

„Ich … “

„Dannyyyyy, sag es mir. Ist es vorbei? Ich dachte wir wollten ewig zusammen bleiben. Ich dachte, es ist für immer.“

„Das wäre ja auch so. Aber ich kann nicht von 52 Wochen eines Jahres 50 davon auf dich warten. Ich … Es tut mir leid.“

„Wer ist sie?“

„Das spielt keine Rolle.“

„Danny, bitte.“

„Willst du wirklich damit leben?“

„Ich schaffe das. Sag es mir.“

„Nun es ist so. Chris und Blake haben sich gezofft. Deshalb ist Chris mir nachgereist. Wir haben geredet. Und dann ist es irgendwie passiert. Ich kann es nicht … “

„Chris?“

Ich entdecke erneut Parallelen in Colins Leben und meinem.

„Danny, das ist … Ich kann dafür keine Worte finden. Du und Chris? Ich dachte … Ach egal was ich dachte. Werdet glücklich zusammen. Ich hätte nie gedacht, dass du mich durch meine beste Freundin ersetzt. Es ist einfach nur … armselig.“

„Es tut mir leid, Stella. Aber ich habe dich immer geliebt. Und eigentlich tue ich das noch immer.“

„Mach´s gut Danny.“

Ich lege einfach auf, kann keinen klaren Gedanken fassen. Am liebsten würde ich verschwinden. Oder mich bei Colin ausheulen. Er würde mich verstehen. Es ist lächerlich wie sehr ich in dem Buch festhänge. Betrübt setze ich mich auf mein Bett. Ich muss meine Gefühle und Gedanken sortieren. Es ist schon nach Mitternacht. Bei Dylan brennt noch Licht. Es war so ein schöner Abend gewesen. Tausend Gedanken jagen mir durch den Kopf. Chris und Danny, Ron und Amber, Dylan und ich? Was ist was? Mir dröhnt der Kopf.

Irgendwie schlafe ich ein.

Ich wache auf. Die Sonne strahlt mir ins Gesicht. Sofort fällt mir wieder das Gespräch mit Danny ein.Wie konnte er das nur tun? Schon wieder treten mir die Tränen in die Augen.

Auf dem Nachbargrundstück sind schon alle wach. Ich höre die fröhlichen Stimmen der Menschen von nebenan. Sie halten alle zusammen. Sie sind perfekt. Ich sehe zum Fenster hinaus und denke, dass ich nie mehr glücklich werde. Dylan rast über die Wiese und dribbelt den Basketball. Ken folgt ihm.

Dylan rast auf seine Mutter zu. Eine tolle Familie. Ich sehe wie Dylan den Ball in den Korb befördert und jubelnd die Faust in den Himmel reckt.

„Yes. 21 zu 17. Dad, ihr seid raus.“

Dylan lacht und sein Vater haut ihm freundschaftlich auf die Schultern. Er zieht sein Shirt aus und streicht sich das schweißnasse Haar aus der Stirn. Dann verschwinden die Durbans im Haus. Ich beschließe auch rauszugehen. Ich könnte weiter lesen. Also lege ich mich auf unsere Terrasse und verschwinde in Colins Geschichte, ignoriere die Realität, die ich nicht haben will.

Draußen wird es immer dunkler. Ich sitze noch immer hier in meiner Zelle und denke über das Gespräch mit Amber nach.

Was hat Jackson, was ich nicht habe, außer Geld? Und warum hat mein bester Freund mich verraten. Er hat mir mein Mädchen genommen. Ich bin so furchtbar müde, doch meine Gedanken sind nur bei Amber. Und dann falle ich in einen tiefen unruhigen Schlaf.

„Hey Stella. Schön dich mal zu sehen.“

Da kommt Dylan. Er winkt über den Zaun zu mir herüber.

„Dylan.“

„Schon wieder im Buch verschwunden?“

„Ja“

„Du kannst doch nicht ständig nur lesen. Es ist ein schöner Tag.

Und es sind noch Ferien. Komm doch auch rüber.“

„Nein danke.“

„Nun komm schon, Bücherwurm. Irgendwas bedrückt dich.

Das kann ich an deinen Augen sehen. Du brauchst eine Ablenkung.“

Dieser Dackelblick. Verdammt.

6

Stella

Der Tag war schön. Und ich habe keinen einzigen Gedanken an Danny oder Chris verschwendet. Und auch nicht an Colin.

Über die Wiese dringt ein heller Lichtschein zu mir herüber.

Ich gehe zum Fenster und sehe Dylan auf dem Dach seines Hauses sitzen. Er sitzt einfach da, starrt in die Sterne und raucht. Der Mond bescheint seinen schönen Körper. Ja, er ist wirklich perfekt. Und er ist nett. Er ist mein Nachbar, sonst nichts. Wirklich? Ich reiße mich von diesem Anblick los und tapse in mein warmes Bett, warte auf den Schlaf, der auch bald über mich kommt. Ich sehe Colin vor mir. Nur er versteht mich. Ich klammere mich an den Gedanken, dass es ihn gibt.

Ich weiß, dass es nicht so ist, aber ich habe Angst, mich auf Dylan einzulassen. Denn ER IST REAl. Ich will Danny vergessen, ich muss, aber ich kann es nicht. Zu lange waren wir ein Paar. Das Dunkel der Nacht kommt näher. Unruhige Träume lassen mich im Bett hin und her rollen. Ich höre Colin nach Hilfe rufen. Und ich bitte IHN um Hilfe.

„Du bist Stella, oder?“

„Was? Ja. Colin, ich kenne dich.Warum bist du hier?“

„Weil ich leide, wie du. Kannst du mir helfen?“

„Ich weiß nicht. Es ist … seltsam.“

„Nein, ich schaffe das nicht allein. Du verstehst mich, Stella.“

„Ja, dass tue ich. Aber wie … “

Ich merke einen Luftzug in meinem Zimmer. Jemand ist bei mir. Ich will die Augen öffnen. Aber es geht nicht. Dann höre ich ein Klappern an meinem Fenster. Ich wache auf und mein Fenster ist offen. Ein Einbrecher? Ich gehe zum Fenster. Bei Dylan ist alles dunkel. Er ist nicht mehr auf dem Dach. Kein Wunder. Es ist vier Uhr nachts. War er hier? Quatsch. Mein Zimmer liegt im ersten Stock. Es war nur ein Traum, und zwar ein sehr Lebhafter. Obwohl ich immer noch müde bin, finde ich nicht mehr in den Schlaf zurück. Ich denke an Dylan.

Dann schlafe ich endlich wieder ein.

Ganz hinten in meinem Kopf höre ich etwas. Es klingt wie eine Gitarre. Ich zwinge mich die Augen zu öffnen. Tatsächlich, Gitarrenklänge dringen durch die Luft. Mein Fenster ist schon wieder offen. Ich weiß nicht mehr ob ich es geschlossen hatte oder nicht. Ich starre zum Dach der Nachbarn und sehe Dylan.Was macht er denn ständig auf dem Dach? Und jetzt weiß ich auch wer da Gitarre spielt. Dylan. Mit nacktem Oberkörper sitzt er da, nur in Jeans, barfuß, ein Bein über das andere gelegt, die Gitarre auf seinem Schoß. Die Sonne lässt sein schwarzes Haar glänzen. Ich glaube, dass seine Augen geschlossen sind. Er sieht verdammt heiß aus wie er da so sitzt.

Ich kann meine Augen nicht von ihm abwenden. Der Duft von frischem Kaffee zieht unter der Tür hindurch und rettet mich aus meiner Starre. Ich schnappe mir meinen Morgenmantel, eine Tasse Kaffee und trete auf die Terrasse. Dylan spielt noch immer. Niemand sonst scheint im Haus der Durbans zu sein.

Die Gitarre verstummt. Ich höre ein Poltern auf dem Dach nebenan. Ein Fenster wird hochgeschoben. Schade. Dylan geht rein. Ich denke ich werde auch in mein Zimmer gehen. Als ich mich gerade zum Hauseingang umdrehe, höre ich wie jemand auf dem Rasen nebenan landet.

„Hey Bücherwurm.“

Erschrocken drehe ich mich um und sehe in Dylans wunderschöne Augen.

„Dylan. Bist du etwa gerade von eurem Dach gesprungen?“

„Ja, ist der kürzeste Weg. Sonst hätte ich dich sicher verpasst.

Stehst schon eine ganze Weile hier, was?“

Mist. Das unauffällig sein muss ich wohl noch üben.Verlegen zwirbele ich in meinen Haaren herum.

„Das eben war wunderschön. Woher kannst du so gut Gitarre spielen?“

„UUUhhh, du hast mir zugehört? Na ja, das war doch nichts.

Nur so, für mich.“

„Das klang echt schön. Bin noch nie so nett geweckt worden.“

„Tut mir leid. Manchmal vergesse ich, dass das Haus nun nicht mehr leer steht. Ich wollte dich nicht wecken. Aber jetzt wo du schon mal da bist, hast du heute schon was vor?“

Ich sehe wie er sich verlegen am Kinn kratzt.

„Noch nicht. Warum?“

„Ich dachte, da ich dich einfach mit meinem Geklimper aus dem Bett geholt habe, wäre da vielleicht eine Entschuldigung fällig.Wie wäre es mit einem Frühstück in der Stadt? Dann kann ich dir auch gleich den Schulweg zeigen.“

Was soll ich sagen? Wenn man in diese Augen schaut, ist man nicht mehr fähig rational zu denken.

„Gib mir 10 Minuten.“

„Perfekt.“

Dylan reckt siegessicher seine Faust in die Luft. Lächelnd trotte ich ins Haus. Mein Nachbar ist verrückt.

Kurze Zeit später stehe ich neben Dylan in unserem Garten. Er hat noch immer kein Oberteil angezogen.

„Ich habe mein Shirt und Schuhe im Wagen“, sagt er als er meinen fragenden Blick auf seinen Oberkörper registriert.

Ich merke wie ich mich schon wieder rosa färbe. Dylan geht zum Glück vor mir her und bemerkt es nicht. Er öffnet seinen Wagen und lässt mich auf der Beifahrerseite einsteigen.

Während Dylan den Wagen umrundet sehe ich wie er sich sein Shirt über den Kopf zieht. Ein schöner Anblick. Verlegen sehe ich auf meine Füße. Irgendwie bin ich nervös.

Dieser Typ ist … wow.

„Wo fahren wir hin?“

„Zu Pete. Er macht den besten Kaffee hier und seine Donuts sind göttlich. Die Schule ist direkt gegenüber. Du kannst also in der Pause rüber um dir was zu holen. Alle frühstücken dort.“

Als wir eine Weile gefahren sind, hält er vor einem gemütlichen Cafe´an:

„Da wären wir“, sagt Dylan.

Wir bleiben fast zwei Stunden hier. Dieser Tag ist echt schön.

Und leider viel zu schnell vorbei. Dylan bringt mich zurück zu meinem Haus.

„Wir sehen uns Nachbarin.“

„Ja, wir sehen uns.“

Er sprintet über die Wiese, klettert den Baum hoch und hangelt sich aufs Dach. Schon steht er vor seinem Fenster, winkt mir noch einmal zu und verschwindet im Haus. Verrückter Typ.

Den Rest des Tages verbringe ich in meinem Turm. Das Buch ist so verlockend:

7

Stella

Ich träume von Jackson, sehe seinen leblosen Körper auf dem Boden der Kneipe. Ich sehe Ambers weit aufgerissene Augen.

Sie schreit mich an.

„Bist du bescheuert? Du hast ihn umgebracht. Ich dachte ich kenne dich. Colin, um Himmels Willen. Was hast du getan.“

„Amber, es tut mir leid. Er soll dich nicht haben. Du gehörst zu mir. Er ist nicht tot.“

„Colin, hau ab. Ich kenne dich nicht. Was bist du für ein Typ?“

„Amber, warte!“

Sie rennt einfach weg. Weg von mir. Weg von Jackson. Ron folgt ihr und ich rufe den Notarzt. Er lebt. Die Menschen in der Kneipe kommen näher. Sie sehen mich an wie ein tödliches Insekt. Ihre Gesichter werden zu Fratzen. Sie sehen mich an und rufen MÖRDER, MÖRDER, MÖRDER. Sie kommen näher, greifen nach mir. Ich spüre etwas Nasses in meinem Gesicht und schrecke hoch. Schlagartig fällt mir ein wo ich bin.

Wir drehen durch. Colin und ich. Ich weiß nicht wie spät es ist.

Ich muss irgendwie eingeschlafen sein, keine Ahnung warum das Buch wieder auf dem Nachttisch liegt.

Ich muss mich echt zusammenreißen. Was ist nur los mit mir?

Ein Lichtschein vom Nachbarhaus dringt zu mir herüber. Ich schleiche mich zum Fenster und versuche zu sehen was da vor sich geht. Dylan. Natürlich. Der Schein der Taschenlampe gleitet über das Dach. Dylan macht es sich schon wieder auf dem Dach bequem. Er hat eine Decke dabei. Und Bier. Und eine ... Mundharmonika? Ach du Scheiße. Ich denke ich bleibe einfach hier stehen und genieße die Aussicht. Das lenkt mich etwas ab. Dylan lehnt sitzend gegen den Schornstein und öffnet sein Bier. Der Mond steht schon hoch und der Himmel ist sternenklar. Ich sehe wie er einen großen Schluck trinkt und sein Kehlkopf auf und ab hüpft. Seine starken Arme stecken in einem weißen ärmellosen Shirt und er trägt seine Fetzenjeans, die er schon gestern an hatte, wie immer ohne Schuhe. Ich habe das Gefühl, in meinem Zimmer ist die Temperatur gerade um 20°gestiegen. Oh, was macht er denn jetzt? Ach ja, die Mundharmonika. Er hebt sein Kinn, klemmt die Bierflasche zwischen seine Oberschenkel und fängt an auf der Mundharmonika zu spielen. Ich spüre wie mir leise Schauer über den Rücken laufen.Vergessen ist alles was ich die letzte Stunde getan, gelesen und gefühlt habe. Dylan verzaubert mich irgendwie. Nicht fähig mich zu bewegen, höre und sehe ich ihm zu. Er ist so … unglaublich anziehend. Ein sexy Typ.

Die Zeit vergeht und die Nacht ist tiefschwarz geworden.

Total in Trance nehme ich zur Kenntnis, dass Dylan aufhört zu spielen. Die Uhr zeigt 2.30 Uhr. Ich schleppe mich ins Bett und drifte sofort in die Traumwelt wo ich Dylan sehe. Dann verschwimmt sein Gesicht. Jetzt sehe ich Colin.

Er ruft nach mir.

„Stella, ich brauche dich. Wenn du mir hilfst, werde ich dir auch helfen, denn du bist wie ich.“

Dann schlägt eine Welle über Colins Kopf zusammen und reißt ihn mit sich. Schweißgebadet wache ich auf. Alles ist wie immer. Oder doch nicht? Mein Fenster ist schon wieder offen.

Auf dem Boden ist eine Pfütze.Was zum Teufel geht hier vor?

Ich glaube ich drehe durch. Ich starre die Pfütze an und zweifele an meinem Verstand. Ich muss mit jemandem reden.

Aber wer würde mich nicht für verrückt halten, wenn ich sage, dass eine Romanfigur aus einem Buch hier war? Ich weiß es nicht. Keine gute Idee, schätze ich. Statt dessen gehe ich zum Fenster und schließe es wieder. Nebenbei werfe ich einen Blick auf Dylans Zimmer. Aber er ist nicht da. Natürlich nicht.

So verrückt ist er nun auch wieder nicht.

Den Tag verbringe ich tatsächlich am Flussufer, allein.

Na ja, fast.

„Hey Bücherwurm.“

Wie kann man so früh am morgen schon so gut drauf sein? Vor allem wenn man bis halb drei in der Nacht auf seinem Dach saß und Mundharmonika gespielt hat?

„Hi Dylan. So früh schon in den Fluten?“

„Ja, das macht munter. Komm doch rein.“

„Nee, zu kalt.“

„Ich könnte da was gegen tun. Bin ein heißer Typ.“

Das kann man wohl sagen. Ich werde es aber nicht laut aussprechen. Ich überlege ob ich Dylan von meinem merkwürdigen Traum erzählen soll. Nein, besser nicht.

Ich will nicht, dass er mich für irre hält. Da war niemand in meinem Zimmer. Und Colin schon gar nicht.

„Wo ist dein Buch?“, fragt Dylan plötzlich.

„Ich habe es nicht dabei. Es ist irgendwie merkwürdig.“

„Wie meinst du das?“

„Ich möchte nicht darüber reden, okay!“

Warum fahre ich ihn so an? Er hat mir doch nichts getan.

„Schon gut, schon gut, Bücherwurm.“

Er hebt entschuldigend die Hände und für einen Moment erstarrt sein Lächeln. Scheiße, ich bin echt eine Zicke.

Noch ehe ich was sagen kann springt Dylan in den Fluss und lässt mich allein. So war das doch nicht gemeint. Sofort tut mir leid wie ich zu ihm war, aber er ist schon nicht mehr zu sehen.

Hoffentlich habe ich meinen bisher einzigen Freund nicht verjagt. Alles hätte schön sein können und ich Idiot muss es mir mit meinem einzigen neuen Freund verderben.

Ich schleiche ins Haus zurück und starre auf meinen Nachttisch. Alles sieht unverändert aus. Ich würde zu gerne weiter lesen, aber irgendetwas hält mich davon ab. Lieber versuche ich die Zeit mit Fernsehen totzuschlagen.

Ich zappe mich durch die Programme sehe mir lustlos die x-te Wiederholung von Titanic an. Ich denke mir, dass selbst im Film die wahre Liebe den Bach herunter geht. Keine Ahnung wann ich über Jacks tragischen Tod eingeschlafen bin, als lautes Gelächter mich aus den Tiefen meines Traums reißt.

„Das nächste Mal spiele ich dich in Grund und Boden, Sohn“,

erkenne ich Kens Stimme.

„Klar, Dad. Billard ist nichts für alte Leute.“

Ich höre das Aneinanderklicken der Flaschen und ein Anflug von Neid rinnt mir durch mein Herz. Ich will auch wieder glücklich sein. Ich lausche dem Gespräch der Nachbarn und drifte wieder ab. Schon taucht wieder Colin auf. So schnell ich eingeschlafen bin, werde ich auch wieder wach. Ich traue mich nicht wieder einzuschlafen. Ich kann es einfach nicht.

Mittlerweile sind die Nachbarn wieder reingegangen. Dort brennt noch Licht und ich überlege mir, wie ich mich wieder mit Dylan versöhnen könnte.Warum musste ich ihn auch so angehen? Ich sitze auf meiner Fensterbank und warte auf den Sonnenaufgang. Es ist schon 5 Uhr morgens. Der Himmel färbt sich langsam rot. Die Sonne kämpft sich durchs Dunkel. Ich bleibe einfach hier sitzen und warte. Gegenüber sehe ich jemanden am Fenster. Dylan. Seine Haare stehen ihm lustig vom Kopf ab, worüber ich schmunzeln muss. Es ist schon angenehm warm und ich bewundere seinen nackten Oberkörper. Er ist echt ein attraktiver Mann. Jetzt steht er unten und sieht er zu mir herüber. Er lächelt.

„Hallo Stella. Nicht im Reich der Bücher unterwegs?“

Verdutzt schaue ich ihn an. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er nach gestern morgen überhaupt noch mit mir redet.

„Hi Dylan. Was treibt dich denn so früh aus dem Bett?“

„Ich gehe joggen. Komm doch mit.“

Ernsthaft? Das ist doch sicher ein Scherz. Rache wegen gestern. Er will mich dran kriegen.

„In einer Stunde hole ich dich ab. Bis später, Stella.

Und keine Widerrede.“

Und schon verschwindet er im Haus.Verrückter Kerl.

8

Stella

Gerade als ich fertig angezogen bin, klingelt es auch schon an der Tür. Dylan scheint es ernst zu meinen.

„Dachte nicht, dass du das eben ernst gemeint hast“, sage ich und glotze ihn dümmlich an.

„Ich lüge nie. Also, bist du bereit?“

„Wohin willst du denn?“

„Keine Ahnung. Da wo es mich hinführt. Aber irgendwie siehst du heute blass aus. Alles okay bei dir?“

Ich zögere, ihm von meinem seltsamen Traum zu erzählen.

Ich denke, ich halte lieber den Mund. So gut kennen wir uns nun auch wieder nicht. Noch nicht.

„Nein, alles gut. Lass uns gehen.“

Jetzt sind wir schon am Ufer des Flusses. Es ist herrlich warm heute. Locker laufe ich neben Dylan her. Ihm scheint die Wärme nichts auszumachen.

„Was ist los, Stella? Du sagst ja gar nichts.“

„Ich möchte mich bei dir wegen meines Verhaltens gestern entschuldigen. Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anmaulen.“

Darauf antwortet Dylan nicht und wir laufen schweigend weiter. Nach etwa einer halben Stunde hält er an einer alten Holzbrücke an.

„Komm wir setzen uns hier drunter. Schütte mir dein Herz aus.

Ich bin ein guter Zuhörer. Gib dir einen Ruck, Stella. Jeder braucht einen Menschen, der einem hilft. Lass mich dieser Mensch sein. Auch wenn wir uns kaum erst kennen.

Und wegen deiner Entschuldigung … Ist schon okay. Auch wenn ich nicht weiß, wofür genau du dich entschuldigen willst.

Angenommen. Freunde?“

„Danke Dylan. Freunde.“

Wir reichen uns die Hände. Er sieht mich ehrlich an. Und da bricht es auch schon aus mir heraus. Ich fange an zu schluchzen und erzähle nun doch was zwischen Danny und mir und meinen Freunden vorgefallen ist. Dylan hört mir zu und nimmt mich in seine starken Arme.