Wissenschaftliches Arbeiten - Rödiger Voss - E-Book

Wissenschaftliches Arbeiten E-Book

Rödiger Voss

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  • Herausgeber: UTB GmbH
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Wissenschaftlich arbeiten – wie geht das eigentlich in Zeiten von Wikipedia und KI? Diese zentrale Frage stellen sich Studierende mindestens einmal während ihres Studiums. Rödiger Voss geht auf die Herausforderungen ein, die sich vor, während und nach einer wissenschaftlichen Arbeit ergeben. Dazu zählen die Themenfindung, das Zeitmanagement, die Recherche, die Zitierweise, die Lese- und Schreibtechniken sowie die inhaltliche und formale Gestaltung von wissenschaftlichen Arbeiten. Durch aktuelle Beispiele, Tabellen und Merkhilfen vermittelt der Autor alles Wissenswerte und bietet einen leicht verständlichen Leitfaden. Auf den richtigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz sowie auf das korrekte Zitieren von z. B. Wikipedia, Statista und YouTube geht er zudem ein. Das Buch, nun in der neunten Auflage, ist ein hilfreiches Must-have für Studierende der Wirtschafts-, Sozial- und Erziehungswissenschaften.

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Seitenzahl: 316

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Rödiger Voss

Wissenschaftliches Arbeiten

… leicht verständlich!

UVK Verlag · München

 

Umschlagabbildung: © PeopleImages | iStock

KI-Piktogramm: © Wenmei Zhou | iStock

Autorenbild: © privat

 

© UVK Verlag 2024

‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung

 

utb-Nr. 8447

ISBN 978-3-8252-8832-7 (Print)

ISBN 978-3-8643-8832-7 (ePub)

Inhalt

Vorwort1 Einführung1.1 Fragen im wissenschaftlichen Prozess1.2 Struktur und Vorgehen des wissenschaftlichen Arbeitens1.3 Ziele wissenschaftlichen Arbeitens1.4 Arten von wissenschaftlichen Arbeiten1.4.1 Haus-, Seminar-, Studienarbeit1.4.2 Projektarbeit1.4.3 Bachelorarbeit1.4.4 Masterarbeit1.4.5 Dissertation (Doktorarbeit)1.4.6 Aufsatz in einer wissenschaftlichen Zeitschrift (Journal)1.5 Typen von wissenschaftlichen Arbeiten1.5.1 Literaturarbeit1.5.2 Theoriearbeit1.5.3 Empirische Arbeit1.5.4 Praxisarbeit1.6 Zusammenfassung1.7 Kontrollaufgaben2 Wissenschaftliche Grundlagen2.1 Wissenschaft als Suche nach der Wahrheit2.2 Merkmale einer Wissenschaft2.2.1 Erfahrungs- und Erkenntnisobjekte2.2.2 Methodik und Systematik2.2.3 Diskussion2.2.4 Konvention2.3 Ansprüche an eine Wissenschaft2.3.1 Objektiv und Transparent2.3.2 Präzise2.3.3 Zuverlässig (Reliabel)2.3.4 Vollständig2.3.5 Ehrlich und redlich2.3.6 Ethisch korrekt2.4 Wissenschaftliches Wissen versus Alltagswissen2.5 Begriffe in der Wissenschaft2.5.1 Hypothesen2.5.2 Gesetz2.5.3 Theorie2.5.4 Werturteil2.6 Empirische Forschung2.6.1 Qualitative Forschung2.6.2 Quantitative Forschung2.6.3 Quantitative versus qualitative Forschung2.6.4 Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der empirischen Forschung2.7 Zusammenfassung2.8 Kontrollaufgaben2.9 Hinweise zur Vertiefung3 Zeitmanagement3.1 Zeitfresser3.2 Methoden zur Optimierung des Zeitmanagements3.2.1 Zielplanung mit der SMART-Regel3.2.2 ALPEN-Methode3.2.3 Eisenhower-Prinzip3.3 Exposee als Strukturierungshilfe3.4 Sonstige Aspekte beim Zeitmanagement3.4.1 Planung von Interviews3.4.2 Belohnungen setzen3.4.3 Störungen minimieren3.4.4 Korrekturlesen der wissenschaftlichen Arbeit3.5 Zusammenfassung3.6 Kontrollaufgaben3.7 Hinweise zur Vertiefung4 Themenfindung4.1 Ideenquellen für ein Thema4.1.1 „Fertige“ Themen4.1.2 Praxis4.1.3 Hochschullehre4.1.4 Öffentlichkeit4.1.5 Forschung4.2 Methoden zur Themengenerierung, -strukturierung und -prüfung4.2.1 Brainstorming4.2.2 SSPS-Vorgehensweise4.2.3 Walt-Disney-Methode4.2.4 SWOT-Analyse4.2.5 Fishbone-Analyse4.2.6 Mind-Mapping4.2.7 Einsatz einer Künstlichen Intelligenz4.3 Anforderungen an wissenschaftliche Themen4.3.1 Präzise und spezifisch4.3.2 Operationalisierbar4.3.3 Forschungsrelevant4.4 Zusammenfassung4.5 Kontrollaufgaben4.6 Hinweise zur Vertiefung5 Wissenschaft recherchieren5.1 Quellensuche5.1.1 Suchhilfen für Quellen5.1.2 Suchvorgehen5.2 Quellenbewertung5.2.1 Anlesen5.2.2 Rezensionen5.2.3 Closed-Circle-System5.2.4 Delphi-Methode5.3 Rechercheprotokoll5.4 Quellenbeschaffung5.5 Zusammenfassung5.6 Kontrollaufgaben5.7 Hinweise zur Vertiefung6 Wissenschaftliches Lesen6.1 Lesearten6.1.1 Kursorisches Lesen6.1.2 Selektives Lesen6.1.3 Studierendes Lesen6.1.4 Vergleich der Lesearten6.2 Gelesenes festhalten6.2.1 Im Text6.2.2 Traditionelle Hilfsmittel6.2.3 Word oder Excel-Datei6.2.4 Quellenverwaltungsprogramme6.2.5 Vergleich verschiedener Erfassungsalternativen6.3 Einsatz von KI Chatbots6.4 Zusammenfassung6.5 Kontrollaufgaben6.6 Hinweise zur Vertiefung7 Wissenschaftliches Schreiben7.1 Allgemeine Ansprüche an wissenschaftliches Schreiben7.1.1 Wissenschaftliche Zitate7.1.2 Wissenschaftliche Fußnoten7.1.3 Wissenschaftliche Satzlänge7.1.4 Wissenschaftliche Formulierungen7.1.5 Wissenschaftliche Tabellen und Abbildungen7.1.6 Wissenschaftliche Redlichkeit7.2 Gliederung7.2.1 Vorspann7.2.2 Textteil7.2.3 Nachspann7.3 Schreibblockaden und Aufschieberitis7.4 Zusammenfassung7.5 Kontrollaufgaben7.6 Hinweise zur Vertiefung8 Wissenschaft präsentieren8.1 Präsentationsarten und -orte8.1.1 Präsentationsart8.1.2 Präsentationsanlässe und -orte8.2 Präsentationsvorbereitung8.2.1 Auswahl der zu präsentierenden Textteile8.2.2 Zielgruppenplanung8.2.3 Allgemeine Tipps für eine Präsentation8.3 Medienauswahl8.3.1 Tafel und Whiteboard8.3.2 Flipchart8.3.3 Pinnwand und Karten8.3.4 Overheadprojektor8.3.5 Visualizer8.3.6 PowerPoint Präsentation mit Beamer8.4 Präsentationsaufbau8.4.1 Einleitung8.4.2 Hauptteil8.4.3 Schlussteil8.4.4 Fragephase8.5 Präsentationsnachbereitung8.6 Zusammenfassung8.7 Kontrollaufgaben8.8 Hinweise zur Vertiefung9 Übersichtsgrafiken und Tipps9.1 Tipps für Gruppensemesterarbeiten9.2 Checklisten für Schlusskorrektur und Vortrag9.3 Zentrale Probleme9.4 Zusammenfassung9.5 Hinweise zur Vertiefung10 Bewertung der wissenschaftlichen Arbeit10.1 Bewertungskriterien zur Form10.2 Bewertungskriterien zu Einleitung und Schlussteil10.3 Bewertungskriterien zu Inhalt und Sprache10.4 Bewertungskriterien zur Methodik10.5 Bewertungskriterien zur Literaturaufbereitung10.6 Latente Bewertung des Verhaltens10.7 ZusammenfassungGlossarLösungshinweiseLösungshinweise zu Kapitel 1: EinführungLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 2: Wissenschaftliche GrundlagenLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 3: ZeitmanagementLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 4: ThemenfindungLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 5: Wissenschaft RecherchierenLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 6: Wissenschaftliches LesenLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 7: Wissenschaftliches SchreibenLösungshinweise zu den KontrollaufgabenLösungshinweise zu Kapitel 8: Wissenschaft PräsentierenLösungshinweise zu den KontrollaufgabenGesamtliteraturverzeichnisRegister

Vorwort

Wissenschaftliches Arbeiten ist für ein Hochschulstudium unverzichtbar. Bei der Bearbeitung treten eine Vielzahl von Fragen auf, z. B. „Wie finde ich ein passendes Thema?“, „Wie kann ich am besten recherchieren?“ oder „Wie verarbeite ich meine Literatur in einem Vortrag darüber?“. Mit diesem Buch sollen diese und weitere Fragen beantwortet und damit eine umfassende Grundlage für die inhaltliche und formale Gestaltung einer wissenschaftlichen Arbeit sowie für wissenschaftliche Vorträge gelegt werden. Dies ist kein neuer Grundgedanke: Ähnliche Leitfäden gibt es viele. Dennoch unterscheidet sich dieses Werk durch eine besondere Schwerpunktsetzung von bestehenden Büchern zum wissenschaftlichen Arbeiten.

 

Erstens wurde auf Lesbarkeit und Anwendungsbezug der dargebotenen Sachzusammenhänge besonderer Wert gelegt – ganz dem Reihencharakter nach ist die leichte Verständlichkeit also im Blickpunkt. Daher unterstützen zahlreiche Beispiele, Merkhilfen und auch Übungsaufgaben zur Reflexion die Bearbeitung. Viele Zusammenhänge werden durch Grafiken und Tabellen zusammengefasst, um den Lerneffekt zu steigern. Am Anfang eines jeden Kapitels ist zudem noch ein Überblick zu den folgenden Ausführungen zu finden.

 

Zweitens basiert dieses Buch auf meiner langjährigen Lehr- und Forschungspraxis an Hochschulen (u. a. Universität zu Köln, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Pädagogische Hochschule Bern) und aktuell an der Kalaidos Fachhochschule. Im Rahmen der genannten Tätigkeiten leitete ich Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten und betreute mehr als 1.000 wissenschaftliche Arbeiten (Semi­nar-, Projekt-, Diplom-, Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten). Die hier vermittelten Inhalte sind also in der Hochschulpraxis sowohl in der Lehre als auch im Coachingprozess bewährt. Die typischen Qualifikationsanforderungen, Probleme und Wünsche der Studierenden wurden mir während der Betreuungsarbeit und den begleitenden Lehrveranstaltungen besonders bewusst. Da ich selbst in der wissenschaftlichen Forschung aktiv bin, „durchlebe“ ich das wissenschaftliche Arbeiten selbst – und dies ist für Autoren vergleichbarer Werke keine Selbstverständlichkeit.

 

Drittens finden sich in diesem Buch vertiefte Anregungen zu sinnvollen Lesetechniken, zur Themenfindung, zum Zeitmanagement sowie zum Vortrag der wissenschaftlichen Arbeit – elementare Fragen der wissenschaftlichen Arbeit. Ferner wird stets auf aktuelle Arbeitshilfen Bezug genommen, wie etwa bei einer Reihe von hilfreichen Websites. Eine vergleichbare Zusammensetzung dieser Inhalte bestand meiner Analyse nach bei der Erstauflage nicht.

 

Um die Qualität des Werkes nicht nur beizubehalten, sondern zu verbessern, wurden in der vorliegenden neunten Auflage eine Reihe von Änderungen bzw. Anpassungen in allen bestehenden Kapiteln geleistet. Die Thematik „Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz (KI) und wissenschaftliches Arbeiten“ war die Hauptantriebskraft für die zentralen Variationen und Zusätze. Es wird in vielen Fällen auf den populären KI ChatbotChatbot ChatGPT Bezug genommen, der in der Lage ist, kohärente und kontextrelevante Textantworten zu generieren. Mit seiner Fähigkeit, Benutzereingaben zu verstehen und darauf zu reagieren, hat ChatGPTChatGPT auch neue Möglichkeiten für verschiedene Anwendungen im wissenschaftlichen Arbeiten geschaffen. Studierende können die Leistungsfähigkeit dieses hochentwickelten Sprachmodells nutzen, um ihre Arbeitsabläufe zu rationalisieren und zu verbessern, was zu einer höheren Effizienz und qualitativ hochwertigeren wissenschaftlichen Arbeit führen kann. Neben ChatGPT haben weitere KI-Anwendungsprogramme wie etwa LeximancerLeximancer den Eingang ins wissenschaftliche Arbeiten gefunden. Der Prozess ist jedoch meiner Wahrnehmung nach erst am Anfang, das wissenschaftliche Arbeiten wird sich in Zukunft grundlegend ändern. Aus diesen Gründen war auch eine Umgestaltung dieses Fachbuches gefordert. Ein paar Beispiele mögen, die Relevanz veranschaulichen: Die Thematik „Künstliche Intelligenz“ wurde zusätzlich in die einzelnen Kapitel integriert, z. B. in Kapitel 3.4.4 im Zusammenhang mit KI gestützten Schreib-Tools oder unter Kapitel 7.3 zur Überwindung von Schreibblockaden. Zusätzlich wurden ganz neue Kapitel mit Fokus auf die Künstliche Intelligenz geschaffen (z. B. Kap. 2.6.4 Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der empirischen Forschung).

 

In dieser Neuauflage sind Inhalte über künstliche Intelligenz (KI) durch ein Piktogramm hervorgehoben. Das Piktogramm ist systematisch neben entsprechenden Textpassagen platziert, die sich mit KI beschäftigen. Dies ermöglicht den Lesenden eine schnelle Identifizierung und thematische Zuordnung dieser Passagen. Der Piktogrammgestaltung liegt ein minimalistischer Ansatz zugrunde, der sowohl prägnant als auch universal verständlich ist. Die Verwendung des Piktogramms dient mehreren Zwecken: Zum einen erhöht sie die Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit der Inhalte. Die visuelle Komponente schafft zudem eine klare Abgrenzung und wirkt als Orientierungshilfe im Text, da das Piktogramm Themenblöcke zu KI hervorhebt. Die Einführung des Piktogramms unterstreicht das Bestreben, den didaktischen Wert des Buches weiter zu verbessern. Es wird Leser und Leserinnen ein Instrument an die Hand gegeben, das eine effiziente Erarbeitung und ein vertieftes Verständnis der Materie unterstützt.

 

Auch der neue Themenschwerpunkt KI ist wieder mit vielen Beispielboxen ausgestattet, um die Anwendung durch Praxisbeispiele zu veranschaulichen. Eine Reihe informativer Tipps, Fälle, Beispiele und Literaturverweise wurden in vielen weiteren Kapiteln aktualisiert und ergänzt. Ein Wandel in der digitalen Kommunikation war insbesondere die neue Firmierung des ehemaligen Twitter unter der Bezeichnung X. Damit hat auch die vormalige Bezeichnung für Twitter-Zitate der neuen, zeitgemäßen Nomenklatur X Platz gemacht. Alle weiteren Zitierbeispiele im Buch wurden ebenso sorgfältig überarbeitet, um Neuerungen Rechnung zu tragen und die präzise Dokumentation von Quellen aus sozialen Medien sicherzustellen. Im Zuge der inhaltlichen Veränderungen wurden gleichwohl, Tabellen und Grafiken, soweit realisierbar, durchweg auf den aktuellen Stand gebracht und ergänzende Internetadressen aufgenommen. Die Reflexionsfragen wurden weiter ausgebaut. Dies mag den Übungs- und damit den Lerneffekt für die Leserinnen und Leser erhöhen. Dadurch wird die Leseerfahrung zu einer Art interaktivem Erlebnis, bei dem der Lerneffekt unterschwellig und unbewusst eintritt.

 

Alle Studierenden, die sich in der Planung und Durchführung einer wissenschaftlichen Arbeit befinden, sind die zentrale Zielgruppe dieses Werkes. Dieses Buch ist bewusst allgemein gehalten, da sich zahlreiche Problemlagen in allen Disziplinen finden. Insbesondere Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften, wie angehende Pädagogen, Betriebs- oder Volkswirte erhalten wichtige Tipps. Aber auch andere, wie Wissenschaftler oder Betreuer wissenschaftlicher Arbeiten, die eine „Auffrischung“ in diesem Themenfeld wünschen, stellen eine Zielgruppe dar.

 

Mein Dank gilt den vielen Studierenden und Lesern meines Buches, die durch sinnvolle Tipps und ihre Fragen das Niveau des Werkes steigern konnten. Im Besonderen danke den Studierenden Sebastian R. Gerich und Hannah C. Trenker, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit an der Universität Salzburg das Werk rezensiert haben, für sehr hilfreiche Hinweise zur weiteren Optimierung dieses Buches. Neue Anregungen sind selbstverständlich auch weiterhin herzlich Willkommen. Über die Mitteilung von Erfahrungen und kritischen Hinweisen von Leserinnen und Lesern dieses Werkes würde ich mich daher freuen.

 

Schreiben Sie einfach an [email protected].

 

Zürich im Frühjahr 2024    Rödiger Voss

1Einführung

Im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens analysieren Studierende auf der Basis bestehender aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse eine selbstgewählte oder vorgegebene Thematik. Diese wird nach wissenschaftlichen Standards unter Vorgaben seitens der Hochschule, der Dozierenden oder des Lehrstuhls mit wissenschaftlichen Verfahren und Techniken untersucht. Wissenschaftliches ArbeitenWissenschaftliches Arbeiten ist demnach ein Prozess. Dessen niedergeschriebenes Ergebnis ist in einer verständlichen Form darzustellen, um eine kritische Überprüfung zu ermöglichen. Es wird als „wissenschaftliche Arbeit“ bezeichnet und ist somit als Produkt ein direktes Resultat des wissenschaftlichen Arbeitens (vgl. Abb. 1.1). Gewöhnlich wird dieses Werk durch einen Vortrag einem (teils kleinem) Zielpublikum (z. B. Kommilitonen) vorgestellt.

Die Arbeitsweise bei der Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten ist je nach wissenschaftlicher Fachdisziplin sehr unterschiedlich: Naturwissenschaftliche Ansätze sind häufig sehr praxisnah und beschäftigen sich mit Experimenten zwecks Erkundung und Lösung naturwissenschaftlicher Phänomene. Geisteswissenschaftler hingegen studieren oft über Monate intensiv zahlreiche Literaturquellen, um in einer theoretisch angelegten Arbeit das Gelesene zu zitieren und zu reflektieren. Ergebnis daraus kann ein zentraler innovativer Gedanke sein. Angehende Ärzte oder Ärztinnen tes­ten z. B. neue medizinische Geräte, um Versuchsergebnisse zu protokollieren und basierend darauf, medizinische Erkenntnisse zu gewinnen.

1.1Fragen im wissenschaftlichen Prozess

Eine studentische wissenschaftliche Studie beginnt nicht einfach mit einem Vergleich von Literaturquellen, dem Einsatz eines Fragebogens oder irgendeiner anderen Erhebungsmethode, sondern erfordert gezielte Planungs- und Durchführungsschritte bis zum Endergebnis. Folgende Fragen gilt es dabei zu klären:

Wie kann eine Forschungsfrage abgeleitet werden?

Wie ist die Forschungsfrage zu konkretisieren?

Wie ist die Zeitplanung anzugehen?

Wäre eine eigene Datenerhebung sinnvoll? Wie wäre eine geeignete Methode zur Datenerhebung zu identifizieren?

Welche Planungs- und Durchführungsschritte sind zu befolgen?

Welche Regeln sind bei wissenschaftlichen Arbeiten zu beachten?

Wie ist die Recherchearbeit am sinnvollsten zu realisieren?

Welche Strategien gilt es beim Lesen zu beachten?

Wie können wissenschaftliche Ansätze verschriftlicht werden?

Wie ist das Ergebnis am besten zu präsentieren?

Dieses Buch soll diese Fragen beantworten und Studierende damit unterstützen, wissenschaftliche Arbeiten optimal anzufertigen. Ebenso werden Basisinformationen für empirische Arbeiten geleistet. Der Aufbau dieses Buches orientiert sich also an den zentralen Fragen für die Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit und hilft diese durch das Lesen und Bearbeiten der folgenden Kapitel inklusive der Arbeitsaufgaben sukzessive zu beantworten.

1.2Struktur und Vorgehen des wissenschaftlichen Arbeitens

Abb. 1.1 illustriert einen charakteristischen Verlauf einer wissenschaftlichen Arbeit­. Sie startet mit der Themenfindung. Diese wird in Kapitel 4 vertieft, wobei ein Schwerpunkt auf Findung, Bewertung und Auswahl geeigneter Themen liegt. Ele­mentare Grundlagen für die wissenschaftliche Arbeit sind eine Wissensbasis zu wissenschaftlichen Begriffen und Vorgehensweisen (Kapitel 2) sowie ein gelungenes Zeitmanagement (Kapitel 3). Idealerweise besitzen Studierende diese Fähigkeiten und Kompetenzen, bevor die Bearbeitung beginnt. Aus diesem Grunde sind die entsprechenden Kapitel in diesem Werk vor dem Kapitel „Themenfindung“ platziert. Mit diesen Voraussetzungen ist ein solides Fundament für das wissenschaftliche Arbeiten gelegt. Bestandteile dieses Prozesses sind die wissenschaftliche Recherche (Kapitel 5), das wissenschaftliche Lesen (Kapitel 6) und das wissenschaftliche Schreiben (Kapitel 7). Ergebnis ist die vollendete wissenschaftliche Arbeit, die dann einem Zielpublikum im Rahmen eines wissenschaftlichen Vortrages (Kapitel 8) vorgestellt werden kann. In Kapitel 9 finden sich ergänzende Tipps sowie Checklisten, um den eigenen Fortschritt zu optimieren und zu kontrollieren. Dieses Buch endet mit Kapitel 10, indem Studierende Informationen über Bewertungskriterien ihrer wissenschaftlichen Arbeit erhalten.

Abb. 1.1:

Von der Idee zur wissenschaftlichen Arbeit

Der Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens bei der Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten durch technologische Fortschritte, die Digitalisierung von Informationen und die Entwicklung neuer Werkzeuge und Methoden signifikant verändert. Während früher beispielsweise der Zugang zu Fachliteratur größtenteils auf physische Bibliotheken beschränkt war, existieren heute Digitale BibliothekenDigitale Bibliotheken, Online-DatenbankenOnline-Datenbanken und Suchmaschinen. Studierende brauchen also nicht mehr ihre Zeit dafür aufbringen, sich durch Kataloge zu suchen oder Material vor Ort zu recherchieren. Ganz ausgestorben ist die Arbeit als Rechercheort in einer BibliothekBibliothek dennoch nicht, speziell für wissenschaftliche Fachbücher. Zudem ist sie ein Treffpunkt und ein Ort des Austauschs für Studierende.

Vor 20 Jahre waren auch die PlagiatPlagiatsprüfungen schwieriger durchzuführen und weniger verbreitet, was vielleicht zu einer höheren Rate an unbeabsichtigtem Plagiat führte. Heute wird fortgeschrittene Software wie TurnitinTurnitin zur Plagiatsprüfung (vgl. Kap. 7.1.6.1) eingesetzt. Die Software ist in der Lage, nicht nur identische, sondern auch paraphrasierte und auch KI-generierte Inhalte zu identifizieren. Mit der Thematik Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz wäre auch schon eine entscheidende Innovation angesprochen, die in zahlreichen Kapiteln dieses Werkes thematisiert wird.

Es ist nützlich für den Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens, wenn Studierende ein grundlegendes Verständnis davon haben, was KI ist und wie sie funktioniert. Dazu helfen die Ausführungen in diesem Buch, aber Online-Kurse, Workshops oder Fachbücher zum Thema KI können dazu beitragen, die zugrunde liegenden Prinzipien und Technologien tiefer zu verstehen. In diesem Zusammenhang sollten Studierende üben, KI-gestützte Werkzeuge kritisch zu nutzen. Dazu gehört, die Grenzen und Möglichkeiten von KI-basierten Systemen wie Textgenerierung und Plagiatssoftware einzuschätzen und zu verinnerlichen.

In aktuellen Debatten über die zukünftigen Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die Studienwelt wird oft die positive Perspektive betont, dass die Technologie zu einem sogenannten UpskillingUpskilling der Studierenden beitragen werde. Die Erwartung ist, dass die KI bestimmte Aufgaben wie etwa die Rechtschreib- und Grammatikprüfung übernimmt und dadurch Studierende motiviert werden, sich in komplexeren und anspruchsvolleren Kompetenzbereichen einzuarbeiten. Sie können sich beim wissenschaftlichen Arbeiten beispielsweise auf Tätigkeiten wie Literatursuche und -analyse konzentrieren.

Die Professorin und ausgewiesene Hochschuldidaktikerin Gabi Reinmann (2023) kritisiert, dass der Gegenpol, das DeskillingDeskilling, also der Verlust von Fertigkeiten und das mögliche Absinken des Kompetenzniveaus aufgrund der Automatisierung durch KI, weniger intensiv diskutiert wird. Deskilling bezeichnet das Phänomen, dass Studierende infolge der Einführung neuer Technologien und der Automatisierung von Prozessen weniger gefordert sind und ihre bisherigen, oft mühevoll erworbenen Fertigkeiten nicht mehr anwenden, wodurch diese verloren gehen können. Hierzu könnten etwa auch die Schreibkompetenz im Sinne der Diskussion von wissenschaftlichen Texten gehören, wenn diese herausfordernde Aufgabe einem KI-generierten ChatbotChatbot übertragen würde.

1.3Ziele wissenschaftlichen Arbeitens

Grundlegendes Ziel einer Wissenschaft ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen – die Forschung voranzubringen. Dies kann auf zwei Arten erfolgen:

PrimäranalysePrimäranalyse: Es werden neue Quellen, Daten oder Fragestellungen erschlossen.

SekundäranalyseSekundäranalyse: Bereits bekannte Quellen oder Daten werden mit neuen Fragestellungen oder anderen Methoden erforscht.

Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet also, Sachverhalte zu analysieren und damit die Wissenschaft voranzubringen. Es ist sowohl ein wichtiger Bestandteil eines Hochschulstudiums als auch durch die Dokumentation einer Abschlussarbeit ein Erfolgsnachweis. Studierende lernen beim wissenschaftlichen Arbeiten, Probleme zu strukturieren, zu gliedern und methodisch und systematisch zu lösen. Solche Fähigkeiten sind im späteren beruflichen Alltag unabdingbar. Mit der Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten zeigen Studierende, dass sie eine Aufgabe nach wissenschaftlichen Methoden selbstständig bearbeiten können und dafür notwendige Metho­denkompetenz besitzen. Daneben können Studierende Fachkompetenzen auf­bauen und eine thematische Spezialisierung durch die vertiefte Beschäftigung mit einem Interessengebiet sowohl in Theorie als auch in Praxis erlangen. Bei späte­ren Bewerbungsgesprächen wird die wissenschaftliche Abschlussarbeit als Gesprächsthema gerne aufgegriffen und nach deren thematischen Schwerpunkt gefragt und darüber diskutiert.

1.4Arten von wissenschaftlichen Arbeiten

Während eines Hochschulstudiums sind wissenschaftliche Arbeiten ein elementarer­ Bestandteil. Sie werden während des Studiums (Haus-, Seminar-, Studien und Projektarbeit) oder zum Studienabschluss (Abschlussarbeiten: Bachelor- oder Master­arbeiten) abgelegt (vgl. Abb. 1.2). Nach einem gelungenen Hochschulstudium kön­nen Studierende zudem eine Dissertation anstreben. Im Zusammenhang damit werden auch wissenschaftliche Aufsätze in wissenschaftlichen Fachjournals angefertigt. Eher seltener werden diese bereits während eines Studiums geschrieben. Im Folgenden werden die angesprochenen Ausprägungen wissenschaftlicher Arbeiten tiefer vorgestellt.

Abb. 1.2:

Arten von wissenschaftlichen Arbeiten

1.4.1HausarbeitHaus-, SeminararbeitSeminar-, StudienarbeitStudienarbeit

Solche Arbeiten sind detaillierte schriftliche Formulierungen (meist mit anschließender Präsentation), bei denen wissenschaftlicher Inhalt, Thesen und Fragestellung vorgestellt werden. Es erfolgt überwiegend eine deskriptive Ausarbeitung und Darstellung von Inhalten. Die studentische Leistung entsteht üblicherweise in Verbindung mit dem Besuch einer Lehrveranstaltung und dient dort Prüfungszwecken. Dozierende betreuen und begutachten die Arbeit. Durch das betreute Einüben der Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens soll bereits auf die Abschlussarbeit vorbereitet werden.

1.4.2ProjektarbeitProjektarbeit

Bei einer Projektarbeit arbeiten in der Regel vier bis sechs Studierende einen Forschungsgegenstand zusammen aus. Die Aufgaben innerhalb des Projektes sind so zahlreich, dass sie zwischen den Teilnehmern aufgeteilt und später wieder koordiniert zusammengeführt werden müssen. Bei der Projektarbeit wird die Fähigkeit erworben, an mehreren (Teil-) Aufgaben parallel zu arbeiten, Projekte abzustimmen und vernetzt zu denken. Hochschulen bieten zahlreiche Möglichkeiten für Projekt- und Gruppensemesterarbeiten. Teilweise werden sie auch als Gruppen-, Haus- oder Seminar­arbeiten ausgewiesen. In einigen Studienfächern haben Studierende die Option, Bachelor- oder Masterarbeiten als gemeinschaftliches Projekt zu absolvieren.

1.4.3BachelorarbeitBachelorarbeit

In Relation zu Haus-, Seminar- und Studienarbeiten zeichnet sich die Bachelorarbeit durch ein höheres Anspruchsniveau aus. Mit einem vorgegebenen Höchst­umfang (20–60 Seiten, je nach Studienrichtung) wird ein eingegrenztes Thema von einem (selten mehreren) Studierenden unter einer Zeitbegrenzung (meist drei bis sechs Monate) eigenständig bearbeitet. Bei Bachelorarbeiten ist oft ein hoher Praxis­bezug gegeben.

1.4.4MasterarbeitMasterarbeit

Es handelt sich um die komplexeste wissenschaftliche Arbeit innerhalb des Studiums mit einem sehr hohen Grad wissenschaftlicher Selbstständigkeit und Originalität. Ein Masterabschluss berechtigt zur Promotion. Ein wissenschaftliches Gebiet wird im Rahmen dieser Arbeit detailliert behandelt und dessen Problembereich nachhaltig durchdrungen, theoretisch aufgearbeitet und durch einen angemessenen Forschungsansatz bearbeitet. Idealerweise sollen Lösungen für aktuelle Probleme auf diesem Gebiet geboten werden.

1.4.5DissertationDissertation (DoktorarbeitDoktorarbeit)

Eine Dissertation ist eine komplett eigenständige Beschäftigung mit einer wissenschaftlichen Fragestellung, die veröffentlicht wird und einen klaren Erkenntnisfortschritt in einer wissenschaftlichen Fragestellung sowie eine vertiefte wissenschaftliche Diskussion leisten muss. Zudem wird eine sehr intensive Analyse der bestehenden Literatur vollzogen. Bei empirischen Arbeiten handelt es sich um umfangreiche Studien mit einer (im Vergleich zu Masterarbeiten) tieferen Analyse. Aufgrund des hohen Anspruchsniveaus und dem Komplexitätsgrad kann eine Dissertation gut 500 und mehr Seiten umfassen. Sie wird entsprechend langjährig verfasst. In dieser Zeit erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit einer betreuenden Person (= DoktorvaterDoktorvater oder DoktormutterDoktormutter), die einen großen Anteil am Prozess des Verfassens und Bewertens des Werkes hat (Burghardt 2021). Weitaus knapper sind allerdings Dissertationen im medizinischen und z. T. im naturwissenschaftlichen Bereich, besonders wenn es sich um experimentelle Studien handelt. Das Schreiben einer Dissertation ist ein Teil einer PromotionPromotion, d. h. der Verleihung des akademischen Grades eines Doktors oder einer Doktorin. In der Regel wird die Dissertation durch einen wissenschaftlichen Vortrag und eine Fragerunde im Anschluss ergänzt.

1.4.6Aufsatz in einer wissenschaftlichen Zeitschrift (Journal)

ZeitschriftenaufsätzeZeitschriftenaufsätze geben einen aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung wieder, beziehen sich jedoch gewöhnlich auf einen selektiven Teilbereich. Daher vermitteln sie oftmals keinen Überblick über ein Forschungsfeld. Eine Reihe von Zeitschriften prüfen die Beiträge vorab, in dem sie den Aufsatz Fachwissenschaftlern des gleichen oder eines verwandten Gebietes zur Beurteilung (vgl. Kap. 5.2.1.2) senden (Peer ReviewPeer-Review) und deren Feedback den einreichenden Forschern und Forscherinnen mitteilen (Domes, Ditzen & Barth 2019). Wissenschaftliche Aufsätze werden erst in späteren Studienabschnitten und insbesondere im und nach dem Dissertationsstudium angefertigt.

1.5Typen von wissenschaftlichen Arbeiten

In einem wissenschaftlichen Studium sind vornehmlich vier unterschiedliche Typen von wissenschaftlichen Arbeiten vorherrschend (vgl. Abb. 1.3).

Abb. 1.3:

Typen von wissenschaftlichen Arbeiten

1.5.1Literaturarbeit

Eine LiteraturarbeitLiteraturarbeit umfasst die Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Fachliteratur. Dadurch sollen Studierende beweisen, dass sie in der Lage sind, selbstständig eine Literaturrecherche zu einer (vorgegebenen) Fragestellung in einer vorgegebenen Zeit durchzuführen. Die wissenschaftlichen Informationen aus verschiedenen Literaturquellen und anderen Informationsquellen sollen zusammengefasst, gegenübergestellt und kritisch gewürdigt werden, so dass die vorgegebene Fragestellung beantwortet werden kann.

1.5.2TheorieTheoriearbeitarbeit

In einer solchen Arbeit erfolgen tiefe theoretische Überlegungen zu einer selbstgewählten oder vorgegebenen Fragestellung. Die Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Literatur kann in einem Theorienvergleich enden, bei dem unterschiedliche wissenschaftliche Theorien verglichen und auf ihre Eignung geprüft werden. Daraus kann dann eventuell eine neue, verbesserte Theorie entwickelt werden. Verschiedene theoretische Ansätze (Gesetze, Hypothesen) können aber auch systematisiert und zu einer neuen Theorie geformt werden (vgl. Kap. 2.5.3).

1.5.3Empirische Empirische ArbeitArbeit

Bei empirischen wissenschaftlichen Untersuchungen werden aufgrund der Entdeckung und Formulierung eines Problems theoretische Zusammenhänge erfasst und dann empirisch erforscht, d. h. es werden Daten erhoben, gesammelt, geordnet, geprüft und interpretiert. Je nach Forschungsthema empfiehlt sich eine qualitative oder quantitative Vorgehensweise bei der Erforschung der Thematik (vgl. Kap. 2.6).

1.5.4Praxisarbeit

Der Schwerpunkt einer PraxisarbeitPraxisarbeit liegt in der Darstellung von Erfahrungen aus einer praktischen Tätigkeit und ihrer Analyse. Praxisarbeiten können in verschiedenen Organisationen durchgeführt werden, wie z. B. in der Optimierungsanalyse des Qualitätsmanagementsystems eines Wirtschaftsunternehmen. Eine Praxisarbeit kann aber auch die Analyse und Optimierung der Organisationstruktur einer Schule sein. In dieser Form der Arbeit werden oft Vorschläge für die Verbesserung von Prozessen in der Praxis abgeleitet oder anknüpfende Thesen erarbeitet, die in Zukunft erforscht werden sollen. Teils werden diese Arbeiten deshalb auch als Entwicklungsarbeiten bezeichnet. Studierende arbeiten während der Anfertigungsphase der wissenschaftlichen Arbeit oft in dem untersuchten Unternehmen.

1.6Zusammenfassung

Sie lernten Fragen kennen, die im wissenschaftlichen Prozess auftreten.

Sie können die Primär- und die Sekundäranalyse als unterschiedliche wissenschaftliche Vorgehensweisen differenzieren.

Sie wissen über den Charakter von Literatur-, Theorie-, Praxis- und empirischen Arbeiten.

1.7Kontrollaufgaben

Aufgabe 1:

Setzen Sie bitte die Begriffe Bachelorarbeit, Produkt, Dissertation, Zielpublikum und Prozess in die Lücken des folgenden Textes ein:

Im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens analysieren Studierende auf der Basis bestehender aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse in einem bestimmten Zeitraum eine selbstgewählte oder vorgegebene Thematik. Wissenschaftliches Arbeiten ist demnach ein  . Dessen niedergeschriebenes Ergebnis ist in einer verständlichen Form darzustellen und damit als ein direktes Resultat des wissenschaftlichen Arbeitens. Gewöhnlich wird dieses Werk durch einen Vortrag einem vorgestellt. Eine wissenschaftliche Arbeit zum Studienabschluss ist z. B. eine  . Nach einem gelungenen Master-Hochschulstudium kann ein Studierender zudem eine anstreben.

 

Aufgabe 2:

Was ist allgemein unter einer empirischen Arbeit zu verstehen?

 

Aufgabe 3:

Um welchen Typ von wissenschaftlicher Arbeit handelt es sich in den folgenden Beispielen?

1)

Ein Abteilungsleiter einer Personalabteilung möchte neue Mitarbeiter bei der Einarbeitung unterstützen. Die Hochschule schreibt dieses Thema für Studierende aus. Ein Ziel ist unter anderen, dass eine Studentin oder ein Student als Bachelorarbeit einen Leitfaden und eine Checkliste verfassen soll.

2)

Im Themenkatalog für Masterarbeiten finden Sie das Thema „Erwartungen an Klassenfahrten – Empirische Untersuchung zu Geschlechtsunterschieden in den Erwartungshaltungen der Schülerinnen und Schüler?“.

3)

Es soll der Umgang und die Einstellung von unterschiedlichen Altersgruppen zum E-Learning untersucht werden. Dabei sollen wissenschaftlichen Informationen aus verschiedenen Literaturquellen und anderen Informationsquellen zusammengefasst, gegenübergestellt und kritisch gewürdigt werden.

4)

Ein Studierender möchte einen revolutionären neuen Antrieb für ein Flugzeug entwickeln. In seiner wissenschaftlichen Arbeit erfolgen tiefe theoretische Überlegungen zu dieser Thematik.

5)

Eine Studierende möchte eine Erhebung zu geschlechtstypischen Präferenzen hinsichtlich der Ansprüche an Lehrpersonen an zufällig ausgewählten Schulen durchführen. Aus diesem Grund schlägt die Studierende ihrem potenziellen Betreuer folgendes Thema vor: „Welche Ansprüche haben Schülerinnen und Schüler an Lehrpersonen der Sek. 1“.

2Wissenschaftliche Grundlagen

In der heutigen Wissensgesellschaft wird täglich mit steigender Geschwindigkeit neues Wissen produziert – teilweise wird sogar von einem exponentiellen Wachstum des Wissens und seiner Verdopplung alle 20 Jahre gesprochen. Was bedeutet, dass vergangenen Generationen nur ein Bruchteil des heutigen Wissens zur Verfügung gestanden hätte. Viele dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse mögen zwar nur für einen auserwählten Kreis von Fachleuten interessant sein, einige Ergebnisse setzen sich jedoch auch im Alltag fort, wie etwa zahlreiche medizinische Innovationen. Unter einer Wissenschaft erfolgt die Sammlung dieser Erkenntnisse. Im Folgenden werden zentrale Merkmale einer Wissenschaft thematisiert, um die Frage zu beantworten: „Was macht eine Wissenschaft aus?“. Dazu werden im Folgenden die Wissenschaft als Wahrheitssuche, die Merkmale und Ansprüche einer Wissenschaft, eine Abgrenzung zum Alltagswissen, wichtige Begriffe in der Sprache der Wissenschaft sowie Grundlagen zur empirischen Forschung erläutert.

2.1Wissenschaft als Suche nach der Wahrheit

Eine wissenschaftliche absolute Wahrheit ist nicht oder nur in seltenen Fällen, wie z. B. Fragen der Logik erreichbar. Die Subjektivität des Individuums muss immer berücksichtigt werden. Theoretische Ansätze finden sich zu dieser Betrachtungsweise im „KonstruktivismusKonstruktivismus“. Nach Watzlawick (1986, S. 115) handelt es sich beim Konstruktivismus um eine „Untersuchung der Art und Weise, wie wir Menschen unsere eigenen Wirklichkeiten erschaffen“. Allgemein geht diese Theorie davon aus, dass ein erkannter Sachverhalt vom Betrachter selbst durch den Vorgang des Erkennens konstruiert wird. Nach einer radikalen Form des Konstruktivismus bedeutet dies, dass jede einzelne Person sich ihre Wirklichkeit im eigenen Kopf „konstruiert“. Der Schall eines fallenden Baumes wird so z. B. erst durch das Hören zum Geräusch. Für eine gemeinsame „Konstruktionsweise“ bei mehreren Individuen sprechen allerdings eine Menge von Faktoren wie z. B. der geteilte Sprachgebrauch, allgemeine gleichförmige methodische Vorgehensweisen.

Beispiel | „Schelling bzw. Focal Points“

 

Der spätere Nobelpreisträger Thomas Schelling hatte als Studierender einen Treffpunkt mit einem Freund verpasst und ihn später nur mit Glück gefunden. Dies motivierte ihn zu einer Diskussionsrunde mit Studienkollegen, die sich der Frage widmeten, an welchem Ort Personen zusammentreffen könnten, ohne vorher einen Treffpunkt ausgemacht zu haben – eine Umfrage, die Schelling später, als Hochschulprofessor, auch seinen Studierenden stellte: „Wo würden Sie hingehen, um jemanden in New York zu treffen, ohne vorher eine Zeit und einen Treffpunkt vereinbart zu haben?“ Die Meis­ten antworteten: „Um Punkt zwölf Uhr zum Informationstisch des Hauptbahnhofs“. Schelling zeigte damit, dass Menschen im Kommunikationsprozess und vergleichbaren kulturellen Hintergrund häufig ein gemeinsames Vorverständnis von einer Situation haben, das zur Problemlösung beiträgt. Diese vergleichbaren Grundansätze nannte Schelling (1976, S. 117) „Focal Pointsfocal points“.

Abb. 2.1:

Schranke zur absoluten Wahrheit

Eine absolute Wahrheit ist in der wissenschaftlichen Forschung – außer den genannten Ausnahmen – nicht zu erreichen (vgl. Abb. 2.1). Basierend auf eigenen Erfahrungen können sich forschende Personen durch ein Literaturstudium und eigene Erhebungen jedoch der WahrheitWahrheit annähern. Die eigenen Erfahrungen werden infolgedessen objektiviert. An dieser Stelle soll aber keine jahrtausendalte philosophische Diskussion über den Wahrheitsbegriff und dessen Quellen erfolgen, zumal diese bis heute noch nicht in aller Tiefe abgeschlossen ist.

2.2Merkmale einer WissenschaftWissenschaft

Merkmale einer Wissenschaft beschreiben Kriterien, die alle wissenschaftlichen Disziplinen gemein haben (vgl. Abb. 2.2). Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit von einer Wissenschaft gesprochen wird?

2.2.1Erfahrungs- und Erkenntnisobjekte

Jede Wissenschaft besitzt ErfahrungsobjekteErfahrungsobjekte, d. h. einen zentralen Gegenstand bzw. übergreifendes Themengebiet, das als Realitätsausschnitt analysiert wird. Dieser Ausschnitt wird auf bestimmte Weise thematisiert, womit das Spezifische einer Wissenschaft ausgedrückt wird (ErkenntnisobjekteErkenntnisobjekt).

Abb. 2.2:

Merkmale einer Wissenschaft

Beispiel | Erfahrungsobjekte der Betriebswirtschaftslehre sind beispielsweise Unternehmen bzw. Organisationen sowie darin handelnde Individuen. Erkenntnisobjekte sind die wirtschaftlichen Handlungen bzw. Entscheidungen, die dort getroffen werden und deren zugrunde liegende Regeln.

Durch überlieferte Literatur und Forschungen auf dem jeweiligen Gebiet wird ein geordnetes und begründetes Wissen gebildet.

2.2.2Methodik und Systematik

Zur Analyse des Erfahrungsobjektes werden methodische Vorgehensweisen eingesetzt, z. B. experimentelle oder statistische Untersuchungen. In einem systematisch geplanten Prozess soll neues Wissen abgeleitet oder bestehendes Wissen fundiert werden.

2.2.3Diskussion

Die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse werden diskutiert. Dies kann in Fachzeitschriften, Büchern, in Vorträgen auf Tagungen oder Konferenzen von statten gehen. Durch die Diskussion soll ein weiterer wissenschaftlicher Fortschritt, aber auch eine Prüfung der Forschungsergebnisse erfolgen. Bachelor- und Seminararbeiten werden meist in kleinerem Kreise vorgestellt.

2.2.4Wissenschaftliche KonventionKonvention

In jeder Wissenschaft haben sich bestimmte Sprach- und Verhaltensgewohnheiten etabliert, auf die sich Forscher und Forscherinnen im geschichtlichen Verlauf ihrer Wissenschaft geeinigt haben. Vor allem die Fachsprache ist für Außenstehende in der Regel schwer verständlich. Zur Fachsprache gehören Fachbegriffe und Fremdwörter (Fachvokabular), die entweder außerhalb des Fachgebietes sehr ungebräuchlich sind oder im Alltag eine andere Bedeutung haben. In diesem Zusammenhang wird der Begriff „Fachjargon“ genutzt oder abwertend von „Fachchinesisch“ gesprochen.

Beispiel | Fachbegriffe

 

Wer weiß als Nicht-Mediziner bzw. Medizinerin, was man unter Abdomen (Erklärung: Bauch, Bauchregion) oder „Mongolenfleck“ (Traupe & Hamm 2006, S. 13) (Erklärung: Pigmentfleck in der Kreuzbeingegend, der sich etwa ab dem vierten Lebensjahr zurückbildet) versteht?

2.3Ansprüche an eine Wissenschaft

Um wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Durch die Kennzeichnung dieser Kriterien lässt sich die Frage „Wie muss Wissenschaft beschaffen sein?“ leicht beantworten (vgl. Abb. 2.3).

Abb. 2.3:

Ansprüche an Wissenschaftlichkeit

2.3.1Objektiv und TransparentTransparenz

Objektivität bedeutet, dass die forschende Person eine möglichst neutrale und ana­lysierende Position zur wissenschaftlichen Thematik einnimmt. Die Forschung bzw. Erkenntnisgewinnung sollte dem Anspruch der Transparenz nach auch für Dritte nachvollziehbar sein, um die Meinung des Verfassers oder der Verfasserin prüfen zu können. Wenn z. B. eine eigene empirische Untersuchung erhoben wurde, müssen die methodischen Schritte und die Interpretation der Er­geb­nisse für unbeteiligte Dritte einsehbar sein. Nicht nur bei reinen Literaturarbeiten, sondern allgemein bei wissenschaftlichen Arbeiten müssen die zugrundeliegenden Quellen angegeben werden, um bei Bedarf als Leser oder Leserin in diesen Quellen nachlesen zu können.

2.3.2Präzise

Die gewonnenen wissenschaftlichen Resultate sollten eindeutig und damit verständlich für Lesende sein, d. h. wissenschaftliche Fachbegriffe müssen defi­niert sein, Abkürzungen klar sein. Aus diesem Grunde existieren z. B. ein Abkürzungsverzeichnis oder auch ein Glossar in einer wissenschaftlichen Arbeit. Des Weiteren muss der untersuchte Gegenstand genau umrissen sein.

2.3.3Zuverlässig (Reliabel)

Das Kriterium der Reliabilität spricht die exakte Messung der Forschungsergebnisse an, d. h. wenn bei wiederholten Untersuchungen mit demselben Instrument die gleichen Ergebnisse erreicht werden. Um dies zu gewährleisten, kann etwa ein Test denselben Versuchspersonen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten vorgelegt werden. Diese Anforderung ist gerade bei Seminararbeiten und Bachelorarbeiten schwer im vollen Umfang zu erfüllen. Dazu müsste jeweils eine Situation geschaffen werden, in der alle möglichen Einflussfaktoren auf den Untersuchungsgegenstand derart kontrolliert oder gar konstant gehalten werden können, dass keine unkontrollierten Einflüsse der Untersuchenden, der Untersuchungssituationen und der Reaktionen der Untersuchten auftritt.

2.3.4Vollständig

Informationsgrundlagen zur wissenschaftlichen Arbeit müssen umfangreich dargelegt werden, d. h. welche Forschungen auf dem Gebiet bereits geschehen und welche Schlussfolgerungen daraus geschlossen worden sind usw. Dieses Kriterium kann nicht immer gänzlich erfüllt werden, da schwerlich alle wissenschaftlichen Arbeiten auf der ganzen Welt recherchiert werden können. Nichts desto trotz müssen die wesentlichen Arbeiten möglichst vollständig erfasst werden. Je später die wissenschaftliche Arbeit im Studienleben angesiedelt ist, desto wichtiger wird dieses Kriterium.

2.3.5Ehrlich und redlich

Schreibende müssen ihre Quellen, aus denen Erkenntnisse, Argumente und Anregungen gewonnen wurden, offenlegen. Nur so lässt sich der Innovationsgehalt einer wissenschaftlichen Arbeit prüfen. Downloading oder das Scanning von Textvorlagen gehören aber leider bei einigen Studierenden zu üblichen Arbeitstechniken. Ergebnis daraus ist ein wissenschaftlich uninteressantes Werk, das einen Betrugssachverhalt begründet und somit die mit der Arbeit abgegebenen eidesstattlichen Erklärung („Selbstständigkeit der Arbeit“) bricht (vgl. Kap. 7.1.6).

Beispiel | Betrug durch erfundene/abgeänderte Forschungsergebnisse

 

Der in Forschungskreisen hochangesehene Sozialpsychologe Diederik Stapel gab zu, dass er Daten verändert und Forschung gefälscht hatte – allerdings erfolgte das Geständnis nicht ganz aus freien Stücken. Der Verdacht wurde vielmehr von drei Mitarbeitenden geweckt, die sich einem anderen Professor anvertrauten. Letzterer informierte den Rektor der Universität an der Stapel arbeitete. Bei 25 Veröffentlichungen konnten Untersuchungskommissionen ManipulationManipulation nachweisen, in 30 Fällen waren Daten da­rüberhinaus völlig frei erfunden. Neben dem Verlust seiner wissenschaftlichen Karriere musste Stapel trotz eines umfassenden Geständnisses einige Wochen gemeinnützige Arbeit leisten (Rauner 2014).

Die wissenschaftliche Redlichkeit kann durch Konkurrenz unter Forschenden und deren Narzissmus für eigene wissenschaftliche Studienergebnisse eingeschränkt werden. Gerne werden gerade innovative Forschungsergebnisse von Anderen abgelehnt, weil diese nicht konform mit der eigenen Meinung sind. Ein solches Vorgehen bremst den gesamten Forschungsprozess.

Beispiel | Konkurrenz unter medizinischen Forschern

 

Ein Streitfall mit weitgehender Wirkung stellten die Forschungsergebnisse von Semmelweis dar (Zankl 2012): Dem Mediziner fiel um das Jahr 1845 auf, dass in zwei benachbarten Abteilungen für Geburtshilfe in Wien ein sehr unterschiedlicher Prozentsatz von Kindbettfieberfällen auftrat. Die Analyse von Semmelweis offenbarte, dass die durch Obduktionen und Sezierübungen verunreinigten Hände der Ärzte und Medizinstudierenden den Schwangeren den Tod brachten. Eine ausreichende Desinfektion wurde schlicht unterlassen: Hygiene galt als Zeitverschwendung und in Fachkreisen inkompatibel mit geltenden Theorien über Krankheitsursachen. Semmelweis verordnete darauf vor jeder geburtshilflichen Untersuchung ein gezieltes Händewaschen mit wässriger Chlorkalklösung. Als Resultat dieser Maßnahme konnte die Infektionsrate in kurzer Zeit stark reduziert werden, was die Korrektheit seiner Vermutungen belegte. In der Fachwelt wurden seine Erkenntnisse jedoch zurückgewiesen. Erst Jahre später wurden die für das Kindbettfieber verantwortlichen Eiterbakterien gefunden. Darauf kamen die wissenschaftlichen Gegner von Semmelweis nicht umhin, seine Analyse anzuerkennen, da eine Desinfektion der Hände die Bakterien abtötet.

Es existieren einige Forschungspraktiken, die in einem Graubereich zwischen Redlichkeit und Unredlichkeit liegen, sogenannte fragwürdige Forschungspraktiken (engl. questionable research practicesquestionable research practices, abgekürzt: QRPs). QRPs kennzeichnen alle Entscheidungen im wissenschaftlichen Arbeitsprozess, die ein Forschungsergebnis besser aussehen lassen, ohne Daten zu manipulieren. Eine fragwürdige Vorgehensweise wäre das Missachten von methodischen Grundsätzen, z. B. der Ausschluss von Daten, die nicht mit einer theoretischen Hypothese übereinstimmen. Fragwürdige Forschungspraktiken schwächen die Belastbarkeit der durch ihren Einsatz gewonnenen Forschungsergebnisse. Zu der Thematik existiert eine Reihe von Untersuchungen, die sich vorwiegend auf die Psychologie als Fachgebiet konzentrieren. Dies steht in Zusammenhang mit der Aufdeckung einiger Betrugsfälle und dem damit verbundenen Vertrauensverlust in die psychologische Forschung.

Beispiel | Hypothesenbildung und Beendigung der Datenerhebung

 

Fragwürdige ForschungspraktikenFragwürdige Forschungspraktiken liegen vor, wenn Hypothesen (vgl. Kap. 2.5.1) erst nach dem Forschungsergebnis gebildet werden und behauptet wird, dass von vornherein die formulierte Annahme bestand. Letztere Praktik wird auch als HARKingHARKing (= Hypothesizing after the Results are known) bezeichnet. Auch die Beendigung der Datenerhebung im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie, wenn die Forscherinnen und Forscher das erwartete und gewünschte Ergebnis als erreicht ansehen, ist ein fragwürdiges Vorgehen. Das gezielte Berichten von großen und das Unterschlagen von kleinen Effekten in Studien mit mehreren Fragestellungen lässt sich ebenfalls als fragwürdiges Vorgehen einordnen.

Eine Reihe von wissenschaftlichen Studien konnte den Gebrauch von fragwürdigen Forschungspraktiken belegen: Fiedler und Schwarz (2016) konnten den Gebrauch von QRPs in der psychologischen Forschung aufzeigen. Agnoli et al. (2017) kamen zu einem vergleichbaren Ergebnis und stellten die Vermutung an, dass es sich um ein internationales Phänomen handle, das in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen verbreitet sei. Brachem et al. (2022) stellten eine ähnliche Tendenz bei einer Befragung von 1397 Psychologie-Studierenden fest, wobei die Anwendung im Studienverlauf abnahm und in Masterarbeiten vergleichsweise selten anzutreffen war.

2.3.6EthischEthisch korrekt

Wissenschaftliche Forschungen sollten sich an allgemeinen ethischen Standards orientieren, z. B. der Menschlichkeit, der Würde von Individuen oder der Erhaltung der Umwelt (Eisend & Kuß 2023). Dieser Anspruch steht in enger Verbindung zur Objektivität sowie zur Ehrlich- und Redlichkeit. Allgemein hat jeder respektive jede Forschende die Verantwortung für das eigene Handeln. An zahlreichen Hochschulen besteht zudem eine EthikkommissionEthikkommission