Words You Need - Josi Wismar - E-Book

Words You Need E-Book

Josi Wismar

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Beschreibung

Es gibt Worte, die man unbedingt braucht, um weitermachen zu können

Schon früh musste Lexie lernen, Verantwortung zu übernehmen und auf sich selbst aufzupassen. Im atmosphärischen Amber Falls in den Rocky Mountains hat sie nicht nur ein Zuhause und einen Studienplatz, sondern vor allem ihre besten Freunde Em, Will und Jake gefunden. Sie genießt ihr Leben in vollen Zügen und hat nur eine Regel: Männer bleiben nicht länger als eine Nacht! Doch als Nate in ihr Leben tritt, verändert sich alles, denn er will mehr als nur ein One-Night-Stand sein. Als Lexies düstere Vergangenheit sie einholt, steht sie einmal mehr an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Schafft es Nate, ihre emotionalen Mauern einzureißen? Manchmal reichen schon die richtigen Worte, die falschen aber könnten alles zerstören …

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Seitenzahl: 389

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Das Buch

Schon früh musste Lexie lernen, Verantwortung zu übernehmen und auf sich selbst aufzupassen. Im atmosphärischen Amber Falls in den Rocky Mountains hat sie nicht nur ein Zuhause und einen Studienplatz, sondern vor allem ihre besten Freunde Em, Will und Jake gefunden. Sie genießt ihr Leben in vollen Zügen und hat nur eine Regel: Männer bleiben nicht länger als eine Nacht! Doch als Nate in ihr Leben tritt, verändert sich alles, denn er will mehr als nur ein One-Night-Stand sein. Als Lexies düstere Vergangenheit sie einholt, steht sie einmal mehr an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Schafft es Nate, ihre emotionalen Mauern einzureißen? Manchmal reichen schon die richtigen Worte, die falschen aber könnten alles zerstören …

Die Autorin

Josi Wismar, geboren 1999, lebt im Rhein-Main-Gebiet. Sie studiert Buchwissenschaft und hat sich als Buchbloggerin einen Namen gemacht. Während sie eigentlich Dinge für die Uni erledigen sollte, sortiert sie lieber ihr Bücherregal neu, steht auf dem Fußballplatz oder teilt anderen ihre Liebe für Bratapfeltee und Kürbisse mit. Die Amber-Falls-Trilogie ist ihre erste New-Adult-Reihe.

Lieferbare Titel

978-3-453-42520-0 – Words I Keep

JOSI WISMAR

Words

YOU NEED

Roman

WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN

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Originalausgabe 06/2022

Copyright © Josi Wismar 2022

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Michael Gaeb

Copyright © 2022 dieser Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Nina Basovic Brown

Umschlaggestaltung: UNO-Werbeagentur, München, unter Verwendung von FinePic®, München

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-26799-5V001

www.heyne.de

Für Lena D., die Sonnenblume in meinem Leben.

Für Leia, meine Seelenverwandte.

Für Sarah, weil du die Allerbeste bist.

Prolog

Ein grandioses Farbenspiel hieß mich an meinem Lieblingsort willkommen. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne, orange lodernde Flammen, küssten die Baumkronen der Kiefern am Seeufer und spiegelten sich auf dem ruhigen Wasser des Lake Neelam. Am dunkelblauen Himmel hingen zartrosa Schäfchenwolken, so luftig wie Zuckerwatte, und sahen mit ihren violetten Konturen fast wie gemalt aus.

Ich saß auf der warmen Motorhaube meines Pick-ups, blickte über den Lake Neelam, der still und unberührt vor mir lag, und schaute zu, wie sein kristallklares Wasser langsam von der einbrechenden Nacht in Schwärze getaucht wurde. Mein Atem ging ruhig, und mit jedem neuen Atemzug strömte frische Bergluft in meine Lunge. Es war dieses Gefühl von Freiheit, das mich so oft hier hoch trieb und mir jedes Gewicht von den Schultern nahm, bis ich mich leicht und unbeschwert fühlte. Zugegeben, die Steigung hatte dem alten Motor zu schaffen gemacht, doch ich liebte meinen Truck. Weil er mir gehörte. Ich verschränkte die Arme hinter meinem Kopf und lehnte mich gegen die Windschutzscheibe. Genau hier hatte vor fünf Jahren mein zweites Leben begonnen, nachdem ich mit achtzehn beschlossen hatte, mein erstes hinter mir zu lassen.

Die letzte Rundung der Abendsonne verschwand hinter den Bergen am Horizont, und der Wind, der über meine Arme tanzte, hinterließ eine leichte Gänsehaut. Nach und nach nahm das dunkle Grau der Nacht jeder anderen Farbe die Kraft, bis die Dunkelheit alles verschlang. Mein Blick glitt zum Himmel, wo Millionen Sterne wie Glühwürmchen leuchteten, so als hätte man ein Meer aus Lichterketten von einer Bergspitze zur nächsten gespannt. Doch kaum war die Sonne nicht mehr an ihrem Platz, stiegen die Erinnerungen wieder in mir hoch und mit ihnen die Vorwürfe und die Enttäuschung, denn ganz tief in meinem Innern versuchte ich immer noch wegzulaufen.

Kapitel 1

Mein Blick war schon lange nicht mehr klar, und es dauerte einige Sekunden, bis meine Augen den Fokus wiedergefunden hatten. Masons Gesichtskonturen verschwammen im Halbschatten der schummrigen Ecke des Wohnzimmers, in der wir standen. Seine Hand lag bereits auf meiner Hüfte und hielt mich fest, als ich kurz ins Schwanken geriet. Der Alkohol ließ meinen Körper kribbeln. Meine Beine waren schwer, und ich war mir immer wieder unsicher, in welches der drei Augen vor mir ich sehen musste. Ich presste meine Lippen auf seine, und während meine Zunge in seinem Mund verschwand und er etwas hilflos versuchte, mir in die Lippe zu beißen, mischte sich der Geruch von unseren leicht verschwitzten Körpern mit abgestandenem Zigarettenrauch und Rotwein. Ich unterdrückte die aufsteigende Übelkeit und wollte mich wieder auf Jason konzentrieren. Mason. Mein Gott, Lexie, der Kerl hieß Mason. Als seine Hand meinen Hintern umfasste, entschied ich, dass ich ihn heute noch in sein Bett begleiten würde. Doch es wurde zunehmend anstrengender, mich darauf zu konzentrieren, was ich tat. Wir schwankten im Takt des wummernden Basses von Liedern, die ich nicht kannte. Kurz fragte ich mich, wer sein Handy wohl an die Anlage angeschlossen hatte, doch der Gedanke verschwand so schnell, wie er gekommen war. Diese tiefen Bässe, die ich genau dort spürte, wo mein Herz saß, waren die Hymne zweier Betrunkener, die so verloren waren, dass sie sich nur für eine Nacht ineinander wiederfinden wollten. Vielleicht redete ich mir das aber auch nur ein, um mir nicht wieder von der Stimme in meinem Kopf sagen zu lassen, ich sei ein Flittchen.

Mason hielt noch immer meine Hand, während er die Tür zu seinem Zimmer aufstieß und mich zu seinem Bett zog. Ich achtete nicht darauf, wie es um mich herum aussah und was mir die Einrichtung oder Zusammensetzung der Sachen, die hier überall verteilt lagen, über seine Persönlichkeit sagten. Warum auch? Es war mir gleichgültig. Ich würde nicht noch einmal hierherkommen. Mason zog mich auf sein Bett, und ich ließ mich auf ihn fallen. Der Alkohol rauschte durch mein Blut und vernebelte meine Gedanken. Ich stützte mich auf der Matratze ab und blickte in seine dunklen Augen, die genauso glasig schimmerten wie meine vermutlich auch. Er ließ mich spüren, wie sehr er sich über meine Anwesenheit in seinem Bett freute, und drängte mir seine Hüfte immer weiter entgegen, damit ich es auch ja nicht verpasste. Süß.

Ich beugte mich nach unten, presste meinen Mund wieder auf seinen und schmeckte den Alkohol, der noch bitter an seinen Lippen hing. Seine Hände lagen an meinem Rücken und wanderten immer weiter nach unten, bis ich seine Fingerspitzen auf meiner Haut spürte, dort, wo er den Saum meines luftigen Tops nach oben schob. Er fuhr über meine Haut, öffnete den Verschluss meines BHs und ließ mich mit einem tiefen Stöhnen wissen, dass er gerade auf den Hauptgewinn zusteuerte. Seine kühlen Finger schoben mein Top weiter nach oben, aber ich wollte nicht warten. Ich setzte mich auf und zog mir kurzerhand das Top über meinen Kopf und ließ die weißen Träger meines BHs locker über meine Schultern fallen. Sein hungriger Blick glitt über meine Brüste. Ich bewegte meine Hüfte in sanften Kreisen und ließ ihn dabei keine Sekunde aus den Augen, bis er mich an der Hüfte packte und in einer fließenden Bewegung auf den Rücken legte und küsste. Unsere Zungen tanzten wild miteinander, und er biss mir – diesmal etwas geschickter – in die Lippe, und ich genoss es. Seine Küsse wanderten über meine Haut bis zu meinen Brüsten, und die kühle Nachtluft brannte dort, wo eben noch seine feuchten Lippen gelegen hatten. Er umspielte meine Nippel mit seiner Zunge und nahm sie fordernd zwischen seine Zähne. Es dauerte nur ein paar Sekunden, da hatte er mir meine Shorts von den Hüften gezogen und sich selbst alle Kleidungsstücke runtergerissen. Bis eben waren seine Küsse sanft, ein zartes, aber hungriges Annähern. Doch davon war nichts mehr übrig. Er zog ein Kondom aus der Schublade seines Nachttischs und beugte sich ein letztes Mal über mich. »Dreh dich auf deinen Bauch«, hauchte er mir ins Ohr. »Ich nehm dich von hinten.«

Ah. Hier waren wir also. Ich stützte mich auf meine Unterarme und genoss das Kribbeln, das mich durchfuhr, während ich seinen Schwanz zwischen meinen Beinen spürte. Ich wartete darauf, ihn das erste Mal in mir zu spüren, doch es dauerte ein paar Momente, ehe er und sein betrunkenes Ich es schafften, sich zu koordinieren. Er hielt sich mit beiden Händen an meinen Hüften fest, und ich beschloss, ihm ein bisschen Starthilfe zu geben. Schließlich hatte ich durchaus ein gewisses Eigeninteresse daran, dass das hier funktionierte. Ich atmete scharf ein, als er endlich in mir war und ein paarmal hintereinander in mich stieß. Er fand seinen Rhythmus, und ich horchte seinem angestrengten Atem, der immer wieder von einem lustvollen Stöhnen unterbrochen wurde.

Masons schwerer Atem kitzelte auf meiner Haut, während er versuchte von hinten meine Brüste zu umfassen. Ich war irgendwie nicht bei der Sache und genoss es gleichzeitig. Mason wurde langsamer, während sein Atem immer flacher ging. Er war kurz davor zu kommen. Wenn ich mein Happy End wollte, musste ich die Kontrolle übernehmen. Ich rutschte von ihm weg und drehte mich zu ihm, ein verführerisches Lächeln auf den Lippen. Er starrte mich mit vor Verwunderung aufgerissenen Augen an. Ich kniete mich vor ihn hin, legte meine Hand auf seine Brust und drückte ihn ganz sanft auf das Laken.

»W-w-was«, stotterte er verunsichert, als ich einen Kuss auf seine Brust hauchte.

»Lass mich nur machen«, flüsterte ich und ließ meine Hand routiniert nach unten wandern. Als ich Masons Schwanz umschloss, keuchte er kurz auf, und mein Mund folgte meiner Hand. Ich ließ meine Hand auf und ab gleiten, während meine Zunge seine empfindlichste Stelle umkreiste. Ich fackelte nicht lange und setzte mich auf ihn. Ich nahm ihn ganz in mir auf und bewegte mich ganz langsam hoch und runter. Ich beugte mich zu ihm runter, schmiegte meine Brüste an ihn und begann ihn immer schneller zu reiten. Es fühlte sich gut an, das tat es immer. Ich genoss den Augenblick, genoss, wie das Kribbeln in meinem Körper immer stärker wurde und auch mein Atem vor Lust und Anstrengung immer schneller ging, während ich meine Lippen wieder und wieder auf seine presste.

»Lexie.« Es war kein ersticktes Stöhnen mehr, er rief meinen Namen, seine Hände lagen an meinem Po.

Ganz langsam verebbten die letzten Zeichen seiner Anspannung, und er ließ seine Hände zögerlich sinken, während er immer noch völlig außer Atem unter mir lag. Ich stieg von ihm runter und legte mich hin, während er das Kondom entsorgte. Kurz hatte ich die Hoffnung, ich würde heute glücklich und befriedigt den Heimweg antreten, doch ich hatte meinem Gegenüber wohl zu viel zugetraut. Ich lachte leise über meinen schlechten Witz und beschloss, später in meinem eigenen Bett einfach selbst für meinen Orgasmus zu sorgen.

»Wow!« Er ließ sich neben mich auf das Bett fallen und starrte an die Decke über ihm. »Das war … Wow.«

Ich lächelte, als er mich ansah, nicht sicher, ob da noch etwas kommen würde, oder ob das eben von sich gegebene Wow bereits die volle Ausschöpfung seiner doch sehr beschränkten Möglichkeit war, sich eloquent auszudrücken.

»Wow«, wiederholte er wieder, und ich vermerkte stumm die Antwort auf die Frage, die ich nicht gestellt hatte. Sein Blick lag immer noch auf mir, und als ich verstand, dass er auch von mir eine Reaktion erwartete, sah ich ihn kurz eindringlich an.

»Ja … Wow.« Ich wusste nicht, ob ich es sagte, um mich so auszudrücken, dass er es auch verstand, oder ob ich mich hier selbst verarschte. Ich wusste aber, dass ich heute kein tiefschürfendes Gespräch mehr führen würde. Für mich war mit diesem Wow alles beendet, und selbst wenn er das nicht so sah, interessierte es mich nicht. Er wurde bereits schläfrig. Ich schnappte mir meine Sachen und zog mich an.

»Tschüss, Jason«, sagte ich, als ich ihm einen letzten Blick schenkte. Scheiße. Mason. Der Typ hieß Mason.

In derselben Nacht saß ich mit angewinkelten Beinen und in eine flauschige Decke gehüllt auf meinem Schreibtischstuhl und überlegte, auf welchen Film ich Lust hatte. Meine grauen Schlafshorts wurden fast komplett von dem schwarzen Shirt verdeckt, das ich trug. Vorne prangte in dunklem Grün das verschmitzte Grinsen von Loki, meinem allerliebsten Charakter des Marvel-Universums. Ich war allerdings keine von denen, die Loki nur aufgrund des Bad-Boy-Gehabes anziehend fanden. Ich verstand ihn. Ich konnte nachvollziehen, wer er war und warum. Ich glaubte, dass er mehr war als nur die Summe seiner schlechten Entscheidungen. Ich hatte gerade Avengers: Age of Ultron angemacht, als mein Handy aufleuchtete. Anstelle eines Fotos von Em, Will und mir erschien die Notiz, dass bald wieder der 1. des nächsten Monats sein würde und ich meinen Verpflichtungen nachzukommen hatte. Ich pausierte den Film, knipste die Schreibtischlampe an und öffnete mein Online-Konto. Jeden Monat verschwendete ich etliche Dollar darauf, mir die Freiheit, die ich lebte, zu erhalten. Als könnte ich mit ein paar Dollar alles, was hinter mir lag, ungeschehen machen. Diese monatlichen Zahlungen waren wie ein Radiergummi, der mit aller Kraft versuchte, all das, was ich verdrängte, auszulöschen. Doch das war unmöglich. Mein bisheriges Leben war mit Tinte geschrieben, die sich nicht einfach entfernen ließ.

Ich stieß ein schnaubendes Lachen aus, nachdem ich die Überweisung erledigt hatte und hundert Dollar von meinem Konto verschwunden waren. Ich musste mir dringend einen gut bezahlten Nebenjob suchen, denn irgendwann würden die Stipendien auslaufen, und die staatliche Hilfe, die ich als familiäres Problemkind bekam, reichte vorne und hinten nicht. Ich war wie eine dieser unglaublich naiven Protagonistinnen aus den Büchern, von denen Em mir immer erzählte und die ich sonst immer nur belächelte. Weil sie versuchten vor ihrer Vergangenheit wegzulaufen. Weil ihr Leben durch einen Schicksalsschlag eine so dramatische Wendung nahm, dass sie es nicht länger aushielten und aus dem perfekten Elternhaus flohen. Leider klang es in Ems Erzählungen immer so, als wäre die Heftigkeit des Schicksalsschlags in etwa vergleichbar mit der Einstellung der Produktion des Lieblingsschokoaufstrichs. Es gab nur wenige Geschichten, die ich in dieser Hinsicht wirklich ernst nehmen konnte.

Ich hatte auch schon impulsive Entscheidungen aus emotionalem Trotz heraus getroffen. Wir alle tun das hin und wieder. Doch mein Leben war vorher schon kein Fotoalbum voller glitzernder Momente, das dann eines schicksalhaften Tages von einem einschlagenden Erlebnis überschattet wurde. Vielmehr war es eine Abwärtsspirale, die immer nur stetig nach unten führte, und das schon seit ich zarte sechs Monate alt war und meine Eltern beschlossen hatten, dass ich nicht genug für sie war. Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, als ich mit achtzehn den Sicherheitsgurt löste und mein altes Leben in Chicago hinter mir gelassen habe. Ich hätte abstürzen können, fallen ohne Halt. Aber ich war bereit gewesen, das Risiko einzugehen. Ich schloss die Seite mit meinem Online-Konto, knipste die Schreibtischlampe aus und brachte den Marvel-Film wieder zum Laufen. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich mich etwas tiefer in meine flauschige Decke kuschelte. Ich war mir sicher. Diesen Sicherheitsgurt zu lösen, war die beste Entscheidung meines Lebens. Weil es meine erste war.

Kapitel 2

Hastig zog ich die Tür zur Schwimmhalle auf. Ich war spät dran. Der leicht beißende Geruch des gechlorten Wassers stieg mir in die Nase, doch ich gewöhnte mich schnell daran.

Mein Blick glitt suchend über die gut gefüllte Zuschauertribüne, die nicht weit zum Beckenrand stand, als ich ein hektisches Winken bemerkte. Ich sah Em und Will und bahnte mir mit ein paar geflüsterten Entschuldigungen einen Weg durch die Zuschauer, die mich mit genervten Blicken straften.

»Hab ich schon was verpasst?« Ich ließ mich auf den freien Platz neben Em fallen. Mit wenigen Handgriffen band ich meine langen blonden Haare zusammen und zog den unordentlichen Dutt auf meinem Kopf fest.

»Nein, du bist genau rechtzeitig gekommen.« Em schenkte mir ein freundliches Lächeln zur Begrüßung.

Ich hatte sie vermisst, auch wenn es nur wenige Tage waren, die wir uns nicht gesehen hatten. Em wusste das sowieso, ich musste es nicht aussprechen oder sie unangenehm lange umarmen.

Will beugte sich nach vorne. »Jake müsste jeden Moment dran sein.« Er hielt Ems Hand.

Will und Em waren nun seit einem knappen halben Jahr zusammen, und jedes Mal, wenn ich sah, wie glücklich die beiden miteinander waren, machte mein Herz freudige Hüpfer. Laute Rufe und heftiges Klatschen ließen mich aufschauen. Das Amber Falls College Schwimmteam betrat gerade die Halle, und jeder der – zugegeben ziemlich gut gebauten – Schwimmer nahm seinen Platz am Beckenrand ein. Vielleicht waren auch sie der Grund, warum ich Jake so gerne bei seinen Wettkämpfen unterstützte. Ich stellte mir vor, wie sich die Muskeln seiner Teamkameraden unter meinen Fingern anfühlen würden, wenn ihre Haut vom Wasser noch leicht feucht und kühl war. Ich biss mir unauffällig auf die Lippen und verdrängte den Gedanken. Zumindest für den Moment. Das State Meet heute war wichtig. Unser Team trat gegen das Limestone College an, und die Jungs mussten zu Höchstleistungen auflaufen, um heute zu gewinnen.

Ich sah Will und Em fragend an. »Gibt’s eigentlich irgendetwas, das man bei so einem Schwimmwettkampf auf keinen Fall rufen darf?«

Em wandte sich mir zu. »Also ich habe vorher mal ein bisschen recherchiert und einen Blogbeitrag gefunden, in dem es darum ging, wie sich das Zuschauerverhalten in den letzten Jahren allgemein …«

Ich lächelte Em an. »Komm zum Punkt.«

»Oh …« Em lächelte mich entschuldigend an. »Also ehrlich gesagt standen da gar keine Beispiele drin.«

Ich liebte Em für ihre manchmal leicht verpeilte Art. »Also«, begann ich, »dann wäre es wohl kein Problem, wenn ich Jake zurufen würde, dass ich stolz auf ihn bin, weil er es endlich auch ohne Schwimmflügel bis zur anderen Seite des Beckens schafft?«

Em riss die Augen auf, und Will sah mich ernst an. Sie wussten, dass mir so was tatsächlich zuzutrauen wäre. Ich schüttelte lachend den Kopf und wandte mich wieder dem Wettkampf zu. Jake verstaute gerade seinen Trainingsanzug in einer kleinen Plastikbox am Beckenrand, dann klatschte er mit ein paar Teamkameraden ab. Auch Nick, sein Mitbewohner in der wohl luxuriösesten WG von Amber Falls, die wir häufig für unsere Filmabende nutzten, bekam ein High five.

»Im Zweifel ruf doch einfach Go Sharks«, flüsterte Will mir zu, während aus den Lautsprechern die Teamaufstellungen für die 200 m Freistil durchgesagt wurden, und zeigte auf das Plakat mit dem Vereinsmaskottchen unseres Schwimmteams. Naheliegend, ein Wassertier zu nehmen, das Angst und Respekt einflößen sollte. Aber wenn ich an Jakes liebenswert-knuffige Art dachte, hätte ich wetten können, dass er für die Amber Falls Sea Turtles schwamm.

Ich feuerte Jake und die anderen Jungs so laut ich konnte an. Und als Jake als Erster am Beckenrand anschlug und gewann, brach die ganze Tribüne in Jubelschreie aus. Heute würde ein guter Tag werden.

Wenig später stand ich in Jakes Wohnzimmer, umgeben von lauter Musik und ausgelassenen Leuten, die immer noch voller Euphorie über den glorreichen Sieg sprachen. Ich hob einen roten Plastikbecher an meine Lippen und nahm einen großen Schluck kühles Bier. Das ganze Team hatte unglaubliche Arbeit geleistet, und Jake hatte sogar ein paar seiner persönlichen Bestzeiten geknackt. Man könnte meinen, eine Party bei Sportlern würde aus isotonischem, alkoholfreiem Bier und ein paar Gemüsesticks bestehen, damit die Astralkörper keinen Schaden nahmen. Aber weit gefehlt. Laute Musik dröhnte aus mehreren Boxen, und die Plastikbecher waren üppig mit Alkohol gefüllt. Ein Beerpong-Turnier war in vollem Gange, und auch hier lief es für das Schwimmteam gut. In der Ecke gegenüber wurde eine Runde Battleshots gespielt, und ich ahnte bereits, dass Nick eine der ersten Schnapsleichen des heutigen Abends sein würde. Battleshots war wie das klassische Schiffe versenken, nur dass jeder Treffer einen Shot bedeutete und jedes vollständig versenkte Schiff gleich einen weiteren. Ich schlenderte durch die Zimmer, ehe ich mich auf ein Sofa fallen ließ. Den ganzen Abend schon hatte ich mich unterhalten, gelacht und geflirtet, aber gerade war mir einfach nur nach Pause. Ich wollte einen kurzen Moment durchatmen und in Ruhe mein Bier austrinken. Es nicht, wie ich es sonst tat, die Kehle runterschütten, damit ich möglichst schnell das Kribbeln spürte. Ich genoss es, meinen Blick durch den Raum gleiten zu lassen und mich für kurze Zeit zu fühlen, als wäre ich nicht mehr Teil des Geschehens. Als könnte ich die Zeit anhalten und einfach nur sein und beobachten, ohne dass mich jemand oder etwas unter Druck setzte.

»Hey, ist hier noch frei?« Erschrocken fuhr ich herum, zu den braunen Augen und dem charismatischen Lächeln, das mich meinte und zu einem Schwimmer in Jakes Team gehörte.

»Ja klar«, kam es mir ohne ein Zögern über die Lippen. Ich lächelte zurück und presste meine Lippen sanft aufeinander. Es war eine antrainierte Reihenfolge von kleinen Gesten. Wie ein Film, den ich abspulte, ohne groß darüber nachzudenken.

»Warst du heute auch beim State Meet?« Seine Stimme war freundlich, aber bereits leicht verwaschen. Er hatte seinen Becher bestimmt bereits ein paar Mal nachgefüllt.

»Nein. Ich bin nur zufällig hier gelandet, weil ich auf der Suche nach einem Stripclub war, um mir ein paar oberkörperfreie Männer anzuschauen.« Ich lachte ihn an, doch als sein Blick sich nicht veränderte, schaute ich kurz genervt weg, ehe ich erneut ansetzte.

»Ja«, sagte ich nur und ignorierte, dass er meinen Sarkasmus nicht verstanden hatte oder ihn vielleicht nicht witzig fand.

Vermutlich hatten die ganzen Anabolika, mit denen er seine Arme so unförmig aufgepumpt hatte, den Großteil seiner Gehirnzellen ausgelöscht. Ich umklammerte meinen Becher etwas fester, um mich daran zu hindern, etwas Derartiges auszusprechen. Ich war unfair. Ich kannte ihn ja gar nicht.

»Wie heißt du?« Er spannte die Muskeln seiner Arme an. Vielleicht war es Berechnung oder eine unterbewusste Handlung. Ganz egal, es funktionierte.

»Lexie.« Ein Name. Mehr würde es nicht geben. Keine persönlichen Informationen, keine dämlichen Geschichten aus der Kindheit. Dafür hatte ich nichts übrig, denn es würde viel zu viel der Distanz nehmen, die ich immer aufrechterhielt, weil Männer sonst schnell unglaublich anstrengend wurden. Damit meinte ich emotionale Distanz. Körperlich könnte er mir gerne ein bisschen näher kommen.

»Es sollte verboten sein, so gut auszusehen.« Er ließ seinen Blick über mein eng anliegendes schwarzes Kleid wandern und blieb einen Moment zu lange an meinen Brüsten hängen. Er verzog einen Mundwinkel leicht, und ich musste gestehen, dass es ihm stand.

»Danke«, erwiderte ich und strich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, um ihn danach aus unschuldig leuchtenden blauen Augen heraus anzuschauen. Es war pure Berechnung.

Nichts an mir war unschuldig, aber ich hatte schnell gelernt, welche Mimik und Gestik nötig waren, um die Sache ins Rollen zu bringen. Ich öffnete meinen Mund leicht und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen, sofort schnellte sein hungriger Blick dorthin, wo ich ihn haben wollte.

»Du … bist so heiß«, murmelte er mit der Wortgewandtheit eines Neandertalers.

Ich musterte erst sein spitzes Kinn mit dem Dreitagebart, dann blickte ich in seine dunklen Augen und sah, dass er mich wollte.

Er setzte sich neben mich und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel, seine Lippen näherten sich meinem Ohr. »Du bist der Hauptgewinn. Es wird ein Triumph, mit dir zu schlafen«, flüsterte er.

Ich riss meine Augen auf, bevor ich sie direkt danach verdrehte, gewiss, dass er meinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Und während sich sein Mund meinem näherte, bemerkte ich aus dem Augenwinkel Jakes amüsierten Blick. »Oh shit! Da ist mein Freund!«, rief ich, drehte meinen Mund weg und schaute zu Jake.

Der Kerl, dessen Namen ich nicht einmal kannte, folgte meinem Blick. Jake stand völlig perplex da und starrte mich an, ehe aus der Verwirrung ein böses Funkeln wurde.

»Du und Jake?« Der Kerl schaute Jake mit einer Mischung aus Verwunderung und Missmut an.

Ich schob seine Hand von meinem Oberschenkel und stand vom Sofa auf. Ich wollte zu Jake, doch dann drehte ich mich noch einmal um, weil es eigentlich nicht meine Art war, mit einer vorgespielten Beziehung aus einer Situation zu flüchten. Der Kerl sollte die Wahrheit bekommen, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob sein aufgeblasenes Ego, das wohl an körperliche Eroberungen und Triumphe gebunden war, das verkraften würde.

»Nein. Ich habe keinen Freund.« Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Aber ich habe immer noch ein paar Ansprüche und ein letztes bisschen Würde, das ich mir gerne bewahren würde.«

Jakes Teamkamerad verzog sich schmollend an die Bar.

»Sorry und danke.« Ich presste meine Lippen aufeinander und sah Jake entschuldigend an.

»Immer gerne, Lexie.« Er griff nach meiner Hand und drückte sie. »Das weißt du.« Jake sah mich verständnisvoll an.

»Das weiß ich«, wiederholte ich und drückte seine Hand ebenfalls.

»Aber …« Ein verschmitztes Grinsen trat auf seine Lippen. »Also falls das ein ernst gemeintes Angebot war …«

»Vergiss es«, unterbrach ich ihn lachend und ließ ihn kopfschüttelnd stehen.

Ich verzog mich auf den Balkon, meinen leeren Becher in der Hand. Die Stimmen drangen nur gedämpft zu mir. Ich genoss die Ruhe, während ich mich an das Geländer lehnte und meinen Blick über die dunkle Straße gleiten ließ. Ich dachte an den Neandertaler und daran, dass ich niemand war, den man erobern oder gar besitzen konnte. Ob er das kapiert hatte? Jake aber verstand es. Ich war keine Trophäe, die man in die Luft streckte und mit der man bei seinen Freunden prahlte. In solchen Momenten nahm ich mir die Freiheit, die Kerle einfach sitzen zu lassen. Denn meine Freiheit war und wird immer das Wichtigste für mich bleiben.

Kapitel 3

Ich ließ den Cursor über dem Button schweben, der den Kauf abschließen würde, und wägte die Pros und Kontras noch einmal in Ruhe ab, ehe ich mir sicher war und den Button anklickte. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen, nachdem mir dankend der Kauf des neuesten Dark-Souls-Spiels bestätigt wurde. Hastig schloss ich den Browser, als der Dozent den Raum betrat. Während er seinen Laptop aus der Tasche kramte, schob ich meinen zur Seite, öffnete meine Notizen und legte das Tablet bereit, um die wichtigsten Dinge direkt in den Folien zu notieren. Mein Blick streifte zwei Studentinnen, die mit mir in diesem dunklen und schlecht durchlüfteten Vorlesungssaal saßen, und ich musste schmunzeln. Wenn man in Programmieren 2 saß, wurde einem immer wieder vor Augen geführt, woher all diese Klischees über den typischen Nerd, der Informatik studierte, kamen. Doch ich liebte es und fühlte mich wohl, wenn wir eine neue Programmiersprache lernten. Es war ein sehr befriedigendes Erfolgsgefühl, wenn der Code, an dem ich tagelang knobelte, endlich aufging und das Programm lief. Ich saß hier, weil ich eines Tages als Gamedesignerin arbeiten wollte. Am liebsten bei Riot, einem der größten Spieleentwickler weltweit.

Nach der Vorlesung klappte ich meinen Laptop zu und machte mich auf den Weg ins Green Basil, um mir mein wohlverdientes Mittagessen zu holen und Em zu treffen. In dieser Reihenfolge. Ich mochte Em, sehr sogar, aber manchmal verlor selbst sie, wenn es um Essen ging.

Kaum hatte ich das Green Basil betreten, stieg mir der intensive Duft nach Kräutern und Gewürzen in die Nase. Ich blieb kurz stehen und atmete mehrmals tief durch. Das Green Basil war einer der wenigen Orte, die ich bedingungslos liebte. Ein Ort der schönen Erinnerungen und ein Ort köstlicher Mahlzeiten, die ich meistens gratis bekam, weil Ems ältere Schwester Cas den Laden quasi führte. Ich setzte mich zu Em, die bereits vor einer dampfenden Tasse Tee an unserem Stammplatz am Fenster saß, und beäugte den Keks, der neben ihrer Teetasse lag.

»Wie war dein Tag?« Em schob mir mit einem Lächeln den Keks rüber. Ihr Lächeln war verhalten, aber warm. Ich sah es an der kaum merklichen Regung ihres Mundwinkels und dem zaghaften Strahlen ihrer braunen Augen.

»Unspektakulär würde es wohl am besten treffen«, gab ich lächelnd zurück und nahm die entspannende Musik wahr, die leise aus den Lautsprechern an der Decke plätscherte.

»Hast du schon eine Note für den Essay bekommen, an dem du die letzten Wochen so viel gearbeitet hast?« Em blickte von ihrem Handy auf und schenkte mir ihr ehrliches Interesse.

»Ja, lief super. Bestnote«, grinste ich sie stolz an.

Im Augenwinkel machte ich Andrew aus und schenkte auch ihm ein freundliches Lächeln zur Begrüßung. Er machte sich kurz darauf mit einem Nicken auf den Weg zur Bar, und ich wusste, er würde mir gleich wie immer eine eiskalte Cola bringen. Zuvor blieb er noch einmal kurz stehen, um Cas einen kurzen, aber innigen Kuss auf die Lippen zu geben. Andrew brachte das Beste in Cas zum Vorschein. Er war wie ein großer Bruder für Em. Ich konnte das akzeptieren, trotz der Tatsache, dass Hawkeye sein Lieblings-Marvel-Held war. Es war schwierig, aber wir alle brachten in unserem Leben gewisse Opfer.

»Und dein Tag?«, fragte ich Em zurück. Es war nicht nur eine Floskel oder ein seltsames Gefühl der Verpflichtung, dass ich Em nach ihrem Tag fragte. Ungezwungene Phrasen, die wir vollkommen ernst meinten.

»Total spannend! Im Social-Media-Seminar haben wir heute etwas über das frühzeitige Erkennen von Trends gelernt.«

»Das kannst du doch sicher super für dein Bookstagram nutzen, oder?« Ich schob mir den Keks in den Mund.

»Ja total. Zu Medienmanagement zu wechseln war genau die richtige Entscheidung.« Em schaute kurz auf ihr Handy, ehe sie es sperrte und zur Seite legte. Gerade so weit, dass es außerhalb ihres Blickwinkels lag, aber nicht im Sturzflug auf dem Boden landen würde, sollte Ems Tollpatschigkeit wieder die Oberhand gewinnen. »Lernen fühlt sich gar nicht mehr nach Arbeit an.«

»Diese Worte aus deinem Mund. Ich bin schockiert.« Ich grinste. »Dann probieren wir gleich heute Abend zusammen die Pomodoro-Technik aus? Na, was denkst du? Zu dir oder zu mir?«

»Heute Abend kann ich nicht. Ich bin noch mit Will verabredet«, sagte sie mit einem Unterton in der Stimme, der ihre Vorfreude verriet. »Wir bestellen Sushi und lesen 1984 weiter.« Ein Lächeln huschte über ihre Lippen und erreichte im Bruchteil einer Sekunde ihre Augen, die jetzt deutlich heller strahlten. Sie war wirklich verliebt. Ich erwiderte ihren freudigen Blick und schüttelte ungläubig den Kopf.

»Was?« Sie musterte mich verwundert.

»Ach … nichts.« Ich fuhr mir durch meine blonden Locken und löste ein paar Knoten, die der Wind verursacht hatte. »Okay, Lüge. Zwei Sachen«, stellte ich klar und stützte meine Unterarme locker auf den Tisch. »Erstens: Ihr trefft euch, um gemeinsam zu lesen. Dein einfühlsamer, sensibler, hotter Boyfriend liest dir mit seiner sexy, rauchigen Stimme aus einem literarischen Klassiker vor.« Ich lehnte mich etwas weiter zu ihr rüber. »Das klingt, als hättest du es dir ausgedacht, oder als könnte es in einem deiner übermäßig kitschigen Liebesromane stehen.«

Kurz zögerte sie. »Er raucht nicht«, erwiderte sie gleichgültig und ließ alle anderen Feststellungen einfach im Raum stehen, aber ihr amüsierter Gesichtsausdruck war nicht zu übersehen. »Und zweitens?« Em überschlug lässig die Beine und sah mich mit schief gelegtem Kopf an.

»Hättest du dir das vor einem Jahr vorstellen können?«

Es folgten einige Sekunden nachdenklichen Schweigens.

»Nein.« Em klang verträumt. »Aber es ist perfekt.« Das Braun ihrer Augen schimmerte wie ein Meer aus Diamanten.

»Ein mächtiges Wort«, gab ich zu bedenken und musste einen spontanen Brechreiz unterdrücken, weil Em mich schon dazu gebracht hatte, in Vergleichen wie Meer aus schimmernden Diamanten zu denken.

Em sah mich an. »Da fällt mir noch ein, ich wollte dich um etwas bitten.«

»Ich höre?«

»In ein paar Wochen steht eine große Aktion zum neuen Spitzentitel bei Peak Press an. Ich moderiere eine Online-Leserunde und bräuchte dafür noch ein paar Grafiken.« Em fischte ihren Kalender aus der Tasche und legte mir die Monatsübersicht mit all ihren farblich markierten Terminen vor. »Ich wollte dich fragen, ob du dafür ein paar Grafiken und Bilder designen könntest? Der Verlag bezahlt natürlich.«

»Na klar, das schaffen wir.« Ich arbeitete gern mit Em zusammen. Und die Aussicht auf ein bisschen mehr Geld auf meinem Konto, gerade nachdem ich mal wieder hundert Dollar nach Chicago losgeworden war, machten mir die Entscheidung leichter.

Auf einmal hellte sich Ems Gesicht auf. Will hatte eben das Basil betreten und ging auf unseren Tisch zu. Jetzt galt Ems Aufmerksamkeit nur noch dem Mann mit dem hellen Shirt und den braunen Locken, die auf seinem Kopf ihr Eigenleben führten. Ich nahm es ihr nicht mal übel, dass sie mich so links liegen ließ, weil ich Will für das, was er mit Em machte, nur noch mehr liebte. Außerdem war es ein ständiges Geben und Nehmen. In ein paar Sekunden würde Em wieder bei mir sein, und wenn ich auf der nächsten Party spontan meine Aufmerksamkeit von ihr auf einen gut aussehenden Mann umschwenkte, würde sie es auch nicht persönlich nehmen.

Mit einem lässigen »Hey« ließ Will sich auf die Bank neben Em fallen, und kaum war er ihr nahe genug, berührten sich ihre Lippen. Der Kuss war nur kurz, und doch musste ich schmunzeln.

»Was?« Em sah mich verlegen lächelnd an und verschränkte ihre Hand mit Wills.

»Ach, ich habe mir nur gedacht, dass ihr heute Abend sicher nicht viel weiter mit 1984 kommen werdet. Aber kommen werdet ihr.« Ich zuckte beiläufig mit den Schultern, und als Em ihren Kopf schief legte, konnte ich sehen, dass sie abwägte, welcher Gegenstand aus ihrem näheren Umfeld am besten dazu geeignet wäre, ihn nach mir zu werfen. Ich machte mir aber keine größeren Sorgen. Nicht, weil Em nichts finden würde, sondern weil ihre Zielgenauigkeit auf diese Distanz genauso groß war wie mein Interesse an dauerhaften Beziehungen. Nicht vorhanden.

»Spricht da etwa der Neid aus dir?« Will legte seinen Arm um Em, aber nicht, um demonstrativ seine Besitzansprüche anzumelden, sondern weil die beiden die Nähe zueinander genossen. Komisch, aber so war es.

»Eher das Talent, Küsse auf der Vorspiel-Skala einzuordnen«, gab ich zurück.

»Vorspiel-Skala?« Em wiederholte ungläubig meine Worte.

»Ja, also …«, begann ich.

»Nein Moment, ich habe noch mal darüber nachgedacht«, unterbrach sie mich schnell. »Ich will es gar nicht genauer wissen.« Einen kurzen Moment wechselten wir zu dritt Blicke, ehe wir alle in schallendes Gelächter ausbrachen.

Das Vibrieren meines Handys ließ mich verstummen. Verwundert nahm ich es in die Hand, während ich auf die Benachrichtigung meiner Bank klickte. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Die hundert Dollar waren auf mein Konto zurücküberwiesen worden. Überweisung nicht möglich stand da auf meinem Display.

»Lexie?« Ems fragender Blick klebte an mir.

»Hmm?« Ich sah auf und ließ das Handy sinken, während ich es immer noch so fest umklammert hielt, dass ich mir selbst das Blut abschnürte.

»Alles gut?« Will sah mich ebenfalls leicht besorgt an.

»Ja, sorry.« Ich schüttelte mich kurz. »Ich habe nur eben die Nachricht bekommen, dass die Gruppenarbeit in meinem Seminar doch schon nächste Woche fällig ist, und ich kenne bisher nicht einmal die Namen meiner Gruppenmitglieder«, kam es mir viel zu leicht über die Lippen. Doch alles, woran ich denken konnte, war die fehlgeschlagene Überweisung. Was hatte das zu bedeuten? Lag nicht genug Geld auf meinem Konto?

»Ich muss gehen«, sagte ich. Das war immerhin keine Lüge.

»Lexie.« Kurz sah Will zu Em, als wollte er sich rückversichern, dass sie einverstanden war, ehe er sich wieder mir zuwandte. »Willst du uns heute Abend Gesellschaft leisten?«

»Danke, aber ich habe was anderes vor.« Ich griff nach meinem Rucksack und stand auf. »Außerdem habt ihr definitiv auch etwas anderes vor.« Ich drehte mich ohne ein weiteres Wort um und hastete aus dem Basil. Em und Will wollte ich nichts vorspielen.

Kapitel 4

Wenige Stunden später nippte ich im Bronze an einem Bacardi und blickte über die Tanzfläche zu den Feiernden. Der neueste Song von The Weeknd dröhnte durch den Club. Und obwohl ich mir vorgenommen hatte, nicht mehr an Liam zu denken, schwirrte er mir seit der Rücküberweisung ständig im Kopf herum. Mein Konto war ausreichend gedeckt. Aber sein Konto existierte nicht mehr, und ich fragte mich, warum. Wollte oder brauchte er meine Hilfe nicht mehr?

Die Eiswürfel stießen kalt an meine Lippen, als ich mein Glas leerte und zurück auf den Tisch stellte. Ich wischte mir die Hände an meinem kurzen schwarzen Rock ab, weil ich das unangenehme Gefühl des Kondenswassers an meinen Fingern loswerden wollte. Ich beschloss, ein für alle Mal, nicht mehr an Liam zu denken. Er gehörte seit fünf Jahren nicht mehr zu meinem Leben und musste mit seinen Problemen selbst klarkommen. Außerdem saß ich schon viel zu lange auf den zugegebenermaßen sehr gemütlichen schwarzen Polstern, aber jetzt war es Zeit, auf die Tanzfläche zu kommen. Ich schob meine Jacke und Tasche hinter die Rückenlehne und stürzte mich ins Getümmel.

Meine Hüften wiegten sich im Takt der Musik. Ich genoss es, mit geschlossenen Augen die Musik zu fühlen, hob meine Arme über den Kopf, bevor ich sie langsam und eng an meinem Körper wieder hinuntergleiten ließ. Sachte hob ich meine Lider und bemerkte eine hochgewachsene Gestalt im Halbdunkeln, die mich beobachtete und sich mir näherte. Ich konnte spüren, wo seine Augen über meinen Körper fuhren, und mir wurde immer wärmer, je näher er mir kam. Er blieb so dicht vor mir stehen, dass sich unsere Körper fast berührten. Ich schaute zu ihm auf. Seine tiefbraunen Augen wurden fast von der Dunkelheit, die uns umgab, verschluckt, und doch konnte ich den hungrigen Blick ausmachen, mit dem er mich musterte. Sofort war mir klar, dass es heute noch ein guter Abend werden würde.

Wir bewegten uns im langsamen Takt der Musik, und ich hatte das Gefühl, ich könnte das ein gesamtes Album lang machen. Seine Hand lag flach auf meinem Rücken, und sein Blick verriet, dass er nicht schüchtern war. Ich trat einen Schritt näher an ihn heran und verschränkte meine Arme in seinem Nacken, ließ das letzte Stück Distanz hinter uns, presste meinen Körper eng an seinen und entlockte ihm damit ein Raunen, das ich über die Musik hinweg hörte. Sein heißer Atem kitzelte auf meiner Haut. Zugegeben, die harten Muskeln, die ich spürte, während ich mich gegen ihn presste, ließen auch durch meinen Körper ein Kribbeln fahren, das genau dort intensiv endete, wo ich ihn heute noch spüren wollte. Wir hatten noch kein Wort gewechselt, aber ich wollte das hier unbedingt beschleunigen, so groß war mein Verlangen nach ihm. Ich schmiegte mich an ihn und hob meinen Kopf, bis ich meine Lippen ganz sanft auf seine presste. Das hier war nur der Anfang. Ich griff nach seiner Hand, verschränkte meine Finger mit seinen und drehte ihm den Rücken zu, während ich weiter tanzte und meinen Körper gegen seinen presste. Ich bewegte meine Hüften und spürte, wie sehr ihn das anmachte. Meine Hand lag in seinem verschwitzten Nacken, während ich mich zurücklehnte und ihm flüchtig in die Augen schaute. Doch dieser kurze Blick reichte aus, um das Verlangen zu sehen, was auch in seinen Augen lag.

Der Song endete, und er zog mich von der Tanzfläche. Keine Worte, keine Regung, nur wir beide, die einander nicht aus den Augen ließen. Zaghaft öffnete ich den Mund und ließ meine Zunge leicht über meine Lippen fahren. Sein Blick fixierte mich, und vielleicht stellte er sich vor, wie sich meine Lippen auf seiner Haut anfühlen würden. Ich tat es auf jeden Fall. In meiner Vorstellung waren wir bereits in seinem Bett. Ich verlor jegliche Geduld, packte ihn und zog ihn zu mir herunter, um seine Lippen auf meinen zu spüren und ihn zu schmecken. Ich biss ihm in die Lippe, gerade fest genug, um das Raunen zu hören, das ich direkt wegküsste. Leicht außer Atem lösten wir uns voneinander.

»Eine Sekunde«, hauchte ich, immer noch nicht ganz wieder bei mir, und drehte mich um, noch bevor er reagieren konnte. Hastig ging ich zur Garderobe und schnappte mir meine Jacke und die kleine schwarze Handtasche, die ich dabeihatte.

Als ich wieder zurück zu ihm kam, warf ich ihm einen vielsagenden Blick zu. »Können wir …?«

»Nate.« Er strahlte mich an.

»Danke«, entgegnete ich lediglich und ging schon Richtung Ausgang, doch Nate hielt mich am Handgelenk fest.

»Und mit wem habe ich das Vergnügen?« Er kam mir näher, die tiefen Töne seiner Stimme jagten einen wohligen Schauer durch meinen Körper.

»Du kannst mich Lexie nennen.« Ich streifte seine Finger von meinem Handgelenk und verengte die Augen, ehe ich mit kaum mehr als einem Flüstern hinzufügte: »Aber glaub mir, das Vergnügen wird erst noch kommen. Dafür sorge ich.« Ich ließ ihn mit offenem Mund stehen und verließ das Bronze, während er noch ein paar ungläubige Sekunden brauchte, um zu verarbeiten, was ich gerade gesagt hatte.

Die Nachtluft umspielte meine nackten Arme, doch mir war nicht wirklich kalt. In mir loderte ein Feuer, und die Hitze stieg mir bereits in die Wangen. Mein Blick wanderte zum Himmel mit all den leuchtenden Punkten, die über mir schwebten. Jede Nacht war anders, bei jedem Blick entdeckte ich etwas Neues. Mit einem einzigen Blinzeln konnte sich alles verändern. Doch Veränderung konnte auch etwas Gutes sein, Veränderung war alles, was ich mir lange Zeit gewünscht hatte, bis ich hier angekommen war. Freiheit war etwas Gutes.

»Worauf wartest du?« Nate legte seinen Arm auf meinen Rücken, dorthin, wo er mich vorhin schon gehalten hatte, während wir im Takt der Musik getanzt hatten. Verwundert fuhr ich herum, und für einen Moment noch konnte ich die hell tanzenden Punkte in seinen Augen sehen, als würde ich immer noch in den Sternenhimmel schauen. Ich fing mich schnell wieder und räusperte mich.

»Darauf, dass du mir endlich sagst, in welches Auto ich steigen muss, damit das hier noch ein gutes Ende nimmt.« Meine Lippen lagen fest aufeinandergepresst, und ich gab mit keiner Regung preis, was ich dachte.

Nate musterte mich, schaute mir unerbittlich in die Augen. Er nahm seine braune Lederjacke, die über seinem Arm hing, und schlüpfte hinein. Gerade dachte ich, wir würden hier Wurzeln schlagen, und war schon dabei, mir ein paar sarkastische Worte zurechtzulegen, da schallte ein Klicken durch die Nacht, und ich sah im Augenwinkel, wie die Lichter an einem dunklen Geländewagen orange aufleuchteten. Doch Nate bewegte sich immer noch nicht. Er schaute mir nur weiter in die Augen, seine Hand immer noch an der exakt selben Stelle an meinem Rücken. Mein Atem ging ruhig, doch das Wissen, wie sich sein Bart auf meiner Haut anfühlen würde, ließ mich ungeduldig werden.

Ich hob meine Hand und legte die Finger ganz sanft auf seine Wange. »Wenn du jetzt nicht gleich mit zu deinem Auto kommst, kommst du heute Nacht gar nicht mehr.« Und kaum hatten die Worte meinen Mund verlassen, ließ ich meine Hand sinken und drehte mich ruckartig zum Auto, um kurz darauf auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Nate zögerte nicht lange, ließ fast im gleichen Moment wie ich die Tür hinter sich zufallen und startete den Motor.

»Warte.« Ich hob die Hand. »Hast du getrunken?« Die Frage kam aus dem Nichts, und doch ließ mein Blick keinen Spielraum.

»Nein«, antwortete er ruhig und sah mir in die Augen.

»Gut.« Ich lächelte und lehnte mich entspannt zurück. »Na dann los. Worauf wartest du?« Kopfschüttelnd drehte er sich wieder um und gab grinsend Gas.

Nate nahm die Umgehungsstraße von Amber Falls, die in regelmäßigen Abständen von den diffus gelb scheinenden Lichtkegeln der Straßenlaternen erhellt wurde.

Wir hatten bereits ein paar angenehme Minuten der Stille hinter uns gebracht, da wendete er den Blick für den Bruchteil einer Sekunde von der Straße ab. »Bist du in Amber Falls aufgewachsen?«

Scheinbar hatte er die Ruhe als peinliche Stille gewertet und war der festen Überzeugung, er müsste etwas dagegen tun. Ich betrachtete sein Profil. »Hör zu …« Ich konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. »Wir müssen das hier nicht machen.«

»Was? Soll ich dich nach Hause bringen?«

»Wehe!« In meinem Kopf notierte ich mir, dass er offenbar ein Gentleman war, aber ich wollte nicht nach Hause. »Nein, ich meinte all das hier«, erklärte ich und gestikulierte dabei wild in der Luft herum. »Diesen peinlichen Small Talk, bei dem du versuchst, mich kennenzulernen, und mir danach von dem tragischen Tod deines ersten Haustiers erzählst.« Ich sagte das nicht ihm zuliebe. Sondern mir. Ich wollte nichts über ihn hören. Nichts, das ihn zu mehr als einem Namen mit einem doch sehr hübschen Gesicht machte. Bei all der körperlichen Distanz, die wir heute noch überwinden würden, musste ich ihn wenigstens emotional von mir fernhalten. Mehr als ein nett gemeintes Winken aus der Ferne würde es nicht geben. Ich hatte mir nie irgendwelche strengen Regeln auferlegen wollen, aber aus Erfahrung wurden Männer ohne Regeln oft anstrengend. Sie wollten Ballast abladen, weil sie glaubten, ich würde sie emotional unterstützen oder mich ihre verletzliche Art anmachen würde. Nichts davon war der Fall. Also kein Small Talk. Und niemals mehrfach Sex mit demselben Typen. Ich holte Luft und schnaubte leicht. »Wirklich, der Verlust von Smarty, Pikachu oder wem auch immer tut mir wahnsinnig leid, aber ich will lediglich Sex mit dir haben und danach in meinem eigenen Bett mit einem guten Marvel-Film im Hintergrund einschlafen.« Ich ließ die Hoffnung weg, dass der Sex gut sein würde. Ich kannte Nate noch nicht, hatte aber die Erfahrung gemacht, dass manche Männer sich von meinen Erwartungen unter Druck gesetzt fühlten und dann ganz seltsame Dinge ausprobieren wollten. Seltsame Dinge, die ich nie wieder mitmachen würde.

»Pumba.« Nate schaute auf die Straße und wiederholte, ohne mich anzusehen. »Mein Hund hieß Pumba.« Er zuckte mit den Schultern und begann laut zu lachen, als er merkte, dass ich mit vielen Antworten gerechnet hatte, aber definitiv nicht mit dieser.

Kurz nachdem wir den Burberry Park passierten, bog Nate ab und parkte in einer kleinen Seitenstraße.

Kaum hatte Nate den Schlüssel im Schloss umgedreht, stürmten wir in seine Wohnung und schlugen die Tür hinter uns zu, indem Nate mich von innen dagegen presste, während seine Lippen schon auf meinen lagen. Küssend taumelten wir durch den dunklen Flur in sein Schlafzimmer. Das einzige schwache Licht kam von einer Straßenlaterne draußen vor dem Fenster. Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren, er legte seine Hände auf meinen Hintern und zog mich leicht zu sich hoch, während sich unsere Lippen keine Sekunde voneinander lösten. Ich legte meine Fingerspitzen auf seine Brust und drückte ihn Richtung Bett. Kurz schielte ich an Nate vorbei, um zu überprüfen, dass ich ihn gleich auch wirklich auf sein Bett und nicht etwa aus Versehen über die Kante seines Schreibtischs stoßen würde. Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln. Ihn auf dem Schreibtisch zu vögeln, hätte bestimmt auch etwas. Ich gab ihm den letzten, entscheidenden Stupser, er ließ sich rückwärts auf das Bett fallen, seine Augen verdunkelt vor Lust und Vorfreude auf all das, was noch folgen würde. Ein Blick auf sein Bettlaken ließ mich innehalten.

»Was?« Eine zögerliche Unsicherheit lag in seiner Stimme.

»Echt jetzt?« Ich zeigte auf die welligen roten Haare, die unübersehbar auf seiner Bettwäsche prangten. »Aquagirl?« Nate stutzte kurz, ehe er mit einem Lachen die Hände hob. Ich mochte den Klang. »Sorry, aber auf AquaMAN stehe ich nicht so unbedingt.«

»Ach, als wäre das das Problem. Auch wenn Jason Momoa zugegebenermaßen unglaublich heiß ist. Ich meine, diese Muskeln und der Bart und …«

»Ich kann mich auch wieder anziehen.« Nate richtete sich auf und blickte mich tatsächlich fragend an. Doch das Aufblitzen in seinen Augen verriet, dass er mit mir spielte.