XXL LESEPROBE - Rom im Untergang Band 1: Eine neue Macht - Alexander Kronenheim - kostenlos E-Book

XXL LESEPROBE - Rom im Untergang Band 1: Eine neue Macht E-Book

Alexander Kronenheim

0,0

Beschreibung

Historischer Roman zur Zeit Marc Aurels, geschildert aus römischer Sicht und durch die Augen eines germanischen Tribuns. In spannender Weise werden die aufkeimenden Konflikte mit neuen Mächten beschrieben, welche als Auslöser des Untergangs von Roms zu sehen sind. Auszug: Vom Flaminischen Tor her kamen zwei Krieger des Weges, mit Soldatenstiefeln und dunklen groben Kappenmänteln, wie solche die bei den in den nördlichen Provinzen liegenden Legionen in Gebrauch waren. Obwohl sie der Armee der die Welt beherrschenden Stadt angehörten, war doch offenbar das heiße Italien nicht ihre Heimat. Üppiges blondes Haar fiel ihnen in goldigem Glanz über den breiten Nacken, und den Melieren schmückte ein dichter Bart; die Sonne hatte ihre Gesichter gebräunt, und der Staub einer langen Reise bedeckte Helme und Mäntel. Von riesenhaftem Wuchs, überragten sie das gewöhnliche römische Volk um einen ganzen Kopf. Sie gingen langsam einher in schwankendem Gang, wie er Reitern eigen ist, schauten aber aufmerksam um sich. Als sie mit dem Zug zusammenstießen, wichen sie bis an den Fußsteig aus, verließen jedoch nicht die Mittelbahn. Einem der Klienten missfiel das, denn er schrie: „Zur Seile, ihr germanischen Hunde!" Und als diese Aufforderung erfolglos blieb, sprang er hinzu und fasste den jüngeren Krieger am Mantel. „Siehst du denn nicht, wer da kommt?!" Der Germane runzelte die Stirn, wies mit dem Daumen nach dem Angreifer und sprach zu seinem älteren Begleiter hinter ihm nur das eine Wort: „Hermann!" In seinem Ton lag ein Befehl. Der bärtige Krieger verstand ihn, denn er packle den Schreier und stieß ihn so heftig zurück, dass der römische Bürger mit seinem Schädel das Straßenpflaster berührte. Sofort wurden die beiden Germanen unter Geschrei und heftigen Gebärden umringt. „Barbaren!" „Überfallen römische Bürger!" „Nehmt sie fest!" So schlug es ihnen entgegen. Und wirklich erschienen Stadtdiener, von denen einer fragte: „Welcher Legion gehört ihr an?" Anstatt der Antwort warf der jüngere Germane seinen Mantel zurück. Ein Silberpanzer wurde sichtbar; um seinen Hals hing eine goldene Kette als Belohnung der Tapferkeit; über seine Hüften war ein farbiges Band geschlungen, das Abzeichen eines hohen Offiziers. „Platz für den Präfekten der Legionen des göttlichen Imperators!" riefen nun die Stadtdiener und senkten ihre in Rutenbündeln steckenden Beile vor dem Barbaren, den sie an seinen Abzeichen als das Abzeichen eines hohen Offiziers.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 98

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

XXL LESEPROBE - Rom im Untergang Band 1: Eine neue Macht

Kapitel 1

Vor dem Haus des Tribunen Julius Quinctilius Varus in Rom ging es schon laut und bunt her, obwohl die späte Oktobersonne soeben erst hinter dem Albanischen Gebirge auftauchte.

Einige Dutzend Männer in weißen Togen, ihrer Kleidung nach freie Bürger Roms, schlenderten gemächlich vor der hohen Gartenmauer hin und her.

Einer von ihnen, ein hochgewachsener, breitschulteriger Mann mit dunklem Haupthaar, näherte sich schließlich dem Tor, pochte dreimal mit dem Holzklöppel daran und rief: „Hallo! Hallo! Torwächter, mach auf! Wir sind's, die Klienten deines Herrn."

Hinter der Mauer ließ sich nur ein Hund hören, der grimmig bellte.

„Von Hunden werden wir überall begrüßt.“, brummte der Klient und zog sich gegen die Straßenmitte zurück, wo mehrere andere römische Bürger den Worten eines kleinen hageren Kauzes lauschten, welcher irgendetwas mit großer Lebhaftigkeit vortrug.

Das winzige Männlein verfügte über eine dünne, schreiende Stimme, half sich aber mit Gebärden; seine Hände, Füße und sein Kahlkopf waren in fortwährender Bewegung.

„Was haben wir von diesem Sieg über die Parther?", knurrte er. „Man hat sie zu Brei zusammengeschlagen, man hat ihre Städte verbrannt, ihre Tempel und Paläste ausgeraubt, man hat unzählige zu Sklaven gemacht . . . Aber wir? Wir erhielten von alledem auch nicht eine einzige Sesterze! Die Heerführer haben, wie immer, so auch jetzt die Beute eingeheimst! Über das Heer ist ein Regen von Belohnungen niedergeprasselt; uns, den Bürgern Roms, hat man die Ehre belassen, die im Triumph einziehenden Legionen nur zu bestaunen."

„Du hättest im Krieg mit dabei sein sollen.“, bemerkte der breitschultrige Braunkopf.

„Seht ihn an, den Helden!", schrie der Kleine. „Man könnte glauben, dass er seine Jugend im Kriegslager verbracht hätte! Indes wissen wir alle, dass er sich auch nicht einen Tag von der herrschaftlichen Türschwelle weg gewagt hat. In den Krieg? Ja, wozu denn? Die Knochen abnutzen in Wäldern und Wüsteneien, den Stab des Zenturionen auf dem Buckel tanzen lassen, einen ganzen Berg von Gerümpel auf dem Rücken tragen, ein Krüppel werden, sich der Todesgefahr aussetzen? Wahrlich, nicht dazu haben unsere Vorfahren die Welt erobert, dass wir römischen Bürger in den Wäldern Germaniens oder an den heißen Gestaden Afrikas oder Asiens jämmerlich umkommen!"

„Lucius spricht richtig!" wurde allseitig bestätigt. „Lucius hat Recht!", wiederholten viele.

Dadurch ermuntert, schalt Lucius weiter: „Wozu sind denn die germanischen, spanischen, ägyptischen Hunde da und all' die anderen barbarischen Völker? Die sollen sich für uns herumschlagen, die sollen Hände, Füße und Ohren verlieren. Der römische Bürger ist zum Genießen da! Das ist sein Vorrecht, das ist der Lohn für die Tapferkeit seiner Ahnen."

„Deine Ahnen haben gewiss nicht mit dem Arm, sondern mit dem Maulwerk gefochten!", unterbrach ihn der Starke. „Caius wird witzig." bemerkte ein Dritter.

„Und die deinigen“ entgegnete Lucius, „haben im Amphitheater sicherlich Stierrollen gespielt."

Der ganze Haufen lachte spöttisch auf.

„Stiere haben Hörner!", brummte Caius zurück.

„Und fressen gern Heu!", fügte Lucius hinzu. Schnell wandle er sich zur Mauer, riss eine Hand voll von dem dort wuchernden Unkraut ab und hielt es dem Caius unter die Nase, zu großer Belustigung der Zuhörer.

Caius beugte sich, als wollte er das Unkraut mit den Zähnen fassen, stieß aber mit seinem Schädel so heftig an Lucius, dass dieser zu Boden ging.

„Raufbold! Warte nur, bis ich mich erhoben habe!", schrie der Kleine, sich mühsam aufraffend.

Er ließ es jedoch bei seiner Drohung bewenden, als er wieder auf den Beinen stand, und warf dem Caius nur einige Schmähworte zu; dann rannte er zum Tor und begann wieder heftig mit den Fäusten darauf zu trommeln. „Mach' auf!", rief er.

Nun meldete sich hinter der Mauer eine laute Stimme: „Ruhe da! Der hochberühmte Tribun schläft noch."

„So mach doch auf! Du bekommst auch Trinkgeld!", bat Lucius.

„Kein Spatz würde sich bei deiner Freigebigkeit besaufen!", rief der Hauswächter hinüber.

„Ich habe für dich eine ganze Sesterze."

„Kaufe dir dafür ein Frühstück; du bist ja hungriger als ich."

„Sei nicht so frech, du Sklave!" schrie Lucius.

„Schrei' nicht so, du freier Bettler, sonst wirst du noch länger warten."

Lucius spie verärgert aus und kehrte zur Gruppe zurück.

„Ein elendes Handwerk, dieses Kliententum!", bemerkte er unwillig. „Den ganzen Abend die verschlissene Toga flicken und reinigen, sich des Morgens bei Tagesanbruch von der Streu erheben, stundenlang in der kühlen Morgenluft am Tor herumlungern, dann den Tag über dem Herrn Senator Bücklinge machen, bis es dem Potentaten gefällt, einem römischen Bürger einen Knochen hinzuwerfen! . . . Hat nicht irgendjemand von euch einen kleinen Schluck bei sich? Allmählich wird's jetzt kalt schon am Morgen.".

Da niemand sich meldete, hüllte er sich fester in seine Toga und blies in seine erstarrten Hände. „Ein Hundeleben!", zischte er.

„In der Tat, elend ist unser Gewerbe.“, sagte Caius. „Ich hab‘s schon satt."

„Und was willst du denn anfangen?", schrie Lucius. „Aus ist‘s mit den guten Zeiten der ersten Cäsaren, denen die Götter im Olymp ihre Beglückung der Armen lohnen mögen. Sie überhäuften die Plebejer mit Getreide, Geschenken und Gold, bewarben sich um unsere Gunst, hätschelten uns . . . Was ist's aber jetzt? Nicht einmal Denunziant, Menschenschinder, Spion kann man sein, weil ..."

„Halt's Maul!", unterbrach ihn heftig Caius. „Sehnst du dich zurück nach den Ächtungen, den Proskriptionen und den blutigen Schrecken der Caligula, der Nero und Domitian? Seht, was er für ein Bürger Roms ist, ein Nachkomme von Legionären! Er wäre wirklich bereit, den göttlichen Marcus Aurelius anzubellen ob seiner Güte und Gerechtigkeit!"

„Ja, was habe ich denn von der Güte und Gerechtigkeit des göttlichen Imperators? Dass Caligula, Nero und Domitian die Reihen der stolzen Geldprotzen ein wenig gelichtet, den Patriziern und Rittern etwas Blut abgezapft haben, was liegt denn daran? Für uns, für die Armen fanden sie stets Brot, Spiele und ein freundliches Lächeln. Jetzt aber? Seit drei Tagen habe ich nichts Warmes genossen, und nicht einmal ein Hund fragt danach, ob ich hungrig bin. Der Imperator philosophiert, seine Berater philosophieren, sogar Weiber philosophieren. Wenn mir dieses Elend allzu eklig wird, werde ich am Ende auch noch Philosoph!"

Die letzte Worte riefen allgemeines Gelächter hervor.

„Lucius ein Philosoph!", höhnte ein beleibter Mann, sich den Bauch haltend, welcher unter der Toga in heftige Bewegung geraten war.

„Warum denn nicht?", schrie Lucius. „Als ob es ein gar so großes Kunststück wäre, das Haar nicht zu kämmen, sich den Bart wachsen zu lassen, in einem allen, fadenscheinigen, angeflickten Mantel langsam und würdevoll einherzuschreiten und allerlei ungereimtes Zeug über Tugend und Götter zu schwatzen! Löcher habe ich ohnehin genug in meiner Toga, und mein Mund ist in Ordnung, wie ihr hört."

Die bisher leere Straße begann sich zu beleben. Truppweise zogen Klienten anderer Herren an denen des Julius Quinctilius Varus vorbei, alle in stark abgetragenen, leichten Togen. Sie schlenderten gähnend einher, die mit gestickten Sandalen beschuhten Füße mühselig hinter sich herschleppend.

„Ich wünsche euch ein reichliches Frühstück!", rief Lucius einer jeden neuen Gruppe zu.

„Gleichfalls, gleichfalls!", antwortete man zurück.

Kinder beiderlei Geschlechtes, mit Wachstäfelchen in den Händen, gingen zur Schule; flink bewegten sich Bäderburschen, Weißbrot in Körben auf dem Kopf tragend.

„Frisches Brot, frisches Brot, mürb und duftig!", rief ein solcher. „Kauft Quiriten, kauft!"

„So zeig's 'mal her!", gab einer von den Klienten zur Antwort.

„Das ist für euch!" lachte der Bursche, streckte gegen die „römischen Bürger" die Zunge aus und lief weiter.

„Sogar Sklaven haben vor uns keinen Respekt mehr", brummte Caius.

Da öffnete sich das Tor und in demselben erschien ein riesenhafter germanischer Sklave in roter Tunica; in der Rechten hielt er einen mächtigen Stab.

„Mein hochberühmter Herr entbietet seine Klienten zu sich.“, verkündete er in holperigem Latein.

Kraft einer kaiserlichen Verordnung musste den Personen des Senatorenstandes der Titel ‚hochberühmt‘ beigelegt werden.

Der Tribun war nach jahrelanger Abwesenheit, da mehrere aufeinanderfolgende Feldzüge ihn zurückhielten, nach Rom heimgekehrt, um zunächst das Prätoramt zu übernehmen. Er hatte heute zum ersten Mal die Klienten seines Hauses zu sich bestellt.

Mit dem Ungestüm eines eingedämmten Baches, wenn plötzlich die Schleuse geöffnet wird, drängte die Gruppe römischer Bürger zum Eingang. Einer überrannte den anderen; jeder wollte der erste sein.

„Langsam, ruhig!", mahnte der Sklave, den Stab erhebend.

Der Anblick des Stabes und die Haltung seines Inhabers brachte Ordnung unter die Drängenden.

„Mein Herr liebt nicht Gepolter!", fügte der Torwächter noch hinzu.

Nachdem sie die Torschwelle überschritten hatten, befanden sich die Klienten auf einem geräumigen Platz, dessen Mitte ein altes Haus einnahm. Rückwärts grünte ein Park, der sich an einen lang gedehnten und von Gärten bedeckten Hügel anlehnte.

Der Herrenhof des Julius Quinctilius Varus erglänzte nicht in Marmorwänden, wie diejenigen anderer, besser mit der Zeit vorangehender Römer. Vor dem Haupteingang sprudelten keine Springbrunnen und standen keine Säulen von phrygischem Stein. Nur zwei riesige Lotusbäume überdeckten beinahe das ganze Dach mit ihren weit ausgreifenden Ästen. Auch nicht von der Hand eines griechischen Meisters, sondern von dem Schimmel der Jahrhunderte war dieses aus großen Ziegeln erbaute Haus übermalt; aber es atmete Ruhe und Würde.

Die Klienten durchschritten den Portikus, das Vorderhaus, und nahmen Aufenthalt in einem geräumigen Saal, dem Atrium, welcher von einer durch eine quadratische Öffnung im Dach einfallenden Lichtsäule erhellt wurde. Zu beiden Seiten vom Eingang standen hier Schreine, aus denen vom Alter dunkel gewordene Wachsbüsten hervorschauten: Bilder der Ahnen des Quinctilier-Geschlechtes. Auf dem Mosaikboden, knapp an der eingefassten Vertiefung in der Mitte des Saales, in welcher sich an Regentagen das vom Dach herabfließende Wasser ansammelte, erhob sich der Hausaltar, auf dem das heilige Feuer glimmte. An der Walid gegenüber dem Eingang stand der Thron, verziert mit halb erhabenen Schnitzereien, welche Schlachten und Triumphzüge darstellten.

„Siehst du?", fragte Lucius in gedämpftem Ton und lenkte die Aufmerksamkeit seines Nebenmannes auf den Feuerherd.

„Ein Anhänger alter Sitte!", entgegnete der Befragte. „Vielleicht lässt er uns beten."

„Wenn er nur an unseren knurrenden Magen, denkt!", gab Lucius zurück.

„Die Quinctilier sind niemals Geizhälse gewesen.“, bemerkte Caius.

„Aber sie sind zu wenig zu Hause gewesen, um . . ."

Die Unterhaltung verstummte, denn in diesem Augenblick erschien im Saale ein hoch und schlank gewachsener Sklave, ein schwarzäugiger und schwarzhaariger Grieche, ebenso wie der Torwächter mit einer roten Tunika bekleidet — ex alticinctis unus atriensibus, einer der hochgeschürzten Saaldiener, wie sie Phädrus schildert.

Der Sklave stellte sich neben den Stufen einer Tür auf, die zu einem anderen Gemach führten und nur mit einem Vorhang von schwerem Stoff verkleidet war. In der einen Hand hielt er einen weißen Schleier, in der anderen eine silberne Platte, auf welcher eine kleine Amphora mit Wein, kleine Körbchen mit Brot und Früchten sowie ein Behälter mit Räucherwerk standen.

„Julius scheint uns wirklich nach urväterlicher Sitte empfangen zu wollen!" lispelte mürrisch Lucius, und an den Sklaven sich wendend, fügte er die Frage hinzu: 

„Hast du vielleicht beobachtet, mit welchem Fuße dein Herr heute zuerst dem Bett entstiegen ist?"

Der Grieche legte zwei Finger der minder belasteten linken Hand an den Mund.

Im Nebengemach ließen sich rasche Schritte hören. Die Klienten hielten ihren Atem an. Eine kräftige Hand warf den Türvorhang zurück, und gleich darauf erschien aus dem Hintergrund des wieder fallenden Vorhanges die Gestalt eines jungen Mannes. Gleichzeitig erscholl im Saal der brausende Zuruf: „Sei gegrüßt in Rom, unser Patron und König!"

Nachdem der Zuruf verklungen war, ließ sich der ‚Patron und König‘ also vernehmen: „Seid gegrüßt, Freunde meines Geschlechtes!"

Es geschah aber in einem so schroffen Ton, als wäre es ein militärisches Kommando. Darauf nahm er den weißen Schleier aus der Hand des griechischen Sklaven, legte ihn über den Kopf, schritt die Türstufen hinab und näherte sich dem Altar. Hier beugte er sich über das Feuer, und die Hände darüber ausstreckend, sprach er:

„Bewirke, o heiliges Feuer, dass wir stets glückselig seien. Dass du unsterblich, ewig schön, jung und reich bist, das du uns nährst, erwärmst und erleuchtest, nimm willig unsere Opfer und gib uns dafür Glück und Heil!"

Nach diesem herkömmlichen Gebet römischer Geschlechtshäupter goss er etwas Wein und Öl ins Feuer und ließ auf die Glut eine Handvoll Brot, Früchte und Weihrauch fallen.

Während dieser Zeremonie sahen die Klienten einander verwundert an. Spöttische Blicke zuckten herüber und hinüber. Lucius versteckte ein höhnisches Lächeln in den Falten seiner Toga.

Als Julius Quinctilius Varus dem Griechen den Schleier zurückgab, kamen eilig vier Sklaven in den Saal, die einen gedeckten langen Tisch trugen. Gierige Blicke der Klienten hefteten sich an die Amphoren und anderes Geschirr. Es gab Wein, Brot und Früchte.

„Bitte." sprach Julius mit einer einladenden Handbewegung. Er selbst nahm auf dem Thronsessel Platz.

Hager, von mittlerem Wuchs, mit dem runden Schädel eines römischen Patriziers, zählte er nicht mehr als einige dreißig Jahre. Die breite Stirn, die Adlernase und die fest geschlossenen Lippen verliehen ihm von der Seite gesehen das Aussehen eines Geiers. Stolzer, unbeugsamer Wille bildete den Charakterzug dieses nüchternen, ganz glatt rasierten Gesichtes; eine kühle Entschlossenheit, die weiches Mitleid weder für sich noch für andere kennt, kam in ihm zum Ausdruck.