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»Geschichten sind Schokolade für die Seele ...« (Christine Jakob)
Dieses Buch versammelt Klassiker und andere berührende Geschichten und Gedichte zur Winter- und Weihnachtszeit. Es eignet sich zum Vorlesen und Selbstlesen und ist speziell für eine ältere Zielgruppe zusammengestellt. Hoffnung, Geborgenheit und Zuversicht ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch, das bewusst für die Leser und Vorleser in größerer Schrift gedruckt ist.
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Seitenzahl: 157
ZauberhafteWinter-Wunsch-Zeit
Wärmende Geschichtenfür die Seele
Herausgegeben vonChristine Jakob
Für Karla
»Die Schutzengel unseres Lebens
fliegen manchmal so hoch,
dass wir sie nicht mehr sehen können,
doch sie verlieren uns niemals
aus den Augen.«
(Jean Paul, 1763 – 1825)
Die Herausgeberin:
Christine Jakob, geboren 1958 in Dortmund, Journalistin und Redakteurin, viele Jahre in der Verlagsbranche tätig, ehrenamtliche Seniorenbegleiterin.
Inhalt
Vorwort
Kapitel 1
Das Leben ist bunt
Die klugen Papageien
Die anderen Brücken
Denk an den Regenbogen
Das vertrocknete Brot
Die Katzen meines Lebens
Spaziergang im Nebel
Einer ist dankbar
Fatima und ihr Glück
Der Traum von der Glaskugel
Die Jugend
Kapitel 2
Gedanken an vergangene Zeiten
Das blaue Kanapee
Der Schneemann
Kindheitswintertage
Erinnerung
Heimkehr
Die kostbaren Mäntel
Es ist die Neugierde
Blindenheilung
Die Disko-Oma
Eure Kinder
Wünsche
Kapitel 3
Wenn die Einsamkeit mich berührt
Vom November
Schneien
Die Geschichte vom unglücklichen Engel
Novembergedanken
Der Weg zum Paradies
Vergiss die Träume nicht
Spuren
Die Bedeutung des Hundes
Was mich bewegt
Nehmen Sie auch Gold?
Die Wochen des Advents
Ich wünsche dir Zeit
Kapitel 4
Zauberhafte Weihnachtszeit
Das Weihnachtsgeschenk
Der kleine Stern
Hoffnung
Die Lupe
Festliche Invasion
Der alte Johann und die Weihnachtsbäume
Der Weg nach Mallaig
Jesu Geburt
Frieden
»Nichts ist beneidenswerter
als eine Seele,
die schwärmen kann …«
(Theodor Fontane, 1819 – 1898)
Liebe Leserin, lieber Leser!
Ich schwärme für Schneemänner, denn sie sind seit langer Zeit ein freundliches Sinnbild für die kalte und gemütliche Jahreszeit. Erschaffen von Kinderhänden symbolisieren sie heute einen idyllischen Winter. Das war nicht immer so. Im 18. Jahrhundert, als erstmalig Schneemänner in den Gärten zu sehen waren, drückten sie die Sehnsucht der Menschen nach einem baldigen Ende der harten und entbehrungsreichen Winterzeit aus. Die Schneemänner hatten damals einen eher grimmigen Gesichtsausdruck, und erst im 19. Jahrhundert gewinnen sie nach und nach ihre so fröhliche Ausstrahlung, die uns heute allen direkt ins Herz geht.
Diese Fröhlichkeit ist der Grund, warum das Buch, das Sie in der Hand halten, einen Schneemann auf dem Umschlag zeigt. Gerade die dunkle Jahreszeit ist für viele Menschen, egal ob noch jung oder schon älter, die schwierigere, eben weil es oft an Freude, Geselligkeit und Licht fehlt. Dieser Mangel – nicht selten mit einem Gefühl der Einsamkeit – verursacht bei vielen Menschen den so genannten »Winterblues«, eine anhaltende traurige Grundstimmung.
Genau hier möchte ich Sie einladen, Geschichten zu lesen oder anderen vorzulesen, die selbst vielleicht nicht mehr dazu in der Lage sind. Die Auswahl, die Sie hier finden, ist nicht nach besonderer, literarischer Qualität oder Bekanntheitsgrad der Autoren getroffen, sondern sie versammelt die Geschichten, die mich selbst berühren: Geschichten von Hoffnung, Geborgenheit und Wärme, die es möglich machen, für einen kurzen Augenblick in eine kleine andere zauberhafte Welt zu schauen. Vielleicht inspiriert Sie dieses Buch ja dazu, etwas Neues zu finden, wofür auch Sie schwärmen können ...
Herzlich
Christine Jakob
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Kapitel 1
Das Leben ist bunt
»Jeder,
der sich die Fähigkeit erhält,
Schönes zu erkennen,
wird nie alt werden.«
(Franz Kafka, 1883 – 1924)
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Die klugen Papageien
Es war einmal ein Mann, der liebte Papageien über alles. Eines Tages beschloss er, die klügsten Papageien der Welt zu züchten und kaufte zwei Papageieneier. Diese legte er in einen Brutkasten und wartete geduldig darauf, dass die Küken schlüpften. Er zog sie groß und brachte ihnen alles bei, was er wusste. Sie lernten Naturwissenschaft und Geschichte, und auch klassische Musikstücke spielte der Mann ihnen vor. Die beiden waren sehr gelehrig und verstanden schnell, was von ihnen verlangt wurde.
So wuchsen die Papageien heran und wussten im Lauf der Zeit mehr und mehr, und als sie ausgewachsen waren, waren sie so klug wie mancher Mensch nicht. Sie konnten zum Beispiel die Symphonien von Beethoven perfekt wiedergeben, sie kannten die Newton’schen Gesetze und alle möglichen komplizierten Formeln auswendig.
Eines Tages aber starb ihr Lehrer, und die beiden Papageien blieben allein im Haus zurück. Als die Verwandten des Mannes kamen, um seinen Nachlass zu ordnen, fand sich niemand, der sich um die Papageien kümmern wollte. So stellten sie den Käfig ans Fenster und öffneten die Käfigtür. Die beiden klugen Papageien hüpften geschwind heraus auf einen Baum vor dem Fenster. Sie kletterten von Ast zu Ast und kamen schließlich fast in der Baumspitze an, auf der ein fremder wilder Papagei saß.
Die beiden Klugen begannen eine Unterhaltung. »Wir sind sehr gebildete Papageien, wir verstehen etwas von Naturwissenschaft, von Literatur und auch von Musik«, ließen sie den wilden Papagei wissen.
Dieser war sichtlich beeindruckt, und die beiden prahlten immer weiter mit ihren Talenten und sagten Gedichte und Formeln auf.
Staunend verfolgte der wilde Papagei die Vorführung der beiden klugen Papageien. Sie wussten so viel und er so wenig.
Gerade als die beiden eine schwierige klassische Musikkomposition zum Besten gaben, sah der wilde Papagei aus dem Augenwinkel eine Katze am Fuß des Baumes sitzen. Sie hatte die Vögel erblickt und schickte sich an, den Stamm hinaufzuklettern. Der wilde Papagei fragte die beiden klugen Papageien: »Versteht ihr beiden denn auch etwas vom Fliegen?«
»Selbstverständlich. Der Luftdruck unter unseren Flügeln ist höher als darüber, und das befähigt uns zu fliegen«, erklärten sie großspurig.
»Nein, nein, nicht in der Theorie – ich meine, könnt ihr wirklich fliegen?«, fragte der wilde Papagei.
»Nein, aber wir wissen so vieles, da kommt es auf diese eine Kleinigkeit sicher nicht an«, erwiderten die beiden Papageien selbstbewusst.
In diesem Moment breitete der wilde Papagei seine Flügel aus und schwang sich in die Luft. Als er hoch über dem Baum schwebte, rief er den beiden klugen Vögeln zu: »Ihr wisst wirklich eine Menge, aber worauf es wirklich ankommt, davon habt ihr keine Ahnung. Ein gutes Leben euch!«
Prem Rawat
Prem Rawat aus: Prem Rawat, Der Papagei, der alles wusste und nichts konnte, © Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2018
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Die anderen Brücken
»Du hast einen schönen Beruf«, sagte das Kind zu dem alten Brückenbauer, »es muss schwer sein, Brücken zu bauen.«
»Wenn man es gelernt hat, ist es leicht«, sagte der Brückenbauer, »es ist leicht, welche aus Beton und Stahl oder Holz zu bauen. Die anderen Brücken sind sehr viel schwieriger, die baue ich in meinen Träumen.«
»Welche anderen Brücken?«, fragte das Kind.
Der alte Mann sah das Kind nachdenklich an. Er wusste nicht, ob es verstehen würde, was er meinte. Dann sagte er: »Ich möchte eine Brücke bauen von der Gegenwart in die Zukunft. Ich möchte eine Brücke bauen von einem zum anderen Menschen, von der Dunkelheit in das Licht, von der Traurigkeit zur Freude. Ich möchte eine Brücke bauen von der Zeit zur Ewigkeit über alles Vergängliche hinweg.«
Das Kind hatte aufmerksam zugehört. Es hatte nicht alles verstanden, spürte aber, dass der alte Brückenbauer traurig war. Weil es ihm eine Freude machen wollte, sagte das Kind: »Ich schenke dir meine Brücke.«
Und das Kind malte für den Brückenbauer einen bunten Regenbogen.
Verfasser unbekannt
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Denk an den Regenbogen
Wenn ihr euch fürchtet,
dann denkt an den Regenbogen
in der Nacht,
dann tut euch zusammen,
jede und jeder mit der eigenen Farbe,
und überzieht den Himmel
mit den Farben der Liebe.
Aus Irland
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Das vertrocknete Brot
Als nach dem Tod eines alten Mannes, eines Arztes, seine Söhne daran gingen, den Nachlass zu ordnen, fanden sie in einer Vitrine mit allerhand wertvollen Erinnerungstücken einen grauen Klumpen.
Beim genauen Hinsehen merkten sie, es war ein Stück vertrocknetes Brot. Sie wunderten sich, waren ratlos, aber ahnten auch, dass der Vater nichts aufbewahrt hatte, was nicht von besonderem Wert für ihn war. Die Haushälterin konnte das Rätsel lösen. Sie erzählte: In den Hungerjahren nach dem Weltkrieg hatte der alte Herr einmal schwer krank darniedergelegen. Zu der akuten Erkrankung war ein allgemeiner Erschöpfungszustand
getreten, sodass die Ärzte bedenklich die Stirn runzelten, etwas von kräftiger Kost murmelten und dann resigniert die Achseln zuckten.
Damals hatte ein Bekannter ein halbes Brot geschickt mit dem Wunsch, der Medizinalrat möge es getrost essen, damit er ein wenig zu Kräften komme. Es sei gutes, vollwertiges Schrotbrot, das er selbst von einem Ausländer erhalten habe.
Zu dieser Zeit aber habe gerade im Nachbarhaus die kleine Tochter des Lehrers krank gelegen, und der Medizinalrat hatte es sich versagt, das Brot selbst zu essen, sondern es den Lehrersleuten hinübergeschickt: »Was liegt an mir altem Manne«, habe er dazu gesagt, »das junge Leben dort braucht es nötiger!«
Wie sich aber später herausstellte, hatte auch die Lehrersfrau das Brot nicht behalten wollen, sondern an die alte Witwe weitergegeben, die in ihrem Dachstübchen ein Notquartier gefunden hatte. Aber auch damit war die seltsame Reise des Brotes nicht zu Ende. Die Alte mochte ebenfalls nicht davon essen und trug es zu ihrer Tochter, die nicht weit von ihr mit ihren beiden Kindern in einer kümmerlichen Kellerwohnung Zuflucht gefunden hatte.
Die hingegen erinnerte sich daran, dass ein paar Häuser weiter der alte Medizinalrat krank lag, der einen ihrer Söhne kürzlich in schwerer Krankheit behandelt hatte, ohne dafür etwas zu fordern. Nun ist die Gelegenheit, so dachte sie, dass ich mich bei dem freundlichen alten Herrn bedanke. Sie nahm das halbe Brot unter den Arm und ging damit zur Wohnung des Medizinalrates.
»Wir haben es sogleich wiedererkannt«, schloss die Haushälterin, »an der Marke, die auf dem Boden des Brotes klebte und ein buntes Bildchen zeigte.
Als der Medizinalrat sein eigenes Brot wieder in Händen hielt, war er maßlos erschüttert und sagte: ›Solange noch Liebe unter uns ist, die ihr letztes Stück Brot teilt, solange habe ich keine Furcht um uns alle!‹
Das Brot hat er nicht gegessen. Vielmehr sagte er zu mir: ›Wir wollen es gut aufheben, und wenn wir einmal kleinmütig werden wollen, dann müssen wir es anschauen.
Dieses Brot hat viele Menschen satt gemacht, ohne dass ein Einziger davon gegessen hätte. Es ist wie ein heiliges Brot, das zum sichtbaren Willen Gottes wurde und zum Beweis dafür, dass sein Wort auf guten Boden gefallen ist!‹
Damals legte es der Medizinalrat in die Vitrine, und ich weiß, dass er es oft angeschaut hat.«
Günther Schulze-Wegener
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Die Katzen meines Lebens
Ich bin eine ausgesprochene Katzenliebhaberin. Als ich ungefähr sieben Jahre alt war, bin ich mit meinen Eltern in ein altes Bauernhaus gezogen, in dem zwar keine Menschen mehr wohnten, dafür aber noch eine alte Katze. Anfangs war sie uns gegenüber sehr misstrauisch, was sich aber durch regelmäßige Fütterungen bald legte. Als sie Junge bekam, schenkte sie mir ein kleines Kätzchen. Besser gesagt, sie warf es mir vor die Füße, weil sie lieber schnell wieder auf Brautschau gehen wollte. Ich päppelte das Kätzchen mit einer kleinen Trinkflasche auf, und es begann eine lange Freundschaft zwischen uns.
Ich hatte gehört, dass Katzen am liebsten Namen mit den Buchstaben A, U und I hören, was die Wahrscheinlichkeit, dass sie gehorchen, wenigstens ein wenig ansteigen lässt. Aber mir gefiel ja gerade die Eigenwilligkeit der Tiere, und darum nannte ich sie Käthe.
Mit den Jahren kamen noch einige Katzen hinzu, und als ich dann irgendwann von zu Hause auszog, blieben die Katzen bei meinen Eltern. Ich lernte meinen Mann kennen und infizierte ihn mit meiner Katzenliebe. Anfangs fand er sie zwar nett, aber irgendwie doch eher furchterregend. Susi allerdings eroberte sein Herz im Sturm. Die Familie, von der wir sie hatten, bekam weiteren Katzennachwuchs.
Weil sie aber schon vier Katzen hatten, brachte die Frau des Hauses eines Tages ein kleines Katzenbaby in einer weißen Ledertasche zu uns, sodass fortan Tante und Nichte bei uns ihr Zuhause fanden. Eingedenk der Namensregel hießen sie Susi und Luci. Sie zerlegten in Gemeinschaftsarbeit eine Wohnzimmercouch, obwohl sie natürlich einen Kratzbaum hatten, den sie jedoch nur zu gelegentlichen Mittagsschläfchen, niemals aber zum Schärfen der Krallen benutzten. Sie schenkten meinem Mann großzügig etwas von ihren wärmenden Haaren, die auf seinem schwarzen Anzug allerdings weniger schmückend waren als an ihnen selbst.
Luci entwickelte ganz entzückende Eigenschaften. Wenn wir, was gelegentlich vorkommt, morgens mal im Bett frühstücken wollten, bereitete ich die Köstlichkeiten vor und drapierte sie auf einem rollbaren Teewagen, um sie damit ins Schlafzimmer zu fahren. Sobald Luci das Geräusch der Räder hörte, kam sie in die Küche und stieg auf die untere Etage, um mitzufahren. Wir fanden das so putzig, dass sie natürlich etwas vom Frühstücksei abbekam.
Wenn es, wie bei uns an der Küste üblich, in den Sommermonaten Nordseekrabben gab, die ich am Küchentisch selbst auspulte, gab es ein sehenswertes Schauspiel. Beide Katzen umschnurrten mich, um möglichst viele der Krabben probieren zu können. Dauerte es zu lange, bis ich ihnen wieder ein Stück zugestand, machten sie mit einem freundlichen Pfotenhieb auf sich aufmerksam. Wurde Luci am Abend müde, ermahnte sie mich mehrmals, dass wir nun zu Bett gehen müssten, denn wie alle Katzen von Katzennarren durfte sie in meinem Bett schlafen.
Zu den beiden Katzen im Haus gesellte sich dann noch ein streunender Gartenkater, der uns zugelaufen war. Er wollte aber nicht ins Haus, sondern war nur an den regelmäßigen Fütterungen interessiert, die er aber am liebsten aus der Hand des Hausherrn entgegennahm. Ich hatte mal versucht, ihn anzufassen. Das nahm er übel.
Manchmal kam er arg mitgenommen von seinen Ausflügen zurück. Ein Ohr war eingerissen, der Schwanz hatte einen Knick, und sein Fell war strubbelig. Wenn die Fütterung zu lange auf sich warten ließ, sprang er mit einem Satz von außen auf die Fensterbank des Küchenfensters und gab dort laut seine Bestellung auf. Am besten verstand er sich mit den Brüdern der Landstraße, die manchmal bei uns im Garten ein Nickerchen machten. Ich vermute, es handelte sich um viele gemeinsame Erfahrungen, die Kater und Brüder da hatten machen müssen.
Als mein Mann einmal eine alte Frau besuchte, die sich langsam von dieser Welt verabschiedete, bescherte uns das eine vierte Katze. Nuschi, so hieß die ebenfalls bereits betagte Katzendame, hatte lange Jahre mit ihrem Frauchen eine Dackelzucht geleitet und war nun als einziges Tier der alten Dame übrig geblieben. Die alte Dame konnte es nicht übers Herz bringen, Nuschi ins Tierheim zu geben. Das Versprechen meines Mannes, sie käme dann zu uns, wenn sich keine andere Lösung fände, half der alten Dame, in Frieden gehen zu können. So zog Nuschi bei uns ein.
Bei uns im Haus entbrannte ein Kleinkrieg zwischen den drei Damen. Man belagerte sich gegenseitig, kämpfte um die liebsten Schlafplätze und vor allem wohl um unsere Gunst. Wenn es gar zu arg wurde, verordneten wir ihnen eine Therapie, die darin bestand, dass alle drei für eine Stunde in ein kleines Zimmer gesperrt wurden. Denn sobald wir weg waren, verstanden sie sich wunderbar. Jede war einzigartig, hatte einen eigenen Charakter, eigene Marotten und vor allem aber einen eigenen Kopf.
Nach und nach mussten wir uns von allen Katzen verabschieden, tränenreich, wie all diejenigen unter Ihnen verstehen werden, die auch ein Tier haben oder hatten.
Nun haben wir keine Katze mehr. Die Sofas halten viel länger und wir können dunkle Kleidung ganz ohne Katzenhaare tragen, aber es ist auch ein bisschen einsamer ohne sie.
Rita Kusch
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Spaziergang im Nebel
Nebeltage waren irgendwie traurige Tage. Regen an einem Samstag war noch schlimmer, und ganz blöd war es, wenn zum Nebel auch noch Wind und Kälte kamen. Dann nämlich konnte man nicht einmal so richtig draußen unterwegs sein. Ganz arg traurig war das dann.
»Das ist kein Grund zum Quengeln«, schimpfte mein Großvater, der es nicht leiden konnte, wenn man über das Wetter meckerte. »Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt …«
»… nur die falsche Kleidung«, ergänzte sein Enkel Pit, der diesen Satz schon oft, nein, schon sehr oft aus Großvaters Mund gehört hatte.
»Genau«, sagte Großvater, »und deshalb ziehen wir uns die richtigen Klamotten für diese Witterung – ja, er sagte ›Witterung‹ und nicht ›Wetter‹ – an und gehen an die frische Luft. Mir ist gerade nach Wald und einer kleinen Wanderung.«
»Wandern? Jetzt?« Enkelin Pia war nicht begeistert. »Nebelluft riecht nicht frisch. Und unheimlich ist sie auch.«
»Unheimlich?« Pit, der auch keine große Lust darauf hatte, bei dieser nassen Kälte durch den Wald zu wandern, horchte auf. Im Nebelwald konnte es bestimmt ganz witzig sein. »Unheimlich klingt spannend«, sagte er zögernd. »Ich komme mit. Wir suchen das unheimliche Abenteuer ...«
Pia war wenig begeistert, und sie stellte sich vor, wie Nebelgeister und Schleierhexen im Wald in den Bäumen und hinter Büschen hockten und grausig heulten. Wie Geister es eben so tun. »Spannend ist cool«, sagte sie.
Cool war es dann auch. Kalt nämlich und nass. Sehr nass sogar, denn es hatte nun auch noch zu nieseln begonnen.
»Das ist mir aber ein scheußliches Erkältungswetter«, schimpfte Großvater, der sich nie über das Wetter beklagen wollte, nach einer Weile laut.
Das stimmte. Die Geschwister froren erbärmlich, und sonderlich spannend war es hier auch nicht. In der Tannenschonung hingen die Nebelfetzen so dicht, dass man keine drei Meter weit blicken und schon gar keine Geister sehen konnte. Da war nur Grau. Und ringsum tröpfelte und knackte es, und irgendwo im Nichts schwang sich ein Eichhörnchen durchs Geäst. Ein Krähenpaar flog mit einem lauten Schimpfen über den Weg und verschwand in der grauen Nebelwaldwelt. Ein bisschen unheimlich klang das schon, fühlte sich aber auch irgendwie spannend an.
Großvater nieste, und das klang fast unheimlicher als alle Geister des Waldes zusammen. Wenn er nämlich einmal mit dem Niesen angefangen hatte, konnte er so schnell damit nicht mehr aufhören.
»Du verjagst alle Geister«, schimpfte Pia und lachte.
Auch Pit grinste. »Das ist der Fluch der Nebelgötter und ihrer Grauhexen«, sagte er. »Sie verzaubern alle Menschen, die sie in ihrer Nebelwelt stören, und schicken ihnen das große Niesen. Damit treiben sie sie in die Flucht.«
Großvater konnte darüber nicht lachen.
Wie auch? Er musste ja niesen.
»Ich glaube, diese Nebelnässe ist nicht sehr gesund. Ha-ha-hatschi! Lasst uns umkehren und im Forsthauscafé einen heißen Tee oder Kakao trinken, mit Kuchen und allem Drum und Dran.«
Das klang nun zwar nicht mehr nach einem unheimlichen Abenteuer aber nach einem warmen und süßen. Und gesünder war es – für heute – auch. Darin waren sich alle drei einig.
Elke Bräunling
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Einer ist dankbar