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Seitenzahl: 160
Über dieses Buch:
Das ist LESELUST: Ob in der entspannten Kaffeepause, in der Warteschleife Ihres Telefonanbieters oder bis das Nudelwasser kocht – jeder dieser zehn romantischen Kurzromane beschert Ihnen in weniger als 10 Minuten weiche Knie!
In diesem Band begegnen Sie einem Single-Papa mit tierischen Problemen, einer Frau, die sich nicht nur mit Eis über ihre Probleme hinweg tröstet, sondern auch mit dem Eisverkäufer, und einem Mann, dem die Frau seines Lebens vor die Füße fällt, die dann aber spurlos verschwindet … Lassen Sie sich verzaubern!
Über die Herausgeberin:
Barbara Gothe, Jahrgang 1960, lebt in Reinbek vor den Toren Hamburgs und arbeitet seit vielen Jahren als Redakteurin und Herausgeberin.
Bei dotbooks brachte sie bereits die Geschichtensammlung Sternenstaub und Weihnachtswunder. Zauberhafte Adventsgeschichtenheraus.
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Originalausgabe April 2016
Copyright © der Originalausgabe 2015 dotbooks GmbH, München
Copyright © der einzelnen Texte Dörnersche Verlagsgesellschaft mbH, Reinbek
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: © Tanja Winkler, Weichs
Titelbildabbildung: Zsolnai Gergely - Fotolia.com
E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95520-660-4
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Augusta, der kleine Haustyrann
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Die Reise nach Liptun
DON JUANS DACKEL
Ein Sommer in Irland
Eine ganz zauberhafte Frau
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Augusta, der kleine Haustyrann
Kurzroman
dotbooks.
Nach dem Tod seiner geliebten Frau Caroline schlägt sich Paul als alleinerziehender Vater eines achtjährigen aufgeweckten Jungen durchs Leben. Als er Daniels Bitte um einen Hund verweigert, zieht Augusta in das bis dahin relativ friedliche Haus. Augusta ist gierig, verwöhnt, tyrannisch und hat alle Wünsche, Forderungen und Sehnsüchte, die auch achtjährige Jungen ihr eigen nennen. Es gibt nur einen geringfügigen Unterschied zwischen Daniel und Augusta: Augusta ist ein Schimpanse und existiert nur in Daniels Phantasie.
***
Eigentlich fing alles an dem Tag an, an dem Paul Renz seinem Sohn Daniel ein- für allemal verbot, Regenwürmer unter seine Bettdecke zu legen.
»Aber wenn es draußen doch so kalt ist Papi?« Damals war Daniel fünf, hatte große braune Augen und einen Haarschopf, der an ein Weizenfeld erinnerte.
»Die Kälte macht Regenwürmern nichts aus, Dani.«
»Und der Regen?«
»Der auch nicht. Regenwürmer mögen den Regen, deshalb heißen sie ja Regenwürmer.«
»Du meinst, wie der Regenschirm und der Regenbogen?« Die braunen Augen wurden noch eine Spur dunkler.
Paul seufzte. Offenbar war es wieder einmal an der Zeit, seinem Sohn die Welt zu erklären. Ein Unterfangen, das ihn oft vor größere Probleme stellte als das Entwerfen von Häusern. Paul Renz war Architekt.
»Und warum legst du die Regenwürmer eigentlich immer in mein Bett, Dani?«, stellte er abschließend die Frage, die ihn beschäftigte, seit er zum ersten Mal die glitschigen Bettgenossen vorgefunden hatte.
»Damit du nicht so allein bist«, entgegnete Dani und fuhr nach einer eindrucksvollen Pause seelenruhig fort. »Und weil Regenwürmer so eklig sind.«
Heute war Daniel acht Jahre alt und sehr viel ernsteren Dingen des Lebens zugewandt. Im Augenblick plante er von dem Geld, das er erspart hatte, ein Stück Regenwald zu kaufen.
»Die Frau Lehmann, unsere Lehrerin, hat gesagt, wir müssen was für die Natur tun, Papi.«
Daniel saß am Küchentisch und addierte Zahlen. Zehn Euro von Onkel Heinrich und fünf Euro von Tante Trude und zwanzig Euro von der Oma ... Er rechnete, nagte an seinem Bleistift und sagte: »Vielleicht baue ich mir aber auch ein Haus.«
Paul, dessen Alltag seit dem Schulanfang im September von Frau Lehmann und ihrem gelehrigen Schüler Daniel diktiert wurde, antwortete: »Da musst du aber noch fleißig sparen, Dani. Grundstücke sind teuer.«
»Quatsch, Papi. Ich will nur ein Haus, ein Grundstück brauche ich nicht.«
Diesmal ließ Paul sich auf keine weitere Diskussion ein. Als alleinerziehender Vater musste er noch einige Haushaltspflichten erledigen. Alleinerziehend deshalb, weil Caroline, seine über alles geliebte Frau, kurz nach Daniels Geburt gestorben war. Während er die Waschmaschine füllte, dachte er an Caroline und kam zu dem Schluss, dass er wohl nie wieder eine Frau wie sie finden würde.
»Papiiii!« Gut, dass es Söhne gab, die jede trübsinnige Überlegung verscheuchten. »Papiii. Ich weiß, was wir uns von meinem Geld kaufen – einen Hund!«
Paul sah aus dem Fenster, als liefere ihm die Natur stichhaltige Argumente gegen ein Haustier im allgemeinen und einen Hund im besonderen. Doch die Natur ließ ihn im Stich. Sie hatte andere Probleme. Ein stürmischer Oktoberwind wirbelte Blätter durcheinander, als protestiere er gegen alle ihm von der Zivilisation auferlegten Zwänge.
»Dani, seit Esmeralda gestorben ist ...«
Sofort hielt Daniel sich beide Ohren zu. Er wollte nichts hören von dem unglückseligen Tag, an dem Esmeralda von ihnen gegangen war. Esmeralda war Daniels Goldhamster gewesen, der possierliche Ersatz für die ihrem feuchten Schicksal überlassenen Würmer.
»Ein Hund kommt mir jedenfalls nicht ins Haus«, erklärte Paul und flüchtete förmlich aus der Küche, um Daniels Protestgeheul zu entgehen.
Ein Hund kam tatsächlich nicht ins Haus, dafür aber Augusta …
***
Paul mochte Augusta nicht. Von Anfang an, konnte er sie nicht ausstehen. Doch er musste sie akzeptieren, denn Augusta war unsichtbar. Aber sie war vorhanden – und wie!
Wie jeden Morgen deckte Daniel den Frühstückstisch. An diesem Tag jedoch nicht wie sonst für zwei sondern für drei Personen.
»Haben wir Besuch?«, fragte Paul. Offenbar hatte er vergessen, dass sich jemand zum Frühstück angemeldet hatte. Tante Trude? Onkel Heinrich? Seine Mutter?
»Hm«, antwortete Daniel, zu beschäftigt, um seinem Vater eine richtige Antwort zu geben. Er ging zum Kühlschrank, öffnete ihn und holte ein großes Stück Schokoladentorte heraus. Dann nahm er ein Glas und füllte es mit Cola.
Paul beobachtete die Machenschaften seines Sohnes mit schmalen Augen. Es musste schon ein seltsamer Gast sein, der an diesem Tag mit ihnen das frühstücken würde.
»Für wen ist das?«
»Für Augusta. Augusta liebt Schokoladentorte und Coca Cola.«
Paul wusste zwar, dass sein Sohn Schokoladentorte und Coca Cola liebte, aber dass Augusta ... Herr im Himmel, wer war Augusta? Daniel würde doch nicht schon im zarten Alter von acht Jahren …
»Herr im Himmel, wer ist Augusta?«
»Augusta ist ein Schimpanse«, antwortete Daniel mit einem an diesem Morgen besonders strahlenden Lächeln.
»Ein Schim-waaas?«
»Ein Schimpansenmädchen. Ah, da ist sie ja. Sag guten Tag zu meinem Vater, Augusta. Papi, das ist Augusta.«
Pauls Kopf schnellte zur Tür. Doch da war nichts. Nur sein Sohn, der jetzt einem unsichtbaren Wesen seinen Arm anbot.
»Was soll der Unsinn, Daniel? Da ist kein Schimpanse.«
Doch Daniel ließ sich weder an diesem noch an den nächsten Tagen von den Worten seines Vaters beeindrucken. Von diesem Morgen an teilte Augusta sein Leben. Er aß nur, wenn auch Augusta etwas zu essen bekam, er ging erst schlafen, nachdem Paul eine Liege für Augusta aufgestellt hatte. Augusta begleitete ihn in die Schule, Augusta spielte mit ihm Fußball, und als Paul nicht damit aufhörte, Daniel wegen Augusta zu schelten, legten er und Augusta sich ins Bett und wurden krank.
Paul saß am Krankenbett und versuchte wieder einmal Daniel Vernunft beizubringen. »Hör mal, Dani! Diesen Schimpansen gibt es nur in deiner Phantasie.«
»Hast du das gehört, Augusta?« Daniel sah herzzerreißend aus mit dem dicken Schal um den Hals, den fiebrigen Augen und dem matten Lächeln. »Papi tut noch immer so, als ob es dich gar nicht gibt.« Strafend sah er seinen Vater an. Und Paul fühlte, wie sich auch zwei Schimpansenaugen strafend auf ihn richteten.
»Daniel, sei doch vernünftig!«
»Ich bin vernünftig, aber du bist nicht vernünftig. Schau jetzt ist Augusta gekränkt. Sie muss weinen. Bringst du ihr einen Schokoladenkuchen?«
Wenn Augusta ein Stück Schokoladenkuchen verlangte, ging es Daniel offenbar wieder besser. Denn, gute Freundin, die sie war, gab sie Daniel natürlich von allem die Hälfte ab.
»Eine heiße Suppe kann sie haben, das ist alles!«
Paul stand auf und ging verärgert hinaus. Er wurde noch wahnsinnig, wenn Daniel nicht endlich mit diesem Blödsinn aufhörte. Fortan beschloss er, Augusta zu ignorieren. Das war jedoch leichter gesagt als getan, denn eines Tages – Daniel war wieder genesen und tobte mit Augusta im Laub umher – läutete das Telefon.
Paul nahm ab. »Renz?«
»Grüß Gott, Herr Renz, hier ist Lehmann, Sabine Lehmann, Daniels Klassenlehrerin.«
Sofort meldete sich Pauls schlechtes Gewissen, denn bisher hatte er um jeden Elternabend, einen großen Bogen gemacht. Er hielt nicht viel von Elternabenden. Da musste man sich auf Stühle und hinter Tische für Sechs- bis Neunjährige quetschen und hatte immer ein schlechtes Gewissen.
»Ach, grüß Gott, Frau Lehmann. Das freut mich aber ganz besonders, dass Sie mich anrufen. Gerade habe ich mir gedacht, morgen musst du unbedingt mal bei Daniels Klassenlehrerin vorbeischauen.«
»Das ist ganz ausgezeichnet.« Die Stimme klang streng. »Am besten kommen Sie gleich nach Unterrichtsschluss, so gegen zwölf Uhr in die Klasse 3b. Bis morgen dann, Herr Renz.«
Sie legte auf, und auch Paul ließ den Hörer auf die Gabel sinken. Allerdings langsam. Offenbar war Sabine Lehmann eine sehr entschlossene Frau. Wahrscheinlich hatte sie Haare auf den Zähnen, war alt und grau und steckte in einem dunklen Kostüm mit hochgeschlossenem Kragen. Daniel hatte sie jedenfalls so geschildert: »Die Lehmann isss ganz schön alt!«
Nun gut, er würde also das Geschäftsessen verschieben und den Pflichten eines aufopfernden Vaters nachkommen.
Pünktlich stand er vor Daniels Klasse. Kurz nach zwölf, wurde die Tür aufgerissen, und Paul konnte gerade noch rechtzeitig einen Satz zur Seite machen, ehe unzählige Kinderfüße über ihn hinwegtrampelten. Es war wie eine plötzliche Flutwelle oder ein Orkan oder ein aufgescheuchter Bienenschwarm. Das Schlusslicht bildete Daniel. Augusta an der Hand, Paul kannte dieses Bild schon, trabte er mit hängendem Kopf aus dem Klassenzimmer.
»Hallo, Dani«, sagte Paul.
»Hi, Pa!« In letzter Zeit war aus dem »Papiiii« ein kurzes prägnantes »Pa« geworden.
»Ist was passiert?«
»Hm, Augusta hat in Mathe ’ne Sechs geschrieben.« Sprach’s und trabte weiter Richtung Hort, in dem er und Augusta die Nachmittage verbrachten.
Paul war sich nicht ganz im Klaren, wer nun die Sechs geschrieben hatte, Augusta oder Daniel. Nun, Sabine Lehmann würde ihm darüber den nötigen Aufschluss geben.
»Grüß Gott! Herr Renz, nehme ich an.«
Die Frau hinter dem Pult war weder alt, noch war sie hässlich, noch hatte sie Haare auf den Zähnen. Im Gegenteil, die Zähne schimmerten blütenweiß, als sie jetzt lächelte. Normalerweise war Paul kein Mann, der sich Hals über Kopf verliebte. Jetzt aber schlug sein Herz höher.
»Setzen Sie sich doch, Herr Renz«, forderte sie ihn auf.
Himmelblaue Augen! Sie hatte tatsächlich himmelblaue Augen! Folgsam zwängte sich Paul zwischen eine Bank und einen Tisch in der ersten Reihe. Er hatte die erste Reihe immer gemieden wie die sprichwörtliche Pest. War es ein Wunder? Er hatte nie eine Lehrerin mit himmelblauen Augen, blondem Pferdeschwanz und Sommersprossen auf der Nase gehabt.
»Herr Renz, ich habe Sie nicht nur in meiner Funktion als Klassenlehrerin, sondern auch in meiner Funktion als Schulpsychologin hergebeten. Wir haben ein Problem, und dieses Problem heißt Augusta!«
Augusta! Sie hatte wirklich das Talent immer dann zur Stelle zu sein, wenn er sie ganz und gar nicht brauchen konnte. Er nickte gottergeben.
»Sie wissen von Augusta?«
»Natürlich«, entgegnete er. »Sie tyrannisiert mich seit Wochen.«
»Nicht nur Sie, sondern auch den gesamten Lehrkörper der 3b. Sie sitzt jetzt sogar neben Daniel.«
»Und das lassen Sie zu?« Paul stand auf und trat ans Pult. »Mir jedenfalls reicht es. Der Bengel bekommt ein paar hinter die Löffel, wenn er nicht sofort mit diesem Unsinn aufhört.«
»So in etwa habe ich es mir vorgestellt«, entgegnete Sabine Lehmann trocken. »Sie sind einer jener vielbeschäftigten Väter, die für ihre Söhne keinerlei Verständnis haben. Ein Problem? Nun, das kann man mit ein paar hinter die Löffel regeln.«
»Was unterstellen Sie mir da?«
»Nichts, was sie nicht eben ausdrücklich erwähnt hätten.«
»Hören Sie ...«
»Jetzt hören Sie mir einmal zu«, unterbrach ihn Sabine Lehmann. »Daniel ist ein phantasievolles Kind ...«
»Das kann man wohl sagen.«
»Ein phantasievolles Kind, das sehr unter dem Tod seiner Mutter leidet ...«
»Er hat sie doch nicht einmal gekannt!«
»... und deshalb«, fuhr Sabine Lehmann unbeirrt fort, »hat er Augusta erfunden. Sie soll Daniels Mutter ersetzen.«
Ein Schimpanse sollte Caroline ersetzen? Seine Caroline, die bezauberndste Frau, die er je kennen gelernt hatte? Die Frau, die er über alles geliebt und deren Tod er bis heute nicht ganz verwunden hatte? Das war bodenlos, das war einfach ... Jedenfalls fand er Sabine Lehmann nun gar nicht mehr so hübsch und sympathisch.
»Das ist völliger Quatsch, das ist der größte Blödsinn, den ich je gehört habe, das ist ...«
»Ich bin Schulpsychologin.« Sabine Lehmann blieb ruhig. »Und ich weiß, wovon ich rede.«
»Das glaube ich kaum. Haben Sie Kinder?«
»Keine eigenen, aber siebenundzwanzig Schüler.«
»Aha! Und verheiratet sind Sie wahrscheinlich auch nicht.«
»Nein.«
»Und Sie wollen behaupten, Augusta gleiche mangelnde Mutterliebe aus!«
Paul wollte gehen, doch Sabine Lehmanns Augen zwangen ihn zu bleiben. Nicht umsonst war sie Schulpsychologin geworden. Sie hatte das Talent, sowohl mit den Töchtern und Söhnen als auch mit deren Eltern fertig zu werden. Diesmal war sie jedoch an einen besonders schwierigen Fall geraten. Nicht Daniel und Augusta waren schwierig, sondern Paul Renz, der ihr unter anderen Umständen außergewöhnlich gut gefallen hätte. Es dauerte eine ganze Stunde, bis sie ihn überzeugt hatte, dass er nur eine Möglichkeit hatte, Augusta aus Daniels Leben zu verbannen war: er musste sie anerkennen.
»Ich soll so tun, als existiere sie?«
»Ja, dann wird Daniel das Interesse an ihr verlieren, und Sie werden mit ihm über das eigentliche Problem sprechen können.«
»Welches eigentliche Problem?«
»Daniel braucht eine Mutter!«
Woher nehmen? Sollte er sich vielleicht im Internet bei einer Partnervermittlung für Akademiker anmelden? Nein, nicht er, nicht Paul Renz!
Es war ein ziemlich verwirrter Paul Renz, der kurze Zeit später die 3b verließ. Er schrumpfte wieder zum Schulkind, dem eine schier unlösbare Aufgabe aufgetragen worden war. Er sollte Augusta akzeptieren. Und nicht nur das – er sollte akzeptieren, dass sich Daniel eine Schimpansin als Mutterersatz ausgesucht hatte. Tiefenpsychologisch gesehen, mochte das ja richtig sein, aber real gesehen?
An diesem Tag verzichtete er darauf, Häuser zu entwerfen, sie wären alle einsturzgefährdet gewesen. Denn noch etwas verwirrte ihn: Sabine Lehmann.
Er holte Daniel und Augusta vom Hort ab. Augustas Sechs in Mathematik überging er zu Daniels Erstaunen geflissentlich denn er wurde das Gefühl nicht los, dass sich Augusta alles in die Schuhe schieben ließ, was Daniel verbockt hatte. Das wenigstens unterschied sie von Caroline.
»Was hältst du davon, wenn wir alle drei ins Café gehen, und ich euch Kuchen und heiße Schokolade spendiere?«
Daniel sah seinen Vater an, als sei er übergeschnappt. Seit wann wurden Sechser belohnt? Nun, das zumindest war nicht sein Problem, und so saßen sie wenig später im Café, und Paul bestellte:
»Zwei Tassen heiße Schokolade, ein Kännchen Kaffee und drei Stück Schokoladenkuchen.«
Wahrscheinlich würde ihn alle Welt irgendwann für schizophren halten, wenn er sich von nun an freundlich mit einem unsichtbaren Schimpansen unterhielt und in Restaurants und Cafés für ihn mitbestellte. Er würde seine Stellung verlieren, man würde ihm das Sorgerecht für Daniel entziehen, er würde seine Miete nicht mehr zahlen können, unter der Brücke und schließlich in der Klapsmühle landen. Jawohl! Und das alles nur wegen Augusta und Sabine Lehmann.
Es kam, wie es kommen musste, Augusta entwickelte sich, jetzt da sie offiziell von Paul anerkannt worden war, zum Haustyrannen. Zum Beispiel brauchte sie ganz dringend einen Gameboy, der Daniel bisher aus erzieherischen Gründen vorenthalten worden war.
Um sich weiterzubilden, musste sie unentwegt fernsehen, und da sie und Daniel unzertrennlich waren, war Daniel natürlich immer dabei.
Ganz zu schweigen von den zahlreichen Besuchen bei McDonalds, der Schimpansenmädchen offenbar ebenso magisch anzog wie achtjährige Jungen. Irgendwann hatte Paul das Gefühl in seinem Königreich auf einer Apfelsinenkiste zu sitzen, während Augusta und Daniel schon längst den Thron beschlagnahmt hatten. Und Sabine Lehmanns Theorie, Daniel werde auf diese Weise das Interesse an Augusta verlieren? Pustekuchen!
Das Gegenteil trat ein, Daniels Liebe zu Augusta wurde immer stärker. War es ein Wunder? Immerhin setzte sie in Windeseile sämtliche Dinge durch, an denen Daniel seit Jahren erfolglos arbeitete. Durch Augustas Existenz war es mit Pauls väterlicher Autorität endgültig vorbei.
Dann kam der Tag, an dem Paul anfing, keine weißen Mäuse sondern nur noch Schimpansen zu sehen. Augusta war überall, entblößte ihre gelben Zähne, grinste breit, schnatterte. Mit kleinen schwarzen Knopfaugen fixierte sie Paul unentwegt. Ob sie nun an der Gardinenstange herumturnte, sich von Gummibaum zu Gummibaum angelte, oder mit einem Satz auf seine Schultern sprang, um in seinem Haar nach Flöhen zu suchen – Augusta war immer da, und wenn er nicht etwas unternahm, würde er sie ein Leben lang nicht mehr loswerden.
Also entschloss er sich zu einem ernsten Gespräch zwischen Vater und Sohn. Es wurde ein schweißtreibendes, ein tiefenpsychologisches Gespräch werden. Jedes Wort musste sorgfältig überlegt sein, damit er Daniel keinen bleibenden Schaden zufügte.
»Daniel, ich muss mit dir unter vier Augen reden.«
»Ohne Augusta?«
»Ohne Augusta!!«
Sanft wollte er Daniel klarmachen, dass Augusta nun einmal kein Ersatz für Caroline war. Deshalb zeigte er Daniel zunächst ein Foto seiner Mutter.
»Das ist deine Mami!«
»Weiß ich doch!« Daniel saß da und zappelte mit den Beinen. So als langweile ihn das tiefenpsychologische Männergespräch schon jetzt.
»Angeblich stammen wir zwar alle vom Affen ab, Dani, aber deine Mutter hatte mit einem Schimpansen keine Ähnlichkeit.«
»Klar, Mann, sieht man ja!« Daniel wirkte so überlegen und so abgeklärt, dass Paul augenblicklich die Nerven verlor.
»Und warum soll sie dann deine tote Mutter ersetzen, Junge!« Er sprach nicht, er schrie, sprang verzweifelt auf. Er war mit dem Nerven am Ende.
»Wie kommst du darauf, Pa? Das soll sie doch gar nicht. Einen Hund will ich! Bekomm ich einen Hund?«
Zum ersten Mal seit Wochen richtete Daniel und nicht Augusta eine Bitte an Paul.
»Du sehnst dich also nicht nach deiner Mutter?«
»Ne, Mütter kommandieren einen nur rum. Biiitte, Papiiiii, schenk mir einen Hund!«
»Nein, mein Junge«, Paul reagierte schnell. »Einen Hund und Augusta? Das ist unmöglich. Und auf Augusta willst du doch nicht verzichten?«
»Doch!«, entgegnete Daniel und kündigte der treuen Augusta augenblicklich die Freundschaft auf. »Wir bringen Augusta einfach in den Wald.«
***
Der Tag des Abschieds war gekommen. Es war ein kühler Tag, als sie Augusta in den Wald brachten. Das Laub raschelte unter ihren Füßen, und die Blätter an den Bäumen waren goldgelb und flammenrot. Sie setzten Augusta auf einer Waldlichtung aus.
Paul sah sie förmlich vor sich, wie sie mit traurigen Augen dasaß und ihnen nachwinkte. Und irgendwie, das fühlte Paul ganz genau, würde er Augusta vermissen. Vielleicht hatte Sabine Lehmann gar nicht so unrecht, wenn sie behauptete, in seinem Leben fehle eine Frau. Augusta löste sich vor seinem geistigen Auge in Luft auf, und er sah auf einmal ein anderes weibliches Wesen vor sich: himmelblaue Augen, Pferdeschwanz und Sommersprossen.
Nicht nur Daniel und er, sondern auch der zukünftige Hausgenosse mit feuchter Hundeschnauze hatten psychologische Betreuung nötig.
Also gut, gleich morgen wollte er Sabine Lehmann fragen, ob sie sich irgendwann, nach vielen Verabredungen, vorstellen könnte, diese Lebensstellung zu übernehmen.
Alexandra Strasser
Bei Anruf: Mann
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