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Der Prediger Meister Eckhart wurde einst der Ketzerei bezichtigt und wegen 28 Sätzen der Irrlehre verurteilt. Er stellte nicht nur die Autorität der Kirche in Frage, sondern umschrieb auch jenes offene Geheimnis, von dem heute in Advaita und Nondualität die Rede ist. Andreas Müller stellt die mystischen Sätze des Meisters Eckhart vor und kommentiert sie."
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Seitenzahl: 30
Diese Rede
Meister Eckhart
Nach nichts trachten
Gott erleiden
Sich selbst lassen
Gott gewahren
Wie soll ich Gott lieben?
Die Herrlichkeit ist überall
Bedürfnisse
Nicht-Wissen
Dieses Etwas
Über Meister Eckhart
Quellenangaben
Über Andreas Müller
Danksagungen
„Wer diese Rede nicht versteht, der bekümmere sein Herz nicht damit. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Rede nicht verstehen. Denn es ist unverhüllte Wahrheit, die da gekommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar.”1
~
Diese Botschaft ist eine unpersönliche Botschaft. Sie gehört niemandem. Sie spricht niemanden an. Sie ist direkt. Sie meint, was sie sagt, und bleibt trotzdem leer. Sie enthält keine Methode. In ihr ist nichts, das zu erkennen wäre.
Ich weiß, dass es sich bei Meister Eckhart immer wieder so anhört, als gebe es etwas zu finden. Immer wieder hört es sich so an, als sei da jemand, der auf eine richtige Weise sein könnte. Ob und wie Eckhart das gemeint hat, bleibt Spekulation. Doch einige seiner Worte scheinen mit mir zu resonieren.
Gleichwohl - es gab keinen Meister Eckhart, genauso wenig wie es mich gibt oder irgendeine getrennte Instanz. Diese Worte haben keine Bedeutung. Es gibt keinen Grund, sich an ihnen abzuarbeiten oder sich mit ihnen aufzuhalten.
Sie gleichen einem Gesang, und wer ihn hört, mag Freude empfinden. Wer ihn nicht hört, halte sich nicht damit auf.
Weder gibt es etwas zu finden noch etwas zu verlieren. Das, was scheinbar passiert, ist natürlicherweise alles. Das ist die Freude – die Freude, die niemand besitzt und die zugleich alles ist. Das ist, wovon diese Worte berichten. Und doch fügen sie nichts hinzu.
F: Du wolltest ein Buch über Meister Eckhart schreiben...
A: …oder zumindest etwas zu ihm sagen.
F: Was ist daraus geworden?
A: Dieses kleine Büchlein. Der Anfang war schwierig. Ich habe reingelesen in die „Predigten und Traktate“. Und dabei habe ich gemerkt: Da steht ja schon alles so, wie es dazustehen hat!
Die Stellen, die ich kommentieren wollte, waren und sind so frei heraus, dass es nicht mehr viel zu kommentieren gibt.
Und dann hat es sich doch ergeben. Es ist erstaunlich, was dieser Dominikanermönch damals alles gesagt hat, ohne dass er ernsthafte Probleme bekommen hat.
F: Ist ihm nicht der Prozess gemacht worden?
A: Am Ende seines Lebens, ja, oder sogar noch ein bisschen später. Tatsächlich ging es über lange Zeit gut. Und es ist erstaunlich, dass er lediglich für 28 Sätze verurteilt wurde. Posthum. Denn er ist vor der Verurteilung gestorben.
F: Was sagt er denn so frei heraus?
A: Zum Beispiel: dass da niemand ist. Und dass Gott eher ein Nicht-Gott ist. Und dass Existenz eher Nicht-Existenz ist.
F: Dass die Kirche damit nicht völlig einverstanden sein konnte, ist vielleicht verständlich. Du aber stimmst zu?
A: Zumindest sind solche Sätze in meine Lesart übertragbar. Zum Beispiel: Es gibt keine beobachtbare Realität. Wir leben im absoluten Blindflug, genau wie das gesamte scheinbare Universum.
Das rührt daher, dass der Beobachter selbst illusionär ist. Schon von einem Beobachter zu sprechen, der auf irgendeine Art und Weise existiert - real, irreal, illusionär -, kann den Eindruck erwecken, dass es so etwas gibt.
Aber das gibt es nicht. Da ist niemand. Es gibt keinen Beobachter. Es gibt kein getrenntes Gewahrsein.
Und weil das Gewahrsein nicht real ist, kann das, was bezeugt wird, auch nicht real bezeugt werden! Das, was ist, ist absolut blind für sich selbst.
F: Du meinst, das hat Eckhart gemeint, wenn er sagte Existenz ist eher Nicht-Existenz?