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Echte Zahlen. Echte Geschichten. 12 Jahre Selfpublishing hautnah. Was steckt wirklich hinter den Zahlen einer Selfpublisherin? In meinem Finanzbericht teile ich mit dir meine Umsätze, Kosten, Verluste oder Gewinne aus 12 Jahre Selfpublishing. Ich bin überzeugt, dass ich vielen Autorinnen dabei helfen kann, eine realistische Vorstellung davon zu bekommen, was es wirklich bedeutet, diesen Beruf zu ergreifen. Wer denkt, Zahlen seien langweilig, wird überrascht sein – hinter jeder Zahl steckt eine spannende Geschichte. In meinem Finanzbericht erfährst du, warum ich welche Entscheidungen getroffen habe und welchen Einfluss mein privates Leben auf meinen beruflichen Weg hatte. Dieses Buch zeigt die vielen Facetten des Autorinnen-Daseins: von der Vermarktung über finanzielle Herausforderungen bis hin zu den Momenten, die meine Karriere geprägt haben. Lass dich inspirieren von meinen Zahlen – und entdecke, wie du erfolgreich in deine Selbstständigkeit als Autorin starten kannst. Hinweis: Die Inhalte dieses Buches beruhen ausschließlich auf meine persönlichen Erfahrungen – und sind nicht mit Hilfe einer KI erstellt worden, da sie aus meinem eigenen Leben stammen.
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12 Jahre Selfpublishing
Zahlen, Fakten und Lektionen
von
Kerstin Rachfahl
Impressum
Deutsche Erstausgabe November 2024 Copyright © 2024 Kerstin Rachfahl, Hallenberg
Korrektorat: Martina Takacs, dualect.de Buchcover: Kerstin Rachfahl unter Verwendung der Vorlagen von Canva
Kerstin Rachfahl Heiligenhaus 21 59969 Hallenberg E-Mail: [email protected] Webseite: www.kerstinrachfahl.de
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Alle Rechte einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten. Inhalte fremder Webseiten, auf die in diesem Buch hingewiesen wird, macht sich die Autorin nicht zu eigen und übernimmt dafür keine Haftung.
Einleitung
Jeder hat einen Traum. Meiner begann im Jahr 2003. Ich träumte davon, einmal eine berühmte und reiche Schriftstellerin zu sein:
Ich schreibe an einem alten Sekretär in einem wunderschönen Haus mit Blick auf einen See. Die Wörter fließen aus meinen Gedanken in die Tastatur. Der Tag beginnt mit einer morgendlichen Laufrunde zusammen mit meinem Mann und unserem Hund. Danach eine Runde Schwimmen im See für mich, während er das Frühstück zubereitet. Die erste Schreibzeit, die mit einer Tasse Tee auf dem Holzdeck endet. Mein Mann kocht das Mittagessen. Wir essen zusammen und erzählen uns von unserem Vormittag. Eine zweite Runde Schreiben. Zum Ausgleich anschließend eine Runde mit dem Kajak paddeln. Der Ausklang des Arbeitstages: ein Abendspaziergang mit Mann und Hund. Mein perfekter Tag.
Vieles von dem oben Beschriebenen ist heute Realität. Es gibt keinen See, wir leben im Sauerland, und der Umsatz meiner Bücher liegt nicht bei den 250.000 Euro im Jahr, die ich bräuchte, um diesen Traum zu leben. In dem Szenario oben fehlt auch die Marketingarbeit zur Sichtbarmachung meiner Bücher, damit ich eines Tages dieses Ziel erreiche. Zwar schreibe ich jeden Tag, doch wir finanzieren unser beider Leben mit dem Verdienst aus unserem IT-Unternehmen.
In meinem ersten Job nach dem Studium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre war ich als Controllerin beim Deutschen Bücherbund tätig, der zum Holtzbrinck Verlag gehörte. In diesem Job ist man für die Planung, Steuerung und Zielfestlegung des Finanzwesens eines Unternehmens zuständig. Man analysiert die Zahlen und die Prozesse, findet heraus, welche Produkte gut laufen oder wo es Schwachpunkte gibt. Ich bekam hautnah mit, wie dieses Unternehmen an die Bertelsmann-Gruppe verkauft wurde. Irgendwann werde ich diese Erfahrung in einer Geschichte verarbeiten. Ich erhielt ein Jobangebot in Gütersloh, doch zu diesem Zeitpunkt begann das Studium meines Mannes in Reutlingen, und so schwer es mir fiel, entschied ich mich dagegen. Die Zeit in Reutlingen mit Wanderungen, Radtouren und Skifahren ist für uns eine Zeit voller schöner Erinnerungen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Autorinnen schreibe ich nicht, seit ich ein kleines Kind war. Mir mangelte es nie an Fantasie, sondern eher an der Disziplin, eine Geschichte von Anfang bis Ende zu erzählen. Dafür gab es zu viele spannende Geschichten, die ich erleben wollte. Immerhin gab es in meiner Zeit nur wenige weibliche Heldinnen in den Büchern, und so musste ich in jede Geschichte, die ich liebte, eine neue Rolle hineinfabulieren. Ich bin in einer Unternehmerfamilie groß geworden. Ich kannte finanzielle Sorgen und Ängste und bin ein realistischer Mensch. Mein Ziel war es nie, eine arme Künstlerin zu sein, die von der Hand in den Mund lebt. Erst spät wurde mir klar, wie wichtig das Schreiben für mich ist. Ich bin eine Geschichtenerzählerin. Nie gehe ich einfach so über eine Straße. Es ist immer ein Abenteuer dabei, und ich liebe es, mich in einem besseren Licht dastehen zu lassen. Wie es am Ende dazu kam, dass ich den Schritt in die Selbstständigkeit als Autorin wagte, erzähle ich dir in einem anderen Buch.
Vielen Autor:innen fehlt eine klare Vorstellung von dem, was auf sie zukommt, wenn sie davon träumen, von ihren Büchern zu leben. Es fehlt an konkreten Informationen und Vorstellungen über den Buchmarkt mit seinen Verdienstmöglichkeiten. Gleich zu Anfang schrieb ich in meinem Blog einen Beitrag, in dem ich festhielt, in welcher Größenordnung sich meine Investitionen und mein Verdienst bewegten. Doch dann bekam ich Angst vor meiner eigenen Courage und löschte den Post. Inzwischen gibt es ihn wieder. Ich fand den Mut in mir, ihn zu veröffentlichen – mit den echten Zahlen aus meiner Buchhaltung und nicht solchen groben Werten wie »vierstellig« oder »sechsstellig«. Tief in mir habe ich das Bedürfnis, anderen Autor:innen zu helfen, ihren Traum leben zu können. Es ärgert mich, dass wir uns als Bittstellende sehen, statt als Fundament für eine ganze Branche, an der viele Jobs hängen. Dafür bedarf es jedoch einer Distanz zu den eigenen Büchern, der Betrachtung der Zahlen sowie einer realistischen Einschätzung des Buchmarktes.
Mein Finanzbericht schließt diese Lücke. Mit meinen Erfahrungen aus knapp 13 Jahren Selfpublishing (bis 2024 gerechnet) bin ich zwar noch immer nicht so weit, dass ich von meinem Schreiben leben kann, doch ich weiß, wieso das so ist. In meinem Blogpost hast du die Aufstellung meines Umsatzes, der Kosten und des Verdienstes oder Verlustes von 2011 bis 2023 gesehen (siehe auch Tabelle in der Übersicht). Hinter den Zahlen verbirgt sich eine Geschichte, nämlich meine persönliche, die ich in diesem Buch mit dir teilen möchte. Ich glaube, dass du viel daraus lernen kannst, wenn du das möchtest, und dass es dir hilft, Fehler, die mir unterlaufen sind, zu vermeiden. Du bekommst konkrete Informationen über die Anzahl der Bücher, die ich in jedem einzelnen Jahr veröffentlicht habe, darüber, wie sich meine Kosten zusammensetzen und welche Rolle Entscheidungen und Lebenssituationen in dem Jahr spielten. Mentale Stärke ist ein entscheidender Faktor für den finanziellen Erfolg. Dabei bringt es der Beruf mit sich, dass man permanent Situationen ausgesetzt ist, die das mentale Gerüst angreifen. Wenn du dich zu meinem Newsletter anmeldest, kannst du dir meinen kostenlosen Ratgeber »Erfolg beginnt im Kopf – 10 mentale Strategien für Autorinnen« herunterladen. Melde dich einfach wieder ab, wenn du keine weitere Post von mir bekommen möchtest. Ich bin keine Rechtsanwältin und auch keine Steuerberaterin. Bitte prüfe daher die relevanten Sachverhalte für dich und frage gegebenenfalls bei deiner Steuerberatung nach.
Hinweis: Dieses Buch ist ein Finanzbericht einer selbstständigen Autorin, der erklärt, wie sich die Zahlen in jedem Jahr zusammensetzen. Wenn du keine Zahlen magst und dich die Hintergründe nicht interessieren, genieße lieber einen Milchkaffee Grande mit Hafermilch bei deiner Lieblingskette oder deinem Lieblingscafé. Wenn du jedoch wissen möchtest, wie das reale Leben einer Autorin aussieht, vor welchen Herausforderungen wir als Autorinnen stehen und ob der Beruf etwas für dich ist, dann kaufe dir lieber den Bericht und lese ihn bei einem Tee oder Kaffee zu Hause. Ich verspreche dir, es ist eine sinnvolle Investition auch deiner Zeit. Du kannst eine Menge Geld sparen und dir realistische Ziele setzen, indem du aus meinen Fehlern lernst.
Warum schreibst du? Erst seit Anfang 2024 versuche ich, eine Antwort auf diese Frage für mich zu finden. Wenn du dich auf dem Buchmarkt positionieren möchtest, ist es wichtig, dass du dieses Warum für dich beantworten kannst. Die Antwort hat Auswirkung auf deine langfristige Strategie und beeinflusst die Werkzeuge, mit denen du dieses Ziel erreichst. Jede Autor:innenstimme ist einmalig und unverwechselbar. Du trägst die Verantwortung für deinen Erfolg, egal, auf welchem Weg du deine Bücher veröffentlichst. Alles hat Vor- und Nachteile. Es ist auch nie verkehrt, mehrgleisig zu fahren. Je mehr du dich mit dem Buchmarkt beschäftigst, desto mehr verstehst du, vor welchen Herausforderungen du stehst. Du kannst mit einer Literaturagentur oder einem Verlag auf Augenhöhe über einen Vertrag verhandeln, denn du weißt, was du abgibst und was deine Erwartungen sind. Die Technik bleibt nicht stehen. Veränderungen gehören zum Leben und zum Beruf dazu.
Trotz all der Diskussionen über die künstliche »Intelligenz« (Ich setze das Wort bewusst in Anführungszeichen, weil es ein Sprachmodell ist) bin ich der Überzeugung, dass du als Mensch Geschichten anders erzählst. Du folgst deinen Charakteren und ihren Emotionen. Eine Software kann nur Strukturen erkennen, auf Beziehungen schließen und Wahrscheinlichkeiten annehmen. Sie versteht nicht, wieso etwas so ist, wie es ist, dafür braucht es menschliche Empathie, Kreativität und Intelligenz. Gleichzeitig hat die Verbandsarbeit und politische Lobbyarbeit einen wesentlichen Einfluss darauf, dass wir als Autorinnen langfristig von unserer Arbeit, dem Schreiben von Büchern leben können. Die Buchbranche ist die einzige, in der eine Scheinselbstständigkeit nicht als solche zählt. Normalerweise handelt es sich um eine Scheinselbstständigkeit, wenn jemand ausschließlich für ein Unternehmen selbstständig arbeitet. Mit anderen Worten, das Unternehmen nutzt seine Position, um dich zu einer selbstständigen Mitarbeit zu überreden, damit es die Sozialversicherungsbeiträge einsparen kann. Gleichzeitig gewinnt es dadurch die Flexibilität, dich nur dann bezahlen zu müssen, wenn es deine Dienstleistung verkaufen kann oder deine Arbeitsleistung benötigt. Genau so läuft deine Arbeit als Verlagsautorin. Arbeitsrechtlich ist das verboten.
Nur wenige Autorinnen können von ihren Büchern leben. Als freiberuflich Selbstständige übernimmst du die kompletten Beiträge für deine Krankenversicherung und sorgst selbst für dein Alter vor. Eine Arbeitslosenversicherung gibt es für dich nicht. Du trägst die Verantwortung, dir eine Rücklage zu bilden, auf die du zurückgreifen kannst, wenn es mit dem Schreiben von Büchern – aus welchen Gründen auch immer – mal nicht klappt. Viele denken nicht daran oder können sich diese Denkweise finanziell nicht erlauben. Sie riskieren es einfach. Früher kam es häufig vor, dass Autorinnen gegen Ende ihres Lebens in die Altersarmut abrutschten. Ich denke, das war einer der Faktoren, weshalb es zur Gründung der Künstlersozialkasse (KSK) kam. Sie ist keine Krankenkasse, sondern übernimmt die Funktion des Arbeitgebers und trägt für Autor:innen, die erwerbsmäßig ihrem Beruf nachgehen, den Arbeitgeberanteil, also die Hälfte der Kranken- und Rentenversicherung. Finanziert wird die KSK aus den Beiträgen, die Unternehmen als Ausgleich für die Inanspruchnahme künstlerischer Arbeit an diese abführen müssen, sowie einem Zuschuss vom Bund. Genauere Informationen zur KSK, ob du Beträge abführen musst und ob du berechtigt bist, die Zuschüsse zu erhalten, findest du auf der Internetseite: www.kuenstlersozialkasse.de.
Bitte beachte, dass du abgabepflichtig bist, wenn du Lektorat, Coverdesign, Webdesign oder andere künstlerische Leistungen von freiberuflich Tätigen in Anspruch nimmst. Das Korrektorat ist keine künstlerische Leistung. Deshalb sollte es, sofern du beide Leistungen von einer Person beziehst, separat in der Rechnung aufgeführt werden.
Reden wir über Geld
Mir fällt es unglaublich schwer, den Preis für meine Bücher festzulegen. Geht es dir genauso? Nach dem Schreiben eines Buches gehe ich auf Distanz und ziehe sozusagen einen anderen Hut auf, nämlich den der Unternehmerin. Das Buch ist mein Produkt, das ich auf dem Markt platzieren möchte. Die Preispolitik (Marketing-Werkzeug) ist ein wesentlicher Baustein meiner Sichtbarkeit. Ein niedriger Preis senkt die Hemmschwelle für die Leserschaft, sich das Buch einer bisher unbekannten Autorin zu kaufen. Auf der anderen Seite kann es sein, dass jemand deshalb nicht zugreift, weil mit dem niedrigen Preis der Gedanke einhergeht, es könne ein qualitativ schlechtes Buch sein. Die Entscheidung liegt bei dir. Anbei eine Beispielkalkulation für dich. Im oberen Bereich spiele ich mit drei Buchpreisen und versuche herauszufinden, wie viele Bücher ich im Monat bzw. pro Tag verkaufen müsste, um einen Zielverdienst zu erreichen. Im unteren Bereich findest du die Kalkulation der Kosten, die ich oben eingetragen habe. Es sind meine Zahlen, die du an deine anpassen kannst.
Wenn du die Tabelle gern z.B. als Excel-Datei haben möchtest, um damit herumzuspielen, schreib mir eine E-Mail, und ich lasse sie dir zukommen: [email protected].
Das Reden über Verdienst im Zusammenhang mit dem Beruf als Autorin erzeugt in meinem Mund einen schalen Geschmack. Als ich anfing, mir eine selbstständige Existenz in dem Beruf aufzubauen, fragte ich mal eine Autorin, wie hoch die Anzahl an Büchern ist, die sie verkauft. Natürlich wollte sie mir das nicht verraten. Es war keine Neugierde, die mich trieb, sondern das Fehlen überhaupt irgendwelcher Zahlen, wenn es um den Beruf der Autorin geht. In Deutschland zeigt die Statistik auf der Seite der Künstlersozialkasse auf, was deren Mitglieder im Durchschnitt verdient haben. Das sagt mir aber nicht, wo der Spitzenverdienst liegen kann oder ob es realistisch ist (siehe Beispielkalkulation), dass ich im Jahr knapp 30.000 Bücher verkaufen kann. Im Jahr 2018 kam ich mit 23.225 verkauften Büchern zum ersten Mal nahe an diese Zahl heran. Es ist also machbar, und du brauchst dafür nicht in den Top 100 der Bestsellerlisten von Amazon oder Spiegel landen. Ich vermute, dass du, um in der Spiegel-Bestsellerliste zu stehen, sogar weniger Verkäufe brauchst als bei Amazon. Schade, dass wir auch darüber in der Branche nicht offen reden. Das würde vielen Autor:innen helfen, sich selbst und den Markt besser einzuschätzen. Grundsätzlich gilt: Vergleiche dich nicht mit anderen, sondern mit dir selbst. Wenn du so wie ich einen spürbaren Umsatzrückgang verzeichnest, ist es unverzichtbar, die Gründe dafür zu kennen oder herauszufinden.
In Deutschland ist es verpönt, über Geld zu reden. Ich wünsche mir da viel mehr Offenheit. Dass ich diesen Schritt wage, überrascht mich selbst am meisten. In Schweden kann sich jeder an das Finanzamt wenden und fragen, was sein Nachbar verdient. Das ist auch kein Problem in dem Land, weil sich die Schweden nicht über Geld definieren. Ich hingegen bin seit frühester Kindheit darauf getrimmt worden, dass man über Geld nicht redet. Als ich mich mal mit einer Freundin über die Altersvorsorge unterhielt und darüber sprach, welches Geld wir für unser Alter zurücklegen und wie viel wir derzeit an Tilgung und Zinsen für unsere Darlehn bezahlen, merkte ich, dass ich ein heikles Thema angesprochen hatte – so wie Sex.
Wenn ich mir als Autorin eine selbstständige Existenz aufbauen möchte, muss ich mich jedoch mit dem Thema Geld beschäftigen, weil ich nicht von Luft und Liebe leben kann. Ich kann verstehen, dass jeder gern kostenlose Literatur lesen, Musik hören und umsonst ins Theater gehen möchte. Doch woher sollen all die Lese-, Musik- und Theatervergnügen kommen? Der Staatsapparat bekommt sein Geld, Brötchen kosten etwas, und auch das Management von Unternehmen geht nicht aus purem Vergnügen und zur Selbstverwirklichung zur Arbeit. Was in anderen Berufen selbstverständlich ist, scheint, wenn es um das Thema Kunst – egal in welchem Format – geht, auf einmal undenkbar. Eine Künstlerin, die Geld verlangt, ist gierig, und es wird hinter der vorgehaltenen Hand geflüstert, das könne ja gar keine echte Künstlerin sein, denn die will ja ihre Kunst wie Ware verkaufen.
Wir können in der Geschichte weit zurückgehen. Die meisten Künstler:innen waren arm und hatten Mäzen:innen (modern: Sponsor:innen) die sie förderten. Es gab ein paar wenige positive Ausnahmen, die es tatsächlich schafften, einen Beruf aus ihrem künstlerischen Schaffen zu machen und von ihren Einnahmen zu leben. Das gesellschaftliche Bild der armen Künstlerschaft wurde also seit langer Zeit geprägt. Ich möchte daraus ausbrechen. Ich möchte mir als selbstständige Autorin eine Existenz aufbauen, so wie ich es in unserem IT-Unternehmen, in dem wir Beratungsleistungen anbieten, seit Jahren praktiziere.
Ich möchte so viel Geld mit meinen Büchern verdienen, dass ich bequem davon leben kann. Für mich bedeutet das, dass ich in meinem Lebensumfeld mit Altersrücklage, Steuerzahlungen und privater Krankenversicherung ein Umsatzziel von 60.000 Euro erreichen muss. Ich spreche deshalb von Umsatz, weil meine Kosten von vielen Faktoren abhängen. Wie viel Geld gebe ich für das Lektorat, das Coverdesign und das Marketing aus? Wie hoch ist meine Einkommenssteuer? Wie viel Geld lege ich für schlechte Zeiten zurück? Wie viel Geld lege ich für meine Altersvorsorge beiseite, und was muss ich an die Krankenkasse zahlen?
Nehmen wir mal an, ich lege den Preis meiner Bücher so fest, dass ich pro verkauftem Buch, egal ob E-Book oder Print, 2 Euro verdiene, dann muss ich im Jahr 30.000 Bücher verkaufen, um einen Umsatz von 60.000 Euro zu erzielen. Da sind wir wieder bei der Zahl meiner Beispielkalkulation.
Gehen wir mal ein bisschen tiefer in die Zahlen, weil es hilft, zu verstehen, ob mein angestrebter Umsatz realistisch ist oder vollkommen utopisch. Deutschland ist weiterhin ein Land mit einem starken Buchmarkt. Vom Umsatz betrachtet liegen wir weltweit auf Platz 4, nach den USA, China und Japan, und auf Platz 1 in Europa. Insgesamt erwirtschaftete die Buchbranche einen Umsatz von 7,76 Mrd. Euro im Jahr 2023. (Quelle: PWC German Entertainment und Media Outlook 2024–2028). Die interessantere Frage ist, wie viele Bücher, egal ob Print oder E-Book, in Deutschland verkauft werden. Ich stieß auf eine Zahl von 273 Millionen Büchern im Jahr 2021 in der Belletristik (Quelle: Deutschlandfunk Kultur – Podcast: Wie Bestseller den Buchmarkt prägen). Die Zahl der verkauften Bücher teile ich mir natürlich mit allen am Markt zur Verfügung stehenden Titeln.
Das hilft mir an dieser Stelle nicht weiter. Sagen wir mal, dass ich zwanzig Bücher geschrieben habe, dann muss ich von jedem Buch 1.500 Exemplare im Jahr verkaufen. Ab jetzt wird es schwammiger. Wie groß muss meine Stammleserschaft sein, damit ich den Umsatz erzielen kann? Sagen wir mal, dass ich jedes Jahr zwei neue Bücher veröffentliche und sich der Umsatz rein auf diese Bücher konzentriert, dann bräuchte ich 15.000 Fans, die meine Bücher lesen. Ganz schön viele.
Es gibt weitere Faktoren, die den Umsatz beeinflussen. Ein Buch hat zum Beispiel unterschiedliche Formate. Es kann als E-Book, Taschenbuch, Hardcover oder Hörbuch vorliegen. Es kann in einem Sammelband mit anderen Büchern einer Reihe erscheinen, oder es gibt womöglich sogar eine Übersetzung davon, die wiederum in allen Formaten vorliegt. So können aus einem Buch sogar vier, zehn oder noch mehr Produkte entstehen, mit denen ich jeweils 2 Euro verdiene.
Das ist die Dynamik, die hinter dem Produkt Buch steht, nämlich dass es in viele Rechte unterteilt ist, die rund um ein Buch existieren. Es kann ja auch ein Film, ein Fernsehfilm oder eine Serie aus einem Buch entstehen. Ein weiterer Vorteil des heutigen Marktes ist die Lebenszeit eines Buches. Es kann in digitaler Form unendlich lange vorliegen, und auch bei Print-on-Demand steht das gedruckte Buch permanent für die Leserschaft zur Verfügung. Natürlich bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Pool an Büchern, die gekauft werden können, von Jahr zu Jahr größer wird. Ich konkurriere um die Aufmerksamkeit meiner Leserschaft mit einem immer größer werdenden Angebot. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Mein Buch zu finden, wird schwieriger. Das Investment der Leserschaft ist nicht der Preis für ein Buch. Essen zu gehen kostet viel mehr, und der Genuss dauert zwei Stunden, wohingegen man mit einem guten Buch auch mal sechs Stunden pures Lesevergnügen hat. Es ist die Lebenszeit, die ich dafür investiere, und sie mit einem schlechten Buch zu verschwenden, weil ich auf ein Cover oder ein Kaufversprechen reingefallen bin, ärgert mich.
Bei den Verkaufsplattformen ist es egal, ob das Angebot größer wird. Sie verdienen an jedem Buch mit. Anders ist es bei den Verlagen. Sie investieren in ihre Autor:innen, gehen Risiken ein und stehen ebenfalls vor der Herausforderung, Sichtbarkeit zu schaffen. Noch schwieriger ist es für Buchhandlungen. In einem Buchladen lässt sich nur eine bestimmte Anzahl von Büchern präsentieren. Trifft man hier nicht den Trend und setzt auf die falschen Bücher, kann das die Existenz bedrohen.
Meine aktuelle langfristige Marktstrategie lautet:
Regelmäßig neue Bücher veröffentlichen. Auf diese Weise erweitere ich meine Backlist, auf die neue Fans zurückgreifen können, und ich bleibe sichtbarer.
Das Fundament dafür, dass ich von meinem Schreiben leben kann, sind meine Fans. Eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, stärkt die Bindung.
Mein Name ist meine Marke, und ich bin ein echter Mensch. In meinen Geschichten stecken meine Erfahrungen, meine Fantasie und meine Emotionen.
Im Hinblick auf die Übersetzungsrechte und andere Nebenrechte kann es sinnvoll sein, mit einem Verlag oder einer Literaturagentur zusammenzuarbeiten.
Mein Profil und die Wiedererkennungsmerkmale stärken.
Fans auf meine Plattform (Website) ziehen und ihnen einen Mehrwert bieten, damit sie meinen Newsletter abonnieren.
Mein neuer Glaubenssatz bezüglich Geld lautet:
Geld gibt mir die Freiheit, der Mensch zu sein, der ich sein möchte, und einen Beruf auszuüben, den ich leidenschaftlich liebe, nämlich das Schreiben von Büchern.
Die Übersicht von 2011–2023
Bevor wir uns die Tabelle anschauen, möchte ich sicherstellen, dass wir beide unter den Begriffen, die ich verwende, dasselbe verstehen.
Umsatz
Der Umsatz ist das, was ich an Honoraren und Tantiemen ausbezahlt bekomme, ohne die Umsatzsteuer, da ich diese an das Finanzamt abführe. Verkaufe ich ein Buch direkt, was bisher selten vorkommt, ist der gesamte Nettobetrag für das Buch im Umsatz enthalten. Mein Einkauf der Ware ist in den Kosten aufgeführt und wird hier nicht abgezogen. Zu welchem Preis ich das Buch verkaufe, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Kosten
Die Kosten enthalten keine Umsatzsteuer, da ich auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichte. Das bedeutet, dass ich Umsatzsteuer für meine Bücher berechne und sie an das Finanzamt abführe. Gleichzeitig kann ich die mir in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. In den Kosten sind weder Gehalt noch Sozialversicherungsbeiträge für mich enthalten.
Gewinn oder Verlust
Mein Gewinn ist die Differenz zwischen dem Umsatz und den Kosten. Unabhängig davon, ob ich meinen Verdienst aus dem Unternehmen herausnehme oder stehen lasse, zahle ich dafür am Ende des Jahres Einkommensteuer. Es sei denn, ich mache einen Verlust. Einen Verlust kann ich mit meinem anderen Einkommen in dem Jahr verrechnen, und ich bezahle weniger Steuern. Ist mein Gewinn hoch genug, kann ich davon meine Lebenshaltungskosten, meine Altersvorsorge und eben die Einkommensteuer bezahlen.
Jahresabgrenzung
Beim Verkauf der Bücher und dem Zufluss meines Umsatzes gibt es einen zeitlichen Versatz. Je nachdem, wer mir den Betrag ausbezahlt, können zwei bis drei Monate oder auch ein längerer Zeitraum dazwischen liegen. Anders ausgedrückt: Ein Buch, das im Januar gekauft wird, bekomme ich im März ausbezahlt. In meiner Aufstellung weise ich immer den Umsatz aus, der mir im genannten Monat zugeflossen ist. (Die Jahresumsätze von Januar bis Dezember beziehen sich entsprechend auf die Verkäufe ab z. B. November des Vorjahres bis Oktober des aktuellen Jahres bei einer Zweimonatsfrist bis zum Zahlungseingang.) Das ist wichtig, wenn wir uns später anschauen, wann ein Buch veröffentlicht wurde. Die Kosten für die Veröffentlichung können im letzten Jahr angefallen sein, während der Umsatz erst im neuen Jahr erfasst wird.
Istversteuerung
Meine Umsätze und Kosten werden in der Buchhaltung nach der sogenannten Istversteuerung erfasst. Das bedeutet, dass ein Umsatz erst nach Eingang auf meinem Bankkonto als solcher erfasst wird und nicht, wenn ich eine Rechnung ausstelle. Dasselbe gilt für meine Kosten, also die Ausgaben. Auch dies kann zu einer Verschiebung innerhalb der Monate oder Jahre führen.
Break-even(-Point)
Das ist der Punkt, an dem man alle Kosten des laufenden Jahres erwirtschaftet hat und ab dem jeder Umsatz mehr Gewinn bedeutet. Das breche ich für mich auf jedes Buch runter, sodass ich sie alle finanziell beurteilen kann. Es gibt Bücher, die bis heute den Break-even nicht erreicht haben. Auch für mein Unternehmen gibt es über die Jahre diesen Punkt, an dem alles bisher investierte Kapital erwirtschaftet ist und ich in die Gewinnzone komme. Das war bei mir im Jahr 2014 der Fall, als ich alle Verluste der Vorjahre ausgeglichen hatte und mit einem Gesamtgewinn von 1.563,04 Euro für die Jahre 2011–2014 das Jahr abschloss.
Jedes Start-up, wie es jetzt so nett bezeichnet wird, hat eine Anfangsphase, wo es vor allem in die Gründung investiert. Bei einer Finanzierung über die Bank gibst du eine 5-Jahres-Planung ab. Dazu gibt es eine Marktanalyse, und du zeigst, wie du dich auf deinem Markt zu etablieren gedenkst, um deine Investitionen wieder reinzuholen und die Gewinnzone zu erreichen. Dabei spielt die Frage »Was hebt dich mit deiner Unternehmensidee von deinen Mitbewerberinnen in diesem Marktsegment ab?« eine ausschlaggebende Rolle. Die Antwort ist dein Alleinstellungsmerkmal oder auf Englisch Unique Selling Point (USP). Finde heraus, was dich und deine Art, Geschichten zu schreiben, von anderen abhebt. Oder schreibst du Bücher, die exakt den Erwartungen einer Leserschaft an ein spezielles Genre entspricht?
Je genauer du die Frage für dich beantwortest, desto besser kannst du eine Strategie für dich entwickeln, mit der du dein langfristiges Ziel erreichst. Das ist nicht in Stein gemeißelt, als könntest du es nie wieder verändern. Im Gegenteil.