1615 - Vor Gericht, im Himmelsgarten und andere Begegnungen - Sibylla Vee - E-Book

1615 - Vor Gericht, im Himmelsgarten und andere Begegnungen E-Book

Sibylla Vee

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

1615 bekommen zwei berühmte Astronomen unerwartete Probleme. 1615 wächst ein Garten voller Blumen und unterschiedlicher Pflan-zen an einer Kirchendecke. 1615 arrangiert eine Königin eine Doppelhochzeit mit Besonder-heiten. Historische Fakten aus Kultur und Kunst , in kleinen Geschichten erzählt, spannend, traurig, überraschend, lustig. Was können wir von diesen Kulturschätzen heute im 21. Jh. noch finden und besuchen? Darüber informiert der zweite Teil, incl. Quellenangaben zum selbstständigen Weiterforschen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 64

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



1615 bekommen zwei berühmte Astronomen unerwartete Probleme.

1615 wächst ein Garten voller Blumen und unterschiedlicher Pflanzen an einer Kirchendecke.

1615 arrangiert eine Königin eine Doppelhochzeit mit Besonderheiten.

Historische Fakten aus Kultur und Kunst – in kleinen Geschichten erzählt, spannend, traurig, überraschend, lustig.

Was können wir von diesen Kulturschätzen heute im 21. Jh. noch finden und besuchen? Darüber informiert der zweite Teil, incl. Quellenangaben zum selbstständigen Weiterforschen.

Sibylla Vee ist das Pseudonym einer Autorin, die sich zunächst in Praxis und Theorie ganz der Bildenden Kunst widmete. 2016 wechselt sie vom Pinsel zur Feder und beginnt zwei Serien:

KLEINE KULTURGESCHICHTEN erzählen Kurzbiographien, – von Entdeckern, Kulturschaffenden und Künstlern, Männern wie Frauen, die es wert sind, aus dem Schatten der »sehr Berühmten« herauszutreten.

KLEINE BILDERGESCHICHTEN erzählen von Lieblingsmotiven in Grafik und Malerei, von sehr berühmten wie auch kaum bekannten Künstler*innen und Werken.

Inhaltsverzeichnis

Begegnungen auf dem Eis

Geozentrisch gegen heliozentrisch

Die Verleumder und die Unbeeindruckte

Nackte Tatsachen

Zwischen Tomate und Gänseblümchen

Die Berühmte und der Verliebte

Von Rom nach Florenz

Eine Blume und ihre Passion

Von der Heimatküste zu fremden Ufern

Michelangelo und Artemisia

Der Mathematiker und die Eigensinnige

Doppelhochzeit mit Stellvertretern

Im Himmelsgarten

Ein Brauttausch und ein Schiffstausch

Was folgte bis zum 21. Jahrhundert?

Quellen, auch zum Weiterforschen

Personenverzeichnis

Ortsverzeichnis

Begegnungen auf dem Eis

KAMPEN – Januar 1615

»Lodewijk, bring die Kiste meinem Sohn ins Atelier! Und pass auf, dass du nicht stürzt! Sind kostbar, die Farben!«

Lodewijk, der als Lehrling beim Apotheker Avercamp arbeitete, wusste das zu gut, schließlich hatte er einige der Farben selber im Mörser zerkleinert. Er freute sich, dass er sie dem Maler bringen durfte, denn er liebte es, Avercamps Gemälde zu betrachten. Vorsichtig stapfte er mit der kostbaren Fracht durch den Schnee.

Mit seinem Fellärmel rieb der Apothekerlehrling die dünne Eisschicht auf der Fensterscheibe weg und schaute ins Innere. Er sollte sich immer erst am Fenster zeigen, bevor er das Atelier betrat, damit der Maler nicht erschrak, denn er war taubstumm. Doch es war niemand zu sehen. Lodewijk ging auf die andere Hausseite. Der große Türriegel war nur lose vorgelegt. Er betrat das Atelier, stellte die Kiste mit dem kostbaren Inhalt auf den Tisch. Dann lauschte er kurz. Da alles ganz still blieb, griff er sich einen kleinen Holzschemel und setzte sich vor die Staffelei, vor ein noch unvollendetes Gemälde. Lodewijk musste lachen, Knut war natürlich wieder mit dabei. Auf jedem seiner Gemälde hatte Hendrick Avercamp seinen Hund irgendwo in die Bildgeschichte eingebaut. Gleich neben ihm hockte ein Mann, der sich gerade die Kufen unter seine Schuhe schnallte. Auch diese Szene baute der Maler in jedes seiner Bilder ein.

Abb. 1 – Ausschnitt aus einem Winterbild von Avercamp

Hendrick Avercamp liebte das Schlittschuhlaufen. Er hatte es von klein auf von seinen Eltern gelernt. Jeden Winter froren die kleinen Flüsse und Kanäle zu, nicht nur in den Niederlanden. Das Schlittschuhlaufen war immer beliebter geworden, bei Alt und Jung, bei Männern wie Frauen, beim einfachen Volk wie auch beim Adel. Und Hendrick Avercamp liebte es, sie alle zu malen.

Die Van de Broost in ihrem farbig bemalten Schlitten, gezogen von einem prachtvoll geschmückten Pferd, hatte er im letzten Gemälde im Hintergrund platziert. Auf dem noch unvollendeten Bild, das Lodewijk betrachtete, waren sie im Vordergrund zu sehen, umringt von bewundernden Zuschauern. Lodewijks Augen tasteten jedes Detail ab, auf der Suche nach kleinen Überraschungen, für die Avercamp berühmt war. Da hörte er den Maler kommen und stellte sich schnell an den Tisch, als hätte er die Kiste mit den Farben gerade erst abgestellt. Avercamp aber sah den kleinen Schemel sofort und grinste. Mit einer Handbewegung gab er dem Lehrling seines Vaters zu verstehen, dass er ihn durchschaut hatte. Lodewijk wiederum versuchte mit Handzeichen zu erklären, dass er die Gemälde liebte und er zwar Knut, aber noch keine kleine Überraschung gefunden hatte. Kein anderer hätte die umständlichen Handbewegungen verstanden, Henrick Avercamp aber hatte sofort erfasst, was der Junge wollte. Er winkte ihn zur anderen Seite des Raumes und nahm ein Tuch von einer sehr viel größeren Holztafel, wies ihn an, den Schemel zu holen und das Gemälde genau zu betrachten. Auch dieses Bild zeigte eine Szene mit vielen Menschen auf einem zugefrorenen Kanal, nur waren hier mehr Häuser und auch eine Kirche zu sehen. Eine Gruppe Adliger, an ihrer Kleidung und an den Hutfedern erkennbar, standen zusammen, in ein Gespräch vertieft. Einige Kampener Bürger spielten mit ihren langen Schlägern das beliebte Colf.

Abb. 2 – Ausschnitte aus einem Winterbild von Avercamp

»Da, ich hab da was entdeckt!« freute sich Lodewijk laut und zeigte auf eine Stelle, »da, der ist hingefallen und hat seinen Hut verloren!« Der Maler lächelte sanft, legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und gab ihm zu verstehen, dass er jetzt gehen müsse, es beim nächsten Mal aber noch mehr zu entdecken gäbe.

Geozentrisch gegen heliozentrisch

FLORENZ – Februar 1615

Während der glückliche Avercamp im niederländischen Kampen seine Winterbilder malte, saß Galileo Galilei in Florenz grübelnd an seinem Schreibtisch. Er hatte ein ernsthaftes Problem.

Cosimo II. de’ Medici, Großherzog der Toskana, hatte fünf Jahre zuvor den Universalgelehrten – nach 18 Jahren Lehrzeit in Padua – nach Florenz geholt und ihm vollkommene Freiheit bei seinen Forschungen garantiert. Galilei war Mathematiker, Physiker, Ingenieur, Astronom und Philosoph. Diese Freiheit war für Galilei ein großer Schatz, der jetzt durch einen Römer bedroht wurde.

Seit der Antike, beginnend mit Ptolemäus und Aristoteles, kannten die weltlichen Herrschenden und später die Katholische Kirche nur das geozentrische Weltbild. Man konnte es mit eigenen Augen sehen, die Sonne drehte sich um die Erde. Doch Mathematiker und Astronomen waren mit der Zeit zu anderen Einsichten gekommen.

Galilei war 1615 nicht der erste, der ein heliozentrisches Weltbild vertrat. Zwei Generationen vor ihm hatte der Pole Nikolaus Kopernikus dargelegt, dass sich die Erde mit den anderen Planeten um die Sonne drehte und nicht umgekehrt.

Galileo Galilei war seinerseits der scharfe Beobachter. Er besaß nicht nur die besten Fernrohre seiner Zeit, er hatte sie selbst hergestellt und nutzte sie als erster zur Himmelsbeobachtung. Schon sein erstes Fernrohr hatte eine achtfache Vergrößerung, die späteren vergrößerten sogar um das 33-fache. Galilei war der erste, der die zerklüftete Oberfläche des Mondes sah und beim Jupiter vier Monde entdeckte. Doch jetzt hatte er ein Problem, da half ihm sein bestes Fernrohr nichts.

Ende 1613 hatte Galilei an seinen Freund Benedetto Castelli, mittlerweile Mathematikprofessor in Pisa, einen langen Brief über seine Erkenntnisse geschrieben. Die Forschung müsse frei von der Doktrin der Kirche sein, astronomische Angaben in der Bibel seien nicht wörtlich zu nehmen und eine Auslegung der Bibel sei durchaus mit dem kopernikanischen, dem heliozentrischen System in Einklang zu bringen.

War es Castelli selbst oder einer seiner Studenten, der eine Kopie dieses Briefes anfertigte, auf alle Fälle wurde es im Februar 1615 plötzlich brenzlig für Galilei. Eine Kopie war in die Hände eines Dominikaners geraten, Niccolò Lorini. Dieser war über den Inhalt entsetzt, das war für ihn Ketzerei, und er entschied, ihn der römischen Inquisition vorzulegen. Das war am 7. Februar geschehen.

Galilei hatte auch in Rom Unterstützer und gute Freunde, sodass ihm das Geschehen sehr schnell zu Ohren kam. Er musste etwas aktiv unternehmen, bevor die Situation eskalierte. Sie konnte für ihn lebensgefährlich werden, waren es doch erst 15 Jahre her, dass der Dominikaner und Mathematiker Giordano Bruno in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war, weil er das heliozentrische Weltbild vertreten hatte.

Abb. 3 – »Galileo Galilei«, Ausschnitt, s/w, um 1607, Tintoretto

Nach reiflicher Überlegung entschied sich Galilei zu folgenden Maßnahmen: er erbat seinen Originalbrief von Castelli zurück. Dann schickte er am 16. Februar einen Brief nach Rom, an seinen Freund