Abaddons Tor - James Corey - E-Book

Abaddons Tor E-Book

James Corey

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Beschreibung

Der Krieg hat begonnen - doch gegen wen?

Überall im Sonnensystem haben die Menschen Raumstationen errichtet. Die friedliche Zukunft ist jedoch in Gefahr, denn ein fremdartiges Protomolekül hat die Bevölkerung der Venus ausgelöscht und entwickelt sich nun rasant fort – mit katastrophalen Folgen. Uranus wird als Nächstes angegriffen, und dort entdecken die Menschen schließlich ein unheimliches Portal. Und niemand weiß, was jenseits des Portals lauert …

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Die Zukunft: Die Menschheit ist ins Weltall aufgebrochen und hat auf den Planeten Kolonien errichtet. Über Generationen hinweg wurde auf den über das ganze Sonnensystem verteilten Raumstationen ein friedliches Leben geführt – bis jetzt. Aber ist die Menschheit bereit für das, was draußen im All auf sie wartet?

Ein offenbar außerirdisches Protomolekül hat die Bevölkerung der Venus in Windeseile ausgelöscht und entwickelt sich nun rasant fort, mit katastrophalen Folgen. Uranus wird als Nächstes angegriffen, und dort entdecken die Menschen schließlich ein unheimliches Portal. Ein Portal, welches in eine sternenlose Dunkelheit führt. Um diesem unbekannten Objekt auf die Spur zu kommen, wird ein gerade am anderen Ende des Sonnensystems befindliches Raumschiff zur Hilfe gerufen. Captain Jim Holden und seine Crew werden mit dem Auftrag betraut, das fremdartige Artefakt zu untersuchen. Doch was sie nicht wissen: Hinter ihrem Rücken ist eine Verschwörung im Gange, mit dem Ziel, Holden mundtot zu machen und endgültig zu vernichten. Während die Abgesandten der Erde versuchen herauszufinden, ob das Portal der Menschheit neue Möglichkeiten bietet oder ob die Gefahren überwiegen, bahnt sich das größte Verhängnis mitten unter ihnen bereits seinen Lauf …

Mit seiner international erfolgreichen Space Opera sprengt James Corey alle Maßstäbe der Science Fiction:

Erster Roman: Leviathan erwacht

Zweiter Roman: Calibans Krieg

Dritter Roman: Abaddons Tor

twitter.com/HeyneFantasySF

@HeyneFantasySF

www.heyne-fantastisch.de

Titel der englischen Originalausgabe

ABADDON’S GATE

Deutsche Übersetzung von Jürgen Langowski

Deutsche Erstausgabe 03/2014

Redaktion: Ralf Dürr

Copyright © 2013 by James S. A. Corey

Copyright © 2014 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Animagic, Bielefeld

Satz: C. Schaber Datentechnik, Wels

ISBN: 978-3-641-11314-8

Für Walter Jon Williams, der uns gezeigt hat,wie man es macht, und für Carrie Vaughn,die dafür gesorgt hat, dass wir esnicht allzu schlimm vermasselt haben.

PROLOG   Manéo

Manéo Jung-Espinoza, von seinen Freunden auf der Ceres-Station Néo genannt, kauerte im Cockpit des kleinen Schiffes, das er Y Que genannt hatte. Nach fast drei Monaten Flugzeit blieben nur noch etwa fünfzig Stunden, bis er Geschichte schreiben würde. Das Essen war ihm schon vor zwei Tagen ausgegangen, und der Wasservorrat beschränkte sich auf einen halben Liter recycelte Pisse, die schon ziemlich oft die Runde durch seinen Kreislauf gemacht hatte. Alles, was er entbehren konnte, war bereits abgeschaltet. Den Reaktor hatte er heruntergefahren. Nur die passiven Monitore liefen noch, die aktiven Sensoren waren tot. Das einzige Licht im Cockpit stammte von der Hintergrundbeleuchtung der Terminals. Die Heizdecke, in die er sich gewickelt hatte, klemmte unter den Gurten, damit sie nicht fortschwebte. Sie war nicht einmal mit dem Stromnetz verbunden. Die Rundruf- und Richtstrahlsender waren deaktiviert, und den Transponder hatte er bereits zerstört, ehe er überhaupt den Namen auf den Schiffsrumpf gemalt hatte. Schließlich wollte er keinen so weiten Flug antreten, um am Ende doch noch die Flottillen durch ein versehentlich abgestrahltes Signal auf sich aufmerksam zu machen.

Fünfzig Stunden – oder etwas weniger –, und das Einzige, was er zu tun hatte, war, nicht aufzufallen. Und natürlich durfte er nicht mit irgendeinem Objekt zusammenprallen, aber das lag in las manos de Dios.

Vor drei Jahren, kurz vor seinem fünfzehnten Geburtstag, hatte ihn seine Cousine Evita in die Untergrundgesellschaft der Slingshots eingeführt. Er hatte im Wohnloch seiner Familie herumgehangen, seine Mutter hatte in der Wasseraufbereitungsanlage gearbeitet, und sein Vater hatte sich mit einem ihm unterstellten Wartungstrupp in der Stromversorgung getroffen. Néo war daheim geblieben und hatte zum vierten Mal in diesem Monat die Schule geschwänzt. Als das System einen Besucher meldete, nahm er an, es seien die Wachleute der Schule, die ihn zur Rechenschaft ziehen wollten, weil er blaugemacht hatte. Stattdessen stand Evita vor der Tür.

Sie war zwei Jahre älter und die Tochter seiner Tante. Eine echte Gürtlerin. Er und sie hatten die gleichen schmalen Körper, doch nur sie stammte wirklich von dort. Auf der Stelle hatte er sich in sie verknallt und träumte seitdem davon, wie sie aussah, wenn sie sich auszog. Wie es sich anfühlte, sie zu küssen. Jetzt war sie da, und er war allein zu Hause. Sein Herz beschleunigte auf dreifache Geschwindigkeit, noch ehe er die Tür geöffnet hatte.

»Esá, unokabátyja«, sagte sie lächelnd und deutete mit einer Hand ein Achselzucken an.

»Hoy«, antwortete er und gab sich Mühe, cool und lässig zu wirken. Er war genau wie sie in der riesigen Weltraumstadt der Ceres-Station aufgewachsen, doch sein Vater hatte den kleinen, gedrungenen Körperbau eines Erders. Den kosmopolitischen Dialekt des Gürtels sprach er mit dem gleichen Recht wie sie, doch bei ihr klang es viel natürlicher. Er selbst kam sich dabei immer vor, als zöge er eine fremde Jacke an.

»Ein paar coyos treffen sich unten auf der Backbordseite. Silvestari Campos ist wieder da«, verkündete sie. Die Hüfte hatte sie vorgeschoben, der Mund war seidenweich, die Lippen glänzten. »Kommst du mit?«

»Que no?«, hatte er geantwortet. »Hab sowieso nichts Besseres zu tun.«

Später überlegte er sich, dass sie ihn vermutlich nur mitgenommen hatte, weil Mila Sana, eine Marsianerin mit einem Pferdegesicht, die etwas jünger war als er, auf ihn abfuhr. Vermutlich hielten die anderen es für lustig, dem hässlichen Mädchen von dem inneren Planeten zuzuschauen, wie es hinter dem Halbblut hertrabte, aber das war ihm egal. Er war Silvestari Campos schon einmal begegnet und wusste, was ein Slingshot-Manöver war.

Es lief folgendermaßen: Ein coyo bastelte sich ein Schiff zusammen. Vielleicht aus Bergungsgut, vielleicht ergaunert. Ganz ohne gestohlene Teile ging es nicht. Es brauchte nicht mehr als einen konventionellen Verbrennungsantrieb, eine Druckliege und genügend Luft und Wasser, um loszufliegen. Dann kam es nur noch darauf an, die Flugbahn zu berechnen. Ohne Epstein-Antrieb verbrannte der konventionelle Antrieb die Treibstoffkapseln viel zu schnell, um ein weit entferntes Ziel zu erreichen. Wenn man das wollte, brauchte man Hilfe. Der Trick bestand darin, den Kurs so zu berechnen, dass der Schub des viel zu schnell verbrauchten Treibstoffs das Schiff in ein Schwerkraftfeld beförderte, wo es von dem Planeten oder Mond beschleunigt wurde, um so tief wie nur irgend möglich in den Raum vorzustoßen. Dann musste man sich überlegen, wie man zurückkehren konnte, ohne zu sterben. Die ganze Sache wurde in einem doppelt verschlüsselten illegalen Netzwerk übertragen, das mindestens so schwer zu knacken war wie die Netze der Loca Greiga oder des Golden Bough. Vielleicht betrieben sie dieses Netz sogar. Selbstverständlich war es höchst illegal. Irgendjemand nahm Wetten entgegen. Gefährlich, aber darauf kam es ja gerade an. Wenn man zurückkehrte, war man ein gemachter Mann und konnte sich auf den Lagerhauspartys herumtreiben und trinken, so viel man wollte, reden, was man wollte, und die Hand auf Evita Jungs rechte Brust legen, und sie wich nicht einmal aus.

Also entwickelte Néo, dem alles andere bislang ziemlich egal gewesen war, einen starken Ehrgeiz.

»Die Leute dürfen einfach nicht vergessen, dass der Ring nichts Magisches an sich hat«, erklärte die Marsianerin. In den letzten Monaten hatte Néo viel Zeit damit verbracht, die Newsfeeds über den Ring zu betrachten. Bisher gefiel ihm diese Frau am besten. Sie hatte ein hübsches Gesicht und einen reizenden Akzent. Außerdem war sie nicht so pummelig wie eine Erderin, gehörte aber genau wie er selbst auch nicht zum Gürtel. »Wir verstehen es noch nicht richtig, und vielleicht werden noch Jahrzehnte vergehen, bis wir es wirklich erfassen. Auf jeden Fall konnten wir in den letzten zwei Jahren einige höchst interessante und aufregende Durchbrüche in der Werkstofftechnologie erzielen, die sich durchaus mit der Erfindung des Rades messen können. Im Laufe der nächsten zehn oder fünfzehn Jahre werden wir die praktische Anwendung dessen erleben, was wir aus der Beobachtung des Protomoleküls gelernt haben, und dies wird …«

»Früchte vom verbotenen Baum«, fiel ihr der alte coyo mit dem runzligen Gesicht, der neben ihr saß, ins Wort. »Wir dürfen nicht vergessen, dass die Grundlage all dessen ein Massenmord war. Die Verbrecher von Protogen und Mao-Kwik haben diese Waffe auf unschuldige Bürger gerichtet. Der Genozid war der Beginn von allem, und wenn wir daraus Profit schlagen, werden wir zu Komplizen.«

Der Feed zeigte den Moderator, der lächelnd den Kopf schüttelte und dem Ledergesicht widersprach.

»Rabbi Kimble«, sagte er, »wir hatten Kontakt mit einem zweifellos außerirdischen Artefakt, das die Eros-Station übernommen und etwa ein Jahr damit zugebracht hat, sich in dem unwirtlichen Dampfkochtopf der Venus selbst zuzubereiten, um schließlich gewaltige Gebilde zu starten, die sich mittlerweile knapp außerhalb der Uranus-Umlaufbahn befinden und dort zu einem tausend Kilometer großen Ring zusammengebaut werden. Sie können doch nicht allen Ernstes erwarten, dass wir diese Tatsachen aus moralischen Gründen ignorieren.«

»Himmlers Unterkühlungsversuche in Dachau …«, setzte das Ledergesicht an und wackelte drohend mit dem Finger, doch nun unterbrach ihn die hübsche Marsianerin.

»Könnten wir bitte die 1940er-Jahre überspringen?« Sie lächelte dabei und meinte in Wirklichkeit: Ich bin freundlich zu dir, aber halt endlich die Klappe. »Wir reden hier nicht über Weltraumnazis, sondern über das wichtigste Ereignis der Menschheitsgeschichte. Protogen hat hierbei eine schreckliche Rolle gespielt und wurde dafür bestraft. Jetzt aber müssen wir …«

»Keine Weltraumnazis!«, schrie der alte Coyo. »Die Nazis kommen nicht aus dem Weltraum. Sie sind mitten unter uns. Sie verkörpern die schlimmste Seite der Menschheit. Indem wir von diesen Entdeckungen profitieren, rechtfertigen wir den Irrweg, auf dem sie wandeln.«

Die Hübsche verdrehte die Augen und blickte Hilfe suchend zum Moderator, der jedoch nur mit den Achseln zuckte, was den Alten noch weiter in Rage brachte.

»Der Ring ist eine Versuchung zu sündigen«, rief der alte coyo. Um den Mundwinkel entstanden kleine weiße Flecken, die der Bildregisseur nicht retuschierte.

»Wir wissen nicht, was es ist«, erwiderte die Hübsche. »Wenn man annimmt, dass es seine Arbeit ursprünglich auf einer primitiven Erde mit einzelligen Organismen verrichten sollte und auf der Venus landete, wo es ein erheblich komplexeres Substrat gab, funktioniert es wahrscheinlich überhaupt nicht, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass Versuchung und Sünde nichts damit zu tun haben.«

»Sie sind Opfer. Was Sie ein komplexes Substrat nennen, sind die missbrauchten Leiber der Unschuldigen!«

Néo drehte den Ton herunter und sah eine Weile zu, wie sie stumm gestikulierten.

Er hatte Monate gebraucht, um die Flugbahn der Y Que zu planen und den Zeitpunkt zu finden, an dem Jupiter, Europa und Saturn an den richtigen Positionen standen. Das Fenster war so schmal, dass man es damit vergleichen konnte, aus einem halben Kilometer Entfernung mit einem Wurfpfeil den Flügel einer Fruchtfliege zu treffen. Europa war der Trick gewesen. Ein enger Vorbeiflug am Jupitermond, dann so nahe an den Gasriesen heran, dass er beinahe abstürzte. Schließlich wieder hinaus, ein langer Vorbeiflug am Saturn, um dank dessen Schwerkraft stark zu beschleunigen, und noch weiter hinaus in die Schwärze, zwar ohne erneute Beschleunigung, aber viel schneller, als man es einem kleinen umgebauten Felsenhüpfer je zugetraut hätte. Millionen Kilometer weit durchs Vakuum, um ein Ziel zu treffen, das kleiner war als das Arschloch einer Mücke.

Néo stellte sich die Mienen der Besatzungen auf all den Militäreinheiten und Forschungsschiffen vor, die am Ring stationiert waren, wenn ein kleines Schiff ohne Transponder mit ballistischer Geschwindigkeit aus dem Nichts auftauchte und mit hundertfünfzigtausend Kilometern pro Stunde durch den Ring schoss. Danach musste er sich beeilen. Er hatte nicht genügend Treibstoff, um die hohe Geschwindigkeit aufzuheben, konnte aber weit genug abbremsen, damit sie ihm ein Rettungsschiff schicken konnten.

Natürlich würde er eine Weile im Bau sitzen, das war klar. Vielleicht zwei Jahre, wenn die Richter wirklich sauer waren. Aber das war es ihm wert. Allein die Kommentare im schwarzen Netz wären es wert, wo alle seine Freunde den Flug verfolgten und im Chor riefen: »Heilige Scheiße, der schafft das wirklich!« Er würde Geschichte schreiben. In hundert Jahren würden die Menschen immer noch über den größten und mutigsten Slingshot aller Zeiten reden. Er hatte Monate damit zugebracht, die Y Que zu bauen, und noch mehr Zeit im Anflug, und anschließend würde er im Gefängnis sitzen. Aber das war es ihm wert. Er würde unsterblich werden.

Noch zwanzig Stunden.

Die größte Gefahr stellte die Flottille dar, die den Ring umstellt hatte. Erde und Mars hatten vor einigen Monaten gegenseitig ihre Raumschiffe zu Schrott geschossen, aber was noch übrig war, belagerte jetzt das Objekt. Einige Einheiten mochten auch noch bei den inneren Planeten stationiert sein, aber das kümmerte Néo nicht. Jedenfalls belauerten sich dort draußen zwanzig oder dreißig große Militäreinheiten, während alle verfügbaren Forschungsschiffe des Systems ein paar Tausend Kilometer entfernt sachte dahintrieben, spähten und lauschten. Die militärische Kraftprotzerei sollte vor allem dafür sorgen, dass niemand die Finger nach dem Ding ausstreckte. Sie hatten alle miteinander Angst. Obwohl in diesem kleinen Winkel des Weltraums so viel Metall und Keramik versammelt waren und obwohl der Innendurchmesser des Rings lediglich tausend Kilometer betrug, war die Wahrscheinlichkeit, dass Néo mit irgendetwas zusammenstieß, verschwindend gering. Das Nichts war viel größer als das Etwas. Und falls er wirklich gegen ein Militärschiff prallte, würde er sowieso nicht überleben und musste sich keine Sorgen mehr machen, also überließ er sein Schicksal der Heiligen Jungfrau und richtete die Hochgeschwindigkeitskamera ein. Wenn es endlich so weit war, würde er so schnell fliegen, dass er erst nach einer Analyse der Daten erfahren würde, ob er das Ziel getroffen hatte. Er wollte dafür sorgen, dass es auf jeden Fall eine Aufnahme gab. Nun war es Zeit, die Sender wieder einzuschalten.

»Hoy«, sagte er in die Kamera. »Néo hier. Néo solo. Kapitän und Crew des souveränen Gürtelrennboots Y Que. Mielista me. Noch sechs Stunden bis zum größten Hammer, seit Gott den Menschen erschaffen hat. Es pa mi mama, die Süße Sophia Brun, und Jesus unseren Herrn und Erlöser. Passt gut auf. Ein Blinzeln, und ihr habt es verpasst, que sa?«

Er sah sich die Aufzeichnung an. Sie sah beschissen aus. Wahrscheinlich hatte er noch genug Zeit, um sich den kleinen Schnauzbart abzurasieren und die Haare etwas zurückzubinden. Jetzt wünschte er, er hätte seine täglichen Übungen nicht aufgegeben und sähe nicht so mickrig aus. Dazu war es leider zu spät. Wenigstens konnte er den Blickwinkel der Kamera verändern. Er flog mit ballistischer Geschwindigkeit. Um künstliche Schwerkraft musste er sich nicht sorgen.

Er versuchte es aus zwei anderen Winkeln, bis seine Eitelkeit befriedigt war, und schaltete auf die Außenkameras um. Seine Einführung dauerte ein wenig länger als zehn Sekunden. Zwanzig Sekunden vor Erreichen des Ziels würde er mit der Sendung beginnen und dann die Außenkameras zuschalten. Mehr als tausend Bilder pro Sekunde, und doch war es möglich, dass er zwischen den Einzelbildern den Ring verpasste. Er konnte nur das Beste hoffen. Es war ja nicht so, dass er jetzt eine bessere Kamera beschaffen konnte, selbst wenn eine existiert hätte.

Er trank sein Wasser aus und wünschte sich, er hätte ein wenig mehr Proviant eingepackt. Eine Tube Proteinpaste wäre ihm jetzt wirklich gelegen gekommen. Bald wäre auch dies erledigt. Er würde im Bau eines irdischen oder marsianischen Schiffs sitzen, wo es eine anständige Toilette, Wasser und Gefangenenrationen gab. Beinahe freute er sich darauf.

Die schlafende Kommunikationsanlage erwachte zum Leben, weil sie einen Richtstrahl aufgefangen hatte. Er öffnete die Verbindung. Die Verschlüsselung verriet ihm, dass die Mitteilung aus dem schwarzen Netz kam und schon vor langer Zeit gesendet worden war, damit sie ihn genau hier erreichte. Es gab außer ihm noch jemanden, der angeben wollte.

Evita war immer noch schön, aber fraulicher geworden, seit er begonnen hatte, Geld und Bergungsgut zu sammeln, um die Y Que zu bauen. Noch einmal fünf Jahre, und sie wäre unansehnlich. Aber er wäre immer noch in sie verknallt.

»Esá, unokabátyja«, sagte sie. »Augen der Welt. Aller Augen ruhen auf dir. Meine auch.«

Sie lächelte, und eine Sekunde lang dachte er, sie würde die Bluse heben, um ihm Glück zu wünschen. Der Richtstrahl brach ab.

Noch zwei Stunden.

»Ich wiederhole, hier ist die marsianische Fregatte Lucien. Nicht identifiziertes Schiff, das sich dem Ring nähert, antworten Sie sofort, sonst eröffnen wir das Feuer.«

Noch drei Minuten. Sie hatten ihn zu früh bemerkt. Der Ring war immer noch drei Minuten entfernt, dabei hätten sie ihn erst entdecken sollen, wenn er höchstens noch eine Minute vor dem Ziel war.

Néo räusperte sich.

»Nicht nötig, que sa? Nicht nötig. Hier ist die Y Que, Rennboot von der Ceres-Station.«

»Ihr Transponder ist nicht aktiv, Y Que.«

»Ist kaputt, ja? Brauche Hilfe bei der Reparatur.«

»Ihr Funk arbeitet einwandfrei, aber ich empfange kein Notsignal.«

»Bin auch nicht in einer Notlage.« Er sprach besonders langsam, um Sekunden zu schinden. Vielleicht konnte er sie lange genug am Reden halten. »Fliege ballistisch, das ist alles. Kann den Reaktor wieder starten, aber das dauert ein paar Minuten. Könnten Sie mir dabei helfen?«

»Sie befinden sich in einem gesperrten Raumsektor, Y Que«, erklärte der Marsianer. Néo musste grinsen.

»Entschuldigung«, sagte er. »Entschuldigung. Ich kapituliere. Ich muss nur etwas abbremsen. Ich starte den Antrieb in ein paar Sekunden. Warten Sie bitte.«

»Sie haben zehn Sekunden, um eine nicht zum Ring führende Flugbahn einzuschlagen. Danach eröffnen wir das Feuer.«

Die Angst fühlte sich an wie ein Sieg. Er schaffte es. Er zielte genau auf den Ring, und sie machten sich in die Hosen. Eine Minute. Er fuhr den Reaktor hoch. In diesem Moment log er nicht einmal. Die Sensoren sprangen ebenfalls wieder an.

»Nicht schießen«, sagte er, während er insgeheim eine Bewegung machte, als wollte er masturbieren. »Bitte, Sir, bitte schießen Sie nicht auf mich. Ich bremse ja schon so schnell, wie ich kann.«

»Sie haben noch fünf Sekunden, Y Que.«

Es waren noch dreißig Sekunden. Sobald die Schiffssysteme wieder liefen, erschienen auch die Freund-Feind-Kennungen. Er würde nicht weit an der Lucien vorbeifliegen, vielleicht waren es nicht mehr als siebenhundert Kilometer. Kein Wunder, dass sie ihn bemerkt hatten. Auf diese Entfernung erschien die Y Que auf der Gefechtsanzeige wie ein Weihnachtsbaum. Da hatte er wohl Pech gehabt.

»Schießen Sie nur, wenn Sie wollen, aber ich bremse wirklich so schnell, wie ich kann«, behauptete er.

Der Statusalarm ertönte, und auf der Anzeige erschienen zwei neue Punkte. Der hijo de puta hatte tatsächlich Torpedos gestartet.

Fünfzehn Sekunden. Er würde es schaffen. Nun begann er mit der Sendung und schaltete die Außenkamera zu. Irgendwo da draußen war der Ring. Der tausend Kilometer große Kreis war noch zu klein und dunkel, um für das bloße Auge sichtbar zu sein.

»Nicht schießen!«, rief er der marsianischen Fregatte zu. »Nicht schießen!«

Noch drei Sekunden.

Die Torpedos schlossen rasch auf.

Dann verschwanden alle Sterne.

Néo tippte auf den Monitor. Nichts. Das Freund-Feind-Signal zeigte nichts an. Keine Fregatte, keine Torpedos. Absolut nichts.

»Das ist aber komisch«, sagte er zu niemand im Besonderen.

Auf dem Monitor war ein blaues Glühen zu sehen. Er beugte sich vor, als könnte er es verstehen, wenn er dem Bildschirm ein paar Zentimeter näher war.

Die Sensoren, die vor hoher G-Belastung warnten, brauchten eine Fünfhundertstelsekunde, um anzusprechen. Der fest verdrahtete Alarm brauchte noch einmal eine Dreihundertstelsekunde, um anzuschlagen und die rote LED und das Notsignal mit Strom zu versorgen. Die kleine Meldung auf der Konsole, die vor einer Bremskraft von neunundneunzig G warnte, brauchte eine unglaublich lange halbe Sekunde, um die Leuchtdiode zu aktivieren. Zu diesem Zeitpunkt war Néo bereits ein roter Schmierfilm im Cockpit. Der Bremsschub des Schiffs hatte ihn schneller, als eine Synapse für die Aktivierung brauchte, durch den Bildschirm an die gegenüberliegende Wand geschleudert. Fünf endlose Sekunden lang knarrte und stöhnte das Schiff, das nicht anhielt, sondern angehalten wurde.

In der endlosen Dunkelheit sandte die externe Hochgeschwindigkeitskamera tausend Bilder pro Sekunde aus und zeigte nichts.

Dann tauchte etwas auf.

1   Holden

In seiner Kindheit als kleiner Junge auf der Erde, wo er unter einem weiten offenen Himmel gelebt hatte, war eine seiner Mütter krank gewesen. Drei Jahre hatte sie unter schrecklichen Migräneanfällen gelitten. Es hatte ihn bedrückt, sie bleich und vor Schmerzen schwitzend zu sehen, aber die Vorboten der Anfälle waren fast noch schlimmer gewesen. Sie hatte das Haus geputzt oder Verträge für ihre Anwaltskanzlei durchgesehen, und dann hatte sich auf einmal ihre linke Hand verkrampft, bis die Adern und Sehnen unter der Anspannung fast zu reißen drohten. Als Nächstes waren die Augen abgeirrt, die Pupillen hatten sich geweitet, bis die blauen Augen fast völlig schwarz ausgesehen hatten. Es war schrecklich gewesen, diese Anfälle zu beobachten, und er hatte jedes Mal gefürchtet, sie werde daran sterben.

Damals war er sechs gewesen, und er hatte seinen Eltern nie erzählt, wie sehr ihm die Migräneattacken zusetzten, und wie sehr er sie selbst dann fürchtete, wenn alles in Ordnung zu sein schien. Die Angst war zu einem vertrauten, fast erwarteten Teil seines Lebens geworden. Das hätte dem Schrecken die Schärfe nehmen sollen, und vielleicht geschah dies auch, doch außerdem entwickelte sich ein Gefühl, hilflos ausgeliefert zu sein. Der Anfall konnte jederzeit kommen, und man konnte ihm nicht entgehen.

Das vergiftete in einem gewissen Maße sein ganzes Leben.

Ständig fühlte er sich heimgesucht.

»Das Haus gewinnt immer«, rief Holden.

Er und seine Crew – Alex, Amos und Naomi – saßen an einem privaten Tisch in der VIP-Lounge des teuersten Hotels auf Ceres. Selbst dort waren die Klingeln, Flöten und digitalisierten Stimmen der Geldspielautomaten noch so laut, dass man sich nicht in normaler Lautstärke unterhalten konnte. In die wenigen Frequenzen, die sie nicht besetzt hatten, drängten sich passgenau die schrill klimpernden Pachinko-Automaten und das tiefe Dröhnen einer Band, die auf einer der drei Bühnen des Casinos spielte. Das alles erzeugte einen Geräuschteppich, bei dem Holdens Magen vibrierte und die Ohren klingelten.

»Was?«, rief Amos zurück.

»Am Ende gewinnt immer das Haus!«

Amos starrte den riesigen Stapel Jetons an, der vor ihm lag. Er und Alex zählten sie, bevor sie den nächsten Beutezug zu den Glücksspieltischen unternahmen. Auf den ersten Blick schätzte Holden, dass sie in der letzten Stunde um die fünfzehntausend neue Ceres-Yen gewonnen hatten. Es war ein beeindruckender Haufen Geld. Wenn sie jetzt aufhörten, lagen sie vorn. Aber natürlich hörten sie nicht auf.

»Na gut«, sagte Amos. »Und?«

Holden lächelte und zuckte mit den Achseln. »Nichts weiter.«

Wenn seine Crew an den Blackjack-Tischen Dampf ablassen und ein paar Tausend Yen verlieren wollte, würde er sie nicht daran hindern. Nach dem letzten Auftrag würde es nicht einmal ein nennenswertes Loch in seinen Geldbeutel reißen, und dies war nur einer von dreien, die sie in den letzten vier Monaten erledigt hatten. Es versprach ein sehr lukratives Jahr zu werden.

In den vergangenen drei Jahren hatte Holden eine Menge Fehler gemacht. Die Entscheidung, den Posten als Handlanger der AAP zu kündigen und selbstständig zu arbeiten, war allerdings keiner davon gewesen. Seit die Rosinante als freiberuflicher Kurier und Begleitschiff auf dem Markt war, hatten sie sieben ausnahmslos profitable Aufträge erledigt. Sie hatten Geld ausgegeben, um das Schiff vom Bug bis zum Heck auf Vordermann zu bringen. Die letzten zwei Jahre waren stürmisch verlaufen, und das Schiff brauchte ein wenig Aufmerksamkeit.

Als das erledigt war und auf dem allgemeinen Konto immer noch mehr Geld vorhanden war, als sie ausgeben konnten, hatte Holden die Crew gefragt, ob es noch weitere Wünsche gab. Naomi hatte dafür bezahlt, ihre beiden Räume mit einem Durchbruch zu verbinden. Jetzt hatten sie ein Bett, das für zwei Personen groß genug war, und außerdem reichlich Platz, um daneben herumzulaufen. Alex hatte darauf hingewiesen, wie schwierig es sei, neue militärische Torpedos für das Schiff zu kaufen, und vorgeschlagen, den Kiel der Rosinante mit einer Railgun zu bestücken. Das neue Geschütz war stärker als die Nahkampfkanonen und brauchte als Munition lediglich zwei Pfund schwere Wolframklumpen. Während eines Aufenthalts auf Callisto hatte Amos dreißig Riesen für eine hochmoderne Aufrüstung des Antriebs ausgegeben. Auf Holdens Frage, warum man solche Verbesserungen brauchte, obwohl die Rosinante sowieso schon schnell genug beschleunigen konnte, um die Mannschaft zu töten, hatte Amos nur erwidert: »Weil das Zeug der Wahnsinn ist.« Holden hatte nur genickt und lächelnd die Rechnung bezahlt.

Selbst nach dem ersten Rausch des Geldausgebens hatten sie noch genug übrig, um sich Gehälter zu zahlen, die fünfmal höher waren als der Lohn auf der Canterbury, und es war trotzdem noch genug da, um das Schiff für die nächsten zehn Jahre mit Wasser, Luft und Treibstoffkapseln zu versorgen.

Vermutlich war das nur ein vorübergehendes Hoch. Es würden schwierige Zeiten kommen, in denen sie keine Aufträge hatten und sparen mussten. Aber das lag in der Zukunft.

Amos und Alex hatten die Chips durchgezählt und erklärten Naomi die strategischen Einzelheiten beim Blackjack, um sie zu bewegen, in ihr Spiel einzusteigen. Holden winkte dem Kellner, der sofort herbeischoss, um die Bestellung aufzunehmen. In der VIP-Lounge gab es natürlich keinen Bildschirm im Tisch, wo man die Bestellungen eintippen musste.

»Haben Sie vielleicht einen Scotch, der aus echtem Getreide gebrannt wurde?«, fragte Holden.

»Wir haben mehrere Sorten von Ganymed«, erklärte der Kellner. Er beherrschte den Trick, sich trotz des Lärms Gehör zu verschaffen, ohne die Stimme zu heben. Lächelnd stand er vor Holden. »Aber für einen Herrn mit gutem Geschmack von der Erde haben wir auch noch einige Flaschen sechzehn Jahre alten Lagavulin beiseite gelegt.«

»Sie meinen, Sie haben echten Scotch aus Schottland?«

»Von der Insel Islay, um es genau zu sagen. Er kostet zwölfhundert pro Flasche.«

»Den will ich haben.«

»Jawohl, Sir, und dazu vier Gläser.« Er tippte sich an die Schläfe und entfernte sich Richtung Bar.

»Wir spielen jetzt Blackjack«, erklärte Naomi lachend. Amos nahm einen Stapel Chips vom Tablett und schob sie ihr hinüber. »Kommst du mit?«

Die Band im benachbarten Raum hörte zu spielen auf, und der Hintergrundlärm sank ein paar Sekunden lang auf ein fast erträgliches Maß, bis jemand elektronische Musik in die Lautsprecher einspeiste.

»Leute, wartet noch einen Augenblick«, sagte Holden. »Ich habe einen schönen Tropfen bestellt und will einen letzten Toast ausbringen, bevor sich unsere Wege für den Rest des Abends trennen.«

Amos wartete ungeduldig auf die Flasche und verbrachte dann mehrere Sekunden damit, das Etikett zu bewundern. »Ja, na gut, dafür hat sich das Warten gelohnt.«

Holden schenkte ihnen ein und hob sein Glas. »Auf das beste Schiff und die beste Crew, die man sich nur wünschen kann, und auf das nächste Honorar.«

»Auf das nächste Honorar!«, wiederholte Amos, und schon waren die Gläser geleert.

»Verdammt auch, Käpt’n.« Alex hob die Flasche und betrachtete sie gründlich. »Können wir was davon auf der Rosinante einlagern? Du darfst es von meinem Gehalt abziehen.«

»Ich bin dafür.« Naomi schnappte sich die Flasche und schenkte ihnen nach.

Ein paar Minuten lang waren die Stapel mit Chips und die Verlockungen des Kartenspiels vergessen. Mehr hatte Holden sich nicht gewünscht. Er hatte seine Leute noch einen Moment zusammenhalten wollen. Auf jedem anderen Schiff, auf dem er gedient hatte, war die Liegezeit im Hafen eine Gelegenheit gewesen, den viel zu vertrauten Gesichtern ein paar Tage lang zu entgehen. Das hatte sich geändert, das galt nicht für diese Crew. Er verkniff es sich, rührselig zu werden und ihnen zu sagen, dass er sie alle liebte, und kippte lieber noch ein Glas Scotch.

»Eine letzte Runde vor dem Angriff.« Amos nahm die Flasche.

»Das steigt dir zu Kopfe«, warnte Holden und stieß sich von dem Tisch ab. Auf dem Weg zur Toilette schwankte er etwas stärker, als er es erwartet hätte. Der Scotch wirkte wirklich sehr schnell.

Die Toiletten der VIP-Lounge waren luxuriös. Dort gab es keine Reihen von Urinalen und Waschbecken. Vielmehr führte ein halbes Dutzend Türen zu privaten Kabinen, die jeweils eine eigene Toilette und ein eigenes Waschbecken besaßen. Holden betrat eine davon und verriegelte hinter sich die Tür. Sofort war der Lärm fast vollständig ausgeblendet. Ein paar Minuten lang konnte er sich aus der Welt zurückziehen. Wahrscheinlich war genau dies beabsichtigt. Er war dankbar, dass die Konstrukteure des Casinos dieses wahrhaft stille Örtchen eingerichtet hatten. Andererseits hätte es ihn nicht einmal sonderlich überrascht, über dem Waschbecken einen Geldspielautomaten zu entdecken.

Mit einer Hand stützte er sich an der Wand ab, während er sein Geschäft erledigte. Er war noch lange nicht fertig, als es im Raum blitzte. In den verchromten Armaturen spiegelte sich ein leichter blauer Lichtschein. Die Angst traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen.

Schon wieder.

»Ich schwöre bei Gott«, begann Holden. Dann hielt er inne, beendete sein Geschäft und zog den Reißverschluss der Hose zu. »Miller, wenn ich mich umdrehe, sind Sie hoffentlich nicht mehr da.«

Er drehte sich um.

Miller war da.

»Hallo«, begann der tote Mann.

»›Wir müssen reden‹«, vollendete Holden den Satz und ging zum Waschbecken, um seine Hände zu waschen. Ein winziges blaues Glühwürmchen folgte ihm und landete auf dem Sims. Holden schlug mit der flachen Hand danach, doch als er sie hob, war nichts darunter.

Millers Ebenbild im Spiegel zuckte mit den Achseln. Dann setzte er sich ruckartig in Bewegung wie ein Uhrwerk, das eine Spielfigur ungelenk antrieb, zugleich menschlich und mechanisch.

»Alle sind gleichzeitig hier«, sagte der Tote. »Ich will nicht über das reden, was mit Julie passiert ist.«

Holden zog ein Handtuch aus dem Korb neben dem Waschbecken, lehnte sich an den Sims, betrachtete Miller und trocknete sich langsam die Hände ab. Er zitterte, wie er schon immer gezittert hatte. Das Gefühl, in Gefahr zu schweben und vor etwas Bösem zu stehen, kroch den Rücken hinauf, wie es früher jedes Mal geschehen war. Holden hasste das Gefühl.

Detective Miller lächelte und schien von etwas abgelenkt, das Holden nicht sehen konnte.

Der Mann hatte auf Ceres beim Sicherheitsdienst gearbeitet, war gefeuert worden und hatte sich auf eine ganz persönliche Jagd begeben, um ein vermisstes Mädchen zu suchen. Einmal hatte er Holden das Leben gerettet. Holden hatte zugesehen, wie die Asteroidenstation, auf der Miller und Tausende Opfer des außerirdischen Protomoleküls festsaßen, auf die Venus gestürzt war. Unter ihnen hatte sich auch Julie Mao befunden – das Mädchen, das Miller gesucht und zu spät gefunden hatte. Ein Jahr lang hatte das außerirdische Artefakt unter den Wolken der Venus gelitten und an seiner unverständlichen Konstruktion gearbeitet. Das Objekt war aufgestiegen, mächtige Bauteile hatten sich aus der Atmosphäre erhoben und waren wie ein gewaltiger, in den Weltraum versetzter Meeresbewohner in die Leere davongeflogen. Miller hatte diesen Flug mitgemacht.

Und jetzt war er wieder da und gab Unfug von sich.

»Holden«, sagte Miller, doch er sprach nicht mit ihm. Er beschrieb ihn. »Ja, das ist schon richtig. Sie sind keiner von denen. He, Sie müssen mir zuhören.«

»Dann sollten Sie etwas sagen. So läuft das nicht. Seit fast einem Jahr erscheinen Sie mir immer wieder, aber Sie haben noch nie etwas Brauchbares von sich gegeben. Kein einziges Mal.«

Miller tat die Bemerkung mit einer Handbewegung ab. Der ältere Mann atmete schneller und keuchte schließlich sogar wie nach einem Wettlauf. Schweißperlen glänzten auf der fahlen Haut.

»Es gab da mal ein nicht lizenziertes Bordell im Sektor achtzehn. Wir gingen rein und dachten, wir könnten fünfzehn oder zwanzig Leute einlochen. Vielleicht sogar mehr. Wir sind rein, aber der Laden war bis auf den blanken Stein ausgeräumt. Darüber sollte ich nachdenken. Das hat etwas zu bedeuten.«

»Was wollen Sie von mir?«, fragte Holden. »Sagen Sie mir doch einfach, was Sie von mir wollen.«

»Ich bin nicht verrückt«, erwiderte Miller. »Wenn ich verrückt bin, töten sie mich. Mein Gott, haben sie mich getötet?« Millers Lippen formten ein kleines o, und er atmete tief ein. Die Lippen wurden dunkler, das Blut unter der Haut färbte sich schwarz. Er legte Holden eine Hand, die sich zu schwer und zu massiv anfühlte, auf die Schulter. Es war, als sei Miller aus Eisen statt aus Knochen neu zusammengefügt worden. »Es ist total in die Hose gegangen. Wir kommen da an, aber es ist leer. Der ganze Himmel ist leer.«

»Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat.«

Miller beugte sich vor. Sein Atem roch nach Azeton. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte er Holden an und wollte wissen, ob der ihn verstand.

»Sie müssen mir helfen«, verlangte Miller. Die Blutgefäße in den Augen hatten sich fast vollständig schwarz gefärbt. »Die wissen, dass ich Dinge finden kann. Die wissen, dass Sie mir helfen.«

»Sie sind tot«, widersprach Holden. Er hatte es nicht geplant und sich die Worte nicht einmal zurechtgelegt.

»Alle sind tot«, sagte Miller. Er nahm die Hand von Holdens Schulter und wandte sich ab. Jetzt wirkte er verwirrt. »Beinahe, beinahe.«

Holdens Terminal summte. Er zog es aus der Tasche. Naomi hatte ihm eine Textnachricht geschickt: BIST DU DA REINGEFALLEN? Holden wollte eine Antwort schreiben, dann fiel ihm ein, dass er keine Ahnung hatte, was er ihr mitteilen wollte.

Als Miller wieder sprach, klang seine Stimme zaghaft wie die eines Kindes, voller Erstaunen und Verwunderung.

»Verdammt, es ist passiert«, sagte er.

»Was ist passiert?«

Nebenan knallte eine Tür, als ein Gast die benachbarte Kabine betrat, und Miller verschwand. Der Ozongeruch und ein paar flüchtige organische Stoffe, die an einen modrigen Gewürzladen erinnerten, waren der einzige Beweis, dass er vorher da gewesen war. Vielleicht hatte Holden es sich auch nur eingebildet.

Einen Augenblick stand er reglos da und wartete, dass der Kupfergeschmack aus seinem Mund verschwand. Dass sein Herz wieder normal schlug. So hatte er es nach den Begegnungen immer gehalten. Als er das Schlimmste überstanden hatte, spülte er sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab und rieb sich mit einem weichen Handtuch trocken. Die fernen gedämpften Geräusche des Spielcasinos schwollen zu einem Jubel an. Ein Jackpot.

Er würde es ihnen nicht sagen. Naomi, Alex, Amos – sie hatten sich ihren Spaß verdient und sollten nicht durch das Wesen, das Miller gewesen war, gestört werden. Holden war bewusst, wie irrational sein Wunsch war, es ihnen zu verschweigen, aber das Gefühl, sie beschützen zu müssen, war so stark, dass er es nicht weiter hinterfragte. Was aus Miller auch geworden war, Holden wollte sich zwischen ihn und die Rosinante stellen.

Er betrachtete sein Spiegelbild, bis er mit sich zufrieden war. Der unbekümmerte, leicht angetrunkene Kapitän eines erfolgreichen, unabhängigen Schiffs beim Landurlaub. Locker und glücklich. Er kehrte in den Höllenlärm des Casinos zurück.

Einen Augenblick lang war es, als wäre er in der Zeit rückwärts gesprungen. Die Casinos auf Eros. Die Totenhalle. Die Lichter waren ein wenig zu grell, der Lärm ein wenig zu laut. Holden ging zum Tisch und schenkte sich noch ein Glas ein. Daran konnte er sich erst einmal eine Weile festhalten. Er wollte den Geschmack und die Nacht genießen. Hinter ihm kreischte jemand vor Lachen. Es war nur Lachen.

Ein paar Minuten später erschien Naomi und trat aus dem Gewimmel und dem Chaos heraus wie die in eine weibliche Form gegossene Heiterkeit. Die halb trunkene, umfassende Liebe, die er vorher empfunden hatte, erwachte wieder, als sie auf ihn zukam. Vier Jahre lang waren sie zusammen auf der Canterbury geflogen, ehe er sich in sie verliebt hatte. Im Rückblick war ihm jeder Morgen, den er mit einer anderen aufgewacht war, ein Morgen, an dem er nicht Naomis Atem gekostet hatte. Er konnte sich nicht mehr erinnern, was er sich damals dabei gedacht hatte. Jetzt rückte er zur Seite, um ihr Platz zu machen.

»Haben sie dir die Taschen geplündert?«, fragte er.

»Alex«, erklärte sie. »Sie haben Alex ausgenommen. Ich habe ihm meine Jetons überlassen.«

»Du bist eine ungeheuer großzügige Frau«, sagte er grinsend.

Naomis dunkle Augen waren voller Mitgefühl.

»Ist Miller wieder aufgetaucht?« Sie beugte sich vor, damit er sie trotz des Lärms verstehen konnte.

»Ich finde es etwas beunruhigend, dass du mich so leicht durchschaust.«

»Du bist leicht zu durchschauen. Außerdem war es nicht gerade Millers erster Überfall im Bad. Hat er dieses Mal etwas Verständliches von sich gegeben?«

»Nein«, erklärte Holden. »Ebenso gut könnte ich gegen eine Wand reden. Die meiste Zeit bin ich nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt wahrnimmt.«

»Das kann doch unmöglich Miller sein, oder?«

»Wenn es das Protomolekül ist, das sich Miller als Anzug übergestreift hat, finde ich es sogar noch unheimlicher.«

»Da hast du recht«, stimmte Naomi zu. »Hat er denn überhaupt etwas von sich gegeben?«

»Nicht viel. Er sagte, etwas sei geschehen.«

»Was denn?«

»Keine Ahnung. Er sagte nur: ›Es ist geschehen‹, und dann verschwand er.«

Ein paar Minuten lang saßen sie mit verschränkten Fingern schweigend beisammen und genossen ihre kleine Abgeschiedenheit im Krawall. Schließlich beugte sie sich vor, küsste ihn auf die rechte Augenbraue und zog ihn hoch.

»Komm mit«, sagte sie.

»Wohin gehen wir?«

»Ich lehre dich das Pokerspielen«, versprach sie ihm.

»Ich weiß, wie du Poker spielst.«

»Du hast ja keine Ahnung.«

»Meinst du, ich will kneifen?«

Sie lächelte und zupfte an ihm.

Holden schüttelte den Kopf. »Wenn du willst, gehen wir zum Schiff, trommeln ein paar Leute zusammen und spielen nur für uns. Es kommt mir so sinnlos vor, hier zu spielen. Das Haus gewinnt immer.«

»Wir sind nicht zum Gewinnen hier«, widersprach Naomi. Ihr Ernst vermittelte ihm den Eindruck, dass sie mehr als nur das Kartenspiel meinte. »Wir sind hier, um zu spielen.«

Zwei Tage später gingen die Meldungen ein.

Holden war in der Messe und aß, was er sich in einem Restaurant im Raumhafen besorgt hatte: Knoblauchsoße auf Reis, drei Sorten Gemüse und etwas, das Hühnchen so ähnlich war, dass man es leicht für echt hätte halten können. Amos und Naomi beaufsichtigten die Verladung des Proviants und der Filter für die Luftaufbereitung. Alex schlief im Pilotensitz. Auf den anderen Schiffen, auf denen Holden geflogen war, hatte er es so gut wie nie erlebt, dass die Crew schon lange vor der Abflugzeit an Bord kam. Diese Crew dagegen hatte zwei Nächte in Hotels am Raumhafen verbracht und war schließlich nach Hause gekommen. Dort waren sie jetzt alle versammelt. Daheim.

Auf dem Handterminal schaltete Holden die lokalen Kanäle durch und sah sich die Nachrichten und Unterhaltungsangebote des Systems an. Eine Sicherheitslücke im neuen Bandao-Solice-Spiel hatte es einem Piratenserver in einer Umlaufbahn um Titan ermöglicht, persönliche Informationen von mehr als sechs Millionen Menschen abzugreifen. Marsianische Militärexperten forderten eine Erhöhung der Ausgaben, um die Verluste nach der Schlacht bei Ganymed auszugleichen. Auf der Erde trotzte eine afrikanische Farmergemeinschaft dem Verbot einer bestimmten Gruppe stickstoffbindender Bakterien. In Kairo demonstrierten Befürworter wie Gegner des Verbots.

Holden schaltete hin und her, ohne die Meldungen wirklich wahrzunehmen, bis er auf einen Newsfeed mit einem roten Streifen stieß. Dann kam noch einer und ein weiterer. Das Bild über dem Artikel ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Der Ring, wie sie die Konstruktion genannt hatten. Das gigantische außerirdische Bauwerk, das die Venus verlassen hatte und knapp zwei astronomische Einheiten außerhalb der Uranus-Umlaufbahn angehalten hatte, um sich zusammenzusetzen.

Holden las aufmerksam die Meldungen, während ihm die Furcht wie ein Stein im Magen lag. Als er aufblickte, entdeckte er Naomi und Amos in der Tür. Amos hatte sein eigenes Handterminal gezückt, auf dem Holden die gleichen roten Streifen erkennen konnte.

»Hast du das gesehen, Käpt’n?«, fragte Amos.

»Ja«, bestätigte Holden.

»Da hat ein verrückter Hund versucht, durch den Ring zu fliegen.«

»Ja.«

Trotz der riesigen Entfernung zwischen Ceres und dem Ring, trotz des gewaltigen leeren Raumes, hätte die Nachricht, dass ein Idiot mit seinem billig zusammengeflickten Schiff in das außerirdische Gebilde hineingeflogen, aber nicht wieder herausgekommen war, nur fünf Stunden unterwegs sein dürfen. Es war jedoch schon vor zwei Tagen geschehen. So lange war es den Regierungen, die den Ring beobachteten, gelungen, die Geschichte unter Verschluss zuhalten.

»Das ist es, nicht wahr?«, sagte Naomi. »Das ist es, was passiert ist.«

2   Bull

Carlos c de Baca – von seinen Freunden »Bull« genannt – konnte Kapitän Ashford nicht leiden. Er hatte ihn von Anfang an nicht leiden können.

Der Kapitän war einer dieser Männer, die höhnisch lächeln konnten, ohne überhaupt den Mund zu verziehen. Vor seiner Verpflichtung bei der AAP hatte Ashford auf dem Mondcampus der Boston University einen Abschluss in Mathematik erworben. Er sorgte dafür, dass niemand, der ihn kannte, dies jemals vergaß. Er hielt sich wohl für etwas Besseres als die anderen Gürtler, weil er an einer irdischen Universität erfolgreich studiert hatte. Nicht, dass ihn das davon abhielt, über Leute wie Bull oder Fred herzuziehen, die tatsächlich unten in der Schwerkraftsenke aufgewachsen waren. Ashford war nicht Fisch und nicht Fleisch. Die Art und Weise, wie er sich auf alles stürzte, was ihn besser dastehen ließ – Bildung, die Verbindung zur Erde, die im Gürtel verbrachte Jugend –, machte es den anderen schwer, ihn nicht aufzuziehen.

»Auch der Zeitfaktor spielt eine Rolle«, meinte Fred Johnson.

Fred sah beschissen aus. Viel zu schmal. Heutzutage waren alle viel zu schmal, aber Freds dunkle Haut hatte einen aschfahlen Ton bekommen, der Bull an Autoimmunerkrankungen oder unbehandelten Krebs denken ließ. Vielleicht waren es auch nur der Stress, das Alter und die mangelhafte Ernährung. Genau die Sachen, die jeden anderen genauso trafen. Wenn er ehrlich war, musste Bull zugeben, dass er auch selbst ein wenig grau um die Schläfen war, und die verdammten LEDs, die das Sonnenlicht imitieren sollten, konnte er nicht ausstehen. Die Tatsache, dass er immer noch dunkler war als eine Eierschale, hatte er eher seiner haselnussbraunen mexikanischen Mutter als irgendeiner Ultraviolettstrahlung zu verdanken.

Seit seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr war er draußen im Dunklen unterwegs. Inzwischen war er über vierzig. Fred, sein Vorgesetzter unter zwei verschiedenen Regierungssystemen, war noch älter.

Vor ihm erstreckte sich das aufwärts geneigte Baugerüst, dessen biegsame Wände glänzten, als seien sie mit Schlangenschuppen verkleidet. Ständig war ein dumpfes Heulen zu hören, denn die Vibrationen der Baumaschinen übertrugen sich über die Streben der Station. Die durch Rotation erzeugte Schwerkraft lag hier ein wenig unter dem Drittel G, das in der eigentlichen Tycho-Station als Standardwert galt. Ashford ließ es sich nicht nehmen, in Gegenwart der Erder ein wenig zu beschleunigen und gleich wieder langsamer zu gehen. Bull wurde ebenfalls ein wenig langsamer, damit der Mann noch ein wenig länger warten musste.

»Der Zeitfaktor? Wie sieht es damit aus, Colonel?«, fragte Ashford.

»Nicht so übel, wie es sein könnte«, erwiderte Fred. »Seit der großen Veränderung während des Vorfalls hat sich der Ring nicht mehr gerührt. Niemand ist mehr hindurchgeflogen, und niemand ist herausgekommen. Die Menschen machen sich nicht mehr in die Hosen, sondern sind nur noch sehr aufgeregt. Mars betrachtet die Sache als rein militärische Aktion und als wissenschaftliches Problem. Sie haben ein halbes Dutzend Forschungsschiffe mit hohem Schub auf die Reise geschickt.«

»Was fliegt als Eskorte mit?«

»Ein Zerstörer, drei Fregatten«, erklärte Fred. »Die Erde reagiert langsamer, plant aber etwas Größeres. Im nächsten Jahr sind dort Wahlen, und der Generalsekretär bekommt einen Haufen Ärger, weil er zu nachsichtig mit verbrecherischen Firmen umgegangen ist.«

»Wie das wohl kommt«, sagte Bull trocken. Selbst Ashford lächelte. Nach den Aktionen von Protogen und Mao-Kwikowski waren Ordnung und Stabilität im Sonnensystem weitgehend zerstört. Die Eros-Station war verloren, weil eine außerirdische Technologie sie übernommen und in die Venus gestürzt hatte. Ganymeds Lebensmittelproduktion war auf weniger als ein Viertel des früheren Ausstoßes gesunken, sodass alle Bevölkerungszentren auf den äußeren Planeten auf Reservesysteme für den Ackerbau zurückgreifen mussten. Die Allianz von Erde und Mars war nur noch eine kuriose Erinnerung, wie sie ein Großvater nach dem Genuss von zu viel Bier von sich geben mochte. Die gute alte Zeit, ehe alles zum Teufel gegangen war.

»Er inszeniert sich«, fuhr Fred fort. »Die Medien, religiöse Anführer, Dichter, Künstler. Sie werden alle hinaus zum Ring geschickt und erregen Aufsehen, damit sich die Feeds nicht mehr auf ihn konzentrieren.«

»Typisch«, bemerkte Ashford, äußerte sich aber nicht weiter dazu. Typisch für einen Politiker? Typisch für einen Erder? »Was erwartet uns da draußen?«

Das Baugerüst sang einen Moment, weil ein zufällig entstandener Akkord die ganze Anlage summen und erbeben ließ, bis sich die schweren Dämpfer nachregelten und die Vibrationen unterdrückten, ehe sie einen Schaden anrichten konnten.

»Bisher wissen wir nur, dass ein Idiot mit hoher Geschwindigkeit in den Ring geflogen und nicht auf der anderen Seite herausgekommen ist«, berichtete Fred. Dabei bewegte er die Hände wie ein Gürtler, um ein Achselzucken anzudeuten. »Im Ring existiert eine physikalische Anomalie. Gut möglich, dass der Ring das Schiff dieses verrückten Burschen gefressen und in irgendetwas verwandelt hat. Der Ring hat eine Menge Gamma- und Röntgenstrahlen abgegeben, aber nicht genug, um einen Ausgleich für die Masse des Schiffs zu schaffen. Vielleicht hat er den Ring zerstört, vielleicht ist ein Tor aufgegangen, und demnächst rückt eine Truppe kleiner grüner Männchen mit fliegenden Untertassen an und verwandelt das Sonnensystem in eine Raststätte.«

»Was …«, setzte Bull an, doch Ashford kam ihm zuvor.

»Gibt es bereits Reaktionen von der Venus?«

»Nichts«, sagte Fred.

Die Venus war tot. Nachdem die gekaperte Eros-Station durch die Wolken gestürzt war, hatten sich die Augen der Erde jahrelang auf den Planeten gerichtet und zugesehen, wie sich das außerirdische Protomolekül in der gewalttätigen, überhitzten Atmosphäre behauptete. Kilometerhohe Kristalltürme waren gewachsen und zerfallen. Geflechte von Kohlenstofffasern hatten den Planeten überspannt und sich aufgelöst. Die Waffe war gebaut worden, um Milliarden Jahre zuvor primitives Leben auf der Erde zu übernehmen. Stattdessen war sie auf ein komplexes Ökosystem menschlicher Körper gestoßen und hatte deren Bestandteile benutzt, um im giftigen Ofen der Venus zu überleben. Vielleicht hatte es länger gedauert, den Plan auszuführen. Vielleicht war es leichter geworden, weil komplexe Lebensformen zur Verfügung gestanden hatten. Alles wies darauf hin, dass es seine Tätigkeit auf der Venus beendet hatte. Jetzt war nur noch wichtig, dass es einen Ring, der sich selbst zusammenbaute, in die Leere jenseits der Uranus-Laufbahn geschossen hatte. Seitdem schwebte das Objekt dort reglos wie ein Stein.

Bis jetzt.

»Was könnten wir schon ändern?«, fragte Bull. »Nehmen Sie es mir nicht übel, aber wir haben nicht gerade die besten Forschungsschiffe, und Erde und Mars haben sich bei Ganymed übel beharkt.«

»Wir wollen dabei sein«, erklärte Fred. »Wenn Erde und Mars ihre Schiffe schicken, dann schicken wir unsere eigenen. Wenn sie den Ring beanspruchen, erheben wir ebenfalls Ansprüche. Es hat uns große Vorteile gebracht, die äußeren Planeten zu einem ernst zu nehmenden politischen Mitspieler aufzubauen, aber wenn wir jetzt das Feld räumen, könnten wir alles wieder verlieren.«

»Wollen wir auf jemanden schießen?«, fragte Bull.

»Hoffentlich kommt es nicht dazu«, erwiderte Fred.

Die sanfte Steigung des Baugerüsts führte sie zu einer geschwungenen Plattform. In der sternenübersäten Finsternis ragte vor ihnen eine große Ebene aus Stahl und Keramik empor, die von tausend Lampen erhellt wurde. Es war, als betrachtete man eine Landschaft, denn dies war zu gewaltig, um von Menschen gemacht zu sein. Es war wie ein Canyon oder ein Gebirge. Die mit Gras bewachsene Caldera eines toten Vulkans. Aufgrund der gewaltigen Dimensionen konnte man dieses Ding unmöglich als Schiff betrachten, aber genau das war es. Die Baumechs, die über die Flanken kletterten, waren größer als das Haus, in dem Bull als Junge gelebt hatte, wirkten jetzt aber wie Footballspieler auf einem weit entfernten Spielfeld. Die lange, schmale Linie des Kielaufzugs zog sich an der bauchigen Trommel entlang, um das Personal vom Maschinenraum an dem einen bis zur Operationszentrale am anderen Ende zu bringen. Die außen laufende Kabine konnte ein Dutzend Menschen befördern. Von hier aus war sie klein wie ein Sandkörnchen. Auf dem sanft gekrümmten Rumpf saßen unzählige Geschütztürme mit Railguns und aggressiv vorstoßenden Torpedorohren.

Früher hatte das Schiff den Namen »Nauvoo« getragen. Als Generationenschiff hätte es eine Ladung gläubiger Mormonen mit nichts als einem künstlichen Ökosystem und einem unerschütterlichen Glauben an die göttliche Gnade zu den Sternen tragen sollen. Jetzt hieß es »Behemoth« und war das größte und gefährlichste Kriegsschiff im ganzen Sonnensystem. Vier Schlachtschiffe der Donnager-Klasse hätten in seinen Bauch gepasst, ohne die Wände zu berühren. Die Behemoth konnte magnetische Ladungen bis auf einen erheblichen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und mehr atomare Torpedos mitführen, als die Allianz der Äußeren Planeten tatsächlich besaß. Ihr Kommunikationslaser war stark genug, um Löcher in Stahlplatten zu brennen, wenn man ihm genug Zeit ließ. Auch ohne aufgemalte Zähne und eine Haifischflosse in der Größe eines Wohnblocks war das Schiff einschüchternd genug.

Das war auch gut so, denn im Grunde war es ein hastig zusammengestückelter Schrotthaufen und dem Untergang geweiht, falls es wirklich einmal kämpfen musste. Bull warf Ashford einen raschen Blick zu. Der Kapitän reckte stolz und mit funkelnden Augen das Kinn. Bull leckte sich über die Zähne.

Die Schwerkraft ließ weiter nach, als sie sich lautlos der Behemoth näherten. In der Ferne stieß ein Konstruktionsmech eine sonnenhelle Stichflamme aus und begann mit den Schweißarbeiten.

»Wie lange noch, bis wir auslaufen können?«, fragte Ashford.

»Drei Tage«, antwortete Fred.

»Laut Bericht der Ingenieure ist das Schiff erst in etwa zehn Tagen einsatzbereit«, widersprach Bull. »Wollen wir denn im Flug weiter daran arbeiten?«

»So war es geplant«, bestätigte Fred.

»Wenn wir weitere fünf Tage hier warten, die Arbeiten im Dock erledigen und danach etwas stärker beschleunigen, treffen wir immer noch rechtzeitig ein.«

Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus. Damit hatte Bull gerechnet, aber irgendjemand musste es ja mal aussprechen.

»Das Wohlbefinden und die Moral der Crew sind so wichtig wie das Schiff selbst«, antwortete Fred diplomatisch und ein wenig ausweichend. Bull kannte ihn lange genug, um zwischen den Zeilen zu lesen. Die Gürtler mögen keine hohen Beschleunigungen. »Außerdem ist es leichter, die letzten Arbeiten bei niedriger Schwerkraft durchzuführen. Wir haben es gründlich durchgerechnet, Bull. Sie legen in drei Tagen ab.«

»Ist das ein Problem?«, fragte Ashford.

Bull setzte das alberne Grinsen auf, das er immer zeigte, wenn er die Wahrheit sagen, sich dafür aber keinen Ärger einhandeln wollte.

»Wir legen uns mit Erde und Mars an, während der Ring ziemlich unheimliche außerirdische Sachen anstellt. Wir haben eine Crew, die noch nie zusammengearbeitet hat, ein Schiff, das zur Hälfte aus Schrott besteht, und nicht genügend Zeit, um alles richtig festzuschrauben. Natürlich ist das ein Problem, aber mit so was werden wir fertig, also tun wir es auch. Schlimmstenfalls kommen wir eben alle dabei um.«

»Was für ein aufmunternder Gedanke«, meinte Ashford. Die Worte troffen vor Missbilligung. Bulls Grinsen wurde sogar noch breiter. Er zuckte mit den Achseln.

»Früher oder später passiert das sowieso.«

Bulls Quartier auf der Tycho-Station war luxuriös. Vier Räume mit hohen Decken, ein privater Lokus, der sogar über fließendes Wasser verfügte. Nicht einmal als Kind auf der Erde hatte er so komfortabel gelebt. In seiner Kindheit hatte er in einem Wohnviertel in der Neumexikanischen Offenen Zone mit seinen Eltern, der Großmutter, zwei Onkeln, drei Tanten und gefühlten eintausend Cousins zusammengehockt. Mit sechzehn hatte er es abgelehnt, auf Stütze zu gehen, war in den Süden nach Alamogordo umgezogen und hatte seine zwei Jahre Pflichtdienst damit verbracht, alte Solaranlagen aus der guten alten Zeit vor der Fusionsenergie abzureißen. Den Schlafsaal hatte er sich mit zehn anderen Burschen teilen müssen. Er sah sie immer noch vor sich, diese dünnen, drahtigen Kerle, die sich die Hemden ausgezogen oder um den Kopf gewickelt hatten. Er spürte immer noch, so fest wie eine Hand, die Sonne von Neumexiko auf dem Oberkörper, während er in der Strahlung und der Hitze einer unkontrollierten Fusionsreaktion arbeitete, nur durch die Distanz und den weiten blauen Himmel geschützt.

Als der zweijährige Pflichtdienst abgeleistet war, hatte er es an der Technischen Hochschule versucht, doch die Hormone und der Alkohol hatten ihn zu sehr abgelenkt. Nach Abbruch des Studiums waren ihm außer Militär oder Stütze nicht mehr viele Möglichkeiten übrig geblieben. Er hatte sich für die Laufbahn entschieden, die ihm weniger tödlich vorgekommen war. Bei den Marinesoldaten hatte er nie eine Kabine besessen, die größer gewesen war als der Vorraum seiner Unterkunft auf der Tycho-Station. Erst nach der Ausmusterung hatte er tatsächlich zum ersten Mal ein eigenes Apartment bewohnt. Die Ceres-Station hatte ihm nicht gutgetan. Das Loch in der Nähe der Drehachse, in das er gezogen war, hatte sich durch niedrige Schwerkraft und eine hohe Corioliskraft ausgezeichnet. Es war im Grunde nur ein Ort gewesen, an dem er den Rausch der jeweils letzten Nacht ausschlafen konnte, aber es hatte wenigstens ihm selbst gehört. Die kahlen Wände aus poliertem nacktem Fels, das Bett vom Schiffsausrüster mit Haltegurten für Flüge in niedriger Schwerkraft. Irgendein Vorbesitzer hatte die Worte BESSO O NADIE in die Wand gemeißelt. Im Slang der Gürtler bedeutete dies: »Ein besseres Leben oder gar keins.« Damals hatte er noch nicht gewusst, dass es sich um einen politischen Slogan handelte. Die Dinge, die er seit seiner Ankunft auf der Tycho-Station erworben hatte – den Bilderrahmen, der wechselweise ein Dutzend schöne Familienfotos von der Erde zeigen konnte, den Kerzenhalter aus Zinn, den seine Exfreundin beim Auszug dagelassen hatte, die Zivilkleidung –, hätten seine alte Unterkunft auf Ceres ausgefüllt und ihm kaum noch Platz zum Schlafen gelassen. Er hatte zu viel Zeugs, er musste einiges abstoßen.

Aber nicht für diesen Einsatz. Die Suite des XO auf der Behemoth war sogar noch größer.

Der Com schlug an und teilte ihm mit, dass jemand vor der Tür wartete. Aus alter Gewohnheit überprüfte Bull die Videoübertragung, ehe er öffnete. Es war Fred, der von einem Fuß auf den anderen trat. Der Mann trug Zivilkleidung, ein weißes Oberhemd und altmodische Hosen, die den Bauchansatz zu kaschieren suchten und den Kampf verloren. Fred war ebenso gut oder schlecht in Form wie Bull selbst. Sie wurden einfach nur alt.

»Hallo«, sagte Bull. »Setzen Sie sich. Ich packe gerade.«

»Wollen Sie jetzt umziehen?«

»Ich will ein wenig Zeit auf dem Schiff verbringen, ehe wir starten«, erklärte Bull. »Abgängige Mormonen einsammeln.«

Fred schnitt eine schmerzliche Grimasse.

»Ich bin ziemlich sicher, dass wir sie beim ersten Mal alle erwischt haben«, ging er auf den Scherz ein. »Aber das Schiff ist riesengroß. Sie können sich selbst umsehen, wenn Sie wollen.«

Bull öffnete die Kommode und zählte die T-Shirts. Er besaß zehn. Allein das war schon ein Anzeichen von Dekadenz. Wer brauchte schon zehn T-Shirts? Er zog fünf heraus und warf sie neben der Truhe auf den Stuhl.

»Die werden uns die Hölle heißmachen, wenn sie wieder die volle Verfügungsgewalt über die Nauvoo haben«, sagte er. »Wir haben ziemlich viel umgebaut.«

»Werden sie nicht«, entgegnete Fred. »Es war absolut legal, das Schiff zu beschlagnahmen. Es war ein Notfall. Ich könnte Ihnen zehn Stunden lang Präzedenzfälle aufsagen.«

»Ja, aber dann haben wir es selbst geborgen und als unser Eigentum beansprucht«, erwiderte Bull. »Das ist ungefähr so, als hätte ich mir Ihr Auto geliehen, und da ich es in den Graben gesetzt und wieder herausgeholt habe, gehört es jetzt mir.«

»Das Gesetz ist ein gar kompliziertes Ding, Bull«, entgegnete Fred. Es klang müde, über irgendetwas machte er sich Sorgen. Bull öffnete eine weitere Schublade, warf die Hälfte seiner Socken in den Recycler und legte den Rest auf seine T-Shirts.

»Wenn der Richter es nicht so sieht, wird es fies«, meinte Bull.

»Die Richter der Erde haben hier nichts zu sagen«, erklärte Fred, »und die Richter unserer eigenen Gerichtsbarkeit sind der AAP gegenüber loyal. Sie kennen das Gesamtbild und werden nicht unser größtes Schiff vom Spielfeld nehmen und es anderen Leuten geben. Im schlimmsten Fall verhängen sie eine Entschädigung.«

»Können wir uns das leisten?«

»Nicht im Augenblick«, gab Fred zu.

Bull lachte schnaubend. »Haben Sie sich schon mal gefragt, was wir falsch gemacht haben, dass wir hier gelandet sind? Sie sitzen an einem der wichtigsten Schreibtische der AAP, und ich bin XO von Ashford. Mann, wenn das nicht ein Anzeichen dafür ist, dass wir im Leben was falsch gemacht haben.«

»Was das angeht, es gibt da eine kleine Planänderung«, verkündete Fred.

Bull öffnete den Schrank und presste die Lippen zusammen. Fred war nicht gekommen, um zu plaudern. Es gab ein Problem. Bull nahm zwei Anzüge heraus, die immer noch in den klebrigen Zellophanhüllen steckten. Seit Jahren hatte er keinen Anzug mehr getragen. Wahrscheinlich passten sie gar nicht mehr.

»Ashford dachte, es sei besser, Michio Pa als XO einzusetzen. Wir haben darüber geredet. Ich setze Sie jetzt als Sicherheitsoffizier ein.«

»Damit bin ich der Dritte von oben«, erwiderte Bull. »Was soll das? Fürchtet Ashford, ich erledige ihn und übernehme seinen Sessel?«

Fred beugte sich vor und faltete die Hände. Seine ernste Miene sagte Bull, dass auch er die Lage für beschissen hielt, aber immerhin versuchte, das Beste daraus zu machen.

»Es kommt hier wohl auf den Eindruck an, der bei anderen entsteht«, sagte Fred. »Dies ist die Raummarine der AAP. Die Behemoth ist die Antwort des Gürtels auf die schweren Einheiten des Mars und der Erde. Es sieht seltsam aus, wenn ein Erder auf der Brücke steht.«

»Alles klar«, sagte Bull.

»Wie Sie wissen, bin ich selbst in einer ähnlichen Position. Nach all der Zeit muss ich immer noch doppelt so hart arbeiten, um mir die Loyalität und den Respekt der Leute zu verdienen, weil ich von der Erde stamme. Selbst diejenigen, die mich gern hier haben, weil sie glauben, durch mich wirkt die Erde schwächlich, wollen von mir keine Befehle annehmen. Ich muss mir jedes Fitzelchen Respekt immer wieder neu verdienen.«

»Schon gut.« Wenn er als Sicherheitsoffizier eingesetzt wurde, würde er seltener in der Uniform stecken. Seufzend legte Bull beide Anzüge auf den Stuhl.

»Ich sage nicht, dass Sie den Posten nicht verdient hätten«, fuhr Fred fort. »Niemand weiß besser als ich, dass Sie zu den Besten zählen. Es gibt nur einige Hemmnisse, mit denen wir leben müssen, wenn wir den Job erledigen wollen.«

Bull lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Fred zog die eisgrauen Augenbrauen zusammen und sah ihn an.

»Sir, ich bin lange genug mit Ihnen geflogen«, erklärte Bull. »Wenn Sie eine Bitte haben, dann sagen Sie’s einfach.«

»Sie müssen dafür sorgen, dass es klappt«, verlangte Fred. »Was da draußen vorgeht, ist die wichtigste Sache im ganzen Sonnensystem, aber wir wissen nicht, was wirklich los ist. Wenn wir uns lächerlich machen oder den inneren Planeten einen entscheidenden Vorteil lassen, dann verlieren wir eine Menge Boden. Ashford und Pa sind gute Leute, aber sie sind Gürtler. Sie besitzen nicht unsere Erfahrung im Umgang mit den Kräften der Erde.«

»Fürchten Sie, die werden einen Streit anfangen?«

»Nein. Ashford wird sich sehr bemühen, alles richtig zu machen, aber er reagiert nun einmal wie ein Gürtler und wundert sich, wenn andere Leute anders handeln.«

»Ashford macht alles richtig, weil er Angst hat, sich zu blamieren. Er ist eine hübsche Uniform, die ein Vakuum umgibt. Auf so was kann man sich nicht verlassen.«

»Das tue ich auch nicht«, stimmte Fred zu. »Ich schicke Sie mit, weil ich davon ausgehe, dass Sie den Laden schmeißen werden.«

»Aber Sie geben mir nicht das Kommando.«

»Ich gebe Ihnen nicht das Kommando.«

»Wie wäre es mit einer Gehaltserhöhung?«

»Auch das ist nicht möglich«, erwiderte Fred.

»Verdammt auch«, antwortete Bull. »Die ganze Verantwortung und kein bisschen Macht? Wie kann ich so ein Angebot ablehnen?«

»Leider ist das kein Witz. Wir spielen Ihnen übel mit, und die Gründe sind allein im äußeren Anschein und in der Politik zu suchen. Aber ich brauche Sie dort, und Sie müssen den Auftrag übernehmen.«

»Dann nehme ich an«, erklärte Bull.

Das leise Klicken des Luftrecyclers war einen Moment lang das einzige Geräusch im Raum. Bull drehte sich um und machte sich wieder daran, seine Siebensachen in eine Truhe zu packen. Irgendwo hoch über ihm, hinter Tonnen von Stahl, Keramik, nacktem Fels und dem Vakuum, wartete die Behemoth.

3   Melba

Melba spürte, wie die Blicke ihr folgten, als sie das Spielcasino betrat. Die Beleuchtung bestand vornehmlich aus den rosafarbenen, blauen und goldgelben Lampen über den Spielautomaten. Die Darstellungen auf den Displays drehten sich um Sex, Gewalt oder beides. Man drückte auf einen Knopf, setzte das Geld und sah zu, wie die Mädchen fremdartige oder widerwärtige Objekte in sich einführten, während die Maschine entschied, ob man gewonnen hatte. Geldspielautomaten, Poker, Echtzeitlotterie. Die Männer, die hier spielten, strahlten Dummheit, Verzweiflung und einen fast körperlich spürbaren Hass auf Frauen aus.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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