Acht Bücher gegen Celsus, Band 2 - Origenes - E-Book

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2 E-Book

Origenes

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Beschreibung

"Gegen Celsus" (lateinisch: Contra Celsum) ist ein bedeutendes apologetisches Werk des Kirchenvaters Origenes von Alexandria, das um 248 n. Chr. verfasst wurde und sich gegen die Schriften von Celsus wendet, einem heidnischen Philosophen und Polemiker, der in seinem Traktat Logos Alēthēs ("Das wahre Wort") einen vernichtenden Angriff auf das Christentum geschrieben hatte. Neben einer Vielzahl anderer Anschuldigungen hatte Celsus viele christliche Lehren als irrational bezeichnet und die Christen selbst als ungebildet, verblendet, unpatriotisch, der Vernunft gegenüber engstirnig und zu annehmend gegenüber Sündern kritisiert. Er beschuldigte Jesus, seine Wunder nicht mit göttlichen Kräften, sondern mit schwarzer Magie vollbracht zu haben und seine Lehren von Plato abgekupfert zu haben. Celsus hatte davor gewarnt, dass das Christentum selbst die Menschen von der traditionellen Religion abziehe und behauptete, dass sein Wachstum zu einem Zusammenbruch der traditionellen, konservativen Werte führen würde. Origenes schrieb "Contra Celsum" auf Bitten seines Gönners, eines wohlhabenden Christen namens Ambrosius, der darauf bestand, dass ein Christ eine Antwort auf Celsus schreiben sollte. In der Abhandlung selbst, die sich an ein Publikum richtete, das sich für das Christentum interessierte, sich aber noch nicht endgültig dazu entschieden hatte, antwortet Origenes auf die Argumente des Celsus Punkt für Punkt aus der Perspektive eines platonischen Philosophen. Nachdem er die Glaubwürdigkeit des Celsus in Frage gestellt hat, geht Origenes auf dessen Kritik an der Rolle des Glaubens im Christentum, der Identität Jesu Christi, der allegorischen Auslegung der Bibel und dem Verhältnis zwischen Christentum und traditioneller griechischer Religion ein. Dies ist Band zwei von zwei und beinhaltet die Bücher fünf bis acht.

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Seitenzahl: 509

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Acht Bücher gegen Celsus

 

Band 2, Bücher 5 - 8

 

ORIGENES

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

 

Acht Bücher gegen Celsus 2, Origenes

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660765

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Fünftes Buch. 2

Sechstes Buch. 59

Siebentes Buch. 132

Achtes Buch. 193

Fußnoten. 256

 

 

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2

 

Bibliographische Angaben:

 

Titel Version: Gegen Celsus (BKV) Sprache: deutsch Bibliographie: Gegen Celsus (Contra Celsum) In: Origenes, Acht Bücher gegen Celsus. Aus dem Griechischen übersetzt von Paul Koetschau. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 52 und 53) München 1926. Unter der Mitarbeit von: Daniel Noti.

 

 

 

 

 

Fünftes Buch

 

1.

 

 Nicht um der verpönten Geschwätzigkeit, bei der man „der Sünde“ nicht entfliehen kann1264 , zu dienen, beginnen wir, frommer Ambrosius, bereits das fünfte Buch unserer Entgegnung auf die Schrift des Celsus, sondern um nach Kräften zu versuchen, nichts von seinen Behauptungen, vor allem das nicht ungeprüft zu übergehen, worin er gegen Christen oder Juden nach der Ansicht mancher Leute verständige Anklage erhoben haben soll. Und wenn es uns möglich wäre, mit unseren Worten in die Einsicht eines jeden beliebigen Lesers der Schrift des Celsus einzudringen, und ein jedes Geschoß herauszuziehen, das den nicht ganz mit der „Waffenrüstung“ Gottes1265 geschützten Leser verwundet, und ein geistiges Heilmittel aufzulegen1266 , um die von Celsus geschlagene Wunde zu heilen, die nicht zuläßt, dass die Leute, die auf seine Worte hören, „den gesunden Glauben“ bewahren1267 , - so hätten wir dies gewiß getan. Aber es ist Gottes Werk, nach seinem Geiste mit dem Geiste Christi unsichtbar bei denen Wohnung zu nehmen, die er dessen für bedürftig hält; uns dagegen liegt es ob, wenn wir mit Wort und Schrift die Menschen gläubig machen wollen, alles aufzubieten, um uns „als Arbeiter“ zu erweisen, die „keine Scheu kennen und das Wort der Wahrheit scharf und richtig darbieten“1268 . Eine von allen diesen Aufgaben scheint uns aber zu sein, auch die Scheingründe des Celsus in treuer Ausführung deines Auftrags nach Möglichkeit zu entkräften.

Wir wollen also anführen, was auf die soeben bekämpften Worte des Celsus weiter folgt - ob  wir sie wirklich widerlegt haben, wird der Leser entscheiden -, und dann angeben, was wir darauf zu erwidern haben. Gott aber möge geben, dass wir nicht mit einem der Göttlichkeit ganz baren Sinn und Wort an unser Vorhaben herantreten; damit „der Glaube“ derer, denen wir zu nützen wünschen, „nicht stehe auf Menschenweisheit“1269 , sondern dass wir „den Geist Christi“1270 von seinem Vater, der ihn allein verleihen kann, empfangen und zur Teilnahme an dem Worte Gottes unterstützt, „alle Überhebung, die sich wider die Erkenntnis Gottes erhebt“1271 , und ebenso den Wahn des Celsus, der sich wider uns und unsern Jesus und dann auch wider Moses und die Propheten erhebt, niederschlagen, damit in den Herzen aller, die unser Buch lesen, ein Glaube, gegründet im Wort und in der Kraft Gottes, geweckt werde, wenn der, welcher „das Wort den Verkündigern der frohen Botschaft mit großer Kraft“ verleiht1272 , auch uns dies gewährt und „die große Kraft“ schenkt.

 

2.

 

Wir haben also jetzt die Aufgabe, die Worte des Celsus zurückzuweisen, die so lauten: „ Ein Gott und ein Sohn Gottes, ihr Juden und Christen, ist niemals auf die Erde herabgekommen, noch dürfte er herabkommen. Wenn ihr aber von einige Engeln sprecht, wofür haltet ihr sie, für Götter oder für irgendein anderes Geschlecht? Für ein anderes Geschlecht, wie es scheint, für Dämonen1273 .“ Celsus wiederholt sich hier selbst, er hat diesen Einwurf oben bereits mehrmals vorgebracht; es ist daher nicht nötig, ausführlicher mit ihm darüber zu reden; denn was wir früher darauf entgegnet haben,  wird genügen. Nur einige wenige Bemerkungen, die mit den früher gemachten nach unserer Meinung übereinstimmen, ohne jedoch ganz dasselbe zu besagen, wollen wir aus vielen1274 herausgreifen und vortragen. Wir werden hier darlegen, dass er mit seiner allgemeinen Behauptung, „kein Gott oder Sohn Gottes sei zu den Menschen herabgekommen“, auch die von der Mehrzahl der Menschen geteilte Ansicht von den Erscheinungen Gottes verwirft. Seine Behauptung ist auch mit der Meinung nicht vereinbar, die er selbst an früheren Stellen seines Buches vorgetragen hat. Denn wenn die allgemein gehaltene Behauptung des Celsus: „Ein Gott und ein Sohn Gottes ist niemals auf die Erde herabgekommen, noch dürfte er herabkommen“ wahr ist, so wird dadurch natürlich die Annahme unmöglich gemacht, dass es Götter auf Erden gibt, die vom Himmel herabgekommen sind, und entweder den Menschen die Zukunft zu enthüllen oder durch Orakelsprüche Kranke zu heilen.

Dann wäre wohl weder der pythische Apollo noch Asklepios noch ein anderer von denen, welchen der Glaube solche Dinge zuschreibt, „ein Gott“, der vom Himmel herabgestiegen ist; oder er wäre zwar ein Gott, hätte aber das Los gezogen, für immer die Erde zu bewohnen, und wäre gewissermaßen aus der Wohnung der Götter verbannt; oder er wäre einer von denen, die keine Erlaubnis hätten, mit den dort weilenden Gottheiten zusammen zu sein; oder Apollo und Asklepios und alle die, von denen man glaubt, dass sie auf Erden irgendeine Wirksamkeit ausüben, wären keine Götter, sondern gewisse Dämonen, viel geringer als jene Weisen unter den Menschen, die wegen ihrer Tugend bis zum Himmelsgewölbe emporsteigen.

 

3.

 

Man beachte nun, dass Celsus, der in seinem ganzen Buche sich nicht als Epikureer bekennt, in seiner Absicht, unsere Lehren zu vernichten, nachweisbar zu Epikur überläuft. Wenn du nun die Worte des Celsus  liesest und seinen Aufstellungen zustimmst, so ist es nunmehr an der Zeit, entweder den Glauben an einen Gott aufzugebnen, der auf Erden Wohnung nimmt und für jeden einzelnen Menschen Sorge trägt, oder eine solche Ansicht gelten zu lassen und dann die Rede des Celsus für unwahr zu erklären. Wenn du nun eine Vorsehung ganz und gar leugnest, so wirst du seine Behauptungen, in denen er das Dasein von Göttern und von einer Vorsehung annimmt, als unwahr bezeichnen müssen, um an der Wahrheit deiner eigenen Ansicht festhalten zu können; wenn du aber nichtsdestoweniger eine Vorsehung gelten lässest, da du der Behauptung des Celsus, „es sei weder ein Gott noch ein Gottessohne jemals zu den Menschen herabgekommen oder käme herab“, nicht zustimmst; warum willst du dann nicht auf Grund dessen, was von uns über Jesus gesagt und was über ihn vorausverkündet worden ist, sorgfältig untersuchen, von welchem „Gott und Gottessohne“ man „die Herabkunft“ zu den Menschen eher annehmen muß, von Jesus, der so Großes angeordnet und vollbracht hat, oder von jenen, die durch ihre vorgeblichen Orakelsprüche und Weissagungen den sittlichen Wandel ihrer Verehrer nicht bessern, ja sie außerdem noch von der lauteren und reinen und heiligen Verehrung, die dem Schöpfer aller Dinge gebührt, abwendig machen und die Seelen derjenigen, die auf sie achten, anläßlich der Verehrung mehrerer Götter von dem einzigen und allein offenbaren und wahren Gott losreißen?

 

4.

 

Als ob nun Juden oder Christen über die zu den Menschen herabsteigenden Wesen geäußert hätten, dass es “Engel” seien, sagt Celsus hierauf: “Wenn ihr aber von einigen Engeln sprecht,” und stellt dann die Frage; “Wofür haltet ihr sie, für Götter oder für irgendein anderes Geschlecht?” und klagt uns dann, wie wenn wir geantwortet hätten, mit den Worten an: **" Für ein anderes Geschlecht, wie es scheint, für Dämonen1275 .“** Wir wollen auch  diese Stelle betrachten. Denn bekanntlich”sprechen wir" auch “von Engeln”, welche dienstbare Geister" sind, “abgesandt zu Diensten um derer willen, die das Heil ererben sollen”1276 , und lehren, dass sie teils aufsteigen und die Anliegen der Menschen in den reinsten himmlischen Räumen der Welt oder in den noch reineren überhimmlischen zu Gott emportragen, teils wieder von dort herabsteigen und einem jeden nach seiner Würdigkeit etwas von den Wohltaten bringen, womit Gott den Menschen zu dienen befohlen hat. Diese nun, die wir nach ihrer Tätigkeit “Engel” zu nennen gewohnt sind, diese finden wir, weil sie göttlich sind, in den heiligen Schriften auch einmal als “Götter”1277 bezeichnet, aber nicht so, dass uns vorgeschrieben würde, die dienenden1278 , die uns die Aufträge Gottes überbringen, an Stelle Gottes zu verehren und anzubeten. Denn alle “Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen”1279 müssen dem allmächtigen Gott durch den über alle Engel erhabenen Hohenpriester1280 , der lebendiges Wort und Gott ist, dargebracht werden. Wir werden aber auch das Wort selbst bitten und ihm anliegen und danksagen und zu ihm beten, wenn wir zwischen dem rechtmäßigen Gebrauch und dem Mißbrauch des Gebetes richtig zu unterscheiden vermögen.

 

5.

 

Denn „Engel“ anzurufen, ohne die über Menschenkraft gehende Kenntnis von ihnen erlangt zu haben, würde der Vernunft widersprechen. Setzen wir aber auch den Fall, diese ganz wunderbare und geheimnisvolle Kenntnis wäre von uns gewonnen, so würde diese Kenntnis, die uns darlegt, wie jene Wesen beschaffen, und mit welchen Aufgaben die einzelnen betraut sind, nicht gestatten, an einen andern vertrauensvoll unsere Gebete zu richten als an den allmächtigen  Gott, der alles gewähren kann, und zwar durch unsern Heiland, den Sohn Gottes, der das Wort1281 und die Weisheit1282 und die Wahrheit1283 und alles das ist, was die Schriften der Propheten Gottes und der Apostel Jesu sonst von ihm aussagen. Dazu aber, dass die heiligen Engel Gottes uns gnädig sind und alles für uns tun, genügt1284 unser Verhalten gegen Gott, wenn wir, soweit es menschlicher Natur möglich ist, das Beispiel nachahmen, das jene uns geben, die ihrerseits Gott zum Vorbild nehmen, und1285 - soweit dies für uns erreichbar ist - die richtige Stellung zu seinem Sohn, dem Wort, wenn sie der genaueren Auffassung der heiligen Engel über ihn nicht widerspricht, sondern ihr täglich an Genauigkeit und Klarheit näher zu kommen bestrebt ist. Weil aber Celsus unsere heiligen Schriften nicht gelesen hat, so gibt er sich an unserer Stelle diese Antwort: „Ein anderes Geschlecht“ seien nach unserer Angabe „die Engel“, welche von Gott herabsteigen, um den Menschen Gutes zu erweisen, und behauptet, dass diese, „wie es schiene“, von uns als „Dämonen“ bezeichnet werden würden. Es entgeht hier unserem Gegner, dass der Name „Dämonen“ gar nicht etwas Mittleres bezeichnet, wie der Name „Mensch“, von denen einige rechtschaffen sind und andere böse, noch auch etwas Gutes, wie das der Name „Götter“ ist, der nicht bösen Dämonen oder Götterbildern oder Tieren, sondern den wahrhaft göttlichen und seligen Wesen von denen beigelegt wird, welche eine Kenntnis von dem Wesen Gottes haben. Immer aber wird der Name „Dämonen“ auf jene bösen Mächte, die keinen so groben Leib haben, angewendet, auf jene Mächte, die die Menschen in die Irre führen und1286 abwendig machen und von Gott und den überhimmlischen Dingen zu den irdischen Angelegenheiten herabziehen.

 

6.

 

Celsus spricht sicht hierauf über die Juden in folgender Weise aus: „ Zuerst muß man sich nun  über die Juden wundern, wenn sie zwar den Himmel und die Engel, die in diesem wohnen, verehren, dagegen die ehrwürdigsten und machtvollsten Teile des Himmels, nämlich die Sonne, den Mond und die andern Sterne, Fixsterne sowohl wie Planeten, übergehen: als ob es möglich wäre, dass das ganze ein Gott sei, seine Teile aber nicht göttlich, oder als ob es anginge, denjenigen ehrfurchtsvoll zu dienen, von denen man sagt, dass sie sich irgendwo im Dunkeln infolge von unrechtmäßiger Zauberei an Leute, die mit Blindheit geschlagen sind oder unklare Traumbilder haben, herandrängen, dagegen diese Wesen, die allen Menschen so klare und deutliche Prophezeiungen geben, unter deren Verwaltung Regen und Hitze und Wolken und der Donner, den sie anbeten, und Blitze und Früchte und alle Erzeugnisse stehen, diese Wesen, denen sie die Erkenntnis Gottes verdanken, diese offenbarsten Herolde der überirdischen Dinge, diese wahrhaft himmlischen Boten, diese für nichts zu halten.“ Wie mir scheint, ist Celsus hier ganz unklar und hat nur vom Hörensagen her Dinge, die er nicht wußte, aufgezeichnet. Denn wer die Lehren der Juden prüft und die der Christen mit jenen verbindet, dem ist es klar, dass die Juden, die dem Gesetze folgen, nichts anderes verehren als den allmächtigen Gott, der den Himmel und alle andern Dinge gemacht hat1287 .

 

Denn in diesem Gesetze spricht Gott also zu ihnen: „Du sollst keine andern Götter außer mir haben! Du sollst dir kein Bild machen noch irgendein Gleichnis von allem, was im Himmel oben und was auf der Erde unten und was unter der Erde im Wasser ist! Du sollst sie nicht anbeten noch  ihnen dienen!“1288 . Es ist aber klar, dass die nach dem Gesetze lebenden Juden, wenn sie den Schöpfer des Himmels verehren, nicht mit Gott zugleich auch „den Himmel“ verehren wollen. Aber auch „die Engel, die in dem Himmel wohnen“, wird keiner anbeten, der dem mosaischen Gesetze dient. So wenig sie „die Sonne, den Mond und die Sterne“, „den Schmuck des Himmels“, anbeten, ebensowenig „beten sie den Himmel und die Engel, die in dem Himmel wohnen“, an, dem Gesetze gehorsam, welches sagt: „Und dass du nicht, wenn du deine Augen zum Himmel erhebest und die Sonne schauest und den Mond und die Sterne, den ganzen Schmuck des Himmels, dich irrest und sie anbetest und ihnen dienest, welche der Herr, dein Gott allen Völkern zugeteilt hat“1289 .

 

7.

 

Indessen nimmt Celsus auf eigene Faust als erwiesen an, dass die Juden „den Himmel für einen Gott“ hielten, tadelt sie, dass sie „den Himmel anbeten“, nicht aber auch „die Sonne, den Mond und die Sterne“, und fügt hinzu, es sei ungereimt, dass dies die Juden täten, „als ob es möglich wäre, dass das Ganze [ein Gott] sei, seine Teile aber nicht göttlich“. Unter dem Ganzen versteht er, wie es scheint, „den Himmel“, unter den Teilen des Ganzen aber „Sonne, Mond und Sterne“. Nun bezeichnen aber weder Juden noch Christen deutlich „den Himmel“ als „Gott“. Aber mag man auch zugeben, dass, wie er meint, von den Juden „der Himmel als Gott“ bezeichnet würde, mögen auch „Sonne, Mond und Sterne Teile des Himmels“ sein - was ja nicht ganz wahr ist; denn auch die Tiere und Pflanzen auf Erden sind nicht „Teile“ der Erde -; woher ist es nun auch nach Ansicht der Griechen wohlbegründet, dass, wenn ein Ganzes Gott ist, dann auch schon seine Teile göttlich sind? Offenbar ist es nun, dass die Griechen die Welt in ihrer Gesamtheit als „Gott“ bezeichnen, und zwar die Stoiker als den ersten Gott, die Platoniker als den  zweiten, und wieder andere von ihnen als den dritten. Sind nun nach der Meinung solcher Philosophen, da das Ganze, die Welt, „Gott“ ist, auch schon ihre Teile göttlich, so dass nicht nur die Menschen, sondern auch alle die unvernünftigen Tiere und außer diesen selbst die Pflanzen als „Teile der Welt göttlich“ wären? Wenn nun aber auch die Berge und die Flüsse und die Meere Teile der Welt sind, müssen denn, weil die ganze Welt „Gott“ ist, auch schon die Flüsse und die Meere „Götter“ sein? Aber auch dies werden die Griechen nicht behaupten wollen, sondern sie dürften wohl die Aufseher über die Flüsse und Meere - wenn diese etwa Dämonen oder Götter sind, wie jene sie nennen - als „Götter“ bezeichnen.

Die allgemeine Behauptung des Celsus, „wenn ein Ganzes Gott sei, so seien durchaus auch dessen Teile göttlich“, ist auch nach der Ansicht jener Griechen, die die Lehre von der Vorsehung annehmen, falsch. Es ergibt sich aus den Worten des Celsus, dass, wenn die Welt „Gott“ ist, alle Dinge in ihr als Teile der Welt „göttlich“ seien. Nach dieser Ansicht wären dann auch die Tiere göttlichen Wesens, Fliegen und Holzwürmer und Regenwürmer und alle Arten von Schlangen, aber auch von Vögeln und Fischen; das werden nicht einmal diejenigen behaupten, nach deren Lehre die Welt „Gott“ ist. Die Juden [aber], die nach dem Gesetze des Moses leben, werden, wenn sie auch den in dunkle Worte gehüllten Sinn des Gesetzes, der etwas Geheimnisvolles anzeigt, nicht richtig aufzufassen vermögen, darum doch weder „den Himmel“ noch „die Engel“ für „Gott“ erklären.

 

8.

 

Wir behaupteten, Celsus sei hier ganz unklar, da er einige Dinge vom Hörensagen her falsch verstanden habe. Deshalb wollen wir nun die Dinge, so gut wir es könne, ergründen und dartun, dass, wenn Celsus „die Anbetung des Himmels und der in ihm wohnenden Engel“ für jüdischen Brauch hält, ein solcher Brauch  nicht nur nicht jüdisch, sondern dem Judentum im Gegenteil ebenso zuwider ist, wie „die Anbetung von Sonne, Mond und Sternen“ und von Götterbildern. Man wird z.B., besonders bei Jeremia Stellen finden, wo der Geist Gottes durch den Propheten das jüdische Volk tadelt, dass es solche Dinge anbete und „der Königin des Himmels“ und „dem ganzen Heere des Himmels“ Opfer darbringe1290 . Aber auch die Schriften der Christen, welche die von den Juden begangenen Sünden erwähnen, berichten ganz klar, dass, als Gott jenes Volk wegen gewisser Sünden verlassen habe, auch solche Sünden von ihm begangen worden seien. In der Apostelgeschichte: „Gott aber wandte sich ab und gab sie dahin, dem Heere des Himmels zu dienen, wie geschrieben steht im Buche der Propheten1291 : Habt ihr denn mir Schlachttiere und Opfer gebracht in der Wüste vierzig Jahre, Haus Israel? Und ihr truget das Zelt des Moloch und den Stern des Gottes Romphan, die Bilder, die ihr gemacht, sie anzubeten“1292 . Bei Paulus aber, der in den jüdischen Gebräuchen gründlich unterrichtet und später durch eine wunderbare Erscheinung Jesu zum christlichen Glauben bekehrt worden war, liest man folgendes in seinem Briefe an die Kolosser: „Niemand soll euch um den Kampfpreis bringen, der es erstrebt mit Demut und Dienst der Engel, sich brüstend mit Dingen, die er geschaut hat, grundlos aufgeblasen von seines Fleisches Sinn, und nicht ergreift das Haupt, von dem aus der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder gestützt und zusammengehalten, vorwärts kommt im Wachstum Gottes“1293 . Dies hat Celsus weder gelesen noch kennen gelernt und kommt so merkwürdigerweise zu der Darstellung, „die Juden beteten den Himmel und die in ihm wohnenden Engel an“, ohne damit ihr Gesetz zu verletzten.

 

9.

 

In demselben Irrtum befangen und nicht bemüht, in die vorliegende Sache Einsicht zu gewinnen, kam  Celsus zu seiner Meinung, die Juden seien von den Beschwörungsformeln bei Gaukeleien und Zaubereien veranlaßt worden, infolge einiger Erscheinungen, die die Beschwörer bei ihren Zaubersprüchen hatten, „die im Himmel wohnenden Engel anzubeten“. Es entging ihm, dass, wer dies tat, ebenfalls gegen das Gesetz verstieß, welches lautet: „Ihr sollt nicht Wahrsagern folgen, und den Beschwörern sollt ihr nicht anhangen, um nicht an ihnen verunreinigt zu werden! Ich bin der Herr, euer Gott!“1294 . Wenn Celsus also bemerkte, dass die Juden das Gesetz beobachteten, und wenn er ihnen das Zeugnis gab, dass sie nach dem Gesetze lebten, so durfte er entweder dies den Juden überhaupt nicht vorwerfen, oder wenn er diesen Vorwurf gegen sie erhob, so hätte er darlegen sollen, dass solches diejenigen Juden taten, die dem Gesetze zuwider handelten. Und ferner, wie diejenigen das Gesetz übertreten, „die den in der Finsternis wirkenden Wesen auch mittels Zauberei dienen, wobei sie mit Blindheit geschlagen sind und infolge von unklaren Erscheinungen träumen, indem sie die anbeten, die sich gerade an solche herandrängen sollen“: ebenso verletzen auch jene gar sehr das Gesetz, die „Sonne, Mond und Sterne“ mit Opfern ehren. Und so konnte eine und dieselbe Person gar nicht behaupten, die Juden hüteten sich davor, „Sonne, Mond und Sterne anzubeten“, und wieder, sie scheuten sich nicht, „Himmel und Engel“ göttlich zu verehren.

 

10.

 

Wenn wir uns aber, da wir nicht in gleicher Weise “Engel und Sonne und Mond und Sterne anbeten” gegen den Vorwurf verteidigen müssen, dass wir nicht einmal die von den Griechen als offenbare und sichtbare Götter bezeichneten Wesen anbeteten, so werden wir zur Antwort geben: Das Gesetz des Moses weiß, dass diese Wesen von Gott “allen Völkern unter dem Himmel” zugeteilt worden sind1295 , aber nicht auch  denjenigen, die gegenüber allen Völkern auf Erden von Gott zu seinem auserwählten Erbe erkoren wurden1296 . Es steht nämlich in dem Buche Deuteronomium geschrieben: “Und dass du nicht, wenn du deine Augen zum Himmel erhebest und die Sonne schauest, und den Mond und die Sterne, den ganzen Schmuck des Himmels, dich irrest und sie anbetest und ihnen dienest, welche der Herr, dein Gott, allen Völkern, die unter dem ganzen Himmel sind, zugeteilt hat! Uns aber hat der Herr Gott genommen und hat uns herausgeführt aus dem eisernen Brennofen, aus Ägypten, dass wir ihm ein Volk seines Eigentums würden, wie es jetzt ist”1297 . Es ist also das hebräische Volk von Gott genannt ein “auserwähltes Geschlecht”, eine “königliche Priesterschaft”, ein “heiliger Stamm”, ein “Volk zum Eigentum”1298 , über das dem Abraham durch die Stimme des Herrn verkündigt wurde: “Schaue zum Himmel empor und zähle die Sterne, wenn du sie ganz zählen kannst. Und er sprach zu ihm: So soll dein Same sein”1299 . Dieses Volk, das die Hoffnung hatte, so zahlreich zu werden wie die Sterne am Himmel, war nicht in der Lage, die Geschöpfe anzubeten, denen es durch Verständnis und Beobachtung des Gesetzes Gottes1300 ähnlich werden sollte.

Denn es ist zu ihnen gesagt: “Der Herr, euer Gott, hat euch gemehret, und siehe, ihr seid nun an Menge wie die Sterne des Himmels”1301 . Und bei Daniel steht eine solche Weissagung über die Vorgänge bei der Auferstehung: “Und zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buche1302 aufgezeichnet sind. Und viele von denen, die im Schoß der Erde schlafen, werden aufgeweckt werden, diese zum ewigen Leben, jene zur ewigen Schmach und Schande. Die Weisen aber werden leuchten wie der Glanz der Himmelsfeste, und von den vielen Gerechten1303 wie die Sterne auf immer und ewig”1304 .  Diese Stelle hat Paulus in seinen Ausführungen über die Auferstehung benutzt, wo er sagt: “So gibt es himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen, eine andere die irdischen. Eine andere Herrlichkeit ist bei der Sonne, eine andere Herrlichkeit beim Monde, eine andere Herrlichkeit bei den Sternen, denn ein Stern ist von dem andern verschieden an Herrlichkeit. So ist es auch mit der Auferstehung der Toten”1305

Demnach lag kein Grund vor, dass Leute, die belehrt worden waren, sich über alle Geschöpfe gewaltig zu erheben und als Belohnung eines tugendhaften Wandels von Gott das Beste für sich zu erhoffen, dass Leute, die das Wort gehört hatten: “Ihr seid das Licht der Welt”1306 und wieder: “So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, auf dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen”1307 , dass Leute, die sich bemühten die strahlende und unbefleckte Weisheit1308 zu besitzen, oder sie bereits erlangt hatten “als Abglanz ewigen Lichtes”1309 , dass diese sich von dem sichtbaren Lichte der Sonne, des Mondes und der Sterne in solchem Grade hätten blenden lassen sollen, dass sie sich wegen des sichtbaren Lichtes jener trotz des Besitzes eines so großen geistigen “Lichtes der Erkenntnis”1310 , und des wahren Lichtes“1311 und”des Lichtes der Welt“1312 und”des Lichtes der Menschen“1313 für geringere Wesen hielten und jene anbeteten. Hätten diese wirklich angebetet werden müssen, so mußte das geschehen nicht wegen ihres sichtbaren Lichtes, das die große Menge anstaunt, sondern vielmehr wegen ihres geistigen und wahren Lichtes, wenn anders auch die  Sterne am Himmel vernünftige und sittliche Wesen sind und erleuchtet mit”dem Lichte der Erkenntnis“1314 durch jene Weisheit, die”ein Abglanz ewigen Lichtes" ist1315 . Denn dieses ihr sichtbares Licht ist ein Werk des Schöpfers aller Dinge, während das geistige vielleicht ihr eigener Besitz ist und aus dem freien Willen stammt, der in ihnen wirksam ist.

 

11.

 

Aber nicht einmal dieses1316 Licht darf Gegenstand der Anbetung für denjenigen sein, der “das wahre Licht”1317 schaut und kennt, durch dessen Mitwirkung wohl auch diese Gestirne erleuchtet werden, noch auch für denjenigen, der Gott, den Vater des wahren Lichtes, schaut, von dem es in der Schrift so schön heißt: “Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm”1318 . Und wie jene Leute, die “die Sonne und den Mond und die Sterne” deshalb “anbeten”, weil sie sichtbares und himmlisches Licht sind, einen Feuerfunken oder auch eine Lampe auf Erden nicht anbeten würden, da sie sähen, dass das Licht der Funken oder der Lampe mit dem Lichte jener herrlichen Gestirne, die sie für anbetungswürdig erachten, nicht verglichen werden können: so dürften wohl auch diejenigen, die eingesehen haben, wie “Gott das Licht ist”1319 , die begriffen haben, wie der Sohn Gottes “wahres Licht ist, das einen jeden Menschen erleuchtet, der in die Welt kommt”1320 , die es auch verstehen, wie dieser sagt: “Ich bin das Licht der Welt”1321 , nicht wohl mit Grund das Licht in “Sonne. Mond und Sternen” anbeten, das im Vergleich zu Gott, dem Licht, gleichsam nur einen kleinen Funken wahren Lichtes darstellt.

 Wir wollen nun diese so herrlichen Werke Gottes nicht mißachten noch auch mit Anaxagoras behaupten, die Sonne, der Mond und die Sterne seien “eine feurige Masse”, wenn wir in solcher Weise von Sonne, Mond und Sternen reden; wir tun das vielmehr, weil wir empfinden, dass die unaussprechliche Erhabenheit und Hoheit Gottes und seines eingeborenen Sohnes alles andere übertrifft. Und überzeugt, dass die Sonne selbst und der Mond und die Sterne dem allmächtigen Gott durch seinen eingeborenen Sohn ihre Gebete darbringen, urteilen wir, dass man zu solchen Wesen nicht beten dürfe, die selbst Gebete darbringen. Denn sie wollen uns ebenfalls vielmehr zu Gott, zu dem sie beten, emporheben, als zu sich herabziehen oder unsere Gebetskraft von Gott abtrennen und an sich [reißen].

Hierfür möchte ich an dieser Stelle auch folgendes Beispiel anführen. Als unser Herr und Heiland einmal mit den Worten “Guter Lehrer”1322 angeredet wurde, da verwies er den, der dieses sagte, an seinen Vater und sprach: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut außer dem einen Gott, dem Vater“1323 . Wenn nun der Sohn”der Liebe" des Vaters1324 , der doch “das Ebenbild der Güte Gottes” ist1325 , dies mit Recht gesagt hat, sollte da nicht die Sonne mit noch größerem Rechte zu ihren Anbetern also sprechen: Was fällst du vor mir nieder? “Denn du sollst vor dem Herrn deinem Gott niederfallen und ihm allein dienen”1326 ; er wird auch von mir und allen meinen Genossen angebetet und verehrt. Und ist einer auch nicht so groß und erhaben, so muß ein solcher dennoch zu dem Worte Gottes beten, das ihn heilen kann, und noch vielmehr zu seinem Vater, der auch zu den Gerechten der Vorzeit “sein Wort aussandte und sie heilte und aus ihrem Verderben errettete”1327

 

12.

 

 Wenn also Gott in seiner Güte zu den Menschen herabsteigt, so geschieht dieses nicht räumlich, sondern fürsorglich; und der Sohn Gottes war nicht nur damals1328 , sondern ist immerdar bei seinen Jüngern und erfüllt so seine Verheißung: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt“1329 . Und wie „die Ranke nicht Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstocke bleibt“ so können offenbar auch die Jünger des Wortes, die geistigen Ranken des wahren Weinstockes, nämlich des Wortes, die Früchte der Tugend nicht bringen, wenn sie nicht an dem wahren Weinstock bleiben1330 , dem Gesalbten Gottes, der bei uns, die wir räumlich unten auf Erden weilen, zugegen ist, der überall bei denen ist, die fest an ihm hangen, und auch schon überall bei denen, die ihn nicht kennen. Das sagt uns Johannes der Evangelist, wo er die Worte Johannes des Täufers anführt, welcher spricht: „Mitten unter euch steht er, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt“1331 . Wenn also der, welcher den Himmel und die Erde erfüllt, welcher sagt: „Erfülle ich nicht den Himmel und die Erde? spricht der Herr“1332 , bei uns ist und in unserer Nähe weilt - denn ich glaube seinen Worten, wenn er sagt: „Ich bin ein Gott, der nahe, nicht ein Gott, der ferne ist, spricht der Herr“1333 -, so wäre es unvernünftig, wollten wir zu der Sonne beten, die nicht einmal überallhin dringt, oder zu dem Mond oder zu irgendeinem von den Sternen.

Es mag sein, dass „Sonne, Mond und Sterne“, um mich der eigenen Worte des Celsus zu bedienen, „Regen und Hitze und Wolken und Donner zum voraus verkünden“; muß man aber nicht dann, wenn sie solche Dinge voraussagen, Gott, in dessen Dienst sie es tun, eher und mehr anbeten und verehren als seine Propheten? Es mag auch wahr sein, dass sie „Blitze und Früchte und alle Erzeugnisse ankünden“,und dass sie  alle solche Dinge „in ihrer Verwaltung haben“; wir werden sie aber deshalb doch nicht anbeten, sie, die selbst anbeten, auch nicht den Moses und die Propheten, die nach ihm von Gott gesandt, weit bessere Dinge voraussagten als „Regen und Hitze und Wolken und Donner und Blitze und Früchte und alle die ErzeuGenisse“, die unsere Sinne wahrnehmen. Aber wenn auch „Sonne, Mond und Sterne“ bessere Prophezeiungen zu verkündigen haben als „Regengüsse“, so werden wir auch so diese Gestirne nicht anbeten, sondern den Vater und Urheber ihrer Weissagungen und das Wort Gottes, das zu ihrer Vermittlung dient.

Gesetzt auch, sie seien Gottes „Herolde“ und „wahrhaft himmlische Boten“: sind wir denn nicht auch in diesem Falle verpflichtet, Gott allein, den sie verkünden und ankünden, eher anzubeten als seine „Herolde und Boten“?

 

13.

 

Willkürlich aber behauptet Celsus, dass wir „Sonne, Mond und Sterne für nichts achteten“. Denn was sie betrifft, so stimmen wir darin überein, dass auch sie „die Offenbarung der Söhne Gottes“ erwarten,„der Vergänglichkeit“ ihrer irdischen Körper in der Gegenwart unterworfen, „um deswillen, der sie auf Hoffnung hin unterworfen hat“1334 . Hätte Celsus von den unzähligen andern Stellen, die unsere Lehre von „Sonne, Mond und Sternen“ enthalten, auch diese gelesen: „Preiset ihn alle Gestirne und das Licht!“, und diese: „Preiset ihn, ihr Himmel der Himmel!“1335 , so würde er von uns nicht behauptet haben, wir lehrten, diese herrlichen Geschöpfe, von denen Gott in erhabener Weise gepriesen wird, seien „nichts“. Celsus kennt auch diese Stelle nicht: „Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn der Vergänglichkeit wurde die Schöpfung unterworfen, nicht freiwillig, sondern um deswillen, der sie unterwarf auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst von der Knechtschaft der Verwesung soll befreit werden zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“1336 .

 Unsere Rechtfertigung gegenüber1337 , dass wir „Sonne, Mond und Sterne nicht verehrten“, mag hiermit abgeschlossen sein. Wir wollen aber auch seine folgenden Worte mitteilen, um dann hierauf, so Gott will, das zu erwidern, was uns von „dem Lichte der Wahrheit“1338 eingegeben werden wird.

 

14.

 

Die Worte des Celsus lauten also: **„ Töricht ist auch ihr Glaube, dass, wenn Gott einmal wie ein Koch das Feuer herangebracht hätte, das ganze übrige Menschengeschlecht ausgebrannt werden würde, sie dagegen allein fortbestehen würden, und zwar nicht nur die Lebenden, sondern auch die längst schon Gestorbenen; diese würden wieder aus der Erde hervorkommen, bekleidet mit dem nämlichen Fleische wie früher. Es ist das eine Hoffnung, die geradezu für Würmer passend ist. Denn welche menschliche Seele dürfte sich wohl noch nach einem verwesten Leibe sehnen? Ist doch diese Lehre nicht einmal bei einigen von euch1339 , auch nicht bei den Christen allgemein anerkannt; und wie sie ganz abscheulich und verwerflich ist, so kann sie auch unmöglich bewiesen werden. Denn welcher völlig zerstörte Leib wäre wohl imstande, zu seiner ursprünglichen Beschaffenheit und zu eben jenem ersten Zustand, aus dem er gelöst wurde, zurückzukehren? Da sie hierauf nichts zu antworten wissen, so behelfen sie sich mit der höchst abgeschmackten Ausflucht, dass für Gott alles möglich wäre1340 . Aber das Häßliche vermag Gott gar nicht zu tun, und das  Naturwidrige will er nicht tun. Würdest du also auch in deiner Verworfenheit etwas Abscheuliches begehren, so wird Gott das nicht gewähren können, noch darf man glauben, dass der Wunsch sofort in Erfüllung gehen werde. Denn Gott ist nicht Urheber der lasterhaften Begierde, auch nicht der irreführenden Unsittlichkeit, sondern Urheber der wahren und gerechten Natur. Und für die Seele könnte er wohl ewiges Leben gewähren; ‘die Leichname aber’, sagt Heraklit, ‘sind eher wegzuwerfen als Mist’. Das Fleisch nun, voll von Dingen, die man anständigerweise nicht nennen kann, wider die Vernunft als ewig darzustellen, wird Gott weder willens noch imstande sein. Denn er selbst ist die Vernunft alles Seienden; er kann daher nichts tun, was der Vernunft oder seinem eigenen Wesen widerspricht“.

 

15.

 

Man beachte da zunächst, wie er hier die Lehre von einer Verbrennung der Welt verspottet und schmäht, die doch auch von einigen namhaften griechischen Philosophen verteidigt wird. Wir sollen nach ihm Gott gleichsam zu einem „Koche“ machen, wenn wir eine Weltverbrennung lehren. Er sieht dabei nicht, dass, wie einige Griechen annahmen - vielleicht hatten sie diese Meinung von dem uralten Volke der Hebräer entlehnt -, „das Feuer“ „zur Reinigung“ an die Welt gelegt wird, natürlich aber auch an jeden, der einer durch das Feuer zu vollziehenden Strafe und zugleich Heilung bedarf; ein Feuer, das diejenigen brennt, aber  nicht verbrennt, an welchen kein Stoff mehr vorhanden ist, der von jenem Feuer verzehrt werden müßte, das aber diejenigen brennt und verbrennt, die das bildlich so genannte Gebäude ihrer Handlungen, Worte und Gedanken mit „Holz, Heu oder Stroh“ aufgeführt haben1341 . Es sagen aber die heiligen Schriften, dass der Herr „wie Feuer eines Schmelzofens und wie Kraut von Wäschern“1342 alle heimsuchen werde, die es nötig haben, da ihnen gleichsam ein schlechter Stoff, der aus ihrer Sündhaftigkeit herstammt, beigemischt ist, für die, sage ich, das Feuer nötig ist, das sie gleichsam von dem „Erz und Zinn und Blei“ reinigt1343 , das ihnen anhaftet. Und dies kann jeder, der will, von dem Propheten Ezechiel lernen1344

Dass wir aber nicht sagen, „Gott bringe das Feuer wie ein Koch heran“, sondern wie ein Gott, der denen wohltut, die der mühevollen Läuterung durch das Feuer bedürfen, das wird uns auch der Prophet Jesaja bezeugen, bei dem wir folgende Worte lesen, die an ein sündhaftes Volk gerichtet sind: „Denn du hast Feuerkohlen, um dich an ihnen niederzusetzen, sie werden dir Hilfe sein“1345 . Da aber der Geist das für die große Masse der künftigen Leser der Schrift Passende zubereiten will, so spricht er deshalb weise von furchtbaren Dingen in dunklen Ausdrücken, um diejenigen einzuschüchtern, die sich nicht anders von der Fülle ihrer Sünden befreien und bekehren können. Indessen wird der gute Beobachter auch so leicht den Zweck herausfinden, den diese furchtbaren und schrecklichen Dinge bei den davon betroffenen Menschen erreichen sollen. Es genügt für jetzt, wenn wir diese Stelle aus Jesaja anführen: „Meines Namens wegen will ich dir meinen Grimm zeigen und meinen Ruhm will ich über dich heranführen, dass ich dich nicht zerstöre“1346 . Wir waren genötigt, das für die einfacheren Gläubigen, die einer einfacheren  Ausdrucksweise bedürfen, nicht Passende nur dunkel anzudeuten; wir wollen uns nämlich nicht den Anschein geben, als hätten wir die Anklage des Celsus: „Wenn Gott einmal wie ein Koch das Feuer heranbringt“ unwiderlegt gelassen.

 

16.

 

Aus dem Gesagten werden verständige Zuhörer klar erkennen, wie wir auch auf diese Worte zu erwidern haben: " Das ganze übrige Menschengeschlecht würde ausgebrannt werden, sie dagegen würden allein fortbestehen. Es darf nicht wundernehmen, wenn sich solche Ansichten bei denjenigen unter uns finden, die von der Schrift “das Törichte der Welt” genannt werden und “das Unedle, das Verachtete, das Nichtseiende”1347 , welche “Gott durch die Torheit der Verkündigung zu retten beschlossen hat als die an ihn Glaubenden, da in der Weisheit Gottes die Welt Gott nicht erkannte durch die Weisheit”1348 , Leute, die nicht imstande sind, den Sinn der Schriftstellen zu durchdringen, auch keine Mühe auf die Erforschung der Schrift verwenden wollen, obwohl doch Jesus sagt: “Forschet in den Schriften”1349 ;1350 wenn sie zu solchen Vorstellungen von “dem Feuer, das Gott herabbringt”, und von dem, was den Sündern droht, gekommen sind. Und wie es sich für die Kinder schickt, dass man ihnen nur Dinge sagt, die ihrem zarten Alter angemessen sind, um sie als ganz unmündige Kinder auf den Weg der Tugend zu bringen: so paßt wohl auch für die von der Schrift als “Törichte der Welt” und als “Unedle und Verachtete” bezeichneten Christen1351 die buchstäbliche Auffassung der von den Strafen handelnden Stellen, da sie sich nicht auf andere Weise zu bekehren und von den vielen Sünden zu befreien verstehen, als wenn sie durch Furcht und die Vorstellung von Strafen dazu veranlaßt sind.

Die Schrift sagt nun, dass nur diejenigen von dem Feuer  und den Strafen verschont bleiben werden, die in ihrem Glauben, in ihrem Wandel und in ihrer Gesinnung im hohen Grade rein und lauter sind, während dagegen die anders Gearteten, die nach ihrem Verschulden der durch Feuerstrafen ausgeübten Zucht bedürfen, von diesen zu einem bestimmten Zweck betroffen werden, den Gott passenderweise bei denen verfolgt, die “nach seinem Bilde”1352 gemacht worden sind und doch wider den Plan der “nach seinem Bilde”1353 Natur gelebt haben. Das ist nun unsere Antwort auf die Behauptung des Celsus,1354" dass das ganze übrige Menschengeschlecht ausgebrannt werden würde, sie dagegen allein fortbestehen würden".

 

17.

 

Celsus muß dann entweder die heiligen Schriften mißverstanden oder auf solche Leute gehört haben, die den Sinn der heiligen Schriften nicht verstehen, wenn er fortfährt: „Wir lehrten, dass wir zu der Zeit, wenn dereinst der Welt durch Feuer Reinigung gebracht würde, allein fortbestehen würden, und zwar nicht nur die Lebenden, sondern auch die längst schon Gestorbenen“. Er hat nicht bemerkt, dass eine gewisse geheimnisvolle Weisheit in diesen Worten des Apostels Jesu enthalten ist: „Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden in einem Nu, in einem Augenblick, bei dem letzten Trompetenstoß, denn die Trompete wird ertönen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden“1355 . Celsus hätte erwägen sollen, mit welcher Absicht der Sprecher diese Worte, der doch nicht tot war, sich und die Lebenden von den Toten unterschied und deshalb den Worten: „und die Toten werden auferweckt werden unverweslich“ hinzufügte: „Und wir werden verwandelt werden“. Zur Bekräftigung meiner  Behauptung aber, dass der Apostel ungefähr diese Gedanken gehabt habe, als er die von mir aus dem ersten Brief an die Korinther angeführten Worte niederschrieb, will ich auch noch die Stelle aus dem ersten Brief an die Thessalonicher mitteilen, in welcher Paulus von sich als von einem Lebenden und Wachenden spricht, der den Entschlafenen nicht angehört. Er schreibt da: „Denn das sagen wir euch mit einem Worte des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen nicht zuvorkommen werden; denn der Herr selbst wird, sobald der Ruf ergeht und die Stimme des Erzengels und die Trompete Gottes ertönt, vom Himmel herabsteigen“1356 . Dann wiederum im folgenden fügt der Apostel, da er die Toten in Christus von sich und den ihm Gleichen unterscheidet, diese Worte hinzu: „Die Toten in Christus werden zuerst auferstehen, dann werden wir, die noch leben und übrig geblieben sind, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft“1357 .

 

18.

 

Celsus hält sich länger dabei auf, die Lehre von der Auferstehung des Fleisches, die in unsern Gemeinden verkündigt und von dem gebildeten Teile der Gläubigen mit tieferem Verständnis erfaßt wird, zu verspotten. Es ist nicht notwendig, seine Worte noch einmal anzuführen, da dies bereits geschehen ist. Da wir nun eine Verteidigungsschrift gegen einen Feind unseres Glaubens schreiben, so wollen wir wegen der noch “unmündigen” Christen, die “hin und her geschaukelt und von jedem Winde der Lehre hin und her getrieben werden im Trugspiel der Menschen zu dem Kunstgriff der Irrlehre”1358 , auch über diesen Punkt mit Rücksicht auf unsere künftigen Leser, soweit es unsere Kräfte erlauben, einige Gedanken anführen und darlegen. Weder wir  selbst also noch die heiligen Schriften lehren, dass “die längst Gestorbenen aus der Erde wieder hervorkommen” und zu neuem Leben erstehen werden “in dem nämlichen Fleische”, ohne dass dieses eine Umwandlung in einen besseren Zustand erfahren hätte. Celsus aber behauptet das und verleumdet uns damit. Denn wir kennen gar viele Stellen der Schrift, die von der Auferstehung so reden, wie es Gottes würdig ist. Für jetzt genügt es, die Worte des Paulus, aus seinem ersten Brief an die Korinther anzuführen, die so lauten: “Aber, wird jemand sagen, wie sollen denn die Toten auferstehen? Mit welchem Leibe sollen sie denn kommen? Du Tor! Was du säest, wird nicht lebendig, wenn es nicht gestorben ist. Und was du auch säest, so säest du nicht den Körper, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, etwa von Weizen oder von einer der übrigen1359 . Gott aber gibt ihm einen Körper, wie er gewollt hat, und einer jeden Samenart ihren besonderen Körper”1360 . Man beachte nämlich wohl, wie der Apostel mit diesen Worten sagt: “was gesät wird, sei nicht jener Körper, der werden soll”, sondern wie er betont, dass von dem gesäten und nackt auf die Erde geworfenen1361 , indem Gott einer jeden Samenart ihren besonderen Körper gibt", gleichsam eine Auferstehung erfolgt, so dass von dem auf die Erde geworfenen Samen bei solchen Pflanzen, wie beim Senf, ein Schößling ersteht oder ein noch größerer Baum beim Kern des Ölbaumes oder bei einem der1362 Fruchtbäume.

 

19.

 

“Gott gibt also einem jeden1363 einen Körper, wie er gewollt hat”1364 ; er tut das bei den ausgesäten Samen und ebenso bei den Menschen, die beim Sterben gleichsam ausgesät werden und zu geeigneter Zeit aus dem, was ausgesät wird, von Gott den Leib erhalten, der einem jeden nach seinem Verdienste gebührt. Wir hören aber auch, dass die Schrift uns ausführlich über  den Unterschied belehrt, der zwischen dem gleichsam Gesäten und dem gleichsam aus ihm Auferweckten besteht, wenn sie sagt:“Es wird gesät in Vergänglichkeit, auferweckt in Unvergänglichkeit. Es wird gesät in Unehre, auferweckt in Herrlichkeit. Es wird gesät in Schwachheit, auferweckt in Kraft. Es wird gesät ein seelischer Leib, auferweckt ein geistiger Leib”1365 . Wer es kann, mag ferner noch den Sinn dieser Worte erfassen: “Wie der Irdische ist, so sind auch die Irdischen; und wie der Himmlische, so auch die Himmlischen. Und wie wir das Bild des Irdischen getragen haben, so laßt uns auch das Bild des Himmlischen tragen!”1366 . Und obgleich der Apostel die Geheimnisse an dieser Stelle verbergen wollte, weil sie für die einfachen Gläubigen und das gemeine Verständnis derjenigen Leute ungeeignet sind, die1367 durch den Glauben zur Tugend geführt werden, so sah er sich doch später gezwungen, um zu verhindern, dass wir ihn mißverständen, seinen Worten: “Laßt uns das Bild des Himmlischen tragen”1368 noch die folgenden beizufügen: “Das aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben kann, noch erbt die Vergänglichkeit die Unvergänglichkeit”1369 . Er wußte wohl, dass diese Stelle etwas Geheimnisvolles und Mystisches enthält, und fügte deshalb, wie es sich für einen Mann ziemte, der seine ausgesprochenen Gedanken der Nachwelt schriftlich hinterlassen wollte, dann noch die Worte hinzu: “Siehe, ich sage euch ein Geheimnis”1370 . Diese Worte werden gewohnheitsgemäß bei tieferen und geheimnisvolleren Stellen hinzugefügt, die vor der großen Menge mit Recht verborgen werden. So steht ja auch im Buche Tobias geschrieben: “Das Geheimnis eines Königs zu verbergen ist schön”, aber “die Werke Gottes ruhmvoll zu offenbaren”1371 ist auch schön mit Rücksicht auf die Ehre1372 und das allgemeine  Wohl, wenn es wahrheitsgetreu und mit gehöriger Umsicht geschieht.

Unsere “Hoffnung” ist also nicht eine, die “für Würmer passend ist”; auch “sehnt sich unsere Seele” nicht “nach dem verwesten Leibe”. Wenn sie aber auch eines Leibes bedarf, um sich von einem Ort an einen anderen bewegen zu können, so kennt doch die um “Weisheit” bemühte Seele - nach dem Wort: “Der Mund des Gerechten wird um Weisheit bemüht sein”1373 - die Verschiedenheit des irdischen aufgelösten Hauses, in welchem die Hütte ist, und der Hütte, in der weilend die Gerechten bedrückt seufzen, indem sie nicht der Hütte entkleidet, sondern mit der Hütte überkleidet werden wollen, damit infolge der Überkleidung “das Sterbliche vom Leben verschlungen würde”1374 . Weil nämlich die ganze Natur des Leibes vergänglich ist, so “muß diese vergängliche Hütte Unvergänglichkeit anziehen”, und es muß der andere Teil von ihm, der “sterblich” ist und dem Tode, der eine Folge der Sünde ist, unterworfen, “Unsterblichkeit anziehen”, auf dass, wenn “das Vergängliche die Unvergänglichkeit, und das Sterbliche die Unsterblichkeit angezogen hat”, dann das eintritt, was von den Propheten längst vorausgesagt worden ist1375 , nämlich dass dem Tode der Sieg, den er über uns erfochten und durch den er uns unter seine Herrschaft gebracht hat, entrissen und sein “Stachel”" ihm genommen wird, mit welchem er die Seele verletzt, die nicht von allen Seiten geschützt ist, und ihr Wunden schlägt, die von der Sünde stammen.

 

20.

 

Unsere Ansichten über die Auferstehung sind hier, soweit es möglich war, wenigstens teilweise dargelegt worden; wir haben nämlich anderswo eine Schrift über die Auferstehung verfaßt und dort den Gegenstand ausführlicher untersucht. Jetzt ist es unsere Aufgabe,  die Meinung des Celsus hierüber auf ihre Berechtigung zu prüfen. Unser Gegner hat nämlich weder unsere heiligen Schriften verstanden, noch kann er beurteilen, dass man von Leuten, die nichts weiter als ihren Glauben an die christliche Lehre zu verkündigen wissen, eine richtige Schätzung der Absicht jener heiligen Männer nicht erwarten darf. Wir wollen also zeigen, dass Männer, die wegen ihrer tüchtigen Kenntnis der Logik und ihrer dialektischen Untersuchungen berühmt sind, recht ungereimte Behauptungen aufgestellt haben. Und wenn es Lehren gibt, die man als armselig und altweibermäßig verlachen muß, so sind dies weit mehr jene als die unseren.

Die Stoiker behaupten, dass nach Ablauf einer gewissen Anzahl von Jahren eine Verbrennung des Weltalls, und darauf eine Neuordnung der Welt stattfinde, in der alles im Vergleich mit der früheren Ordnung unverändert sei. Alle aber von ihnen, die vor dieser Lehre eine gewisse Scheu hatten, äußerten die Ansicht, es würde eine geringe und ganz unbedeutende Veränderung in der folgenden Periode gegenüber den Verhältnissen in der früheren Periode eintreten. Die Stoiker sagen nun, es würde in der späteren Periode dieselben Dinge wiederkehren, und Sokrates würde wieder der Sohn des Sophroniskos und Athener, und Phänarete würde wieder, mit Sophroniskos ehelich verbunden, seine Mutter sein. Wenn sie nun auch das Wort „Auferstehung“ nicht gebrauchen, so lehren sie doch in der Tat, Sokrates würde aus dem Samen des Sophroniskos wieder erstehen und im Schoß der Phänarete gebildet werden, würde in Athen seine Erziehung erhalten und dort dem Studium der Philosophie obliegen; so würde die frühere Philosophie gewissermaßen wieder aufleben und in gleicher Weise unveränderlich wie die frühere blühen. Auch Anytos und Meletos würden wieder als Ankläger des Sokrates erstehen, und der Rat auf dem Areiopag würde den Sokrates wieder zum Tode  verurteilen. Ferner würde, und das ist noch lächerlicher, Sokrates genau dieselben Kleider anziehen wie in der früheren Periode, und in ebenderselben Armut und in ebenderselben Stadt Athen wie in der früheren Periode leben. Auch Phalaris würde wieder den Tyrannen spielen, und sein ehener Stier würde, wenn dieselben Menschen wie in der vorhergehenden Periode zum Tode verurteilt wären, infolge des Wehgeschreies der Eingeschlossenen wieder brüllen. Auch Alexander von Pherai würde wieder den Tyrannen spielen und mit derselben Grausamkeit wie früher dieselben Menschen wie früher zum Tode verurteilen. Doch wozu sollte ich auf die von der stoischen Schule hierüber ausgebildete Lehre noch näher eingehen, die von Celsus nicht verspottet, sondern vielleicht sogar in Ehren gehalten wird, da Zeno in seinen Augen ein tieferes Wissen besitzt als Jesus?

 

21.

 

Ferner scheinen zwar die Anhänger des Pythagoras und des Plato die Unvergänglichkeit der Welt festhalten zu wollen, verfallen aber in ganz ähnliche Irrtümer. Da nämlich die Gestirne nach gewissen festgesetzten Perioden dieselben Lagen und Stellungen zueinander annehmen, so sagen sie, dass alle Dinge auf Erden sich in gleicher Weise verhielten wie damals, als die Gestirne dieselbe Lage und Stellung im Weltall einnahmen. Aus dieser Lehre folgt mit Notwendigkeit, dass, wenn die Gestirne nach einem langen Zeitabschnitt in dieselbe Stellung zueinander gekommen sind, die sie zu den Zeiten des Sokrates hatten, dann Sokrates wieder als Sohn derselben Eltern geboren werden und dasselbe erleiden wird, von Anytos und Meletos angeklagt und von dem Rat auf dem Areiopag zum Tode verurteilt. Auch die ägyptischen Gelehrten überliefern solche Ansichten, sind aber für Celsus und seine Genossen verehrungswürdig und nicht Gegenstand des Spottes. Wenn wir aber sagen, dass entsprechend dem Verhalten des  freien Willens eines jeden alle Dinge von Gott regiert und immer nach Möglichkeit einem besseren Zustand zugeführt werden, und wenn wir anerkennen, dass die Natur des freien Willens gewisse Möglichkeiten zuläßt, da sie eben die vollkommene Unveränderlichkeit Gottes nicht fassen kann: scheint es da nicht, dass wir Dinge lehren, die der Prüfung und Untersuchung wert sind?

 

22.

 

Man soll aber nicht argwöhnen, dass wir, indem wir so reden, zu jenen gehören, die zwar den Namen von Christen tragen, aber die schriftgemäße Lehre von der Auferstehung verwerfen. Jene Leute können, wofern sie ihre Ansichten nicht verleugnen wollen, durchaus nicht erklären, wie von „dem Korn des Weizens oder einer der übrigen“1376 „ein Schößling oder Baum“ gewissermaßen ersteht1377 . Wir aber, in der Überzeugung, dass „das Gesäte nicht lebendig wird, wenn es nicht gestorben ist“, und dass „nicht der Körper, der werden soll“, gesät wird - denn „Gott gibt ihm einen Körper, so wie er gewollt hat“, nachdem „es gesät ist in Vergänglichkeit, es auferweckend in Unvergänglichkeit, und nachdem es gesät ist in Unehre, es auferweckend in Herrlichkeit, und nachdem es gesät ist in Schwachheit, es auferweckend in Kraft, und nachdem es als seelischer Leib gesät ist, es auferweckend als geistigen Leib“1378 -, wir bewahren die Lehre der Kirche Christi und die Größe der göttlichen Verheißung, indem wir auch die Möglichkeit der Sache nicht mit bloßer Behauptung, sondern mit Vernunftgründen beweisen. Denn wir wissen, wenn auch „Himmel und Erde“ mit allem, was darin ist, „vergehen“, so werden doch seine „Worte“, was immer sie betreffen mögen, als Äußerungen „des Wortes“, das „im Anfang bei Gott und Gott“ war1379 , keineswegs „vergehen“; denn sie verhalten sich zu ihm wie die Teile zum Ganzen oder wie die Arten zur Gattung. Er hat aber gesagt: „Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht  vergehen“1380 ; und wir wollen ihm unseren Glauben nicht versagen.

 

23.

 

Wir lehren also nicht, dass „der zerstörte Leib zu seiner ursprünglichen Beschaffenheit zurückkehre“, so wenig als wir behaupten, dass „das zerstörte Weizenkorn“ wieder „Weizenkorn“ werde1381 . Denn wir behaupten, dass wie aus „dem Weizenkorn“ ein Schößling ersteht, so in den Leib eine gewisse geistige Kraft gelegt ist, die nicht der Vernichtung anheimfällt, und von der aus der Leib „in Unvergänglichkeit aufersteht“1382 . Die Anhänger der stoischen Schule freilich meinen in Übereinstimmung mit ihrer Lehre von den nach Perioden unveränderlich wiederkehrenden Dingen, dass „der völlig zerstörte Leib zu seiner ursprünglichen Beschaffenheit zurückkehre“, und behaupten auch, dass „eben jener erste Zustand, aus dem er gelöst wurde“, sich wiederum bilden werde, und glauben dies mit zwingenden Gründen ihrer Dialektik beweisen zu können. Wir aber ziehen uns nicht „zu einer ganz abgeschmackten Ausflucht“ zurück mit der Behauptung, „dass für Gott alles möglich wäre“1383 , denn wir wissen, dass sich der Begriff „alles“ nicht auf Dinge bezieht, die nicht vorhanden oder undenkbar sind. Wir behaupten aber ebenfalls, dass „Gott Häßliches gar nicht zu tun vermag“, da Gott sonst in der Lage wäre, nicht „Gott“ zu sein. Denn „wenn Gott etwas Häßliches tut, so ist er nicht Gott“1384 .

Wenn aber Celsus bemerkt, dass „Gott das Naturwidrige nicht tun wolle“, so müssen wir bei dem Satz einen Unterschied machen. Versteht man unter „dem Naturwidrigen“, die Sündhaftigkeit, so lehren auch wir, dass Gott „das Naturwidrige nicht wolle“, weder das, was aus der Sünde stammt, noch das, was der Vernunft zuwider ist; versteht man aber darunter das, was nach dem Ratschluß und Willen Gottes geschieht, so haben  wir sofort anzunehmen, dass es der natürlichen Ordnung nicht widerspreche; denn das, was Gott tut, ist nicht „gegen die Natur“, wenn es auch sonderbar ist oder manchem sonderbar vorkommen mag. Wird man aber gezwungen, diesen Ausdruck zu gebrauchen, dann sagen wir: Im Vergleich zu dem, was man gewöhnlich unter „Natur“ versteht, gibt es Dinge, die über die Natur hinausgehen, die aber Gott zuweilen vollbringt, wenn er den Menschen über die menschliche Natur erhebt und zu einer besseren und göttlicheren Natur umwandelt und so lange auf dieser Höhe erhält, als der Gegenstand dieser besonderen Fürsorge durch sein Handeln beweist, dass er es will.

 

24.

 

Wir haben bereits gesagt, dass Gott nichts wolle, was sich für ihn nicht geziemt, weil dies sein Gottsein aufheben würde; wir wollen auch betonen, dass, wenn irgendein Mensch „in seiner Verworfenheit etwas Abscheuliches will“, „Gott dies nicht wird1385 können“. Wir bekämpfen die Behauptungen des Celsus nicht aus Streitsucht; wir prüfen sie vielmehr aus Liebe zur Wahrheit und wollen ihm darin beistimmen, dass „Gott nicht [Urheber] der lasterhaften Begierde, auch nicht der irreführenden Unsittlichkeit, sondern Urheber der wahren und gerechten Natur“, als der Urgrund alles sittlich Guten, ist. Auch in einem andern Punkte stimmen wir unserm Gegner bei, dass Gott „ein ewiges Leben der Seele gewähren kann“, und nicht nur „kann“, sondern auch tatsächlich gewährt. Wegen unserer obigen Ausführungen aber beunruhigt uns das von Celsus angeführte Wort des Heraklit durchaus nicht, dass „Leichname eher wegzuwerfen seien als Mist“. Indessen könnte man hierüber bemerken, „der Mist“ verdiene allerdings nicht mehr, als dass er „hinausgeworfen werde“; der menschliche Leichnam aber verdiene das nicht, da ihn eine Seele bewohnt habe, besonders dann  nicht, wenn diese feiner gebildet gewesen sei. Denn die Gesetze einer höheren Kulturstufe verlangen, dass die Leichen mit all den Ehren, die bei solchen Gelegenheiten üblich sind, bestattet werden, damit wir nicht der Seele nach unserem Vermögen einen Schimpf zufügen, wenn wir den von ihr bewohnten menschlichen Leib, nachdem sie ihn verlassen hat, ebenso wegwerfend behandeln, wie die Leichen der Tiere. Ausgeschlossen also soll es sein, dass „Gott wider die Vernunft“ ein „Weizenkorn“ oder „das, was in Vergänglichkeit gesät wird“ als „ewig darstellen wolle“; anders aber verhält es sich wohl mit dem Schößling, der aus dem Weizenkorn hervorgeht, und anders mit „dem in Unvergänglichkeit Auferweckten“1386 . Nach Celsus ist „Gott selbst die Vernunft alles Seienden“, nach uns aber ist es der Sohn Gottes; unsere Philosophie läßt uns von ihm sagen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“1387 . Übrigens lehren auch wir wie Celsus, dass „Gott nichts tun kann, was der Vernunft oder seinem eigenen Wesen widerspricht“.

 

25.

 

Doch wir wollen auch die folgenden Worte des Celsus betrachten, die so lauten: “Die Juden nun, die ein besonderes Volk geworden sind und sich nach der Landessitte Gesetze gegeben haben und diese bei sich auch jetzt noch bewahren und einen Gottesdienst haben, der, wie er sonst auch immer beschaffen sein mag, doch von den Vätern ererbt ist, handeln ähnlich wie die andern Menschen; denn ein jedes Volk hält die von den Vorfahren überkommenen Gebräuche, von welcher Art sie auch sein mögen, in Ehren. Ein solches Verhalten scheint auch von Nutzen zu sein, nicht nur insofern, als die einen  diese, die andern jene Bestimmungen zu treffen für gut fanden und man an den für die Gesamtheit gültigen Beschlüssen festhalten muß, sondern auch deshalb, weil es wahrscheinlich ist, dass die Teile der Erde von Anfang an teils diesen, teils jenen zur Aufsicht zugewiesen und in bestimmte Herrschergebiete geschieden sind und so auch verwaltet werden. Und so dürfte sich wohl das staatliche Leben bei den einzelnen Völkern richtig vollziehen, wenn es so geschieht, wie es jenen Herrschern lieb ist. Nicht gottgefällig aber scheint es zu sein, die Gebräuche abzuschaffen, die an den verschiedenen Orten von Anfang an eingeführt worden sind.” Celsus gibt mit diesen Worten zu verstehen, die Juden seien in alten Zeiten Ägyptier gewesen, seien aber später “ein besonderes Volk geworden und hätten sich Gesetze gegeben, die sie sorgfältig bewahren”. Und um nicht1388 die angeführten Worte des Celsus zu wiederholen, so behauptet er, dass es den Juden auch “von Nutzen sei, die ererbten Gebräuche zu pflegen”, ebenso wie “den andern Völkern, die das Eigene in Ehren hielten”. Und dafür, dass es den Juden “von Nutzen sei, die ererbten Gebräuche in Ehren zu halten”, führt er eine bestimmte tiefere Ursache an, indem er dunkel andeutet, dass von denjenigen, welche “die Aufsicht” über “das Land” der einzelnen Völker erhalten hätten, “die Gesetze” für diese im Zusammenwirken mit den Gesetzgebern “aufgestellt worden seien”. Er scheint damit anzudeuten, dass auch das Volk und Land der Juden unter der Aufsicht eines oder mehrerer1389 stehe, durch dessen oder durch deren Zusammenwirken mit Moses die Gesetze der Juden gegeben worden seien".

 

 

26.

 

“Man muß”, sagt Celsus, “die Gesetze halten " nicht nur insofern, als die einen diese,  die andern jene Bestimmungen zu treffen für gut fanden, und weil man an den für die Gesamtheit gültigen Beschlüssen festhalten muß, sondern auch deshalb, weil es wahrscheinlich ist, dass die Teile der Erde von Anfang an teils diesen, teils jenen zur Aufsicht zugewiesen und in bestimmte Herrschergebiete geschieden sind und so auch verwaltet werden." Dann schließt Celsus, als ob er seine gegen die Juden ausgesprochenen Anklagen vergessen hätte, in das gemeinsame Lob aller derer, die an den ererbten Gebräuchen festhalten, auch jene mit ein, wenn er sagt: " Und so dürfte sich wohl das staatliche Leben bei den einzelnen Völkern richtig vollziehen, wenn es so geschieht, wie es jenen Herrschern lieb ist." Man urteile, ob er hier nicht für seine Person ganz offen den Wunsch ausspricht, die Juden möchten nach ihren eigenen Gesetzen leben und sollten nicht davon abfallen, da sie nicht fromm handeln würden, wenn sie es täten. Er sagt nämlich,”es sei nicht gottgefällig, die an den verschiedenen Orten von Anfang an eingeführten Gebräuche abzuschaffen".

Ich möchte mit Bezug darauf an ihn oder an diejenigen, welche seine Ansicht teilen, die Frage richten, wer denn jener wäre, der “die Teile der Erde von Anfang an teils diesen, teils jenen zur Aufsicht zugewiesen”, offenbar also auch das Land der Juden und die Juden selbst einem oder mehreren zur Verwaltung übergeben hat. Ist es denn etwa Zeus, wie Celsus sich ausdrücken könnte, der einem oder einigen das Volk der Juden und ihr Land zur Aufsicht zugewiesen hat, und war es sein Wille, dass der, welcher Judäa erhalten hatte, solche Gesetze bei den Juden aufstellte, oder ist solches wider seinen Willen geschehen? Seine Antwort mag ausfallen, wie sie will, man sieht, dass er mit seiner Rede in die Enge getrieben werden wird. Ist es aber nicht ein bestimmtes einzelnes Wesen, das “die Teile der Erde ihren Aufsehern zugewiesen hat”, dann muß also ein jeder derselben, so wie es gerade der Zufall wollte,  und ohne dass eine leitende Macht vorhanden war, sich seinen Bezirk selber zugeeignet haben. Aber auch diese Ansicht ist widersinnig und hebt den Glauben an die Vorsehung Gottes, dem alle Dinge unterworfen sind, so ziemlich auf.

 

27.

 

Wie aber, und “nach welchen Herrschergebieten geschieden, die Teile der Erde von ihren Aufsehern verwaltet werden”, mag erklären, wer Lust dazu hat, und mag uns auch darüber belehren, wie es kommt, dass sich “das staatliche Leben bei den einzelnen Völkern richtig vollzieht, wenn es so geschieht, wie es den Aufsehern lieb ist”. Er möge uns zum Beispiel sagen, ob die Gesetze der Skythen gut sind, welche die Ermordung der Väter gestatten, oder die der Perser, welche die Ehe zwischen Sohn und Mutter und zwischen Vater und Tochter nicht untersagen! Doch wozu soll ich aus den Schriften jener Männer, die sich mit den bei den verschiedenen Völkern geltenden Gesetzen beschäftigt haben, eine Auswahl treffen und die zweifelnde Frage stellen, ob es “recht ist, die Gesetze bei den einzelnen Völkern so durchzuführen, wie es den Aufsehern lieb ist”? Celsus mag uns angeben, warum es “nicht gottgefällig” sein soll, “überkommene Gesetze abzuschaffen”, welche die Ehe mit Mutter oder Tochter gestatten oder den glücklich preisen, der seinem Leben mit dem Strang ein Ende macht, oder versichern, dass diejenigen vollkommene Reinigung fänden, die sich selbst dem Feuer preisgeben und in den Flammen ihr Leben aushauchen würden.

Und sollte es “nicht gottgefällig” sein, z.B. die bei den Taurern geltenden Gesetze zu beseitigen, welche gebieten, dass man die Fremden der Artemis als Opfer darbringe, oder diejenigen Gesetze, welche sich bei einigen Stämmen Libyens finden, wonach dem Kronos die Kinder geopfert werden müssen? Aus den Worten des Celsus ergibt sich übrigens die Folgerung, es sei “nicht gottgefällig”, wenn “die Juden die von den Vätern  ererbten Gesetze abschaffen würden”, die einen andern Gott außer dem Schöpfer des Weltalls zu verehren untersagen. Auch wird man nach Celsus schließen müssen, dass “die Frömmigkeit” nicht von Natur, sondern nach bestimmter Festsetzung und Annahme eine göttliche Tugend sei. Denn bei dem einen Volk ist es “gottgefällig”, eine Krokodil zu verehren" und von dem zu essen, was von andern Völkern angebetet wird; für ein anderes Volk ist es “gottgefällig”, das Kalb “zu verehren”, und für ein drittes, den Bock für einen Gott zu halten. So würde sich ebendieselbe Person bei dem gleichen Tun nach diesen Gesetzen “gottgefällig”, nach andern Gesetzen aber gottlos erweisen; das wäre doch der aller größte Widersinn.

 

28.

 

Hierzu werden wahrscheinlich meine Gegner bemerken, der sei „gottgefällig“, der „die von den Vätern ererbten Gebräuche bewahre“, und keineswegs gottlos, wenn er auch die Gebräuche anderer nicht unbeachtet ließe. Andererseits sei der nicht gottlos, der bei diesen oder jenen Leuten für gottlos gelte, wenn er gemäß den vaterländischen Gebräuchen das Eigene verehre, dagegen das bekämpfe und verzehre, was sich bei einem Volk vorfände, das ganz andere Gesetze habe. Man sehe zu, ob dies nicht eine arge Verwirrung über die Begriffe Gerechtigkeit, Heiligkeit und Frömmigkeit darstellt. Denn die Frömmigkeit wäre gar nicht deutlich1390 abgetrennt und hätte keine eigene gewisse Art und würde auch die nicht als fromm kennzeichnen, die ihre Forderungen erfüllen. Wenn nun die Frömmigkeit und die Heiligkeit und die Gerechtigkeit zu den relativen Begriffen gehören sollen, so dass „heilig“ und „gottlos“ dasselbe wäre, je nachdem man diese oder jene Zustände und Gesetze zum Vergleich heranziehen würde, so erwäge man, ob nicht folgerichtig auch die Besonnenheit zu den relativen Begriffen gehören müßte und die Tapferkeit und die Einsicht und die Erkenntnis und die übrigen Tugenden. Das wäre aber doch das Widersinnigste, was es geben könnte.

 Für diejenigen nun, die sich in einfacher Weise und nach gewöhnlichem Sprachgebrauche zu den angeführten Worten des Celsus stellen, wird das Gesagte genügen. Da wir aber glauben, dass auch solche Leute auf diese Schrift stoßen werden, die die Sache gründlicher prüfen können, so wollen wir es wagen, einige wenige tiefere Gedanken, die mit einer gewissen mystischen und geheimnisvollen Betrachtung verbunden sind, über die Worte des Celsus vorzubringen, „ dass von Anfang an“ die verschiedenen Orte auf Erden „teils diesen, teils jenen zur Aufsicht zugewiesen worden sind“. Wir wollen hierbei, so gut wir können, dartun, dass unsere Lehre von den Ungereimtheiten, die wir eben erwähnt haben, frei ist.

 

29.

 

Wie mir scheint, hat Celsus einige der tieferen Lehren von der Verteilung der irdischen Dinge mißverstanden, Lehren, an die wohl auch die griechische Geschichte anknüpft, wenn sie berichtet, dass einige der vermeintlichen Götter miteinander um den Besitz von Attika gestritten haben, und wenn sie bei den Dichtern einige der sogenannten Götter zugeben läßt, dass manche Orte ihnen lieber seien als andere. Auch die nichtgriechische Geschichte, besonders aber die ägyptische, enthält solche Andeutungen über die Verteilung der sogenannten Nomen1391 Ägyptens, indem sie sagt, dass dieselbe Athene, welcher Sais als Wohnort zugefallen sei, auch Attika bekommen habe. Die ägyptischen Gelehrte können unzählige solche Angaben machen, ob sie aber auch die Juden und deren Land in eine solche Verteilung miteinbegreifen, weiß ich nicht. Aber solcher ZeuGenisse, die sich außerhalb des göttlichen Wortes für den fraglichen Punkt finden, sind für jetzt genug angeführt.

Wir erwähnen jedoch, dass Moses, der nach unserer Überzeugung ein Prophet und ein treuer Diener Gottes gewesen ist, über die Teilung der irdischen Dinge im  Deuteronomium, in seinem Liede, solche Andeutungen gibt. Er sagt: „Als der Höchste die Völker zerteilte, als er die Söhne Adams zerstreute, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Engel Gottes; und des Herrn Teil wurde sein Volk Jakob, und Israel das Ausmaß seines Erbes“1392 . Derselbe Moses gibt in seinem Buche, das den Titel „Genesis“ trägt, über die Teilung der Völker folgende geschichtliche Darstellung: „Und die ganze Erde hatte nur eine Sprache und nur eine Rede für alle. Und als sie vom Aufgange herzogen, fanden sie eine Ebene im Lande Sennaar und wohnten daselbst“1393 . Und bald darauf fährt er fort: „Der Herr stieg herab, um die Stadt und den Turm zu sehen, den die Söhne der Menschen gebaut hatten. Und der Herr sprach: Siehe, es ist ein Volk und eine Sprache aller; und dies haben sie begonnen zu tun, und nun wird ihnen der Erfolg nicht ausbleiben von allem, was sie sich vornehmen zu vollbringen. Wohlan, lasset uns herabsteigen und daselbst ihre Sprache verwirren, dass einer des andern Rede nicht versteht. Und der Herr zerstreute sie von da über die ganze Erde, und sie hörten auf, die Stadt zu bauen und den Turm. Deshalb hieß ihr Name “Verwirrung„1394 , weil daselbst Gott der Herr die Sprachen der ganzen Erde verwirrte; und von da zerstreute sie Gott der Herr über die ganze Erde“.1395