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"uns nannten sie auch mal zukunft". Das Leben wütet in uns. Pausenlos und atemlos macht der Lauf der Dinge, was er eben macht: Er läuft. Und wir? Eilen, schnauben, jagen hinterher. Dichten uns Geschichten an. Aber hat die Zukunft überhaupt ein Wort über uns zu verlieren? Wo die Zeitachse rechts immer kürzer wird, stürzt sich die Vergangenheit auf uns mit Gebell. Erinnerungsströme ergießen sich, und was wir im Laufe des Daseins sammeln, drückt uns irgendwann im Schuh. Da bleibt doch nur: entwurzeln! Leinen los und hinaus! An Flüsse, auf offene See: Dort hat man nichts verloren und ist doch viel zu finden. Überhaupt: Was sich da im Wasser spiegelt und was uns selbst zu schäumenden Wellen werden lässt! Gehen, gehen, gehen, um aus sich herausgeworfen zu werden. Aber du ahnst es: Wohin auch immer du dich verabschiedest in vermeintlicher Freude, du läufst in Spurrinnen. Der Dichter kommt uns auf die Schliche. Von Fußstapfen und Hundeleben, Spinnenblut und Frömmigkeit, faulem Zauber und Odysseen, von der Sehnsucht nach und der Furcht vor sprachlosen Momenten: Christoph W. Bauer setzt zu Zeit- und Raumsprüngen an, wittert und nimmt Fährte auf, sucht das Weite und die Zerstreuung. Macht sich ein Bild, liest in den Geschichten, die auf der Straße liegen, und findet mit Sätzen Schlupflöcher aus der Enge. Genussvoll gibt er sich den Widersprüchen hin. Enthüllt das alles mit Worten, trägt es mit Humor und fasst es in widerständige und schelmische Verse.
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Seitenzahl: 41
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christoph w. bauer
gedichte
cave canem
schluss mon frere das ist ein anfang
allemal ich habe keine ahnung aber davon viel
da ist zu viel zwang in den zeichen zu viel
wenn der verkehrslärm
ich weiß noch wie wir insekten quälten
irgendwann fing ich an zu laufen
schau an ich ist kein anderer
sie sagen sie haben alles
klagenfurt mal wieder ich suche
in einem kaffeehaus
vorhin noch im dorf beim greißler
sternhof sternbach die trabanten am himmel
und glich ihm auf den gang der alte
mir graut nicht vor vielem aber vor dir
der gute mensch von nebenan
erwachte in den armen einer tätowierten frau
nun wintert es wieder in meinem innstraßenland
wie aufhören und wo oft ging er
en passant von der ihle an die ihme
roldán orlando errolan
makellos die zähne in aller munde
was mich in frage stellt
achtzehn grad im durchschnitt
heruntergewinkt
augen und wohin bloß
gesehen zuletzt in der blumenauer straße
linden das klang nach
aufgeschrieben in den archiven
sich selbst genug an der seite des luden
leineabwärts jeder tag ist durchwachsen
über caesarea nach tanzenberg in die wachau
an caesarea vorbei zum x-ten mal wird dir klar
so lauf ich mir durchs ohr in deinem
das entkernte ist leblos wie marillenkompott
vuattanes vuattanes
ein silbernes wellenband steht mir vor
wo ist er geblieben der antrieb
in diesen breiten wurde eingequellt
mit blick auf den kanal
ein tosen und krachen entwurzelte
in der zeit die uns folgen wird
in den ursprung zurück in einen lichtbeheizten
auslösen kann das wasser
wattenbach wo ist er geblieben
niemandsmorgen
thalatta thalatta und das salz auf deiner haut
vela dabat ventis und wieder hinaus
seltsame archaik beim blick aus dem fenster
das dunkle die fragen die umrisse
unterm haar eingelagert hinter den augen
manchmal reicht ein sprung über den zaun
nix iactet et iactam ne sol pluviaeque kurzum
gedanken hecheln heran im gekläff
vom rand aus betrachtet ist jeder tag eine negierung
niemand zu heißen ist mehr als eine metapher
atemlos hinter sträuchern
auf grauer straßen rand
die mit ins hemd gebügelter hingabe
sozi-rot ist der wirtschaft tod
in zweierreihe gänsemarsch
hiesige gab es die entzogen sich
atemlos hinter sträuchern
stimmt schon auch uns nannten sie zukunft
dreh und wend es wie du willst
nichts läuft dir davon nicht einmal die zeit
jetzt lach doch du ich mach keine witze
da stehen wir nun in dünner haut
lauf hund
diese straßen hinab sie führen mich
so pfeift mich aus was mich gängelt
fraglos fragwürdiges
fremd ist nur ein wort
gut gemeint schnauft nächtliches gelächter
wer wrackt mich ab was frackt mich ein
was ich nicht zuordnen kann
schluss mon frere das ist ein anfang
was ich gestern dachte zählt heute
nicht mehr hättest mich warnen können
nie ist alles gesagt bei all den geistigen pleiten
haben das sagen jedoch andere übernommen
bleibt nur der ärger die sind vom fach
experten für alles in lärmigen zeiten
in ihren reden die sie übers land kippen
siegesgewiss wie meisterlich changierend
zwischen kälte und schmalz zaubern sie
aus jedem minus ein vermeintliches plus
daher zieh ich wieder los ganz nullenhaft
wer mit mir rechnet hat nichts gewonnen
aber es gibt nichts was mich halten kann
ich bin und bleibe bloß ein geselle also
einmal noch auf die walz und dann schluss
allemal ich habe keine ahnung aber davon viel
und verstricke mich schon mal in widersprüchen
im nonsens noch lieber was mir immer missfiel
dieses betuliche kreisen über allerweltsgerüchen
die nase gerümpft den kleinen finger abgespreizt
um die beschaffenheit einer klobrille zu behadern
und stimmt schon die gehörte so richtig abgebeizt
darüber lässt sich eitel und professoral salbadern
noch weit eitler professoraler selbstredend dichten
indes manchen die gülle übern scheitel schwappt
die auf der straße mit ihren hunden die näpfe teilen
und wie diese im gebüsch ihr geschäft verrichten
sind andere in die falle des eigendünkels getappt
in der sie wochenlang blasiert an ihren versen feilen
da ist zu viel zwang in den zeichen zu viel
künstlichkeit im ausdruck eine kapitulation
vor der außenwelt im paarlauf mit einem
rückzug ins ich in galerien konzertsälen
und gedichten lehnen pförtner in den türen
mit erklärungsmustern aus zweiter hand
in den räumen ein schweigen als wäre
alles zu ende erzählt die magie dieser riss
zwischen welt und ihrer benennung die
beschwörungsformeln die jedem können
vorausgingen ein brevier für altvordere
die sich weigern aufs trittbrett zu steigen
auf dem alle kunst nichts anderes ist als
ein treppenwitz für eingeweihte die schon
nach wenigen stufen vergessen haben
warum und worüber sie so tüchtig lachten
wenn der verkehrslärm
durch mich stürzt und
mich mitreißt ein stück
komme ich in einen park dort
sitzen rauchende mütter am rand
der sandkisten und träumen
ihre kinder in die wiege zurück
im schatten der büsche
kauern schon die ersatzmänner
der gestrigen dealer
das ist alles recht dünn
aber die tage sind fett und
bald auch die kinder ihr futter